Mit dem Begriff "audiophil" tue ich mich schwer. "Audiophil" ist für mich der Versuch der Plattenindustrie, ein weiteres Qualitätsmerkmal aus Marketing-Gründen einzuführen, um Aufnahmen anzupreisen, die interpretatorisch zwar gut, aber nicht herausragend sind. Gerne auch genutzt, um die fehlende Prominenz der Interpreten zu kompensieren. Gewürdigt werden sollte hierbei im Gegensatz zu den Interpreten die Leistung des Aufnahmeteams (etwa analog zur Unterscheidung zw. Darstellern und Kamera/Schnitt im Film): sprich die Qualität der Aufnahme.
Dabei ist für mich nicht maßgeblich, auf welchem Tonträger/Medium die Aufnahme präsentiert wird, ob nun analog auf Vinyl-Schallplatte oder digital als CD oder hochauflösende Audio-Datei. Insbesondere die Diskussion, ob nun LP oder CD besser ist, berührt für mich den Bereich der Wiedergabe und wird hier durch den konkurrierenden Begriff des High Fidelity (oder High End) behandelt (Ich verstehe nicht, warum immer wieder diese LP contra CD Diskussion hochkocht – niemand diskutiert, welche Mikrofone bei der Aufnahme zum Einsatz kamen (ist das unwichtig?)).
Es ist für mich auch nicht so sehr maßgeblich, welches Equipment für die Aufnahme und Abmischung verwendet wurde (wird ja gelegentlich im Booklet extra erwähnt). Sicherlich kann man mit schlechtem Equipment keine hochwertige Aufnahme erzeugen. Aber leistungsfähiges Equipment bedeutet noch lange nicht eine hochwertige Aufnahme. Eine audiophile Aufnahme bezeichnet für mich z.B., dass einzelne Stimmen klar eingefangen werden; dass bei einem Orchester die einzelnen Instrumentengruppen klar hörbar sind und nicht in einem Klangbrei untergehen, gleichzeitig aber das Ensemble immer noch als Ganzes/als Einheit wahrnehmbar bleibt – gilt auch für Kammermusik; dass die Klangbühne auch Tiefe bietet; usw.
Andererseits bin ich jemand, der mangels musikalischer Ausbildung Musik eher danach beurteilt, ob sie mich gefangen nimmt, als das ich auf interpretations- bzw. aufnahmetechnische Details achte (eigentlich nur dann, wenn sie mich zu stören beginnen). Wenn ich beginne, bei einer Aufnahme die Anzahl der Kontrabässe in einem Orchester zu zählen oder die Instrumente bzw. Sänger auf der Bühne zu lokalisieren, habe ich aufgehört, Musik zu hören.
Gruß enkidu2