Beiträge von Engelbert

    WERKVERZEICHNIS ( IN AUSWAHL)


    > Das Gastmahl des Lucullus (1901)
    > Bruder Straubinger (1903)
    > Die Schützenliesel (1905)
    > Künstlerblut (1906)
    > Vera Violetta (1907)
    > Das Glücksschweinchen (1908 )
    > Der unsterbliche Lump (1910)
    > Das Zirkuskind (1911)
    > Der Frauenfresser (1911)
    > Ein Tag im Paradies (1913)
    > Der lachende Ehemann (1913)
    > Hanni geht tanzen! (1916)
    > Die fromme Helene (1921)
    > Die gold'ne Meisterin (1927)
    > Donauliebchen (1932)
    > Wiener Musik (1947)
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    Edmund Eysler


    geboren am 12. März 1874 in Wien
    gestorben am 4. Oktober 1949 in Wien



    LEBENSLAUF


    Bevor Edmund Eysler sein Glück als Operettenkomponist machte, lebte er bescheiden als Klavierlehrer in Wien. Weitaus verlockender – wie bei vielen anderen Komponisten auch – wäre für ihn die Schaffung einer Oper gewesen. Er hatte das Glück, die Bekanntschaft von Ignaz Schnitzler, der auch schon den Text zum 'Zigeunerbaron' für Johann Strauss geliefert hatte, zu machen. Von ihm bekam er ein Libretto, mit dem Titel 'Der Hexenspiegel' zur Vertonung vorgelegt. Zu seiner Enttäuschung wies Gustav Mahler, der an der Wiener Hofoper die Machtposition des Direktors innehatte, das Werk zurück. Als Begründung für die Ablehnung wurde die Schlichtheit der Instrumentierung angegeben, die den Ansprüchen, die an eine Oper gestellt würden, nicht genügen. Sachlich gesehen, kann diese Feststellung durchaus zutreffend gewesen sein, denn es ist das Markenzeichen von Edmund Eysler, dass seine Melodien zwar eingängig sind, man ihnen aber gleichzeitig auch das Attribut der Bescheidenheit zuerkennen kann.


    Die Oper 'Der Hexenspiegel' kam nie zur Aufführung. Was macht ein kluger Komponist, wenn er mit einem Werk keinen Erfolgt hat? Er baut es um und gibt ihm einen anderen Titel! Aus der Oper wurde eine Operette und bekam einen neuen Namen. Der Verleger Leo Weinberger hatte ihn richtig beraten. 'Bruder Straubinger' trat nun im Jahre 1903 seinen Siegeszug an und sollte neben der 'goldenen Meisterin' (1927) Eyslers größter Erfolg werden. Obwohl er etwa sechzig Operetten komponierte, blieb seiner Fleißarbeit der Welterfolg versagt. Zu sehr war sein Stil an die heimatliche Region gebunden. Doch was tut's! In Wien wurde Edmund geliebt und regelmäßig aufgeführt. Doch es soll vermerkt werden, dass seine Operette 'Ein Tag im Paradies' (1913) unter Dem Titel 'The Blue Paradise' am Broadway einen Start riskierte.


    Doch blenden wir zurück: Edmund Eysler, Sohn eines Kaufmanns, sollte nach dem Wunsch des Vaters ursprünglich Ingenieur werden. Der Sechzehnjährige widersetzte sich und besuchte das Wiener Konservatorium, welches er nach seinem Studium bei Robert Fuchs mit Schwerpunkt Komposition und Dirigieren mit ausgezeichneten Noten verließ. Das Schicksal war auf seiner Seite. Er machte zu dieser Zeit die Bekanntschaft von Leo Fall. Im Jahre 1898 heiratete er und seine Frau schenkte im Laufe der Jahre zwei Töchtern das Leben. Er fand 1901 eine Anstellung als Kapellmeister. Zunächst begann er mit der Komposition von Kammer- und Klaviermusik, wandte sich dann aber gezielt der Operette zu. Das Glück des Erfolges blieb ihm treu bis die neuen Machthaber in den 1930er Jahren seiner Produktivität mit der üblichen Begründung ein Ende setzten. Im Gegensatz zu vielen anderen Schicksalsgenossen verließ er die Heimat nicht und fand Unterschlupf bei Freunden und Verwandten.


    Edmund Eysler war Ehrenbürger der Stadt Wien und erhielt zu seinem 75. Geburtstag den Ehrenring der Stadt. An seinem Geburtshaus in der Thelemanngasse wurde die alte Gedenktafel wieder angebracht. Ein Sturz von der Bühne begründete seinen tragischer Tod im Alter von 75 Jahren.


    © 2010 TAMINO - Engelbert

    Das Cover zur Beschreibung


    Hans-Ludwig Hirsch dirigiert das Kammerensemble des Bayrischen Staatsorchesters
    Es singen: Rüdiger Wohlers, Lilian Sukis, Nikolaus Hillenbrand. Trudeliese Schmidt


    Die LP. erschien vor Jahrzehnten bei Eurodisk


    Wer die Einspielung möchte: Ein Exemplar steht bei
    PLATTENRILLE, Second-Hand
    Grindelhof 29, 20146 Hamburg
    noch auf Lager


    Mit freundlichen Grüßen
    :angel:
    Engelbert

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    Fred Raymond (1900 -1954)
    Maske in Blau


    Große Operette in sechs Bildern
    Text von Heinz Hentschke und Günther Schwenn
    Uraufführung am 27.9.1937 in Berlin, Metropol-Theater


    Charaktere:
    Armando Cellini, Maler
    Franz Kilian, sein Freund
    Seppl Fraunhofer, sein Bekannter
    Juliska Varady, Fraunhofers Freundin
    Evelyne Valera, Plantagenbesitzerin
    Gonzala, ihr Gutsverwalter
    Pedro dal Vegas
    Marchese Cavalotti
    Festgäste
    und weitere


    Das Geschehen spielt in San Remo und in Argentinien



    INHALTSANGABE:


    IN SAN REMO


    Erstes Bild:


    Armando Cellini, der berühmte Maler, wurde gekrönt. Vom Parlament – nein, von der Akademie der
    schönen Künste – Ja. Er selbst? - Nein, sein Bild! Welches Bild? - 'Maske in Blau'.


    Der Erfolg muss gefeiert werden. Zur Vernissage sind auch seine Freunde, Franz Kilian und Seppl Fraunhofer zur Stelle. Der Letztgenannte hat Fräulein Juliska im Schlepptau, die ganz versessen darauf ist, vom Seppl geheiratet zu werden.


    Welche Bewandtnis hat es mit dem Bild? Armando weiß überhaupt nicht, wer die Frau eigentlich ist, die er porträtiert hat. Die ganze Nacht hat sie ihm Modell gesessen, aber die Maske hat sie nicht abgenommen, erklärt er den Freunden. Jedoch ein Versprechen hat sie ihm zurückgelassen. Nach einem Jahr wird sie wiederkommen und sich ihm zu erkennen geben. Welch seltsame Gepflogenheit! Er gibt ihr als Pfand einen kostbaren Ring aus dem Familienschatz, den sie zur gegebenen Zeit vorweisen soll, damit keine falsche Person ihren Platz einnehmen kann.


    Jetzt hängt er in der Warteschleife und wartet sehnsüchtig, dass sie kommt, denn die Frist ist um.


    SZENENWECHSEL


    Im Grandhotel von San Remo ist eine kleine Delegation aus Argentinien eingetroffen. Es ist die wohlhabende Evelyne Valera, Besitzerin einer schmucken Hazienda mit ihrem Gutsverwalter Gonzala.
    Der Majordomos – so die argentinische Bezeichnung für diesen Berufsstand – erfährt durch Kilian, dem Freund des Malers, von dem interessanten Gerücht, welches dem Bild anhaftet. Evelyne erhält davon Kenntnis durch ihren Majordomos, freut sich und kichert, denn sie ist in Wahrheit die 'Maske in Blau'. Wie versprochen wird sie ihn am Abend in seinem Atelier besuchen und das Geheimnis lüften.


    Zweites Bild:


    Zum Haushalt Evelynes gehört noch ein finsterer Herr, der sich begründete Hoffnungen auf die hübsche
    und reiche Plantagenbesitzerin macht. Pedro dal Vegas verlässt vorzeitig das Narzissenfest und nutzt den zeitlichen Vorsprung, um den Maler zu bewegen, ihm das besagte Bild zu verkaufen. Doch dieser erfüllt seinen Wunsch nicht, weil es für ihn selbst einen unschätzbaren Wert darstellt.


    Am späten Abend findet sich Evelyne zum Rendezvous im Atelier des Malers ein. Sie lüftet ihr Geheimnis und beiden lacht nun das Glück. Das unvermeidliche Liebesduett rückt der Librettist an diese Stelle.


    Drittes Bild:


    Die Freunde planen, für Armando die Verlobung auszurichten, um ihn damit zu überraschen. Der Marchese Cavalotti stellt seinen Festsaal zur Verfügung. Alles gut und schön, aber wo bleibt der Schurke in dieser Komödie?


    Pedro lässt sich nicht einfach abschütteln. Er teilt Armando kurzerhand seine ernsten Absichten mit, zumal er die älteren Rechte auf die Dame habe. Der Maler möge sich doch bitte von ihr fernhalten. Dem Intriganten war es gelungen, Evelyne den wertvollen Ring aus ihrer Handtasche zu entwenden. Glaubwürdigkeit vortäuschend, gibt er Armando den Ring mit der Bemerkung , dass Evelyne an einer Verbindung mit einem leichtsinnigen Künstler kein Interesse habe.


    Obwohl von Gonzalo vorgewarnt, geht Armando dem verschlagenen Pedro auf den Leim und räumt das Feld. Wütend wirft er sein Champagnerglas gegen die Wand und stimmt nun den großen Knaller aus der Operette an:


    „Schau einer schönen Frau nicht zu tief in die Augen, denn was ihr Mund verspricht, da hält sie nicht. Sie schaut den nächsten Mann genau so zärtlich an ...“


    Die Freunde geben die Verlobung bekannt, doch Armando korrigiert, dass sie einem Irrtum unterlegen sind. Bei ihm haben keine ernsten Absichten vorgelegen – für ihn sei die Bekanntschaft mit der Dame aus Argentinien nur ein kleines Abenteuer gewesen. Evelyne erlebt den gleichen Abrutsch der Gefühle und ist über den plötzlichen Sinneswandel des Geliebten bestürzt.


    Sie sucht nach ihrer verlorenen Handtasche, findet den Ring nicht mehr vor und reimt sich einen möglichen Sachverhalt zusammen. Doch für ein klärendes Gespräch ist es zu spät – der Abreisetermin ist schon gebucht.


    IN ARGENTINIEN


    Viertes Bild:


    Beiden lässt der Verlust ihres verlorenen Liebesglücks keine Ruhe. Die Freund helfen! Kilian nimmt Kontakt zum Majordomos auf und rekonstruieren den wahren Sachverhalt. Pedro unternimmt Anstrengungen, Evelyne auf seine Seite zu zwingen, doch die Spröde kann ihren Maler nicht vergessen.


    Entfernungen bedeuten nichts, wenn die Liebe rebellisch wird. Geschwind sind Armando und Kilian am Rio Negro, um sich mit Gonzalo in der Provinzhauptstadt zu treffen. Gonzalo warnt beide vor Pedro, denn Pedro ist verschlagen und gefährlich.


    Fünftes Bild:


    Pedro hat ein Telegramm abgefangen und weiß nun, dass es nur eine Frage der Zeit ist, dass die Fremden auf der Hazienda eintreffen werden. Ein Gaucho hatte jedoch beobachtet, wie Pedro das Telegramm des Postboten an sich genommen hatte und unterrichtet den Majordomos. Die rivalisierenden Gruppen treffen unterwegs aufeinander, denn Armando ist besorgt, dass die Verlobung mit dem Argentinier stattfinden könnte, bevor er zur Stelle ist.


    Mit gewetzten Schnäbeln geraten die beiden Gockel aufeinander und der Maler, von seinen Freunden angefeuert, verdeutlicht dem Nebenbuhler, dass er nicht nur den Pinsel, sondern auch die Fäuste schwingen kann.


    Sechstes Bild


    Zur Hochzeit war schon alles vorbereitet, doch nun kommt ein anderer Freier und setzt sich an die Tafel.
    Den Gauchos ist es egal. Sie stehen auf der Seite ihrer Herrin.


    Womit keiner gerechnet hat - Es gibt eine Doppelhochzeit. Juliska hat ihren Seppl endlich herumgekriegt.


    © 2010 TAMINO - Engelbert


    MELODIENFOLGE


    > Heut gibt’s nur ein Gespräch in San Remo (Einleitung)
    > Frühling in San Remo (Evelyne)
    > Ja das Temp'rament (Juliska)
    > In Gegenteil, ich bin ja für die Ehe (Seppl, Kilian, Juliska)
    > In dir hab ich mein Glück gefunden (Evelyne, Armando)
    > Die Juliska aus Budapest (Juliska, Szene )
    > Schau einer schönen Frau nie zu tief in die Augen (Armando)
    > Am Rio Negro (Evelyne, Armando)
    > Maske in Blau (Finale)
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    Franz Schubert (1797-1828 )


    Die Freunde von Salamanca


    Singspiel in zwei Akten
    D 326, entstanden 1815
    Libretto von Johann Mayrhofer


    Personen:
    Olivia, eine Gräfin
    Eusebia und Laura, ihre Hofdamen
    Alonso, Diego und Fidelio, drei Freunde aus Salamanca
    Tormes, ein Graf
    Der Alkalde, Lauras Vater
    Manuel, ein Winzer
    Xilo, ein Eselhalter




    HANDLUNG


    Erster Akt:


    Humor haben die drei Freunde Alonso, Diego und Fidelio im Überfluss. Sie geben ihre Sorgen den flüchtigen Winden, und was sie brauchen wird sich finden. Ohne zagen wollen sie lustig durch das Leben jagen.


    Fidelio ist momentan verdrossen und verdirbt den anderen die Stimmung. Trauer verdüstert seinen Sinn und seine muntere Laune ist dahin, gibt er offen zu. Graf Tormes, den er nicht leiden kann, hatte die drei Freunde zu einer Kutschfahrt eingeladen. Morgen, wenn des Hahnes Ruf erschallt, das Horn erklingt und die Peitsche knallt, sollte es losgehen.


    Fidelio kann sich nicht entschließen, mitzukommen. Nein, das ist doch gar zu närrisch, allen den Spaß zu verderben. Graf Tormes erklärt ihm, dass er Grillen und Allüren hasse. Wenn er nicht mitkommen will, wird die Fahrt ohne ihn stattfinden. Fidelio will sich nicht erklären und versichert, dass er Spott mit Geduld ertragen kann. Dem Grafen wird die Sache zu dumm und er will die Herren mit seiner Anwesenheit nicht länger beschweren. Aber diese Unart wird er sich merken. Vom bösen Geist wird er getrieben, entschuldigen sie ihren Kumpan Fidelio.


    Die Gräfin Olivia weiß nicht, was ihr fehlt. Wenn die Vögel sie umschwirrten oder Tauben um sie girrten, fühlte sie sich leicht und froh, jedoch diese Zeit entfloh. Einsam schleicht sie durch die Zimmer. Nur der Trost der Tränen bleibt. Mögen sie denn immer fließen und die Einsamkeit versüßen. Was fehlt Olivia? Eusebia ist beunruhigt. Einen Waldspaziergang will die Gräfin machen, ganz allein.


    Wo der Gießbach über Felsen schäumt
    und tiefes Rot die Beeren säumt,
    noch holder sind der Blumen Sterne,
    ja, da weilt Olivia so schrecklich gerne.


    Aber im dunklen Wald ist es gefährlich. Es gibt dort Räuber. Eusebia und Laura wollen die Gräfin zurückhalten. Diese rügt ihre Damen, kindisch seien ihre Grillen und hemmen nimmer ihren Willen. Sie setzt sich durch und unternimmt den geplanten Waldspaziergang.


    Die drei Freunde haben von der Absicht Wind bekommen. (Eusebia hat mit ihnen telefoniert.) Einen kleinen Scherz haben sie mit der Gräfin vor.


    Ach das teure Weib erschrecken
    und benützen ihren Wahn,
    sie befrei’n von einem Gecken,
    ist doch wahrlich gut getan.


    Übermütig wollen sie dem Grafen Tormes eins auswischen, obwohl er das eigentlich gar nicht verdient hat. Wer gewinnen will muss wagen, ist die Ansicht von Diego, aber Alonso klopft das Herz: Freund, wie wird die Sache enden? Segen wird der Himmel spenden, frohlockt Diego. Fidelio hat die Sache eingefädelt, er soll Bericht erstatten; wie es um den Anschlag steht.


    Olivia lustwandelt im dunklen Wald. Mild senkt sich der Abend nieder, alles schwimmt in lichter Glut. Die Nachtigall sing ihre schwärmerischen Lieder und der Gräfin geht es gut. Abrupt springt ein Räuber hinter dem Busch hervor. Holla, erwünschte Beute. „Mörder, zur Hilfe, ihr Leute“ Verzweifelt ruft die arme Gräfin um Hilfe. Ihr Leben will der Ganove schonen, aber die Dublonen, die Kette und der schöne Kamm gehören jetzt ihm. Gerne will sie alles geben, schenkt er ihr nur das Leben. Plötzlich sind Alonso und Fidelio zur Stelle, um der Gräfin beizustehen. Der Räuber – es ist der verkleidete Diego – muss entspringen. Wie bleich und entgeistert schaut die Überfallene aus. Die Angst hat sich ihrer bemeistert. Überschwänglich bedankt sie sich bei ihren Rettern. Ihre wunderschönen Augen dringen tief in Alonsos Herz hinein. Dankbarkeit wollen sie nicht gelten lassen. Ritterpflicht haben beide geübt.


    Endlich kommen Leute herbei. Der Alkalde ist auch unter ihnen. Man hat Olivias schrillen Schrei über große Entfernungen gehört. Wer war der Verruchte, der diesen Frevel an ihr versuchte? Keiner weiß, wohin er gelaufen ist. Im Forst hält sich der Unhold verborgen. Eusebia kennt die beiden Retter. Aufs Schloss lädt die Gräfin beide ein. Die Rettung soll gefeiert sein. In den weiten Hallen sollen Spiel und Tanz und Jubel sich mischen.


    Zweiter Akt:


    Das Fest der Weinlese wird gefeiert. In großen Körben sammeln sich die schwellenden Trauben, die sie dem braunen Rebstock hurtig rauben. Jetzt wird gefeiert. Diego will nicht länger Mörder und Räuber sein. Xilo hat ihm erlaubt, auf seinem Esel zum Fest zu reiten und spaziert, seinen Fahrgast unterhaltend, selbst nebenher. Er erzählt ihm von dem wunderhübschen Mädchen Laura. Da kommt die Grazie auch schon. Diego spielt ihr auf der Gitarre vor. Dem Spiel, das so melodisch rauscht, die Schäferin im Busche lauscht. Ihr ist’s als gäben seine Lieder die eigenen Wünsche schöner wieder. Wer Liebe fand, der ist geborgen, von jedem Schmerz von allen Sorgen. So leuchtet goldene Liebessonne zu ihrer Herzen neuer Wonne.


    Olivia hat es ebenfalls erwischt und singt von ihrem Glück. Wo sie weilt und wo sie geht verfolgt sie des Retters Bild und von süßem Liebeswehe ist ihr ganzes Herz erfüllt. Von tausend Schlangenbissen der Reue und der Schuld ist Alonsos Herz zerrissen. Er hat ein umfassenden Geständnis vom Raubüberfall abgelegt und Olivia hat ihm verziehen.


    Diego hat beim Alkalden um Lauras Hand angehalten. Sein Herz schlägt ihr in Wonne entgegen, doch darf er kühne Hoffnung nähren? Der Vater muss noch überlegen und will ihn erst auf seine beruflichen Fähigkeiten abklopfen, ob er als Eidam infrage kommen kann. Diego macht eine Ausbildung als Advokat. Wird er sich durch seine Fragen, seine Zweifel rühmlich schlagen? Lauras Wangen wurden bei seinem Antrag rot. Doch sie achtet des Vaters Gebot. Nun ist er richtig im Gedränge, wie, wenn es ihm nicht gelänge. Ihre Tränen würden fließen. Diego lebe wohl, ihr Herz ist kummervoll. Keine Sorge, Laura! Das Opernpublikum traut ihm zu, dass er die Prüfung bestehen wird.


    Auch Fidelio hat ein Liebchen. Schließlich soll er als einziger der drei Freunde nicht leer ausgehen. Doch er will dem Grafen Tormes zuvor eins auswischen, der in gewinnsüchtiger Absicht – so denkt Fidelio - hinter der Gräfin her ist. Eusebia soll ihm dabei helfen, sich als Gräfin ausgeben und den Bewerber ein bisschen an der Nase herumführen. Immerhin hat der Graf etwas anzubieten. Stolz ist er auf seine Vorfahren. Ein Tormes hat noch in den Schlachten des großen Cid mitgekämpft. So weit die Augen reichen, der gesamte Grundbesitz gehört ihm. Herdenreiche Hügel besitzt er und wertvolle rassige Pferde nennt er sein eigen. Möchte die Angebetete nicht auch Gräfin von Tormes werden? Fidelio höhnt: Gnädige Gräfin, welch ein Geschick, ich lese Verwirrung in Eurem Blick. Doch plötzlich erscheint die richtige Gebieterin und bereitet dem Spuk ein Ende.


    Damit ist auch die Oper zu Ende. Alle Knoten tief verschlungen, hat der Freundschaft Macht bezwungen.


    Anmerkungen:


    Das Originaltextbuch seines Freundes Johann Mayrhofer ist leider verschollen. Der Verlust ist deshalb besonders zu beklagen, weil das Libretto jede Menge gesprochner Dialog enthielt. So ist auch dieses Werk Schuberts nur ein Torso. Immerhin ist so viel an Substanz übriggeblieben, dass das Stück sich aufführen lässt. Die Partitur ist komplett erhalten. Zu einem anspruchslosen Libretto schrieb Schubert eine gefällige Musik.


    © 2010 TAMINO - Engelbert

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    Eduard Künneke (1885-1953)
    Liselott


    Singspiel in 6 Bildern


    Libretto von Richard Keßler
    nach dem gleichnamigen Lustspiel von Heinrich Stobitzer (1901)
    Uraufführung am 17. Februar 1932 im Admiralitätspalast, Berlin
    Uraufführung der Erstfassung unter dem Titel: Die blonde Liselott am 25. Dezember 1927 im Landestheater Altenburg


    Charaktere:
    König Ludwig XIV (Sprechrolle)
    Philipp, Herzog von Orleans, sein Bruder (Tenor)
    Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz (Sprechrolle)
    Prinzessin Liselott, seine Tochter (Sopran)
    Gräfin Françoise de Grançal, Oberhofmeisterin des herzoglichen Haushalts (Soubrette)
    Chevalier de la Garde, Hofmarschall des Herzogs (Buffo-Tenor)
    Graf Walter Harling (Tenor)
    Freifrau Leonore v. Ratsamshausen, Liselotts Erzieherin (Sprechrolle)
    Blanche, Liselotts französische Hofdame (Soubrette)
    Madame Dubois, Kneipenwirtin (Sprechrolle)
    Lacroix, Küchenchef (Sprechrolle)
    'Der Apache', ein Aufrührer (Bariton)
    und weitere


    Das Geschehen spielt zu Ende des 17, Jahrhunderts in Heidelberg, Saint Germain, Paris und Versailles



    Dokumentation:
    LABEL: Cantus Classics, Einspielung 1955
    Chor und Orchester des Münchener Rundfunks
    Dirigent: Werner Schmidt-Boelcke
    Darsteller:
    Anny Schlemm ( Liselott)
    Ferry Gruber (Walter Harling)
    Arno Assmann (Philipp)
    Hilde Hillebrand (Oberhofmeisterin)
    Harry Friedauer (Hofmarschall)
    Rosl Schwaiger (Blanche)
    Marcel Cordes (Apache)


    INHALTSANGABE


    Erstes Bild:


    Der Kurfürst von der Pfalz hat es schwer mit seiner Tochter, denn fünf Heiratskandidaten hat sie schon ausgeschlagen, ohne einen triftigen Grund dafür anzugeben. Die Karosse des französischen Gesandten ist soeben im Hof vorgefahren und die Erzieherin der Prinzessin, Freifrau von Ratsamshausen, fragt Karl Ludwig, ob schon wieder ein Brautwerber im Anzug sei. „Endlich bläst das alte Fagott den richtigen Ton“ Sie soll doch nicht so dumm tun, als ob sie nicht Bescheid wüsste; sie hört doch sonst immer die Flöhe husten. Aber das eine sagt er ihr, wenn sie ihm diesmal wieder das Konzept verdirbt, kann sie sich auf etwas gefasst machen. Kurfürstliche Gnaden möge doch bitte bedenken, wenn die Liebe im Herzen nicht Fuß gefasst hat, kann man ein kerndeutsches Mädel auch nicht zur Ehe zwingen. Liselott passt doch gar nicht an den französischen Hof. Seine Tochter passt überall hin, ist der kurfürstliche Bescheid – Die Freifrau soll sich das bitte merken und sich einmal die Giraffe anschauen, die ein Forschungsreisender ihm mitgebracht hat. Hat sich er Exot in Heidelberg etwa nicht gut eingelebt? Als Erzieherin hat er sie eingestellt und wenn sie ihre Aufgabe nicht kennt, wird er sie in den Giraffenkäfig sperren. Aber Kurfürstliche Hoheit! Sie ist doch keine Giraffe!


    Liselott ist von ihrem Ausritt mit dem Grafen Harling zurückgekehrt. Dieser hat ein Anliegen, will es ihr aber erst am Abend „im Quarter wo sie Rosen stehen“ erklären. Kann er nicht einfach frei von der Leber reden und sagen, was er von ihr will. Der Zuschauer hat sogleich das Gefühl, dass der vormalige Spielgefährte für Liselott nicht die richtige Partie ist, denn ihr Temperament funktioniert genau entgegengesetzt.


    Der Papa hat Liselott zu sich befohlen und macht ihr klar, was die Chance bedeutet, Schwägerin des Sonnenkönigs zu werden. Man hat ohnehin keine Wahl. Liselott soll den Herzog von Orleans zum Mann nehmen und sich nicht schon wieder verweigern. Die Franzosen können mit ihrem Ländle doch machen, was sie wollen, wenn sie beide sich nicht fügen. Das Mädel soll ein Einsehen haben, für das Vaterland ein Opfer bringen und den Bruder des französischen Königs heiraten. Sie wird eine der reichsten Frauen Europas werden.


    Missmutig gibt die Bedrängte ihren Widerstand auf, weil der Vater im Grunde seines Herzens nur das Beste für sie will und außerdem noch recht hat. Letzten Endes ist es ihr auch egal, wer sie zum Weib bekommt. Ihrer Haut wird sie sich schon zu wehren wissen.


    Liselott singt die Arie: „Nun heißt es Abschied nehmen von dem Vaterhaus.“



    Zweites Bild:


    Es ist nicht zwingend erforderlich, dass der Gemahl bei seiner eigenen Eheschließung unbedingt dabei sein muss. Die Vermählung hat in Heidelberg statt gefunden und Philipp hat sich durch seinen Hofmarschall, den Chevalier de la Garde, vertreten lassen. Jetzt sitzt man in der Reisekutsche auf dem Weg nach Paris. Blanche, die neue französische Hofdame Liselotts, ist gleichzeitig das Liebchen vom Chevalier.


    Man macht sich in Saint Germain bereits lustig über die seltsame Hochzeit. Man solle sich doch einmal vorstellen, zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts, haben sich nie gesehen, sind aber trotzdem miteinander verheiratet worden. Wäre das nicht der Stoff für eine Komödie von Moliére?


    Irgendwann kommt man in Saint Germain an und Liselott ist froh, die ungemütliche Kutsche verlassen zu können. Sie soll Ihrem Gemahl Philipp nun vorgestellt werden. Dieser ist noch mit seiner Mätresse, der Gräfin Françoise de Grançal, die das Amt einer Oberhofmeisterin des herzoglichen Haushalts bekleidet, beschäftigt. Ein zynisches Luder, welches die die Pfälzerin als Sauerkraut-Prinzessin bezeichnet. „Welchen Status hat schon eine Gemahlin“ höhnt sie und erklärt, dass sie in jedem Fall im Schloss zu bleiben gedenkt. „Charlotte, Herzogin von Orleans, Prinzessin von der Pfalz“ lautet der formelle Titel, mit dem Liselott ihrem Mann vorgestellt wird. Philipp fühlt sich als Opfer seiner Pflichterfüllung.


    Möchte Madame sich nicht ein wenig pudern, bevor sie dem Sonnenkönig, der sie inspizieren möchte, unter die Augen tritt? Es sind ihre roten Apfelbacken, die Anstoß erregen. Man sagt ihr das natürlich nicht direkt sondern in diskreter Form: Sie schaue allzu gesund aus! Die Erzieherin jammert, dass die Prinzessin besser daran getan hätte, in Heidelberg zu bleiben. Liselott stellt fest, dass die Höflinge hier in Frankreich die gleichen dummen Gesichter haben wie daheim.


    Doch Ludwig, der Vielgeliebte, hat keine Einwände. Der Funke der Sympathie springt sogleich über und er findet findet im Vergleich zu seiner heuchlerischen Umgebung 'ihren Schnabel herzerfrischend“. Nun hat er endlich einmal eine Frau und einen Charakter kennengelernt! Soll das ein Kompliment an die Schwägerin sein? Der Herzog ist sich nicht sicher, ob er sich geschmeichelt fühlen soll.


    Liselott ist die Art, wie man bei Hofe miteinander kommuniziert unbekannt, aber sie wird sehr schnell lernen, wie sie sich durchzusetzen hat und Unverschämtheiten und Unregelmäßigkeiten sanktionieren. Sie überlegt, dass sie den König für sich eingenommen hat. Welchen Charakter ihr Gatte hat, wird sie schon noch herausfinden, sagt sie ihm.



    Drittes Bild:


    Ein halbes Jahr ist vergangen. Der Herzog hat ebenfalls ein Auge auf die kleine Blanche geworfen, aber sein Hofmarschall macht sie ihm streitig. Liselott maßregelt die Kleine, dass sie das Knutschen in der Öffentlichkeit ein wenig einschränken soll. Man kann nicht sagen, dass es Liselott im Schloss nicht gefällt, aber sie kann ihre Art voll ausleben. Viel Zeit verbringt sie damit, den Koch zu drangsalieren. Sauerkraut mit Knackwurst ist ihr Leibgericht. Wird er das endlich begreifen? Andernfalls wird sie die Hoheitsrechte in der Küche selbst ausüben. Sie schreibt einen Brief an Tante Sophie, schildert ihre Erlebnisse ganz ungeschminkt, was ihr bei Hofe alles nicht gefällt.


    Die Eheleute stehen sich in Opposition gegenüber sticheln und tauschen Bosheiten aus, gehen aber nicht feindlich aufeinander zu. Jeder scheint den anderen zu respektieren. Seine Haut sei mal scheckig und mal fleckig und dann schält sie sich, sagt er selbst. Die Ursache sei das miserable Gesichtswasser. Und bei wem lässt Madame ihr Gesicht herrichten? Nirgendwo, sie wäscht sich am Brunnen. Ein gediegenes Maß an Herzlichkeit hat sich noch nicht eingefunden, aber man kommt miteinander zurecht. Nun versucht der Herzog ihr beizubringen, wie er sich die ideale Gattin vorstellt. „Zu schlecht, Madame, o nein...“ Der Dialog ist voller Witz und Hintergründigkeit. Rhetorisch sind beide Ehepartner einander gewachsen – jeder hat eine bevorzugte Gangart. Der Librettist gibt sein bestes.



    Viertes Bild:


    Kleine französische Revolution in der Küche! Der Koch, schon 15 Jahre im Dienst, will es sich nicht bieten lassen, dass er kontrolliert wird. Doch Liselott will nicht länger dulden, dass ständig silberne Löffel gestohlen werden und Nahrungsmittel auf unbekannten Wegen entschwinden. Wenn Frau von Grança, die für ihre Anwesenheit monatlich fürstlich entlohnt wird, in ihrer Eigenschaft als Oberhofmeisterin die Missstände aber nicht beseitigen kann, wird sie das Haus verlassen. Liselott entfernt sich, um in der Küche nach dem Sauerkraut zu schauen.


    Françoise beklagt sich beim Herzog, weshalb sie von ihm nicht in Schutz genommen wurde. Nun singen der Herzog und seine Mätresse den spritzigsten Dialog der Operette, der in seinen unzähligen Windungen und Variationen köstlich amüsiert: „ Ach Gott, Wie sind wir vornehm, ach so schrecklich vornehm... Bei unserer Contenance hat sie keine Chance und kommt erst gar nicht hoch!... O wie ist es schön, sich verstanden zu sehen, und sich in die Augen zu seh'n! Wir bleiben unter uns! Gräfin! Ach Gott wie sind wir vornehm …“ In diesem Tonfall geht es dann fast fünf Minuten weiter. Die beiden kommen nicht dazu, ihren Dialog zu Ende zu führen. Liselott kommt urplötzlich aus der Küche, sieht die beiden in prächtigem Einvernehmen und bekommt einen Eifersuchtsanfall. Die Oberhofmeisterin wird fristlos gefeuert. 'Zu vornehm', sich zur Weh zur setzen räumt sie das Feld. Liselotts Gatte bemerkt treuherzig, schon sogleich nach ihrer Ankunft hätte er die Störende hinauswerfen wollen, aber sie sei nicht gegangen. Nun sei die Sache erledigt.


    Erledigt ist gar nichts! Liselott hat von ihrer Umgebung genug und ruft nach ihrer Zofe um anzukündigen, dass sie unverzüglich zu verreisen wünsche. Doch diesmal ist der Herzog nicht anpassungswillig, sondern versucht energisch seiner Frau ihre Absicht auszureden. Über den unverhofften Widerstand des Gemahls ist sie freudig überrascht, glaubt sie doch, endlich auf Liebe gestoßen zu sein. Doch der Dämpfer kommt sogleich: Er könne es sich vor dem ganzen Hof nicht leisten, dass die Gemahlin sich unerlaubt entferne.


    Plötzlich kommt eine unerwartete Wende. Blanche meldet Besuch aus Heidelberg. Es ist Graf Harling, der seine diplomatischen Geschäfte erledigt hat und auf einen Sprung bei ihr vorbeischauen möchte. Hat die Jugendgespielin sich auch nicht unterkriegen lassen? Man erinnert sich „in süßem schmerzlichen Sehnen“ der gemeinsam verbrachten Jugendtage im väterlichen Schloss zu Heidelberg. Von Heimweh überwältigt, beschließt Liselott Walter auf seiner Heimreise zu begleiten. Der Herzog hat Vorkehrungen getroffen und beim Polizeipräfekten bewirkt, dass die Stadttore zur Nachtzeit für den allgemeinen Verkehr geschlossen werden. Leute, die passieren wollen, werden sorgfältig kontrolliert. Doch der Vater von Blanche übt das Amt eines Brückenwächters aus und wird sie passieren lassen, verspricht sie ihrer Herrin. Im Schlosspark singt Harling für Liselott eine Serenade. Es sei nur ein Straßensänger beschwichtigt Liselott ihren Mann.



    Fünftes Bild:


    Am Ufer der Seine befindet sich die Spelunke von von Madame Dubois. In ihr treffen sich allabendlich
    Aufrührer und allerlei zwielichtiges Gesindel. Die Nacht ist stürmisch und Liselott ist mit Walter eingetroffen, um von hier aus die Heimreise zu starten. In seiner Begleitung zieht Blanche los, um den Vater zu informieren, das Ruderboot startklar zu machen.


    Liselott hat sich derweil in die Gaststube gesetzt, um mit dem Volk auf Tuchfühlung zu gehen. Doch Philipp ist der Ausreißerin unauffällig gefolgt und setzt sich zu ihr. Natürlich fallen beide in ihrer unangemessenen Kleidung auf, doch Liselott redet sich heraus, dass diese bei einem Raubüberfall erbeutet wurden. Ach, die beiden sind also auch von der Zunft!


    Noch nie war Philipp seinem Volk so nah. Warum hat Liselott ihn nicht schon früher hierher geführt? Diese rät ihrem Mann, mit den Wölfen heulen soll, wenn er körperlich unversehrt wieder hier herauskommen will. Die Revoluzzer möchten, dass man die gesamte Bagage von Versailles zum Teufel jagen soll. Sehr wohl, und den Herzog von Orleans soll man als Ersten aufhängen, verkündet Philipp. Lautstarke Zustimmung ist das Echo.


    Liselott kennt ihren Mann nicht wieder und entdeckt plötzlich liebenswerte Eigenschaften an ihm, die sie bei ihm gar nicht vermutet hatte. Sein Großvater habe gesagt, erklärt er, dass jeder Bürger ein Huhn im Topf haben sollte, doch er setzt dagegen, dass ein Huhn zu wenig sei, mindestens eine Ente, ein Schwein oder ein Kalb seien angemessen. Der Pöbel grölt und und der Wortführer – unter dem Nicknamen 'Der Apache' macht sich bereits Gedanken, ob der dem duften Jungen oder seinem patenten Frauchen den Vorzug geben soll. Wie er heiße, will das Großmaul wissen. „Philipp!“ Gut, dann heißt er Ludwig. Ein kräftiger Schlag ins Kreuz besiegelt die Freundschaft. „Wir dreh'n ein Ding!“ heizt Liselott die Stimmung an und die Gäste fallen in den Refrain ein.


    Zwischendurch findet Philipp Zeit, seiner Frau ihre Eifersucht auf die Gräfin auszureden. Eine Mätresse zu haben, sei in Paris eine Pflichtübung der Herrschenden. Die deutschen Fürsten imitieren die Gepflogenheit. Es gäbe Schlimmeres auf der Welt und es lohne nicht, sich dazu Gedanken zu machen. Die Gräfin sei nun auf ewig aus ihrer Umgebung verbannt und der Stein des Anstoßes damit beiseite geräumt. Er habe die erfreuliche Nachricht für sie, dass die Franzosen aus Heidelberg abgerückt seien, weil ihr Einsatz anderenorts von Nöten sei. Liselott fällt ein Stein vom Herzen und in einem plötzlichen Entschluss verkündet sie: „Blanche, wir reisen nicht!“ Harling ist geknickt, sieht aber ein, dass er das Opfer des Verzichts bringen muss, wenn die Ehegatten zueinander finden. Die Augen des 'Apachen' ruhen auf Liselott: „So, jetzt muss die Süße aber ran“. Für Diplomatie hat die impulsive Liselott im Moment keinen Sinn und versetzt ihm eine schallende Ohrfeige. Der Herzog gibt seine Identität zu erkennen, um ihr Schutz zu bieten, doch niemand schenkt ihm Glauben. Wozu auch, die beiden haben die Lacher auf ihrer Seite. Man lässt sie unbehindert fortgehen. Philipp hat der Abend gut gefallen. So lustig sei es in Versailles nicht. Immerzu nur Ballett, zum Davonlaufen!



    Sechstes Bild:


    Françoise de Grançal hat intrigiert. Von der Sache der plötzlichen Abreisepläne seiner Schwägerin hat sie Ludwig in Kenntnis gesetzt. Die königliche Majestät ist über das nächtliche Abenteuer seines Bruders und der Eigenmächtigkeit Liselotts erbost.


    Beide müssen antanzen, um sich zu rechtfertigen. Liselotts Brief an die Tante in Braunschweig wurde abgefangen und befindet sich in des Königs Händen. Das Postgeheimnis gilt für ihn nicht. Er hat das Siegel erbrochen und Liselott muss die Schandtaten, die sie aus dem Schloss tagen wollte, laut vorlesen. Das Operettenpublikum ist genau so schockiert wie der König. Von Fleckenwasser ist die Rede, welches die Haut scheckig macht und dass der König mit dem Botschafter eines fremden Landes auf der Toilette diplomatische Gespräche führt.


    Es bleibt bei einem königlichen Donnerwetter. Liselott hat sich zur königlichen Audienz nach Pariser Art mit Blanches Rat und Hilfe fein herausgeputzt, um ihrem Gemahl eine Freude zu machen. „Ach Gott, wie ist sie vornehm“ tönt es von seinen Lippen. Dem König selbst dünkt sie begehrenswert, aber wohin mit Madame de Maintenon?



    © 2010 TAMINO - Engelbert



    AUSWAHL an Gesangsnummern
    > Ich hab nur einen Gedanken (Liselott)
    > Im Quarter, wo die Rosen stehen Liselott - Harling
    > Nun heißt es Abschied nehmen (Liselott)
    > Warum denn gleich so traurig sein (Hofmarschall – Blanche)
    > Frauen trauen ist gefährlich (Blanche)
    > Zu schecht Madame, o nein (Orleans – Liselott)
    > In süßem und schmerzlichen Sehnen (Harling – Liselott
    > Wir dreh'n ein Ding (Der Apache – Liselott – Ensemble)
    > Ich habe mich verliebt (Orleans)
    .

    Bereich: Wien - Berlin


    > 01 Adrienne (Goetze)
    > 02 Balkanliebe (Kattnig)
    > 03 Boccaccio (Suppé)
    > 04 Cagliostro (Strauss, J.)
    > 05 Das Land des Lächelns (Lehár)
    > 06 Der Bettelstudent (Millöcker)
    > 07 Der fidele Bauer (Fall)
    > 08 Der Graf von Luxemburg (Lehár)
    > 09 Der Vetter aus Dingsda (Künneke)
    > 10 Die Blume von Hawaii (Abraham)
    > 11 Die Csárdásfürstin (Kálmán)
    > 12 Die keusche Susanne (Gilbert)
    > 13 Die lockende Flamme (Künneke)
    > 14 Die Perlen der Kleopatra (Strauss)
    > 15 Die schöne Galathee (Suppé)
    > 16 Die ungarische Hochzeit (Dostal)
    > 17 Eine Nacht in Venedig (Strauss, J.)
    > 18 Frau Luna (Lincke)
    > 19 Giuditta (Lehár)
    > 20 Hochzeit in Samarkand (Künneke)
    > 21 Hochzeitsnacht im Paradies (Schröder)
    > 22 Im Reiche des Indra (Lincke)
    > 23 weißen Rössl (Benatzky)
    > 24 Lady Hamilton (Künneke)
    > 25 Madame Pompadour (Fall)
    > 26 Nächte in Schanghai (Schröder)
    > 27 Nanon (Genée)
    > 28 Polenblut (Nedbal)
    > 29 Schwarzwaldmäde (Jessel)
    > 30 Venus in Seide (Stolz)
    > 31 Victoria und ihr Husar (Abraham)
    > 32 Wie einst im Mai (Kollo)


    32 Operetten sind fertiggestellt. Die fettgedruckten Titel halte ich für Stadardwerke (Es fehlen noch etliche). Die Diskussion kann beginnen, ob richtig oder falsch bewertet. In derAuswertung per 31.12.2010 wird dann verbessert. Vorschläge, was noch fehlt, aber dringend ist, werden positiv aufgenommen.

    :angel:
    Engelbert

    OPERETTE : Berlin - Wien


    > 01 Abraham, Paul - 3
    > 02 Ascher Leo - 0
    > 03 Benatzky Ralph - 3
    > 04 Dellinger, Rudolf - 1
    > 05 Dostal, Nico - 3
    > 06 Eysler, Edmund - 2
    > 07 Fall, Leo - 6
    > 08 Genée, Richard - 2
    > 09 Gilbert, Jean - 6
    >10 Goetze, Walter W. - 6
    >11 Granichstätten, Bruno - 2
    >12 Heuberger, Richard - 1
    >13 Jarno, Georg - 1
    >14 Jascha, Oskar - 0
    >15 Jessel, Leon - 1
    >16 Jones Sidney - 1
    >17 Kálmán, Emmerich 6
    >18 Kattnig, Rudolf 1
    >19 Kollo, Walter- 2
    >20 Kreisler, Fritz - 1
    >21 Kreuder, Peter - 1
    >22 Künneke, Eduard - 6
    >23 Lehár, Franz - 16
    >24 Lincke, Paul - 2
    >25 Lopez, Francis - 1
    >26 Millöcker Karl - 4
    >27 Nedbal, Oskar - 1
    >28 Nick, Edmund - 1
    >29 Pepöck, August - 1
    >30 Raymond, Fred - 3
    >31 Reinhard Heinrich - 0
    >32 Schröder, Friedrich - 2
    >33 Stolz, Robert - 2
    >34 Straus, Oscar - 2
    >35 Strauss, Johann (Sohn) - 10
    >36 Schmidseder, Ludwig - 0
    >37 Suppé, Franz von - 6
    >38 Winkler, Gerhard - 1
    >39 Zeller, Carl - 2
    >40 Ziehrer, Carl Michael - 1

    Operetten Wien – Berlin - 110
    Die Ziffern - dem Komponistennamen nachgestellt - decken sich
    mit dem von mir favorisierten Volumen der Operettentitel


    © 2010 TAMINO - Engelbert

    per 30.11.2010


    KOMPONISTEN DER WIENER UND BERLINER OPERETTE


    Das Volumen umfasst 40 Komponisten:


    Kategorie 1 – fett markiert
    Kategorie 2 – Normalschrift
    Kategorie 3 – grau markiert


    Die Ziffern hinter dem Komponistennamen nennen das denkbare Volumen der Operetten, von denen eine Beschreibung geplant ist.


    34 Inhaltsangaben sind fertiggestellt. Sie folgen dem Lebenslauf und dem Werkverzeichnis als Anhang.
    Ein Titelverzeichnis der fertiggestellten Operettentitel in alphabetischer Reihenfolge ist in Arbeit. Dem Lesewilligen obliegt das Vergnügen, sich durchzuscrollen. Auf dem Weg zum Ziel wird er manches finden, wonach er gar nicht gesucht hat. Das ist Absicht! Die Ziffern hinter dem Komponisten bezeichnen das Planungssoll. Die Geschwindigkeit der Fertigstellung geht mit der Anschaffung des Quellmaterials – gemeint sind die zugehörige CDs – voran.


    Per 31.12 2010 gibt es ein aktualisiertes Inhaltsverzeichnis. Über den Vorteil der optischen Ausgliederung, den Komponistenführer als WEB-BUCH aus dem Komponistenforum - in dem auch diskutiert wird, ob die Operette tot ist - wird die Forenleitung nachdenken.


    Der TAMINO-Operettenführer geht seinen eigenen Weg – teilweise inhaltliche Übereinstimmung der Titelauswahl zum TAMINO-Komponistenführer ergeben sich unfreiwillig aus der Natur der Sache.


    Einen freundlichen Gruß aus dem vorweihnachtlich geschmückten Hamburg sendet
    :angel:
    Engelbert

    .


    Carl Michael Ziehrer


    geboren am 2. Mai 1843 in Wien
    gestorben am 14. November 1922 in Wien




    LEBENSLAUF


    Vergangene Generationen nannten den Meister des Hutmacher-Gewerbes auch Putzmacher. Der Vater wollte dem Sprössling diese Fertigkeit beibringen, so wie es üblich war, dass in einem Familienbetrieb der Sohn das Gleiche lernt, welches der Vater schon konnte. Doch Carl Michael wollte keinen Putz machen, sondern nahm sich vor, 'auf den Putz zu hauen'. Er bekam in späteren Jahren, als er zum k. u. k. Kapellmeister des Hoch- und Deutschmeister-Regiments ernannt wurde, ausreichend Gelegenheit sein Orchester dazu anzufeuern.


    Doch bevor es soweit war, musste er zunächst eine Ausbildung machen und studierte auf dem Wiener Konservatorium Musiktheorie nach der Methode von Simon Sechter. Erste kleine Klavierkompositionen
    waren das Resultat seiner Bemühungen. Er hatte das Glück von Carl Haslinger, dem Verleger der Werke von Johann Strauss (Sohn), gefördert zu werden. Der Genannte witterte Talent in dem jungen Carl Michael und verschaffte ihm geeignete Lehrmeister und Dirigenten, die ihn formten.


    Die Partitur zu seiner ersten Operette im Jahr 1878 über den westfälischen König Jerôme ging leider verloren. Es folgte noch im gleichen Jahr 'Der Fremdenführer', dann lenkte ihn seine Berufung zum Militärkapellmeister erst einmal ab. Der Talentierte erfuhr er die hohe Ehre als Dirigent des Hoch- und Deutschmeister-Regiments aufzutreten.


    Doch was war mit seiner Tanzmusik, mit der er die Herzen erobert hatte? Carl Michael Ziehrer gründete sein eigenes Orchester und ging viele Jahre auf Konzertreise durch Europa, Nord- und Südamerika.


    Neben Wien war Berlin die andere Musikmetropole, um Erfolg zu haben und Karriere zum machen. Es zu zog ihn mit seiner Mitarbeiterin Marianne Edelmann aus Linz, die er am 1. September 1888 heiratete, zum Variété. Das Jahr 1893 fand den Reiselustigen sogar auf der Weltausstellung in Chikago.


    Und Operetten hat er auch komponiert - 22 waren es an der Zahl. Erfolg hatte er aber nur mit einer einzigen: 'Die Landstreicher', die Premiere war 1899. Die höchste Sprosse des Ruhm erklomm Carl Michael Ziehrer, als er 1908 zum Hofballmusikdirektor ernannt wurde. In dieser Position erlebte er den Untergang der Donaumonarchie direkt nach dem ersten Weltkrieg. Der Zusammenbruch des Weltreichs besiegelte auch seinen eigenen Untergang. Die Lebensgrundlage war ihm entzogen, da man zu Tanzmusik nicht mehr in Stimmung war. Seine letzten Jahre waren von Armut begleitet und er starb in Wien in traurigen Verhältnissen. Doch seine Beliebtheit überdauerte die Zeiten und man besann sich erneut auf seine herzerfrischenden Melodien, die sich in den Konzertprogrammen der großen Orchester wiederfanden.


    In der unmittelbaren Nachfolge von des Walzerkönigs bildete Carl Michael Ziehrer das letzte Glied in der Kette der Goldenen Ära.



    © 2010 TAMINO - Engelbert

    Danke musica,


    ich hatte es schon selbst bemerkt und versucht unmittelbar zu löschen:


    Es fehlte die Funktion: in den Papierkorb und es fehlte die Funktion bearbeiten.
    Nach mehrfachem herumirren waren sie dann wieder da.


    Was da gelaufen ist, weiß ich nicht. auch nicht ob es mein Fehler war.


    Zu Deinem Thema habe ich die irrigen Postings ausgetauscht


    Schönen Tag noch.
    Engelbert


    INFO füt dir Moderation: Nach Kenntnisnahme - Löschen freigestellt

    Natürlich stelle ich mir die Frage, was mich selbst an einer Operette faszieniert oder zurückstößt.


    Also, es sind die manchmal extrem witzigen Songs, welche einem einzigen Gesangstar auf den Leib geschrieben sind, hinter der alle Epigonen verblassen


    1. Das Branntweinlied:" Meine Tante wohnt im russischen Reich - die Große Katharina" (mit Lore Lorentz)
    2. Duett Lady Hamilton - Percy: "Komm mit nach Madrid" (mit Anny Schlemm)
    3. Aus 'Die lockende Flamme' Künstlerball bei Kroll (mit Evelyn Künneke)


    Was das Erleben einer Operette erschwert, sind der veraltete gellschaftliche Rahmen, das affektierte Verhältnis zu Lust und Liebe und die Sehnsüchte nach einer fragwürdigen Ferne, die heute in dieser Form niemand mehr teilt. Am Rio Negro, da weiß ich ein kleines Haus (Da denke ich in erster Linie an die Mücken- und Rattenplage, deshalb kriegt mich da niemend hin.)


    ;(


    Das moderne Regie-Theater kann mit Operette noch nicht viel anfangen. Sie ist noch Neuland, das es zu erschließen gilt.. Vielleicht sollte man den alten Zopf nur ein bisschen herrichten. Üppige Ausstattung kann nicht schaden.


    Bitte nicht in eine andere Zeit verlegen! Keine Straßenkostüme der Gegenwart anziehen. Die Sache phantastisch lassen. Ein Super-Tenor mit herrlichem Material ist fast unabdingbar - aber gibt es. Man soll den Debutanten aus den fernen Ländern eine Chance geben.


    8)


    Erste Wahl ist für mich nach wie vor Morenke Fayadomi, Mehrzad Montezeri gefällt mir ebenfalls. Zoran Todorovich nicht ganz so, aber auch.


    Freundlichen Gruß


    :angel:
    Engelbert

    Die Wiener Operette verlangt, dass die Darsteller in Wort und Gesang den Wiener Dialekt beherrschen.
    Ohne diese Fähigkeit gehen gehen Flair und Witz verloren. Der Kreis der in Frage kommenden Sänger ist deshalb sehr stark eingeschränkt. Der Darsteller des Pfefferkorn im Rastelbinder sollte Hans Moser kopieren können.


    Den Singschauspielern der heutigen Zeit ist das Feeling verlorengegangen, Operettenfiguren nachzuempfinden. Auch bei großen Stars, die in anderen Partien Weltspitze sind, können an einer Operette scheitern. Beispiel Siegfried Jerusalem und Helen Donath in 'Land des Lächelns'. Die Operette rauscht vorbei ohne den Zuhörer wirklich zu berühren. Die großen Gesangsnummern verpuffen.


    Am Schlimmsten ist es wenn man Skandinavier 'ran lässt. Diese sind dem Wiener Dialekt überhaupt nicht zugetan. Die NAXOS-Einspielung von 'Fürstin Ninetta' vergisst man am besten sofort wieder nach einmaligem Hören.


    August der Starke muss 'sächseln' können (Operette Adrienne), Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz in Liselott muss 'schwäbeln', sonst büßt die Operette ein wichtiges Attribut ein und ist nicht mehr genießbar. Slawische Einfärbung, auch wenn nicht gefordert, kann rollendeckend sein.

    .


    Joseph Weigl (1766-1846)
    Die Schweizer Familie


    Lyrische Oper in drei Akten
    entstanden 1809 nach einer französischen Vorlage
    Libretto Ignaz Franz Castelli
    in deutscher Sprache
    Uraufführung am 14. März 1809 am Kärntnertortheater Wien
    Dauer ca. 130 Minuten


    Personen:
    Graf Wallstein, ein reicher Gutsbesitzer in Deutschland
    Durmann, sein Verwalter
    Richard Boll, ein Schweizer Bauer
    Gertrude, seine Frau
    Emmeline, ihre Tochter
    Jacob Fribourg, ein Hirte von den Schweizer Alpen
    Paul, Durmanns Vetter und Verehrer Emmelines
    Jäger und Diener des Grafen, Landleute


    Die Handlung spielt in Deutschland Ende des 18. Jahrhunderts



    INHALTSANGABE


    OUVERTÜRE


    Erster Akt:


    1-5
    Energieanfälle von Großzügigkeit treiben oftmals seltsame Blüten. Das Gefühl grenzenloser Dankbarkeit bewegt den Grafen Wallstein dazu, ein Projekt in Angriff zu nehmen, welches seine bäuerlichen Untertanen weder nachvollziehen noch gutheißen können. Am heftigsten wehrt sich Paul, der Vetter des gräflichen Verwalters. Obwohl der Librettist ihm nicht erlaubt, als Sympathieträger aufzutreten, kommt das Publikum doch nicht umhin, seinen Ausführungen zur Sache seine Zustimmung zu zollen.


    Der Herr Graf hat einen Spleen. Er möchte dem Teil lieblicher deutscher Landschaft, über den er gebietet, ein schwyzerisches Ambiente verpassen und versteht sich urplötzlich als Landschaftsarchitekt mit ausgefeilter Ambitionen. Den Einwänden seiner Bauern zum Trotz soll auf deutschem Boden in Architektur, Tracht und Viehbestand folklorehaft schweizerische Lebensweise nachgebildet werden. Seinen Verwalter Durmann hat der Herr Graf ganz auf seiner Seite, doch der Vetter Paul murrt, erzielt mit seinem Unmut aber keine Resultate, weil er nun einmal nicht zu bestimmen hat.


    Doch greifen wir dem Libretto ein bisschen vor, bringen dem Theaterbesucher zum besseren Verständnis des Folgenden die Ausgangsposition nahe, indem wir den Beginn der Arie des Grafen Wallstein an den Anfang stellen:


    „Als ich der Alpen höchste Spitze
    an einem Morgen froh bestieg,
    und näher hier dem Göttersitze
    mein Mund vor heil’gem Schauer schwieg,
    da stand ich da, vor Wonne trunken.
    Doch plötzlich löst ein Fels sich ab
    und meiner nicht mehr mächtig stürz’ ich
    den tiefen Abgrund schnell hinab.“


    Zufällig kommt Richard vorbei, gewahrt den Unfall und ohne Rücksicht auf sein Alter und die Gefährlichkeit der Operation befreit er Wallstein aus seiner Zwangslage. Er lädt ihn sich auf seine breiten Schultern und schleppt ihn ins Tal. In seiner Hütte streicht er Gemsenfett auf die Hautabschürfungen und leistet vorzügliche erste Hilfe. Jawohl, so hilfsbereit sind die Menschen in der Schweiz! Nun sollen die regionalen Bauern selbst urteilen, ob soviel Güte jemals ordnungsgemäß belohnt werden kann?


    Durmann ist sich sicher, dass Richard brav gehandelt hat, aber hat Hochderoselbst den Retter nicht bereits ausreichend belohnt? Wurde der andere nicht eben dadurch zum zweitenmal sein Wohltäter, indem er aus dankbarem Herzen annahm, was er ihm bot, fragt der Graf zurück. Viel zu viel Aufhebens um das Geschehen, meint Paul.


    „Den Menschen wohl tun ist recht gut,
    und bringt auch Renomée;
    doch was dem einen gütlich tut,
    tut oft den anderen weh.“


    Der Verwalter will den Ausführungen des Vetters nicht folgen. Mit Leidenschaft nimmt er die Aufgabe wahr, mit der Graf Wallstein ihn betraut hat. Hier soll die Hütte stehen, dort der Baum, daneben das Blumenbeet. Paul lässt das Kritisieren nicht. Das Schweizer Volk, das sie so plagt, soll der Teufel holen, meint er. Hätte es nicht genügt, nur den Lebensretter herzuholen? Aber muss die ganze Familie gleich nachkommen? Wenn es ihm nicht gelingt, seinen Pessimismus zu verstecken, wird der Graf ihn noch davonjagen. Durmann hat bestimmte Vorstellungen, wie die Hütte innen eingerichtet werden soll und lässt sich nicht dazwischenreden. Dominant nimmt er den Vetter bei den Ohren - er wird ihn Anpassungsbereitschaft schon lehren.


    Sofort wird der Verwalter wieder unterwürfig, als der Graf mit ihm das Projekt durchsprechen will. Über die baulichen Fortschritte zeigt sich gräfliche Gnaden sehr zufrieden. Durmann hat die Zeichnungen exakt durchgearbeitet, die Hochderoselbst mit eigener Hand in der Schweiz anfertigte. Das kleine Blumenbeet wird sehr gelobt. Paul hebt hervor, dass er es war, der diese Idee hatte. Die Antiquitäten, besonders der Lehnstuhl, machen sich in der Hütte ausgezeichnet.


    Noch ist nicht alles getan. Wenn Richard mit Frau und Tochter am Abend aus der Stadt zurückkehrt, soll am kommenden Morgen beim Erwachen die Überraschung perfekt sein. Der Graf hatte Richard geraten, Emmelinchen für einige Tage in die Stadt zu bringen, um das Mädchen aufzuheitern. Es leidet unter Trübsinn, versucht aber tapfer, die Gemütsregung vor den anderen zu verstecken. Das gute Kind kann er nur zum Bleiben gewinnen, wenn das vaterländische Tal hier in Deutschland vor seinen unschuldsvollen Augen neu entsteht. Der Opernbesucher ahnt, dass das hysterische Zicklein noch Probleme schaffen wird. Dabei will der Herr Graf nicht einmal Liebesgunst von ihr, doch Paul sieht seinen Tisch gedeckt und hat Ambitionen.


    6
    Aus Lausanne ist ein Brief gekommen. Wallstein betrachtet ihn aufmerksam. Ist der Inhalt positiv? Paul möchte auch gern wissen, welche Botschaft er enthält.


    „Den Brief so in der Hand zu halten,
    das kann ich wahrlich nicht verstehen.
    Man muss doch jedes Ding entfalten,
    will man davon den Inhalt sehn.“


    7
    Der Brief kommt vom Einwohnermeldeamt und führt aus, dass die neue Adresse des gesuchten Jacob Fribourg nicht zu ermitteln sei. Er habe Haus und Hof verkauft und sei ausgewandert. Es habe nicht den Anschein, dass er zurückkommen wird. Wie soll der Graf Emmeline beibringen, dass der Geliebte verschwunden ist, ohne ihrem Herzen einen tödlichen Streich zu versetzen?


    Es lässt sich nicht länger verheimlichen, die Schweizer Gäste fühlen sich an ihrem neuen Aufenthaltsort nicht wohl. Doch das Ehepaar weiß nicht, wie dieser Tatbestand dem Grafen beizubringen ist, nachdem er jede Menge Aufwand für sie treibt. Emmeline versinkt in Schwermut, versucht aber tapfer, ihre Gemütsstimmung zu vertuschen. Draußen vor dem Dorfe sitzt sie auf einem Hügel und schaut in den blauen Himmel hinein. Wie steht es mit der Gesundheit des Mädchens? Die Vergnügungen der Stadt waren also nicht in der Lage, es aufzuheitern. Alles umsonst, alles fruchtlos?. Richard entschließt sich, aufrichtig zu sprechen. Wird es den Herrn Grafen auch nicht beleidigen, was ihr Mann vortragen wird, ängstigt sich Gertrud.


    Seine gute Tat har Richard längst vergessen. Nur die Wohltaten, mit denen er überhäuft wird, erinnern ihn noch daran. Der Herr Graf hat es gut gemeint, als er ihn überredete nach Deutschland umzusiedeln, aber er war ein Dummkopf, als er dem Vorschlag folgte. Gern zollt er Land und Leuten allen Respekt, aber sein Vaterland ist nun einmal die Schweiz. Jede Freude muss man hier kaufen, aber ein Vergnügen, welches man bezahlen muss, taugt nur halb soviel wie eines, das man umsonst hat. Sein Töchterlein, die arme Emmeline hat sich hier ihr Herzeleid geholt. Kann er unter diesen Umständen hier noch länger verweilen? An nichts hat es ihnen hier gemangelt, man habe redlich für sie gesorgt und wenn er mit Frau und Tochter wieder fortreist, wird Richard sich der Güte des Herrn Grafen oftmals erinnern.


    Man soll nichts überstürzen und man muss den Sachverhalt zuvor genau untersuchen, ist die Ansicht Wallsteins, der in der Tat ernstlich betrübt ist. Ist es wirklich Emmelinens unglückliche Lage, die den Lebensretter zur Abreise bewegt? Richard kann das Leiden der Tochter nicht länger ansehen, ohne dass ihm die Tränen in die Augen kommen. Wie furchtbar!


    8
    Richard, Gertrud und Graf Wallstein formen ihre Empfindungen zu einem Terzett:


    „Es härmt sich ab, das junge Blut,
    sie sieht sich kaum mehr gleich.
    Verloschen ist der Augen Glut.
    Die Wangen sind so bleich.
    Bald singt sie voller Fröhlichkeit,
    bald weinet sie vor Harm.
    Dann wirft sie sich voll Heftigkeit
    der Mutter in den Arm.“


    Wallstein meint die Ursache der Tochter Schmerz erkundet zu haben. Heiße Liebe erfülle ihr Herz. Doch Richard und Gertrud lässt die Ursachenforschung des Grafen kalt, weil sie selbst auch zurück in die Heimat möchten. Des Mädchens Zustand bricht ihr Herz. Sie wollen hier nicht länger weilen. Gleich tut er es dem Mädchen kund. Lasst fort uns in die Heimat eilen! Dort wird das kranke Herz gesund. Argumente werden angefügt.


    9
    Doch der Herr Graf will die lieben Gäste nicht ziehen lassen. Haben die guten Eltern das Herz der Tochter auch genau geprüft? Sind sie sicher, dass Emmeline in den heimischen Tälern auch ihre Ruhe wieder finden wird? Aber gewiss doch, dort ist sie herumgehüpft wie eine Gemse und Mühe und Arbeit gaben ihr Fröhlichkeit. Wallstein bittet um Verzeihung, wenn er an dem Schicksal der Tochter wärmsten Anteil nimmt. Haben die Eltern niemals bemerkt, dass das Herz der Tochter – als sie noch in Grimswald wohnten – mit besonderer Zuneigung an einem männlichen Wesen hing? Aber nein! Wo wandern die Gedanken des Herrn Grafen hin? Richard entrüstet sich. Das Kind war immer brav und gut. In Emmelinens Herz war nie ein Gefühl, das auch die strengsten Sitten missbilligen könnte. Wallstein ist anderer Ansicht. Kein Herz ist taub für die Stimme des Gefühls. So wie Gott die Blume für den Frühling erdachte, so schuf er für die Jugend die Liebe.


    Endlich geht Richard ein Licht auf und er schreit sofort nach Gertrude. Jacob kommt ihm in den Sinn. Es ist der Hirt, der seine Herde immer dort weidete, wo die eigene sich auch befand. War es nicht Jacob, der an lauschigen Abenden unter der großen Buche artige Lieder zur Schalmei sang? An ländlichen Festen wollte er immer nur mit Emmeline tanzen. Die schönsten Früchte aus seinem kleinen Hausgärtchen legte er ihr zu Füßen. Tatsächlich, die Liebe hat ihre Hand im Spiel! Warum das arme Kind ihnen nie davon erzählt? Wie dumm war er, dass er es nie von allein bemerkte. Richard erinnert sich der Zeit, als er selbst um Gertruds Hand anhielt. Man beschließt, in Gegenwart von Emmeline mit den neuen Erkenntnissen hinter dem Berg zu halten.


    10-11
    In Emmelinens vorübergehender Abwesenheit ist man fleißig gewesen und hat die gewohnte Landschaft, insbesondere ihre Aufbauten, ein wenig verändert. Mit einem leidenschaftlichen Ausbruch stürzt das Mädchen plötzlich auf die Bühne:


    „Gott! Was seh' ich? Ist es möglich?
    Meinen Augen trauι' ich kaum.
    Steht hier nicht unsere Hütte?
    Ist es Wahrheit, ist es Traum?
    Hier das Blumenbeet daneben.
    Alles täuschet meinen Sinn.
    Ach! Die Freude macht mich beben,
    dass ich in der Heimat bin.“


    Wallstein, Richard und Gertrud kommentieren:


    „Freude strahlt aus ihren Augen.
    Angenehm täuscht sie der Schein.
    Ach in ihre Schweizer Fluren
    glaubt sie nun versetzt zu sein.“


    Was hat Emmeline gesehen? Die Kleine kann sich nicht beruhigen. Die Stühle, die Bänke, der Tisch und die Schränke – und alles wie dort am nämlichen Ort. „Der Freude überlassen, kann sie sich kaum fassen. Vergnügen und Lust, presst ihr nun die Brust“


    Emmelines Überschwang der Gefühle, ungeordnet vorgetragen, geht dem Opernbesucher der Gegenwart wirklich auf die Nerven. Es wird darauf verzichtet, in diesem Punkt dem Zeitalter der Romantik und des Biedermeier die gebührende Referenz zu erweisen. Der Handlungsfaden wird erst wieder aufgenommen, als Vater und Tochter ein ernsthaftes Gespräch führen wollen.


    12-14
    „Setzt Dich, liebe Emmeline,
    Nah, recht nah zu mir.
    Lass uns recht vertraulich sprechen.
    Niemand frech belauscht uns hier.“


    Wenn Emmeline neben ihrem guten Vater sitzt, weicht jeder Schmerz. Lehnt sie so an seiner Seite, öffnet sich ihr Herz. Unmittelbar auf ihre Beziehung zu Jacob angesprochen, kann Emmeline die Existenz des Freundes nicht länger leugnen. Sie soll das Vertrauen des Vaters belohnen und Einzelheiten ausplaudern. Das Mädchen bricht in Tränen aus, weil das vorzüglich gehütete Geheimnis verraten ist. Nie hat man sie klagen gehört, nie hat man sie traurig erblickt. Ihretwegen soll man das Opfer nicht bringen, Deutschland zu verlassen. Doch der Vater selbst fühlt sich in einer künstlichen Schweiz auch nicht wohl, wenn die Tochter heimlich leidet wie ein Tier. Er bricht ebenfalls in Tränen aus und in einvernehmendem Schluchzen torkelt man in das Finale des ersten Aktes.


    15-16
    Doch der Herr Graf – überquellend vor Wohlwollen - will die Schweizer immer noch nicht ziehen lassen. So uneinsichtig hat nicht einmal Ägyptens Pharao sich angestellt, als die Kinder Israels zum Gelobten Land aufbrechen wollten. Er spielt seinen letzten Trumpf aus. Er will Jacob Fribourg – sobald er ihn am Schopf gepackt hat - zum Oberhirtenmeister über seinen gesamten Viehbestand machen, weil er redlich und tüchtig ist. Das Schweizer Maidli bricht unter dem Chaos ihrer emotionalen Belastung zusammen.


    „Ja, wir kennen ihre Triebe.
    Was wir ahnten traf auch ein.
    Liebe, heiße innige Liebe
    ist des guten Mädchens Pein.“


    „Nein es lässt sich nicht verkennen,
    freudig glühet ihr Gesicht.
    Sieh' wie ihre Wangen brennen.
    Mutter, länger zweifle nicht.
    Ja, ihr Herz ist aufgedeckt.
    Jacob ist's für den es schlägt.



    Zweiter Akt


    ZWISCHENSPIEL


    17-18
    Der Opernbesucher ist belustigt, wenn Paul, ein entfernter Verwandter des Papageno, Tische und Stühle heranschafft, seinem Herzen Luft macht und kräftig schimpft. Es ist ihm unbegreiflich, weshalb der Graf sich so viel Mühe macht, die Schweizer Familie bei Laune zu halten. Wenn die Emigranten unbedingt ihr geliebtes Fleckchen Erde daheim nicht missen wollen, soll er sie doch ziehen lassen, anstatt einen Aufwand zu treiben, der jeder Beschreibung spottet. Da werden Hügel aufgeworfen. Bäche umgleitet, hölzerne Stege gebaut, damit alles so aussieht, wie in der Schweiz. Wenn das so weiter geht, wird hierzulande eine Miniatur-Schweiz entstehen und bald kein ordentliches deutsches Gesicht mehr zu sehen sein. Eine Holsteinsche Schweiz gibt es schon und eine Fränkische ebenfalls.


    Paul hat sich eine Unverschämtheit geleistet und berichtet, dass ein armer Teufel am Gitter des Parks gestanden sei und inständig gebeten habe, ihn doch hereinzulassen. Er war schon im Begriff, das Tor aufzumachen, weil der Fremde so schön bat und ihn weich geklopft hat. Doch dann hat er Namen und Herkunft genannt und alle Sympathie für den jungen Schweizer hatte sich in Nu verflüchtigt. Zufrieden reibt er sich die Hände, dass er überlegt handelte, den Eidgenossen hübsch wieder davon gejagt zu haben. Jacob Fribourg hat der Fremdling geheißen.


    Noch etwas anderes geht dem lieben Paul durch den Sinn, nämlich, dass Emmeline so recht versteckt in ihn verliebt sei. Schließlich ist er ein recht annehmbarer Bursche, dem keiner seinen Rang streitig machen kann. Er und Emmeline gäben ein charmantes Paar ab. Das Schweizer Mädchen hat sogar schon Feuer gefangen. Das Wesen der Liebe sieht Paul so, dass sie sich immerzu versteckt äußert, indem die liebende Person das Gegenteil von dem simuliert, was sie eigentlich möchte.


    „Wenn sie mich nur von weitem sieht,
    so läuft sie, was sie kann,
    wie Feuer ihr Gesichtchen glüht,
    Sie sieht mich gar nicht an.
    Sie sucht sich schnelle loszudreh'n,
    wenn sie mein Arm umschließt;
    das müsste doch ein Blinder sehn,
    dass dieses Liebe ist.“


    20
    Emmelinens Geisteszustand hat in der Tat arg gelitten. So schlimm wie mit Lucia di Lammermoor steht es um sie allerdings noch nicht. Es fehlen ganz einfach die perlenden Koloraturketten. Die Gestörte führt Zwiegespräche mit dem Geliebten und der einfältige Paul meint, der Angesprochene zu sein. Mit dem Vater konstruiert Emmeline ebenfalls Dialoge, wobei es ihr nichts auszumachen scheint, wenn der Papa gar nicht anwesend ist.


    „Wird der Vater ihr verzeih’n,
    dass sie ihm sein Herz gegeben.
    Ohne ihn kann sie nicht leben,
    ohne ihn nicht glücklich sein!


    Vater, nicht die strenge Miene,
    wende dich nicht ab von mir.
    Sieh doch deine Emmeline
    fleht zu deinen Füßen hier.


    All sein Wesen atmet Liebe,
    ewige Treue spricht sein Blick,
    Vater kröne unsere Triebe.
    Schaffe unser beider Glück.“


    Paul kann Emmelines Ergüsse nicht emotionslos hinnehmen. Doch der Alte ist ihm einfach suspekt.


    „Ach der Vater weigert sich,
    das ist ein Malheur für mich.
    Sie erweicht ihn sicherlich,
    das ist noch ein Trost für mich.
    Grämte sie zu Tode sich,
    ach, das wäre ein Schmerz für mich.“


    22
    Nicht nur der Vater, auch der Vetter muss einverstanden sein, wenn Paul Emmeline zur Frau nehmen wird. Der Verwandte verbietet ihm, seine Ohren mit solchen Lächerlichkeiten zu quälen. Paul erreicht jedoch, dass der Vetter sein Einverständnis nicht verweigert, wenn Emmeline mit Gewalt absolut seine Frau werden will. Der Autoritäre wechselt das Thema und will wissen, mit wem er vorhin an der Gartenpforte gesprochen habe. Er bekommt heraus, dass Jacob Fribourg zu Besuch kam und abgewiesen wurde. Ist Paul wahnsinnig? Er soll nun alles daransetzen, den Entschwundenen ausfindig zu machen. Paul ist nur bereit, sich in Bewegung zu setzen, wenn er Emmeline zur Frau bekommt. Der Graf kommt hinzu und Durmann hat Probleme, das Missgeschick zu verdeutlichen. Alle Domestiken werden losgeschickt, um den Entschwundenen herbeizuschaffen. Sie sollen die Straßen sollen absuchen und in ihrem Eifer nicht nachlassen, bis der Gesuchte gefunden ist. Doch noch ist Polen nicht verloren, denn ganz aus der Nähe ertönt die wunderbare Weise einer Schalmei.


    23
    Die betörend schöne Tenorstimme, welche die Schalmei begleitet, gehört niemand anderem als dem armen Jacob. Sein Herzeleid singt er sich von der Seele:


    „Vom weit entfernten Schweizerland
    komm ich voll Gram hierher.
    Mein liebstes auf der Welt entschwand,
    ich sah es dort nicht mehr!
    Da ließ ich fahren Herd und Haus,
    da trieb’s mich in die Welt hinaus,
    Ihr guten Leute saget an,
    wo ich die Liebste finden kann.


    Pauvre Jacques klopfte an jedes Haus doch niemals steckte Emmeline den Kopf heraus. Nun ist sein Mut gesunken, denn er hat kaum noch Hoffnung, sein Mädchen zu finden. Wo ist der Mann, der ihm sagen kann, wo sie sich aufhält.


    24
    Plötzlich steht der arme Jacob auf der Gartenmauer und trägt sein Anliegen von ganz oben erneut vor. Jacob soll sich freuen, er wird seine Landsleute wiedersehen und Emmeline ist auch unter ihnen! Der Herr Graf hat seinen leutseligern Tag. Doch auf keinem Fall soll er Emmeline unmittelbar vorgestellt werden. Das sensible Mädchen muss schonend auf die Ankunft des Geliebten vorbereitet sein. Der freudige Schock könnte das Leben kosten, wenn sie völlig unvorbereitet dem Glück ihres Lebens gegenübersteht. Jacob hat Verständnis für die Maßnahmen, die man ergreifen wird, um von dem Mädchen gesundheitliche Schäden fernzuhalten, weiß er doch selbst vor Freude nicht wie, ihm geschieht.


    25 – 28
    Die Wiedersehensfreude zwischen Emmelines Eltern und dem armen Jacob ist überschwänglich. Man erkundigt sich, ob die alte Linde noch steht und ob der Nachbar den Garten auch gut pflegt. Jacob will wissen, ob Emmeline ihn nicht vergessen hat.


    „Es ist kaum zu glauben,
    wie das arme Mädchen litt,
    Schmerz bezeichnete und Tränen
    jeden Tag und jeden Schritt!
    Ihre Ruhe war verschwunden,
    Schwermut tat ihr Auge kund.
    Duldend schlichen ihr die Stunden,
    dennoch schwieg der Armen Mund!“


    29 – 30
    Paul ist von seiner Suche nach dem Entschwundenen ohne Resultat zurückgekommen. Erfreut nimmt er zur Kenntnis, dass der Vermisste von allein eingetroffen ist. Sichtlich erleichtert nimmt der die Wende zur Kenntnis, hat den Rivalen aber nun in unmittelbarer Reichweite. Doch sein Bekümmernis ist unwichtig, denn alle Sorge gilt der Tochter.


    „Still, dort naht sich Emmeline.
    Seht des Mädchens heitere Miene.
    Lasst uns schnell zur Seite gehen,
    denn noch darf sie ihn nicht sehn.


    31
    Jacob ist nicht ganz einverstanden, dass er nicht ein einziges Wort mit Emmeline reden darf, doch das Recht ist auf der Seite der Stärkeren. Die dünne Handlung quält sich ins Finale des Mittelteils, schließlich muss man sich ein bisschen Seelenschmerz noch für den Dritten Akt aufheben. Der Bauernchor hat das letzte Wort:


    „Schlummre ruhig, gutes Mädchen!
    Heiter sei Dein Traumgesicht,
    Freunde folget still und leise,
    störet ihre Ruhe nicht!“



    Dritter Akt:


    32
    Die Mauer, welche das Grundstück umfriedete, wurde über Nacht entfernt und an ihre Stelle ein Prospekt, der die Schweizer Berglandschaft simulieren soll, von beachtlicher Größe angebracht. Sobald Emmeline erwacht und einen Blick aus dem Schlafzimmerfenster riskiert, sollen ihr vor Staunen die Augen überlaufen. Wenn sich dann Jacob Fribourg aus dem Hintergrund auf sie zu bewegen wird, wäre die Überraschung perfekt und könnte einen unauslöschbaren Eindruck in ihrem Gemüt hinterlassen.


    33
    Doch wir wollen nicht vorgreifen, denn zunächst muss Durmann den Vetter von seiner Vorstellung abbringen, dass der liebe Gott die Emmeline für ihn geschaffen habe. Der Dialog, den beide miteinander führen, sorgt für ausreichend Situationskomik.


    Die Fertigstellung der künstlichen Schweiz soll kräftig gefeiert werden. Es wurde ein Paradies geschaffen, dass die Engel im Himmel ihre Freude haben. Die Bauern auf der Erde freuen sich ebenfalls, wenn sie reichlich zu Essen und zu Trinken bekommen werden, wirft Paul ein. Nun, für ein festliches Gelage wird der Herr Graf sorgen. Bei Wein und Schmaus sollen die Dörfler sich gütlich tun. Noch musst Paul sich noch von dem Wahn befreien, dass man nicht Jacobs Ankunft feiern, sondern alle ihre Sonntagskleider anlegen, weil Wallstein seine Verlobung mit Emmeline anordnen wird.


    34
    Lassen wir den unmöglichen Paul hinter uns und wenden wir uns Gertrude und Richard und dann Emmelines Gemütszustand zu.


    „Ach wie herrlich ist der Morgen!
    Es entschwinden alle Sorgen.
    Keine Träne füllt den Blick.
    Heiter strahlt die Sonne nieder.
    Ruh und Frieden kehren wieder
    in dies arme Herz zurück.“


    35-36
    Emmeline glaubt, man wolle sie irreführen, als sie den Blick aus dem Fenster auf die herrliche Schweizer Berglandschaft wirft. Sie traut ihren Augen nicht - im Hintergrund grüßt das Matterhorn. Dann ertönt die Weise einer Hirtenflöte, die von Jakob gespielt wird bis dieser in Person auf der Bühne erscheint. Jauchzend finden die Liebenden zueinander und stimmen - wie sich das gehört - ein Liebesduett an. „O komm an die treue, heiß klopfende Brust. Ich kann es nicht ertragen, zu groß ist die Lust.“


    37-38
    Die Familie beschließt im Gastland zu bleiben. „Ach wie schön ist es hier zu leben, wie herrlich, wie gemütlich. ... Es sind die Tränen der innigsten Wonne. Sie gewähren unendliche Lust.“ Es sind Worte, die vielen Emigranten von der Zunge gleiten, wenn sie erst einmal auf deutschem Boden Fuß gefasst haben. „Gottlob, wir bleiben hier!“ beschließt Richard nun endgültig.


    „Lasst den Herrn uns dankbar preisen.
    Unser Dank steigt himmelwärts,
    denn des Wiedersehens Freuden
    knüpft er an den Trennungsschmerz.“
    Anmerkung:


    Als Patenkind von Joseph Haydn hatte Joseph Weigl es nicht schwer, die musikalische Landschaft des deutschen Sprachraums prägen zu helfen. Eine Fülle übereifriger Komponisten unterbreitete dem Publikum zu jener Zeit gefällige Unterhaltung mit tragischem Einschlag und glücklichem Ausgang, doch die Nachwelt trennte schon bald die Spreu vom Weizen.


    Die Oper „Die Schweizer Familie“, von Franz Schubert bewundert, erfreute sich außerordentlicher Beliebtheit und erreichte hohe Aufführungsziffern, und das nicht nur in Deutschland. Das Werk entstand nach der französischen Komödie „Pauvre Jacques“ der Autoren Sewrin und Alissan de Chazet, hat Singspielcharakter mit gesprochenen Dialogen, und passt sich dem Stickmuster von Zauberflöte und Freischütz wohlgefällig an.


    In der Arie des zweiten Aktes „Vom weit entfernten Schweizerland...“ drückt der arme Jacob seinen Schmerz aus, weil man ihm die Liebste weggenommen hat. Die Buffo-Partie des Paul, der ebenfalls hinter Emmeline her ist, erinnert in seiner ungelenken Art an Mozarts Papageno. Der gute Vater Richard besitzt viele Eigenschaften des Sarastro und die überspannte Emmeline kommt in ihrer Ängstlichkeit Webers Agathe ein wenig nahe.


    Das Finale der Oper wirkt allerdings reichlich unglaubwürdig. Ein echter Schweizer würde nach allgemeiner Klischeevorstellung seine Heimat niemals verleugnen und ohne zwingenden Grund die heimischen Berge gegen ein sorgenfreies Leben auf Geschenkbasis im Ausland eintauschen. Die Euphorie der handelnden Personen im Umfeld einer „künstlichen Schweiz“ dürfte nur kurze Zeit anhalten.


    © 2010 TAMINO - Engelbert

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    Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)


    Apollo und Hyazinth
    Apollo et Hyacinthus


    Oper in drei Akten, ein lateinisches Intermezzo
    KV 38
    Libretto von Rufinus Widl
    nach den Dichtungen von Ovid und Lukian
    Uraufführung am 13. Mai 1767 in der Aula der Universität Salzburg
    Dauer 90 Minuten


    Personen:
    Oebalus, König von Lakedämon
    Melia, seine Tochter
    Hyazinth, sein Sohn
    Apollo, bei Oebalus zu Besuch
    Zephyr, Freund des Hyazinth


    Das Geschehen spielt im antiken Griechenland



    HANDLUNG


    OUVERTÜRE


    Erster Akt:


    Hyazinth freut sich, dass sein Vater zum Lobe Apollos ein Opferzeremoniell angeordnet hat. Mit seiner geliebten Schwester wird er daran Teil nehmen. Doch sein Freund Zephyr versucht, ihm den Spaß zu verderben. Er wendet ein, dass es neben Apollo auch noch andere Götter gibt, die nach Weihrauch lechzen. Alle Olympier werden von seinem Vater mit Opfergaben bedacht, keiner bleibt unbeschenkt, aber bitte: einer nach dem anderen.


    Offenbar ist Zephir ein abgewiesener Liebhaber, denn er erklärt dem Sohn des Oebalus, dass er ihm gern sein Herz darbringen würde, falls er sein Apollo sein möchte. Hyazinth betrachtet es als Blasphemie, mit Göttern in einem Atemzug genannt zu werden, aber er übt Nachsicht, weil offenbar allzu große Liebe den Freund zur Unbedachtsamkeit verleitet hat.


    Der Vater erkundigt sich, ob das Feuer im Tempel schon angezündet sei. An Weihrauch soll nicht gespart werden, damit dicke Duftschwaden nach oben steigen. Melia hat beobachtet, dass schwarze Gewitterwolken am Himmel aufziehen und befürchtet ein schlimmes Unwetter. Apollo ist leicht ungehalten und duldet kein längeres Zögern. Oebalus prophezeit, dass fromme Gebete die schwarzen Wolken vertreiben werden.


    Vom Tempelchor begleitet, bittet der König Apollo sein Land durch sein Licht zu würdigen. Doch der Verehrteste ist aus unerklärlichem Grund beleidigt. Er schickt einen Blitz und zerstört den Opferaltar. Hyazinth macht seinem Freud Vorhaltungen wegen der frevelnden Worte, die er gesprochen hat. Diesem wird angst und er bittet, dem König davon nichts zu erzählen.


    „Erloschen das Feuer, gestürzt der Altar, verschmäht das Opfer.“ Von dem grellen Blitzstrahl erschüttert, zittert der König am ganzen Leibe. Hyazinth versteht es, zu beschwichtigen. Warum sollte er von einem guten Gott Böses befürchten. Niemand von den Opferwilligen ist zu Boden gestürzt, alle leben und sind bei voller Gesundheit. Der Himmlische hat mit dem Blitz die Erde ein wenig necken wollen, damit sie sich seiner Macht stets bewusst ist und Gottesfurcht und Vertrauen nicht schwinden.


    In der Tat ist die Situation eine ganz andere. Den Blitz schickte nicht Apollo, sondern Jupiter. Die beiden Olympier hatten sich gestritten und Apollo ist nun auf der Flucht. Der Gott erscheint in Person und bittet den König um seine Gastfreundschaft, weil es auf dem Olymp im Moment nicht zum Aushalten sei. Apollo hasst den blitzeschleudernden Jupiter! Hyazinth ist auf den hohen Besuch mächtig stolz, selbst wenn dieser nur als Hirte verkleidet bei seinem Vater Unterkunft erbittet. Oebalus ist gerührt und mahnt seine Tochter, dem Gott seinen Aufenthalt in Lakedämon so angenehm wie möglich zu machen. Findet sie den hohen Besucher ihres Erstaunens würdig? Melia ist hingerissen, denn schon seit langer Zeit hat sie dem Gott ihr Herz geweiht.


    „O wie glückverheißend ist das Gestirn mit dem dieser umwölkte Tag uns erquickt, indem Apollo selbst als erwünschter Gast unser Haus besucht! O welche Anmut! Welche Schönheit! Welche Würde! Welcher Glanz und welche Hoheit strahlt von all seinen Gliedern! – O quantus decor! Quae forma! Quanta dignitas. Quanta omnibus gloriaque membris atque maiestas sedet!“


    Apollo beteuert, dass von allen Gaben dieser Erde Melias Herz ihm am meisten zusagt. Sie soll bitte keinen Rückzieher machen. Allerdings, wenn es Hyazinth gelingt, den Gott zu lieben, wird er immer einen zugeneigten Freund in ihm haben. Zephir vergeht vor Eifersucht. Weh! Nun nimmt Apollo ihm den geliebten Knaben! Oebalus ist entzückt, dass der Besucher beiden Kindern seine Gunst zu schenken bereit ist. Er darf so lange sein Gast sein, wie er will. Apollo bedankt sich mit einer schönen aber nichts ausdrückenden Arie, die den Ausgang der Tragödie noch nicht ahnen lässt.


    Zweiter Akt:


    Oebalus zweifelt nicht, dass Melia dem Gott seine ganze Liebe weihen wird. Glaubt der Vater wirklich, dass Apollo sich mit einer Sterblichen auf dem ehelichen Lager verbinden will? Aber gewiss doch, des Vaters Einwilligung hat er schon bekommen! Selbstverständlich kann die Tochter sich frei entscheiden. Kein Mädchen in Griechenland würde so töricht sein, die Ehre der Begattung durch diesem hohen Gott zu verschmähen und ihrem eigenen Glück selbst im Wege stehen. Die Tochter handelt klug, sich positiv zu entschließen, denn mit ihrem Engagement werden auch Vater und Bruder geehrt. Durch göttliches Begehren wird durch die Geburt eines Enkels sein Haus zu einem Götterhaus.


    Der Vater soll sagen, wo Apollo sich im Moment aufhält; unverzüglich will Melia sich an seinem unvergleichlichen Gespräch erfreuen. Im Moment übt Apollo sich mit dem Bruder im Hain beim Diskuswerfen. Zephir ist auch mit von der Partie. In seinem Haus soll Apollo, der doppelter und dreifacher Verehrung würdig ist, alles bekommen, was sein Herz begehrt. Melia hat konkrete Vorstellungen von ihrem zukünftigen Glück. Zusammen mit dem Gott wird sie auf Wolken treten und zwischen Sternen herumtollen; Faune und Sartyrn werden sie anbeten. So sehen in Griechenland die Träume der kleinen Mädchen aus.


    Zephir kommt mit einer Schreckensbotschaft. Hyazinth hat den Diskus an den Kopf bekommen. Um sein Heil ist es geschehen, er ist der Länge nach hingefallen, möglicherweise ist er tot. Apollo war der Übeltäter!. Melia ist untröstlich. Der Gott, der sie glücklich machen wollte, hat den Bruder umgebracht. Es ist wahr, mit eigenen Augen hat Zephir es gesehen. Sogleich ist er dann aber davon gelaufen, damit er nicht als nächstes an die Reihe kommt. Der Gott schlägt also Schuldlose! Ist das der Dank, dass Oebalus ihn bei sich aufgenommen hat, indem er nun seinen einzigen Sohn tötet? Man kann Göttern nicht über den Weg trauen. Melia schließt nun aus, jemanden zu heiraten, der sich mit dem Blut ihres Bruders befleckt hat. Der Vater fürchtet, dass Apollo auch ihm die Liebe Melias rauben wird.


    Was meint Zephir, was den Ruchlosen zu dieser Tat bewogen hat. Natürlich war Apollo neidisch, weil Hyazinth im Diskuswerfen besser ist, als er. Oebalus beabsichtigt, Apollo unverzüglich aus seinem Reich zu verbannen. Er fordert Zephir auf, ihn fortzujagen bevor er noch mehr Unheil anrichtet. Das Königreich gehöre nicht ihm und Oebalus selbst soll den Übeltäter entfernen. Zephir denkt nicht daran, sich in die Nesseln zu setzen!


    Als Vater und König entschließt sich Oebalus nachzuschauen, ob Hyazinth durch eine Erste-Hilfe-Aktion noch zu retten ist. Falls er auf den Übeltäter trifft, wird er ihm ordentlich die Meinung sagen.


    Melia zweifelt inzwischen an der Aussage Zephirs, weil sie die Logik der Tat nicht nachvollziehen kann. Wie kann der Gott die Schwester lieben, wenn er zuvor die Hand mit dem Blut des Bruders besudelt hat? Die geliebte Melia soll sich nicht wundern, dass Apollo solches Verbrechen begangen hat, weil sie den Ruchlosen überhaupt nicht kennt. Er ist schlau, grausam, unanständig und leichtfertig. Sie soll doch an seiner Stelle Zephir beglücken, dessen Treue sie kennt. Zephir führt aus, dass Melia zwei Personen vor sich sieht: Den Helfer und den Wüterich! Den Bruder hat er bereits auf dem Gewissen. Was wird er erst alles mit der zarten Schwester anstellen. Sie soll doch ihm, dem lieben Zephir, die Hand reichen. Gewiss wird Apollo sie nach dem ersten Ehestreit töten. Er wird noch die ganze Familie ausrotten.


    Inzwischen ist der nichtsahnende Apollo auf dem Schauplatz der Entrüstung eingetroffen. Melia hält ihm eine Standpauke. Er soll endlich den Blitz aus der Hand legen. Hat er nicht schon genug Unheil angerichtet? Es würde sie freuen, wenn der Tyrann sie endlich verließe, denn Melia fürchte sich vor ihm. „Discede crudelis ...“ Ihr Sopran steigert sich zu hochdramatischer Wucht, dass es eigentlich an Apollo wäre, sich zu fürchten. Tatsächlich ist es soweit gekommen, denn der Gott erklärt, dass er treu und milde sei und sie einen Freund in ihm verlieren würde. Doch er sei bereit, sich zu verstecken bis der Grimm ihres Herzens sich verflüchtigt habe.


    Dritter Akt:


    Oebalus ist auf dem Sportplatz eingetroffen. Hyazinth ist noch nicht ganz tot, liegt aber in den letzten Zügen. Wenn er seinen Vater liebt, soll er sagen, wer sein Mörder ist. „Das war der böse Zephir!“ Lebe wohl Vater, Hyazinth scheidet jetzt, der Tod ist bitter! Das wird Zephir zu bereuen haben! In Oebalus erwacht der Blutdurst, denn die Rache schüttelt ihn.


    Völlig außer Atem kommt Melia gelaufen. Zuerst hat sie Zephirs Ende gesehen und nun sieht sie den Bruder in ihrem Blute liegen. Sie hat dem Gott befohlen, Lakedämon unverzüglich zu verlassen, denn einen weiteren Mord hat er auf den alten gehäuft. Von welcher neuen Leiche spricht sie? Von einer solchen kann gar nicht die Rede sein, der Gott hat den armen Zephir vor ihren Augen durch wilde Stürme zerreichen lassen, so dass keine sichtbare Spur zurück blieb. Wie gerecht ist doch Apollo! Der Vater findet es an der Zeit, das arme Kind aufzuklären. Einigermaßen betreten rätselt man, ob Apollo sich schlechte Behandlung bieten lassen wird. Jetzt sind sie ganz und gar verloren. Ohne Apollos Schutz wird das Reich nicht mehr lange Bestand haben. Melias Schmerz ist unerträglich, nun ist sie eine Braut ohne Bräutigam.


    Doch Apollo hat sich noch nicht endgültig entfernt. Hat er Handlungsbedarf? Der Leichnam des Hyazinth verschwindet in der Versenkung und statt dessen sprießen jede Menge Hyazinthen auf der Waldwiese. „Quid video? Surrexisse de nato meo conspicio flores?” – Was sieht Oebalus? Dem Leib seines Sohnes entsprießen Blumen? Blitzschnell hatte Apollo den Leib des Toten mit Blumenzwiebeln gefüllt, die sich nun beeilen, aus dem Boden zu schießen. Ein wenig Balsam für das geschundene Vaterherz!


    Melia errötet vor Scham, weil sie den Gott irrtümlich beschuldigt und extrem garstig zu ihm gewesen ist. Die Gottheit soll nun die Magd sehen, die ihm erneut ihr Herz anträgt. Apollo ist nicht beleidigt, im allgemeinen kommt es dazu schnell – aber diesmal nicht. Von Jupiter hat er gesehen, dass er oft Spaß an sterblichen Frauen hat. Folglich werden künftige Geschlechter das Haus des Oebalus zu preisen haben, denn der Lichtgott sieht nicht ein, weshalb er hinter dem Göttervater zurückstehen soll.


    „Tandem post turbida
    fulmina nubila,
    tonantis mumura
    pax alma vires
    et explicat se.”


    Nach stürmischen Blitzen und Donnergrollen, grünt nun endlich der Friede und erfischt die Seelen.


    Anmerkung:


    Nach der literarischen Überlieferung war es tatsächlich Zephir, der den Tod seines Freundes Hyazinth verursachte. Der Übeltäter wurde nicht in einen Sturm verwandelt, sondern war schon immer ein windiger Bursche, der aus dem Westen kam. Auf Apollo eifersüchtig, verschob er dessen im Spiel geworfene Scheibe so, dass sie von der Bahn abkam und den armen Hyazinth tödlich am Kopf traf. Aus schmervollem Gedenken zauberte Apollo das erwähnte Knollengewächs.


    An der Salzburger Benediktiner-Universität, war es üblich, dass zum Abschluss des Schuljahres ein Theaterstück aufgeführt wurde, welches von Dozenten der Universität verfasst wurde. Durch ein orchestrales oder vokales Intermezzo, von einem fremden Tonsetzer beigesteuert, wurde dieses dem Sprechstück als Prolog vorangestellt oder als Zwischenakt-Musik eingeschoben.


    Damit die Sache nicht zu schwergewichtig ausfallen sollte, hatte man im vorliegenden Falle den elfjährigen Wolfgang Amadeus Mozart, der bereits als Wunderkind einen Namen hatte, engagiert. Pater Rufinus Widl schrieb das Libretto zu der Einlage, die auf sein Drama abgestimmt war und sich harmonisch einfügte. Der kleine Wolfgang machte dazu die Musik. Höchstes Lob verdienen beide gleichermaßen, der Komponist wie der Librettist. Für den Elfjährigen war es nach „der Schuldigkeit des ersten Gebotes“ der Auftakt zu einer gefeierten Karriere.


    Das Theaterstück, dem Mozart sein Talent hinzufügte, hieß „Clementia Croesi“ - eine Vorlage des antiken Geschichtsschreibers Herodot - zu der sein Intermedium stofflich hervorragend passte. Es geht um einen wilden Eber, der von Atys erlegt werden soll. Der verhängnisvolle Lanzenwurf des voreiligen Andrast trifft jedoch nicht den Eber, sondern den Gastfreund. Auftretende Komplikationen werden durch die Milde des Krösus gelöst. Der Zuschauer erkennt die Parallelen der Handlungsabläufe und zieht eine Linie zu Mozarts letzter Oper „La Clemenza die Tito.“


    Apollo und Hyazinth ist eine völlig ausgereifte Komposition, welches an den Koloraturgesang höchste Anforderungen stellt. Man denke nur an das Finale des zweiten Aktes.



    ©Tamino 2010 - Engelbert

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    Johann Michael Haydn (1737-1806)


    Die Hochzeit auf der Alm
    The Wedding on the Alpine Pastur


    Ein dramatisches Schäfergedicht in zwei Aufzügen
    Libretto: P. Florian Reichssiegel
    Uraufführung: 27, April 1768 in Salzburg
    Dauer: etwa 45 Minuten


    Einspielung der CD auf historischen Instrumenten
    durch die Salzburger Hofmusik unter Wolfgang Brunner
    Edition Günter Hänssler, Jahr 2006


    Darsteller:
    Phyllis (zuvor Selinde), eine Sennerin
    Galatea (zuvor Dorinda), ihre Mutter
    Roderich, der Landgraf, Vater Selindas
    Polidor, ein Wildbretschütz, Selindas Bräutigam
    Manalkas, Ziehvater Polidors
    Jodel, ein Treiber



    HANDLUNG


    Einführung:


    Eine Almhütte, ein Wasserfall, Felsengebirge, Sonnenaufgang, Morgenröte und in der Ferne weidendes Rindvieh sind die Attribute, aus denen der Bühnenprospekt zusammengestellt ist. Erstaunlich sind die klangvollen Namen, mit denen der Librettist seine Darsteller ausgestattet hat. Kenntnis der antiken Welt findet man nicht nur an den Hochschulen, sondern feine Bildung hat sich auch der Gebirgsdörfer bemächtigt. Die „Zenzi von der Alm“ ist dem Städter vielleicht geläufig, unsere Sennerinnen heißen Galatea und Phyllis.


    Ein Jäger ohne Waffenschein ist doch kein Wilddieb, sondern ein Wildbretschütze. Salonfähig ist er allerdings nicht, denn der Herr Landgraf ist ihm unablässig auf den Fersen. Wird er erwischt, greift die Strafjustiz in der Regel auf der Stelle. Das ist so in Ordnung – der Fürstbischof von Salzburg, selbst Jagdherr, stimmt dieser Gepflogenheit zu - denn die Bestände an Rot- und Schwarzwild müssen gehegt werden, damit die Art nicht ausstirbt. Nicht jedem soll es erlaubt sein, sich Fleisch aus dem Forst zu beschaffen. Wozu gibt es Metzgereien und eine Hausschlachtung von eigens zu diesem Zweck gezüchtetem Borstenvieh. Der Genuss von Wildbret ist nur dem Adel und seiner Jagdgesellschaft erlaubt. Selbst der unerlaubte Verzehr von Wildkaninchen ist ein Sakrileg.


    Erster Akt:


    Der Freischütz unserer Klosteroperette hört auf den seltenen Namen Polidor und hat ein schlechtes Gewissen. Tagsüber ist er auf der Pirsch und des nachts pflegt er sich mit seiner Beute in einer Almhütte zu verstecken. Er ahnt nicht, dass diese im Moment bewirtschaftet wird und am Morgen findet die Sennerin Galatea und ihre Tochter den Schlafenden in ihrer Hütte vor. Phyllis gefällt der schmucke Bursche sofort und sie bittet ihn, ihr ein Liedchen vorzuträllern. In der Arie „Wer kann als Wildbretschütz lustiger sein“ verleiht er seinem Frohsinn Ausdruck. Nun sei sie an der Reihe, ihr Talent vorzustellen. Er möchte kein Risiko eingehen. Eine Stimme, die sich anhört wie das Geräusch, welches eine Kuh verursacht, wenn sie in einen leeren Eimer trampelt, kann er sich nicht verlieben. Sie gibt ihm sogleich Zunder „Auf! Der Frühling kömmt an!“ Die Kleine soll es nicht so eilig haben. Polidor setzt sein Hütchen auf, nimmt sein Gewehr und wendet seine Schritte in den Wald. Phyllis schaut ihm sehnsüchtig nach. Galatea mahnt die Tochter, die tägliche Arbeit nicht zu vergessen.


    Der Landgraf Roderich mit seinen Jägern und kläffenden Jagdhunden betritt die Wiese, um als Gast einen Becher Buttermilch zu trinken. Roderich hat Kummer mit sich selbst. „Gequältes Herz! Entdecke mir die Wahrheit deiner Pein!“ Das Herz kann die Frage nicht beantworten, aber der Tag meint es gut mit ihm. In diesem Moment fällt in der Ferne ein Schuss. Die Jäger bewegen sich unverzüglich, um der Ursache nachzugehen, während die beiden Frauen sich wieder ihrer bäuerlichen Beschäftigung zuwenden. Mir Gesang geht alles besser. „Lobet ihr Kräfte den Schöpfer der Welt“ schallt es über die Almwiesen.

    Zweiter Akt:


    Polidor ist in Bedrängnis geraten und möchte sich in der Almhütte verstecken. Die Jagdgesellschaft ist ihm auf den Fersen und stellt ihn schon vor der Hütte. Die beiden Damen müssen nun beweisen, dass sie mit dem Übeltäter nichts gemein haben. Vernünftigerweise verteidigen sie sich nicht, sondern ziehen es vor, dem Herrn Landgrafen schöne Augen zu machen und um Nachsicht und milde Strafe zu bitten.


    Zur allgemeinen Überraschung und zu allem Überfluss tritt Menalkas, Polidors Ziehvater auf und quasselt über Dinge, die er besser für sich behalten sollte. Mit dem Landgrafen verband ihn einst Freundschaft, hat sich dann aber durch seine Ränke unbeliebt gemacht. Von Eifersucht geplagt, sah Roderich sich gezwungen, seine Frau mit dem ungeborenen Kind von seinem Gutshof zu verjagen. Menalkas hatte ihm weisgemacht hat, dass die Angetraute ihn mit seinem besten Freund Ferdinand betrogen habe. In Wirklichkeit hatte er es selbst auf Dorindas Gunst abgesehen. Der unschuldige Ferdinand verstarb nach einem Jagdunfall. Der Schurke verlor Dorinda aus den Augen und konnte die Früchte seiner Intrige nicht genießen.


    Roderich kommt nicht dazu, den Übeltäter zu maßregeln, denn Galatea gibt sich als verstoßene Gattin zu erkennen. Es muss den Theaterbesucher nicht wundern, weshalb der Herr Landgraf seine eigene Frau nicht wiedererkannt hat. Folgende Ursachen können in Betracht gezogen werden. Galatea hat ihren Vornamen umgewandelt, ist älter geworden und hat an Pfunden zugelegt. Die Sehkraft Ehepartners hat nachgelassen und er kann sich nicht vorstellen, eine erwachsene Tochter zu haben. In Oper und Operette mit buffoneskem Einschlag ist es üblich, dass jemand nicht wiedererkannt wird, sobald er sich ein wenig verkleidet.


    Das Finale der Oper ist für alle zufriedenstellend. Roderich schließt die vermisste Galatea, die jetzt wieder Dorinda heißt, in die Arme und belohnt so ihre unverbrüchliche eheliche Treue. Phyllis möchte jetzt wieder mit ihrem richtigen Namen Selinde gerufen werden. Die unsäglich Verliebte bekommt ihren Polidor als Bräutigam, dessen Begnadigung sie zuvor bei ihrem Vater erwirkt hat. Das Zertifikat für eine Jagderlaubnis muss noch erworben werden, damit der ‚Hochzeit auf der Alm’ nichts mehr im Wege steht.


    Der Fürstbischof Sigmund Christoph Graf von Schrattenbach bekommt seinen Willen. Johann Michael Haydn komponiert noch eine Arie für Selinde und Polidor nach seinen Wünschen „Mein Herzerl ist klein“, die dem vorangegangenen Finale noch angeklebt, aber in späteren Aufführungen wieder abgehängt wird.


    Musiknummern:


    1.Introduktion auf zwei Hirtenflöten
    2.Sinfonia. Allegro molto
    3.Aria „Wer kann als ein Wildbretschütz lustiger sein“ (Polidor)
    4.Aria „Auf!! Es kömmt der Frühling an“ (Phyllis)
    5.Andante
    6.Duetto „Lobet ihr Kräfte den Schöpfer der Welt“ (Phyllis, Galatea)
    7.Menuett, Trio
    8.Aria „Gequältes Herz! Entdecke mir die Wahrheit deiner Pein (Roderich)
    9.Duetto „O meine Phyllis! Ich lebe vergnügt” (Pyllis, Galatea)
    10.Jagdsignale auf zwei Hörnern – Aria „Nur keinem Jäger mehr trau’n (Jodl)
    11.Ensemble „Wo wahre Treue die Herzen verstrickt“ (Selinda, Dorinda, Polidor, Roderich, Menalkas)
    12.Finale. Prestissimo
    13.Licenza „Mein Herzerl ist klein“ (Selinde, Polidor, Vokalensemble)


    Anmerkung:


    Vorliegende Komposition funktionierte bei der Uraufführung als Finalstück zu einer vorangegangenen fünfaktigen Tragödie in lateinischer Sprache und diente der Entspannung – eine Gepflogenheit der Zeit. Überliefert sind wiederholte Aufführungen im Kloster Kremsmünster.

    © 2010 TAMINO - Engelbert

    In den letzten zwei Monaten bin ich sehr 'rückwärts gewandt'. Ich kaufe wieder Schallplatten in rauen Mengen. Dazu auch noch zum Hochpreis (im Schnitt umgerechnet 40 bis 50 DM) Bei der CD hat man die durchnummerierten Tracks, aber bei der LP. ist die Klangqualität in der Regel umwerfender. Das Label MRF, welches ich in den 1980er Jahren nicht kannte bzw. sich nur im Unterbewusstsein eingenistet hatte - in den Musikläden aber kaum angeboten wurde - hat es mir nun angetan.


    Ich fange mal bei den Italienern und Franzosen an, aufzuzählen und fordere Euch auf, sich die Besetzungslisten auf der Zunge zergehen zu lassen:


    MRF 076 Cavalli: L'Egisto - Orailia Dominguez (singt die Partie der Nacht), Rita Talarico, Luigi Alva, S, Bruscantini - VENEDIG 1970
    MRF 117 Scarlatti A: Griselda - Freni, Alva, Luchetti, Bruscantini - Neapel 1971
    MRF 26-5 Verdi: I due Foscari - Luisa Maragliano, Renato Cioni, Maio Zanasi - New York 1968
    MRF 8 Verdi: Alzira - Virginia Zeani, Gianfranco Cecchele, Cornel MacNeill, Carlo Cava - Rom 1967
    MRF 163 Wolf-Ferrari: Le Donne Curiose - Mafalda Micheluzzi, Eugenia Ratti und weitere - New York 1980
    MRF 164 Auber: Le Cheval de Bronze - Nigoghossian, Garcisanz, Arapian, Gold, Bellami - Paris 1979
    MRF 150-8: Chabrier: Gwendoline - Ana Maria Miranda, Claude Meloni und weitere - Paris 1977
    xxx Einiges wurde von GALA auch schon auf CD überspielt xxxl
    BJRS 128: Meyerbeer: Il Crociato - Janet Price, Patricia Kern, Christian du Plessis - London etwa 1970/80
    VOX 5213: Cavalli L'Erismena - Delreen Hafenrichter, Paul Esswood - Oakland-Symphonie, Alan Curtis


    Japaner haben den Laden gestürmt und mir Cherubinis ANACREON vor der Nase weggeschnappt. Der Ladeninhaber kann sich von seinen Schätzen schlecht trennen und ringt jedesmal die Hände, wenn ich in der Tür auftauche. (Mein Kommetar: Wem winken Sie?) Ich will erst noch ein bisschen Rahm abschöpfen, dann verrate ich Euch wo in Hamburg der Laden zu finden ist - also, am Dammtorbahnhof müßt ihr in den Bus umsteigen.


    Scherzfrage eines Schülers, der nur Download macht: "Eine Schallplatte, was ist denn das?" Schezantort: "Das ist das, was Opa hat!"


    Mit freundlichen Grüßen
    :angel:
    Engelbert

    .


    Christoph Willibald Gluck (1714-1787)
    Der betrogene Kadi
    Le Cadi Dupé


    Oper in einem Akt
    Libretto von Pierre Réne le Monnier
    Uraufführung 1761 in Wien


    Personen:
    Kadi, Islamischer Würdenträger, Hüter der Moral
    Fatime, seine eifersüchtige Ehefrau
    Nuradin, ein gutaussehender junger Mann, Opfer eines Überfalls
    Zelmire, seine boshafte Geliebte
    Omar, ein Färber
    Omega, seine unansehnliche Tochter


    Ort und Zeit des Geschehens ist die Türkei im 17/18. Jahrhundert



    HANDLUNG


    Erster Auftritt:


    Fatime hat keine gute Meinung über die Männer. Sie ist die Frau des Kadis, dessen Aufgabe es ist, über die Moral der Gläubigen zu wachen und Verstöße zu richten. Wenn er selbst sich doch bloß an die Tugend, halten würde, die er predigt! Heuchler sind sie alle und haben nichts anderes im Sinn, als die Frauen ins Verderben zu ziehen. Die Mädchen sollen den Schwüren der Männer nicht trauen. Heftige Vorwürfe macht Fatime ihrem Mann. Er denke nur an Zelmire und es ist ihm völlig gleichgültig, wenn die eigene Frau an seiner Kälte zugrunde geht. Zum Scheitan! Woher weiß Fatime von seiner Beziehung zu Zelmire? Nein, er hat überhaupt nicht im Sinn, Fatime zu verstoßen. Aber die Last der Geschäfte drückt ihn manchmal nieder, und nur deshalb findet er wenig Zeit, sich ihr zu widmen. - Ach was, er genießt die Gesellschaft von Zelmire, schimpft Fatime. - Beim Bart des Propheten, er hat mit Zelmire überhaupt nichts im Sinn. Sie soll nur hören, wie er sich an der hochnäsigen Zicke gerächt hat. Kürzlich kam ein junger Mann zu ihm, der klagte, dass er von Räubern überfallen worden sei und sein Vermögen verloren habe. Er habe ihm geraten, doch eine reiche Frau zu heiraten. Er kenne eine vermögende Familie aus Damaskus mit einer heiratsfähigen Tochter. Bei dem Vater wird er Fürsprache einlegen. Fatime soll sich vorstellen, die List gelang und Zelmire wird nun die Frau eines Bettlers. Ist das nicht lustig? Infame Lüge! Fatime flüchtet weinend in ihre Gemächer.


    Zweiter Auftritt:


    Zelmire hat es nicht gern, wenn Nuradin ihr ständig folgt. Sie sinnt darüber nach, wie sie sich an dem Kadi für seine Unverschämtheit rächen kann, denn Strafe hat er verdient. Nuradin ist gar nicht so arm, wie der Kadi gern glauben möchte, die Räuber haben ihm nämlich nur einen kleinen Teil seines Bargeldes weggenommen. An Bosheit steht Zelmire dem Kadi nichts nach. Omega, die Färberstochter, ist die hässlichste Person, die sie auf dieser Erde jemals gesehen hat. Diese wird sie dem Kadi als Zweitfrau unterschieben. Nuradin wird sehen, dass der Plan funktioniert, Zelmire wird den Kadi überlisten. Nuradin gefällt die Idee nicht besonders. Die Teure soll auf Rache verzichten. Wenn der Kadi ihr Glück sieht, wird er vor Neid platzen und das ist doch Strafe genug.


    „O wie lacht ihr das Entzücken,
    stets sie zu beglücken
    gab er ihr Herz und Hand.
    Liebe entnimmt er ihrem Blick
    und verheißt ihm Himmelsglück.
    Viel zu eng ist seine Brust
    für die Fülle dieser Lust.“


    Zelmire will Fatime ärgern. Sie schreibt ein verfängliches Briefchen und spielt es ihr zu, damit sie ordentlich eifersüchtig wird.


    Dritter Auftritt:


    Zelmire hat beim Kadi um Audienz nachgesucht, um mit ihm ein Problem zu besprechen. Aha, ein Frauenzimmer, was wünscht das schöne Kind? Zuerst lüften wir jetzt einmal den Schleier. Offenbar scheint Fatime grundlos eifersüchtig zu sein, oder der Herr Calzabigi hat ein unlogisches Libretto geschrieben. Von Angesicht kennt er Zelmire tatsächlich nicht, denn ihr Liebreiz überrascht ihn. Zelmire erklärt, dass nicht alle Menschen von ihr angetan seinen und erwartet von dem weisesten Mann der Stadt eine Analyse ihres Aussehens.


    „Gleicht sie einem Murmeltier oder einem Affen,
    ist sie gar so missgeschaffen?
    Steht etwa ihre Nase schief
    oder sind die Augen trief?“


    Der Kadi kann beruhigen: Alles an ihr ruft sein Entzücken hervor. Was ist mit dem Hals, ist er zu lang? – Nein! - Ist etwa hinkend dieser Gang? Ist runzlig diese Stirn oder fehlt vielleicht ein bisschen Hirn? Ist sie nicht zu beklagen, ihr Vater pflegt stets zu sagen, sie sei hässlich und ungestaltet, bucklig und einäugig.


    Die kleine Sirene soll schweigen, möchte sie gern mit ihm lose Spiele treiben? Wer ist ihr Vater? Es ist Omar der Färber. Hat der Kadi nie von seiner Tochter gehört, von Omega der Missgeburt? Gehört schon, aber nie gesehen. Ist sie ihre Schwester? Nein, sie selbst ist Omega. Ihr Vater will sie immer um sich haben und deshalb erzählt er aller Welt von ihrer angeblichen Hässlichkeit, damit sie ledig bleibt. Man muss den Vater einfach zwingen, sie zu verheiraten. Aber wer nimmt schon ein Mädchen zur Frau, welches in dem Ruf steht, unter ihrem Schleier abstoßend hässlich zu sein? Der Kadi wird sie zu Frau machen! Er will sie tatsächlich haben? Die Liebe gleicht alle Standesunterschiede aus. Der Vater soll augenblicklich herkommen. Sie will nicht dabei sein, wenn der Kadi mit ihm über die Formalitäten der Hochzeit verhandelt. Das süße Täubchen soll in seine Arme kommen. Nein, nein, noch nicht. Ach wenn er sie doch schon jetzt küssen könnte! Alles für später. Tschüss, Auf Wiedersehen! Der Färber soll sofort hergebracht werden, freiwillig oder mit Gewalt, befiehlt der Kadi. Fatime wird Gift und Feuer spucken. Sein Glück wird sie nicht stören. Schon bald wird er geschieden sein. Geliebte Zelmire! Ein himmlisch süßes Leben, in ihrem Schoße wird er schweben. O seliger Tag!


    Vierter Auftritt:


    Ah, sie bringen den lieben Schwiegervater. Wenn man vor den Kadi geschleppt wird, hat man in der Regel etwas verbrochen. Omar befürchtet, dass sein Weib ihn angeschwärzt hat und beteuert beim Bart des Propheten, dass er ein fleißiger Mann sei. Wenn sein Weib ihm eine saure Miene macht, schleicht er sich zum Haus heraus und lädt sich selbst zu einem Schmaus. Ungern übt er Verzicht, denn um zu genießen, muss man selbst nicht lecker sein und auf den Wermuth Zucker streu'n. Der Kadi will nicht palavern, sondern kommt gleich zur Sache. Seine Tochter will er zu sich nehmen, nicht als Sklavin, sondern als seine Frau. Das ist kein Spaß, sondern heiliger Ernst. Omar dreht ab, leider muss er es klagen, nie sah man ihresgleichen. Die Vögel zu verscheuchen, hierzu, ach nur allein, scheint sie gemacht zu sein. Klaren Wein will er einschenken. Gern würde er mit ihr dienen, hüten wird er sich, sich zu erkühnen. Sie schielt, hat krumme Beine, und ist bucklig vorn und hinten. – So will der Kadi sie haben! Gut, wenn der Kadi unbedingt sein Schwiegersohn sein will, gibt er ihr das Töchterlein, so wie es ist. Aber unter 1000 Zechinen wird Omar so eine Perle nicht weggeben. Was, der Preis so hoch, dafür kann er eine Sultanstochter kaufen. Man handelt, 300 Zechinen, 500 Zechinen, Omar ahnt Schreckliches, will sich aus der Schlinge ziehen und es bleibt bei 1000 Zechinen. Das reizende Kind soll sofort hergebracht werden. Der Kadi brennt vor Sehnsucht. Wenn es ihm leid tut, die Ware nimmt er notfalls zurück, aber die Zechinen... darf er in jedem Fall behalten. Allah segne das holde Brautpaar. Möge es sich vermehren wie der Sand am Meer. - Er soll jetzt abhauen.


    Fünfter Auftritt:


    Fatime ist außer sich: Oh, mein Trauter sage mir, stoßest du mich weg von Dir? Schlimme Nachrichten hat man ihr hinterbracht. Er soll sagen, dass es nicht wahr ist oder es wird ihm noch leid tun! Soll er doch seinem Flattersinn folgen, aber gelassen zusehen wird sie nicht. Sie rührt sich nicht von der Stelle. Das neue Täubchen wird gebracht, eine Herzensstärkung für den Schwiegersohn. Die süße Omega soll den Schleier heben. Was, diese Missgeburt soll seine neue Frau sein. Fatime lässt es an Heiterkeit nicht fehlen. Omar entschuldigt sich, der Eile wegen die Tochter nicht habe herausputzen lassen können. Omega versucht mit Ironie der Situation halbwegs gewachsen zu sein. Diese Kleider hat der Schneider nach der Taille ihr gemacht. Schlank gewachsen, wie aus Sachsen, wie das Herze lacht. Komm o Herzensschatz, gib ihr einen Schmatz. Der Kadi will Omar sieden und braten lassen, er soll die richtige Tochter heranschaffen. Wird er nicht bald die Holde sehn, ist’s um ihn geschehn. Aber er bloß die eine Tochter, die ganze Stadt ist Zeuge.


    Sechster Auftritt:


    Fatime und Omar klären die Situation auf. Der geprellte Kadi macht gute Miene zum bösen Spiel. Omega wird zurückgegeben. Sie weint hezzerreißend, geht aber nicht leer nach Hause. Der Dirigent schenkt ihr nach der Abschiedsverbeugung seinen Blumenstrauß. Omar darf die Zechinen behalten. Zelmire und Nuradin werden ein glückliches Paar. Der Kadi kehrt reumütig zurück und Fatime ist wieder die Nummer eins.



    Anmerkungen:


    Die Partitur der deutschen Fassung galt als verschollen, wurde aber vor einigen Jahren in den Archiven der Hamburger Staatsoper wieder aufgefunden. Die Texte, aufgeteilt in 16 Musiknummern, enthalten gesprochenen und gesungenen Dialog, der den Sprachgepflogenheiten der heutigen Zeit gekonnt angepasst wurde. Das vorliegende Singspiel, in Frankreich ist es eine frühe Form der Opera comique, gehört in den Bereich der sogenannten „Türkenopern“, zu der neben Gluck auch Haydn, Mozart und Weber Beiträge lieferten.


    Hintergründig geht es darum, ein Trauma zu verarbeiten. „Die Türken vor Wien“ hatten das Abendland mit Schrecken erfüllt, und die „Türkengräuel“ hatten sich im kollektiven Bewusstsein eingenistet. Den ehemaligen Feind machte man zum Papiertiger und dichtete ihm Großzügigkeit und Trotteligkeit an, was mit der Historie aber nicht so ganz in Einklang zu bringen ist. Es sei aber auch nicht verschwiegen, dass die Exotik und Fremdartigkeit des Orients eine magische Anziehungskraft hatte, die im neunzehnten Jahrhundert in den Opern von Bizet, Delibes, Massenet in Richtung Indien abdrehte. Dem Werk geht eine knapp dreiminütige Ouvertüre voraus.



    © JULI 2010, TAMINO - Engelbert

    Für mich ist es hochinteressant, dass es neben dem Werk von Weber noch einen weiterer Oberon in etwa mit gleichem Personenverzeichnis einst Popularität erreicht hat.


    Die Opern Wranitzky gehört nach meiner Einschätzung musikgeschichtlich in die Gruppe der Werke, die in Böhmen entstanden, bevor Bedrich Smetana die nationaltschechische Oper proklamierte. In das gleiche Umfeld gehört auch die Shakespeare-Oper 'Romeo und Julie' von Jiri Anton Benda, die CPO 1998, ( in deutscher Sprache - nicht in tschechisch) auf den Markt geworfen hatte. Myslivecek komponierte wiederum bevorzugt in italienisch.


    Eine ähnliche Konstellation hatten wir auch in Russland. Russische Opern russischer Komponisten gab es auch schon vor Glinka.


    Es würde mir ungemein gefallen, wenn auch der Vranitzky-Oberon bald auf den CD-Markt käme. Es ist der Verdienst TAMINOS auf solche Marktlücken durch eine komplette Inhaltsangabe hinzuweisen.


    DANKE
    Musikwanderer


    :angel:
    Engelbert

    .


    Fred Raymond


    Geboren am 20. April 1900 in Wien
    gestorben am 10. Januar 1954 in Überlingen



    LEBENSLAUF


    Die Julischka, die Julischka aus Buda-Budapest hat ihm den Zunder gegeben, sein Herz hat er in Heidelberg verloren und Flieder aus Wien bot er in Hamburg an, aber seine Gebeine ruhen in Überlingen am Bodensee. Diese Fakten passen zu Fred Raymond, ein Komponist der leichten Muse und schlagkräftiger Melodien, der am Ausgang des Operettenzeitalters steht.


    Reimund Friedrich Vesely, wie es in seinem Passport steht, hatte tschechische Vorfahren. Der Vater war Beamter der Österreichischen Staatsbahn. Zwei ältere Schwestern waren die Spielgefährtinnen in der Kindheit, die vom frühen Tod beider Elternteile überschattet wurde. Er studierte Bergbau, strebte dann eine Beamtenlaufbahn an. Er besuchte eine Handelsakademie, um anschließend eine Lehre als Bankkaufmann zu absolvieren.


    Eine solide musikalische Ausbildung genoss er nie. Bevor er sich der Bühne zuwandte, konnte er sich mit populären Tanzliedern in die Herzen seiner Zuhörer schmeicheln. Es waren die frühen 20er und dreißiger Jahre, als er mit Liedern wie „Ich hab' mein Herz in Heidelberg verloren...“ und „In einer kleinen Konditorei“ rasche Popularität erlangte. Der Soldatensender Belgrad strahlte seine flotten Evergreens aus. Zwei großartig konzipierte Operetten: 'Maske in Blau' und 'Saison in Salzburg' trugen seinen Namen in die Gegenwart herüber und erfreuen sich der Publikumsgunst nach wie vor in alter Frische.


    Die Geburt seines Sohnes Thomas erlebte er selbst nicht mehr. Sein Domizil in Überlingen am Bodensee, wohin er von Hamburg umzog, konnte er mit seiner Familie nur kurze Zeit genießen. Er verließ diese Welt mit 54 Jahren. Todesursache war ein Herzleiden, welches ihn sein ganzes Leben begleitete.


    © 2010 TAMINO – Engelbert

    .


    Franz Lehár (1870-1948 )
    Das Land des Lächelns


    Romantische Operette in drei Akten
    Komponiert: 1929
    Libretto von Ludwig Herzer und Fritz Löhner nach Viktor Léon
    Uraufführung am 10.10.1929 in Berlin


    Personen:
    Lisa, Österreichische Adelige (Sopran)
    Sou Chong, Chinesischer Prinz (Tenor)
    Gustav Graf Pottenstein, Dragonerleutnant (Tenor-Buffo)
    Mi, Schwester des Prinzen (Soubrette)
    Obereunuch, Palastbeamter (Tenorbuffo)
    Ling, Oberpriester (Bariton)
    Tschang, Onkel des Prinzen (Sprechrolle)
    Graf von Lichtenfels, Vater Lisas (Sprechrolle)
    Weitere Sprechrollen: Fini, Franzi, Wally, Toni


    Das Geschehen spielt in Wien und Peking zu Anfang des 20. Jahrhunderts



    HANDLUNG


    Erster Akt:


    Die feine Wiener Gesellschaft fühlt sich sehr geschmeichelt, wenn exotische Prinzen bei ihr zu Besuch weilen. Adelige Damen sind durchaus geneigt, solche seltenen Vögel zu heiraten und ihnen in die Heimat zu folgen. Allerdings haben sie nicht die geringste Vorstellungen, wie es dort zugeht, was sie dort erwartet und wie ihr Tagesablauf aussieht. Der Reiz des Fremdartigen verflüchtigt sich sehr schnell und die Sehsucht nach der schönen blauen Donau klopft ans Gemüt.


    Lisa muss diese bittere Erfahrung machen. Im Salon des Vaters begegnet sie dem chinesischen Prinzen Sou Chong, der in Wien weilt, um abendländisches Ambiente zu genießen und die Bräuche der gehobenen Schichten zu studieren. Auf den Dragonerleutnant Pottenstein, der die junge Witwe aufdringlich umwirbt, hat Lisa keinen Appetit - zu hausbacken.


    Der Prinz und die sportliche Gräfin blicken sich tief in die Augen. Immer nur Lächeln führt zu nichts und bei einem Tee à deux kommt man sich näher. Lisa war noch nie in China; Lisa ist entschlussfreudig und hat Handlungsbedarf. Die gemeinsame Reise ins Land des Lächelns ist schon gebucht. Ein Lied will er von Seligkeiten singen, schon jetzt , nicht erst in der Mondnacht im April.


    Zweiter Akt:


    Die Traumreise mit dem Luxusdampfer ist beendet und der Prinz zeigt Lisa seinen schönen Palast. Einen Harem hat er offenbar nicht und das Sagen hat der Onkel. Die beiden gehen viel spazieren und der Prinz zeigt Lisa die architektonischen Schönheiten von Peking. Wenn sie zusammen in der Rikscha sitzen fragen die beiden sich immerzu, wer ihnen eigentlich die Liebe ins Herz gesenkt hat.


    Den Dragonerleutnant Pottenstein hält es ihn Wien nicht länger. Ohne eine Einladung erhalten zu haben, reist er Lisa hinterher, um zu schauen, was die beiden den ganzen Tag machen. Im Palast von Sou Chong wohnt noch die kleine Schwester Mi. Diese widmet sich dem Besuch aus Europa aus innigstem Herzen. Herrn von Pottenstein bekommt die chinesische Kost gut. Schnell sind beide ein Herz und entdecken ihr gemeinsames Himmelreich. Der Onkel möchte, dass der Neffe endlich heiratet und hat gleich drei Mandschu-Mädchen für ihn ausgesucht. Auch wenn der Prinz seiner Lisa erklärt, dass sein ganzes Herz ihr gehört, ist sie nicht bereit, Tisch und Bett mit anderen Frauen zu teilen. Sie will wieder nach Hause. Reis kann sie nicht mehr sehen und sie möchte jetzt wieder Kartoffeln essen.


    Dritter Akt:


    Wie gut, dass Gustl gekommen ist. Als Fluchthelfer ist er durchaus zu gebrauchen. Darf Mi mitkommen? Besser nicht, es würde nur Probleme geben! Dem Prinzen bleiben die Abreisegelüste seiner Liebsten nicht verborgen. Die Verehrteste soll nicht traurig sein, wenn sie es absolut so haben will, soll sie verschwinden. Drei kleine Mandschu-Mädchen hält der Onkel für ihn bereit und mit diesen wird es auch recht lustig werden. Mi nimmt den Abschied von ihrem Dragonerhauptmann gelassen und das Duett der beiden „Zig, zig, zig – Wenn die Chrysanthemen blühen“ lässt den Opernbesucher hoffen. Wird Gustl eines Tages wiederkommen?



    Anmerkungen:


    Franz Lehár bezeichnete „Das Land des Lächelns“ als seine liebste Operette und zog sie wegen seiner Bühnenwirksamkeit sogar der lustigen Witwe vor. Die Schmalzorgie lebt von einem Strauss herrlich sentimentaler Melodien, dass man nicht weiß, zu welcher man zuerst greifen soll. Berühmte Tenöre wie Richard Tauber, Peter Anders, Rudolf Schock und Nikolai Gedda fanden Gefallen daran, den chinesischen Prinzen in Liebesglut und Liebesschmerz versinken zu lassen. Sogar die Wiener Staatsoper sah es nicht unter ihrer Würde, die Operette im Jahre 1938 erstmals aufzuführen. New York hat sich mit einer Bearbeitung befasst, die aber zur Zufriedenheit des Komponisten keinen Erfolg hatte. Kaum einer weiß, dass „Das Land des Lächelns“ eine Aufbereitung von Lehárs Operette „Die gelbe Jacke“ ist, die 1923 ohne Resonanz in der Versenkung verschwand. Drei Jahre nach Puccinis „Turandot“ erblickte „Das Land des Lächelns“ das Licht der Öffentlichkeit. Beide Komponisten verstanden sich miteinander.


    © 2010 TAMINO - Engelbert


    Einige Gesangsnummern:

    Ich trete ins Zimmer – Immer nur Lächeln -
    Bei einem Tee á deux -
    Von Apfelblüten einen Kranz -
    Wir sind allein – Ein Lied will ich von Seligkeiten singen -


    Wer hat die Liebe uns ins Herz gesenkt -
    Im Salon zur blauen Pagode -
    Meine Liebe, deine Liebe -
    Dein ist mein ganzes Herz -


    Ich möcht' wieder einmal die Heimat seh’n -
    Zig, zig, zig – Wenn die Chrysanthemen blüh’n -
    Liebes Schwesterlein, sollst nicht traurig sein. -


    .

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    Franz Lehár (1870-1948)
    Der Graf von Luxemburg


    Operette in drei Akten
    Text von Alfred Maria Willner und Robert Bodanzky
    Uraufführung am 12.11.1909 in Wien
    Die Handlung spielt in Paris des Jahres 1900



    Charaktere:
    René, Graf von Luxemburg (Tenor)
    Angèle Didier, Sängerin der Grande Opéra (Sopran)
    Fürst Basil Basilowitsch (Tenorbuffo)
    Armand Brissard, Maler (Tenorbuffo)
    Juliette Vermont (Soubrette)
    Stasa Kokozow (Alt)
    Und weitere



    Inhaltsangabe


    Erster Akt:


    Juliette und Brissard sind ein liebenswertes Paar, welches sich wunderbar versteht. Er ist von Berufung Maler und besitzt ein Atelier, in dem nicht nur gemalt wird, sondern man trifft sich, ist guter Laune und schaut was die anderen so treiben. Die Rede ist von Fürst Basil, der sich in die berühmte Opernsängerin Angèle verliebt hat und sie sogar heiraten möchte. So einfach ist das allerdings nicht, denn der Zar von Russland erlaubt nicht, das Fürsten sich mit einer Bürgerlichen ehelich verbinden. Es muss eine List ausgedacht werden. Wenn man dem Grafen von Luxemburg, der kein Geld hat, Geld geben würde, könnte dieser Angèle heiraten. Natürlich nur zum Schein. Der Titel einer Gräfin von Luxemburg bleibt kleben, auch wenn man sich wieder scheiden lässt oder man steigt zur Fürstin auf. Das Risiko besteht darin, dass der verarmte Graf seine Zukünftige nicht zu Gesicht bekommen soll, damit aus Spaß nicht ernst wird. Er muss seine Hand durch die Leinwand einer Staffelei schieben und die Partnerin schiebt ihm den Ring auf den Finger. Wie das nun mit den Dokumenten laufen soll, daran hat Franz Lehár nicht gedacht. Das ist auch nicht nötig, schließlich befinden wir uns in einer Operette. Unter Künstlern und Fürsten läuft alles ein bisschen anders ab, als unter konservativen Bürgerlichen. Der Graf von Luxemburg soll seine Leistung natürlich honoriert bekommen, sagen wir 500.000 Francs. Für eine solche Summe kann man schon Opfer bringen. Angèle muss auch ein Opfer bringen, nämlich die Bühnenkarriere aufgeben, weil sie jetzt Fürstin wird. Wird das gut gehen?


    Zweiter Akt:


    Nein, es geht nicht gut! Die Frist von drei vorgesehenen Monaten ist um. René hat seine Pflicht getan und nun Anspruch auf seine Belohnung. Angèle gibt in ihrem Palais ein Fest, um von der Bühne Abschied zu nehmen. Alle Leute, die der Theaterbesucher aus dem ersten Akt kennt, sind eingeladen. René hatte Angèle auf der Bühne singen gehört und ohne zu wissen, dass sie seine Frau ist, sich in sie verliebt. Unter dem Titel „Baron von Reval“ ist er zum Abschiedsfest Angèles erschienen. Sie tanzen miteinander und er umwirbt die Schöne nach allen Regeln aristokratischer Kunst. Doch Angèle betont, dass sie bereits verheiratet sei, sich scheiden lassen wird und sich dann sogleich wieder vermählt. Das hält den Grafen von Luxemburg allerdings nicht ab, seine Bemühungen einzuschränken. Fürst Basil ist über die Anwesenheit Renés überhaupt nicht glücklich und sieht seine Felle bereits davonschwimmen. Jetzt legt er Tempo vor und verkündet den Anwesenden seine Hochzeit mit Angèle. Über Brissards Einwand, dass die Dame bereits verheiratet sei, hört der Fürst geflissentlich hinweg. Er macht den Mann, der seinen kostbaren Namen für Geld verkauft hat, verächtlich. Das lässt René nun nicht auf sich sitzen und macht seine Rechte geltend. Er gibt sich Angèle zu erkennen und geleitet sie aus dem Saal. Noch ist sie seine Frau, denn die Scheidung wurde noch nicht durchgezogen.


    Dritter Akt:


    Trotz aller Liebe fühlt René sich an das dem Fürsten gegebene Versprechen gebunden. Eine halbe Million wird er verlieren, wenn er nicht Wort hält. Angèle spottet seiner Zurückhaltung und seiner mangelnder körperlicher Annäherung. Ein Glas Sekt hilft, die Barrieren zu überwinden und man findet sich endlich zum leidenschaftlichen Kuss. Rettung aus höchster Not schickt der Zar von Russland. Die Fürstin Stasa Kokozeff, die frühere Geliebte von Fürst Basilowitsch ist angereist und macht alte Versprechungen geltend. Sie ist noch älter als Basilowitsch, um es genauer zu formulieren, sie ist steinalt, aber viel standesgemäßer, als Angèle es jemals sein könnte. So fügt das Schicksal zusammen, was zusammengehört und trennt, was eigentlich gar nicht zu einander passt. Stasa lässt ihren Altbass ertönen und der Fürst weiß, wo es in Zukunft lang gehen wird. René ist nicht schuld, wenn es ihm verwehrt ist, sein Versprechen einzuhalten. Mit säuerlichem Lächeln erfüllt der Fürst seine finanzielle Verpflichtung. Wir wollen unsere Freunde Brissard und Juliette nicht unerwähnt lassen. Sie profitieren vom Glück des gräflichen Paares. Juliette ist offiziell die neue Gesellschafterin der Gräfin von Luxemburg.


    © 2010 TAMINO - Engelbert

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    Franz Lehar (1870-1948 )
    Giuditta


    Musikalische Komödie in fünf Bildern
    Libretto: Paul Knepler und Fritz Beda-Löhner
    Sprache: deutsch
    Uraufführung: 20.01.1934 an der Wiener Staatsoper


    Personen:
    Giuditta, Lebedame und Nachtklubtänzerin
    Octavio, Offizier
    Antonio, Leutnant
    Pierrino, Obsthändler
    Anita, Fischermädchen
    Manuele, Giudittas verlassener Ehemann
    Lord Barrymore, ein Löwenjäger
    Ein Herzog, Giudittas Verehrer
    Ibrahim, ein Nachtclubbesitzer
    und weitere


    Das Geschehen spielt in Catania und Nordafrika um1930



    HANDLUNG


    ERSTES BILD


    Pierrino und das Fischermädchen Anita sind ein junges verliebtes Paar. Sie haben große Pläne und wollen nach Afrika auswandern. Als darstellende Künstler möchten sie die Beduinenherzen erfreuen. Der Obsthändler verkauft noch schnell seine restlichen Warenbestände, denn das Schiff verlässt bereits am Abend um acht Uhr die sizilianische Hafenstadt.


    Den gleichen Dampfer wollen auch Octavio und seine Kameraden benutzen, um ihrem Militärdienst in Nordafrika nachzukommen. Vorher hat der junge Offizier eine schicksalhaft Begegnung mit Giuditta und verliebt sich auf Anhieb in die leidenschaftliche Schöne. An der Seite des älteren Gatten fühlt sich die Observierte überhaupt nicht wohl, denn dieser ist der Ansicht, dass sie ohne Aufsicht jedem Laffen hinterherläuft. Das stimmt auch, denn ihre Mutter war eine marokkanische Tänzerin und sie verfügt über heißes afrikanisches Blut. Sie flüchtet sich in die Arme Octavios und spontan entscheidet sie sich, den lästigen Ehemann zu verlassen. Auf der ‚Aurora’ treffen die beiden Paare unterschiedlicher sozialer Herkunft zufällig zusammen und erwägen, den Weg in die Zukunft gemeinsam zu gehen.


    ZWEITES BILD


    Zwei Wochen dauert das rauschhafte Glück in einer weißen Villa am Meer, als Octavio den Marschbefehl erhält. Er traut sich nicht Giuditta zu informieren, denn er hat ihr flatterhaftes Wesen bald erkannt. Dem anderen Liebespaar ist bereits das Geld ausgegangen. Während Pierrino sich von Giuditta das Geld für die Heimreise borgt, will Anita zunächst bei ihrer Freundin bleiben und später nachkommen.


    DRITTES BILD


    Octavio kann ohne Giuditta nicht leben. Er befürchtet, dass sie ihn verlassen wird, wenn er sie allein zurücklässt. Die Absicht, Fahnenflucht zu begehen, redet Antonio seinem Freund aus, argumentiert mit Vernunftgründen und weist darauf hin, dass die Trennung voraussichtlich nur von kurzer Dauer sein wird. Die enttäuschte Giuditta bleibt allein zurück und fühlt sich vom Geliebten verraten.


    VIERTES BILD


    Keineswegs ist Giuditta ein Kind von Traurigkeit und findet sich bald als Revuestar in dem Etablissement ‚Alhambra’ in Tripolis wieder. Nach anfänglichem Zögern ist es der Abenteurer Lord Barrymore, der ihre Gunst gewinnt und ihr seinen Reichtum zur Verfügung stellt. Octavio konnte es ohne Liebe nicht aushalten und hat vom Militär seinen Abschied genommen. Er spürt Giuditta in dem orientalischen Nachtclub auf, kann sie aber nicht mehr für sich zurückgewinnen.


    FÜNFTES BILD


    Es vergehen fünf Jahre. In einem Hotel in Europa findet man sich durch Zufall wieder. Giuditta steigt mit ihrem Herzog, der ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Betreuung übernommen hat, in der Unterkunft ab, in welchem Octavio eine Stelle als Barpianist angenommen hat. Sehnsuchtsvoll erinnert er sich an seine großen Liebe und intoniert ihre Erkennungsmelodie. Diesmal ist sie es, die sich um den Exgeliebten bemüht. Innerlich ausgebrannt, sind die Gefühle in Octavios Herzen gestorben. Zu schwer waren die zugefügten Verletzungen und man weiß nichts mehr miteinander anzufangen.


    Anmerkungen:


    ‚Giuditta’ ist Lehárs letztes Bühnenwerk und hat mit seinem betrüblichen Finale den Charakter einer melodramatischen Oper. Es entstand zu völlig unpassender Zeit, denn ein Offizier, der aus Liebe fahnenflüchtig wird, passte nicht in die Ideologie der Machthaber. Höhepunkt der Operette ist zweifellos die Szene zu Beginn des vierten Bildes ‚In einem Meer von Liebe möchte ich versinken’.


    In der Uraufführung im Jahre 1934 an der Wiener Staatsoper sangen Jarmila Nowotna und Richard Tauber. Neben einer dramatisch geführten Stimme sollte die Hauptdarstellerin auch über den erforderlichen Sexappeal verfügen. In jüngerer Zeit nahmen sich Anna Moffo und Julia Migenes des überragenden Musikwerkes an.


    © 2010 TAMINO - Engelbert



    Verzeichnis der Gesangsnummern:


    > Freunde, das Leben ist lebenswert -
    > Schönste der Frau’n -
    > Du bist meine Sonne -
    > In einem Meer von Liebe -
    > Meine Lippen, sie küssen so heiß -

    WERKVERZEICHNIS (in Auswahl)


    > Wiener Frauen (1902)
    > Der Rastelbinder (1902)
    > Der Göttergatte (1904)
    > Die lustige Witwe (1905)
    > Das Fürstenkind (1909)
    > Der Graf von Luxemburg (1909)
    > Zigeunerliebe (1910)
    > Eva (1911)
    > Der Sterngucker (1916)
    > Die blaue Mazur (1920)
    > Die Tangokönigin (1921)
    > Frühling (1922)
    > Frasquita (1922)
    > Paganini (1925)
    > Der Zarewitsch (1927)
    > Friederike (1928 )
    > Das Land des Lächelns (1929)
    > Schön ist die Welt (1930)
    > Giuditta (1934)
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    Franz Lehár


    geboren am 30. April 1870 in Kómarno (Ungarn)
    gestorben am 24. Oktober 1948 in Bad Ischl



    LEBENSLAUF


    Auf ungarische, deutsche und französische Vorfahren konnte der Sohn eines Militärkapellmeisters zurückblicken. Die Trompete und das Klavier waren in der Kindheit seine liebsten Instrumente. Als 12-jähriger besuchte Franz Lehár das Prager Konservatorium und konzentrierte sich auf das Violinspiel. Frühe Lorbeeren – wer sagt es – sammelte er weit weg von der Heimat als Orchestergeiger in Wuppertal, damals noch geteilt in Barmen und Elberfeld.


    Die Unruhe und die Sehnsucht nach mehr Glanz und Gloria trieb ihn zurück in die alte Heimat. Gemäß väterlichem Vorbild wurde er 1890 Leiter einer Militärkapelle – der jüngste der Donaumonarchie. Pula, Triest, Budapest und Wien waren die Orte seines Wirkens. Die Bekanntschaft mit Leo Fall fiel in diesen Zeitraum. Das Komponieren von Liedern und Märschen befriedigte ihn nicht. Ein großer Opernkomponist wollte er werden – doch es hat nicht sollen sein. Als erster Versuch gilt die Oper 'Rodrigo' Sie wurde bis heute nicht aufgeführt, obwohl die vollständige handschriftliche Partitur zum Greifen nahe im Archiv des Wiener Josef-Weinberger-Verlags liegt. Neuer Versuch: In Leipzig kam seine Oper 'Kukuschka' zur Aufführung. Wien sollte folgen, doch hier machte Gustav Mahler dem Ehrgeizigen einen Strich durch die Rechnung. Wenn er in Wien Fuß fassen wollte, musste Lehár sich künstlerisch umorientieren.


    Nach dem Tode von Suppé, Strauss jun. und Millöcker innerhalb kurzer Zeit, entstand auf dem Gebiet der Operette, die so erfolgreich eingeschlagen war, ein Vakuum. Nach ein paar schwachen Anläufen gelang 1905 dem Enthusiasten mit der 'Lustigen Witwe' der Durchbruch. Die Welt lag ihm zu Füßen und die Songs aus dieser Salon-Operette trällerte man in den Gassen. Der wirtschaftliche Erfolg übertraf alle Erwartungen und blieb ihm auch in der Folgezeit treu. Sein Stil traf den Nerv seiner Zeit und Franz Lehár komponierte eine Operette nach der anderen. 'Das Land des Lächelns' war ein weiterer Meilenstein seines Erfolges und lockte in exotische Gefielde. Weitere Talente, vor allem Emmerich Kálmán und Oscar Straus, fanden sich ein, um seinen Fußstapfen zu folgen. Melodisches Talent, schmissige Rhythmen und ausgezeichnete Instrumentierung waren die Bausteine für einen neuen Aufschwung.


    Doch die Liebe zur Oper war in Franz Lehár nicht gestorben. Mit Paganini begann 1925 die Wende. Seine folgenden Operetten ließen ein Happyend außen vor. Der Orchesterklang wurde immer üppiger, denn einer der größten Opernschöpfer seiner Zeit machte ihm Avancen. Es war Giacomo Puccini, der sich in Wien ein Libretto fertigen ließ, um auch eine Operette zu schreiben. Erfolg hatte er nicht denn 'Die Schwalbe' ,wenig geliebt, flatterte ihm davon.


    Doch ganz ohne Hoffnung ließ das Schicksal den ehemaligen Militärkapellmeister nicht. Mit seinem letzten Bühnenwerk, der 'Giuditta', rückte er seinem Ideal, eine Oper zu komponieren, sehr nahe. Richard Tauber und Jarmila Nowotna in den Hauptpartien ebneten Franz Lehár den Einzug in die Wiener Hofoper.


    © 2010 TAMINO - Engelbert

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    Johann Christian Bach (1735-1782)
    Amadis des Gaules


    Lyrische Tragödie
    entstanden 1779
    Text von Alphonse Denis Marie de Vismes
    nach dem Libretto von Philippe Quinault
    für die Tragödie Amadis (entstanden 1684) von Jean-Baptiste Lully,
    Version in deutscher Sprache von Henner Leyer und Marco Arturo Marelli


    Charaktere:
    Amadis, ein Ritter
    Oriane, seine Geliebte
    Arcalaus, ein Magier
    Arcabonne, seine Schwester
    Urgande, eine Fee
    Coryphäe, eine Chorführerin
    Ardan Canil, der Geist des toten Bruders
    Gefangene – Nymphen – Allegorien


    Das Geschehen spielt im im Mittelalter an imaginären Plätzen



    INHALTSANHABE


    Ouvertüre


    Erster Akt


    1
    Weiß von den anwesenden Theaterbesuchern zufällig jemand, weshalb Amor das Herz von Arcabonne unablässig quält? Sie wird standhaft bleiben und der Liebesgott soll ihr keine Schwierigkeiten in den Weg legen, denn wichtig ist nur die Pflicht, der sie folgen muss. Arcabonne ist dazu verdammt, nur Hass zu empfinden, und Furcht und Schrecken sind es, die sie verbreiten wird. Ihren Koloraturen ist zu entnehmen, dass sie das Antlitz des heiß Ersehnten voraussichtlich wiedersehen wird. Doch seine Blicke voller Liebe und Zärtlichkeit muss sie vergessen.


    2
    Arcalaus findet die Tränen und die dunkle Verzweiflung überflüssig, denn der schweigende Wald wird ihren Schmerz kaum lindern. Ihre Schwäche, die sie bereit ist, zu sühnen, will Arcabonne bekennen: Vor einem Untier, vermutlich war es ein wilder Eber, schütze sie der Retter in drohender Gefahr. Ohne seine Hilfe wäre sie jetzt tot. Den Lohn, den sie ihm geben wollte, hat er bedauerlicherweise verschmäht, nicht einmal seinen Namen hat der Herzlose ihr genannt. Die gute Tat, die er vollbrachte, genügte ihm, um seinem Ego zu schmeicheln. Doch sein Kopfschmuck war nicht korrekt festgezurrt. Ein Windstoß ließ ihn zur Erde gleiten und der flatternde Helmbusch lag im Dreck. Arcabonne sah sein liebes Gesicht und den üppigen blonden Haarschopf eines strahlenden Helden und um die Ruhe ihres Herzens war es geschehen. Sein Blick wurde zum Schicksal ihres Lebens. Der Gott der Liebe hat sie mit seinem Pfeil getroffen. Nun brennt das Sehnen tief im Herzen und schlägt voller Pein. Arcalaus soll ihr nun bloß nicht erzählen, dass es die Liebe ist, die sie in ihren Bann geschlagen hat.


    Arcalaus denkt überhaupt nicht daran, ihr diesen Gefallen zu tun, denn wer im Leben Glück und Liebe sucht, wird schmählich betrogen. Ziemt es der Schwester überhaupt, ein weiches Herz zu besitzen. Wie soll mit einem solchen Organ Liebe und Zwietracht gedeihen? Nebenbei bemerkt: Die Liebe ist nur ein Irrtum. Arcabonne nimmt die abfällige Bemerkung ernst. Von ihrem Bruder hat sie die schreckliche Kunst der schwarzen Magie erlernt und jetzt soll er, falls er es vermag, ihr mit seinem Zauber helfen, aus Amors Macht frei zu kommen. Helfen kann er nicht, aber der Geforderte hat gute Ratschläge: Dem schmählichen Taumel soll sie entfliehen, weil der Hass dazu bestimmt ist, ihr Herz zu regieren. Wenn sie mit ihm im Reich der schwarzen Künste herrschen will, ist Härte gefragt. Der Liebe soll sie entsagen und dem falschen Bann der tückischen Macht einfach entfliehen.


    Nun wird Arcalaus konkret: Die Schwester soll nicht vergessen, dass das Blut, welches Amadis vergoss, nach Rache ruft. Gewiss wird sie sich erinnern, kontert die Gemaßregelte: Die Schmach die sie traf, verdient den schlimmsten Tod. Jetzt will das Opernpublikum aber wissen, was Amadis eigentlich verbrochen hat! Nun, allein schon der Name 'Amadis' lässt Arcabonne vor Wut erzittern, denn er erschlug Ardan, das arme Bruderherz. Jetzt erkennt Arcalaus an der Erregung die Schwester wieder; der Zorn kleidet sie vortrefflich. Schreckliche Rache soll für heute ihr Trost sein, als Gegengift für die grausamen Qualen, welche die Liebe ihr bereitet. Amadis, der das Geschwisterpaar so furchtbar beleidigt hat, soll nun erbeben. Das Blut des Bruders schreit unaufhörlich nach Vergeltung und die Rache soll süß sein. Oriane, seine Geliebte, soll auch büßen. Furien sollen sie ergreifen und ihren Leib zerreißen.


    3
    Arcalaus hat Dämonen nach oben beschworen, schmeichelt ihnen und trägt sein Anliegen vor. Zunächst unterstellt er, dass sie Geister seien, welche gute Taten nur mit Schmerz ertragen können, weil ihr Wesen voller Neid und Bosheit ist. Am Bösen, welches sie ständig im Sinn haben, würden sie süße Lust empfinden. Nun sollen sie sich bereit halten, seiner Wut zu dienen und seinem Hass zu helfen. Die Dämonen erklären sich fähig, zu tun, was er von ihnen verlangt. Für kurze Zeit sollen sie doch bitte ihre Gruft verlassen und in Form von Gift düstere Zwietracht und ewigen Hass auf seinen Feind gießen. Seiner Wut möchten die Dämonen der Zwietracht, des Hasses, des Neides und der Lust gern dienen, er soll ihnen nur den Namen des Opfers nennen! Sie drängen auf Tempo, denn auch sie möchten endlich wieder süße Lust empfinden. Die finsteren Mächte sind erstaunt, als der Name Amadis fällt, denn dieser liebt und wird geliebt! Arcalaus verspricht, die Dämonen mit seinem Zauber zu unterstützen. Der Bösewicht plant, seine Liebe zu Oriane zu zerstören.


    Schon sieht man wie Amadis und Oriane aus dem Wald kommen. Offenbar haben sie sich gezankt. Um so besser des Arcalaus Absichten!


    4
    Amadis will endlich wissen, weshalb die unbarmherzige Prinzessin ihm ständig entflieht. Sie stellt die Gegenfrage, was das heißen soll, dass er sie unablässig verfolgt. Kapiert er nicht, dass ihr sein Verhalten neuen Kummer schafft? Er wird ihr immer folgen, weil sein Herz nur ihr allein gehört. Das stimmt doch gar nicht! Er liebe eine andere, behauptet die englische Prinzessin. Er sei ihr nicht treu! Wie kann sie nur solchen Argwohn hegen? Der unbegründete Verdacht trifft ihn schwer. Oriane bleibt konsequent. Er habe sie verraten und jetzt empfinde sie nichts mehr für ihn. Beide beschuldigen sich gegenseitig, sadistisch veranlagt zu sein. Die Seele genießt die Qual, die den anderen verzehrt! Das Frage- und Antwortspiel beginnt von vorn: „Warum entflieht ihr mir?“ Warum verfolgt ihr mich?“ Amadis soll sich nicht verteidigen. Seine Liebe sei Lüge und sein Herz schlage für eine andere! Sie soll sich doch bitte nicht von Eifersucht verblenden lassen. Sein Herz war immer nur für sie entbrannt. Nein, nein, es war nur ein Strohfeuer. Er soll es doch unverhohlen zugeben, wenn sein Herz neuerdings für eine andere schlägt. Das Heucheln soll er lassen und seinen Treuebruch bekennen. Himmel, welche Verblendung! Ist das Kind noch zu retten?


    5
    Amadis ist allein und nimmt sich Zeit für eine Arie von beträchtlicher Länge: Die Geliebte wird er niemals wiedersehen. Sie ging und kommt nicht mehr zurück. Der Schmerz macht ihm zu schaffen und in seinem großen Leide erträgt er das Leben nicht länger. Das treulose Herz, die grausame Seele hat die Schnur, welche sie verband, zerrissen. In der Tat, Argwohn und Zwietracht, Hass und Verblendung sind der Lohn für seine Treue. Die schönen Tage der Liebe sind entflohen. Die Wonnestunden kommen nicht wieder, weil er sein Glück verloren hat. Selbst wenn sie ihn verachtet, bleibt er ihr treu, beschließt Amadis trotzig. Hassen kann er sie nicht, auch wenn sein Leid noch so schwer ist. Damit wäre alles gesagt und das Publikum hat auch alles verstanden. Da Amadis mit seinem Schmerz noch nicht fertig ist, wiederholt er den ganzen Text noch einmal.


    6
    Ein unsichtbarer Gefangenen-Chor ruft um Hilfe. Das grausame Schicksal soll einhalten und sie verschonen. Amadis erkundigt sich, wer ruft und was los sei. Offenbar ist der Ritter die Anlaufstelle für alle und jeden, die in Bedrängnis geraten und Hilfe brauchen. Die erste Frage wird nicht beantwortet, doch die Stimmen erklären, dass sie gerettet werden möchten, weil sie an einem Schreckenort gefangen sitzen. Oriane sei auch unter ihnen und ersehne den Tod. Er soll schleunigst kommen und die Feindesburg bezwingen, den ihr Geschick verdiene es, gelindert zu werden. Das darf doch nicht wahr sein! Oriane eine Gefangene finsterer Mächte? Niemals darf Amadis solche Schmach zulassen. Er soll sich bitte beeilen und der Unglücklichen helfen; es gilt, eine feindliche Festung zu bezwingen, appelliert der Chor in Wiederholung. Amadis fürchtet weder Tod noch Gefahr. Seinem Schwert habe noch jeden umgehauen, betont der Angeber. Oriane soll durchhalten, Amadis ist im Anmarsch! Er kommt und wird die Sache anpacken, selbst wenn es sein Leben kosten wird. Es wird befreit oder gerächt, entweder das eine oder das andere. Wohlan!


    7
    Der Übeltäter ist der lausige Arcalaus. Wer sonst! Dämonen pur und in Verkleidung hat er um sich versammelt. Für die Lust sorgen etliche Nymphen. Arcalaus ist der Wortführer der sonderbaren Clique, die er um sich versammelt hat. „Verwegener halt ein,“ brüllt er, um Eindruck zu schinden. „Du rennst in Dein Verderben!“ Er sei dazu bestellt, diesen Ort zu bewachen und denke nicht daran, zu weichen. Arcalaus bekommt die angemessene Antwort. Er soll den Weg frei geben und den langmütigen Amadis nicht reizen! In Ruhe lassen soll der Schändliche das Mädchen, sonst treffe ihn mit Rache gepaart sein maßloser Zorn. Vollkommen richtig, Oriane sei in seiner Macht und bei dem Versuch, sie zu befreien, wird das Großmaul in den Tod gehen. Die beiden Gegner sind sich näher gekommen. „Verräter! Wohlan hier ist die Strafe für deine schändlichen Taten!“


    Den Beginn des Zweikampfes mit der Waffe bekommt das Publikum nicht mit, denn dummerweise bricht ein Szenenwechsel herein. Wegen unzureichender Körperkräfte kann Arcelaus physisch den Kampf nicht gewinnen, deshalb setzt er auf Intelligenz, die dem Ritter auf breiter Linie fehlt. Des Magiers Zauberkunst ist beträchtlich und das Theaterpublikum kommt nicht umhin, das grandiose Bühnenbild, welches sich auftut, zu bewundern.


    Die liebliche Landschaft von Kythera, die Sommerfrische der Göttin Venus, berauscht den Opernbesucher. Offenbar ist die Liebesgöttin nicht zu Hause, denn allerhand Gesindel hat sich breit gemacht. Nymphen stellen die Allegorie von Zwietracht und Unzucht, während Hass und Neid sich als Kavaliere verkleidet haben.


    Amor halte sie in seinem Reich gefangen und seiner Macht würden sie erliegen, wehklagt die bunte Gesellschaft. Es würde keinen Nutzen bringen, das Herz zu verschließen, Amors Qualitäten soll Amadis in vollen Zügen genießen. Der junge Held soll sich zu ihnen setzen und die Waffen niederlegen. Süßes Glück winke ihm, seine Keuschheit solle der Jüngling an der Garderobe deponieren.


    BALLETTEINLAGE


    Amadis glaubt unter den Tanzenden Oriane wahrgenommen zu haben. Tatsächlich sie ist hier. O Himmel! Wie ist das möglich? Zürnt sie ihm nicht mehr? Gehört sie jetzt wieder ihm? Ihre liebevollen Blicke und ihr sanftes Lächeln vertreiben alle Qual und Not, welche die Hölle geschaffen hat. Amadis erzählt Oriane, dass die Trennung von ihr ihm schreckliche Qualen bereitet habe. Sie nun wiederzusehen sei für ihn Wonne und Glück. Über sein Leben und seine Freiheit soll sie verfügen!


    Der Dämonenchor lockt, dass Amadis kommen soll, um Amors Zauber zu genießen. Fern aller Furcht und aller Sorgen winke das Glück. Zurufe aus dem Publikum, der Zauber sei faul und Oriane eine verkleidete Dämonin dringen nicht bis an das Ohr des wonnetrunkenen Amadis.


    Zweiter Akt:


    8-9
    Der Wärter erklärt, dass ihr Geschrei sinnlos sei und der Himmel sie nicht hören könne. Die Gefangenen sind der Ansicht, dass das Leid, welches sie erdulden, nun genug sei und das Unglück enden sollte. Doch Arcalaus befiehlt, dass die Gefangenen, die Amadis befreien wollte, in Ketten die Treppe heraufkommen sollen, denn der nahe Tod warte auf sie. Der Ungemütliche freut sich, dass der Feind seiner Wut nicht mehr entrinnen kann und allergrausamste Rache den bezwungenen Amadis treffen wird. Arg wurde er von diesem beleidigt und immer heißer verzehre ihn die Glut des Hasses. Der Tod auf dem Opferstein sei dem Schuldigen und allen anderen sicher. Arcabonne ist zur Scharfrichterin bestellt und die Pristerin soll die Gefangenen auf dem Opferstein abschlachten. Bevor der Ritualmord an den Gefangenen beginnt, beschwört die Priesterin den Geist des toten Bruders, dass er aus dem Grab heraufkommen soll, um sich an dem Gemetzel zu laben. Im Leben sei er der Schrecken der Welt gewesen, und jetzt soll er das Blut annehmen, welches die erzürnte Schwester in heiligem Zorn vergießen wird. Aus der tiefen Gruft hört Arcabonne das Stöhnen des Begünstigten. Er soll nicht länger klagen, denn die grausamste Rache, welche die Wut ihr eingibt, wird an den Gefangenen vollzogen.


    10
    Ardan Canil ist alles andere, als zufrieden, denn er argwöhnt, dass die Schwester nicht Wort halten und Verrat üben wird. Doch Arcabonne widerspricht, denn die Glut ihrer Seele lechze nach Vergeltung. Doch Ardan zweifelt an der Durchführung ihrer Aufgabe. In der Hölle wird er auf sie warten, um die Wankelmütige für ihre Schwäche zur Rechenschaft zu ziehen! Nachdem der Geist wieder verschwunden ist, erschaudern die Gefangenen erst einmal und finden den Tag und den Ort furchtbar, vor dem selbst die Geister der Hölle nicht halt machen.


    11
    Arcabonne waltet ihres Amtes und schickt sich an, mit dem Strafvollzug zu beginnen. Doch Himmel, was sieht die Unbarmherzige? Es ist Amadis, der seinen Nacken auf den Opferstein beugt. „Stoß zu“, sagt der Verzweifelte, er begehre nicht mehr, als dass sein grausiges Geschick sich hier erfülle. Doch was sieht der Theaterbesucher durch sein Opernglas? Den Geliebten kann die Unselige nicht treffen, denn der Dolch entsinkt ihrer schwachen Hand. Eigentlich sollte der Unglückliche sich über die Wende seines Schicksals freuen, doch er jammert, dass der Racheengel sich endlich entschließen soll, sich seiner zu erbarmen. Mit dem mörderischen Stahl soll die Priesterin das Herz, welches unaufhaltsam leidet, durchbohren.


    Doch Arcabonne entscheidet anders: Sie ist gerührt und will ihrem Hass entsagen. Er soll jetzt den Lohn für seine mutige Tat von damals fordern. Nun gut, die Großmütige soll die Ketten der Gefangenen zerbrechen, damit sie in Freiheit nach Hause gehen können. Sein Wort sei ihr Pflicht, ihr Herz habe er bewegt. So schnell geht das! Wie gut, dass Arcalaus nicht zugegen ist. Wo er sich zur Zeit aufhält, weiß nur der Librettist.


    Die Gefangenen sind frei und bekommen sogleich Besuch. Choryphée naht und lädt die Gefangenen ein, in das Reich des Friedens mitzukommen. Es tönt der Gefangenen-Chor folgendermaßen:


    12
    „Hinaus in die Freiheit!
    Wir danken für den Sieg,
    den Amadis hier errang.
    Seiner Tapferkeit zum Lohne
    sind wir von der Knechtschaft frei.
    Ja, Amadis überwand
    blassen Neid und Zornesrasen,
    ja, Amadis überwand
    der Hölle Macht.“


    Eine Quadrille leitet über zum dritten Akt.


    Dritter Akt


    13
    Arcalaus ist mit sich selbst nicht zufrieden. Zwar hat er durch seine Zaubermacht Oriane eingefangen, aber ihre Schönheit hat nur Unglück gebracht. Ihr verzweifeltes Klagen genießt er mit Genugtuung und ihre Tränen sieht er gern fließen. Vorteilhaft sieht das Mädchen aus, was Ardan seinerzeit veranlasste, sich um sie zu schlagen. Jetzt schmort der Letztgenannte in der Hölle und findet keinen Frieden. Arcabonne meint auch, dass die Schönheit Orianas ausreiche, um sie zu bestrafen. Gut, dann wird Arcalaus dafür sorgen, dass sie leidet. Der tote Amadis soll der Gefangenen vorgeführt werden. Es wäre doch gelacht, wenn die Hochnäsige nicht klein zu kriegen ist. Die Schwester soll ihren Hass bitte nicht in Schweigen und einem tiefen Seufzer äußern.


    Arcalaus soll sich glücklich schätzen, dass er nur die Gefühle des Hasses und der Rache kennt. Jetzt muss Arcabonne mit der Sprache herausrücken. In dem Fremden, den sie liebt, fand sie ihren Lebensretter. Soll das etwa heißen, das Amadis noch lebt? Selbstverständlich hat Arcabonne eine Entschuldigung für ihr Versagen. Die heftigste Rache vermag gegen die Liebe gar nichts. Der Feind hat sie betört, doch eine andere konnte ihn für sich gewinnen. In jedem Fall sei ihre Qual größer, als die Strafe, die ihm zugedacht war. Der lausige Arcalaus weiß sich vor Bosheit nicht zu lassen. Bevor er mit Lust die beiden Liebenden zum Opfertod führt, soll Hymen, der Hochzeitsgott, sie vereinen. Arcabonne findet die Idee überhaupt nicht witzig.


    14
    Oriane sitzt in ihrem Verlies, eiserne Ketten schmücken ihre Handgelenke. Wer kann ihr noch Schutz und Zuflucht sein? Sie wendet sich an den Himmel. Die Geister der Hölle haben sich grausam gegen sie verschworen, wehklagt sie und nun sei sie vollkommen schutzlos. Früher war Amadis ihr starker Beschützer, doch - wie Männer so sind - wurde der Liebste untreu und folgte einem anderen Glück. Das beste wäre, ihn zu vergessen. Der Himmel soll ihr dabei helfen und sich ihrer Not erbarmen.


    15
    Der lausige Arcalaus gießt Öl ins Feuer, und benutzt die Eifersucht der Wehklagenden, ihr verbal zuzusetzen. Er lässt durchblicken, dass sie dem Verräter aufs Neue verfallen, sobald sie ihn sehen würde. Auf keinen Fall, erwidert Oriane, wird er ihr Herz noch einmal erringen, denn zu groß sei ihr Stolz, als dass die Liebesketten, die er brach, sich wieder schließen könnten. Arcalaus Prahlerei, dass er den Helden besiegt habe, stößt auf Unglauben. Das sei unmöglich, verteidigt Oriane den Treulosen, denn jeder fürchtet ihn und bewundert seine Kraft. Nun verstehe einer, den Schlingerkurs von Oriane! Dem flatterhaften Freund, der sie schnöde verließ, habe sie ewigen Hass geschworen, doch seinen Mut und seine Kraft müssen auch seine grausamsten Feinde bewundern. Seine Intelligenz lässt sie vorsorglich außen vor, weil es in diesem Bereich nichts zu bewundern gibt. Arcelaus soll sich in jedem Fall in acht nehmen - vor dem unbesiegbaren Helden.


    Mit seiner Hexerei hat Arcalaus es geschafft, Oriane den angeblich toten Amadis als Trugbild vorzugaukeln. Koloraturketten sind ihre Antwort.


    „Was sehe ich? O welch grausamer Anblick!
    O Schicksalsschlag, o schweres Los!
    Gott, welcher Schmerz! Amadis ist tot!
    Mein Zorn war sein Verhängnis,
    ich klage ihn der Untreu' an.
    Ach wie gern erweckt' ich ihn zum Leben,
    gäb das Leben dem Freund zurück;
    mag er auch leben für die Rivalin.
    O Schicksalsschlag, o schweres Los!
    Gott, welcher Schmerz! Amadis ist tot!


    Soweit das Rezitativ, jetzt kommt die Arie:


    Wie grausam quält mich mein Gewissen;
    die Qual zerreißt mein armes Herz.
    Ach, war ich ungerecht und herzlos,
    Ach, ich bin's die dich ins Unglück stieß!
    Ach, wäre dein Herz mir treu geblieben,
    ach hättest du meine Liebe gefühlt!
    Wie grausam quält mich mein Gewissen;
    komm o Qual, zerreiß mein wundes Herz!
    Keine Pein, die der Neid bereitet,
    keine Qual, die der Hass empfindet,
    ist diesen harten Qualen gleich.


    Oriane stürzt ohnmächtig zu Boden. Wie nicht anders zu erwarten, empfinden Arcalaus und Arcabonne süße Lust. Damit ist die Situation festgefahren. Die Oper soll aber noch weitergehen.


    16-18
    In Donner und Blitz erstrahlt der Himmel. Die mächtige Fee Urgande kündigt sich an. Vor ihrer Macht muss sich der Erdkreis beugen und die Unheilkündende fordert die diabolischen Geschwister auf, zu erzittern. Sie sollen das liebende Paar nicht länger quälen, sondern ihre Intimsphäre achten und sie in Ruhe lassen. Arbonne fasst sich als Erste: Es ist aus, sie hofft nichts mehr. Die Götter spotten ihrer Macht. Arcalaus phantasiert noch ein bisschen von Sieg und Triumph, dann überantwortet Urgande beide den Mächten der Finsternis.


    19
    Im Palast der Fee Urgande findet das liebende Paar sich wieder. Die Gefahr hat sich verzogen und jetzt kommt es zwischen den Liebenden zur klärenden Aussprache. Die Fee übernimmt die Therapie und süße Bande verknüpfen die Herzen aufs neue. Heil sei Amadis, dem jungen Helden. Eins bisschen Ballett und eine Hymne auf Amor beschließt die Oper.


    © 2010 TAMINO - Engelbert