Beethoven: Streichquartette, Alban Berg Quartett (EMI, 1978-83)
Als ich vor etwa 35 Jahren als Teenager begann, Klassik zu hören, war dieses Ensemble vielleicht das berühmteste Quartett der Welt. Zu meinem 18. Geburtstag 1990 wollte ich mir eine Gesamtaufnahme der Beethovenquartette zulegen. Besagte Aufnahme hätte etwa 300 DM gekostet, praktisch kaum günstiger asl 9-10 einzeln gekaufte CDs. Glücklicherweise gab es die etwas neuere DG-Einspielung des Melos-Quartetts zum 25jährigen Bestehen des Ensembles quasi zum halben Preis, 150 DM. Da fiel die Entscheidung sehr leicht. Ich weiß noch, wie die Verkäuferin in dem kleinen Geschäft durchaus überrascht war, dass ein Jungspund so etwas kauft, sie fragte mich tatsächlich, ob ich selber Quartett spielen würde, was ich leider verneinen musste.
Jedenfalls hat u.a. der damals hohe Preis über 30 Jahre lang verhindert, dass ich die ABQ Beethoven-Aufnahmen gehört habe (ihr Schubert-Quintett mit Schiff und die Mozart- und Brahms-Aufnahmen aus den 1970ern waren allerdings meine ersten CDs dieser Musik).
Nun wollte ich eigentlich nur eine einzelne CD mit op.127 kaufen, sah dann aber die Box (nun auf 7 CDs kompakter verpackt) "gebraucht wie neu" für einen Zehner und konnte nicht widerstehen.
Das hat sich wirklich gelohnt; es sind größtenteils hervorragende Aufnahmen. Die Einschränkung (außer ein paar fehlenden Wdh.) ist m.E. nur, dass der "Hochdruck"-Zugang des ABQ am besten zu den "mittleren" Quartetten passt. Starke Kontraste, eher "kräftiger Pinselstrich", schnelle Sätze schnell bis sehr schnell (die Kopfsätze von op.59/1 und 95 gehören zu den schnellsten, die ich gehört habe), langsame Sätze eher etwas langsamer (sehr schön bsp. in 59,1+2, dem Harfenquartett und op.127); es sind eher keine "intimen" Lesarten.
Das gefällt mir bei den frühen meistens auch sehr gut, aber manche fänden es vielleicht etwas zu schwergewichtig und dramatisch. Bei späten treffen sie m.E. die Seltsamkeit und Fremdartigkeit mancher Sätze nicht so gut. Am besten scheinen mir hier die dramatischen und leidenschaftlichen Sätze, bspw. Ecksätze des a-moll, Finale des cis-moll, getroffen, wohingegen der "Dankgesang" etwas "diesseitig" gerät.
Insgesamt aber ein Set, das den Status als "Klassiker" der letzten Jahrzehnte in jedem Falle verdient. Da es seit Jahren in diversen günstigen Boxen erhältlich ist, eine starke Empfehlung, egal ob als erste oder zehnte Einspielung der Werke.