Beiträge von Antracis

    O.K, neues Forum, neues Glück. :)


    1993 gings los:


    Nummer 1



    Mit dem Schumann-Konzert begann meine Leidenschaft. Ich hörte es in einem Fernsehfilm, wo es um irgendeinen aufstrebenden Wunderkindpianisten ging und es ging mit nicht mehr aus dem Kopp.


    Nummer 2



    Nummer 3



    Die hier bekam ich geschenkt. Immerhin höre ich alle 3 CDs ímmer noch ab und zu und mußte keine wegwerfen. 8)


    Gruß
    Anti, *jetzt Fussball guggend*


    (HELLLAAAAAAAAAAAAASS!)

    Also, es gibt viele Pianisten, die ich wegen bestimmter Einspielungen bewundere oder deren Können ich allgemein für außerordentlich halte. Lieblingspianisten sind wiederum für mich diejenigen, die mir einfach besonders nahe stehen in ihrem Interpretationsstil, und das in einem bereiten Repertoire.


    In alphabetic order:



    Emil Gilels
    Maurizio Pollini
    Sviatoslav Richter
    Krystian Zimerman


    Mehr mag ich nicht herausheben. ;)


    Gruß
    Anti

    Hallo Alfred,


    Alfred schrieb:


    [zitat]
    Das kann ich nicht ganz so unwidersprochen stehen lassen: Mit ca 20/25 waren Haydn Mozart und Beethoven meine ´Götter´. Wagner verabscheute ich als ´klobig´ und ´ordinär´ was ich über Tschaikowski Brahms und Mahler damals sagte würde hier der Moderator zensieren (glaub ich zumindest ) aber das hat sich alles eingerenkt inzwischen..[/zitat]


    Wie hier praktisch demonstriert, war Deine Schützenhilfe fürs Zitieren erfolgreich. In diesem Falle waren es vermutlich die drei Punkte, welche den fatalen Zeilenumbruch auslösten. ;)


    Aber zurück zu Thema: An diesem Beispiel sieht man wieder schön, wie unterschiedlich die Menschen doch Zugang zu verschiedenen Komponisten erlangen. Dies macht es aus meiner Sicht auch so schwer, ´Einsteigern´ die so oft erfragten Empfehlungen aussprechen. Manch einer schläft bei Haydns 88ter Sinfonie ein, ein anderer wird von Mahlers Sechster Sinfonie für immer verschreckt, ein anderer wiederum saugt beides buchstäblich in sich hinein u.s.w.
    Und im Alter ist man ja auch immer wieder ein Anfänger, dass ist ja das schöne an diesem riesigen Gebiet. :)


    Gruß
    Anti

    Hallo zusammen,


    Mozart scheint mir - ähnlich wie Wagner - einen Extrempol im Repertoire der geläufigen klassischen Musik darzustellen. Er ist manchem zu ´leicht´, Wagner hingegen manchem zu ´schwer´. Bekanntlich wechseln solche Ansichten aber nicht nur über die Jahrhunderte, sondern glücklicherweise auch persönlich im Laufe des Lebens. ;)
    So mancher findet erst spät zu Mozart.
    Ich persönlich tat mich anfangs auch schwer: Einige meiner ersten CDs waren Mozart. Das 20 & 21 Klavierkonzert und das Requiem. Beide hörte ich von Anfang an mit großer Begeisterung. Mozarts Sinfonien und Opern lies ich eher link liegen. Lieber Wagner, Mahler und Tschaikowski in den Player, was sich vermutlich am ehesten mit der Gefühlswelt eines damals 19jährigen erklären lässt. :)
    Irgendwann reizte mich der Knabe dann doch mehr und mittlertweile ist auch Haydn ein Stammgast in meiner Anlage. Insofern ist man einerseits ziemlich machtlos, wenn einem halt die Musik aktuell nichts oder zu wenig sagt. Dann hört man halt das andere. Niemand kann und sollte sich zwingen. Aber man sollte vielleicht in seinem Kopf das Buch nicht gänzlich zuklappen, denn so viele begeisterte Mozart-Fans können nicht irren. Also eher für alles offen bleiben: Gelegenheiten zur Annäherung ergeben sich genug von selbst.


    Im Konzertsaal ist Mozart tatsächlich stark zurückgetreten. Bezeichnend überhaupt, dass Rattle z.B. in Berlin sein Debüt mit Mahler gab. Vor 20 Jahren wäre das wohl nicht die Wahl für ein Antrittskonzert gewesen, ist aber im Moment voll im Trend.
    Hier in Berlin ist allerdings eine wieder ansteigende Präsenz der Wiener Klassiker zu verzeichnen: Mozartsinfonien bestimmen schon mal ein eigenes Programm und auch Haydn steht überdurchschnittlich auf dem Plan. Das man dies aber extra herausstellen muss zeigt doch deutlich, dass deren Bedeutung - zumindest in der Konzertpräsenz - aktuell nicht in der ersten Reihe steht. Ich halte das aber eher für eine Modeerscheinung. Hinsichtlich des Zeitgeistes wäre es vermutlich eher zu begrüßen, sich ab und zu so einem Kleinod wie einer frühen Mozart- oder Haydbsinfonie zuzuwenden. ;)


    Gruß
    Anti








    [Dieser Beitrag wurde am 03.07.2004 - 11:13 von Antracis aktualisiert]

    Alfred behauptete:


    [Zitat]Samuel Barber ist gemogelt IMO
    Da muß ich schon beide Augen UND die Hühneraugen
    zudrücken, damit der als Mainstream durchgeht[/Zitat]


    Das sehen aber die Amerikaner vermutlich ganz anders. ;) :D


    Gruß
    Anti

    Hallo zusammen,
    das Problem gleich vorangestellt:


    1. Ist Naxos noch ein Klein-Label und darf deshalb hier genannt werden ? (Zumindest ist es sicher kein typischer Major!)
    2. Ist Samuel Barber noch oder schon Mainstream und darf deshalb hier erscheinen ?


    Wenn ja, dann empfehle ich den Zyklus der Orchesterwerke mit Marin Alsop und dem Royal Scottish Nationalorchester. Volume 1 hab ich erst gestern erstanden




    und bin äußerst fasziniert: Nicht nur hervorragend spannend musizierte Musik, sondern auch durchaus originelle Kompositionen. Da die restlichen CDs des Zyklus auch von der Kritik hochgelobt werden, sicher eine Option, um sich diesen Komponisten in ganzer Breite kennenzulernen und es nicht nur beim "Adagio for Strings" und dem Violinkonzert zu belassen.


    Gruß
    Anti

    Hallo zusammen,


    ich schätze Boulez als Dirigent durchaus. Vor allem bei Strawinsky, Bartok und Webern, aber auch bei Debussy und Ravel. Bei Mahler habe ich meist andere Favoriten, jedoch gehören die Sechste und Vierte Mahler in Boulezs Lesart zu meinen bevorzugten Interpretationen. Ich kann die oft standartmäßig geübte Kritik "zu analytisch, zu kalt ect." meist nicht nachvollziehen. Aber die Leute brauchen halt Ihre Schubladen. Viele professionelle Kritiker fällen Ihr Urteil vermutlich schon aufgrund des Namens, aber das trifft ja viele Musiker.
    Ich würde gerne mal einen Beethoven von ihm hören, wäre sicher spannend.


    Norbert schrieb:


    [Zitat]reicht das schon aus, um heutzutage eine CD aufzunehmen???[/Zitat]


    Sofern nur irgendjemand davon überzeugt ist (im Idealfalle der Künstler selber : :) ), dass es reicht, sollte eine Aufnahme gemacht werden. Große Kunst kann man nicht bestellen, nur finden. Ignorieren kann man Aufnahmen ja immer noch, herbeiwünschen aber nicht. ;)



    Gruß
    Anti

    folky schrieb:


    [Zitat]Dem Punkt 5 muss ich dann aber doch uneingeschränkt zustimmen. So oft ich es auch versuche, mich auf Schönberg und Co einzulassen, wenn DeutschlandRadio oder Deutschlandfunk mal wieder etwas aus der Ecke bringen, gelingt es mir einfach nie länger als, sagen wir bei großer Geduld, 10 Minuten durchzuhalten.Vielleicht kann sich ja mal jemand melden, der sowas tatsächlich genießt und mir einen Zugangsweg zeigen.[/Zitat]


    Hallo folky,


    also es gibt sicher ne Menge Leute, die Schönberg genießen. Forcieren kann man das nicht, man sollte halt einfach offen dafür bleiben und sich immer mal wieder entspannt damit beschäftigen - und wenns nicht funkt, wieder weglegen. ;)


    Man muss sich halt einfach folgendes klarmachen: Mit der Aufhebung der Tonalität und der "Entmachtung" der Konsonanz gegenüber der Dissonanz hat Schönberg so ziemlich alles über den Haufen geworfen: Der periodische Bau der Melodien, teilweise der gesamte formale Bau ist im herkömmlichen Sinne nicht mehr nutzbar. Solange Du also darauf wartest, dass doch so etwas kommt, wirst Du enttäuscht sein. Daran hakt es meist "formal". Man muss sich einfach auf eine vollkommen andere Ästhetik einlassen. ( Ähnlich halt, als wenn man in einem modernen abstrakten Gemälde die Werte der "Alten Meister" der Malerei sucht. )


    Bei mir ist es irgendwie vor ein paar Monaten soweit gewesen, dass ich sogar Lust drauf hatte, etwas atonales zu hören (Parallel habe ich Haydn entdeckt, man muss also nix hinter sich lassen =)
    Mich hatte früher diese Musik schon immer fasziniert, aber nie emotional ergriffen. In einem "Young-People-Konzert" lobte Bernstein mal die Musik von Webern, weil sie so zart, ja fragil sei, dass man sehr genau hinhören müsse, um ja nix zu verpassen. Das hat mich tief beeindruckt und irgendwie wollte ich das entdecken, scheiterte aber des öfteren. So langsam hab ich mich wohl dann über Bartok, Schostakowitsch und Strawinsky vorgetastet. Beim Hören von Schönbergs Gurreliedern wurde mir dann irgendwie klar, warum die Tonalität aus seiner Sicht ausgereizt war, das zweite Streichquartett hörte ich (in Bearbeitung für Streichorchester)live und war tief beeindruckt ....und irgendwann funkte es dann und ich kaufte mir diese CD und hörte sie anfangs mit Neugier, später dann mit steigendem Genuss:



    Hier ist so ziemlich alles gesagt: Vom noch in spätromantischer Tradition haftender Bergsonate über die Stücke, in denen Schönberg immer "Zwölftöniger" wird bis hin zu den aufs wirklich Notwendigste reduzierten Variationen Weberns. Eine schöne Entdeckungsreise.


    Meiner Ansicht nach braucht es nur Geduld und Neugier - dann kommt man sowohl nach vorn wie auch zurück, bezüglich der ebenfalls sicher wertvollen "alten Musik" wie auch der "Moderne".



    Gruß
    Anti

    Ich gestehe dass, obwohl ich eigentlich fast ein fanatischer Mahlerliebhaber bin, sich mir diese Sinfonie noch nicht erschlossen hat. Ich habe die Abbado-Aufnahme im Schrank zu stehen, habe sie glaube ich einmal gehört und dann nie wieder. Auch jetzt, wo ich drüber lese, regt sich nicht das Bedürfnis, sie in den Player zu legen. Das ist vor allem deshalb merkwürdig, weil ich sonst alle anderen Sinfonien und auch die Lieder von Mahler sehr oft höre. Vermutlich muss ich erst mal ein Konzert in Aussicht haben, um ´gereizt´ zu werden.


    Woran das aber liegt, weiß ich echt nicht. ?( :)


    Gruß
    Anti

    Nikolaus Harnoncourt gab irgendwann in den letzten Jahren sinngemäß die Äußerung von sich, es gäbe nur noch 3 Orchester, welche sich in der zunehmenden ´Globalisierung´ ihren eigenen Klang bewahrt hätten. Es seien dies das Concertgebouw Amsterdam, die Wiener Philharmoniker und die Berliner Philharmoniker. Folglich arbeite er auch nur noch fast ausschließlich mit diesen.
    In einem der letzten Programmhefte des BPO äußerte sich Zubin Mehta, dass die Berliner Philharmoniker früher einen vielleicht noch individuelleren Klang gehabt hätten. Allerdings seien damals auch leider sowohl Bach, als auch Beethoven und Strawinsky mit diesem einheitlichen Klang gespielt worden, was heute glücklicherweise anders ist.


    Ich selbst bin bei Leibe kein Lokalpatriot. Natürlich sind die Berliner mein Lieblingsorchester, was sich fast zwangsläufig ergibt, wenn man eines der weltbesten Orchester fast wöchentlich live erleben darf. Man hat ´seine´ Lieblingssolisten u.s.w. Aber ich würde mich nie an ´Ranglistendiskussionen´ beteiligen. ( Ein gutes Antibeispiel hierfür sind z.B. die berühmten ´Big Five´ - die angeblich besten amerikanischen Orchester - , deren Hervorhebung gegenüber anderen mir nicht mehr in jedem Falle gerechtfertig erscheint. )


    Neben den elementaren Unterschieden - wie z.B. amerikanisches Blech gegenüber ´deutschen ´ Blechbläsern - die hört meist selbst der Unerfahrene - gibt es sicher weitere feinere klangliche Unterschiede. Ich würde mir aber nicht anmaßen, diese in jedem Falle im Blindtest herauszuhören. Die typischen Beispiele in ganz außergewöhnlichen Fällen vielleicht - aber beileibe nicht immer. Das ist wie mit den Weinproben: Früher waren die wenigen guten Bordeaux unverwechselbar, heute kommen aus vielen Teilen der Welt ähnlich gemachte gute Weine. Die Profis liegen meist daneben.


    Aber wie gesagt, die Unterschiede sind trotzdem sicher da, sie müssen da sein: Das fängt mit den Instrumenten an, dem Konzertsaal in dem täglich geprobt wird, geht über Herkunft, Ausbildung, Alter der Musiker, bis hin zu den Chef - und Gastdirigenten, dem gespielten Repertoire, der Tradition.
    Auch die eigentliche ´Formation" : Die Wiener sind ja sozusagen eine Eliteauskopplung des Opernorchesters der Wiener Staatsoper. Das heisst, viele Mitglieder spielen täglich in der Oper. Im Vergleich mit den Berlinern geben sie so viel weniger sinfonische Konzerte, während diese aber wiederum nur ein- bis zweimal im Jahr eine Oper aufführen. All das ergibt eine andere Art des Musizierens, und da Musik in erster Linie die Erscheinung von Klang in der Zeit ist, muss das natürlich im Klang manifestiert sein.


    Ich muss aber gestehen, dass ich beim Kauf einer CD keinen so großen Wert auf das Orchester lege, da in der Regel ein mittelmäßiges Orchester unter erstklassiger Leitung bessere Ergebnisse erzielt, als die Berliner Philharmoniker unter einem Provinzkapellmeister.
    Trotzdem gibt es einige Favoriten, so kaufe ich z.B. Brahms sehr gerne von den Berlinern. Und wenn ich Wiener Walzer kaufen würde, würde meine Wahl sicher nicht auf Chicago fallen. :)


    Gruß
    Anti











    [Dieser Beitrag wurde am 09.07.2004 - 18:35 von Antracis aktualisiert]

    peet schrieb:


    Zitat

    Günter Wand war nie ein großer Denker. Seine Meinung würde ich nicht zu ernst nehmen.


    Wobei das meiner Ansicht nach wenig mit "Denken" zu tun hat. Gerade der Konflikt mit Mahler tritt bei vielen großen Brucknerdirigenten auf. Die Musik ist halt in vielerlei Hinsicht gegensätzlich. Offenbar ergibt es sich leider aus der Natur der Sache, bei starker Involviertheit mit der Materie gewisse Grenzen ziehen zu müssen. Bei Komponisten ist das ja nicht anders. Die oben zitierte Polemik von Brahms gegen Bruckner spiegelt ja den damaligen zeitgeistlichen Konflikt der musikalischen Gefolgschaft wieder. Brahms war damals akzeptiert, heute gibt es durchaus Stimmen, die Ihn für einen rückständigen, "stehengebliebenen" Komponisten halten ( ich gehöre nicht dazu ). Dagegen befürchtete Eduard Hanslick, Bruckners "sinfonischem Katzenjammer" könne die Zukunft gehören.
    Und sehr durchsichtig ist die große Befürwortung Beethovens "Pastorale" durch Berlioz, hingegen Ihre Ablehnung durch Strawinsky. Wie auch immer: Authoritäten in solchen Fällen ins Felde zu führen ist zwar durchaus informativ, urteilsmäßig allerdings wertlos.


    Für mich interessant ist eher immer, warum jemand einen Komponisten oder ein Werk ablehnt. Noch interessanter freilich, warum man etwas zugeneigt ist. Denn nur so kann Interesse geweckt werden für Leute wie mich, die sich im Glücke der ausgehenden Jugendlichkeit noch für vieles begeistern können. :)


    Gruß
    Anti

    Auf mich wirkt das Forum auch ziemlich kaufanregend. Wobei ich generell nix kaufe, ohne vorher mal im Laden ausgiebig reinzuhören. Das reicht auch manchmal schon zur Horizonterweiterung und mein Budget ist halt ziemlich begrenzt.


    Auf Anregung dieses Forums ist z.B. die Stereo-Eroika von Klemperer und die Studioaufnahme der zweiten Mahler bei mir gelandet. Beide gefallen mir, wobei sich mir der Mahler noch nicht in der Höhe erschlossen hat, wie er gemeinhin gehandelt wird.


    Gruß
    Anti

    Alfred schrieb:


    [Zitat]Auch der unbarmherzige Wiener Kritiker Eduard Hanslick bezeichnete sie gar als "raffiniertes freches Aneinanderfügen der disparatesten Elemente.."


    Ich bin also nicht unbedingt in schlechter Gesellschaft [/Zitat]


    Nun ja, wenn Menschen wie Hanslick auf das musikalische Geschehen entscheidend hätten Einfluss nehmen können , hätte es vermutlich in den letzten 150 Jahren keinerlei musikalischen Fortschritt gegeben. :yes: Insofern empfinde ich seine Gesellschaft persönlich nicht als "nicht schlecht" und glaube doch zu meinen, dass der Sonate heute eine allgemeine Wertschätzung wiederfährt, die sehr hoch ist.


    Deshalb muss man sie freilich nicht mögen. ;)


    Gruß
    Anti

    Hallo Taminos,


    oft wird die Sonate h-moll als größte Sonatenschöpfung nach Beethoven gerühmt, gilt als größte kompositorische Leistung ihres Schöpfers. Nicht weniger als 6 Themen sind ebenso kunstvoll wie unkonventionell in das Werk eingeflossen. Unbestritten ist wohl ihre aktuelle Repertoirebedeutung: Eines der meist gespielten Soloklavier-Werke im Konzertsaal, und obwohl Liszt die aktive Teilnahme der Künstlerwelt nach Kräften mit vielen Schwierigkeiten wie den entfesselten Presstissimooktaven kurz vor Schluss zu verhindern suchte, findet sie sich doch in fast jeder Künstler-Diskographie. Kaum ein Pianist, der sie nicht aufgenommen hat.
    Da die Sonate eines meiner Lieblingswerke ist, besitze ich (für meine Verhältnisse)relativ viele Einspielungen.


    Meine liebste ist die mit Emil Gilels live 1970 von den Salzburger Festspielen:



    Ein packend gestaltetes Drama mit immenser Spannung vom ersten bis zum letzten Ton. Wundervolle Kantabilität, wahnwitziger "Schlusspurt" ab dem Fugato. Das verzeiht auch manchen pianistischen Fehlgriff unter Live-Bedingungen.


    Auf der gleichen Stufe meiner Sympathie - nur klangtechnisch wesentlich besser ( Die Gilelsaufnahme ist leider Mono, da Rundfunkmitschnitt) und allgemein ganz anders geartet geht Krystian Zimerman vor.



    Nicht so ungezügelt wie Gilels, aber ungemein darauf bedacht, die Gesamtarchitektur des Werkes sichtbar zu machen, die einzelnen Teile wohl proportioniert darzubieten. Dies verbunden mit einer teils gespenstigen Schroffheit, ja Kälte und einer vollkommen selbstverständlichen Virtuosität machen die CD zu meiner Lieblingseinspielung aus neuerer Zeit. Ich besitze noch einige mehr Aufnahmen. Die späte Horrowitz ist sehr spannend - mit Ihr lernte ich das Stück kennen- , aber ich finde sie mittlerweile überzogen, an einigen Stellen "zerpaukt". Argerich ist beeindruckend, nimmt mich aber irgendwie nicht so mit wie Gilels.


    Wie steht Ihr zu dem Werk ?
    Welches sind Eure bevorzugten Einspielungen bzw. welche lehnt Ihr ab ?


    Auf Feedback freut sich
    Anti

    Hallo zusammen,


    meine aktuelle Lieblingseinspielung ist die Stereoaufnahme mit Fricsay:



    Die Aufnahmequalität ist für eine Einspielung von 1958 erstaunlich gelungen. Natürlich einiges an Rauschen und vor allem im ersten Satz einige "schadhafte" Stellen, aber volles Frequenzspektrum und Dynamik, sehr plastisch.


    Künstlerisch mußte ich mich erst etwas reinhören, aber mittlerweile ists mein Favorit. Das unheimlich starke rhythmische Element - schwergewichtig, aber nicht schwerfällig - in den Sätzen 1 und 2, die ungewohnte Blechpräsenz im zweiten Satz, der buchstäblich wirklich "molto Adagio et cantabile" genommene dritte Satz und ein nicht überzogenes Finale ergeben ein überzeugendes Gesamtergebnis. Schade, das Fricsay nicht älter geworden ist. :(


    Ein gänzlich anders gearteter Fall ist Gardiners HIP-Aufnahme bei der DG, viel schnellere Tempi, auch klanglich ganz anders,durchsichtiger, nicht so monumental aber ebenfalls oft in meinem Player.
    Ansonsten habe ich nur noch die neueste Abbado-Einspielung, und die späte Karajanaufnahme. Beide vermögen mich wenig zu begeistern.


    Gruß
    Anti

    Irgendwann vor vielen Jahren brachte ich meine Freundin mal mit dem Auto zu Ihr nach Hause, auf der guten Stunde Rückfahrt, die uns damals noch trennte, erlabte ich mich an fantastischer Opernmusik aus dem Autoradio. Ich hatte keine Ahnung, was das war, schätzte aber Mozart. Die Vermutung bestätigte sich mit der abschließenden Moderation - ich blieb noch 10 Minuten im geparkten Auto sitzen, um mitzubekommen, was es gewesen war. Es war dies der zweite Akt der Cosi aus folgender Aufnahme gewesen:



    Zwei Tage später befand Sie sich dann auch schon in meinem Besitz. Und obwohl meines Wissens andere Aufnahmen Böhms höher gehandelt werden, bin ich Ihr doch treu geblieben. Einziger Wermutstropfen ist der in das Finale reinbrechende Schlussapplaus, der mir volle 6 Sekunden Musik vorenthält. :(


    Es bleibt aber festzuhalten, dass ich so schon Jahre vor dem Zusammentreffen mit Alfred eine Aufnahme mit Böhm erwarb. :cool:


    Gruß
    Anti

    Was ein Zufall, bei mir auch. :)


    Die zweite Sinfonie war eines der ersten Werke, die ich im Konzert hörte. Abbado und die Philharmoniker gaben diese in einem `Jugendkonzert´. (Eine mittlerweile leider eingestellte Institution, aber damals waren jeweils 4 Programme der Saison für 7,50 DM !! - also ca. 3,20€ ) zu besuchen, sofern man unter 25 Jahren alt war.
    Als Vorbereitung borgte ich mir diese CD von einem Kumpel:



    Die Aufnahme lief Sonderschichten in meinem Player und auch das Konzert begeisterte mich. (In Sachen Brahms halte ich die Berliner im Allgemeinen und Abbado im Besonderen für sehr fähig). In der nächsten Saision kam sie nochmal und irgendwann hörte ich sie mir über. Der Freund bekam seine CD zurück, ich erwarb aber meinerseits keine Einspielung.
    Da nächste Saision wieder Brahms zweite in Berlin (Rattle) angekündigt ist, suche ich auch nach einer Aufnahme und warte gespannt auf Tips. Die oben angegebene vermochte mich wie gesagt zu begeistertern, das war aber vor gut 6 Jahren , seitdem kein Kontakt mehr mit der Einspielung.


    Gruß
    Anti

    Ich habe mir vor einigen Wochen diese CD zugelegt:



    Die Aufnahme wird allgemein durchaus kontrovers bewertet. Im angloamerikanischen Raum taucht sie lobend wenn nicht gar als Referenz auf, die deutschsprachige Kritik ist da wesentlich zurückhaltender.


    Von meiner Seite aus:
    Nun, die Klangqualität ist sehr mies. Da 1981 aufgenommen wohl eine der ersten Digitalaufnahmen und man kann beim Hören verstehen, warum manch einer spontan seinen CD-Player wieder verkauft hat. Das Klangbild ist ziemlich spröde und hart, in den Orchestertutti klingen die meisten 15 jahre älteren Aufnahmen wesentlich plastischer und durchsichtiger. Eine Enttäuschung.
    Künstlerisch haut es mich ebenfalls nicht vom Hocker. Einiges gelingt hübsch, z.B. finde ich den Ton Perlmans im Finale großartig, überhaupt ist es nun wahrlich keinen Verriss wert, aber halt leider auch keine Offenbahrung und angesichts der großen Konkurrenz wohl deshalb nicht zu empfehlen.
    Fanatische Perlman-Fans sollten vorher die Tonqualität checken.


    Gruß
    Anti



    [Dieser Beitrag wurde am 01.08.2004 - 17:43 von Antracis aktualisiert]

    Jan schrieb:


    [Zitat]Also stehen sie der Interpretation nicht im Wege, sind mithin doch drittrangig! Ätsch![/zitat]


    Mich würde jetzt interessieren, welche Kriterien erst- und zweitrangig sind, die dann ins Spiel kommen, wenn denn der Künstler zumindest die richtigen Töne trifft. Musikalität und ?


    Gruß
    Anti

    In diesem Zusammenhang fand ich einen Fernsehbericht interessant. Es ging um Dirigenten, zu Wort kam unter anderem der Dirigent und Komponist Oliber Knussen, er kommentierte ein spätes Klemperer-Video, eine Aufführung Beethovens Neunter und beschrieb staunend, dass obwohl bei den teils unkoordinierten Bewegungen Klemperers faktisch gar kein Schlag mehr zu erkennen gewesen sei er es immer wieder schaffe, die Phrasierung mit einer einzigen H andbewegung auf eine vollkommen einleuchtende Art klar zu machen.


    Alfred schrieb

    Zitat

    Das deutschsprachige Intenet verschweigt die Geschichte diskret.


    Wobei Sie in meinem deutschsprachigen Interpretenlexikon erwähnt ist. ;)


    Gruß
    Anti

    Alfred schrieb:


    Zitat

    Also, Klemperer würde ich nicht als "grandios daneben" sondern einfach nur als "grandios" oder "monumental" einstufen... Wuchtig oder ehern wäre eventuell auch eine gute Umschreibung.


    Dem kann ich mich nur anschließen. Auch wenn die Tempi arg gewöhnungsbedürftig sind - Otto ist so langsam, dass ich nach dem Trauermarsch erstmal ne kurze Toilettenpause einlegen mußte =) - , doch bemerkenswert: Man hört vieles in den Nebenstimmen, was oft untergeht. Der Charakter der Musik verschiebt sich noch mehr ins ´titanische´, die Steigerungen gelingen atemberaubend. Ob es legitim ist, einen Satz mit der Überschrift Presto auch Andante zu spielen, kann man sicher diskutieren. Aber eine interessante Sichtweise eröffnet Klemperer damit auf jeden Fall. Über mangelnde Spannung kann ich mich trotz der extrem langsamen Tempi jedenfalls nicht beklagen, weitere Anschaffungen Ottos Beethoven sind geplant.

    Allerdings freue ich mich auch schon, mal wieder Gardiner zu hören, der ist 10 (!!) Minuten schneller mit der Eroica fertig. :)


    Gruß
    Anti

    Jan und Alfred:


    Eure gegenteilige Meinung zur Klemperer-Aufnahme ist in der Tat ein nicht unbedeutender Kaufanreiz. =)


    Hatte die CD schon mal ins Auge gefasst - entwickle mich in letzter Zeit zum Klemperer-Fan durch die remasterten EMI-Aufnahmen - wollte aber nochmal reinhören bezüglich der Soundqualität. Wie ist die denn so bei der Aufnahme (EMI)? Seine Exzellenz Hurrwitz gibt nur 6 von möglichen 10 Punkten - wobei er das vermutlich auswürfelt. 8)


    Gruß
    Anti

    Hallo zusammen,


    irgendwie empfinde ich diese Sinfonie heutzutage als etwas zurückgedrängt im öffentlichen Interesse hinter der Fünten, Sechsten, Siebten und Neunten. Dabei fand doch Beethovens Stil hier seinen endgültigen Durchbruch. Eine für damalige Verhältnisse skandalös lange und individuelle Durchführung *, durchgängige thematische Arbeit im ersten Satz und eine klare Zielpeilung auf das Finale als Höhepunkt des Werkes. Aber ich gestehe, auch bei mir stand sie lange Zeit im Schatten anderer Sinfonien. Dagegen hörte ich oft und gerne Beethovens Eroika-Variationen für Klavier, die das Thema des Finalsatzes aufgreifen.


    Wie auch immer, seit 2 Wochen ist sie wieder verstärkt im Player in Form von Gardiners Aufnahme.
    Mit dessen Deutung bin ich auch sehr zufrieden, aber man kann ja nie genug Sichtweisen kennen. Drumm also die Frage:


    Was sind eure bevorzugten Aufnahmen ? Welchen Stellenwert hat das Werk für Euch persönlich ?


    Gruß
    Anti





    (*) Sie ist so lang, dass zu Beginn der Reprise jeder Solohornist voller Ungeduld zu früh wieder mit dem Hauptthema beginnen will