Beiträge von ChKöhn

    Diesmal ist eine interessante Behauptung dabei - die ich selbst allerdings nicht beurteilen kann

    Du meinst vermutlich diese hier:


    "der einzige übrigens, der endlich mal die kurzen Vorschläge richtig spielt, wodurch alle bisherigen Einspielungen obsolet geworden sind"


    Ich kann nur hoffen, dass das ironisch gemeint ist, denn andernfalls wäre es der größte Unfug, den ich seit langer Zeit gelesen habe.

    Ich hatte schon bei meiner Einspielung der Mozartschen Klavierkonzerte durch Anda den Eindruck, dass Mozart fast für jedes Konzert eigene Orchestrierungsideen hat. Welches Instrument spielt mit welchem im Dialog, löst welches ab usw. Jedes war da anders (soweit ich sie intensiver hörte) Bei der modernen (HIPpen) Orchestrierung (ganz besonders bei dem Freiburger Barockorchester) muss ich das nicht mehr mühsam heraushören, es ist offensichtlich. Besonders die Bedeutung der Bläser, die in traditionellen Besetzungen gerne mal überstrichen werden, bekommen hier (zB in K. 453) eine subtile Dramatik, die ich tatsächlich goutieren kann.

    Ok, wenn Du das so hörst, dann ist das so. Ich höre den plastisch-gestalterischen Einsatz der verschiedenen Instrumente ohne Mühe auch bei modernen Instrumenten, aber es mag sein, dass ich da professionell deformiert bin :).


    Aber das Interesse für das Andersartige ist doch eine Voraussetzung, um später darin auch Neues zu erkennen. Es darf sich nicht darin erschöpfen. Das erinnert mich an einige Äußerungen zur Regie in der Operinszenierung. Da war dann durch die Andersartigkeit zum Gewohnten alles schon gesagt. Natürlich kann man das so sehen, aber dann ist meine Welt eben entsprechend klein :(

    Da fühle ich mich nicht angesprochen. Ich beteilige mich z.B. so gut wie nie an Ranking-Umfragen zur Musik, eben weil ich ganz verschiedene Ansätze für möglich halte. Bei Beethoven-Sonaten finde ich z.B. Gulda ebenso berechtigt und gelungen wie Arrau oder Barenboim, bei Schubert z.B. Lupu und Richter, bei Mozart u.a. Gulda, Gilels, Serkin und Brendel, in gewisser Hinsicht sogar Gould. Da ist schon viel "Andersartiges" dabei, und meine Welt ist so klein nicht... Bei Schoonderwoerd ist es nicht das Andersartige an sich, was ich ablehne, sondern seine ganz konkreten Ergebnisse.

    Ich meine aber in einem Interview (schon sdehr lange her) Harnoncourt mal sagen gehört zu haben, dass wenn es nur darum ginge, es ihn keinen Deut interessieren würde. Letztendlich geht es um die Musik und Aspekte der Wahrnehmung, die die zu dieser Zeit (80-er?) gängige Aufführungspraxis verberge.


    In diesem Sinne kann man doch die Cristofori Aufführungen erst einmal wahrnehmen, ohne gleich den Stab zu brechen. Ich habe bei vielen schnell den Eindruck, dass, nachdem es für sie nicht so klingt wie das Gewohnte, das Interesse erlischt, anstatt dass es erwacht :)

    Ich habe eher den umgekehrten Eindruck, dass manche Aufnahmen allein deshalb goutiert werden, weil sie anders klingen als gewohnt. Die Frage, was eigentlich durch die Minimalbesetzungen gewonnen ist, welche Erkenntnisse oder "Aspekte der Wahrnehmung" sich dadurch eröffnen, die ansonsten verschlossen geblieben wären, wird jedenfalls so gut wie nie beantwortet, und wenn dann nur mit Marketinggewäsch wie dem "schlanken Klang" oder der angeblichen (aber so gut wie nie konkret belegten) "Transparenz". Das wäre aber doch eigentlich entscheidend bei der Frage, ob eine solches Radikalexperiment gelungen ist oder nicht. Ich habe z.B. durch Barenboims jüngste Aufnahme der Beethoven-Sonaten eine riesige Fülle an neuen "Aspekten der Wahrnehmung" erfahren, die ich zum großen Teil (notfalls ;)) auch verbal beschreiben und konkret belegen könnte. Bei Schoonderwoerd gab es für mich bisher buchstäblich nichts davon. Es klingt halt anders.

    Über deine These, dass es im Scherzo der großen A-Dur-Sonate oder im Finale der in G-Dur eine "Nähe zur biedermeierlichen Hausmusik" gäbe, wäre freilich zu diskutieren. Ich vermag das nicht zu erkennen, zumal diese Sätze ja nicht isoliert, sondern im Kontext der übrigen Sonatensätze gehört und beurteilt werden müssen.

    Schubert hat ja hunderte Ländler, Walzer, Eccossaisen, Menuette usw. für Klavier komponiert, die eindeutig dem Bereich der Hausmusik zuzuordnen sind. Wenn man sich mit diesen (wundervollen) Stücken beschäftigt (was ich sehr intensiv getan habe), dann springt einen die Ähnlichkeit zu manchen Stellen in den großen Instrumentalwerken geradezu an. Und auch wenn sie dort natürlich nicht für sich stehen, bleibt doch auch in einem großen Zusammenhang ihr Ausdruck der von Geselligkeit, Gemütlichkeit. Bei aller inneren Verwandtschaft Schuberts mit Mahler höre ich an solchen Stellen (s.o.) noch nicht die Mahlersche Gebrochenheit oder Ironie. Interessant finde ich, dass Du von "Beurteilung" schreibst, so als wäre mit der Feststellung einer partiellen "Nähe zur biedermeierlichen Hausmusik" ein "Urteil" über die Musik gesprochen. Nichts könnte mir ferner sein...


    Dieser Thread ist aber nicht der Ort dafür, und deshalb möchte ich dazu weiter nichts mehr sagen.

    Es findet sich sicher ein hilfreicher Moderator, der die Beiträge an die richtige Stelle verschiebt ;).

    "Biedermeierliches Flair" weist Schuberts Musik für Klavier in ihren großen Werken in keiner Weise auf. Dafür steckt selbst in den scheinbar heitersten von ihnen viel zu viel schmerzliche Lebenserfahrung

    Bezogen auf die ganzen Werke ist das wohl so, aber innerhalb derer gibt es meines Erachtens durchaus ungebrochen heitere Abschnitte, sogar in der Nähe zur "biedermeierlichen" Hausmusik, z.B. im Scherzo der großen A-Dur-Sonate oder im Finale der G-Dur-Sonate (das allerdings für die meisten Hausmusik-Pianisten etwas zu schwer sein dürfte), erst recht natürlich bei vielen Stücken für Klavier zu vier Händen. Neben vielem anderen kann Schuberts Musik auch gemütlich, sogar gefällig sein. Man darf sie natürlich nicht darauf reduzieren, aber eben auch nicht auf das Gegenteil. Irgendjemand (vielleicht Brendel) hat mal geschrieben, bei Schubert sei der Weg vom Elysium in die Kneipe an der Ecke nur kurz. Da ist was dran.

    Auch den letzten Satz mag ich in dieser Aufführung. Die Wahl der Tempi kann überzeugen

    Mich nicht ;). Ich finde das Anfangstempo für ein Allegretto einfach viel zu schnell. Natürlich kann man nicht objektiv entscheiden, was "Allegretto" bedeutet, aber man sollte doch bei seiner Entscheidung eine Art abgestuftes System berücksichtigen, also z.B. überlegen, wie man den Satz spielen würde, wenn er "Allegro" überschrieben wäre, wie bei "Allegro con brio" usw.. "Allegretto" kann dann nicht wie tendentiell bei Andsnes das schnellstmögliche Tempo sein. Und auch die Proportionen zum abschließenden Presto stimmen dadurch nicht: Dessen Grundpuls geht in ganzen Takten, und dieser Puls ist bei Andsnes sogar langsamer als der halbtaktige Puls davor. Das "Presto" wirkt deshalb paradoxerweise langsamer als das Allegretto am Anfang.

    Jein. Wir leben ja in der historisch bisher einmaligen Situation, dass wir über die westliche Musikgeschichte von der Gregorianik bis zur Moderne einen Überblick haben, also kulturell in Bezug auf die Musik weniger nur in unserer Zeit "stecken".

    So wie alle, die auf den Schultern ihrer Vorgänger stehen, haben wir auf vielen Gebieten Zugang zu mehr Wissen als diese (Werner Hintze hat mal vor langer Zeit den schönen Satz geschrieben "Dass man weiter sehen kann, wenn man auf den Schultern der Vorgänger steht, ist ja klar, aber man sollte zum Wasserlassen herunter steigen, denn diese verdienen es nicht, angepinkelt zu werden."). Aber dass historisches Wissen überhaupt einen so wesentlichen Einfluss auf Musikinterpretationen hat, ist kein Naturgesetz sondern lediglich der derzeit vorherrschende Interpretationsstil. Mir fällt kein Grund ein, warum dieser Stil nicht genauso anderen Platz machen sollte wie alle Stile davor. Der Wechsel von "historischer" zu "historisch informierter" Aufführungspraxis ist ja schon ein erster Schritt in diese Richtung. Die Suche nach dem "Authentischen" ist eine Erscheinung unserer Zeit, und sie wird, davon bin ich überzeugt, anderen Erscheinungen Platz machen. Das "Ende der Geschichte" war noch nie das Ende...

    Insofern höre ich da auf angenehmen Niveau, was, zumindest mit Blick auf die Kostüme, auch Rondo Veneziano oder André Rieu auf die Bühne bringen.

    Das sind doch wohl diese Leute, die einen in Wien Mitte an jeder Straßenecke mit ihren Ticketangeboten nerven, auch da schon in Kostümen. Ich halte mir die immer vom Leib, indem ich sage "Danke, ich mag keine Musik." Das führt fast immer zum abrupten Ende aller Verkaufsgespräche :).

    Dass heutzutage niemand die Furtwänglerische Aufführungspraxis der Matthäus-Passion mit dem Continuo-Flügel, Massenbesetzung, Sostenuto-Stil usw. oder die Bachsche Cembalomusik mit Karl Richters Ungetüm (welches man Cembalo nannte) wieder aufgreift, hat einen einfachen und plausiblen Grund: es klingt einfach musikalisch sehr sehr viel überzeugender, wenn man sich da etwa die entsprechenden Harnoncourt-Aufnahmen oder Leonhardts Cembalospiel anhört.

    Ich glaube, der Grund ist ein anderer: Furtwängler und Richter waren Musiker ihrer Zeit, nicht unserer. Und über die Musiker unserer Zeit wird dieselbe genauso hinweggehen wie über sie.

    Schoonderwoerd Aussage zur Eroica bezieht sich auf die Partitur, wie er schreibt. Wem soll ich nun glauben?

    Mir natürlich :).

    Spaß beiseite: Der Begriff "Partitur" lässt ja zunächst einmal offen, ob es sich um eine autographe Handschrift, eine handschriftliche Kopie oder eine gedruckte Partitur handelt. Die autographe Partitur ist wie gesagt verschollen (siehe z.B. das Vorwort zur Bärenreiter-Urtextausgabe von Jonathan Del Mar). Heutige Ausgaben müssen sich also im Wesentlichen auf die folgenden Quellen stützen:

    • Eine Partiturabschrift von 1804, mit handschriftlichen Korrekturen Beethovens, Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde Wien
    • Die Erstausgabe in Stimmen von 1806 sowie eine Nachauflage mit Korrekturen zwischen 1807 und 1809
    • Handschriftliche Stimmen, angefertigt zwischen den beiden o.g. Quellen, Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde Wien
    • Der Erstdruck der Partitur von 1809, London

    Schoonderwoerds Bemerkung kann sich also nur auf die erstgenannte Partiturabschrift beziehen, in der anscheinend die Streicher im Singular stehen, während der Erstdruck wie gesagt den Plural "violini" usw. enthält. Das bedeutet aber zunächst einmal nur, dass es in dieser Frage eine Differenz zwischen den Quellen gibt. Um zu einer fundierten Entscheidung zu kommen, muss man diese also bewerten, und zwar nicht im Hinblick auf ein möglichwerweise präferiertes Ergebnis sondern nach ihrer Bedeutung im Entstehungsprozess. Es würde zu weit führen, hier alle Überlegungen wiederzugeben, die die Herausgeber moderner Urtextausgaben dabei angestellt haben (das kann man z.B. im Cricital Commentary zur o.g. Bärenreiter-Ausgabe nachlesen), aber das Ergebnis ist eindeutig: Keine einzige dieser Ausgaben trägt die Singular-Bezeichnungen. Schoonderwoerd beruft sich also zwar auf eine existierende Quelle, schreibt dieser aber in der Frage der Streicher-Besetzung eine Bedeutung zu, die sie nach übereinstimmender Meinung der musikphilologischen Fachleute einfach nicht hat. Das ist typisch für Musiker, die im Gegensatz zu "reinen" Herausgebern bei der Quellenbewertung immer auch schon die praktischen Konsequenzen im Kopf haben. Dagegen spricht auch nichts, wenn man es gewissermaßen als Inspirationsquelle für seine persönliche Darstellung nimmt, aber es ist einfach wissenschaftlich unhaltbar, einer solchen Entscheidung eine allgemeinverbindliche Begründung geben zu wollen. Dass Schoonderwoerd die Eroica mit solistischen Streichern besetzt, hat nur einen Grund: Er will es so.

    Das ging ja schnell! Ich kann zwar verstehen, dass einen so etwas ärgert, aber andererseits kann das doch auch einfach passieren.

    Zum Pedal im zweiten Satz denke ich, dass das Auflösungszeichen in T. 42 in der Peters-Ausgabe von fremder Hand hinzugefügt wurde (ich habe die Ausgabe nicht), denn sowohl in der alten Gesamtausgabe als auch in den Urtext-Ausgaben von Henle, Bärenreiter (Neue Schubert-Ausgabe) und Wiener Urtext steht lediglich am Beginn "col pedale". Es gibt auch im Kritischen Bericht der Wiener-Urtextausgabe keinen Eintrag dazu, was normalerweise bedeutet, dass auch im Autograph nichts anderes steht. Schuberts Pedalangaben sind allgemein spärlich und wenig genau. In der Regel schreibt er nur dann "col pedale" o.ä., wenn man von selbst nicht unbedingt auf die Idee kommen würde oder (wie in diesem Fall) es beide Möglichkeiten gäbe. Da, wo es ohnehin mehr oder weniger selbstverständlich ist, schreibt er gar nichts zum Pedalgebrauch. Bei diesem Satz könnte man ja auch auf die Idee kommen, das Thema in der Mitte legato zu spielen und von Pizzicato-artiger Begleitung umranken zu lassen. Das ist anscheinend nicht gemeint, deshalb der pauschale Hinweise "col pedale". Die genaue Ausgestaltung ist dann wieder Entscheidung des Pianisten: Man kann, wie Bernd Stremmel vorschlägt, ganztaktig pedalisieren (das macht z.B. Andras Schiff), man kann jeweils auf Zählzeit drei wechseln (z.B. Barenboim, Pollini), oder noch mehr wechseln (Richter). Dass ein liegendes Pedal über die ganze Strecke gemeint ist (wie es das z.B. im letzten Satz von Beethovens Waldstein-Sonate gibt), halte ich für ausgeschlossen.

    Das hatte ich übersehen:

    ChKöhn Wie stellst Du hier eigentlich direkt Noten ein? Ich dachte, man kann keine eigenen Bilder/jpg-Dateien hochladen.

    Alfred hat mich auf meine Nachfrage hin freundlicherweise zum "Redakteur" hochgestuft, damit ich gelegentlich kurze Notenbeispiele einfügen kann. Ich erstelle die natürlich aus Urheberrechtsgründen selbst (in Dorico) und achte auch darauf, dass die Dateien möglichst klein sind (meist nur wenige KB).

    Das ist genau die Stelle, die ich meine! Nach meinem Verständnis ist das noch Teil der Durchführung - die hier eben nach Innen geht und dort ihren Höhepunkt findet. So nehme zumindest ich es wahr. Vor allem die Akkorde in der linken Hand sind natürlich nicht leicht ppp zu spielen, das gelingt nur wenigen.

    Ja klar, das ist Bestandteil der Durchführung. Das Besondere ist, dass hier an deren Ende das "richtige" Thema in der "richtigen" Tonart erklingt, aber etwa so, als hätte man das Ziel nur zufällig und ohne es zu bemerken schon einmal erreicht und wäre dann einfach weiter bzw. wieder zurück (nach d-Moll) gegangen. Dieses scheinbare Herumirren zwischen den Tonarten, diese komponierte Instabilität ist natürlich ein ganz wesentlicher Zug Schubertscher Musik.

    Könnte es sein, dass er eine andere Stelle meint? (Vermutlich nicht - aber Ges unterscheidet sich von Des ja ‚nur’ durch ces, das hier gar nicht vorkommt.)

    Er beschreibt ja ausdrücklich den Durchführungsteil mit den Achtel-Triolen, der in A-Dur beginnt:

    Der führt aber zu keinem Höhepunkt in Ges-Dur sondern eben zu dem o.g. in Des-Dur. Es gibt in der ganzen Durchführung kein Ges-Dur.


    Für mich ist der Höhepunkt der Durchführung die nach dieser Stelle kommende Passage in ppp (Stremml erwähnt sie), wobei nur die allerwenigsten Pianisten dieses ppp zu realisieren vermögen. Am besten zu hören ist es bei Horowitz (seine Aufnahme ist insgesamt aber etwas disparat).

    Ich bin nicht ganz sicher, welche Stelle Du meinst (Stremmel erwähnt als ppp-Stelle nur den Triller unmittelbar vor der Reprise). Das erste Thema erscheint vor der Reprise im Diskant zuerst pp in d-moll, dann ppp in B-Dur (siehe Notenbeispiel unten), dann p und wieder in d-moll, bevor dann die Überleitung zum Triller folgt. Das Besondere an dieser Stelle ist, dass das Thema zwischendurch schon einmal in der Grundtonart wiederkehrt, aber durch die extrem zurückgenommene Dynamik, die pulsierenden, quasi über dem Grundton schwebenden Akkorde und den Wechsel zwischen d-Moll und B-Dur stellt sich hier keinerlei "Grundtongefühl" ein, sondern es klingt im Gegenteil wie extrem weit entfernt und instabil. Es ist also das Paradoxon einer Scheinreprise in der richtigen Tonart:

    Bernd Stremmel hat auf seiner Website einen grandiosen diskographischen Überblick der B-Dur Sonate veröffentlicht:


    http://www.klassik-prisma.de/Schubert.D.960.htm

    Der diskographische Überblick mag ja gut sein, aber die Analyse ist zum Teil fehlerhaft.

    Der Höhepunkt der Durchführung steht nicht in Ges-Dur sondern in Des-Dur:


    Und der "Orgelpunkt" im zweiten Satz steht natürlich nicht auf C und G sondern auf Cis und Gis (der Satz steht in cis-Moll).

    Ein paar andere Kleinigkeiten und kommen hinzu, aber vor allem werden wichtige Dinge nicht erwähnt, z.B. dass die letzten vier Akkorde des langsamen Satzes das Todes-Thema aus "Der Tod und das Mädchen" in Cis-Dur bilden:



    Von dieser Übereinstimmung habe ich komischerweise noch nie irgendwo gelesen, Dr. Kaletha kann mir also in diesem Fall zu Recht vorwerfen, dass ich die komplette Fachliteratur (die man seiner Meinung nach ja gar nicht sichten muss, um zu wissen, was in ihr steht) gegen mich habe :).

    Falls sich noch einer erinnert oder es überhaupt noch jemanden interessiert:

    In Beitrag 131 bin ich zu Christian Zacharias und Lausanne gefragt worden.


    Nein, die Aufnahmen kenne ich nicht.

    Das Klavierkonzert Nr. 17 kenne ich jedoch mit ihm und dem Radio Sinfonieorchester Stuttgart und der Leitung von Sir Neville Marriner.

    Zwischen den beiden Aufnahmen liegen allerdings ca. 20 Jahre, in denen sich Zacharias' Auffassung deutlich weiterentwickelt hat. Vor allem merkt man, dass er inzwischen mindestens im gleichen Maße als Dirigent tätig ist wie als Pianist und damit gestalterisch noch mehr als früher die Strukturen des Ganzen im Kopf hat. Zusammen mit der erheblich besseren Aufnahmetechnik (bei Dabringhaus und Grimm beschränkt man sich normalerweise auf zwei Mikros, die an der besten Stelle in einem möglichst optimal klingenden Raum aufgestellt werden) ist das nach meinen Eindrücken eine klare Verbesserung. Details kann ich gerade nicht beschreiben, weil jetzt die zweite Bundesliga-Halbzeit anfängt :).

    Der ARD-Wettbewerb ist der größte und bedeutendste internationale Musikwettbewerb in Deutschland und einer der größten der Welt. In diesem Jahr fand er in den Kategorien Harfe, Kontrabass, Klaviertrio und Bratsche statt. Er geht heute mit dem letzten Preisträgerkonzert zu Ende. Die Preisträger sind:


    Harfe
    1. Preis: Tjasha Gafner, Schweiz
    2. Preis: Alexandra Bidi, Frankreich
    2. Preis: Lea Maria Löffler, Deutschland


    Kontrabass
    1. Preis: Gabriel Polinsky, USA
    2. Preis: Hongyiu Thomas Lai, Hong Kong
    3. Preis: José Trigo, Portugal


    Klaviertrio
    1. Preis: Trio Orelon
    2. Preis: Amelio Trio
    3. Preis: Trio Pantoum


    Bratsche
    1. Preis: Haesue Lee, Korea
    2. Preis: Takehiro Konoe, Japan
    3. Preis: Ionel Ungureanu, Deutschland


    Ich freue mich besonders über den 2. Preis von Lea Maria Löffler, die bei uns in Detmold studiert.

    Der veranstaltende Bayerische Rundfunk hat Mitschnitte aller Wettbewerbsrunden auf seinem Youtube-Kanal veröffentlicht (oben rechts auf Playlist klicken):

    Perfektion im Konzert wird erwartet. Von Tonaufnahmen ganz zu schweigen.


    Wie geht ihr damit um, wenn ein falscher Ton getroffen wird?

    Wenn ich ihn selbst spiele, schäme ich mich. Bei anderen stört es mich weniger und vor allem dann nicht, wenn es aus künstlerischer Risikobereitschaft geschieht. Schlechte Vorbereitung ist natürlich etwas anderes, die ist niemals tolerierbar.

    ChKöhn hatte auf die technischen Schwierigkeiten der Synchronisation im ersten Satz aufmerksam gemacht. Die beiden lösen das für mich fantastisch. Es gibt zwei Läufe, wo das jeweilige andere Klavier leicht verzögert einsetzt. Das scheint aber beabsichtigt zu sein, um das Augen(Ohren?)merk auf diese Stellen zu lenken.

    Die Schwierigkeiten liegen gar nicht nur im ersten Satz sondern auch und vor allem im dritten. Und ganz ehrlich finde ich das Zusammenspiel bei Badura Skoda / Demus alles andere als perfekt. Ich weiß aber, dass ich in dieser Hinsicht wesentlich empfindlicher bin als Normalhörer, aus vermutlich bekannten Gründen... Ich kenne eigentlich nur eine Aufnahme, bei der zwei Solisten, die kein ständiges Klavierduo bildeten, nahezu perfekt zusammen spielten: die mit Murray Perahia und Radu Lupu. Das ist eine in jeder Hinsicht großartige Einspielung. Bei Badura Skoda / Demus stört mich auch der grobe (oder grob aufgenommene) Klang der historischen Instrumente und die merkwürdigen Tempoentscheidungen bei den beiden Ecksätzen (bei ihnen ist Allegro molto langsamer als Allegro con spirito).

    Die Aufnahme mit den Jussens finde ich wesentlich besser, sehr gut zusammen (vor allem live), trotzdem mit gewisser Freiheit und schöner Spielfreude. Die Überleitung zur Coda des letzten Satzes könnte noch ein bisschen mehr ausgestaltet sein, auch der Übergang in die Reprise des ersten, aber insgesamt gefällt mir das sehr gut. An einer Stelle im letzten Satz spielen sie einen Ton, der zwar harmonisch passt, den ich aber bisher nicht kannte ;).

    Nur ist es offenbar völlig unstrittig in der Fachliteratur, dass hier etwas Marschähnliches, also so etwas wie ein Marschcharakter oder wie man es immer nur nennen will zu hören ist. Einzig und allein Christian Köhn bestreitet das und findet für seine abweichende Meinung keinerlei Bestätigung.

    Die hier zitierte "Fachliteratur" bestand fast ausschließlich aus CD-Booklet-Texten und dem in vielerlei Hinsicht fehlerhaften Wikipedia-Artikel zu KV 453. In keinem dieser Texte wurde der "Marschcharakter" anhand der Partitur begründet. So etwas nennst Du "Fachliteratur". Da spricht der Fachmann :hahahaha:.

    Ich möchte hier schon auf neues Album mit Einspielungen der Bartókschen Klavierkonzerte aufmerksam machen. Angesichts der theoretischen und musikalischen Bedeutung dieser Werke, sind die Einspielungen nicht gerade Legion.


    Pierre-Laurent Aimard hat sich zusammen mit Esa-Pekka Salonen und der San Francisco Symphony der Werke angenommen. Das Ergebnis unterscheidet sich wesentlich von den mir bekannten Einspielungen. Ich höre sie gerade und möchte vielleicht später etwas dazu sagen.

    Vielen Dank für den Hinweis, ich habe es bei Apple Music gefunden und werde es nachher hören. Ich bin gespannt.

    Vielleicht könnte man ja auch mal die Frage stellen, was Mozart sonst noch für Märsche geschrieben hat (außer den türkischen) und wodurch sie sich auszeichnen?

    Es gibt neben den Märschen in den Opern (Priestermarsch in der Zauberflöte, Militärmarsch am Ende des ersten Figaro-Aktes usw.) die folgenden Märsche:

    • Marsch in D-Dur, KV 67
    • Marschin D-Dur, KV 189
    • Marsch in D-Dur, KV 237
    • Marsch in D-Dur, KV 215
    • Marsch in C-Dur, KV 214
    • Marsch in D-Dur, KV 249
    • Zwei Märsche in D-Dur, KV 335
    • Marsch in C-Dur, KV 408/1
    • Marsch in C-Dur, KV 408/3
    • Marsch in D-Dur, KV 408/2
    • Marsch in D-Dur für zwei Hörner, Violine, Viola und Baß, KV 290
    • Marsch in F-Dur für zwei Hörner, zwei Violinen, Vila und Baß, KV 248
    • Marsch in D-Dur für zwei Hörner, zwei Violinen, Viola und Baß, KV 445

    Die meisten davon stammen aus Serenaden oder Divertimenti.


    Hört sie Euch selbst an, ich habe keine Lust mehr auf das Thema (vor allem nicht auf den Doktor, der schon in seiner Reaktion auf meinen ersten Beitrag in diesem Thread persönliche Anwürfe an die Stelle von Argumenten gesetzt hat) und beschränke mich hier auf ein Beispiel, das jeder mit KV 453 vergleichen kann:


    Kennst Du die neueren Aufnahmen mit Christian Zacharias (bei Dabringhaus und Grimm)? Davon habe ich gestern KV 453 gehört und fand es ganz ausgezeichnet. Ein bisschen in der Richtung von Uchida, aber für mich eine Spur prägnanter. Auch das Orchester aus Lausanne ganz fabelhaft, transparent und lebendig. Vielleicht ist die Coda des letzten Satzes ein bisschen flügellahm, aber sonst in meinen Ohren eine Spitzenaufnahme.