Als im Jahre 1623 der Jenenser Amtsschösser Burkhard Großmann wegen "Errettung aus grosser Leibes-Not" als Dank den 116. Psalm von 16 verschiedenen Komponisten vertonen ließ, unter ihnen befanden sich so illustre Namen wie Michael Praetorius, Heinrich Schütz und Johann Hermann Schein und eben auch Melchior Franck, von dem hier die Rede sein wird, war der letztgenannte durchaus präsent als "berümbter Meister" bei seinen Zeitgenossen , auch ausserhalb seines regionalen Wirkens.

Einzig die WERKE des Melchior Franck, der offenbar gute Beziehungen zu den großen Druckhäusern in Nürnberg hatte, haben überlebt und scheinen zumindest für einen Komponisten, dessen wesentliche Schaffenszeit in die Zeit des 30jährigen Krieges fiel, ausgezeichnet dokumentiert.
Er selber nennt sich "Zittanus Silesius", da jedoch die Kirchenbücher der Stadt Zittau aus jener Epoche nicht auf uns gekommen sind, sind weder Geburts-noch Taufdatum genau zu ermitteln.
Das erste eruierbare Datum in Francks Leben ist sein Dienstantritt im Jahr 1603 als Hofkapellmeister in Coburg, ein Posten, den er sein Leben lang behalten sollte.
Nach einer jener immer "Pest" genannten Epedemien , der seine ganze Familie und schliesslich auch sein Dienstherr zum Opfer fielen, geriet der Meister in bitterste Not.
Drei Briefe von seiner Hand, die dieses erschütternd dokumentieren, sind bis heute in Coburg erhalten. "Geschlagen wie Hiob" starb Franck am 1.Juni 1639.
Francks musikalische Zuordung macht ihn zu einem Meister, dessen Denken noch weitgehend von modalen Bezügen geprägt ist und worin er sich deutlich von seinen
heute berühmteren Zeitgenossen Schein und Schütz abhebt.
Die Möglichkeiten, die ihm das Arbeiten mit den Kirchentonarten gaben, nutzte er allerdings voll und effektreich aus, sein Hauptanliegen bestand in der Verdeutlichung des Textes, also schlechthin in dem, was Heinrich Schütz als "in die Music übersetzen" genannt hatte.
Darin ist er der Generation eines Demantius, Dulichius und Gumpeltzhaimer im Geist näher als seinen komponierenden Zeit- und Altersgenossen.
Franck hat sowohl weltliche wie geistliche Musik hinterlassen und Untersuchungen weisen darauf hin, daß die Urfassung des heute noch populären Weihnachtsliedes " O Tannenbaum"
von ihm stammen könnte. Seinen Satz des Reigens "Kommt, ihr Gspielen" hatten ganze Generationen von von Chorsängern in ihrem Repertoire, doch die Hauptrichtung des Coburger Meisters lag ohne Zweifel im Bereich der geistlichen Musik. Die Werke sind heute grössten Teils zugänglich gemacht, wenn auch davon auf dem Tonträgermarkt kaum etwas zu spüren ist.
Zwei Aufnahmen sind jedoch vorhanden, die es ermöglichen, sich ein Bild des Komponosten in seiner Vielfalt zu machen. Das Orlando di Lasso Ensemble hat 1998 eine sehr schöne CD veröffentlicht, die querschnittartig ein gutes Portrait vom Schaffen des Komponisten aus allen Schaffensperioden bietet.

Die sechstimmigen "Bußpsalmen", für die zweifellos die gleichnamigen Werke Orlando di Lassos Pate gestanden haben, im Jahre 1615 veröffentlicht, wurden in einer großartigen Einspielung von Weser-Renaissance kürzlich bei CPO vorgelegt. Diese CD ist für alle, die sich mit der Musik jener Generationen vor Schütz beschäftigen wollen, ein absolutes Muß.
In ihren (dem Thema geschuldet) dunkel timbrieten Farben, trifft diese Musik unmittelbar
den Hörer für eine Sinneserfahrung der wirklich besonderen Art.
