Guten Morgen Edwin,
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auf die Gefahr hin, jetzt belehrend zu wirken:
ich fühle mich nicht belehrt - schließlich hast Du auch keine Ahnung, wie man einen Kongreß mit 10000 Wissenschaftlern organisiert
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Ein Kulturjournalist hat als Kritiker die Aufgabe, die Qualität einer Darbietung zu beurteilen, also etwa Intonationsmängel und undeutliche Diktion zu beanstanden und eventuell auch anzumerken, wenn eine schöne Stimme wenig ausdrucksstark geführt wird.
Bingo.
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Als Kulturjournalist hat man aber auch die Aufgabe, mehr zu berichten, nämlich die Personen und Persönlichkeiten "greifbar", "erlebbar" zu machen. Und natürlich hat man auch über Kuriosa und Ähnliches zu schreiben - weil's halt die Leut' gern lesen, was zur Auflagensteigerung führt. So ist das nun einmal, und kein Kulturjournalist kann sich in der heutigen Zeit dem entziehen.
Qed
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Zumal dann nicht, wenn es sich um per definitionem "Personen öffentlichen Interesses" handelt, zu denen Anna Netrebko aufgrund ihrer freiwilligen Berufswahl nun einmal gehört.
Ja, auch OK. Nur wenn man "Stil", was auch immer das auf einer Opernbühne heißen mag, einfordert, dann sollte man das auch mit Stil machen.
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Wenn ein Management nun Anna Netrebko auf eine ganz bestimmte Weise vermarktet und Anna Netrebko bei dieser Weise der Vermarktung mitmacht, dann sind bitte wirklich nicht die bösen Journalisten schuld, wenn sie schreiben, daß Anna Netrebko auf eine Weise vermarktet wird, die sie in ein zumindest eigentümliches Licht setzt.
Ist es das Management oder ist es der Regisseur? oder der Intendant, der diese Produktion dann kauft? Das Management vermittelt doch nur, ich kann mir nicht vorstellen, daß ANs Manager Einfluß auf die Regie nehmen kann. Und möglicherweise ist das, was auf der Bühne dann geschieht, schon ein Kompromiß zwischen Regisseur und AN? wer weiß, was der sonst noch von ihr verlangen würde?
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Wenn nun einige seriöse Analysen ebenso wie einige unseriöse Titel à la "Ne-stripp-ko" kein Umdenken beim Management oder bei Anna Netrebko selbst anregen, folgt daraus, daß das Management in Absprache mit Anna Netrebko sie eben als singenden Erotikstar platzieren wollen.
Trennen wir doch privat und beruflich. Privat sehe ich keinen Erotikstar: es gibt weder Nackt- noch Bikinifotos, sie ist einfach eine schöne Frau in schönen Kleidern, die auch mal dekolletiert sein dürfen, schlimm..... Und es gibt auch sehr uneitle Fotos von ihr.
Und beruflich? Wie ist dann Dein früheres Statement zu verstehen:
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Quatsch, Oper kann ruhig prallvoll mit Erotik sein
Du als vehementer Vertreter der Regielis wirst doch wohl nicht eine Manon im langen, hochgeschlossenen Flanellnachthemd sehen wollen, oder?
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Wogegen ich "die Oper" verteidige, sind mittelklassige Sänger/innen, die nur mit ihrer erotischen Ausstrahlung Karriere machen und damit suggerieren, daß die Qualität des Gesangs egal ist,
Das stimmt nicht. Sie hat ihre Karriere sehr zugeknöpft und ausschließlich aufgrund ihrer Stimme gemacht - Schauspiel und Erotik haben sich erst im Laufe dieser stimmlichen Karriere herausgestellt, schau Dir doch die Fotos ihrer ersten Opern an. Und warum sollte eine talentierte Schauspielerin, die nebenbei noch Charme, Charisma und Unkompliziertheit vermittelt, ihre erotische Ausstrahlung krampfhaft unterdrücken? Das verstehe ich nicht.
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Dafür die Journalisten verantwortlich machen, die das mehr oder minder unfreiwillig aufzeigen (denn auch der "Ne-stripp-ko"-Titel ist im Grunde ein Aufzeigen des Umstandes), ist nun wirklich kurzsichtig.
Und wieso kann dieser Journalist sehr sachlich und unspektakulär urteilen? und seine Kritik genau dort anbringen, wo sie hingehört, nämlich bei der Inszenierung?
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"(...) Anna Netrebko gibt wirklich alles. Sie ist keine unereichbare, keine launische Diva; eher wirkt sie wie die am härtesten arbeitende Frau der Produktion, und man bewundert sie dafür, dass sie dieses Gefühlsproduktion dann doch irgendwie strahlend und anstrengungslos hinbekommt. Und zwischendurch kommen immer wieder Szenen, nach denen man sich gewünscht hätte, sie einmal wirklich in einer richtigen Operninszenierung zu sehen. Aber das ist bei dieser Produktion eben nicht im Preis inbegriffen."
("taz", Mittwoch, 02.05.2007, Dirk Knipphals)
Fazit: die "Unschuld" der Journalisten nehme ich Dir nicht ab.
Austria
PS: Verdammt, wo bleibt denn nur Severina??? langsam geht mir die Puste aus...