Alfred schrieb bereits, wem das Quartett gewidmet wurde. Zum besseren Hintergrundverständnis möchte ich noch hinzufügen, dass Schostakowitsch damit der 20jährigen Freundschaft mit Schebalin gedachte. Schebalin war ihm auch nach seiner Anstellung am Konservatorium noch häufig behilflich. Der ironische oder sarkastische Hinterton, den wir besonders in seinen sinfonischen Werken so häufig nicht überhören können, hallt auch auch in seinem Widmungsbrief wider, bei dem er sich auf das Freunschaftsjubiläum, wohl wissend, dass dies auch von staatlichen Beauftragten mitgelesen wurde, folgendermaßen bezog: "Ich mag diese (Jubiläums)Zahlen nicht sehr: Sie erinnern einen daran, wie schnell die Zeit vergeht. Man beginnt darüber nachzudenken, wie man einen solchen Zeitabschnitt verbracht hat und kommt zu dem Schluss, dass man ihn besser hätte verbringen sollen, um dem Vaterland mehr Nutzen zu bringen".
Es ist kaum zu überhören, dass DSCH wieder um die Verarbeitung von Tod und Trauer rang, aber auch um die Gedenken an Verstorbene. Insofern kann das 2. Quartett durchaus auch im Zusammenhang mit den kurz vorher komponierten Sinfonien, nämlich der Siebten und der Achten, die ja sehr stark von den grausamen Folgen der Kriegsgeschehen geprägt sind, quasi als Musik des Leidens gesehen werden.
Warum auch das 2. Quartett? Einerseits entsteht beim Lesen seiner Vita der Eindruck, dass DSCH zeitlebens keineswegs grundlos Angst davor hatte, ihm liebgewonnen Menschen durch Tod (politisch motiviertem Mord) zu verlieren, was vielleicht erklärt, wie wenig selbstverständlich und dadurch wertvoll ihm diese 20 Jahre anhaltende und stets am seidenen Tuch hängende Freundschaft war, was ihm als Widmungsanlass für dieses trautige Werk wert war. Andererseits begann DSCH diese Komposition sofort nach Beendigung des Klaviertrios op. 67, welches er als direkte Folge des Todes seines Freundes und Kunsthistorikers Iwan Sollertinskis im Zustand tiefer Trauer und Depression schrieb. Unüberhörbar geht die depressive Sphäre des Trios somit auch auf die Stimmung des Quartetts über.
Beide Werke wurden auf Wunsch von SCH an einem Konzertabend, wie Alfred bereits erwähnte u.a. vom Beethoven Quartett, nacheinander uraufgeführt, und zwar an dem Ort, an dem Sollertinski vormals künstlerischer Leiter war, dem großen Saal der Leningrader Sinfonie.
Besonders stark hat mich in meiner Jugend die emotionale, fast als schreiend empfundene Violine im zweiten Satz ergriffen, warum ich diesen Satz häufig nacheinander aufgelegt habe. In der Jugendzeit ist man für solch starke Emotionen, die einem das Rüstzeug gegen die Auflehnung gegen Eltern, Schule und Konventionen übertragen, wohl sehr empfänglich.
Uwe