Euripides lebte von ca. 480 bis 406 v.u.Z. und ist neben Aischylos und Sophokles einer der drei großen Tragödiendichter der griechischen Klassik.
Im Verhältnis zu den beiden anderen spielt beim jüngeren Euripides nicht mehr so sehr die Auseinandersetzung des Menschen mit den göttlichen Forderungen die Hauptrolle, sondern er verlegt die tragischen Entscheidungen eher in die Psychologie seiner Protagonisten, die daher nahezu „moderne“ Gewissensentscheidungen je nach den äußerlichen und ethischen Anforderungen fällen.
„Iphigenie in Aulis“ wurde posthum auf Veranlassung seines Sohnes gleichen Namens bei den Dionysien des Jahres 405 aufgeführt. Überliefert ist der größte Teil der Tragödie, nur im Prolog scheinen kleine Teile zu fehlen, und der Botenbericht am Ende ist eine Zugabe späterer Zeit, die aber wohl die grundsätzlichen Ideen des Euripides widerspiegelt.
Diese „Iphigenie“ ist eines der besten Beispiele für die Motivierung der Helden bei Euripides, wie oben angedeutet.
Die Handlung greift ein Element der Artriden-Sage und des trojanischen Krieges auf.
Paris, der trojanische Königssohn, hat Helena, die Ehefrau des Menelaos, der wiederum Bruder des mykenischen Herrschers Agamemnon ist, nach Troja entführt. Unter Agamemnons Führung will nun von Aulis ein gesamthellenisches Heer aufbrechen, um Helena zurückzuholen und Troja zu bestrafen. Aber Windstille verhindert seit Wochen den Aufbruch. Die Göttin Artemis verlangt durch den Priester Kalchas, dass Agamemnons älteste Tochter Iphigenie ihr geopfert werden müsse, damit die Hellenen Fahrtwind erhalten und den Krieg gegen Troja gewinnen.
Durch eine List lockt Agamemnon seine Tochter und unbeabsichtigt auch deren Mutter Klytaimnestra ins Heerlager. Er behauptet nämlich, sie mit dem berühmten Helden Achill vermählen zu wollen, der allerdings davon gar nichts ahnt.
Doch gleich nachdem er die Botschaft abgeschickt hat, überfällt ihn sein schlechtes Gewissen und er sendet seinen alten Diener mit der Absage des Plans hinterher. Dieser wird aber von seinem Bruder Menelaos abgefangen, und nun beginnen die Dialoge und Monologe, innerhalb derer sich das dramatische Geschehen entfaltet. Agamemnon, Menelaos und Iphigenie ändern jeweils in ihren Dialogen, motiviert durch äußere Geschehnisse, aber auch politische und ethische Zwänge ihre Meinungen. Zusätlich treibt Achill, der von der Verschwörung erfährt und sich auf die Seite der Frauen stellt, den Konflikt an. Wie es nun für Iphigenie endet, sollte man sich selbst erlesen.
Die nächste Dramenvorstellung wird zeigen, dass das Ende eine ganz überraschende Wendung bringt.
Euripides' aulische Iphigenie hat über den Umweg der Adaption durch Racine Christoph Willibald Gluck zu seiner ersten Pariser Oper „Iphigénie en Aulide“ inspiriert, die 1774 in der Pariser Oper uraufgeführt wurde. Sie wurde ein großer Erfolg, von dem Marie Antoinette begeistert berichtete.
Hier kann man eine Aufführung von 1992 mit Peter Schreier in der Hauptrolle hören.
Quellen: Wikipedia, Kindlers Literatur Lexikon, Albin Lesky: Die griechische Tragödie