Beiträge von Gudrun Fliegner

    Ich beschäftige mich gerade mit einer interessanten Aufgabe: der Zusammenstellung einer A-Cappella-Messe (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Agnus Dei) von verschiedenen Komponisten und wenn möglich auch sehr verschiedenen Stilen - nach 1980.


    Kyrie: Kyrie aus der Missa Brevis von Nystedt
    Gloria: Gloria http://www.youtube.com/watch?v=6OV2opJU2kc


    Hat jemand interessante Vorschläge für weitere Sätze?
    Viele Grüße aus Hamburg

    Weiß jemand, wie das mit dem Notenmaterial der späten Messen ist?


    Missa Votiva ZWV 18
    Missa Dei Patrin ZWV 19
    Missa Dei Filii ZWV 20
    Missa Omnium Sanctorum ZWV 21
    und (obwohl keine Messe) Miserere c-Moll ZWV 57


    Ich überlege, eine von denen mit meinem Chor aufzuführen, kann aber kein Notenmaterial käuflich finden. Daher wäre ich hier über Tipps total dankbar!
    Viele Grüße aus Hamburg

    Hallo,
    ich höre gerade aus "The Complete Sacred Musik of Henry Purcell" und bin von der Klangwelt total begeistert. Sehr brittisch, continuo mit Laute, traumhaft.
    In einer Sache komme ich nicht so recht weiter. Eigentlich wollte ich meinem Kammerchor für Palmarum (1 Woche vor Ostern) etwas von Purcell vorschlagen. Gibt es auch etwas passionsartiges? Oder Motetten, die zu dem Sonntag gehören? Kennt sich da jemand aus?
    Viele Grüße
    Gudrun

    Dann möchte ich - verspätet - hier noch ein schickes kleines Weihnachtsoratorium ergänzen:


    Arnold Matthias Brunckhorst (* um 1670/75 in oder bei Celle; † vermutlich 1725 in Hannover, deutscher Komponist und Organist der norddeutschen Orgelschule): In festo nativitate Christi, Weihnachtskantate für 4 Singstimmen und 6 Instrumente


    Diese Kantate in deutscher Sprache hat einen Eingangschor, in dem die Stimmen sehr offen liegen, etliche Arien (SATB), wobei der Engel dem Bass zugeordnet ist, und einen Schlusschor. Aufführungsdauer etwa 20min (ganz ohne Gewähr, nur so aus der Erinnerung).


    Schönes Werk! Über die Orchesterbesetzung weiß ich nicht mehr so viel, Streicher, Contiunuo, 2 Fl, 2 Ob, 2Tr oder so.

    Ich hatte im Studium mal das Vergnügen, den Cathedral Choir in Newcaste (Nordostengland) 4 Wochen lang zu begleiten. Mir ist da noch einiges aufgefallen, was ich gerne hier ergänzen möchte:


    Dieser Chor ist kein Internatschor, hat ca. 16 Knaben im Alter von 8-14 Jahren und 16 Männer, singt 3-4 Evensongs und den Eucharist (Hauptgottesdienst) wöchentlich, vorwiegend orgelbegleitet.


    Die Knaben singen alle Sopran und das können auch alle Knaben (wirklich?). Wenn der Stimmbruch kommt, singen sie noch im Falsett mit, so lange sie können. Für die Jugendlichen gibt es erstmal keinen Platz im Chor, die Männerstimmen und der Alt werden von Erwachsenen gesungen. D.h. mit dem Stimmbruch verlieren die Jungen auch den sozialen Anschluss an die Gruppe.


    Durch die liturgisch enggesteckten Aufgaben (z.B. Magnificat, Nunc Dimittis, Anthem, Psalm und Responses im Evensong) entsteht wöchentlich ein enormes Pensum. Aber genau für diese Anlässe gibt es ja auch Kompositionen der Englischen Chorliteratur. Ich glaube, dass das ein Grund ist für die großen Überschneidungen der Literatur auf den CDs.


    Es wird lange und im Stehen an Stehpulten geprobt. Die Aufstellung ist immer doppelchörig.


    Die Literatur ist ausgeprochene Vokalliteratur. Eine Bachmotette mit ihren Kolloraturen ist viel schwerer und komplexer (obwohl auch ursprünglich für Knabenchor), hätte aber liturgisch gar keinen Ort.


    Musikalisch und menschlich war es dort in Newcastle ausgesprochen schön, was sicherlich an der tollen Chorleitung (Scott Farrell) lag.


    Vielerorts wird versucht, eine entsprechende Arbeit mit Mädchen aufzubauen. Zum einen, damit die Mädchen auch ein Angebot haben, zum anderen, damit die Knaben entlastet werden.


    Eine lustige Geschichte zum Schluss: Ostersonntag morgen gab es eine Haydnmesse und die Frau des Dekans sollte Sopransolo singen. Am Vorabend hatte sie aber ein Glas Rotwein zuviel getrunken und kam morgens an und sagte, sie könne das h'' nicht singen. Darauf hin musste der Head Chorister (der beste Knabe) diese eine Phrase aus dem Chor heraus singen. Das wurde in der Probe schnell einmal gemacht und hat im Gottesdienst dann wunderbar funktioniert.
    Der Orgelmotor, der an diesem Ostersonntag morgen seinen Dienst verweigerte, sprang doch noch 20min vor Gottesdienstbeginn an, worauf die gute Kunde in die Probe getragen wurde: She is arisen! (Sie ist auferstanden!)


    MfG Gudrun

    Meines Wissens geht es nicht um Rousseau, sondern um den Universalgelehrten Leipnitz, dessen Theorie (in etwa so: Wir leben in der besten aller möglichen Welten, denn wenn es nicht die beste wäre, hätte Gott sie besser geschaffen, daher ist alles was pssiert, die beste aller Möglichkeiten) ja in Person von Dr. Pangloss in die Geschichte sehr direkt einfließt. Habe ich mit Rousseau da etwas übersehen?


    MfG Gudrun

    Kennengelernt habe ich Candide, als wir im Chor ein Medley daraus gesungen haben und ich war sehr begeistert von der Musik. Dann habe ich im Studium eine Arbeit geschrieben, die sich mit der Popularität des Werkes beschäftigte. Anders als die West-Side-Story hat Candide etliche Bearbeitungen bzw. Versionen über sich ergehen lassen müssen, da Publikum und Interpreten es so wollten. Warum?


    Die Musik ist genial, daran liegt es nicht. Meiner Meinung nach liegt es an dem Libretto und der Vorlage (Satire) von Voltaire: unsere Helden, Candide, Cunegonde, die Old Lady etc. entwickeln keine tiefen Charaktere für die wir Emphase empfinden können, sondern stolpern vielmehr wie Comicfiguren aus einer Szene in die nächste. Gerade noch totgeglaubt, tauchen sie frischen Mutes plötzlichwieder auf. Wie viele solcher kleinen Episoden letztlich passieren, ist dann auch nicht entscheident, so dass Kürzungen leicht möglich sind.


    Dass Voltaire gerade die kulturelle Einöde Westfalens wählt, ist mir als gebürtige Westfälin ein besonderer Spaß und die Verballhornung der Härte der deutschen Sprache aus fanzösischer Sicht in dem Namen Tundertentrunck ein Genuß.


    Entscheidend aber für den oft zweifelhaften Erfolg ist aber meiner Meinung nach dieses: Am Ende der Aufführugn bleibt ein unversöhntes Gefühl zurück: Candide und Cunegonde haben soviel erlebt und überlebt und sind endlich vereint, da träumt sie von Bällen, Kleidern und Schmuck, Candide aber vom Gemüseanbau im eigenen Garten, Kindern und einem beschaulichen Leben. Die Frustration, sein Leben hinter einem Traum hergeeilt zu sein um letztlich zu sehen (wir sehen, ob Candide sieht, ist unklar), dass er zerplatzt, ist nicht das Gefühl, dass die Massen suchen, wenn sie aus einem Musiktheaterabend nach hause gehen.


    Wenn man Candide musikalisch auf die Operettentradition bezieht, die West-Side-Story auf den Jazz und die Chichester-Psalm auf, jiddische Musik, hat man drei fantastische Beispiele für die Wurzeln, aus denen Bernstein so farbige Musik geschaffen hat.


    Gudrun