Da ich soeben meinen Schnabel-Zyklus von Beethoven ausgetauscht habe (EMI raus, Naxos rein) und mich das Thema als Sammler historischer Aufnahmen besonders interessiert, darf ich meine bisherigen Kenntnisse hier zusammenfassen.
Meiner Erfahrung nach sind es drei Faktoren, die den Kauf von historischen Aufnahmen (hier Schnabels Beethoven-Zyklus) entscheiden sollten:
1. Der Toningenieur, der das Remastering durchführt.
2 .Die grundsätzliche Remastering-Philosophie, nämlich entweder die ursprüngliche Aufnahme so wenig wie möglich oder gar nicht zu bearbeiten, oder aber mit den Methoden moderner Klangbeeinflussung das Rauschen und ähnliche "störende Faktoren" so weit wie möglich zu entfernen, dabei Beeinträchtigungen des Klangbildes in Kauf nehmend.
3. Entscheidung der Frage, ob man Firmen unterstützt, die sich oft in langen Jahren harter Arbeit einen guten Ruf erworben haben, und viel Arbeit und Mühe in ihre Veröffentlichungen stecken, aber daher meist teurer sind, oder ob man lieber die sehr preiswerten Produkte einschlägiger anderer Hersteller kauft.
zu 3: Firmen wie zB. Pearl, Biddulph, Preiser, Archiphon, Andante, Testament, Tahra oder Music & Arts, haben sich einen erstklassigen Ruf erworben. Auch wenn sie teurer sind als die Billiglabel, kann man sich doch idR darauf verlassen, für sein Geld einen entsprechenden Gegenwert zu bekommen. Bei den Billiglabeln ist es für einen Außenstehenden sehr schwer herauszufinden, wo das Material herstammt. Gerade Firmen wie Gramofono, Archipel usw. benutzen die unterschiedlichsten Vorlagen, alte Schellackplatten, Vinyl, einfach von anderer CD kopiert, alles ist möglich. Die meisten dieser Firmen wollen nur mit möglichst geringem Aufwand schnell Geld machen. Bei ihnen wird man nur zufällig eine qualitativ gute Aufnahme finden. Irgendwo dazwischen sind dann Firmen wie Brilliant Classics, die nicht zur ersten, aber auch nicht zur zweiten Kategorie zählen.
Ich persönlich kaufe bevorzugt die Labels der ersten Gruppe. Man findet nämlich durchaus ein reichhaltiges Angebot im Amazon Marketplace, Berkshire Record Outlet ua. Plätze im Netz, dazu Ebay. Naxos ist ohnehin sehr preiswert. Den vollen Listenpreis zahlt man nur selten. Nur wenn es eine bestimmte Aufnahme bei diesen Firmen überhaupt nicht gibt, kaufe ich bei anderen Labeln. Von den großen Sammelboxen mit historischen Aufnahmen lasse ich die Finger, weil die Qualität zu unterschiedlich ist. Rechnet man die grauenhaften und schlechten Aufnahmen weg, sind die Boxen schon nicht mehr so preiswert. Allerdings sind sie ein guter Einstieg, wenn man in dieser Richtung noch gar nichts hat. Bei Brilliant Classics kaufe ich auch gern, zB. jetzt die Gilels oder Richter-Box.
zu 2: Ich bevorzuge CDs, die möglichst wenig oder nicht bearbeitet worden sind, von Knacksern und ähnlichen Geräuschen mal abgesehen, also die Philosophie von Pearl. Das Rauschen ist manchmal schon störend, aber noch schlimmer ist es, wenn bei der Filterung auch der Klang muffig und topfig wird. Die EMI-Box mit Schnabels Zyklus zB. klingt so, schlechtes Remastering. Jemand schrieb mal im Usenet, das Klavier klänge wie eine Marimba.
zu 1: Als Tonigeneure, deren Produkte man jederzeit erwerben kann, wären zB. zu nennen Mark Obert-Thorn, Ward Marston, Seth Winner. Weiter sind David Lennick oder der verstorbene Keith Hardwick zu nennen.
Äußerste Vorsicht ist dagegen anzuraten bei dem russischen Ehepaar Ledin, die solange an den technischen Anlagen zur Klangfilterung spielen, bis vom Klang nichts mehr übrig geblieben ist.
Um auf Schnabel zurückzukommen: Die Schnabel - Reihe von Naxos ist mit der Ausgabe verschiedener Variationen abgeschlossen. Angesichts der Preise sollte man zugreifen. Übrigens gibt es auch von Pearl den Schnabel - Zyklus, aber die 5 Boxen sind so teuer, daß man nicht zu zögern braucht. Wer mal die Technik vergleichen will, kann sich eine Box von Pearl kaufen, die nur die Namenssonaten enthält. AFAIK sind alle anderen (neueren) Aufnahmen entweder von den Pearl - CDs schlicht geklaut oder von schlechteren Schellackplatten überspielt.
RS