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Original von Johannes Roehl
Hast Du bei Liedern von Schubert oder Schumann ebenfalls den Eindruck der Unsanglichkeit? (Ich nicht ;))
Ich schrieb ja recht unsanglich, und es ist meiner Ansicht nach auch in der Schubertschen und Schumannschen Melodiseeligkeit zu hören, dass es zuweilen Schwierigkeiten macht, der deutsche Sprache eine wirklich klangvolle Kantilene abzuringen.
Weil ichs gerade im Hintergrund höre:
Nehmen wir Pedrillos Arie "Frisch zum Kampfe! Frisch zum Streite". Ein schönes Beispiel für die vokalarme und mit abenteuerlichsten Konsonantenballungen gesegnete Sprache. Kampfe und Streite sind da ja sozusagen noch die aufgemotzen Wortversionen.
Vor allem "mpf" ist ein echter Knüller. Das italienische tut sich da vor allem mit seinen regelmäßigen Vokalendungen deutlich leichter, auch ein Legato ist einfacher zu singen, wenn man nicht erst zwei mal drei Konsonanten miteinander binden muß, bevor man endlich einen Vokal zwischen die Zähne bekommt. In der Hallen-Arie des Sarastro beispielsweise müssen sich die Bässe auch mit Wörtern wie "Nicht" oder "Pflicht" abmühen, auf "Hand" und "Land" singt es sich dann hörbar leichter, wenn es darum geht, Wohlklang zu produzieren.
Und ich habe da schon den Eindruck, Wagner hat das auch gerade bei Wortwahl und Satzbau des öfteren berücksichtigt. Der Stabreim passt dann auch musikalisch sehr gut, weil viele Wörter halt den Akzent gleich auf der ersten Silbe haben, so singen sich die Winterstürme denn auch so klangvoll. Die italienischen Endvokale ohne nachfolgenden Konsonanten haben wir halt recht selten zur Verfügung.
Und Deine Ausführungen zum Zwiefach sind natürlich durchaus sinnvolle Spekulationen, aber es lässt sich aus meiner Sicht nicht abschließend klären. Und zu vermuten, Wagner dachte im Sinnzusammenhang an mehrfach, dichtete dann aber Zwiefach, weil es halt einfach besser im Stabreim passt, ist sicher nicht verkehrt.
Insofern bin ich halt der Ansicht, man muss, welch Wunder, bei Wagner immer das gesamt(e) Kunstwerk im Blick haben, und die einzelnen Verse auch immer in Ihrer musikalischen Wirkung betrachten.
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Theophilus schrieb
Das glaube ich nicht. Ich meine, Wagner verwendete dieses Formprinzip aus dem Altgermanischen um die Dichtung auch sprachlich in die weite Vergangenheit zu rücken.
Peter Wapnewski weist, wie schon erwähnt, darauf hin, dass der Stabreim die den germanischen Sprachen vom Tonfall her angemessene poetischen Bindungsart sei, da sich diese Sprachgruppe durch den Initialakzent bestimme, die grundsätzlich skandierende Anfangsbetonung der einzelnen Wörter.
Die historische Perspektive spielt aber sicher auch eine Rolle.
Gruß
Sascha