Beiträge von Thomas Pape

    Lieber Spradow, das kann ich absolut verstehen. Eine ähnlich knorrige Deutung des Werkes findest Du bei Hans Knappertsbusch in einer Aufnahme de Jahre 1956 mit den Berlienr Philharmonikern. Oder bei Carl Schuricht mit dem Pariser Conservatoriumsorchester 1946. Beide Aufnahmen sind naturgemäß mono bei Kna handelt es sich überdies um einen Live-Mitschnitt (beide Aufnahmen liegen mir als CD vor). Es mag Zufall sein, daß die Aufnahmedaten dieser beiden Deutungen relativ dicht bei dem der Furtwängler-Einspielung liegen, und möglicherweise spiegelt sich hier so etwas wie Zeitgeist. Und die alte Aufnahmetechnik tut natürlich das ihre, um allen dreien eine spezifische Wirkung zu verleihen. Die Harnocourt-Einspielung kenne ich nicht, werde die Empfehlung aber gerne aufgreifen. Auch wenn's Widerspruch erzeugt: die drei genannten alten Einspielungen verhalten sich zu den mir bekannten neueren ungefähr so wie ein krabbelnder Käfer zu seinem Biologieunterrichtpendant in Kunstharz :untertauch:. Bin aber für Tipps dankbar. :hello:

    Hallo Paul,
    wahrscheinlich habe ich mich falsch ausgedrückt, was Adam betrifft. Sein Vibrato ist wirklich grausig. Dünn, nun ja, die Stimme ist IMO nicht tragfähig für den Sarastro, die Würde dieser Firgur ist hier nicht vermittelbar. Und id Köth? Die zählt für mich zu den zu Unrecht untergebutterten deutschen Sängerpersönlichkeiten, wohl deshalb, weil sie wie Rothenberger, Schock, Prey, im übrigen auch Tauber leichte und ernste Muse parallell betrieben hat. Schließlich kann ja nicht sein, was nicht sein darf (siehe auch den Wunschkonzert-Thread). Die beiden Koloraturarien der Königin sind ausgesprochen präzise und glockenklar. Ist übrigens auch im Studio festgehalten worden, auf einer tollen 10 inch Querschnitts-LP mit Traxel als Tamino, Prey als Papageno und Frick als Sarastro.


    Liebe Grüße vom Thomas

    2000 ist bei Myto-Records eine wahre Trouvaille veröffentlicht worden: Eine Zauberflöte aus dem Jahre 1954 in folgender Besetzung:


    Tamino: Rudolf Schock
    Pamina: Teresa Stich-Randall
    Königin der NAcht: Wilma Lipp
    Sarastro: Josef Greindl
    Papageno: Erich Kunz
    Sprecher: Hans Hotter (sic)


    Kölner RSO unter Joseph Keilberth.


    Gesprochene Dialoge gibt es kaum, die Handlung zwischen den Musiknummer wird erzählt. Klangqualität ist superbes mono. Eines der wenigen Dokumente, die Rudolf Schock in einer Operngesamtaufnahme als Mozart-Tenor zeigen. Die Aufnahme sollte seinerzeit die Leute vor den Rundfunk bannen, die Erzählteile haben regelrecht Hörspielqualität, die Rollengestaltung der Protagonisten ist ausgesprochen eindrucksvoll.


    Möglicherweise stellt die Einspielung für eine Rundfunksendung besondere Anforderungen. Der visuelle Eindruck der Opernaufführung fehlt, der Schallplatte scheint's egal zu sein (sehr unbehagliches Beispiel: die Klemperer-Einspielung bei EMI, die zu meinem großen Verdruss die Dialoge weglässt), der Runfunk versucht, das irgendwie wettzumachen, und aus dieser Ecke kommt dann die nächste zu rühmende Zauberflöte, diesmal aus dem Jahre 1955, folglich mono. Chor und Orchester des Hessischen Rundfunks werden dirgiert von Georg Solti. Auch hier hat es die Besetzung in sich:


    Sarastro: Gottlob Frick
    Königin: Erika Köth
    Pamina: Elisbeth Grümmer
    Tamino: Ernst Kotzub
    Papageno: Günter Ambrosius
    Papagena: Hannelore Steffek
    Monostatos: Willi Hofmann


    Gottlob Frick mit seinem rabenschwarzen Bass ist für mich die Inkarnation des Sarastro, der hohe Sopran Erika Köth hat eine Giftigkeit, die man dieser Rolle -zumindest von der Wahrnehmung des zweiten Aufzuges her gesehen- zuschreiben würde, Grümmers Pamina hingegen wirkt eher melanchonisch und schicksalsergeben. Die Dialoge werden hier übrigens alle gesprochen.


    Den Papageno dieser Aufnahme mag ich nicht. Das liegt am Unterschied zwischen meiner Vorstellung von dieser Rolle und der in der Aufnahme vorherrschenden. Papageno ist für mich ein wahrer Anarchist, mit metaphysischen Gesellschaftswerten ist dem Burschen nicht beizukommen, der ganze Zinnober mit den Eingeweihten geht ihm sonstwo vorbei. Materiell überdies ist er anspruchslos. Dafür verknüpft er mit seiner Wunschfrau keine hehren Ziel, was im Leben wirklich wichtig ist erfährt man eher von ihm als von dem Kreis der Eingeweihten. Das vergilt man ihm gerne, indem man eine regelrecht Buffo-Figur aus ihm macht. Vielleicht ist es auch das, was Paul an FiDis Papageno stört (mich nämlich auch): ich kriege die Rollenauslegung nicht zusammen mit meiner Vorstellung.


    Die wird allerdings voll und ganz getroffen von Günter Leib. Die Aufnahme wurde kurz erwähnt, sollte aber auf alle Fälle auch empfohlen werden


    Tamino: Peter Schreier
    Königin: Sylvia Geszty
    Pamina: Helen Donat
    Papageno: Günter Leib
    Sarastro: Theo Adam


    Und all das unter der Leitung von Otmar Suitner.


    Schwachpunkt -nichts ist vollkommen, leider- ist hier der Sarastro Theo Adams, der gegen Bässe wie Frick oder Greindl oder Crass arg dünn wirkt. Auch die dunkel timbrierte Sylvia Geszty ist zunächst gewöhnungsbedürftig. Auf der Haben-Seite absolut zu verbuchen Schreier, Leib und Donat. Auch der Monostatos von Harald Neukirch, dem durch die Dialoge (auch hier sind sie vollständig) noch mehr Entfaltunsgraum gegebn wird als Willy Hofmann in dem frühen Solti-Mitschnitt. Ebesnso das Dirigat von Suitner, das ich -Alfred sehe es mir nach- dem von Böhm vorziehe.


    Eine Präferenz von den dreien? Schwer zu sagen. Auch stehen die schon besprochenen Einspielungen von Friscay und Böhm bei mir im Schrank. Wie es mit der Verfügbarkeit der Solti-Aufnahme aussieht kann ich nicht sagen. Ich selbst habe sie als Schallplatten-Box, weiß aber, daß diese Melodram-Veröffentlichung auch als CD auf dem Markt erhältlich war. Das müsse bei Interesse bei Spezialisten wie Gebhardt nachgefragt werden, über den man auch die Myto-Zauberflöte beziehen kann. Die gute alte DDR-Aufnahme mit Suitner ist jedenfalls problemlos erhältlich. Überdies in Stereo. Und sicherlich eine gute Empfehlung.

    Offengestanden verstehe ich die Annimositäten nicht. Die Wuschkonzertplatten ware in meiner Kindheit mein Zugang zur Musik. "Konzert für Millionen", "1oo Klassik Hits" "Zauberland der Musik" (eine 10 LP-Box), die Dinge höre ich auch heute noch gerne. Und daß die Mondscheinsonate da ständig auftaucht, nun, das hat schon seinen Grund (wer die übrigens mal wieder mit verlüfften Ohren hören will, lege sich die wieder als CD greifbaren Aufnahen von Elly Ney oder Samson Francois -bei amazon france- auf). Oder die Moldau. Oder der erste Satz von Mozarts g-moll Sinfonie (der großen).


    Man sollte der sogenannten klassischen Musik durchaus den Aspekt entspannter Heiterkeit zubilligen, den sie zu vermitteln mag. Die Klassikliebhaber scheinen damit aber schon immer ein Problem gehabt zu haben. Woher sonst rührt die vielfache Abwertung von Rudolf Schock, Anneliese Rothenberger, Hermann Prey oder Erika Köth?


    Auch heute haben diese CD's ihre Berechtigung. In der Dortmunder Oper war es gute Sitte, daß ein Querschnitt durch die kommende Saison zu deren Beginn in Form eines "Best-of" wie die Wunschkonzerte heute wohl heißen gespielt wurde. Kmmenden Sonntag gibt's in Jena im Volkshaus -so heißt die dortige Philharmonie- nachmitags ein nettes Wunschkonzert:
    Aus Italien"
    Giuseppe Verdi (1813-1901) : Ouvertüre (Sinfonia) zur Oper "Giovanna d’Arco"
    Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) : Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 "Italienische Sinfonie": 1. Satz


    Antonio Vivaldi (1678-1741) : Sinfonia in b-Moll


    Gioacchino Rossini (1792-1868 ) : Ouvertüre zur Oper "Die diebische Elster"


    Giuseppe Verdi (1813-1901 ): Ouvertüre zur Oper "Die Macht des Schicksals"


    Gioacchino Rossini (1792-1868 ) : Ouvertüre zur Oper "Il signor bruschino"


    Pietro Mascagni (1863-1945) : Intermezzo sinfonico aus der Oper "Cavalleria rusticana"


    Hector Berlioz (1803-1869) : Le carnaval romain op. 9 (Römischer Karneval

    Hab's aus der Progarmmankündigung kopiert. Zwei Abende zuvor Tschaikowskys VK und Schostakowitsch's 5. Sinf. Find' ich klasse. :hello:

    Daß ein Pärt-Thread gestartet wurde finde ich auch fein. Unabahängig davon, ob und wie sein Werk öffeentlich aufgeführt wird habe ich bei ihm immer den Eindruck, daß er eigentlich ein Plattenstar ist. Möglicherweise liegt das an der Politik des Labels ECM, die ja das meiste von ihm publizieren (jaja ich weiss, Chandos und andere Label sind auch aktiv). Ertsmalig habe ich Pärt durch eine Folge "100 Meisterwerke aus den Museen der Welt" wahrgenommen. Da dienten seine "Fratres" als musikalische Grundlage für eine Werkanalyse. Auf der selben Platte auch eingespielt der "Cantus in memoriam Benjamin Britten". Die Idee, daß das Schwingen von Glocken den Rhythmius eines Musikstückes vorgibt, hat mich 1987 (in dem Jahr habe ich die besagte Platte gekauft) außerordentlich in den Bann gezogen. Gewiss hat Edwin recht, wenn er feststellt, daß Pärts Werke gleichsam zur Selbstkopie erstarren. Andersherum: wer sagt denn, daß es im Schaffen eine Komponisten so etwas wie lineare Entwicklungen und Fortschreiten geben muß? Die Variationen haben als Einzelstücke durchaus ihren Reiz, "Alina" und "Spiegel vor dem Spiegel" , Fratres, der Cantus und Tabula rasa, ich könnte jetzt noch mit den Arbores und dem Miserere auffwarten haben allesamt ihren eigenen Reiz. Pärt, das verbindet seine Werke teilweise mit Ligetys Athmospheres und Alan Pettersons 8. Sinfonie, schafft Musik, die vielleicht nicht als Handwerk seziert werden sollte, sondern die sich aus ihren meditativen, emotinalen Werten heraus definiert. Daß durch den Erfolg von Pärts Platten mit dem Hilliard-Ensemble eben dieses Ensemble in den medialen Fokus gerät und somit deren Platten etwa mit der Lamentatio Jeremiah von Thomas Tallis, zeigt zum einen die Verwandschaft von Pärts Musik mit dieser sehr alten, und befruchtet zum anderen die musikalische Wahrnehmung. Alles in allem empfinde ich Pärts Werk als musikalische Bereicherung.


    Meine persönlichen Hörtipps:


    Von den sakralen Werken (so mir bekannt)


    Und natürlich, des "Cantus" und der "Fratres" in Duo-Besetzung wegen:


    Da habe ich mir gestern Abend selbst den Mund wässrig gemacht. Wie oft ich das Brahmskonzert heute schon gespielt habe? Ich hab's nicht mitgezählt. Abwechselnd live mit Günter Wand (out of print) und die Studiaufnahme mit Paul Kletzki (für Euch der CD-Hinweis, bei mir dreht sich die gute, alte Angel-Pressung auf dem Teller)


    Zm Tageabschluss nun diese:


    In den letzten Tagen mehrfach gehört. Ciccolini hat die Nocturnes auf einem italienischen Flügel in einer Kirche eingespielt. So viel zu dem Teil, der mir nicht gefällt an der Einspielung. Cascavelle ist überdies nicht das Label, das durch fabelhafte Aufnahmetechnik glänzt.


    Unter Ciccolinis Händen klingen die Nocturnes weich, ganz weich, teilweise wie Improvisationen ohne festen Rhythmus. Kein parfümierter Salon klingt aus der Musik, eher muß ich an ein Café an der belgischen Nordeeküste denken, ganz leer am Ende des Tages, die Lichter halb verloschen, Blick ins Dunkle auf das Meer. Sehr schöne Aufnahme.


    Gute Nacht wünscht der Thomas

    Gilt das auch für die Aufführungspraxis? Daß nachfolgende Komponisten seine Noten studiert haben würde ich in unserem Zusammenhang zunächst nicht gelten lassen. Die Matthäus-Passion wurde doch erst von Mendelsohn als aufzuführendes Werk reanimiert. Was ich mit meiner Vergessensanmerkung meinte war: Bekanntheit bei Musikliebhabern (oder eben vergessen).


    Beste Grüße vom Thomas :hello:

    Wir sollten uns natürlich auch nicht als verbindliche Schnittstelle zwischen Vergangenheit und aller kommender Zukunft ansehen. Schwer vorstellbar, daß Bach oder Vivaldi für die Ewigkeit komponiert haben. Bitte korrigiert mich, wenn ich was falsches schreibe, aber nach ihrem Tode waren die alsbald so ziemlich vergessen. Es gab eben neue Moden und Vorlieben. Und noch keine Musikkonserven. Das "waswirdsein" in ein Verhältnis zu setzen zu "wasistgewesen" setzt eine gesellschaftliche Orientierung voraus, die linear-geschichtlich angelegt ist. Vor allem: was habe ich von dem Wissen, daß in 50 Jahren Mozart vielleicht als musikalischer Irrtum aber nützlicher Telephonschleifenmusiktrottel abgetan werden könnte? Genau: Nichts. Was nun die Musiker selbst betrifft, so wage ich die Behauptung aufzustellen, daß mein Wahrnehmen von technischer Musikwiedergabe (bin Jg. 1963) noch ganz anders funktioniert als bei den Geburtsjahrgängen nach zb. 1980. Als die CD heraukam, war dieser cleane Klang für mich absolut gewöhnungsbedürftig, warm geworden bin ich damit bis heute nicht. Will heißen: die jüngeren in diesem Forum haben teilweise mit alten Musikaufnahmen ihr Problem, weil sie technisch nicht so perfekt sind wie heutige CD's, genau dieser oftmals antiseptische Klang verhagelt mir so manche Neueinspielung. Diese unterschiedlichen Hörprägungen scheinen im übrigen auch ihren Niederschlag in den Diskussionen dieses Forums zu finden. Die Zukunftsfrage lautet für mich also: Werde ich fürdie Dauer meines Daseins die Musik zur Verfügung haben, die ich hören möchte? Die Antwort ist wohl klar: eher als jede andere Generation vor mir. Und wenn ich mir so anschaue, was an mittelalterlicher Musik so wiederentdeckt wird, mache ich mir gar keine Sorgen um unser zeitgenössischen Musiker, die in 2189 vielleicht wieder ihre musikalische Auferstehung feiern werden. Steuern können wir's genauso wenig, wie Hanslick Tschaikowskys Violinkonzert und Bruckners Sinfonien plattmachen konnte. Gottlob!!!


    Herzliche Grüße vom Thomas


    Nachschlag: Ich lese ja mit Vergnügen die Beiträge von Salisburgensis. Wenn man sich einmal anschaut, was von den kleinen Labeln der Plattenindustrie-die IMO bedeutend verdienstvoller für das Musikleben sind als die Majors- alles so veröffentlicht wird, dann wird mir um das Weiterleben von Musik nun wahrlich nicht mehr bange.

    Johanna Martzy eine materiell reiche Ehe vorzuwerfen wäre wohl außerkünstlerisch argumentiert. Ich muß mich übrigens korrigieren: die Martzy war Rumänin, geboren in Timisoara 1924. Das Todesjahr hat Ulli dankenswerterweise korrigiert.


    Bei der von Dir anghegebenen doremi CD handelt es sich um ein Recital aus dem Jahre 1960 aus Montreal mit Leon Pommers am Klavier..


    Anfang vom Ende ihrer Karriere war ein erzwungener Auftritt in Budapest: Um eine Ausreisegenehmigung für ihre Mutter zu bekommen, musste die Martzy ein Konzert in Budapest geben. Die Unterbringung war hundsmiserabel, Johanna fing sich einen Herpes ein, von dem sie sich nicht erholt hat. Im Umfeld dieses Konzertes wurden Gerüchte kolportiert, die junge Martzy hätte mit den Nazis kolaboriert (wohl weil sie 1943 in Budapest mit Mengelberg aufgetreten ist), was absurd war.


    Gewiss musste sie von Plattenaufnahmen nicht leben. Johanna Martzy konzertierte rege (der Mitschnitt des Brahmskonzertes unter Günter Wand mit dem Stuttgarter RSO aus dem Jahre 1964 wäre meine CD für die einsame Insel) und sie unterrichtete. Und wie gesagt, die Selbstdarstellungsgier würde ich nicht unbedingt und immer bei den Musikern sehen (Ausnahmen wie den Herrn aus Anif immer zugestanden). Als mystisch verbrämte Zurückgezogene hätte man die Martzy allerdings schlecht verkaufen können: Ihre Schüler habe mal kolportiert, daß sie während der Unterrichtspausen lieber über schnelle Autos als über Musik sprach.


    Ihr offizieller Plattenkatalog umfasst 11 Platten. Empfehlungen zum Kennenlernen würde ich hier aussprechen, und zwar:



    die Bach-Partiten.
    BWV 1001 ist auf der von Ulli angegebenen doremi-CD als Live-Mitschnitt, die EMI-CD's sind die offiziellen Studio-Aufnahmen




    und ihr alltime greatest:


    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    Norbert, danke für den Hinweis; was einem Wahlkölner so aus dem Blickfeld gerät.... :D

    Wenn ein Künstler ständig die Medien füllt, dann fällt es auf, wenn dies nicht mehr der Fall ist. Man müsste bei den reproduzierenden Künstlern sich wirklich einmal die Schnittmenge des gesamten Schaffens und des Hinzukommens von aktivem Marketing anschauen.


    Günter Wand wäre so ein lohnender Fall. Konstant hochgerühmt, weigerte sich -da beamteter Stadtangestellter- vor Erreichen seiner Pension das Gürzenichorchester zu verlassen. Nahm bis dahin für einen französischen Schallplattenclub auf. Wechselte als Pensionär zunächst zum Kölner RSO, war sodann freischaffend mit Bevorzugung des NDR-Orchesters aktiv. Stieß auf Harmonia Mundi, später BMG. Der Rest ist publizierte Plattengeschichte. Viel medialen Aufhebens wird heute nicht mehr um ihn gemacht, CD's erschenen dennoch immer wieder neue, überdies werden endlich seine alten Aufnahmen mit dem Gürzenichorchester wiederveröffentlicht.


    Fall Nr. 2 ist aber noch viel spannender: Johanna Martzy. Die ungarische Geigerin, die in die Schweiz übersiedelte, machte ihre erste Aufnahme für die DGG gegen Ende der Schellack-Ära. Spielte bis heute unübertroffen mit Ferenc Friscay das Violinkonzert von Dvorak. Wechselte zur EMI, nahm zunächst mit Sawallisch das Mendelsohn-Konzert auf. Verkrachte sich mit diesem während der Aufnahme so vollständig, daß die Bänder erst in den 1990er Jahren veröffentlicht wurde, die Einspielung selbst wurde mit Kletzki wiederholt. Die Solo-Partiten von Bach nahm sie noch auf, Schuberts Werke für Violine und Klavier, verweigerte (so die Legende) Walter Legge erotische Gefälligkeit und verließ EMI. Hat danach keine einzige Platte mehr aufgenommen. Unterichtete, spielte viel im Rundfunk, erkrankte schwer und starb 1978, nahezu vergessen. Bis Plattensammler ihre Platten wiederentdeckten.


    Was nun passierte ist für die CD-Freaks wahrscheinlich nicht nachzuvollziehen. Für Martzy-Platten werden Vermögen hingeblättert. Letztens wurde eine ihrer Platten für knaop 3.000 EUR bei ebay versteigert (gottlob gibt's auch erschwingliche Platten von ihr). In den 1990er Jahren wurden alle ihre Aufnahmen in Japanals LP nachgepresst und waren alsbald ausverkauft. Sie wurden vom selben Label als CD-Box auf den Markt gebracht. Die war auch bald ausverkauft. Der Enthusiast Glenn Armstron gründete eigens das Label Coup d'archet, um bislang unveröffentlichtes Martzy-Material, mühselig in Rundfunkarchiven aufgetrieben, zu veröffentlichen. Doch auch an diese Platten und CD's ist schwer ranzukommen. Dieses ganze Geschäft spielt sich ohne jedes Marketing ab. In Paris Musiklexikon wird die Geigerin gar nicht erst erwähnt. Für ihre Fans (ich zähle mich dazu) ist ihr Ton Offenbarung.


    Man sieht: so schnell verschwindet man nicht, eher ist es wohl so, daß Plattenfirmen wenn die Kuh maximal gemolken ist, man sich nach neuen Rindviechern umschauen. Daneben gibt es eine Parallelmarkt von Musikliebhabern und Sammlern, auf dem Musiker wie Ansermet, Backhaus, Martzy, Neveu oder Camilla Wicks fröhlich ihre Unsterblichkeit feiern.


    Nehmen wir noch Celibidache. Hat zu Lebzeiten wenig Plattenaufnahmen gemacht (einige immerhin doch). Hatte regionalen Bekanntheitsgrad. Unter Klassikliebhabern kursierten Graumarktplatten und CD's die alle aus Italien kamen (heute ist ja Kroatien das Paradies für dergleichen). Plötzlich gefiel es seinem Marketing, ihn als Bruckner-Dirigenten zu puschen. Da war er schon Mitte 70. War ja klar, daß man die ganzen Mitschnitte -und es wurde munter mitgeschnitten- nach seinem Tode veröffentlichen konnte. Und das kluge Marketing baut vor. Für Konzertkarten wurden indiskutable Preise verlangt und bezahlt. Ausverkauft war alles. Ein Film wurde produziert, der ihn als großen Bruckner-Weisen mit Zen-Überzeugungen zeigte. Und kaum war der Mann tot, da gab's seinen ganzen Bruckner bei EMI, Aufnahmen mit den Stuttgartern, Boxenweise, bei DGG und so fort.


    Das ist ja das eigentlich Schöne an diesem Forum: Künstler eben nicht medial wahrzunehmen.


    Sagen wir's doch einfach so: Der Ruhm der Künstler verblasst nicht: die PR-Maschinerie wird abgestellt. Da schrumpft dann auch Bertel Karajan wieder auf Normalmaß :baeh01: :untertauch:. Oder Lennie Bernstein. :pfeif:


    Gruß vom Thomas :hello:

    Hmm, so CD's haben ja bestimmt recht. Meine Information stammt von der ERATO-LP, kann aber das Produktionsjahr sein. Von der Haas gibt es noch eine zweite Einspielung der Preludes. Sie stammt aus ihrer Zeit bei der DGG, ist also in den 1960ern anzusiedeln. Kennt jemand diese Einspielung? Neuerdings ist die ja wieder als CD (in einer Box) greifbar.


    Beste Grüße vom Thomas

    Jawoll, das ist ein Jazz-Pianist, ebenfalls Komponist und Arrangeur. Für Klassik-Freunde interessant: Er komponiert gerne Jazz-Musik für Solisten, die eigentlich hauptsächlich von der Klassik bekannt sind. So die Picnic-Suite (1980) gespielt zusammen mit Rean-Pierre Rampal und Alexandre Lagoya oder dei Suite für Violine und Jazz-Piano (für Pinchas Zukermann).


    Beste Grüße vom Thomas

    Hallo Pius,


    leider kann auch ich nicht mit Hörvergleichen dienen. Meine Aufnahme von dieser Sonate ist mit Johanna Martzy und ihrem Klavierpartner Jean Antonetti und stammt aus dem Jahre 1959 (mono). Sie entstand anlässlich einer VARA (offensichtlich ein niederländischer Rundfunksender)-Matinee. Der britishe Musikenthusiast Glenn Armstrong hat diesen Aufnahme posthum auf seinem Label Coup d'archet veröffentlicht. Ich gestehe, daß ich beim ersten Hören ziemlich hin und weg war (die Platte habe ich noch nicht sehr lange), daß ich auf die Idee einer Vergleichseinspielung noch nicht gekommen bin.


    Gute Nacht wünscht
    der Thomas

    Hallo Khampan,


    zwei Cathédrale-Sünder hätte ich noch nachzutragen: Monique Haas und -man glaubt's nicht- Samson Francois. Die Haas Einspielung stammt aus 1976 die von Samson Francois aus 1970.


    Demus hat in den 1980ern eine kleine Debussy-Auswahl aufgenommen, gespielt auf einem Erard-Flügel (leider ohne die Cathédrale). Ist etwas darüber bekannt, ob er mit diesem Instrument noch mehr Debussy gespielt hat? Eine Chopin-Platte mit eben jenem Erard habe ich im Bestand. Da würde ich gerne mehr von hören.


    Liebe Grüße vom Thomas

    Nach dem Zwischenstand mache ich direkt weiter, in der Hoffnung, daß die bisherige Nr. 10 verdient aufrücken wird. Mein Lieblingskomponist ist Anton Bruckner. Mein erstes Brucknererlebnis war seine 6. Sinfonie. Unverhofft kam die Wucht dieser Musik immerhin gebremst durch den schwachen Lautsprecher eines Transistorradios, aber doch fühlbar.


    Meine besondere Liebe gilt seinen Sinfonien Nr. 3, 8 und 9. Diese Musik gibt mir ein Gefühl von Transzendenz und Ewigkeit, das ich anders als so nicht in Worte kleiden kann. Favoriten bei den Einspielungen: wand / Knappertsbusch für die Nr. 3, Knappertsbusch (Studio) / Horenstein (Live) für die Nr. 8 und die 9? Das ist sehr stimmungsabhängig: Furtwängler, Schuricht (1942), Knappertsbusch, Horenstein, Wand (bei seinem letzten Auftritt beim SH-Festival, ein Rundfunkmitschnitt, ungeglättet!).


    Ebenfalls großartig und bewegend: das Te Deum. Bruckner drückt sein religiöses Empfinden nicht nur in seinen geistlichen Werken aus, auch die Sinfonieen atmen einen religiösen Geist. Das mag man vielleicht anders empfinden; ich persönlich empfindes es als reich machendes Glück, daß es Dirigenten gibt/gab, die genau diese Seite in den Sinfonien zum klingen gebracht haben. Vorschläge s.o.


    Was an Heiterkeit auch in Bruckner steckt, verrät eine Reihe von Klavierminiaturen, Tanzmusik, die er nicht nur geschrieben, sondern auch aufgespielt hat. Die machen ihn herzlich sympathisch.


    Weitere vier werden mir nicht schwer fallen.

    Hallo GalloNero,


    als ich Schüler war, hat meine Musikleidenschaft in der Bibliothek so richtig Nahrung bekommen. In Dortmund gab's die Stadt-und Landesbibliothek mit einem Wahnsinnsfundus an Schallplatten (die werden wohl mittlerweile alle durch CD's ersetzt worden sein). Die wurden ausschließlich von den Bibliotheksdamen aus dem Magazin geholt und aufgelegt. Sechs Plattenspieler standen da, Kassettenrecorder und ein Spulentonbandgerät. Wenn man wusste, was man wollte, war die Sache einfach: Man ging an den Karteikasten, schrieb sichdie Nr. der gewünschten Platte auf einen Leih-/Hörschein bekam einen Kopfhörer und zog sich zum Hören zurück. Das Karteisystem war recht simpel: Platten mit dem Kürzel SA waren Einzel-LP's, SS waren die LP-Kassetten. Wenn ich einen Musiktrödelnachmittag verbringen wollte, hatte ich mir Karteinummern ausgedacht, die es zumeist tatsächlich gab. So wußte ich eigentlich nie, was es da gleich zu hören gab (SA 666 werde ich nie vergessen, ein Brahms-Quartett war das, was ich auf Anhieb langweilig fand, aber brav bis zum Schluß gehört habe; die Damen blickten recht streng, wenn eine Platte nicht ganz angehört wurde), habe aber so manche spannende Entdeckung gemacht. Bei Gefallen hatte ich den Damen dann eine Tonbandspule zurückgelassen. Das Aufnehmen dauerte höchstens eine Woche (soviel im übrigen zum Kopierschutzterror heutiger Musikhersteller). Das war ganz legal, die Stadt zahlte einen GEMA-Pauschbetrag.


    Rückblickend waren das fast meine schönsten Jugendnachmittage, Musikhören in der Bibliothek. Für die Kölner Bibliothek habe ich keinen Ausweis. Durch Deinen Beitrag frage ich mich natürlich jetzt, warum das so ist. Heute ist der Bibliotheksbesuch vielfach durch den Austausch mit Freunden und Bekannten ersetzt. Man tauscht untereinander CD's und Bücher aus, in einer Stadtbibliothek war ich schon lange nicht mehr. Bei rechtem Bedenken ein absolutes Versäumnis. Zumal: das geliehene Buch liest man ja doch irgendwie, schaut sich auch den geliehenen Film an oder hört die geliehene CD. Muß man ja alles in einem überschauberen Zeitraum zurückgeben. Vor allem: In der Menge, in der ich früher gelesen habe, wäre Lesen ein unbezahlbares Vergnügen gewesen, selbst bei Taschenbuchpreisen von 2,80 DM. Für die Musik gilt genau das Gleiche.


    Bei den gekauften Dingen? Wie oft wird ein Buch gekauft oder eine CD und dann erst mal nicht gehört? Man besitzt sie ja. Man sieht: besitzen kann nachteilig sein.


    Eine schöne Thread-Idee jedenfalls, bin schwer ans Nachdenken gekommen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Mein absoluter Liebling unter den (mir bekannten) Aufnahmen dieses Konzertes (siehe auch den Avatar): Johanna Martzy mit Ferenc Friscay, eine Mono-Aufnahme aus dem Jahre 1952. Zwei Ungarn treffen hier aufeinander, die den melodischen, gesanglichen Charakter des Werkes wunderbar ausspielen. Unglaublich der Ton Johanna Martzy's, besonders die Spitzentöne im ersten Satz. Vielen gilt die Platte bis heute als Reverenz für das Konzert, neben der Eisnpielung mit Suk mit Karel Ancerl. Joan Field wäre wohl noch zu nennen. Die Martzy verdient eigentlich einen eigenen Thread. Den Medien gegenüber war sie in einem Maße sperrig, daß alle ihre Schallplatten (ein sehr schmaler Katalog) vor ihrem 31. Geburtstag aufgenommen worden sind. Die seinerzeit hochgerühmte Dvorak-Platte war lange vom Markt verschwunden. Schallplattensammler haben astronomische Summen dafür bezahlt. Heute ist sie wieder greifbar: für LP Freunde nachgepresst von Clearaudio, als CD veröffentlicht bei der DGG, zusammen mit Bruchs g-moll Konzert mit Erica Morini. Bei jpc erhältlich, ich weiß aber nicht, wie man das Bild jetzt hier einklinkt :angry: :motz: (die beiden Freunde gelten meiner Blödheit)

    Gegen das Argument der wissenschaftlichen Erkenntnis lässt sich ja nun gottlob wenig einwenden. Man könnt auch boshaft werden: das Gegenteil von HIP wenn es um zeitgemäßes Erklingen klassischer Kostbarkeiten zwischen Bach und Mozart geht wäre wohl die Klassik-Serie von James Last. :D :D :D
    Aber Scherz beiseite: Uns plagt schon ein wenig das Wissen und vielfach auch die Kenntnis von gut 100 Jahren Schallaufzeichnung. Das ist ja auch ein Segen. Wir haben Vergleichsmöglichkeiten, die es zuvor nicht gegeben hat. Das prägt unsere Hörgewohnheiten. Auch in dieser Rückschau wird man festhalten dürfen, daß sich wohl jeder Musiker ernsthaft um eine adäquate Werkwiedergabe bemüht hat. Daß da viel Neuentdecken -gerade bei der Barockmusik- dabei war soll auch nicht übersehen werden. Und bis zum Barock müssen wir gar nicht erst zurück, wenn es um die Verbindlichkeit von Notentexten und Instrumentierungen geht. Denken wir nur daran, wie lange es gedauert hat, daß bei Bruckners Sinfonieen die Originalfassungen gespielt wurden. Das dürfte wohl das eigentliche Verdienst von HIP und ihrem Ausgreifen in alle Musikepochen sein: es wird endlich nicht mehr in den Partituren der Meister herumgekritzelt und verschlimmbessert. Die Musikgeschichte vergewissert sich ihrer selbst und spielt nicht mehr "stille post".


    Und ja, ich empfinde es als bereichernd, wenn Schuberts Arpeggione-Sonate auf einem Arpeggione und einem Graf-Flügel gespielt werden (die Cello/Steinway-variante kann man sich ja dann gerne dazustellen). Und das Cembalo ist ein zauberhaftes Instrument (übrigens hat Poulenc im 20. Jh. noch dafür komponiert). Von den Klangmöglichkeiten der Flügel des frühen 19. Jh (ich erwähne hier nur die Stichworte Janitscharenzug und Fagottzug) wollen wir nun gar nicht reden. Und vom Erard-Flügel auch nicht.


    Das notorische Überlegenheitsgefühl einer lebenden Generation der vorangegangenen gegenüber, verbunden mit der steten Weiterentwicklung von Instrumenten hat das Musizieren über die Jahrhunderte letztendlich ärmer gemacht, durch den Fortfall von Instrumenten wie Viola d'amore oder Arpeggione oder der Reduktion der Vielfalt der Tasteninstrumente auf den heutigen Konzertflügel wurde einiges an Klang schlichtweg gleichgeschaltet. Da gibt uns Heutigen HIP doch einiges zurück, was schlicht formuliert das Musikempfinden bereichert. Das nicht jede Einspielung ein Volltreffer ist, nunja, war das je anders? Da wüsste ich genügend Unfug aus dem traditionellen Lager zu benennen. Ein bisschen weniger Ideologie wäre in dieser Diskusiion vielleicht hilfreich: es geht von Fall zu Fall um jede einzelne Werkannährung.

    Von Fritz Lehmann's Bach-Einspielungen (bei DDG-Archiv weiland veröffentlicht) kenne ich das Weihnachtsoratorium und habe Elfriede Trötschels wegen auch einmal in die Matthäuspassion hineingehorcht. Addiere ich nun seine Aufnahmen von Händels Wasser- und Feuerwerksmusik hinzu, so habe ich zwar hörenswerte Aufnahmen, bin allerdings ein wenig hilflos, wenn ich das dem Rubrum HIP zuordnen soll. Da wird doch mit einem erheblichen Orchesteraparat gespielt (ähnlich wie der Bach eines Ansermet oder eines Klemperer), nicht schwülstig und auch, soweit ich's erinnere, recht unverschnörkelt. Allerdings verstehe ich unter HIP auch die Reduktion des Orchesters auf die vorgeschriebene Anzahl Stimmen. Man muß diese intime Barockmusik ja nicht in einem Saal wie der Kölner Philharmonie aufführen (wo man jenseits der Reihe 10 ja schon bei Dvoraks Cellokonzert verzweifeln kann :no: :stumm: )


    August Wenzinger ist zu Beginn der CD-Ära bei der DGG munter veröffentlicht worden. Daß das Ensemble schon ein so lange Tradition hat verblüfft mich jetzt. Die klangen 1990 auf den CD's (habe gar nicht aufs Produktionsdatum geschaut) ausgesprochen modern.


    Liebe Grüße vom Thomas

    Heute in der Post und direkt im CD-Spieler: Beethovens Klavierkonzerte mit Aldo Ciccolini und den Pomerigi Musicali unter Aldo Ceccato, live aus dem Jahre 2001. Gerade käuft das Es-dur Konzert, zunächst mussten meine Lieblinge dran glauben, das Konzert Nr. 4 und die Chorfantasie. Letztere höre ich vorzugsweise in der Eterna-Einspielung mit Günter Kootz am Klavier und Franz Konwitschny am Baton. Die Aufnahme hat den Vorteil, daß man von Beethovens Genehmigung Gebrauch gemacht hat, den (Kotzebue?)-Text durch einen neuen zu ersetzen; in diesem Falle schrieb ihn Johannes R. Becher, ein deutlicher Gewinn. In der Ciccolini Einspielung wird natürlich der bekannte Text gesungen. Was sagt man doch gerne von Pianisten seines Alters: Abgeklärt, weise, heitere Gelassenheit? Das mag hier wohl auch zutreffen. Wie bei vielen seiner Aufnahmen habe ich aber auch hier den Eindruck, daß sich da jemand an den Flügel setzt, völlig unangestrengt spielt und das Stück so klingt wie es klingen muss. Sehr subjektiv, das gebe ich gerne zu.


    Zitat

    Dann würden wir jetzt bereits das Ende dieser Hype erleben. Harnoncourts Telefunkenaufnahmen werden zu Schrottpreisen verkauft, und Koopmans Vertrag mit Erato wurde gekündigt.




    Hallo Paul, neben diesesn Altvorderen blühen ja immer neue Ensembles und künftige Stars. Und das ältere Aufnahmen schon zu Lebzeiten eines Stars zu low budget-Preisen verhökert werden, nun das konnte wir ja bereits bei karajan, Böhm, Bernstein usw. erleben.


    Lieb Grüße vom Thomas

    Liebe Taminoianer,


    das Thema der HIP ist ja gar nicht mal neu. 1954 hat Jascha Horenstein für VOX die Brandenburgischen Konzerte auf period instruments und in Originalbesetzung eingespielt. Aus seiner Diskographie habe ich zum Nachlesen die Namen der Musiker herauskopiert: Walter Schneiderhan: solo violin Dimiter Tortscanoff: violin Paul Trimmel: violin Ernest Opawa: violin Rudolf Lindner: violin Paul Angerer: solo viola, piccolo flute, harpsichord, 2nd recorder. Karl Troetzmuller: viola, 1st recorder. Josef de Sardi: viola Viktor Goerlich: cello Nikolaus Harnoncourt: viola da gamba Hermann Hoebarth: viola da gamba Emil Kremer: double bass Camillo Wanausek: flute Friedrich Waechter: oboe Rudolf Spurny: oboe Josef Koblinger: oboe Leo Cermak: bassoon. Franz Koch: horn Karl Buchmayr: horn Adolf Holler: trumpet Josef Ortner: trumpet Josef Nebois: continuo. Da gibt’s schon bekannte Namen drunter.


    Die damals völlig unbekannten Jahreszeiten von Vivaldi gabe es bis zum Ende der 1950er Jahre nur in der Münchinger/Barchet Einspielung. Und wer dem inteimen Klang des Stuttgarter Kammerorchester nachlauscht, wird schon erhebliche Unterschiede zu dem Barockgeist der frühen 50er Jahre feststellen. Man kann's auch bei den anderen frühen Bach-Aufnahmen Münchingers nachvollziehen. Nehmen wir doch seine Brandenburischen Konzerte :jubel: und die Einspielung von Bertel Karajan :kotz:


    HIP, das heißt wohl auch Ehrfurcht vor der Originalpartitur. Günter Wand, ebenfalls in den 1950ern hat für sein Gürzenichorchester neue Beethoven-Partituren angeschafft, die um romantisierende Nach- und Zusätze bereinigt waren. Seine beim Club Francais du Disque erschienen Einspielungen dürften wohl HIP gewesen sein, bevor überhaupt eine Mode daraus gebastelt wurde.


    Das waren nun zwei oder drei Beispiele. Lassen wir Karl Münchinger beiseite, der für die prominente DECCA aufgenommen hat, dann haben wir es bei den beiden anderen mit musikalischen Hochkarätern zu tun, die einen großen Nachteil hatten: Ihren Ehrgeiz, nur nach ihrer musikalischen Überzeugung für die Nachwelt einzuspielen, haben sie mit dem Preis bezahlt, für kleine Label aufzunehmen. (Günter Wand hat sich geweigert, für die Electrola in KÖLN !!!! aufzunehmen, weil die ihm vorschreiben wollten, was er denn aufzunehmen habe, natürlich erst dann, wenn Karajan das Seine aufgenommen habe (der war damals noch bei dem EMI-Konzern)).


    Was gab es damals nicht an solchen Label-Exoten, die heute teilweise hohe Sammlerpreise erzielen: VOX, Westminster (verdient um Hermann Scherchen, der sich auch um Original-Klang bemüht hat oder Paul Badura-Skoda, damals noch nicht auf historischen Flügeln) oder Concert Hall (eine musikalische Fundgrube von Graden), um nur die auf dem deutschen Markt aktiven Label zu nennen.


    Geben wir doch ehrlich zu: Die Koinzidenz von unübertrfefflich grandiosen Künstlern und marketingstarken Plattenlabeln ist schon mehr als seltsam. Wer’s zur DGG geschafft hat wird auch gekauft. Oder umgekehrt: gefällts dem marketingstarken Label, Originalklang zu puschen, dann hällt der Markt urplötzlich all die Platten bereit, deren klangliche Besonderheit gerade promoted wird. Harmonia Mundi, ein verdienstvolles Label im übrigen, hat als erstes den Originalklang als USP entdeckt. Hätten wir noch Erato mit Ton Koopmanns Bach und Händel undundund... tja und dann DGG-Archiv an die Front.


    Das Thema der Tempi ist zwar von Grete Wehmeier vor einigen Jahren in einem Essay bei 2001 einmal thematisiert worden (alles viel zu schnell), scheint aber auf die Einspielungen wenig Einfluß zu haben. Beethovens Eroica als 60 min Sinfonie ist mir nur in der Klemperer-Einspielung bekannt. Gielen peitscht das Stück durch 38 min Spielzeit wie ich las. Man nennt das wohl: von alten Schlacken befreit. Diese kritikerübliche Sprache ist wohl eher eine Verkäufersprache.


    Und all die Originalklang-Fexe, bei einem Thema werden sie dann doch wieder ganz still: den Flügeln. Nicht einmal Beethoven kannte etwas wie unsere heutigen Flügel, die ja für Virtuosen wie Franz Liszt gebaut wurden, Bach schrieb für Cembalo und auch nicht gerade für Cavailer-Coll Orgeln. Am Rande hierzu bemerkt: 1908 veröffentlichte Albert Schweitzer sein Buch über Bach und die korrekte Aufführungspreaxis seiner Orgelwerke. Seit 1936 gibt es Bach-Schallplatten, die von Albert Schweizer an Orgeln (vorzugsweise in seiner Heimatkirche in Günsbach) eingespielt wurden, die aus der Bachzeit stammten oder die ähnlich spartanisch wie die Bach-bekannten Orgeln waren. HIP also schon 1936.


    Und HIP bei der Klaviermusik des 19. Jh.? Nun, so sehr viele Einspielungen von Chopin oder Debussy (der 20. Jh.) auf Erard-Flügeln sind mir leider nicht bekannt (himlisch hier Demus mit Debussy. Die WestLB hat vor einigen Jahren einmal eine Plattenaufnahme von ihm mit einem Erard Flügel gesponsored. Die ging dann in der BRD an Kunden und Freunde des Hauses. In der DDR wurde sie ganz offiziell auf dem Eterna-Label verkauft). Soweit scheint die Liebe dann doch nicht zu gehen.


    Ich gebe offen zu, daß ich kein Musiker bin, spiele kein Instrument und lesen Noten nie, kann’s auch kaum. Ich höre Musik nicht mit dem Verstand, sondern lausche ihrem Klang. Sicherlich gibt’s den sogenannten HIP – Platten einiges mit Gewinn abzulauschen. Dennoch sehe ich in der momentanen Hype vor allem eine Verkaufsstrategie, die eben nun nicht mehr Karajan heißt, sondern eben HIP.


    Liebe Grüße vom Thomas

    Von beiden gibt es eine vollständige Einspielung der Beethoven-Sonaten, die eine auf historischen Flügeln, die andere aufe einem modernen. Die Rede ist von Malcolm Binns, britischer Pianist und heuer 70 geworden, der 1982 die Beethoven Sonaten auf historischen Flügeln aufgenommen hat. (Bei den histrorischen Flügeln werden die Wiener jetzt natürlich auf Paul Badura-Skoda verweisen, der sich da sehr verdient gemacht hat und auch noch lebt). Für Interessierte: dieses alte Edition soll in diesem September als CD-Edition auf dem Markt erscheinen. Meine Nr. 1 bei den (noch) lebenden ist zweifelsohne Aldo Ciccolini. Mittlerweile 81 Jahre alt, erscheinen immer noch neue Platten -pardo- CD's von ihm, jüngst noch Giregs Lyrische Stücke kplt. Die Beethoven Sonaten hat er beginnend in den 1990ern eingespielt. Bekannt ist dieser grandiose Pianist vor allem für das mustergültige Erinnern in Gesamteinspielungen von Severac, Satie oder Massenet, natürlich auch seine Liszt-Platten. Leider nimmt er nicht mehr für EMI auf, die Aufnahmtechnik seiner jüngeren CD's ist zwar digital, die Aufzeichnungsqualität erreicht die analogen ENMI-Aufnahmen gewiss nicht. Bleibt zu rühmen der warme Klavierton, die ungekünstelte Darbietung, der ein intellektuelles über- und verbauen nicht anhörbar ist. Womit ich gerade sein Beethoven-Spiel gemeint habe. Sein Geburtstag liegt übrigens gerade knapp drei Wochen zurück, daher: Ad multos annos Aldo Ciccolini.

    Lieber Edwin, da hast Du absolut recht. Bei Music & Arts ist ein Mitschnitt von Bruckners 8. unter Kna mit den Münchnern aus dem Jahre 1955 erschienen. Da brauchts für das gesamte Werk mal eben kanpp 70 min. Das ist in der Tat ziemlich zügig. Aufgefallen ist mir das allerdings erst durch Deinen Hinweis.


    Beste Grüße vom Thomas :hello:


    (Jetzt woll'n wir doch mal sehen, ob das mit den Smilies klappt)

    In der Auflistung der Bruckner-Dirigenten vermisse ich bislang schmerzlich Jascha Horenstein.Der 1899 geborene Horenstein, dessen Repertoire wohl recht breit gefächert war, galt dennoch als Spezialist für Bruckner und für Mahler. 1928 hatte Horenstein Bruckner's 7. erstmalig für Schallplatte eingespielt (mit den Berliner Philharmoniern), in den 1950er Jahren folgten die Sinfonien Nr. 8 und 9 für das amrikanische Plattenlabel VOX (in Deutschland alternativ durch Orbis oder Pantheon/Opera vertrieben). Horenstein, der 1933 aus Deutschland nach New York geflüchtet war, hat sich an kein Orchester fest gebunden. In den 1960er Jahren bestand bis zu Horensteins Tod im April 1973 eine intensive Zusammenarbeit mit der britischen BBC, für die er alle Bruckner-Sinfonien dirigiert hatte. Leider lagert das meiste davon in den BBC Archiven, als CD veröffentlicht wurden die Sinfonien Nr. 5, 8 und 9, jeweils Mitschnitte von Live-Aufführungen. Die alten VOX-Aufnahmen sind in guter Mono-Qualität als CD erhältlich, die BBC-Aufnahmen sind zwar Stereo, aber man muß klanglich Abstriche machen. Dessenungeachtet ist der Unterschied zwischen den beiden Einspielungen der 8. Sinfonie interessant. Die spätere Einspielung zeigt deutlich mehr emotionale Beteiligung, ist ruhiger und getragener. Interesanterweise hat Horenstein zumeist die Original-Versionen der Sinfonien dirigiert. Bei der 8. zunächst die Novak, dann die Haas-Edition. Das unterschied ihn von einem anderen großen Bruckner-Dirigenten, Hans Knappertsbusch, dessen Bruckner Kanon aus den Sinfonien Nr. 3,4, 5,7,8 und 9 bestand. Die 6. hatte zeitlebens nie dirigiert (hab's mal in einem Verzeichnis seiner ehaltenen Konzertprogramme nachgelesen). Bei Kna fällt auf, daß er sich im Plattenstudio merklich unwohl gefühlt hat. Dort wo sich live-und Studio Aufnahmen miteinander vergleichen lassen (Sinfonien 3, 4 und 8 ) fallen meine Hörentscheidungen stets zugunsten des Live-Mitschnittes aus. Knappertsbusch war in seine späten Jahren für seine ausgesprochen breiten Tempi bekannt. Für mich erstaunlich wirkt sein Bruckner aber niemals langsam. Besonders der Mitschnitt von Bruckner 7. bei den Salzburger Festspielen 1949 bringt diese Sinfonie einem Spielfluß, bei dem ein anderes, strafferes Tempo kaum vorstellbar scheint.
    Bei Celibidache gibt es für mich einen eklatanten Unterschied zwischen dem Klang im Saal und dem Klang von der CD. In Köln hatte ich Celi mit Bruckners 3. Sinfonie gehört. Das war schon unglaublich langsam, bot allerdings die Möglichkeit, dem Raumphänomen Klang nachzuhören. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt verständlich ausdrücke, aber Celis dirigieren satnd in Bezug zu dem Saal, in dem er dirigierte. Das wurde natürlich mitgeschnitten, nur genau dieses Phänomen lässt sich zwischen den heimischen Lautsprechern kaum nachvollziehen, so daß die EMI-CD's von Celibidache auf mich irgendwie leblos wirken.
    Letztens fiel mir eine DDR-Einspielung von Bruckners 5. unter Heinz Rögner in die Hand. Mein gegenwärtiger Favorit unter den Einspielungen dieses Werkes.
    Carl Suchricht wurde schon erwähnt, auch der gehört in die Reihe der großen Bruckner-Dirigenten. Liebhabe breiter Tempi dürften sich hier allerdings nicht gut aufgehoben fühlen: Schuricht war ein Freund zügiger Tempi. Nach dem Kriege wurde er von der Schallplatte entdeckt, machte Einige Einspielungen für das Label Concert Hall, sodann für die DECCA, und in der Zeit des Übergangs von Mono zu Stereo für EMI. Die Stereo-Einspielungen von Bruckners 8. und 9. Sinfonie sind heute gesuchte Plattenraritäten, als CD aber gut zu beschaffen. Schurichts zügiges Tempo bekomt besonders dem Scherzo der 9. außerordentlich gut. Beim Tempo des 3. Satzes der 8. Sinfonie eine Gegenüberstellung Schuricht Knappertsbusch: 21 min vs 28 min. Im dirketen Hörvergleich würde man den Unterschied aber nicht für derart eklatant halten. Mein Liebling unter den Schuricht-Einspielungen von Bruckner: die Nr. 7, aufgenommen für Concert Hall.
    Liebe Grüße vom Thomas

    Lieber Theophilus, dieses unglaubliche Stück Kammermusik in meiner Sammlung geht auf das Konto des Tamino-Forums. In einem Kölner Plattengeschäft konnte ich heute eine Aufnahme dieses Quintettes mit dem Tanejew-Quartett, ergänzt um Mstislaw Rostropowitsch erstehen. Das Ensemble braucht für dieses hinreißende und schlicht unbeschreiblich schöne Adagie 17:25 min. Ohne Deine Erläuterungen wäre ich bei dem Klang der parallel geführten Streicher tasächlich ausgesprochen irritiert gewesen (zumal das von Dir zitierte Harmonium bei Dvoraks Bagatellen op. 47 für Streichqu. und eben Harmonium tatsächlöich vorkommt). Die angesprochene Platte (Vergleich muß sein) habe ich ergänzt um eine CD mit dem Alban Berg Quartett und Heinrichh Schiff. Ich pirsche mich nun langsam an das Stück heran und vergleichshöre im Moment das Adagio. Da haben IMO die Russen eindeutig die Nase vorn. Das ABQ klingt erdiger, die Violinmelodie drängelt sich recht stark nach vorn. Vor allem aber brauchen die Russen geschlagene drei Minuten länger, was schon ein deutlicher Unterschid ist. Insgesamt klingt die Einspielung mit dem Tanejew Quartett weicher, melancholischer, und, was natürlich sehr subjektiv ist, sie kommt dichter an die Seele heran als die Einspielung des ABQ. Meinen herzlichen Dank an diejenigen Mitstreiter, dieses ganz und gar unglaubliche Stück Musik zum Thema gemacht haben.
    Liebe Grüße vom Thomas