Beiträge von BigBerlinBear

    "Geistliche Chormusik"


    Nun ist mein Wunsch doch in Erfüllung gegangen und im Distler-Jahr liegt jetzt die 1. Einspielung der "Geistlichen Chormusik" vor, die einigermaßen Anspruch auf Vollständigkeit beanspruchen darf.


    Die Interpreten sind das "Vocalconsort Berlin" ein relativ junges, klein besetztes Ensemble, dem es gelingt, den Pfaden der sensiblen und zerbrechlichen Distlerschen Harmonie-Führung bis in die feinsten Verästelungen nachzugehen. Die Doppel-CD bringt die Geistliche Chormusik erstmals komplett mit Totentanz. Auf CD 2 wurde die ein wenig "leichtgewichtigere" , aber keinesfalls unbedeutendere "Weihnachtsgeschichte "
    eingespielt. Dargeboten wird das alles auf höchstem sängerischen und textausdeutedem Niveau so daß es völig berechtigt war, diese Einspielung auf die Quartalsliste des "Preises der deutschen Schallpalttenkritik" zu setzen,
    wozu ich den Sängern und dem Dirigenten Klaus-Martin-Bresgott herzlich gratuliere.


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    Eine 100%ige Kopie bedeutet, daß ich die Noten einfach abschreibe - eh voila. Was für eine Großtat!


    Ja, so wie es dieser ominöse Graf Walsegg gemacht hat, der von Mozarts " Requiem" eigenhändig eine Kopie hergestellt haben soll und das Werk dann al sein eigenes aufführen liess. Erinnert mich irgendwie an die Diskussion mit "Loge" !

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    Ich möchte Dir einmal die Symphonie von Vorisek empfehlen


    Die kenne ich seit Ancerls Aufname und da ist unverkennbar, daß der Komponist KEIN Epigone sondern ein "Original-Genie" ist.


    Hallo Ulli, Friederike Kempner hielt sich auch für eine "geistige Nachfolgerin" Schillers und erntete nicht zuletzt darob großen Ruhm, wenn auch ein klein wenig anders, als sie es sich selber vorstellte und gewünscht haben mag:


    "Hast erhoben die Nation ,
    Großer, deutscher Volkessohn !
    Klein im Leben war dein Lohn,
    Kleiner noch in Gyps und Ton." :D


    Wenn heute z.b. ein Carl Jenkis diverse Versatzstücke aus unterschiedlichen musikalischen Vergangenheiten zu einer unerträglichen "New-Age-Suppe" verkocht, dann ist das keine geistige Nachfolge auf Spuren der zitierten Komponisten, sondern schlicht und ergreifend nichts anderes als epigonale Kacke.

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    In Konzert und Oper leistete er wahrlich Hervorragendes (Liveaufnahmen werden dies grossteils bestätigen).


    Bevor das Ganze hier wieder zu einem der ermüdenenden Karajan-pro-und contra-threads verkommt, was die Moderation hoffentlich zu verhindern weiss, abschliessend dazu nur noch dieses:


    Ich habe Karajan von 1978-88 in Berlin regelmässig live erlebt und halte die Ergebnisse samtsonders für entbehrlich. Gegenteilige Einschätzungen blieben dazu auch von den meisten der hier postenden Karajan-Adepten aus und damit bitte zurück zum Breitbandsound !

    Lieber Alfred,


    ich glaube, Du fasst den Begriff des Epigonalen etwas zu eng. Epigonal, wörtlich übersetzt, bedeutet nichts weiter als "nachahmend" und hier ist auch noch keinerlei Bewertung im Spiel.


    Wenn jedoch ein Epigone sein verehrtes Vorbild erreichen sollte oder gar übertrifft, dann ist er natürlich mehr als ein schnöder "Nachahmer", will sagen, in dem Moment steht er als eigenständige Künstlerpersönlichkeit vor uns , zwar mit deutlich erkennbarem Vorbild, aber eben auf seine Weise unverwechselbar.


    Aber, um ehrlich zu sein, ich kenne keinen derartigen Komponisten. Auch die von Dir so geschätzten Werke von Ries oder Eybler stehen derart in den übermächtigen Schatten von Beethoven bzw.Mozart und erreichen die Vorbilder eben letztendlich doch nicht.Das heisst jetzt keinesfalls, daß diese Werke minderwertig wären. Vielleicht sind diese beiden Komponisten
    brauchbare Beispiele für "Epigonentum auf höchstem Niveau"


    Das Beispiel Mahler/Rott überzeugt insofern nicht, eben weil der erstgenannte WEIT über sein erkennbares Vorbild hinausgewachsen ist und ich habe keinen Zweifel daran, daß Mahler das auch geschafft hätte, OHNE mit Rott und seinem Werk vertraut gewesen zu sein.
    Was wiederum aus Rott nach seiner verstört-verstörenden Sinfonie geworden wäre, hätte er länger gelebt, muss Spekulation bleiben.

    Hallo Bernhard, um festzustellen, ob diese Passion wirklich von einem Herrn Bruhns komponiert wurde, müsste man weitere Werke dieses Komponisten kennen, denn nur so liesse sich eine Stilanalyse herstellen.


    Gegen Keiser, der einer der großen Dramatiker seiner Epoche war, spricht der ausgeprägte Lyrismus der Passion, der mir wenig zu den erhatenen Werken des Komponisten passen will.


    Gäbe es von Brauns/Brunhs weitere erhaltene Werke, hätten sich sowohl die Bach aber auch die Nikolaus-Bruhns-Forschung längst darüber hergemacht.

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    Ich verstehe nach wie vor nicht, warum man seine Abneigung gegen einen Komponisten so ins Generelle wenden (monströse Besetzungen, um banalstes und billigstes Material aufzublasen)) oder übers Außermusikalische begründen ((Spießbürger)) oder sich in Groß-/Klein-/Waldmeister-Rangfolgen verlieren (Goya und Hundertwasser) muss


    Hallo Grins, Du machst mit Deinem Statement jetzt genau das, was Du Edwin und mir vorwirfst, nämlich bestes Bauchgefühl OHNE auch nur den Ansatz einer Analyse abzuliefern, aber seis drum: Wie bitte, das interessiert mich jetzt wirklich, würdest Du Musik (und Text) von Intermezzo definieren ?


    Den Spiessbürger-Spruch halte ich da im Vergleich zu dem, was mir in diesem Werk allein beim lesen zugemutet wird, (vom Hören schweige ich lieber diskret), doch eher für unter-als übertrieben.


    Ein Forum wie dieses legitimiert sich letztenlich auch dadurch, daß jemand definiert UND artikuliert, was ihn beim Hören von Musik anzieht oder abstösst
    und ich denke daß keiner von denen, die Strauss für einen nur mittelmässigen Komponisten halten, Dich davon abzuhalten können, fürderhin beim "Rosenkavalier" nicht mehrzu schwelgen oder von der Eingangsfanfare des "Zarathustra" nicht mehr begeistert zu sein. Du wirst wohl oder übel damit leben müssen, daß andere diese Begeisterung nicht teilen, ebn weil nun das Leben einmal kein Wunschkonzert ist.

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    Und ich kann nur sagen: Wo mir oft Mahler tiefer geht, so stürzt er mich mitunter in eine gähnende Gletscherspalte. Wer schafft's dann und holt mich raus? Strauss.


    Das geht mir mit Mahler auft ebenso, aber ich zähle zu den Menschen, die sich eigentlich NUR bem Hören sogenannter "depressivmachender" Musik sauwohl fühlen ! Wenn ich mal nen echten "Hänger " habe, sind meine angesagten Mittel aus der privaten musikalischen Hausapotheke die "4. von Sibelius", die "14. von Schostakowitsch und solltei ch dann immer noch nicht genug haben, gibt es als "Zugabe" das 5. bzw. 6. Madrigalbuch Gesualdos im Stück.


    Bevor ich die Arme ausstrecken tät, daß mir der Meister des "Intermezzo" wieder ans Licht verhülfe, würde ich es in jedem Falle vorziehen, in der Gletscherspalte zu verharren, selbst auf die Gefahr hin, daß da nach 7.000 Jahren Aufenthalt es Lenie Riefenstahl ist, die mich auf der anderen Seite in Empfang nimmt !

    Hallo Bernhard,


    natürlich hat sich herumgesprochen, daß die Schwaben schier alles können !(ausser hochdeutsch), denn wer bitte ist Friedrich Nicolaus Brauns der ausserdem auc noch eine Maruspassion komponiert haben soll ?? :D


    Aber Spass beiseite: das Werk, um das es sich hier handelt, wurde bis zum Beginn der 90ger Jahre des letzten Jahrhunderts dem Opernmeister Reinhard Keiser zugeschrieben, unter dessen Namen es auch auf Tonträgern veröffentlicht wurde. Lieberbar sidn derzeit folgende Aufnahmen:



    und


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    Und doch können selbst die Kalkalpen ein überwältigendes Panorama entfalten, auch wenn sie keine Aussicht auf die letzten oder ersten Dinge gewähren und mit ihren schlaffen 30 Mio Jahren dem Böhmerwald an Rückblick nicht Paroli bieten.


    Dem möchte ich nicht widersprechen, aber meine Familie stammt aus dem sächsisch/böhmischen Erzgebirge, was Wnder, wenn speziell DIESER Landschaft meine ganze Zuneigung gilt !


    Über das, WAS Strauss kann, hatte ich mich sowohl hier wie auch an anderer Stelle ausgelassen. Jetzt war mir wichtiger, darzulegen, was er NICHT kann und dabei kommen wir eben ganz schnell wieder zu jeder verdammten Rangordnungs-Geschichte. Meine Erfahrung war: jemehr Strauss ich hörte (der Erstkontakt waren wohl "Till Eulenspiegels lustige Streiche", da war ich so 7 oder 8. Wenig später folgte der "Zahnarzt Tustra", von dem mich der Anfang hell begeisterte, der "Rest" mich aber eher kalt liess) umso näher kam mir das Werk Mahlers. Auf der einen Seite sozusagen "Zimmer mit (Alpen)Aussicht, auf der andern jedoch ein Flug durch das Universum.

    Hallo Bernd, also für die Zeit , in der es komponiert wurde, steht es zumindest
    in Deutschland, ziemlich einzigartig da.
    Vom Volumen und Spieldauer her würde ich dem Liszt-Opus allenfalls noch das Werk seines jung verstorbenen Schülers Julius Reubke (1834-1858 ), den sogen. "94.Psalm"
    an die Seite stellen und ich meine das nicht nur vom Umfang, sondern auch von der geistigen Durchdringung her. Eine schöne Interpretation des Werkes (trotz der von mir wenig geliebten Dom-Orgel zu Altenberg) findest du hier; ergänzt durch die ebenso geniale Klaviersonate in b, dargebracht durch Claudius Tanski.



    Meine persönliche "Adnos"-Empfehlung wäre jene durch Martin Haselböck, gespielt auf dem (frisch restaurierten) Instument, für weclhes Liszt das Werk komponierte:



    Wie Du sehen kannst, wird in meinen "Pommes-Buden" keinesfalls NUR Buxtehude konsumiert! :D

    Hallo Rappy,


    ich glaube, Du verkennst, daß Mahler explizit in seiner Dritten, in einer ganz anderen Liga spielt als der Spiessbürger Richard Strauss, dessen ausserordentliches Geschick beim Instrumentieren kaum jemand leugnen wird, auch wenn er, wie ich, Strauss insgesamt nicht sonderlich schätzt.


    Während es Strauss vordergründig um intellektuell kaum belastete Darstellung von Natur, hier eben jene "Kalkalpen" geht, versucht Mahler die letzten Dinge des Menschen anzusprechen. Da wird Friedrich Nietzsche vertont
    und der Schlusssatz ist einer der schönsten langsamen Sätze der neueren Musikgeschichte überhaupt. Dergleichen bringt Strauss allenfalls in seinen "Metamorphosen" zustande. Das in Mahlers Sinfonien von Anfang an gezielt eingesetzte banale Element, das Herumgtröte und der Anklang an Feuerwehrkapellen ist IMMER künstlerisch gewollt und gewiss kein Anzeichen von gestalterischem Unvermögen; 50 Jahre später arbeitete Schostakowitsch ganz ähnlich. Und wer Programmusik macht, muss nun mal auch damit leben, an seinem Programm und dessen musikalischer Durchführung gemessen zu werden.


    Poulenc ist auf jeden Fall im durchaus positiven Sinne unterhaltsamer als Schönberg, das jedoch lässt Schönbergs große schöpferische Potenz gämzlich unberührt.

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    Ahrend behauptet heute noch, 1984 mit der Restaurierung fertig gewesen zu sein.


    Ich gehe einmal davon aus, daß Ahrend damit recht hat und ich werde wohl wieder einmal mehr Groningen mit Zwolle verwechselt haben, weil BEIDE Orgeln sch in Martinskirchen befinden. Aber wie sagte doch schon ein Fussballgott:


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    Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien


    Karsten, vielen Dank für Deine Ausführungen, die jetzt "Licht" ins Alainsche Dunkel brachten. Weisst Du zufällig, on MCA noch Konzerte gibt ? Ich hab sie zuletzt 2000 gehört.


    Wenn alles das, was man Bach an Orgelwerken zuschreibt, noch einmal gründlich gesichtet würde, verschöben sich die Proportionen bestimmt noch einmal und dann wäre eine "Gesamteinspielung" der authentischen Werke vielleicht auf 4 CD unterzubringen. Ich selber habe in Sachen Bach nicht den Anspruch an enzyklopädische Vollständigkeit, dergleichen taugt mehr für das Guinnessbuch der Rekorde als zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit Leben und Werk eines Komponisten.

    Hallo Karsten, die von mir erwähnten Aufnahmen stammen allesamt aus den 90gern, konkret handelt es sich um diese:





    ist das nun eine dritte Gesamteinspielung ? Ich kann ach nicht so recht verifiziren, ob diese abgeschlossen wurde. Die Values bei JPC gehen bis CD Nr. 14. Zumindest in Sachen Groningen war zum Aufnahmezeitpunkt (1992 ? )
    noch nichts wesentliches geschehen.

    Wenn ich mich richtig erinnere, favorisierte Madame Alain in ihrer zweiten Gesamteinspielung Instrumente, die Bachs Anforderungen und seinen persönlichen Vorstellungen an das, was ein solches Instrument zu leisten habe, kaum entsprechen. Weder die Orgeln Silbermanns in Rötha, quasi vor Bachs "Haustür" entstanden, noch die Schnitkerorgel der Martinskerk zu Groningen, die zum Termin der Einspielungen noch nicht wieder auf den Zustand der Zeit ihrer "Fertigstellung" zurückgeführt wurde, hätten Gnade vor Bachs Ohren gefunden.


    Madames Preferierung der Instrumente Silbermanns, der sein Handwerk im Elsass erlernte, beschert uns quasi einen "französischen" Bach, durchaus auf hohem Niveau, wie man es von der interpretin gewohnt ist. Man hört Bach sozusagen als Nachfolger Grigyns ! :D


    Weiland war meine Präferenz, die, wie Miguel schon schrieb, leider gekippte
    Aufnahme auf der AHREND-Orgel in Mailand, hier u. a. mit dem fulminanten Lorenzo Ghielmi.
    Mit Weinbergers Einspielung, nicht zuletzt aufgrund der hier zu erlebenden Orgel-Vielfalt kann ich wunderbar leben und lst not least glaube ich sowieso nicht an "ultimative Gesamteinspielungen" weil sich jede Zeit, jede Epoche ihre
    Kunstwerke neu erarbeiten, um nicht zu sagen, "neu erfinden" muss !

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    Und wer hat übrigens die restlichen 60 Prozent komponiert (Keiser, Händel, Schürmann, Schieferdecker, Mattheson, ?, ?) ?


    Keine Ahnung, das sollte man die Herausgeber fragen. Jedenfalls "fehlen" eine Menge Stücke, die im Textbuch nachweisbar sind, doch wie konkret die Herausgeber das gelöst haben, entzieht sic meiner Kenntnis, da ich in das Projekt nicht involviert bin.

    Einem Kunstwerk das Attribut "Kitsch" anzuhängen, bedeutet immer eine Gratwanderung, wenn man denn Kitsch nicht auf "gut gemeint, aber schlecht gemacht" reduzieren will. Die Operette mit ihren klischeehaften Vorgaben ist natürlich ein besonders ergiebiges Feld für Aasgeier aller Couleur, dort fündig zu werden. Man verstehe mich bitte nicht falsch: ich bin persönlich kein Freund der Operette und auch viele Operntextbücher des 19.Jahrhunderts sind einfach nur voll von unfreiwilliger Komik.Die Konstrukte mancher Textbücher aus dem Barock sind ein wahres Fest, die Lachmuskeln bis an die Schmerzgrenze zu strapzieren.


    Der hier im Kontext schon öfter herbeizitierte Offenbach gehört ganz ohne Zweifel NICHT zu den Kitschproduzenten seiner Zunft, denn dazu sieht er das Genre, in dem er sich bewegt, einfach zu augenzwinkernd; von seinen beachtlichen Qualtitäten als Musiker einmal ganz abgsehn.


    Auch Lehár oder Robert Stolz sind Komponisten von Rang. Um dieses festzustellen, genügt ein oberflächlicher Blick in die zum Teil sehr komplexen Partituren. Wen man ein durchaus fragwürdiges Werk wie etwa Benatzkys "Im weissen Rössl" aufführt, aber das so hinreissend , quasi als "Parodie in der Parodie" hinbekommt, wie vor Jahren in Berlin die "Geschwister Pfister", dann wird daraus ein rundum beglückender Theaterabend.


    Zu Alfreds Einlassung: es gibt bei Schiller BEIDES: das Geniale in Gedichten wie der "Nänie" und aber auch jenes, was (leider) Beethoven vertonte, das mich in seiner Plakativität einfach nur abstösst, doch das hat nichts mit Kitsch zu tun, sondern eher mit Geschmack überhaupt.


    Manchmal aber ist eben "Kitsch" auch nichts weiter als der Wunsch, dem schnöden Alltag enthoben zu sein. Sehr schön bringt das z.b. der Film "Muriels Wedding" zum Ausdruck und so beschliesse ich denn meine morgendliche Betrachtung mit Versen der unsterblichen Friederike Kempner aus ihrer "Thule-Ballade" :


    Doch so oft ich jetzt auch schiffe,
    Ich doch nimmer wiederfand
    Zwischen Eis- und Felsenriffe
    Jenes ferne Thule-Land.

    Gerne schliess ich ich mich, was das Lob angeht, meinem Vorredner an und bedanke mich hiermit beim Themenstarter sehr herzlich für den ebenso kompetenten wie auch überaus notwendigen Beitrag über einen genialen, unterschätzten und immer noch bis auf den heutigen Tag fehlbewerteten Komponisten. Von den Werken, für die ich mein Voting abgeben wollte, ist leider nur noch diese Scheibe hier zu finden:



    Einspielung und Repertoirewert jedoch lohnen die Anschaffung allemal. Die Kantaten unter Hermann Max, bei Capriccio erschienen, scheinen nichtmehr so ohne Weiteres lieferbar zu sein, die Anschaffung lohnt sich aber unbedingt:


    Hallo Giuseppe Secondo:


    ich finde die EINZELNEN Mahler-Teile an und für sich auch sehr schön und der Pfingst-Hymnus hatte mich, als ich ihn vor Jahren in der Aufnahme Soltis hörte, auch richtig "umgehauen". Es ist aber schon so wie Edwin sagte: die einzelnen Teile wollen nicht so zueinander passen und genau das schwächt letztendlich auch den Gesamteindruck. Mag sein, daß ich mich eh schwer tu mit Konzptionen, die als (Originalton Mahler) "Botschaften an die Menschheit" vom Komponisten deklariert wurden.


    Mahlers 8. ist die Sinfonie des Komponisten, die mehr als alle anderen, der Live-Atmosphäre bedarf. Ich hörte sie zuletzt 1999 auf einer Freilichtveranstaltung auf der Bundesgartenschau in Magdeburg und war immer wieder mal ein Stück begeistert. Daß am Ende eben doch ein "schaler Rest" blieb, liegt eben an der unstimmigen Konzeption des Ganzen.


    Bei Beethovens op. 125 stehen drei großartige Instrumentalsätze einem Chorfinale mit einem für mich unsäglichem (und unerträglichem) Text gegenüber, was in meinem Fall regelmässig zum Abbrechen nach Satz 3 führt.


    Dazu kommt, daß man das Werk immer wieder als Aufmarschkulisse für Diktatoren, von Mussolini über Hitler, Stalin bis hin zu Kim Il Sung missbrauchte und es auch deshalb mit einer schweren, erdrückenden Hypothek belastet ist.

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    Es gibt ja auch Gründe für diese Position - aber originell ist sie heute nicht mehr, im Gegenteil: sie tendiert fast schon ein bisschen in Richtung cliché.


    Hallo Bernd, ich bin ja gerne bereit, mit mir reden zu lassen, falls es Dir, oder wem anderen, gelingen sollte, mir Schillers Text goutierbar zu machen, aber bis annitzo ist mir diese Kost nach wie vor arg unverdaulich !

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    Ja, mein Gott, Beethovens Neunte ist ein Schlüsselwerk der Sinfoniegeschichte, sie war und ist außerdem immer noch eines der beliebtesten Werke für irgendwelche offiziellen Anlässe, das Freudenthema kennt jeder, Beethovens Sinfonien zählen eh zu den am häufigsten aufgenommenen Werken der Musikgeschichte usw. usw. 99,9 % aller Werke der Musikgeschichte sind seltener aufgenommen worden als Beethovens Neunte


    Na und ? Trotzdem kann ich op. 125 nicht ausstehen ! auf Mahlers 8. jedoch könnte ich ebenfalls gerne verzichten.


    Mein Großvater sagte mir einmal: "Weisst du, was Theodor Heuss und Walter Ulbricht gemeinsam haben ? Beide fühlen sich dank Beethovens op. 125 rein und geläutert" !

    Lieber Edwin,


    auch mich wundert es ein wenig, wie leidenschaftlich Du Dich hier gegen einen ins Zeug wirfst, der diese Leidenschaft schlicht und ergreifend nicht wert ist, war er doch ein "Lauer", "Angepasster" und "Farbloser" !


    Über Egks "Qualitäten" als Komponist sind wir uns gewiss einig.


    Es gab hier an anderer Stelle einen Vergleich mit Chrennikow, der, ebenfalls ein nur mittelmässiger Komponist, Kollegen in, gelinde ausgedrückt, "arge Bedrängnis" brachte. Dergleichen hat meiner Kenntnis nach Egk NIE getan und alleine daraus nach dem Kriege die Legende vom links intendierten Verfolgten des Regimes zu basteln und vor allem dann noch Leute zu finden, die das ernsthaft glaubten, ist schon ein starkes Stück ! Vielleicht ist ja diese Legende sein bedeutendstes Werk ! :D


    Auffällig ist auch, daß Egk einer der wenigen westdeutschen Komponisten war, die in der DDR immer herzlich willkommen waren, die Stasi, die seine Vergangenheit zweifellos kannte, hatte damit offensichtlich kein Problem.


    PS: Brittens "Knaben" waren wohl doch überwiegend erwachsene Männer und
    Gesualdos Tatbeteiligung an dem Mord an seiner 1. Frau konnte bis jetzt nicht einwandfrei bewiesen werden !