Beiträge von Christian Biskup

    Liebe Taminos,


    am kommenden Samstag wird ab 19.00 Kurt Atterbergs Oper "Aladin" aus dem Staatstheater Braunschweig auf Deutschlandradio-Kultur gesendet. Im Vorprogramm wird wahrscheinlich ein Interview mit mir über Kurt Atterberg ausgestrahlt. Da ich selber eine Konzertverpflichtung an dem Tag habe eine Frage in die Runde: Wer wird sich die Sendung anhören und kann Sie evtl. für mich mitschneiden? Laut dem Aufnahmeleiter wird ein Nachhören in der Mediathek nicht möglich sein...


    LG
    Christian

    Zitat Rodolfo: Selbst wenn es eine werkgerechte Inszenierung werden würde, würde doch keiner von euch nach Leipzig fahren um sich den Freischütz live anzusehen.Wartet doch erst mal den Bericht von Misha ab.

    Lieber Rodolfo,


    das glaube ich leider mittlerweile auch. Schon mehrfach habe ich im Forum werkgerechte Inszenierungen, die ich selber besucht habe vorgestellt - jeweils mit Null Reaktion, was ich schade finde. Stattdessen wird lieber immer auf modernen - oft genug wirklich nicht getreuen - Inszenierungen herumgehackt und Streit verursacht.
    Nur als Überblick:
    In den letzten zwei Jahren habe ich nur in meiner Region folgende absolut werkgerechte Inszenierungen gesehen (und ich bin mir sicher, dass es noch viele weitere gibt).


    Detmold: Zar und Zimmermann
    Braunschweig: Anna Karenina (Hubay)
    Braunschweig: Hexenjagd (Ward)
    Hildesheim: Zauberflöte
    Hildesheim: Verkaufte Braut (gab zwar eine Zeitverschiebung, sonst allerdings sehr genau)
    Hildesheim: Don Giovanni
    Magdeburg: Tosca (auch hier mit Zeitverschiebung - der Rest passte)


    Dies nur als Beweis, dass es durchaus noch einige Orte mit den von Euch geliebten Bühnenbildern und Kostümen gibt, besonders das kleine Haus in Hildesheim kann sich einer Vielzahl solch "historischer" Inszenierungen rühmen - aber statt diese wahrzunehmen wird lieber im anderen Lager geschossen. Dieser Thread ist mal wieder ein "gutes" Beispiel dafür - schade. Ihr tut euch damit keinen Gefallen. Und ich hoffe, dass Misha sich auch nicht entmutigen lässt. Ich mag gute moderne Inszenierungen, ich mag gute historisierte Inszenierungen. Und was dabei gut bzw. schlecht gelöst wird kann man m.E. nur im Theater sehen. Und so sehr ich die Bedenken von Gerhardt und Co verstehe - ob eine Inszenierung funktioniert oder nicht erlebt man nur im Theater, daher kann ich Eure Argumente nicht so ernst nehmen, wie die von Holger oder Caruso, die auch noch wirklich in die Oper gehen...


    LG
    Christian

    Liebe Taminos,


    dieses Jahr gibt es ein recht unbeachtetes Jubiläum zu feiern - Wilhelm Peterson-Berger - 150 Jahre! Während in Schweden zumindest einige Jubiläumsaufführungen stattfinden (wie die verstümmelte Wiedererstaufführung seiner Oper "Adils och Elisiv" im Januar), wird sein Geburtstag wie erwartet hier in Deutschland nicht gewürdigt. Also ist es mal wieder Zeit diesen Thread zu aktivieren.
    Mittlerweile nenne ich eine große Peterson-Berger Sammlung mein Eigen - nur wenige Notenausgaben seiner Klavierwerke dürften mir noch fehlen. Beim stetigen Durchspielen kann ich wirklich nur sagen, dass seine Musik zu den schönsten Klavierschöpfungen des Nordens gehören. So einfach sie gemacht sind (meistens A-B-A-Form), so bestechen sie doch durch eine großen melodischen Reichtum, eine farbige Harmonik und nicht selten einfach durch ihre "Schwedischheit", die volkstümlichen Elemente. Seine Frösöblomster - so einfach sie sind - sind charakterlich so ergreifend, ich genieße das Spielen der Musik immer sehr!


    Während seine Klaviermusik recht bekannt ist, möchte ich eine Lanze für seine Oper "Arnljot" brechen. Die Dichtung entstand 1902-1904 und stammt vom Komponisten selber - und besticht durch eine wirklich schöne Textgestaltung. 1907-1909 vertonte er es zu seiner bekanntesten Oper, die 1910 in Stockholm in Szene ging und seinen Ruhm als Opernkomponist begründete. Die Handlung um den Königsanwärter Arnljot, die Liebe zu Gunhild und die Bekehrung der Nordmänner zu den Werten des Christentums stehen im Mittelpunkt der Oper (die genaue Handlung ist in unserem Opernführung nachzulesen).
    Musikalisch ist Peterson-Berger auf dem Höhepunkt seiner Karriere! Ähnlich schöne Miniaturen, jedoch düsterer, wie in den Frösöblomster, stellen die Highlights der Oper dar, die auch Okku Kamu für Sterling aufgenommen hat. Die Sicht auf's schwedische Fjäll, die kleinen Bergflüsschen sind in herrlichsten naturlyrischen Stellen vertont. Prächtige Männerchöre, preisende Hymnen des Barden auf den König aber auch der Wikingermarsch mit echten Luren bieten abwechslungsreiches Musiktheater. Dabei ist allerdings nicht abzusprechen, dass Peterson-Berger gewisse Probleme mit der großen Form hat. Dies macht die herrliche Instrumentation, der Melodiereichtum jedoch mehrfach wett. Und schwedisch ist auch einfach eine schöne Sprache :rolleyes:
    Einmalig an Arnljot ist neben der Musik auch die Reputation - bis heute wird jedes Jahr Peterson-Bergers "Arnljot" auf der Freilichtbühne auf der schwedischen Insel Frösön bei Östersund aufgeführt! Die Amateurtheatertruppe (deren Anfänge noch unter der Regie des Komponisten probten) spielt allerdings nur die Handlung. Es gibt zwar auch immer ein wenig Musik - allerdings kann die Geschichte auch für sich selber stehen.




    Es gibt zwei Aufnahmen von Arnljot. Die bereits erwähnte unter Okku Kamu, die ich wärmstens an Herz legen kann, ist aktuell günstiger bei JPC angeboten. Eine weitere Aufnahme - eine Gesamtaufnahme der Königlichen Hofkapelle Stockholm unter Sixten Ehrling mit Sigurd Björling. Leider ist es die einzige GA, und dazu noch eine die vom Dirigenten Stig Rybrant in Instrumentation, Form und Melodie verändert wurde. Dennoch vermittelt sie einen guten Einblick in die Musik der Oper - die Aufnahme ist leider nur als Download erhältlich. Einzelne Stücke habe ich als Video angehängt. Probiert es aus! In sieben Tagen wäre Peterson-Berger 150 Jahre alt geworden. Vielleicht feiert ja noch jemand im geheimen mit?!




    Liebe Grüße
    Christian


    Liebe Taminos,


    auf Anregung von Caruso möchte ich hier nun auch einen Sänger vorstellen, der allerdings keine wirklich neue Stimme ist - aber eine, die hier im Forum noch nicht so explizit genannt wurde.
    Thomas Blondelle (*1982) ist ein belgischer Tenor. Er studierte Operngesang, Klavier, Komposition und Kammermusik am Konservatorium seiner Heimatstadt Brugge. 2006 bis 2009 war Blondelle festes Ensemblemitglied am Staatstheater Braunschweig. In dieser Zeit habe ich ihn häufig in Oper/Liederabend aber auch Konzert erlebt. Sehr lebendig ist mir sein Alfredo in Erinnerung geblieben, besonders jedoch später sein Johannes in Franz Schmidt's "Das Buch mit den sieben Siegeln", dessen Partie er so strahlend, innig und doch kraftvoll gestaltete, als sei er der Verkünder persönlich. Nach Braunschweig führte sein Weg an die deutsche Oper Berlin, wo er ein breitgefächertes Repertoire singen darf (Tamino, Herodes, Pelleas, u.v.m.). Heute ist er als Tenor in ganz Europa unterwegs.
    Ich schätze seinen leichten, flexiblen, wirklich schön klingenden Tenor. Besonders in der Höhe hat er ein sehr angenehm helles Timbre und weiß stets in einer runden Linie zu singen, wenn jedoch nötig entwickelt seine Stimme eine Strahlkraft und Intensität, die seitdem leider kaum ein Tenor am Staatstheater BS aufweisen konnte.
    Hier noch ein schönes Beispiel seiner Gesangskunst:


    LG
    Christian


    Hallo,


    ich glaube ich war um die 12 als ich das erste Mal Musik aus Tschaikowskis "Schneeflöckchen" hörte - es war das zweite Konzert, dass ich in meinem Leben besucht habe und Dirigent Mark Gorenstein brachte die Suite aus der Schauspielmusik mit. Auch wenn ich nicht gerade als großer Tschaikowsky-Liebhaber bekannt bin, muss ich doch sagen, dass es sich hierbei um wirklich gute Musik handelt. Mitreißende Tänze, typisch russische Chöre, unterhaltsame Arien - was will man mehr.
    Ich habe die Aufnahme mit Kristjan Järvi im Regal und mag sie sehr gerne (auch Du Joseph II. müsstest als Swetlanow-Liebhaber Järvis Herangehensweise mögen). Er bietet ein mitreißendes Dirigat, ingesamt eine unsentimentale Lesart, straffe Tempi - und das Schlagwerk kommt auch gut durch. Meine Empfehlung gibt es (allein schon der Tanz der Gaukler macht solch eine Laune!)


    LG
    Christian

    Wie die schwedischen Medien berichten, starb der letzte der großen drei schwedischen Tenöre, Nicolai Gedda bereits am 8. Januar diesen Jahres. Neben Jussi Björling und Gösta Winbergh gehörte er zu den bedeutendsten Sängern Schwedens. Besonders mag ich seine Aufnahmen von Liedern aus seiner Heimat. R.I.P

    Es gibt zwei manchmal angewendete Striche. Einer findet sich in der Passage, in der Elektra ihre Mutter in die Ecke drängt und ihr ausufernd ihre bevorstehende Ermordung schildert. Ein anderer befindet sich in der Szene, in der Elektra nach der fälschlichen Nachricht vom Tod des Bruders ihre Schwester überreden möchte, gemeinsam den Mord an Klytämnestra und Aegisth zu begehen. Böhm macht den ersten auf jeden Fall, und auch Thielemann hat die Oper mit Strichen gespielt (weiß aber nicht welchen). Es müsste sich um ca. 6min handeln - ist aber lange her, dass ich mich damit beschäftigt habe...


    Um noch mal zur Jüdin zu kommen. Ich habe das Stück 2013 oder 2014 in einer sehr guten Produktion in Göteborg gesehen. Musikalisch kann es m.E nicht mir Auber oder Meyerbeer mithalten - und die auf 2 1/2 Stunden gekürzte Version fand ich damals schon fast grenzwertig...


    LG
    Christian

    Zitat

    Zitat Caruso:

    Eduardo Aladren habe ich in Braunschweig vor kurzem als Cavaradossi gehört. Ich hatte schon überlegt, ihn in dem Thread "Neue Stimmen" vorzustellen, wollte aber erst mal abwarten, bis ich ihn in einer weiteren Partie gehört habe.


    Auch Liana Aleksanyan (So wurde sie auf dem Programmzettel geschrieben!) habe ich in Braunschweig gehört und zwar als Traviata. Das wäre doch auch ein Sopran für die "Neue Stimmen"?

    Lieber Caruso - dies ist zwar off-topic, allerdings würde ich beide Threads sehr begrüßen, da ich als Stammgast in Braunschweig sowohl Aladren als Cavaradossi gehört habe, als auch Frau Aleksanyan kenne. Ich würde mich - mit meinen zugegebenermaßen sehr bescheidenen Kenntnissen gerne einbringen.


    LG
    Christian

    Liebe Taminos


    hier fällt mir eine Liste tatsächlich leichter als bei den Opern des 20. Jahrhunderts:


    Otto Nicolai - Die Lustigen Weiber von Windsor
    Daniel F. E. Auber - La muette de Portici
    Georges Bizet - Carmen
    Richard Wagner - Lohengrin
    Pietro Mascagni - Cavalleria Rusticana


    Ein wenig leid tut es mir - wie bei Stimmenliebhaber - um Marschners Hans Heiling, diverse Meyerbeer- und Wagner-Opern und auch Hoffmanns Erzählungen. Aber gut - fünf ist auch arg wenig...


    LG
    Christian

    Liebe Taminos,


    Bei mir wären es wohl folgende Stücke:


    Franz Schreker - Die Gezeichneten (UA 1918)
    Hakon Børresen - Kaddara (UA 1921)
    Giacomo Puccini - La fanciulla del West (UA 1910)
    Schostakowitsch - Lady Macbeth von Mzensk (UA 1934)
    Leos Janacek - Das schlaue Füchslein (UA 1924)


    Eine Liste, deren erste drei Kandidaten neu im Rennen sind. Schrekers Werke sind m.E. teils unter die größten Opernwerke im 20. Jahrhundert zu rechnen. Das Mädchen aus dem goldenen Westen fristet auch ein Schattendasein - was gewiss an der doch etwas an den Haaren herbeigezogenen Handlung liegt, als auch daran, dass richtige Glanznummern fehlen. Musikalisch jedoch Puccinis vielleicht geschlossenstes Werk.


    Zitat

    Zitat Joseph II: Prokofjew: Der feurige Engel (UA 1954)

    Nachdem ich dies gelesen habe, zögerte ich auch ein wenig, ob ich es mit in die Liste nehme. Ich habe das Stück vor ein paar Jahren einmal live erlebt und war von der Musik ungemein beeindruckt. Auf jeden Fall auch ein Kandidat!


    LG

    Christian

    Liebe Taminos,


    gestern zog es mich zu einem besonderen Abend nach Stockholm. Wilhelm Peterson-Bergers letzte Oper "Adils och Elisiv" sollte nach fast 100 Jahre wiederaufgeführt werden - denn Wilhelm Peterson-Berger feiert in diesem Jahr seinen 150. Geburtstag. Dies konnte ich mir nicht entgehen lassen. Man wollte dem Stück, welches bei der Uraufführung 1927 wohl aufgrund eines heiseren Tenors durchfiel, eine neue Chance geben.
    Diese Chance wurde leider vertan - es wurde so radikal gestrichen, dass man die eigentlich fast drei Stunden dauernde Oper auf nur eine Stunde zusammengekürzt hat. Und sie auch als Teile dem Publikum verkauft hat - was allerdings mit keinem Wort irgendwo erwähnt wurde. Stets hörte man nur "Verpassen Sie nicht die Chance diese Oper zum ersten Mal in der Neuzeit zu hören".
    Um mein Genörgel zu unterstreichen: Im ersten Akt wurden die Szenen 1-2 und 9-13, im zweiten Akt die Szenen 1-7 und 9-10 (von 13), im dritten Akt allerdings nur wenig gestrichen. Natürlich reicht das überhaupt nicht aus, um das Stück zu bewerten, geschweige denn einen Eindruck zu bekommen, wie die Musik komplett wirkt. Ergo - Chance vertan. Auch wurden sämtliche Chöre gestrichen. Nur der Schluss wurde mit eingespieltem Chor gespielt.
    Das was man hörte war jedoch hervorragend Musik. Peterson-Bergers elegant-charakteristische Stimmführung, wie man sie aus Arnljot kennt; die unkonventionelle, ungemein farbenreiche Instrumentation, die breiten Melodien - es war ein Erlebnis.
    Musikalisch wurden wirklich Top-Kräfte bestellt. Besonders möchte ich die Sopranistin Elisabeth Meyer in der Rolle der Elisiv hervorheben. Ihr leicht dunkler Sopran war das Highlight der Aufführung. So einen nuacenreichen Gesang habe ich selten gehört - jedes Wort wurde musikalisch in seiner Bedeutung unterstrichen, die Höhen stets voller Glanz, die Tiefen ganz samtig. Ein Highlight (auch optisch ;) )! Auch Tenor Jesper Taube, ein langjähriges Mitglied der königlichen Oper, war ein Highlight. Die mörderische Partie des Adils, sehr hoch geschrieben, stets über der Tessitura, bewältigte er mit Bravour - alle Spitzentöne saßen, das Stimmmaterial ideal für die Darstellung eines Königs. Ich wiederhole mich - auch Bartion Frederik Zetterström (er sang drei Rollen) gehört zu den besten Sängern, die ich bisher gehört habe. Mit großem Volumen und eine enorme Stimmkraft zog der die Zuschauer als Bösewicht in seinen Bann. Manchmal setzte er den Ausdruck über die richtigen Noten, was aber durchaus teils angebracht war. Gegen dieses Trio hatte es Ingrid Tobiasson als Königsmutter Ochlonna schwer, die in den Höhen schon sehr kämpfte und manchmal auch den Kampf verlor. Bassist Kristian Flor sang routiniert gut, allerdings fand ich die Stimmfarbe nur schwer erträglich.
    All dies fand unter der Leitung von Tobias Ringborg statt, die Peterson-Bergers Musik sichtlich liebte und mit Elan und Freude dirigierte. Hier und da merkte man, dass offenbar nicht viele Proben zur Verfügung standen, dafür koordinierte er mit den Sängern jedoch alles vorbildlich.


    Als Fazit kann ich nur sagen - musikalisch sehr hochwertig und beglückend, es ist schade, dass schwedische Sänger kaum bei uns in Deutschland bekannt sind (habe ich auch schon während meiner Göteborger Zeit erfahren müssen), allerdings wurde die Chance vertan, einer schwedischen Oper einen Platz im hiesigen Repertoire zu verschaffen.
    Ich werde versuchen demnächst einen Beitrag für den Opernführer zu schreiben - dann wissen auch alle, wie verheerend die Striche waren.


    LG
    Christian

    Lieber Caruso,


    vielen Dank für die Eröffnung des Threads! Gade ist keiner meiner Lieblinge, aber dennoch ist er tatsächlich ein Komponist, der für seine Zeitgenossen sehr prägend war. Du schreibst:

    Zitat

    In unserem Forum gibt es bis heute noch keinen eigenen Thread für diesen Komponisten, der den nordischen Ton in die europäische Musik bracht.

    Dies ist so nicht ganz richtig. Vor Gade war es Friedrich Kuhlau - ein Deutscher - der wahrscheinlich erstmalig den "nordischen Ton" in die Musik brachte. So webt er in seiner Schauspielmusik zu Elverhøj (Elfenhügel) erstmals dänische Volkslieder ein und gibt dadurch Dänemark eine national gefärbte Kunstmusik - ein sehr erfolgreiches "Verfahren", welches auch Nachfolger (wie eben Gade, Hartmann) für sich eingenommen haben. Gades Musik war jedoch die erste, die tatsächlich den Sprung über das Königreich hinaus in die Konzertsäle schaffte - namentlich die wahrlich schöne Ossian-Ouvertüre. Wenn man dann die Sinfonien hört, kann man nur bedauern, dass er sich vom nordischen Ton abgewandt hat. Dennoch kann man seinen Einfluss, den er auf nachfolgende Komponistengenerationen auswirkte, nicht zu gering schätzen - er förderte diese, gründete Orchestervereinigungen und zeigte, dass Dänemark auch ein Land mit eigener Musik ist.
    Wie zu Beginn erwähnt - ich habe keine wirkliche Leidenschaft für diesen Komponisten entwickelt, allerdings fand ich großen Gefallen an seiner dramatischen Dichtung "Die Kreuzfahrer", die sehr beeindruckende Momente enhält und ich hiermit empfehlen möchte.

    Zitat

    Ich bin gerade dabei meine Gade-Sinfonien-CD´s (GA als BIS-Einzel-CD´s) zu verkaufen. Find aber seit Monaten keinen Käufer ... der "Romantikkram" ist einfach nicht meine Klangwelt.

    Du hast soeben ein Gebot erhalten :D :D


    Übrigens - in Dänemark wird Gades Geburtstag doch recht umfangreich mit einigen Ausgrabungen gefeiert. Ich nehme daher stark an, dass es demnächst ein paar Neuaufnahme geben wird.


    LG
    Christian


    Nu tändas tusend juleljus

    Nun brennen tausend Weihnachtslichter

    [/size][/size]


    Wir zünden tausend Lichter an

    im dunklen Erden Rund'

    und tausend Strahlen scheinen dann

    auf blauen Himmelsgrund.


    Und über Stadt und Land heut Nacht

    die frohe Botschaft geht,

    dass Jesus Christus ist geborn,

    Erlöser, unser Gott.


    Du Stern hoch über Bethlehen,

    o, lass dein mildes Licht

    erfüllen jedes Haus und Heim

    mit Frieden, Zuversicht.


    In jedes dunkle Herz hinein

    schickst Du dein' Schein so breit
    ein Strahl aus Gottes Liebeslicht

    in dieser Weihnachtszeit.


    Emmy Köhler (1858-1928)



    Liebe Taminos, das Weihnachtsfest während meines Auslandsjahres in Schweden gehört zu den schönsten die ich bisher erlebt habe. Mit meinem Kirchenchor hatten wir drei wunderbare Adventskonzerte mit den herrlichsten Liedern. Eines meiner liebsten Lieder wurde damals der Choral "Nu tändas tusend juleljus", dessen deutsche Übersetzung oben für Euch lesbar ist. Im Video seht ihr eine der schönsten Traditionen - die kleinen Engelsmädchen, die zum Luciafest jährlich zum 13. Dezember mit Kerzen in den Kirchen singen. Ich hoffe Euch berührt es so wie mich.

    Allen eine schöne Weihnachtszeit!


    Christian


    N'Abend zusammen,


    in einer Phase, in der ich mich viel mit englischer Oper beschäftigt habe, kam mir die eingangs bereits von Traubi erwähnte Ethel Smyth (1858-1944) öfters über den Weg. Besonders mit ihrer Oper "The Wreckers", die 1906, wie ihre vorherigen Opern in Deutschland uraufgeführt worden ist, kam ich öfter in Kontakt. Mir persönlich gefällt die Musik ganz gut - Einflüsse von Wagner sind unverkennbar, aber insgesamt ist ihre Tonsprache doch ungemein englisch - allerdings nicht so englisch leicht wie bei Edward German oder Sullivan - sondern teils eben auch dramatisch verdichtet. Ihre Orchestrationstalent ist unverkennbar. Kein Wunder, dass Bruno Walter das Werk herausbringen wollte (was durch den 1. WK zunichte gemacht wurde), und zumindest das Vorspiel zum 2. Akt oft dirigierte.
    Unten findet ihr die sinfonische Dichtung "On the Cliffs of Cornwall", ein Arragement - soweit ich herausfinden konnte -, welches wahrscheinlich aus diesem besagten Vorspiel zum zweiten Akt stammt. Hört es Euch an - ich finde es handwerklich gut gemacht, aber auch sehr ideenreich mit teils unerwarteten Wendungen (an einer Stelle nimmt sie quasi das Lied "Somewhere over the rainbow" vorweg.



    Vor Jahren gab es bei uns im Wolfsburger Theater ein Sinfoniekonzert, bei dem ausschließlich Werke von Frauen gespielt worden sind - Farrenc, Fanny Mendelssohn und noch eine Zeitgenössin. Obwohl die Werke nett anzuhören und handwerklich sicherlich solide gemacht waren... kann ich Alfreds Ausspruch der Mittelmäßigkeit nicht wirklich brüskiert zurückweisen. Boulanger, Smyth und Germaine Tailleferre sind da wohl schon interessantere Kandidatinnen. Was sicher auch mit der Emanzipationsbewegung zu tun hat...


    LG
    Christian


    Liebe Taminos,


    auf Anregung eines Tamino-Mitglieds habe ich mich in den letzten Tagen vermehrt mit Swetlanow beschäftigt und mir u.a. zwei Aufnahmen von den Sinfoninischen Tänzen angehört. Bisher war ich immer ein großer Fan der Janssons/St.Petersburg Aufnahme, der allerdings doch einen anderen Ansatz als Swetlanow wählt - sehr romantisch, mit breiten Pinselstrichen - etwas, dass dem Werk gut steht, finde ich.


    Nachdem teleton so schwärmerisch von den Swetlanow-Aufnahmen sprach, habe ich mir zumindest zwei angehört. Während mich die neuere von 1995 nicht so wirklich überzeugen konnte, aber schon durch einen wirklich irren Streicherklang in den breiten Melodien sehr angenehm auffiel, so ist die Aufnahme von 1973 mit dem USSR doch schon eine andere Welt.
    Der erste Satz ist rhythisch sehr präzise punktiert und wird sehr straff und ungeschnörkelt genommen. Auch hier - Swetlanow treibt die Geigen zu Höchstformen an. Manchmal ist es mir fast ein wenig too much - aber der Klang ist höchst eindrucksvoll. Bis auf ein paar agogische Merkwürdigkeiten ein fulminanter Beginn.
    Der zweite Satz geliegt auch viel besser als in der späteren Aufnahme - dies ist kein romantischer Walzer - hier ist richtig Drama - das gibt es bei Janssons nicht. Gerade in der Kulmination gegen Ende des Satzen zeichnet Swetlanow einen richtigen Totentanz.
    Zu Beginn des dritten Satzes dachte ich - welch ein sanfter Beginn. Doch mit der Dies-Irae-Sequenz geht die Fahrt dann richtig los. Die Streicher artikulieren wirklich hervorragend und gehen wieder an die Grenzen ihres Klangspektrums. Sowieso ist die gesamte rhythmisch Ausarbeit, aber auch das recht trockene Spiel der geradezu reinrufenden Blechbläser sehr eindrucksvoll. Das Tempo das zum Teil vorgegeben wird, ist atemberaubend ... aber genau richtig für meinen Geschmack. :rolleyes: Insgesamt einen fantastische Aufnahme, die mit der von mir wirklich geliebten Jansson-Aufnahme mithalten kann, wenn sie sie nicht sogar überbietet. Wer die Platte nicht im Schrank hat, wird auf youtube fündig:



    LG
    Christian


    Swetlanow hat auch noch Alfvéns sehr hörenswertes Ballett "Bergakungen" (der Bergkönig) eingespielt, welches neben der 4. Sinfonie als Alfvéns wertvollstes Werk angesehen wird ... vielleicht auch daher, da er ungemein viele Motivelemente und Wendungen aus der vierten hier herüberkopiert hat? Nichts desto trotz ein sehr geschlossenes Werk. Die Aufnahme ist ebenfalls bei Musica Sveciae erschienen, gibt's mittlerweile aber auch auf youtube.




    Beste Grüße
    Christian



    Liebe Walton-Freunde,


    in den letzten Wochen habe ich Waltons erste Sinfonie wieder oft mit Begeisterung gehört. Anders als vorher kann ich mich allerdings nicht mehr von der Vorstellung lösen, dass die Musik, besonders im ersten Satz, auch von Sibelius stammen könnte. Besonders der Einsatz des Blechs, aber auch so manche harmonische Wendung oder das Hauptthema im ersten Satz, könnte m.E. auch von Sibelius komponiert worden sein. Haben auch andere Taminos diese Assoziationen? Ich will dabei keineswegs Walton eine eigene Tonsprache absprechen, aber die Ähnlichkeit ist ja schon gegeben. Ist bekannt was Walton von Sibelius hielt? Eine schnelle Suche (Wikipedia) sagte dazu jedenfalls nichts aus...


    LG
    Christian

    Hallo Joseph,


    auch ich finde Deine Thread sehr lesenwert! Gerade jetzt bin ich überrascht, wie viele Orchester es doch im Norden gibt. Einige kenn ich aus meinem Auslandsjahr in Schweden, doch andere habe ich dort nie wahrgenommen.
    Vielleicht magst Du ja bei der Königlichen Hofkapelle noch die Hofkapellmeister ergänzen? Erstaunlich, wie viele Hofkapellmeister es zeitweise auf einmal gab, dabei sind die "einfachen Kapellmeister" gar nicht von mir erfasst. Auch interessant, dass in den letzten Jahre offenbar fast nur noch Gastdirigenten zum Zug kommen. Hami hätte bestimmt gewusst, warum dies in Stockholm so gehandhabt wird...


    1848-1858 - Jacopo Giovanni Battista Foroni
    1858-1861 - Ignaz Lachner
    1861-1885 - Ludvig Norman
    1885-1908 - Johan Conrad Nordqvist (ab 1892 1. Hofkapellmeister)
    1885-1907 - Richard Henneberg
    1892-1897 - Andreas Hallén
    1898-1922 - Herman Gustav Berens
    1908-1910 - Hj. Meissner
    1911-1923 - Armas Järnefelt
    1914-1915 - Johan Conrad Nordqvist (1. Hofkapellmeister)
    1923-1924 - Adolf Wiklung
    1923-1933 - Armas Järnefelt (1. Hofkapellmeister)
    1930-1953 - Nils Grevilius
    1936-1949 - Leo Blech
    1938-1946 - Armas Järnefelt (1. Hofkapellmeister)
    1946-1966 - Herbert Sandberg
    1953-1960 - Sixten Ehrling
    1957-1960 - Nils Grevilius
    1962-1964 - Nils Grevilius
    1964-1965 - Sixten Ehrling
    1967-1968 - Sixten Ehrling
    1968-1977 - Kurt Bendix
    1972-1973 - Sixten Ehrling
    1976-1993 - Sixten Ehrling (1. Hofkapellmeister)
    1984-1988 - Stig Westerberg
    1992-2005 - Siegfried Köhler
    1994-2001 - Sixten Ehrling (1. Hofkapellmeister)
    1993-1995 - Kurt Bendix
    1995-1997 - Kjell Ingebretsen
    1995-2004 - Leif Segerstam
    2008-2009 - Leif Segerstam
    2014-2015 - Leif Segerstam


    LG
    Christian


    P.S. und ändere doch bitte die Wirkungszeit des von mir sehr geschätzen Dirigenten Launy Gröndahl bei der Kategorie Dänemark - DR Orchester von 1926 auf 1956 ab. Danke :-)

    Liebe Taminos,


    ich habe Blomstedt 2014 mehrfach in Göteborg erlebt und mir daraufhin einige Aufnahmen von ihm besorgt. Seine Konzerte waren schon etwas besonders, wenngleich mir seine recht zackige Art zu dirigieren zumindest optisch/ästhetisch nicht so sehr zusagte. Was er jedoch dem Orchester entlockte war schon wirklich toll - zumal das Hervorheben der Komposition, indem er auch die Partitur vom Publikum beklatschen ließ, ihn in meinen Augen ungemein sympathisch macht.
    Diskografisch möchte ich umbedingt seinen Sibeliuszyklus mit dem San Francisco Symphony Orchestra hervorheben.
    Durch ihn wurde die dritte zu meiner liebsten Sibelius-Sinfonie - wie kraftvoll vorwärtsdrängend, als würde die Welt einen mit offenen Armen empfangen, der erste Satz. Doch der zweite Satz ist unter ihm wirklich himmlisch, wie unbekümmert und doch voll Spannung, wie hoffnungsvoll und gleich voll Trauer - ich habe keine andere Aufnahmen, die so viel Musik aus dem vergleichsweise geringen musikalischen Material macht. Für mich eine Top-Aufnahme. Auch die anderen Sinfonien sind alle wunderbar anhörbar, allerdings habe ich zum Teil andere Favoriten. Allein wegen der dritten (die hier im Forum vergleichsweise schlecht wegkommt), kann ich diese Aufnahme nur empfehlen - ganz großes Kino!



    LG
    Christian

    Liebe Taminos,


    auch wenn ich kein großer Kuhlau-Fan bin (allgemein liegt mir die Epoche der Klassik nicht wirklich sehr am Herzen), so möchte ich doch an dieser Stelle auf seine enorme Wichtigkeit in der dänischen Musikgeschichte hinweisen. Wie damals an den Höfen üblich war Musik alá Mozart auch in Dänemark geschätzt, weshalb der Deutsche Kuhlau, wie auch C.E.F. Weyse schnell in Dänemark Fuß fassen konnten. Beide erhielten sogar den Titel des Hofkomponisten und hatten daher großen Einfluss auf das Musikleben in Dänemark, weshalb deren Stil schnell dort Verbreitung fand. Sein wirklicher Verdienst lag dort nicht in den Sonatinen sondern in der Musik zum Elfenhügel (Elverhøj), welche auch schon angesprochen wurde.Hier verwendet er als einer der ersten Komponisten Dänemarks, Volksmelodien des Landes. Während vorher deutsche Exportware den Musikmarkt Kopenhagens bestimmte - Volksmusik eigne sich ja nicht als Kunstmusik - erkannte man nun im Rahmen des Nationalbewegung, dass auch Dänemark über eine eigene Musik verfügte - und Kuhlau gab damit den Anstoß zur Nationalromantik, die schnell ihre Wege machte. Auf ihn bauen die folgenden Komponistengenerationen - Niels W. Gade, J.P.E. Hartmann und langfristig natürlich auch Namen wie Carl Nielsen auf, und machen ihn daher zu einer musikgeschichtlich höchst wichtigen Person.


    Geradezu legendär ist übrigens folgender Clip der Olsenbande mit der Musik zum Elfenhügel...sehr amüsant :D Solch prächtiges Schlagwerk hat der Dirigent selten gehört. Ein sehr schönes Detail ist die Taschenpartitur des leider ehemaligen dänischen Musikverlags Wilhelm Hansen, der eigentlich alles an dänischer Musik verlegt hat, was es gibt.


    Seid herzlich gegrüßt
    Christian


    Liebe Taminos,


    gestern Abend konnte ich im heimischen Theater Wolfsburg eine tolle Aufführung von Lortzings komischen Oper Zar und Zimmermann erleben. Auch wenn ich kein Freund komischer Sujets und Opern bin und mich eher im Musikdrama wohlfühle, so entschloss ich mich spontan die Oper zu besuchen. Ich habe es nicht bereut - und die gerade mal 250 Zuhörer im fast 750 Plätze bietenden Theater gewiss auch nicht.


    Obgleich Detmold in Wolfsburg einen eher schlechten Ruf als Regietheatermacher par excellence haben, kamen wir doch in den Genuss einer wirklich traditionellen, rundum ästhetischen und detailverliebten Inszenierung von Wolf Widder. Als Pluspunkt werte ich schonmal, dass die Ouvertüre bei geschlossenem Vorhang erklang - ich verstehe nicht, warum diesen viele Regiesseure nicht mehr als dramatisches Mittel nutzen...Der Vorhang hebt sich und blicken auf einen weiteren Vorhang mit dem Bild einer heutigen Werfthalle. Der Erzähler (der die Dialoge ersetzt, aber davon einiges aufgreift) erklärt, dass heute so die Schiffe gebaut werden, lenkt aber den Blick auf die Vergangenheit, wobei sich auch dieser Vorhang öffnet und den Blick auf das Bühnenbild freigibt.
    Man befindet sich in einer großen, fast sakral anmutenden Werfthalle. In der Mitte stehen Zimmermänner auf Holzgerüsten und arbeiten an den Spanten eines Schiffes. Die Halle ist offen und gewährt den Blick auf das Meer. Alles ist sehr detailverliebt in Szene gesetzt: Alte Sackkarren, Holzhämmer, historische Sägen und Hobel, und, und, und. Alle Personen tragen historische Kostüme - vom Bürgermeister in Amtstracht mit Perücke, über den Marquis in wallendem Gewand bis zum einfacher Arbeiter in Leinenhosen und - hemden.
    Wolf Widder machte wirklich lebendiges Theater - es gab so viel zu sehen. Die Figuren agieren natürlich miteinander, die Personenführung ist konventionell, aber funktioniert hervorragend. Es wird nicht zwanghaft versucht witzig zu sein, der Witz funktioniert aus Lortzings Libretto heraus, und wenn die Sängerdarsteller etwas mit hineingeben, wirkt es nicht übertrieben sondern echt komisch.


    Musikalisch möchte ich vorallem das Orchester unter der Leitung von György Mészáros hervorheben. Leichtigkeit, Esprit, ein nahezu perfektes Zusammenspiel zwischen Bühne und Dirigent und angenehm zügige Tempi, machten es zu einem reinen Vergnügen den nie zu dick auftragenden Klängen aus dem Graben zu lauschen.
    Die Sänger gefielen mir bis auf Jeanne Seguin in der Rolle der Marie allesamt sehr gut (sehr, sehr schlanker Sopran...). Bürgermeister van Bett war natürlich meine Lieblingsfigur. Mit prachtvollem Bass und viel Humor, ideal für die Spieloper geeignet, brillierte Christoph Stephinger, der in den Höhen jedoch manchmal etwas kehlig wurde. Auch Markus Gruber in der Rolle der Peter Iwanow konnte mit einem strahlenden Tenor überzeugen, war allerdings schauspielerisch der schwächste in dem sonst sehr guten und textverständlichen Ensemble. Julian Orlishausen als Zar Peter war mit seinem kräftigen Bariton eines Zaren würdig und verfügt über eine große Bühnenpräsenz. Der Marquis von Stephen Chambers war ebenfalls hervorragend. Stählernd, jedoch etwas knödelig in der Höhe, war er eines der Highlights am Abend.
    Alles in allem war es ein wirklich schöner Opernabend, der etwas von der guten alten Zeit (die ich natürlich nie miterlebt habe) aufleben lässt. Besonders hat mich der Holzschuhtanz erfreut, der als Ballett im Stück gegeben wurde. Wahrscheinlich eine der wenigen Ballettmusiken, die in der Oper nicht gestrichen wird, oder?
    Auf jeden Fall ist dieser Beitrag vom Theater Detmold etwas für unsere Regietheater-Feinde. Anbei der Trailer.


    Beste Grüße
    Christian



    Zitat

    Zitat Hart:
    Hätte ich die Bücher vorliegen, würde ich zuallererst nachschauen, ob der Autor darauf hinweist, dass eigentlich Preetorius »Neubayreuth« geschaffen hat - zumindest sehe ich das stilistisch so ...

    Nachdem ich in diesem Jahr meinen ersten Bayreuth-Besuch genossen habe, bin ich einem wahren Wagner- und Bayreuth-Rausch verfallen und habe mir einige Literatur dazu zugelegt, allerdings nicht der von Rheingold vorgestellte Band. In Bezug auf Dein Zitat, lieber Hart, dürfen wir auch den Regiesseur Heinz Tietjen nicht vergessen, der neben Winifred Wagner als Leiterin der Festspiele, mindestens genauso an der Schaffung von "Neubayreuth" wichtig beteildigt war. Dazu kann ich auch folgendes Buch empfehlen, welches die Ära Winifred bis 1945 sowie auch Teile von Wieland und Wolfgang Wagners Wirkungszeit absolut packend und offenbar bestens recherchiert darstellt. Neubayreuth wird dementsprechend großflächig (und deutlich preiswerter - ab 89ct bei amazon- als der Doppelband) dargestellt.


    LG
    Christian

    Zitat Holger:

    Zitat

    Völlig unplausibel finde ich, dass ausgerechnet pubertierende Jugendliche, die sich von Mamas und Papas Klischeevorstellungen von bürgerlicher Wohlanständigkeit emanzipieren wollen, biedere Inszenierungen, schön-kitischige Opern in historischen Kostümen von anno dazumal, attraktiv finden.

    Lieber Holger,


    dies möchte ich ganz schnell dementieren. Als jemand, der vor 3 Jahren noch die Schulbank drückte und mit der Klasse oft im Theater, sogar in der Oper war, kann ich nur sagen - falsch! Genau das, historische Inszenierungen wollen wir nämlich sehen! Fast ausnahmslos wurden die vom Regietheater - oft wirklich - verunstalteten Stücke von der Klasse abgelehnt. Wir sehen die Wirklichkeit doch jeden Tag vor uns, Du glaubst gar nicht wie "nostalgisch" die Schüler von heute sind. Ich habe nichts gegen moderne Inszenierungen, aber es muss gut gemacht sein (wie gesagt - ich fand den Bayreuther Parsifal sehr plausibel und spannend)
    Nur dazu - den Rest der Diskussion überlasse ich Euch. ;-)


    LG
    Christian

    Liebe Taminos,


    auch wenn ich hier vermutlich gegen eine Wand rennen werden - ein Freund und ich besuchten den gestrigen Parsifal in Bayreuth - und es hat uns sehr gefallen. Die Inszenierung fand ich auf weiten Strecken sehr gut (mal von der peinlichen Weltraum- und Wagner-Auflösungs-Projektion abgesehen), und es ist nie langweilig geworden. Zugegebener Maßen war es mein erster Parsifal (Opern auf DVD schaue ich mir nicht an) und habe somit keine Vergleichsmöglichkeiten. Jedoch fanden wir den ersten und zweiten Akt sehr eindrucksvoll dargestellt - ein sehr intensives Erlebnis. Von den Sängern war ich ein wenig enttäuscht. KFV hat zwar einen durchdringenden Tenor und man versteht jedes Wort, allerdings ist sein Timbre und vorallem seine monotone Vortragsweise nicht mein Fall. Zeppenfeld und Ryan McKinny (Amfortas) waren schon eindrucksvolle Stimmen. Gerd Grochowski (Klingsor) war sehr blass und vor allen unverständlich. Das Highlight war das Orchester unter Hartmut Haenchen, auch wenn ich mit dem Klang, der aus dem Orchestergraben kam, nicht viel anfangen konnte. Die Geigen klingen wunderbar daraus empor, Holz aber vor allem Blech und Schlagwerk erklingen doch ganz schön abgedumpft, oder lag das an meinem Galerieplatz?

    Die Atmosphäre auf dem Hügel ist schon besonders - einmal würde ich schon nochmal gerne einen anderen Platz ausprobieren, in der Hoffnung, dass das Orchester daraus besser erklingt. Aber insgesamt war es für mich ein beglückender Opernabend.


    LG
    Christian

    Liebe Taminos,


    wie die finnischen Nachrichten heute vermittelten, starb Einojuhani Rautavaara in der gestrigen Nacht im Alter von 87 Jahren. Der international bekannte Komponist galt als eine der führenden Musikerpersönlichkeiten des Nordlands und wurde von Jean Sibelius persönlich gefördert. Zu seinen Schülern an der Sibelius-Akademie in Helsinke gehörten Esa-Pekka Salonen, Magnus Lindberg und Kalevi Aho, die alle selber heute bekannte Komponisten geworden sind. Rautavaare hinterlässt ein umfangreiches Oeuvre mit Sinfonien, Opern, Konzerten, die ihn in der Musikwelt unvergesslich machten.
    R.I.P


    Beste Grüße
    Christian

    Lieber Musikwanderer, lieber Rheingold,


    verzeiht meine späte Meldung zu diesem Thread - tatsächlich bin ich nicht mehr so aktiv hier im Forum unterwegs - dennoch möchte ich Euch gerne antworten. Erstmal Dir, lieber Musikwanderer, herzlichen Dank für diesen ausführlichen Beitrag zum Opernführer, den ich mit großem Gewinn gelesen habe. Wie Du weißt ist mein Interesse für Klenau recht groß, weshalb ich etwas über diese mir gänzlich unbekannte Oper gerne gelesen habe.
    Auch das Lied, das Du Rheingold gepostet hast, war mir neu. Der Hörschnipsel, der wahrlich wunderschön ist, ist das Lautenlied des Cornelis aus dem zweiten Bild des zweiten Akts. Offenbar muss es populär gewesen sein - es erschien als seperate Notenausgabe bei der Universal-Edition.


    Wirklich viel kann ich zu Euren Fragen auch nicht sagen. Die Rembrandt-Oper wird zu Klenaus großen Zwolftonopern gezählt. Wobei man diese Zwölftontechnik in Anführungszeichen setzen müsste. Vielmehr verklärt er durch solche Reihen (z.T. als Vorhalte genutzt) die Harmonien, behält aber ihren harmonischen Charakter bei und kadenziert (!), was bei Schönberg nicht der Fall ist - erhält also das tonale Systhem. Dadurch bleib die Musik klar tonal und verliert m.E. nur wenig von spätromantischen Charakter. Ein Bekannter sagte mir mal, dass es am ehesten mit Reger zu vergleichen sei. Ich habe in meinem "nordischen Notenarchiv" neben diversen Klavierwerken aus Klavierauszüge der Oper Sulamith, sowie des Balletts "Klein Idas Blumen", und man mag sich in anbetracht seiner durchaus moderneren Sinfonien wundern, zu welch schwelgerisch, tief in der Romantik verwurzelten Ideen Klenau fähig war. Seinen Liederzyklus "Gespräche mit dem Tod" kann ich auch nur jedem ans Herz legen.


    Zurück zu Rembrandt - ich habe einen großen Artikel in einer englischsprachigen Musikzeitschrift von 1937 gefunden, an den ich gerne versuche heranzukommen (ich bin ja selber neugierig). Sobald ich näheres weiß, melde ich mich hier wieder.


    Liebe Grüße
    Christian

    Lieber Don Gaiferos,


    ich habe mir die abgebildete CD hauptsächlich aufgrund des Opernfragments Olav Trygvason gekauft, welches ich für einen großen Wurf halte, welches ungemein norwegisch ist und jedesmal Bedauern auslöst, weil Grieg aufgrund seines lustlosen Librettisten nur drei kurze Szenen komponieren konnte. Diese - recht geschlossen wirkenden - Bruchstücke sind sehr düster, chor"lastig", archaisch, aber ein typischer Grieg. Allein deshalb kann ich dies schon empfehlen.


    Die ebenfalls auf der CD enthaltenen Lieder gehören nicht zu meinen Favoriten, Letzter Frühling mal ausgenommen, sind aber auf sehr hohem Niveau wiedergegeben. Ein Bekannter von mir, dem ich die Aufnahme auslieh und der selber großer Schweden/Norwegenfan ist, sagte mir hinterher, dass er die sechs Lieder nie schöner gehört hätte. Die tolle Klangqualität der SACD trägt dazu bei. Ich kann Dir die Aufnahme nur empfehlen - trotz des hohen BIS-Preises.


    Hast Du denn schon Halvorsen und Geirr Tveitt kennengelernt? Tveitt finde ich großartig, besonders seine Suiten auf Volksmelodien aus Hardanger, die er in seiner gemäßigt modernen Tonsprache wunderbar in mehreren groß gekoppelte Suiten verarbeitet. Der Komponist lohnt sich, auch seine Klavierkonzerte sind sehr hörenswert, sein Leben interessant, aber doch tragisch. Bei einem Brand in seinem norwegischen Holzhaus verbrannten fast alle seine Manuskripte. Umso schöner, dass wir doch noch einiges überliefert haben. Die besagten Suiten sind bei jpc wahrscheinlich nur noch bis Midsommar (Samstag) reduziert...


    Liebe Taminos,


    heute wurde mir der besondere Genuss zuteil, Thomas Hampson sowie den Bassbariton Luca Pisaroni in einem Galakonzert in Wolfsburg zu erleben. Da ich selber - um es klar auszudrücken - keine Ahnung von Stimmen habe und nur von Vorlieben sprechen kann, vertritt dieser kleine Bericht wirklich absolut nur meinem Geschmack. Insgesamt kann ich nur sagen, dass es ein wundervoller Abend war. Hampson überzeugte mich in jeder Hinsicht, stimmlich - was für ein Volumen (man hörte vom Klavier fast nichts mehr, er ist schon sehr laut), darstellerisch hervorragend, Bühnenpräsenz - ohne Frage! Genauer kann ich nur auf seine Figaro-Nummern eingehen, die ich selber schon einmal bei einem Konzert gegeben habe. Hier stimmte wirklich alles - Betonungen, ritardandi, humorvolle Stimmspielereien. Es war eine ungemein musikalische Interpretation. Mein persönlich Highlight jedoch war die Vision fugitive aus Massenets Hérodiade, bei der die Höhen zwar schon durchaus etwas gepresst und nicht so sehr strahlend mehr klangen, aber der ganze Ausdruck seiner Darstellung mich (und die anderen Zuhörer im ausverkauften Wolfsburger Haus) ungemein in den Bann zog. Sein Partner des Abends - Luca Pisaroni - war nicht nur ein Mitbringsel. Musikalisch war er mindestens genauso gefeiert worden, wie der Weltstar, sein Mozart schlichtweg fantastisch, noch überzeugender als Hampson.


    Herzliche Grüße
    Christian