Beiträge von ChKöhn

    aufsteigender Durdreiklang (den findet man wohl so ziemlich in jedem Werk der Wr. Klassik, z.B. im Eroica-Motiv) plus Vorschläge ...

    Vor allem führt bei Haydn der aufsteigende Dreiklang im nächsten Takt zur Dominante, während der Donauwalzer für fünf Takte in der Grundtonart bleibt. Zusätzlich gibt es bei Haydn noch einen Auftakt, und die Tonart stimmt auch nicht (B-Dur statt D-Dur). Da bleibt von der vermeintlichen Ähnlichkeit nicht mehr viel übrig.

    Nicht aus Rache

    Aus Mißtrauen. Es haben seinerzeit Mitglieder die ich aus dem Form verwies, versucht alte Beiträge zu löschen.

    Das funktioniert nur wenn man einen Sonderstatus hat - und deshalb hab ich ihn Ihnen entzogen.

    Das finde ich allerdings interessant, denn es setzt Deinerseits (das alberne "Sie", mit dem Du mich anscheinend neuerdings beleidigen willst, übergehe ich freundlich ;)) die Unterstellung voraus, ich würde in der nachträglichen Löschung meiner Beiträge so etwas wie eine "Strafe" für andere sehen. Es sei Dir versichert: Ich finde keinen einzigen meiner Beiträge so wichtig, dass ich glaube, mit seiner Löschung irgendwen "bestrafen" zu können oder überhaupt in irgendeiner Weise zu treffen, und ich wäre deshalb auch im Traum nicht auf die von Dir befürchtete Idee gekommen. Ebensowenig messe ich allerdings auch den allermeisten anderen Beiträgen im Forum, sogar denen von "Ikonen", einen Wert jenseits einer netten, im günstigsten Fall geistreichen Plauderei bei. Du kannst auf der Stelle sämtliche meiner Beiträge löschen, denn der einzige Sinn, den sie außer der besagten netten Unterhaltung für mich hatten, hat sich längst erfüllt: das Nachdenken über bestimmte Aspekte der Musik. Das mache ich für mich, nicht für Dein Forum oder dessen Mitglieder.


    Aus meiner Sicht haben sie einiges gutzumachen.UNverbindlicher Vorschlag:

    Sie setzen den von ihnen ebenfalls kritisierten Thread der vergleichenden Beethoven Klavierinterpretationen von William BA fort

    oder beginnen einen ähnlichen mit Mozart, Schubert oder Haydn.

    Hier sehe ich Reputationsmöglichkeiten fürs Forum.

    Interpretationsvergleiche interessieren mich nur dann, wenn ich daraus etwas über die Werke lernen kann. Diese üblichen "Pianist A spielt den Kopfsatz der Appassionata 35 Sekunden schneller als Pianist B"-Vergleiche finde ich genauso öde wie "Analysen" nach dem Schema "Das Stück beginnt mit einer fallenden Terz, gefolgt von einer Quart aufwärts und ist 'langsam' vorzutragen". Das wird also nichts werden. "Reputation" ist mir ebenfalls unwichtig, jedenfalls hier. Sollte ich also doch einmal einen gewichtigeren Beitrag schreiben wollen, dann könnte das nur den Grund haben, dass das behandelte Thema für mich gerade wichtig ist, und dass ich hoffe, meine eigenen Gedanken durch die schriftliche Fixierung und im Austausch mit anderen zu präzisieren, zu vertiefen, zu verfeinern und zu festigen. Ob andere das dann lesens- oder gar erhaltenswert finden, ist mir letztlich egal, es kann vielmehr wie gesagt meinetwegen gern gelöscht werden. Konkret hatte ich (seit Igor Levits meines Erachtens ziemlich schwacher Neueinspielung) daran gedacht, etwas über die späten Brahms-Stücke zu schreiben, aber ohne Notenbeispiele wird auch das nichts. Du brauchst Dich also nicht zu grämen, dass die Moderatoren Deiner Bitte um meinen Rausschmiss nicht gefolgt sind: Von mir sind hier auch so weiterhin keine erhaltenswerten Beiträge zu erwarten. Das überlasse ich den "Ikonen" :).

    Die entstanden doch eigentlich parallel. Jedenfalls liegt die UA der Zauberflöte etwa drei Wochen nach dem Tito...

    Von der Uraufführung wusste ich das, aber bei der Entstehung war ich mir nicht sicher. Im Werkverzeichnis von Ulrich Konrad steht bei der Zauberflöte "begonnen vermutlich Frühjahr 1791, datiert Wien, Juli 1791, Ouvertüre und Marsch 28. September 1791", und bei La clemenza di Tito "begonnen Wien, vermutlich Mitte Juli 1791, datiert Prag, 5. September 1791". Ich weiß aber nicht, wie aktuell dieses Verzeichnis noch ist; meine Ausgabe ist immerhin schon 20 Jahre alt.

    [Beethoven]

    Vor allem: Auch wenn er "wild und ungestüm wird" so ist das Ergebnis immer (schön) - herrschend, Triumphierend, fordernd, erhaben. majestätisch etc ertc...

    Findest Du, dass auch nur eines dieser Attribute auf den Schluss der Appassionata passt? Ich nicht. Gegen diese Raserei bis zur Katastrophe ist Schumann fast schon brav.


    was bei Schubert aber die Möglichkeit des "Festhaltend" (zumindest mir) bietet - ist die Schönheit des Klanges.

    Vom Klangeindruck her ist - für einen "Genusshörer" (da wir das Wort "Laie" neulich abqualifiziert haben vermeide ich es vorerst) Schubert jener Komponist, der am nächsten bei Beethoven stteht (wenn man Ferdinand Ries ausklammert)

    Beethovens Zeitgenossen haben das mehrheitlich keineswegs so empfunden sondern im Gegenteil das vermisst, was Du heute an seiner Musik lobst: den Schönklang, das Gefällige. So ändern sich die Zeiten. Oder gerade nicht ;).

    Oh, vielen Dank für diesen tollen Tipp! Dieser Künstler war bisher nicht auf meinem Schirm, werde mich intensiver mit ihm beschäftigen müssen.


    Bei Qobuz bin ich gerade dabei, in seine "Boundless" Aufnahme einzuhören. Die Poulenc-Sonate ist mir natürlich bekannt, ebenso die Sonate von Bernstein, die ich aus eigener (spielerischerer) Erfahrung sehr gut kenne. Äußerst reizvoll empfinde ich auch die beiden anderen Werke, vor allem die Transkription der Flötensonate von Poulenc, die mir bisher komplett unbekannt war.


    Auch die Begleitung durch die mir ebenfalls unbekannte Sophie Pacini passt sehr gut zum bewussten und sehr klangschönen Spiel des Klarinettisten...ein sehr guter Einstieg ins neue Jahr. Danke dafür!

    Unbedingt lohnt sich auch das Trio des im diesem letzten Jahr gestorbenen amerikanischen Komponisten Paul Schoenfield, das auf der vierten oben verlinkten CD ist. Das habe ich (wie auch die Poulenc-Sonate) in dem besagten Konzert ebenfalls mit Pablo Barragán gespielt, und es war, allerdings erst nachdem ich mich fünf Monate mit der Einstudierung des extrem schweren Klavierparts gequält hatte, ein tolles Erlebnis. Das Klezmer-beeinflusste Stück ist extrem lebendig, einfallsreich und virtuos. Wenn Dir das gefällt, empfehle ich auch Schoenfields "Cafe Music" für Klaviertrio.

    Das kann ich nachvollziehen. Allerdings beherbergte für mich der dritte Satz deutliche Längen trotz des sehr feinsinnigen Anschlags des Pianisten. Wirklich überragend fand ich nur den vierten Satz interpretiert. Hier stimmte für mich einfach alles. Trifonovs Gestaltung des Materials und das fast kammermusikartige Zusammenspiel mit den Berlinern, die mich im ersten Satz nicht richtig überzeugten. Hier gab Trifonov Vorgaben, die subtil von den Orchestermusikern übernommen wurden, dass mir kurzfristig "der Atem stockte". Schon die Gestaltung des Hauptthemas riss mich um ...


    Ich habe den Levit nicht mehr so im Ohr, aber ein Erlebnis wie hier im dritten Satz hatte ich bei der Einsoielung Thielemann/Levit definitiv nicht. Ich meine aber in Erinnerung zu haben, dass die Wiener den ersten Satz nicht so "glatt" spielten, was mir mehr zusagt.


    Aber danke an alle, die den Hinweis auf arte für das Konzert gaben. Sollte es auf CD erscheinen ... :)

    Ich fand, dass Trifonov mit wesentlich mehr Bewusstsein für die Bass- und Mittelstimmen und damit auch insgesamt weitaus farbiger spielte als Levit, gerade im Kopfsatz. Der Übergang in die Reprise, eine der Schlüsselstellen des Satzes, gelang ihm am Sonntag vielleicht noch eine Spur besser als an Silvester, wo er dafür insgesamt mehr Risiko wagte. Längen habe ich nicht wahrgenommen, im Gegenteil fand ich gerade den langsamen Satz außerordentlich klangschön und hervorragend gestaltet, wozu natürlich auch das herrlich gespielte Cello-Solo von Ludwig Quandt beitrug. Ich hatte weder live im Saal noch am TV irgendetwas zu meckern.

    Ich habe die Berliner gestern im TV erlebt. Tolles Konzert, aber wohl dem Zeitdruck geschuldet bei den Meistersingern und den beiden Richard-Strauss-Stücken mit einem wahnsinnigen Tempo.

    Ich habe das Konzert vor drei Tagen live in Berlin und gestern auf Arte gehört und fand es großartig. Trifonov mit viel Leidenschaft, sehr gekonnt und fein differenziert, an vielen Stellen sich auch gegenüber dem Orchester zurücknehmend. Auch wenn ich solche Vergleiche normalerweise nicht mag, drängte sich mir der mit Igor Levits jüngster Einspielung auf: Trifonov ist meines Erachtens der weitaus interessantere Musiker. Das Meistersinger-Vorspiel klang endlich mal leicht und heiter statt bombastisch. Auch Woody Allen hätte da nicht den Wunsch verspürt, in Polen einzumarschieren ;). Die Strauss-Sachen waren nett und natürlich sehr gut gespielt, aber in diesem Leben werde ich kein Fan dieses Komponisten mehr. "Wenn schon Richard, dann Wagner, wenn schon Strauss, dann Johann"...

    Die Melodik ist im Bassschlüssel gesetzt, dementsprechend meine Angaben.

    Die Liedmusik auf den Schlussworten "wohin es geht" stellt sich wie folgt dar:


    Auf der zweiten Silbe von "wohin" liegt eine Dehnung in Gestalt eines punktierten und eines normalen "H" im Wert eines Achtels, die legato vorzutragen sind, auf "es" liegt ein "Ais" im Wert eines Viertels, und zu dem Wort "geht" hin vollzieht die Melodik von diesem "Ais" aus einen Fall zu einem punktierten "A", dem im nächsten Takt ein weiteres "A" nachfolgt, wobei diese beiden "A" im Wert eines punktierten Viertels wieder mit einem Legato-Bogen verbunden sind, also eine relativ lange melodische Dehnung darstellen.

    Das Klavier lässt dazu nur im Bass (der Diskant bleib leer) pro Takt einen Achtel-Nonenfall erklingen, dann einen Achtel-Sprung über eine verminderte Septe und eine Sekunde, schließlich (also auf der Schlussdehnung) einen großen Undezimensprung und im letzten Takt der Melodik (also auf dem zweiten "C" einen Achtel-Fall über eine Terz und eine verminderte None.

    Das ist sehr interessant :). Aber darum ging es gar nicht: Du hattest geschrieben, das letzte Intervall im Klaviernachspiel sei ein "verminderter Sekundschritt". Das wunderte mich, weil es bedeuten würde, dass zweimal derselbe Ton angeschlagen wird, der aber unterschiedlich notiert wäre, also z.B. gis-as. Inzwischen hat sich ja herausgestellt, dass das nicht der Fall ist, sondern dass es sich um einen kleinen Sekundschritt handelt.

    Zufällig habe ich heute auf "classicpoint.net" ein Interview mit dem andalusischen Klarinettisten Pablo Barragán gelesen. Er ist wurde 1987 geboren und studierte an der Barenboim-Said-Akademie in Berlin sowie an der Musikakademie Basel. Seit einigen Jahren ist er mit großem Erfolg als Solist und Kammermusiker tätig und pflegt dabei ein sehr breites Repertoire mit besonderem Schwerpunkt auf der Neuen Musik. Ursprünglich wollte er Jazz-Saxophonist werden, was man manchen seiner Interpretationen bis heute anhören kann. Ich habe vor einiger Zeit mit ihm und der Geigerin Maria Lott ein Konzert gespielt. Passend zur Jahreszeit ist hier die Zugabe "Summertime" von George Gershwin :).

    Ein paar der CDs mit Pablo Barragán:





    Im Grunde genommen sind die Unterscheidungen der Intervalle nur bei tonal gebundener Musik sinnvoll, denn sie basieren ja auf der Tonleiter: Eine große Terz ist das Intervall zwischen Grundton und drittem Ton, eine kleine Terz dessen halbtönige Verkleinerung, eine übermäßige seine Vergrößerung usw.. Deshalb ist z.B. f-as eine kleine Terz, aber f-gis eine übermäßige Sekund. Das ist spätestens bei Zwölftonmusik aber ein Anachronismus, denn da sind ja gerade alle zwölf Halbtöne gleichberechtigt, und ob ein Komponist as oder gis schreibt, hat höchstens praktische Gründe.

    WArhrscheinlich ist es das, was mich so abstößt.

    Das hängt davon ab, worin Du die Innovation siehst: Die Folge der vier Sätze folgt dem üblichen Sonaten-Schema, ihre Form ebenso. Eine vergleichbare strenge Anlage und strukturelle Dichte gibt es auch bei Beethoven, satzübergreifende Thematik in der Schubert-Fantasie usw. Es ist gar nicht so leicht zu beschreiben, was denn an der d-Moll-Sonate "innovativ" ist. Ich würde sagen: Es sind nicht die Mittel sondern es ist der Ausdruck. Bei Beethoven gibt es fast immer den "Trost der Form", auf deren Stabilität man sich verlassen kann und die deshalb auch in den dunkelsten Momenten so etwas wie Optimismus gibt. Bei Schubert fällt das hingegen oft weg: Die Form wird selbst angegriffen, es gibt keine Sicherheiten mehr, die Musik hat etwas Zufälliges, Unvorhersehbares, und als Hörer fühlt man sich oft unsicher, weil man kaum etwas hat, an dem man sich "festhalten", worauf man sich verlassen könnte. Schumann geht in dieser Sonate einen dritten Weg: Form und Struktur sind zwar ähnlich stabil wie bei Beethoven, aber das wird unter extremen emotionalen Kämpfen fast gewaltsam errungen und ist alles andere als ein "Trost". Polyphone Stimmführungen drücken hier kein harmonisches Miteinander sondern eher einen Kampf gegeneinander aus, beginnend schon in der Einleitung mit dem Akkordthema über der aufsteigenden Basslinie. Die im ersten Satz allgegenwärtigen Synkopen bremsen immer und immer wieder die vorwärtsdrängende Bewegungsenergie, auch das schon vom Akkordthema der Einleitung an (der zweite Akkord ist synkopisch) und dann ganz extrem ab dem "Lebhaft".

    Wie würde man das dann bezeichnen? Kleines Sekundintervall?

    Ja, das wäre eine kleine Sekund. Theoretisch könnte es auch als übermäßige Prim notiert sein, aber das ist eher unwahrscheinlich ;).


    Um die Verwirrung hoffentlich aufzulösen, ein Beispiel:

    • g - a = große Sekund
    • g - as oder gis - a = kleine Sekund
    • g - ais oder ges - a = übermäßige Sekund
    • gis - as = verminderte Sekund
    • as - a oder g - gis = übermäßige Prim

    Ich profitiere sehr von Deinen Erläuterungen, mitunter ja sogar mit Noten. Das ist großartig und eine Bereicherung. Natürlich kann man auf Fehler hinweisen, es ist halt auch eine Frage des Tons und ob man direkt auf jemanden in einem thread antwortet oder über Bande spielt. (Hatte ich ja schon gesagt.)

    Auch wenn es sehr freundlich von Dir ist, das zu schreiben: Ich muss erst einmal darüber nachdenken, welchen Sinn das hier für mich eigentlich noch hat. Ich denke, ich werde mal eine Pause einlegen.

    Höchst unfair finde ich es, wenn von Profis der Musik, Vorhaltungen ob der Qualität und falsch verwendeten Begrifflichkeit der Laien gemacht werden.

    Ich würde sagen, dass das von dem Anspruch abhängt, mit dem jemand seine Beiträge schreibt: Wer sie z.B. als "analytische Betrachtung" ankündigt, sollte sich normalerweise nicht wundern oder empören sondern freuen, wenn sie ihrerseits analysiert werden. Eine "falsch verwendete Begrifflichkeit" bedeutet in dem Fall nun mal auch eine "falsche Analyse", und die Korrektur von Fehlern könnte zu einer weniger falschen oder richtigen beitragen. Oder wer einem der bedeutendsten Komponisten der Geschichte eine mittelmäßige Schulnote erteilt, ohne in der Lage zu sein, auch nur die einfachsten Zusammenhänge hörend zu verstehen, sollte bei entsprechenden Reaktionen nicht überrascht sein. Aber keine Sorge: Von den (tatsächlich sehr vielen) Fehlern, die mir auffallen, lasse ich schon aus Zeitgründen die allermeisten unkommentiert. Wer meint, die Dur-Parallele von fis-Moll sei Fis-Dur, oder es sei möglich, auf einem Flügel ein und denselben Ton so anzuschlagen, dass er bei gleicher Lautstärke jeweils unterschiedlich klingt, soll also künftig ruhig in dem Irrglauben bleiben und solchen Blödsinn weiterhin in gewichtiger Kenner-Sprache absondern. Ich will ja hier nicht noch mehr Traumata auslösen ;).

    Zum Glück für mich gibt es hier auch die anderen: Laien, mit denen ich mich sehr gern austausche, von denen ich auch etwas lernen kann, die andere Musik kennen, die anders hören, die andere Interessens- und Wissensschwerpunkte haben als ich. Und dann gibt es natürlich die Profis auf anderen Gebieten wie z.B. Werner Hintze, von dem ich ganz sicher ein Vielfaches mehr gelernt habe als er von mir...

    Also ich habe ohne Probleme verstanden, was Werner Hintze meinte:

    Dass der Dilettant in Sachen Dramentheorie dann darauf bestand, dass sein absurde Behauptung zutreffend sei, obwohl er die durch kein einziges Argument stützen konnte, hatte wirklich nicht mit der Sprache zu tun, denn keine Sprache zwingt irgendwen, sich mit apodiktischen Behauptungen über Dinge hervorzutun, von denen er nichts versteht.

    Es geht also darum, dass es kein Problem der Sprache ist, wenn ein Amateur gegenüber einem Profi eine nachweislich falsche Behauptung aufstellt und als einziges "Argument" vorbringt, er verstehe davon mehr als der Profi. Ich hatte so etwas übrigens auch schon: Ein Hobbypianist hat mir hier mal erklärt, dass mein Wissen über die Entstehung von Klangfarben am Klavier falsch sei und er das besser als ich wüsste. Mit so etwas muss man halt rechnen, wenn man hier schreibt.

    Tatsächlich ist mir nicht einmal klar, ob ein grundsätzliches Problem vorliegt.

    Das einzige für mich erkennbare Problem entsteht, wenn jemand etwas verstehen möchte aber nicht versteht, sich aber auch nicht nachzufragen traut. Aber ganz ehrlich: Dafür fühle ich mich dann auch nicht verantwortlich. Die hier gestellte Forderung, "Fachbegriffe" zu vermeiden, ist jedenfalls praxisfern: Was soll man denn statt "Subdominante", "Kadenz" oder "Rondo" sagen? Nehmen wir als Beispiel hingegen an, jemand würde nach der Bedeutung der genannten Begriffe "Modulation", "Ausweichung" und "Rückung" fragen, dann würde ich ungefähr so antworten:

    Eine Modulation ist der Gang von einem tonalen Zentrum zu einem anderen. Eine Ausweichung ist hingegen das vorübergehende Sich-Entfernen von einem tonalen Zentrum, ohne aber das ursprüngliche Zentrum aufzugeben. Und eine Rückung ist die unvermittelte Verschiebung des tonalen Zentrums, oft (aber nicht immer) in Sekundschritten. Bei Modulation und Rückung (nicht bei der Akkordrückung als Stilmittel) entsteht mit dem neuen tonalen Zentrum auch ein neues "Grundtongefühl", bei der Ausweichung bleibt das alte hingegen wirksam, und das neue steht in harmonsicher Spannung zu ihm (deshalb kann auch ein drei- oder viertaktiges Liedvorspiel nicht "mehrere Modulationen durchlaufen"). Die Grenze zwischen Modulation und Ausweichung kann übrigens je nach Hörer etwas unterschiedlich verlaufen: Wo der eine sich sozusagen noch an das alte tonale Zentrum "erinnert", ist der andere bereits ganz in der neuen harmonischen Umgebung "zu Hause" und erwartet auch keine Rückkehr. (An dieser Stelle der Erklärung würde ich "im Ernstfall" noch Beispiele bringen, die das Gesagte hörend nachvollziehbar machen.)

    Jetzt frage ich: Was sollte daran "peinlich" sein, diese Begriffe nicht zu kennen und nach ihrer Bedeutung zu fragen? Angenommen, mein Arzt würde mir eine "Juvenile myoklonische Epilepsie" diagnostizieren und dabei gerade vergessen, dass ich Musiker und kein Mediziner bin, dann würde ich vermutlich auch einfach nachfragen :).

    Angenommen, ich wollte jetzt über harmonische Besonderheiten sagen wir in einer Schubert-Sonate schreiben, einem Komponisten, bei dem alle drei beschriebenen Vorgänge von zentraler Wichtigkeit sind: Wie sollte ich dann ohne die genannten Fachbegriffe auskommen? Und wie umständlich wäre es bzw. wie unlesbar würde der Text, wenn ich jeweils bei ihrer Verwendung die Erklärung gleich mitliefern würde? Ich müsste dann ja auch "tonales Zentrum", "Akkordrückung", "Sekundschritt" usw. erklären, denn auch da kann ich ja nicht davon ausgehen, dass jeder weiß, was die Begriffe bedeuten. Was bleibt mir also übrig? Wenn ich nicht gänzlich darauf verzichten will, das zu schreiben, was ich (z.B.) bei Schubert wichtig finde, dann schreibe ich weiter wie bisher, vertrauend darauf, dass es hier Leser gibt, die mir folgen wollen und können, in Kauf nehmend, dass das nicht für alle gilt, und darauf hoffend, dass die anderen bei Bedarf nachfragen werden. "Problem" gelöst, würde ich sagen ;).

    Wenn es nur "Staunen" wäre. Dann käme ich ja wieder heraus aus der hiesigen Schreibhemmung.

    Vielleicht hilft es ja gegen Deine Schreibhemmung, wenn Du mir die Frage beantwortest, warum Du von mir öffentlich verlangst, auf musikalische Fachbegriffe zu verzichten bzw. sie zu erklären, und gleichzeitig, z.B. in Deinem jüngsten Beitrag über Schumanns "So laßt mich scheinen", Fachbegriffe wie "Tonika", "Modulation", "Rückung" usw. verwendest (die beiden letzten davon übrigens falsch), und zwar ohne die von Dir oder besser gesagt von mir verlangte Erklärung. Ich rechne fest damit, dass diese Frage jetzt wieder zu allgemeiner Empörung, menschlich-moralischen Verdikten und Rücktrittsankündigungen führen wird, aber ich wüsste halt gern, warum ich hier angeblich Pflichten habe, die für Dich nicht gelten. Es wäre natürlich auch denkbar, dass Deine Forderung nach der "Alltagssprache" einfach inkonsistent und etwas unbedacht war, und dass Dir ihre Unvereinbarkeit mit Deinen eigenen Beiträgen gar nicht aufgefallen ist, weil Dir deren Sprache so vertraut ist, dass Du sie mit "Alltagssprache" verwechelst. In jedem Fall fände ich es im Sinne der hier verhandelten Kommunikation sinnvoll, wenn Du den offensichtlichen Widerspruch entweder auflöst oder einräumst.

    Ich wollte mit diesem Thread keinen Forenregeln aufstellen, sondern einfach den Versuch unternehmen, über eine mögliche Sprache nachzudenken, die eine Kommunikation zwischen Profis und Laien ermöglicht.

    Der Einwand, auf den Du Dich hier beziehst, war auch nicht an Dich sondern an Helmut Hofmann gerichtet. Da ist es vielleicht nicht ganz verwunderlich, wenn er auf Deine Beiträge nicht passt ;).


    Es geht doch nicht um Verpflichtungen ...

    Ich weiß ehrlich nicht, wo die Vermutungen über Regeln, Verpflichtungen und Untersagungen herkommen.

    Was mich betrifft, kann ich Dir sehr genau sagen, woher diese "Vermutung" kommt, nämlich aus dieser, kaum verklausuliert an mich persönlich gerichteten Forderung:

    es muss eine allgemein verständliche [Sprache] angewendet werden. (...) Das Medium für einen gelingenden Diskurs über Gegenstände der Musik muss die Sprache des Alltags sein. Musikwissenschaftliche Terminologie kann darin zwar durchaus verwendet werden, weil es in bestimmten Fällen unumgänglich ist, dann aber muss diese erläutert und erklärt werden.

    (Hervorhebungen von mir)

    Da wird mir also dreimal mitgeteilt, was ich tun "muss", wenn ich hier schreiben will. Ich gebe zu, dass ich grundsätzlich allergisch darauf reagiere, wenn mir ein anderer sagt, was ich zu tun habe, und dass ich geradezu verärgert bin, wenn dieser andere dann selbst das Gegenteil von dem tut, was er verlangt, hier also in seinen Beiträgen Fachvokabular fern jeglicher Alltagssprache verwendet, ohne dass er das "erläutert und erklärt".


    Zum Thema: Die Mitglieder des Forums unterscheiden sich offensichtlich sehr stark in Bezug auf musikalische Interessen, Erfahrungen und Vorbildung. Ich finde es nur logisch, dass sich diese Vielfalt auch in einem breiten Spektrum von Beiträgen widerspiegelt, von denen nicht jeder alle lesen und alle verstehen muss. Mich interessieren - nicht nur, aber vorwiegend - Themen, die sich nun mal nicht (oder nur unpraktibabel umständlich) "in Alltagssprache" formulieren lassen. Die Forderung, dass alle Beiträge von jedem verstanden werden "müssen", weil das hier ein "Laienforum" sei, ist keine Forderung nach einer anderen Sprache sondern nach einer Einschränkung der Inhalte. Fachbegriffe jeweils zu erklären, würde die Texte unlesbar machen, und man könnte auch kaum entscheiden, wo beginnen: Wenn "Rückung" oder "Ausweichung" erklärungsbedürftig sind, wie sieht es dann mit "Exposition", "Subdominante" oder "Trugschluss" aus? Ich schlage deshalb zwei Alternativen für Leser vor, die einen Text interessant genug finden, um ihn verstehen zu wollen, die aber ohne Erklärungen nicht weiter kommen: Sie können direkt nachfragen (das wäre die einfachste Lösung), oder man müsste eine Art Lexikon der wichtigsten Fachbegriffe zusammenstellen, das an gut sichtbarer Stelle im Forum verlinkt würde.

    Ergo: Das Medium für einen gelingenden Diskurs über Gegenstände der Musik muss die Sprache des Alltags sein. Musikwissenschaftliche Terminologie kann darin zwar durchaus verwendet werden, weil es in bestimmten Fällen unumgänglich ist, dann aber muss diese erläutert und erklärt werden.

    Um zu verstehen, was Du konkret meinst, habe ich gerade noch einmal in ein paar von Deinen Liedbeiträgen geschaut, und siehe da: Die enthalten reihenweise Begriffe aus der musikalischen Fachterminologie, und zwar ohne jede Erklärung. Oder gehört es bei Dir zur Alltagssprache, sagen wir beim morgendlichen Gang zum Bäcker, über "Subdominante", "Quintfall", "harmonische Rückung" usw. zu sprechen? Bei mir geht es da jedenfalls mehr um Brötchen als um falsche Trugschlüsse.


    Deine Behauptung, dass das hier ein "Laienforum" sei, konnte ich nirgendwo bestätigt finden, und es würde auch nicht dazu passen, dass Alfred mich seinerzeit persönlich in sein Forum eingeladen hat, wohlwissend, was ich beruflich mache. Mir scheint, aber da möge Alfred mich korrigieren, dass hier alle Freunde Klassischer Musik unabhängig von ihrer Vorbildung gleichermaßen willkommen sind. Dabei habe ich auch keine Forenregel gefunden, nach der hier jeder Beitrag so geschrieben werden muss, dass er voraussetzungslos von jedem verstanden wird. Und einer solchen Bedingung entsprächen Deine Beiträge genauso wenig wie meine.

    Heutige Amateure - in fast allen Bereichen - können den PRofis durchaus ebenbürtig sein

    Ich kenne mich bei weitem nicht "in fast allen Bereichen" aus, aber im Bereich der Musik ist das definitiv nicht so. Oder welcher Amateur (ich wüsste übrigens nicht, warum das Wort "Laie" diskriminierend sein sollte) fällt Dir ein, der Grigory Sokolov, Frank Peter Zimmermann oder Yo-Yo Ma "durchaus ebenbürtig" wäre? Ich kenne keinen einzigen. Ich kenne nicht einmal einen Hobby-Geiger, der auch nur annähernd an das Niveau herankommt, das man für eine Tutti-Stelle in einem beliebigen Profi-Orchester brauchte. Was ich kenne, sind Laien-Klavierspieler, die unbedingt die Wanderer-Fantasie spielen wollen und nicht einmal merken, wie hoffnungslos überfordert sie damit sind. Dagegen ist übrigens auch nichts einzuwenden, solange sie das selbst als persönlich bereichernd empfinden, was erstaunlich oft der Fall ist. Nur hören will das vermutlich außer ihnen niemand.

    Nun ging es hier ja weniger um das Musik-Machen als um das Schreiben über Musik: Da können Hörer sich natürlich eine Menge Wissen aneignen. Ich bin z.B. oft beeindruckt über ihre breite Repertoirekenntnis, und ich habe sogar schon ein paar Mal Stücke aufgeführt, auf die mich Musikhörer hingewiesen hatten (z.B. das F-Dur Klaviertrio von Saint-Saens oder das Sextett von Dohnányi). Allerdings sind Erkenntnisse über Kompositionen eben nicht nur "Wissen" sondern auch "Erfahrung", und zwar praktisch am Instrument. Den Spannungsverlauf einer Oboen-Linie kann ich nicht im selben Maße nachempfinden wie ein Oboist, der sie mit seinem Atem, also seinem Körper gestaltet und mit der Musik deshalb auf eine ganz andere Art verbunden ist.

    Spröde wirkte Op. 121 im Gegensatz zu manch anderem Kammermusikwerk der Zeit nie auf mich.

    Auf mich auch nicht, aber ich kann mich noch gut erinnern, dass die Sonate auch unter Geigern überwiegend als "problematisch", "schwierig", "unzugänglich", "undankbar" usw. galt, das ist vielleicht nicht mehr als 20 Jahre her. Ich habe sie deshalb auch erst relativ spät wirklich studiert und gespielt. Inzwischen hat sich das aber deutlich geändert, und sie wird z.B. auch von Studierenden an unserer Hochschule immer wieder für das Programm ihres Prüfungskonzerts gewählt. Klanglich problematisch können eigentlich höchstens die Pizzicato-Akkorde im Thema des dritten Satzes sein, die auf der Geige immer schwer zum Klingen zu bringen sind. Allerdings hatte Bela Bartok auch recht, der einmal auf die Klage über die schwieirgen Pizzicati in seinen Streichquartetten geantwortet hat, dass man die eben genauso sorgfältig üben muss wie etwa die Grundstricharten Détache´, Legato, Staccato, Spiccato und Martelé.

    PS: Offensichtlich sind die Stücke chronologisch angeordnet, was das Verfolgen von Beethovens Entwicklung sehr leicht macht.

    Genau, das ist das Konzept der Neueinspielung. Mir gefällt an den Aufnahmen, dass Alfredo Perl sich auch den den kleineren, "unbedeutenderen" Stücken mit Hingabe, Sorgfalt und hörbarer Zuneigung zuwendet, nicht anders als den größten. Sein Spiel ist frei von jeder Effekthascherei, strahlt eine gewisse Gelassenheit aus, ist aber alles andere als oberflächlich.