Beiträge von maticus

    Hallo Edwin,


    Zitat

    also bleiben wir beim Wetter: Sämtliche Meteorologen sagen, daß es morgen regnen wird. Nur einer fragt: Wird es morgen wirklich regnen? Dieser eine impliziert den Irrtum aller anderen.


    um beim Wetter zu bleiben: Ich habe den Wetterbericht aber nicht gesehen, ich weiss nicht was die Meteorologen gesagt haben (und kann daher auch garnicht deren Aussage anzweifeln). Daher frage/fragte ich ja gerade.


    Zurück zur Musik: Ich denke, ich bin hier nicht der einzige, der keine musikwissenschaftliche Ausbildung genossen hat und sich auch privat nur wenig mit Musiktheorie beschäftigt hat. Insofern darf man gewisse Fragen hier durchaus als naiv ansehen und nicht als anzweifelnd, auch wenn dem Experten das alles sonnenklar ist.


    Zitat

    Die Frage ist, pardon, sehr unverständlich formuliert. Was ist die "Praxis"? Der Konzertbetrieb oder die Anwendung durch Komponisten? Was ist "erfolgreich"? Der Publikumserfolg?


    Man kann ja alle von Dir genannten Varianten der Frage getrennt beantworten. Interessant fände ich das schon.


    maticus

    Zitat

    Zitat von Edwin Baumgartner
    Wenn Du die Frage nach dem Wert der Zwölftontechnik stellst, implizierst Du damit ihren Unwert.


    Hallo Edwin,


    mit Verlaub, aber das ist -- rein logisch -- Unsinn. Wenn ich frage "wie wird das Wetter morgen?", dann impliziere ich damit nicht, dass es morgen schlecht wird. Außerdem habe ich nicht nach dem "Wert" gefragt, sondern nach der heutigen Bedeutung. Wenn die Antwort ist, dass sie eine heute unter Komponisten und Musikwisschenschaftlern anerkannte Kompositionstechniken, dann ist das doch zumindestens eine Antwort. Ich verstehe die empfindlichen Reaktionen nicht. Allerdings beantwortet das meine Frage auch nicht ganz, denn dass es sich um eine "anerkannte" Kompositionstechnik handelt, daran hätte ich nie gezweifelt. Meine Frage war eher, ob es sich im Vergleich zu anderen Techniken aus heutiger Sicht auch in der "Praxis" um ein "erfolgreiches" Konzept erwiesen hat, also etwa auch beim nicht-musikwissenschaftlichen Publikum (Donaueschingen wurde genannt). Ich weiss es schlichtweg nicht. Man kann mir jetzt gerne meine Unwissenheit vorwerfen, aber man unterstelle mir bitte nicht, ich würde mit meiner Frage schon eine Antwort implizieren.


    maticus

    Also nochmal, auch wenn ich mich wiederholen muss: Ich habe die Frage ganz wertfrei gestellt! Die Frage ist doch berechtigt, oder nicht? Wir diskutieren hier, über die Bedeutung diverser Komponisten. Dann muss man auch über die Bedeutung ihrer Musik sprechen. Ich habe mit meiner Frage nicht suggieren wollen, dass ich glauben würde, Zwölftonmusik sei nicht bedeutend. Ich habe auch nirgendwo behauptet, das sie niemand hören möchte. Da hat jemand zwei verschiedene Aussagen von mir vermischt.


    maticus

    Okay, ich gebe zu, meine Aussage über Adorno war stark vereinfacht und mit einer gehörigen Portion Unkenntnis von mir gegeben. Aber tendentiell ist sie vielleicht nicht völlig falsch?


    "Bedeutung". Reden wir hier nicht von den bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts? Was ist denn damit gemeint?


    Bei meiner Frage meinte ich u. a.: Welchen Stand hat die Zwölftonmusik heute in der Gunst des Publikums, wie häufig werden Werke aufgeführt? Hat sie sich durchgesetzt? Ist ihr eine große Zukunft beschieden? Welchen Einfluss hat sie in der Rückschau auf nachkommende Generationen gehabt?


    Übrigens habe ich meine Frage ganz wertfrei gestellt. Das mag falsch angekommen sein.


    maticus

    Ich schreibe das lieber hier als im DVD-Unterforum:


    Es gibt eine ganz neue DVD mit dem Borodin-Quartett:



    Mit Tschaikowsyks 1. und 2. SQ und Schostakowitschs 3. und 8. Die Aufnahmen entstanden 1987 in London (Henry Wood Hall). Tonqualität ist gut. Bildqualität und Kameraführung könnte man sich besser vorstellen, ist aber okay.


    Bisher kann ich nur zu den Aufnahmen der beiden Streichquartette von Schostakowitsch etwas sagen. Beide gehören zu meinen Favoriten. Das 3. finde ich in der CD-Aufnahme der Borodins (in selber Besetzung) von 1983 (Melodiya 2006) noch besser. Das 8. ist auf der DVD aber sehr gut gelungen, finde ich, sehr intensiv gespielt.


    Man merkt dem Borodin Quartett die Erfahrung und Routine an. Kommunikative Blicke und sichtbare Gefühlsregungen finden kaum statt. Umso beeindruckender die Mimik des 1. Geigers Mikhail Kopelman in einigen ergreifenden Passagen des 8. Quartetts.


    maticus

    Also ich bin dem Vorschlag von Thomas gefolgt und habe die Regis-Version gekauft, also Op. 147 mit Bashmet/Richter und Op. 134 mit Kagan/Richter. Ich bin höchst zufrieden. Dass Bashmet das "lieblos runterspielt" kann ich überhaupt nicht bestätigen. Auch Op. 134 (das ich gerade kennen und lieben lerne) ist eine Wucht.


    Bei den Aufnahmen handelt es sich um live-Aufnahmen in guter Klangqualität, wobei die Liveatmosphäre hier noch zusätzliche Spannung erzeugt haben mag. Leise Huster im Hintergrund stören mich nicht. Einziger Schönheitsfehler: Im 3. Satz von Op. 134 gibt es einen sehr lauten Huster an einer leisen Stelle.


    maticus

    Zitat

    Zitat von Wulf
    Für mich ein eher schwaches Kriterium. Nein, und wenn der Komponist kurz nach Veröffentlichung der Einzige wäre, der sein Stück hören möchte: das sagt für mich über die Bedeutung des Werkes so gut wie gar nichts aus.


    Lieber Wulf,


    eigentlich habe ich mehr Fragen gestellt als Antworten gegeben, d. h. ich taste mich da selbst ran. Von "kurz nach der Veröffentlichung" habe ich nicht geredet, ich meine das langfristig. Was aber die Sache nicht leichter macht.


    Frage: Welchen Stellenwert hat Zwölftonmusik heute? Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Adorno sie in den höchsten Tönen gelobt und alles andere niedergemacht. Ich will jetzt garnicht diese Einzelmeinung (wenn auch einflussreich) diskutieren, sondern frage nach der Bedeutung HEUTE.


    maticus

    Lieber Michael,


    mir fällt in diesem Thread bei Dir zum ersten mal der Name Rachmaninoff auf. Einer meiner Lieblingskomponisten. Wenn ich mal etwas höre, was nicht von Schostakowitsch ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es von Rachmaninoff ist. ;)


    Aber ich frage mich, was ist seine "Bedeutung"? Zunächst mal hat er ja im Vergleich etwa zu Prokofjew und Schostakowitsch relativ wenig komponiert. Das ist vielleicht noch nicht so ausschlaggebend. Aber ihm wird ja oft vorgeworfen, er hätte nichts "Neues" komponiert, stattdessen eher so im Stile Tschaikowskys. Das ist sicherlich nicht ganz falsch. Aber dennoch halte ich insbesondere sein Klavierwerk für meisterhaft, und auch klasse sind seine 2. Sinfonie, die Sinfonischen Tänze, die "Toteninsel" und "Die Glocken". Er hatte nicht nur die Fähigkeit, schöne Melodien zu schreiben, er hatte auch den Mut dazu. Und ich denke, da ist auch sein Einfluss nicht zu unterschätzen auf nachfolgende Komponisten, sowie auf die Unterhaltungsmusikbranche.


    Es gibt übrigens ein Buch von Martin Demmler: Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts, Reclam 1999. Da wird Rachmaninoff nicht einmal erwähnt. Das finde ich nicht gerechtfertigt, da in dem Buch immerhin 85 Komponisten in Porträts besprochen werden.


    Um nochmal allgemein auf das Thema zu kommen: Was macht einen "bedeutenden" Komponisten aus? Ich finde, Grad an musiktheoretischen und/oder stilistischen Erneuerungen ist nur ein Punkt von vielen, und ich würde dies nicht als das Wichtigste Ansehen. Denn Musik ist keine Theorie, Musik ist Gefühl bzw. soll Gefühle vermitteln und bewirken. Und daher ist für mich die Frage fast wichtiger, ob ein Komponist auch tatsächlich gespielt wird oder nicht. Um nicht missverstanden zu werden: Ich meine damit keine Popularität in dem Sinne, dass man es bis in ein Rö-Konzert oder in die Werbung eines Mobilfunkanbieters "geschafft" hat. Aber Musik, die zwar von theoretischem Interesse ist, die aber niemand hören will, kann m. E. nicht bedeutend sein.


    In diesem Kontext finde ich die folgenden Worte aufschlußreich, mit denen Laurel E. Fay ihre Biographie über Schostakowitsch schließt (Oxford University Press 2000):


    Zitat

    Laurel E. Fay:
    The groundswell of interest in Shostakovich, man and music, was touched off in the West by a political bombshell, the publication of Solomon Volkov's Testimony, a provocative book purporting to be the composer's memoirs in 1979. [...] But the fallout from the events was not exclusively political. They occurred at a time when festering dissatisfactions with `serialism´ and the academic musical avantgarde had reached a breaking point. Western performers and audiences were ready and eager to explore and embrace more accessible, more obviously `communicative´ music, music not ashamed of its audible links to the traditions of the past. Performers and audiences began to `rediscover´ the music of Shostakovich -- familiar scores and previously unknown works -- with new ears. The process of discovery continues. Enjoying ever increasing popularity and critical appreciation, Shostakovich´s musical legacy now seems certain to endure well into future.


    maticus

    Zitat von oper337

    aber ehrlich ist das "Neujahrskonzert" nicht etwas, was die ganze Welt verbindet


    Ehrlich: Mich verbindet es mit nichts, schon garnicht mit dem Rest der Welt. Schon alleine deshalb nicht, weil ich es mir nie ansehe/-höre, und das habe ich in Zukunft auch nicht vor.


    maticus

    Zitat von Jacques Rideamus

    Ist Genie primär vertikal, also an der einsamen Spitze zu messen oder eher horizontal, also mit einer möglichst großen Variationsbreite des Schaffens? Oder womöglich nur einer Kombination aus beidem auf außerordentlichem Niveau?

    Aber hier wäre doch bei allen drei Varianten Beethoven der klare "Gewinner": Er war sehr vielseitig (breit), UND die meisten seiner Werke habe Tiefgang, vermutlich mehr als Strauss. Okay, Beethoven hat wahrscheinlich nicht so viele Walzer geschrieben... Jedenfalls finde ich es geradezu lächerlich, auch nur ansatzweise das Genie von Strauss auf eine Stufe zu stellen mit dem von Beethoven.



    Zitat von Jacques Rideamus

    Wieviele andere Komponisten gibt es, die weltweit selbst von Leuten (an-)erkannt werden, die nicht ständig mit klassischer Musik zu tun haben (wollen)? Fast alle, die einem dabei einfallen, werden wohl der Kategorie der Genies zugeordnet werden, und allein deshalb muss man sich keinesfalls schämen, wenn man Strauß dieses Etikett anhängen möchte.

    Das halte ich aber für ein fragwürdiges Genie-Kriterium. Deine Aussage suggeriert, auch wenn sie es streng-logisch nicht impliziert, dass Komponisten, die es nicht geschafft haben, bei einem weltweiten Publikum anerkannt zu sein, keine Genies sind.


    maticus

    Da der Thread hier anscheinend populärer ist als der im Unterforum "Klassische Instrumentalaufnahmen" kopiere ich meine vorgestriges Posting mal hier hin:


    Abgesehen davon, dass ich Rankings immer ein wenig fragwürdig finde, und auch, dass ich mich hier nicht aufspielen möchte, als wenn ich das aufgrund meiner bescheidenen CD-Sammlung wirklich beurteilen könnte, finde ich aber einige Dinge an der Liste im großen und ganzen okay. Zum Beispiel:


    1. Ich hätte von den amerikanischen Orchestern auch das aus Chicago am höchsten bewertet, und dieses auch ganz oben in der Welt (Platz 5 ist noch okay, hätte auch besser sein können).


    2. Concertgebouw zählt für mich ohne Zweifel mit zu den allerbesten.


    3. Ich bin von der guten Qualität der deutschen Rundfunkorchester überzeugt. Daher überrascht mich der (evtl. leicht überhöhte) gute Platz der Bayern nicht so völlig. (Ob die Bayern nun so viel besser sind als die Kölner (WDR) oder die Hamburger (NDR) sei dahingestellt.)


    4. Das Londoner SO ist sicherlich auch recht weit oben anzusiedeln. Vermutlich hätte ich die Chicagoer vorgezogen. Wo liegen die London Philharmonics, die ich kaum weniger schätze?


    5. Die gute Platzierung der Berliner und Wiener ist vermutlich okay? (Die Wiener höre ich recht selten, vermutlich wegen meines Genres. Bei den Berlinern bin ich manchmal etwas skeptisch, aber das mag mein eigenes Problem sein.)


    Die russischen Orchester scheinen mir etwas schlecht wegzukommen.


    maticus

    Zitat

    Zitat von âme
    Viele wissen es wahrscheinlich aus eigener Erfahrung, je prägnanter die Themen, je "melodischer" umso schneller kann man sich zwar diesem Werk erschliessen umso größer aber auch die Gefahr das man sich daran satt hört


    Prinzipiell stimme ich dieser Regel zu. Natürlich gibt es immer auch Ausnahmen. Und natürlich gibt es auch Stücke, die werden sich einem nie erschließen. Also: Die Nudeln sollten nicht zu weich gekocht sondern al dente sein. Aber gekocht sollten sie schon sein...


    maticus

    Abgesehen davon, dass ich Rankings immer ein wenig fragwürdig finde, und auch, dass ich mich hier nicht aufspielen möchte, als wenn ich das aufgrund meiner bescheidenen CD-Sammlung wirklich beurteilen könnte, finde ich aber einige Dinge an der Liste im großen und ganzen okay. Zum Beispiel:


    1. Ich hätte von den amerikanischen Orchestern auch das aus Chicago am höchsten bewertet, und dieses auch ganz oben in der Welt (Platz 5 ist noch okay, hätte auch besser sein können).


    2. Concertgebouw zählt für mich ohne Zweifel mit zu den allerbesten.


    3. Ich bin von der guten Qualität der deutschen Rundfunkorchester überzeugt. Daher überrascht mich der (evtl. leicht überhöhte) gute Platz der Bayern nicht so völlig. (Ob die Bayern nun so viel besser sind als die Kölner (WDR) oder die Hamburger (NDR) sei dahingestellt.)


    4. Das Londoner SO ist sicherlich auch recht weit oben anzusiedeln. Vermutlich hätte ich die Chicagoer vorgezogen. Wo liegen die London Philharmonics, die ich kaum weniger schätze?


    5. Die gute Platzierung der Berliner und Wiener ist vermutlich okay? (Die Wiener höre ich recht selten, vermutlich wegen meines Genres. Bei den Berlinern bin ich manchmal etwas skeptisch, aber das mag mein eigenes Problem sein.)


    Die russischen Orchester scheinen mir etwas schlecht wegzukommen.


    maticus

    Mir ist in den letzten Tagen nach einer kleinen Hörpause erneut und verstärkt bewusst geworden, wie schön eigentlich diese 14. Sinfonie ist. Und es hat sich für mich wieder bestätigt, dass die Aufnahme Varady/Fischer-Dieskau/Concertgebouw/Haitink (Decca) hier mein klarer Favorit ist.


    Manche mögen einwänden, dass Fischer-Dieskau "nur" ein Bariton und kein Bass ist, aber das ist für mich zweitrangig, denn es ist einfach gut gesungen. Ein besonderes Merkmal dieser Aufnahme ist, dass die Texte in der Originalsprache gesungen werden. (Ausnahme: Die Loreley, die auf dieser CD auch auf Deutsch gesungen wird.) Die Ursprungsfassung des Op. 135 wird komplett in Russisch gesungen, und so ist sie auch bei fast allen Aufnahmen vertreten, aber Schostakowitsch hat andere Sprachfassungen authorisiert und zum Teil (in Nr. 10) musikalisch angepasst. Die Fassung mit den Gedichten in der Originalsprache geht anscheinend zurück auf Initiative von Fischer-Dieskau.


    Die Rilke-Texte in ihrer Originalsprache mit dieser Musik zu hören ist atemberaubend und erschütternd. Julia Varady ist stimmlich in Der Tod des Dichters (und nicht nur da) fantastisch. Sehr schön auch die Loreley.


    Schostakowitsch hat diese Sinfonie, die schonungslos und ohne religiöse Verklärung den Tod thematisiert, selbst sehr am Herzen gelegen. So hat er einige schlaflose Nächte verbracht in der Befürchtung, das Werk könnte verloren gehen. Auch die Vorbereitungen auf eine erste inoffizielle Aufführung hat er ungeduldig vorangetrieben, zu der er sehr bewegende einleitende und bekenntnishafte Worte gesprochen hat. (Es wird berichtet, dass ein Parteifunktionär während dieser Aufführung aus dem Saal eilte und anschließend verstorben ist.) Es erscheint uns heute unverständlich, dass sich aufgrund dieses Werkes einige Freunde und weitere Personen (u. a. Solschenizyn) von Schostakowitsch abgewandt haben.


    Es scheint merkwürdig, dieses Werk eine Sinfonie zu nennen. Schostakowitsch wusste wohl selbst längere Zeit nicht, wie er es nennen sollte. Sinfonie scheint merkwürdig, nicht nur, weil es in erster Linie ein Vokalzyklus ist. Das gilt ja auch für die 13. Sinfonie. Im Gegensatz zur 13. fehlen der 14. aber ein Chor, und noch entscheidender, das Orchester ist in der 14. ein Kammerorchester, dass nur aus 19 Streichern, einer Celesta und einigen Schlaginstrumenten besteht. So ist auch der ganze Charakter des Werkes eher kammermusikalisch als sinfonisch. Aber gerade diese (reduzierte) Orchestrierung unterstreichen die spröde Stimmung des Werkes sehr effektiv.


    Interessant ist eine formale Ähnlichkeit zur Michelangelo-Suite Op. 145. Beide Werke bestehen jeweils aus 11 Sätzen, und es gibt bei beiden Werken eine gewisse Klammerstellung der Nr. 1 und 10. In Op. 135 sind dies De Profundis und Der Tod des Dichters, deren unterliegende Melodie stark an das Dies Irae erinnert, in Op. 145 sind dies Wahrheit und Tod. Bei beiden Werken scheint die letzte Nr. 11 wie ein Anhängsel. Zudem gibt es musikalisches Material aus dem Stück Der Tod des Dichters, das in Nacht von Op. 145 nochmal auftaucht. Der Komponist soll Op. 145 mal als seine 16. Sinfonie betrachtet haben.


    Ich finde, zusammen mit den Sieben Romanzen nach Blok-Gedichten Op. 127 sind Schostakowitsch drei geniale und beeindruckende Vokalzyklen gelungen, die ihresgleichen suchen.


    maticus

    Hallo Holger,


    witzig, die GA mit den Rasumowskys hatte ich gestern in einem CD-Laden in der Hand... Habe allerdings nicht lange hingeschaut. Wann wurden die produziert?


    Die anderen Streichquartette habe ich sowohl mit dem Eder als auch mit dem Borodinquartett gehört. Das Eder-Quartett (Naxos) ist klanglich (aufnahmetechnisch) sehr gut, und auch an den Interpretationen ist nichts auszusetzen. Sie spielen zahmer und wohlklingender als die Borodins, wenn ich das mal so pauschal sagen kann, die Borodins dagegen riskieren auch mal falsche Töne, was ich aber nicht schlimm finde, manchmal verstärkt es sogar die Dramatik. Das 9. SQ mit (Borodin, live) ist teilweise schon fast überdreht. Im 13. schaffen sie einen unglaublichen unter die Haut gehenden choralartigen, schwebenden Klang und später mit erschreckenden Glissandi.


    Also, ich kann beide sehr empfehlen.


    maticus

    Die 1. Sinfonie ist nun wirklich nicht typisch für Prokofjew, und fällt im Vergleich zu den anderen Sinfonien aus dem Rahmen. Aber: Was ist eigentlich das Typische an Prokofjews Sinfonien?


    Ich habe die Sinfonien schon einige Jahre nicht gehört. Auf die untypische 1. bin ich als erstes gestoßen, sie war ja auch den Medien am bekanntesten (war sie nicht früher bei "Apekte" die Erkennungsmelodie?) Ohne Frage ist es schöne Musik, im neo-klassizistischem Stil, aber ich persönlich nehme sie als "Sinfonie" des 20. Jahrhunderts nicht so ernst. Von den Sinfonien schätze ich (aus meiner Erinnerung heraus) die 6. am meisten. Sie ist für mich die tragischste seiner Sinfonien, und sie war für mich das Sprungbrett zu Schostakowitsch. Ich erinnere mich an eine düstere Rhythmik, die nichts gutes verheißt. Im Konzertsaal (unter Kurt Sanderling) war das sehr ergreifend.


    Einen Frühling/Sommer lang habe ich die Sinfonien mal sehr gemocht, selbst der 3. und 4. konnte ich zu der Zeit etwas abgewinnen. (Handelt es sich dabei nicht um Themen aus seinen Opern, oder habe ich da etwas falsch in Erinnerung?) Aber danach habe ich die Sinfonien nur noch sehr sporadisch gehört.


    Aber mal ehrlich: Sind die Sinfonien von Prokofjew nicht seltsame Werke? Ich möchte behaupten, Prokofjew war ein sehr guter Komponist, aber m. E. kein guter Sinfoniker. Ich schätze seine Klavierkonzerte und seine Klaviersonaten ungleich höher. (Bei Schostakowitsch ist es genau umgekehrt.) Vielleicht habe ich auch nicht die "richtigen" Aufnahmen, mich hat es nie gereizt, eine zweite Version einer seiner Sinfonien zu haben.


    maticus

    Ich höre heute zum ersten mal das 3. Streichquartett. Ich bin ja eher ein Kammermusik-Neuling, allerdings mit schnell wachsender Begeisterung. Bisher kannte ich nur die SQe 1,8,9,10,13,14,15, von denen mir alle sehr gut gefallen, vielleicht weniger nur das 1.


    Von dem 3. Streichquartett (mit den Borodins) bin ich restlos begeistert. Den mittleren Satz "Allegro non troppo" musste ich erstmal eine Weile auf "repeat" schalten, der Satz mit seiner Vehemenz ist unglaublich mitreißend. Danach die düstere Trauer...


    maticus

    Hallo a.b.,


    ich bin auf eine ältere Aussage von Dir gestoßen:


    Zitat

    Zitat von a.b.
    Das Beethoven Quartett war sozusagen auf die Uraufführugnen abonniert, auch zum Leiden des Komponisten selbst, der die Borodions technisch und interpretatorisch mehr schätzte.


    Kannst Du für die Aussage eine Quelle nennen?


    Ich will die Aussage nicht bezweifeln. Nur wundert sie mich ein wenig. Denn wenn ich es recht verstehe, war er mit den Mitgliedern des Beethoven Quartetts mehr oder weniger befreundet, widmete er doch jedem von ihnen ein Quartett. Obwohl er wohl auch viel mit dem Borodin Quartett zusammengearbeitet hat, wie man liest.


    maticus

    Der polnische Komponist Krzysztof Meyer schildert in seinem Buch "Schostakowitsch", Gustav Lübbe Verlag 1995 auf Seite 440 eine der wenigen Begegnungen zwischen Strawinsky und Schostakowitsch, hier in 1962 während eines Festessens:


    Zitat

    Karen Chatschaturjan erzählte, daß Schostakowitsch äußerst nervös und halb abgewandt neben Strawinsky saß. Die von Strawinsky wiederholt unternommenen Versuche, ein Gespräch anzuknüpfen, scheiterten, denn Schostakowitsch antwortete nur knapp und hielt die Konversation nicht aufrecht. Es schien, daß diese Begegnung zu nichts führen würde, als Strawinsky plötzlich die Frage aufwarf: `Lieben Sie Puccini?´ Schostakowitsch schrie fast auf: `Ich kann ihn nicht ausstehen, kann ihn nicht ausstehen!´ was bei Strawinsky ungehemmte Freude hervorrief, und so kam irgendwie ein Dialog zustande.


    maticus

    Zitat

    Zitat von Fairy Queen
    [...] entpuppte sich ausserdem als polyglotte Literaturprofessorin .
    Bei dieser Gelegenheit musste ich ihr dann zwar verzeihen [...]


    Hallo Fairy Queen,


    räumst Du einer polyglotten Literaturprofessorin mehr Rechte ein, andere zu nerven?


    Es gibt Menschen (und ich glaube, ich kenne solche auch), die sind nicht einmal schwerhörig, merken aber nicht, dass sie vor sich hinsummen bzw. können sich nicht vorstellen, dass es für andere hörbar sein könnte. Ist für mich ein Zeichen mangelnder Rücksichtnahme seiner Umwelt gegenüber.


    maticus

    Zitat

    Zitat von pbrixius
    beides hat etwas mit Musik zu tun, aber das ist auch das einzige, was beide Bereiche miteinander verbindet


    Lieber Peter,


    Deine These find ich schon recht extrem. Es gibt ja auch Opern, und gerade diese gefallen mir, in denen das Orchester ein wichtige Rolle innehat und nicht bloße Untermalung des Gesangs ist (fast schon umgekehrt). Ich denke da etwa an Schostakowitschs Opern "Lady Macbeth von Mzensk" und "Die Nase", aber auch an Opern von Prokofieff. Da kann ich eine solche strikte Trennung, wie Du sie vornimmst, nicht sehen. Ich sehe diese Opern als Erweiterung meiner Liebe zur Klassischen Musik. Allerdings bieten diese Opern auch wenig Gelegenheit zum Zwischenapplaus...


    maticus

    Die Einspielungen der Streichquartette von Schostakowitsch durch das Eder Quartett gefallen mir sehr gut. Hier nur exemplarisch eine der CDs (gibt es keine Box der GA?):



    Der Klang ist sehr gut, und auch an den Interpretationen ist nichts auszusetzen. Im Vergleich zum Borodin Quartett (Melodiya 2006) ist der Klang besser, die Interpretationen des Borodin Quartetts sind aber kompromissloser, weniger glatt gebügelt. Mir gefallen beide.


    Auch



    halte ich für sehr empfehlenswert. Ich habe viele Stimmen gelesen (bei amazon.com??), dass die 24 Präludien und Fugen eingespielt durch Konstantin Scherbakov



    sehr gut sein soll. Interessieren würde mich auch die Bratschensonate von Schostakowitsch



    wenn ich nicht schon bestens mit Bashmet/Richter bedient wäre.


    Ich denke, dass sich Naxos längst vom Billiglabel-Image verabschiedet hat und einige sehr gute Produktionen zu bieten hat, die die Konkurrenz der großen Namen nicht zu scheuen brauchen. Gilt dies für Kammermusik mehr als für andere Richtungen?


    maticus

    Auch wenn ich sicherlich bei meiner Einstellung bleiben werde, so ist es für mich doch sehr lehr- und aufschlußreich zu lesen, dass für die meisten hier ein prinzipieller Unterschied zwischen Oper und (Instrumental-) Konzert gemacht wird. Ich hatte das bisher immer als verschiedene Varianten desselben Konzepts gesehen...


    maticus

    Zitat

    Zitat von oper337
    Ich habe genügend LIVE Aufnahmen wo es geschieht, und warum nicht, Oper soll ja begeistern, wenn ich keinen Applaus wünsche, dann gehe ich in ein Reqiuem, da gehört es sich nämlich nicht zu applaudieren, genauso nicht beim "Parsifal".


    Oder ich gehe in ein Instrumentalkonzert... Im Ernst, bei Instrumentalmusik wird doch auch nicht zwischen den Sätzen oder gar nach einer virtuosen Kadenz geklatscht, und das finde ich auch gut so. Wo ist denn da der Unterschied zur Oper? Auch die Instrumentalmusik soll natürlich "begeistern". Zudem kenne ich selbst Opernaufführungen, in denen zwischendurch nicht applaudiert wurde. (Und ich glaube nicht, dass es an mangelnder Qualität der Aufführungen gelegen hätte.)


    Ich finde z. B. auch die Gepflogenheit beim Jazz übertrieben, dort nach jedem kleinsten Solo zu klatschen, wobei es mich im Jazzkeller auch nicht zu sehr stört.


    Für mich dürfte die Lösung darin liegen, nicht in italienische Opern oder dergleichen zu gehen. Die persönliche Einschränkung wäre für mich nicht besonders groß... Wäre nur gut, wenn man vorher wüsste, wo es einen erwartet, wo nicht.


    maticus

    Ich habe weder große Opernkenntnisse, noch kann ich sagen, dass ich ein Opernfan bin, zumal der italienischen Oper. Es gibt nur ganz wenige Opern, die mich wirklich mitreißen. Obwohl den italienischen Opern generell skeptisch gegenüber stehend, habe ich mir die folgende DVD zugelegt:



    Der Grund für den Kauf war, dass ich La Boheme beim ersten Opernbesuch meines Lebens gehört habe (in Italien), sozusagen der Vollständgkeit halber.


    Weswegen ich schreibe: Was mir störend auffällt ist, dass nach jeder Arie stürmisch applaudiert wird. Ist dies bei italienischen Opern so üblich? Oder ist das ein Merkmal dieser Produktion? Ich kann mich nicht erinnern, wie es bei meinem genannten Opernbesuch war. Ich kenne aber einige Opern-DVDs (alles nicht-italienische), bei denen es nicht so ist.


    Ich glaube, was mich an vielen Opern, insbesondere italienischen, stört, ist ein Übermaß an Schmalzigkeit, viele Melodien sind mir zu zuckersüß und direkt. Durch den Applaus finde ich das noch extrem verstärkt und fühle mich in Fernsehgalakonzerte versetzt. Wie empfindet Ihr das?


    Ansonsten denke ich (nach kurzer Sichtung), dass die Opernproduktion ansich recht gut ist. Für Fans... Nicht so mein Fall ist die Präsentation des ganzen als Liveerlebnis, die Sänger werden zwischen den Akten interviewt, alles sehr showmäßig, typisch amerikanisch würde ich sagen. Aber das kann man ja auf der DVD überspringen.


    maticus

    Ich habe folgende Aufnahmen, die ich mir anlässliches dieses Threads nochmal angehört habe. Auflistung in der Kaufreihenfolge:


    [A] Maxim Vengerov, LSO, Rostropovich (Teldec)
    [B] Gil Shaham, LSO, Previn (DG)
    [C] Sarah Chang, BPO, Rattle (EMI)


    Ich habe das Konzert viele Jahre nicht mehr gehört, erst vor ca. einem Jahr wieder anlässlich des Kaufs von [C], die ich mir wegen des 1. VC von Schostakowitsch gekauft habe, ein Konzert, das ich viel mehr schätze. Insofern hat das 1. VC von Prokofieff (und auch sein 2.) bei mir immer ein Schattendasein geführt. Ich muss aber sagen, dass ich es schon mag.


    Das Werk ist sicherlich gesanglich-lyrisch, aber auch von motorischen Rhythmen und einigen Grotesken geprägt. Ich würde es nicht als "idyllisch" abtun. Die Reprise nach der (kurzen!) Kadenz im ersten Satz klingt zwar sehr idyllisch mit der Violine schwebend über der Harfe. Aber die Kadenz klingt für mich alles andere als idyllisch. (Und überhaupt: Wie kurz und unvirtuos ist die Kadenz eigentlich? Ist das nicht schon fast eine Verweigerung?) Ich finde, der erste Satz verbreitet eher eine gewisse Wehmut. Auch das Scherzo klingt so garnicht idyllisch. Herrlich die groteske Passage mit den wiegenden, "schmutzigen" Tönen der Violine.


    Die drei Aufnahmen kann man wohl alle empfehlen. Vengerov [A] spielt m. E. am forschesten von den Dreien, betont auch die Grotesken am meisten. Sarah Chang [C], die hier selten genannt wird, spielt zurückhaltender, aber sehr lyrisch-schön. (Ich schätze insbesondere ihre Einspielung des 1. Konzerts von Schostakowitsch auf derselben CD.) So wie ich das dem kurzen (!) Vergleichshören (was immer sehr schwierig und zeitaufwändig ist, will man es richtig machen) entnehme, scheint mir persönlich die Aufnahme [B] etwas schwächer als die anderen, vielleicht weniger fein gespielt.


    maticus

    Entdecke gerade diesen Thread. Ich wäre -- in starkem Gegensatz zu Alfred -- auch nicht auf die Idee gekommen, die Rundfunk-Sinfonieorchester irgendwie als zweitklassig anzusehen. Im Gegenteil, oftmals finde ich Aufnahmen des BPO eher enttäuschend, zu routiniert gespielt. Dass man (auch ich) weniger CDs von den Rundfunkorchestern hat, liegt wohl auch daran, dass es viel weniger Aufnahmen gibt. Die Labels setzen halt auch stark auf "Namen".


    Das Orchester des NDR kenne ich durch Liveaufführungen, die des WDR und des BR durch CDs, und ich habe nur positive Erfahrungen. Die GA der Sinfonien von Schostakowitsch unter Barschai (WDR) wurden schon genannt. Es scheint ja auch ein solcher Zyklus unter Bychkow (WDR) zu entstehen, und was bisher existiert, ist ohne Zweifel sehr empfehlenswert. Mariss Jansons' Einspielungen der Schostakowitsch-Sinfonien mit dem BR gehören sicherlich zu den besten seines Zyklus'. Ich muss auch an Bernsteins Einspielung mit dem BR von Mozarts Requiem denken.


    Ich denke unsere Orchesterlandschaft ist wirklich einzigartig in Qualität und Quantität, die wir uns bewahren sollten.


    maticus

    Zitat

    Zitat von Johannes Roehl
    Das Dumme ist u.a., daß die Stücke alle sehr kurz sein müssen. Man muß also etwas wählen, was Ausschnitte zuläßt, oder eh kurz ist.


    Müssen nicht unbedingt kurze Stücke sein. Es sind in der Sendung immer viele Klassik-Stücke vertreten (meinem Eindruck nach die Mehrheit, ohne gezählt zu haben), nicht selten (Sätze aus) Sinfonien. Fast kein Stück ist so kurz, um ganz gespielt zu werden. Darum geht es auch nicht. Ich denke, es geht eher um den symbolischen Charakter. Da reicht z. B. oftmals schon das Hauptthema eines Satzes einer Sinfonie. Oft werden die Gäste auch gefragt, warum sie dieses Musikstück gewählt haben.


    maticus

    Im Deutschlandfunk gibt es sonntags (wie jetzt gerade) immer die Sendung "Zwischentöne".


    "http://www.dradio.de/dlf/playlist/dlf_zwischentoene/"


    In dieser fast 90-minütigen Sendung wird immer ein Gespräch mit einer eingeladenen Person geführt. Inhalt des Gesprächs ist meist Leben und "Werk" der Person selbst. Ein wichtiges Feature der Sendung ist, dass zwischendurch Musikstücke gespielt werden, die sich der Gast gewünscht hat. Meist ist es so ein halbes Dutzend Stücke, die (je nach Länge) meist auch nur angespielt werden.


    Stellt euch vor, ihr würdet zu der Sendung eingeladen. Welche Stücke (sagen wir 6) würdert ihr aussuchen? Nach welchem Kriterium würde ihr dabei vorgehen?


    maticus


    P.S. Nein, ich bin nicht zu der Sendung eingeladen worden...

    Hallo Alfred,


    ich schreibe mal ein paar unzusammenhängende Gedanken zu diesem interessanten Thema, auch um es voranzubringen. Ich fühle mich weder Willens noch in der Lage, eine Abhandlung dazu zu schreiben, daher nur einige Stichpunkte und weitere Fragen:


    Mich würden mal (glaubhafte) Statistiken interessieren, wie groß (oder klein) der Anteil der Menschen (sagen wir in Europa oder im deutschsprachigen Raum) ist, die klassische Musik hören.


    Da würde ich dann aber noch unterscheiden: Es gibt sicherlich eine große Anzahl von Leuten, die in ihrem CD-Regal auch zwei oder drei Klassik-CDs stehen haben, wobei es sich dann oft um irgendeine "Kuschel-Klassik" oder "Best of..." CD handeln wird. Vielleicht hören diese Leute auch ab und zu mal in diese CDs rein. Das sind so die Leute, die sich aus dem Dutzend der allseits aus der Werbung bekannten, einschlägigen Stücke (meist Oper) angezogen fühlen, aber nicht darüber hinausgehen werden.


    Aber diesen Anteil finde ich eher uninteressant. Mich würde eher der Anteil der Personen interessieren, für die klassische Musik einen oder besser den wesentlichen Bestandteil ihres Musikhörens ausmacht. (Die Zahl dürfte eine zweistellige Prozentzahl bei weitem nicht erreichen.) Ferner würde mich auch der Anteil solcher Extremfälle (wie mich) interessieren, die ausschließlich (oder zu 95+%) klassische Musik hören, und sich auch für die Hintergründe interessieren. (Wird hier noch eine 1 vor dem Komma stehen?)


    Wie ermittelt man den Anteil an Klassikhören? CD-Käufe sind heutzutage im MP3-Zeitalter sicherlich kein verlässliches Indiz mehr. Kaufen junge Menschen heutzutage überhaupt noch CDs? Ich vermute mal, dass ein Klassikhörer sich seine Musik für Zuhause immer noch fast ausschließlich über CDs beschafft, während das im Pop-Bereich (bei jungen Leuten) eher gegen Null tendieren dürfte, auch wenn ich das nicht verifizieren kann. Dazu kaufen auch "ernsthafte" Klassikhörer sehr unterschiedlich viele CDs. Der eine ist mit seine Sammlung von weniger als 50 CDs zufrieden, der andere hat von jedem Stück fünf verschiedene Einspielungen und die Sammlung geht in die tausende.


    Dann gibt es auch noch eine Gruppe von Klassikhören, so glaube ich, die kaum CDs konsumieren, sondern mit ihrem Opern- und/oder Konzertabonnement zufrieden sind, und sich ansonsten kaum weiter mit klassicher Musik auseinandersetzen. Aber das ist nur eine Verutung von mir.


    Ich denke auch, dass ein nicht geringer Teil der Bevölkerung mit Musik (welcher Richtung auch immer) überhaupt nichts am Hut haben.


    Insofern würde ich zusammenfassend mutmaßen, dass klassische Musik in unserer Gesellschaft eine (prozentual gesehen) außerordentlich geringe Rolle spielt. Natürlich hat sie einen hohen Stellenwert, wenn es um "offizielle" Dinge geht, etwa ein Konzert zu dem und dem Anlass, bei dem der Bundespräsident anwesend ist oder dergleichen.


    Glücklicherweise sind wir in Mitteleuropa mit einer riesigen Fülle von guten Orchestern Konzertsälen und Opernhäusern gesegnet. Die tiefe Tradition ist unverkennbar. NOCH.


    maticus