Beiträge von kopiroska

    Tamino macht mich immer neugierig und so muss ich nach den für mich erreichbaren Quellen forschen. Und da sie nicht die neusten CD-s noch Mitschnitte aus den deutschen Sendern usw. sein können, wende ich mich an YouTube - sehr oft mit Erfolg ;)
    Bernstein-Beethoven ist u.a. hier zu hören (die anderen Sätze sind auch zu finden)


    http://www.youtube.com/watch?v=MQPp1qfCGtM


    Die Orchestervariante ist für mich mehr als kurios...


    :hello: KP

    Zitat in ungeschickter Form - ich bin noch nicht ganz geschult in den Zitiermöglichkeiten:
    Lullist:
    "große Kunst kann sowohl entstehen wenn man bestimmte Formalien einhält, aber
    genauso gut kann große Kunst durch die Überwindung solcher rRgeln entstehen.
    Ohne das brechen von Regeln gäbe es gar keine Kunstgeschichte."


    Stimmt. Also es müssen Regeln geben... =)



    (Aber das wissen wir ja alle- :] )


    Liebe Grüße und gute Diskussionen!
    Mit Dank.
    KP

    Ungern hingegangen – etwas Wichtiges und Schönes erlebt
    (Auch unter dem Motto „zeitgenössische/moderne Musik kann eine positive Überraschung sein”….)


    Vielleicht haben auch andere Tamino-Mitglieder mal positive „Enttäuschungen” in der Oper oder in einem Konzert erlebt. Bestimmt könnten sie auch viel fachmännischer und ausführlicher darüber erzählen, als ich es tun kann – trotzdem dachte ich, ich könnte vielleicht mit meinem fernliegenden Erlebnis ein solches Gesprächsthema einleiten.


    Vor vielen Jahren (nach der Wende, irgendwann Anfang der Neunziger) war ich einmal kurz in Wien und weil das so ziemlich unvorbereitet war und meine Bekannte und ich am Abend etwas Kulturelles erleben wollten, haben wir uns Karten für Schostakowitsch’s Katerina Ismailowa gekauft. Wir haben uns gefreut, überhaupt etwas noch ergattern zu können, allerdings waren wir auch ziemlich pessimistisch, was das uns bevorstehende Erlebnis betraf. Wir haben auf nichts Gutes gehofft – und wir haben etwas tief Bewegendes erlebt. Leider weiß ich nicht mehr, was das für eine Inszenierung war, allerdings war das kein aggressives Theater mit ganz wilden Szenen, wie es das Stück sonst eingeben könnte. Wir hatten früher nicht sehr viel von dem Komponisten gehört, auch waren wir beide etwas voreingenommen. Die Geschichte hat uns beim Nachlesen eher abgestoßen als angesprochen. Trotzdem konnten wir der Wirkung der Aufführung nicht widerstehen und haben das Theater mit positiven Eindrücken und mit einer Begeisterung für Schostakowitsch verlassen.


    Sachkundiges konnte ich dann auch im Tamino-Forum dazu lesen, hier:


    Tamino Klassikforum » OPER, OPERETTE und MUSICAL » GESTERN IN DER OPER » Duisburg, Deutsche Oper am Rhein, "Lady Macbeth von Mzensk", Shostakovich, 18.05.2008


    und hier:


    Tamino Klassikforum » FORUM für KLASSISCHE MODERNE - NEUE MUSIK - POSTMODERNE » KOMPONISTENFORUM der MODERNE » Dmitri Schostakowitsch


    Und zuletzt auch bei dem Lullisten, hier:


    Tamino Klassikforum » KLASSIK allgemein » MIT DEN BESTEN EMPFEHLUNGEN - DER TAMINO KLASSIK KANON » der Lullist: Unverzichtbare Klassikaufnahmen


    :hello: KP

    Aus Klein mach Groß - aber das Kleine kann manchmal genauso "groß" sein wie das Große


    Eines meiner beliebten Klavierstücke für vier Hände ist M. Ravels Ma mere l'oye. Die Klaviervariante mag ich mehr als die Orchestervariante - allerdings kenne ich die Klaviervariante auch seit vielen Jahren, während ich die Orchestervariante nur ein- oder zweimal gehört habe, im Rundfunk. Aber jedes Mal griff ich dann nach der geliebten Platte, um mich zu überzeugen, dass mir die Klavierfassung doch lieber ist - die gibt es jetzt auch als CD - , wo Zoltán Kocsis und DezsQ Ránki dieses Stück (und auch noch weitere Schätze) spielen. Hier:


    http://www.hungaroton.hu/hu/node/2229


    Erst neulich habe ich, dank YouTube, die Klaviervariante (die ursprüngliche) der Sonate Op. 33 von Muzio Clementi mit der Orchestervariante (als Klavierkonzert) vergleichen können (eine Bearbeitung von Francesco d'Avalo). Mich hat die Klaviervariante auch in diesem Fall mehr angesprochen. Aber vielleicht auch deshalb, weil ich das Klavier so sehr mag. Oder weil Horowitz am Klavier saß...


    :hello: KP

    Ja, das ist eine schöne Kompilation, wirklich wahr!! (Eine ganz kleine Korrektur: der Dirigent heißt Ferencsik, mit k im Auslaut).


    Inzwischen gibt es eine ganz neue Aufnahme mit der Weiner-Szász-Kammerorcherster, hier:


    http://www.bmcrecords.hu/pages/tartalom/index.php?kod=157


    Außerdem haben Dezso Ranki und Edit Klukon jetzt im Frühling in mehreren Konzerten die Klaviervariante für vier Hände gespielt, ich habe sie live hören können, als Konzerterlebnis war das sehr-sehr schön. Es ist zu erwarten, glaube ich, dass sie das auch auf CD spielen, allerdings habe ich bis jetzt noch keine Informationen darüber.


    Liebe Grüße
    KP

    Ungarische Pianisten – wenig bekannt



    Seit der Liszt-Schule gibt es in Ungarn eine Pianistentradition, auf die wir stolz sein dürfen. Die Liste ist sehr lang. Und neben den großen Namen (Sándor, Földes, Annie Fischer, Kocsis, Ránki, Schiff, Rohmann, Jandó, Vásáry...) lohnt es sich vielleicht, auch die weniger bekannten kennen zu lernen, zumal sie im Musikleben des Landes und in der Fortsetzung der Tradition eine primäre Rolle gespielt haben bzw. spielen..


    Weniger ist mehr – in diesem Sinn will ich nur einige erwähnen (und dabei mich bei allen entschuldigen, die ich diesmal nicht aufzähle…).


    Zwecks der leichteren Überschaubarkeit versuche ich auch meine Wahlkriterien zu nennen.


    1. Neu entdeckte Alte


    Erst in jüngster Zeit ist in Ungarn die Pianistin Lívia Rév (Jg. 1916) bekannt geworden. Sie hat 1946 Ungarn verlassen und wurde als klassische Konzertpianistin in der Welt berühmt – bestimmt nicht so sehr, wie sie unter anderen Umständen hätte berühmt werden können. Ihre Aufnahmen sind hier zu überblicken:
    http://www.hyperion-records.co.uk/a.asp?a=A153
    Nach den ungarischen Musikkritikern sind ihre Chopin-, Debussy- und Mendelssohn-Aufnahmen von besonderer Wichtigkeit. Ich habe eine live-Übertragung ihres Konzerts in Ungarn etwa vor zwei Jahren gehört, da hat sie Schubert gespielt, ganz nach meinem Gefühl.


    (Hier wollte unser Tamino-Freund Daniel Behrendt über sie etwas erfahren: Tamino Klassikforum » FORUM für KLASSIK und ROMANTIK » KLAVIERMUSIKFORUM der KLASSIK und ROMANTIK » Mendelssohn-Bartholdy: Lieder ohne Worte)


    2. Sehr bescheiden – sehr bedeutend, auch als Pädagoge, aber auch als Interpretator

    Der Lehrer der „großen Generation” eines Zoltán Kocsis und Dezsö Ránki, Ferenc Rados ist ein Pianist und Pädagoge, der sehr wenig Aufnahmen hat, auch gab er wenig Konzerte, aber wenn er vors Publikum trat, war das immer eine Sensation. In den letzten Jahren ist er eine bestimmende Gestalt mehrerer Meisterkurse, u. a. in Weimar.


    Ich habe seit bald dreißig Jahren eine LP, wo er Schumann spielt – für meine Begriffe immer wieder sehr schön.
    Hungaroton SLPX 1208. Jahrgang 1979. Schumann: Piano Sonata in F sharp minor, Op. 11, Abegg-Variation.s, Op. 1, Arabeske, Op. 18.


    3. Im Strom der großen Talente mitgeschwommen und mit Erfolg nach etwas Spezifischem gesucht


    Hier will ich zwei Namen erwähnen, beide spielen – unter anderem – für das Publikum weniger bekannte Klavierwerke.


    Ilona Prunyi hat sich besonders mit ihren Dohnanyi-Konzerten einen Namen gemacht, ich habe sie öfters im Rundfunk gehört. Das Dohnanyi-Piano-Gesamtwerk hat sie inzwischen auf CDs. Auch hat sie andere, selten gespielte Komponisten auf ihrem Repertoire, von William Sterndale Benett bis Christian Sinding usw.


    Von folgender Aufnahme habe ich Gutes gehört – ich selber kenne sie leider noch nicht:
    Ernst von Dohnanyi: Klavierwerke Vol. 2, aus dem Jahr 2004, Hungaroton, EAN: 5991813219121


    István Kassai ist eine interessante Figur. Mir ist er mit einer Platte von Franz Erkel aufgefallen, von Erkel habe ich früher nur seine in Ungarn sehr populären Opern einigermaßen gekannt. Ich wusste nicht, das Erkel selbst – in die Fußstapfen von Liszt tretend – viele Transkriptionen verfasst hat, u. a. auch von seinen eigenen Opern. Außerdem hat er schöne Klavierstücke geschrieben, so im Stil seines Alters (wie etwa Emil Sauer usw.).


    Die Platte ist 1991 bei Hungaroton unter Nr. SLPD 31322 erschienen. Ich höre sie gern.


    István Kassai spielt gern selten hörbare Musik aus der Zeit der Monarchie, typischerweise hat er auch die unbekannten Erstlingswerke von Bartók auf CD gespielt.



    Über die vielleicht bekanntesten Gestalten der jüngeren bzw.- ganz jungen Generation (Dénes Várjon, Gergely Bogányi, Gábor Farkas) will ich vielleicht in einem nächsten Beitrag noch schreiben – damit das nicht doch viel zu viel wird….


    :hello: KP

    Wenn „very british“ – dann müssen wir unbedingt den Komponisten der Königin
    Sir Peter Maxwell Davies erwähnen.


    Als Neuling muss ich gleich gestehen: ich versuche, bevor ich mich zum Chatten entschließe, zuerst immer nachzuackern, ob man darüber in einem früheren Konversationsfaden schon etwas geschrieben hat. Ich wäre sehr dafür, dass die alten „Threads“ (wie wird das auf deutsch ausgesprochen?) immer mit angeführt werden. Wenn man als Neuling das gleiche schreibt, was jemand schon viel früher geschrieben hat, und wenn man das dann entdeckt, fühlt man sich sehr unangenehm. (Trotzdem kann das vorkommen, bei der Menge der Themen und der Beiträge.)


    Jetzt hatte ich es leicht: die zwei früheren Konversationsfaden wurden von „Guercoeur“ zum Glück mitgeteilt. (Danke!)


    So kann ich gleich zitieren:


    „yarpel“ hat P. M. Davies zuerst vorgestellt, so:
    Peter Maxwell Davies, 08.09.1934 in Salford geboren, hat zusammen mit Harrison Birtwistle am Royal College of Music studiert
    Werke z.B. Eight Songs for a mad King 1969, Musiktheater für einen Sänger und Ensemble; An Orkney Wedding, with Sunrise 1985, für Orchester oder Kammerorchester und Higland Pipes (Dudelsäcke); Symphony Nr 5 1994, für Orchester. Zahlreiche weitere Werke.


    Dann hat Edwin Baumgartner mehrmals auch über Stil und Werke von Davies geschrieben, u. a. folgendes:
    Maxwell Davies schreibt zwei Stile: Einen, in dem er mittelalterliche Praktiken und solche der seriellen Musik verbindet (ohne jemals 12ton-Musik geschrieben zu haben), und einen folkloristischen, in dem er die Musik der Orkneys geradezu glorifiziert. Der erste mag etwas schwer zugänglich sein (obwohl ich die 2. und 3. Symphonie für zutiefst bewegende Werke halte), aber der zweite macht einfach Spaß: "An Orkney Wedding - with Sunrise" und "A Spell for Green Corn" sind fabelhaft. In der faszinierenden Kammeroper "The Lighthouse" (ein Thriller der Spitzenklasse, spannender kann Oper nicht sein!) gibt's Vermischeungen der beiden Stile - unbedingt hörenswert!

    Mir gefallen seine „folkloristischen Werke“ (die ich auch erst in letzter Zeit und sehr sporadisch kennen gelernt habe). Er hat auch eine sehr angenehme und wirkungsvolle Kinderoper komponiert: Cinderella heißt sie.


    In letzter Zeit soll er an einer lustigen Oper arbeiten, deren Thema der Skandal im britischen Parlament ist, es geht um den Kostenersatz der Abgeordneten, die sich u. a. die Spesen für einen Wassergraben um ihren Schloss herum u. ä. m. rückerstatten ließen. (Quelle: Népszabadság. 2009. július 23 – http://www.nol.hu).
    Ein schönes Beispiel dafür, dass die Oper (schon immer?) auch eine recht politische Gattung sein kann… :D


    :hello:
    KP

    Das ist ein Konversationsfaden, bei dem man gleich Lust bekommt, die zitierten Stücke der Reihe nach zu hören. Vielen Dank dafür!


    Um wieder gut zu machen, dass ich in meinem obigen Beitrag das Hauptgewicht auf "Beethoven den Superstar" gelegt habe (wobei ich außerdem schlimmerweise auch den Namen der unsterblichen Geliebten falsch angegeben habe, sie war Josephine und nicht Therese Brunswick... :untertauch:) dachte ich daran, hier doch einen vieldeutigen Satz von Grillparzer, aus seiner berühmten Rede am Grabe von Beethoven zu zitieren.


    "Der nach ihm kommt, wird nicht fortsetzen, er wird anfangen müssen, denn sein Vorgänger hörte nur auf, wo die Kunst aufhört. "


    (= http://gutenberg.spiegel.de/?i…d=3454&kapitel=1#gb_found )


    Habt einen schönen Tag! Und viele gute Diskussionen! :hello: KP

    Was mich an Johann Sebastian Bach fasziniert?
    Alles. Dass es ihn gab.


    Wenn ich drei Werke zu nennen hätte, die mich in letzter Zeit (und immer wieder) fasziniert haben, dann würde ich folgende drei Erlebnisse aufzählen:


    das 6. Brandenburgische Konzert :angel:
    der Schlusschor aus der Johannes Passion (Ruht wohl, ruht wohl, ihr heiligen Gebeine) :jubel:
    "Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit" (Actus Tragicus BWV 106) (der erste Teil - Sonatina - wurde von György Kurtag für Klavier - 4 Hände - bearbeitet, rührend schön) :jubel:


    KP

    Vor vielen Jahren saß ich einmal in einem Klavierkonzert des damals hoch geschätzten, inzwischen ein bisschen in Vergessenheit geratenen Pianisten Gyula Kiss. Nach dem zweiten Teil des Konzerts gab es großen Applaus und man wartete auf die Zugaben. Da gab es jedoch einige im Publikum, die ungeduldig wurden oder einfach nur Angst hatten, dass sie in der Garderobe zu lange auf ihren Mantel warten müssen und gingen hinaus, wobei die Türen quietschten. Da drehte sich der Pianist mit seinem Klavierstuhl zum Publikum und schrie: Allegro barbaro. Und anschließend spielte er tatsächlich Bartóks Stück, vehement und kräftig. Und das Publikum (oder mindestens ein Teil davon) fühlte sich beschämt.


    KP

    Es ist schrecklich heiß heute - dazu passt dieser Konversationsfaden ganz prima.


    Ich bin keine leidenschaftliche Krimileserin - aber meine Mutter war eine, auch noch im Alter über neunzig. Sie hatte eine ganze Sammlung von klassischen Krimis. Aus dieser Sammlung will ich nun zwei (bzw. drei?) Autoren empfehlen. Ich habe die früheren Beiträge kurz durchgesehen und diese Autoren nicht gefunden. Vielleicht findet Ihr ihre Werke auch für lesenswert.


    Also:
    Kommissar Palmu ist der Hauptheld in den Krimis des finnischen Schriftstellers Mika Waltari. Er sieht wie ein harmloser dicker Alter aus - ist es aber nicht, wie man wohl schon denken mag. Mika Waltari hat auch andere Werke verfasst, seinen Roman "Sinuhe der Ägypter" habe ich in meinen jüngeren Jahren sehr gern gelesen (aus der Zeit von Ekhnaton, die Geschichte eines Arztes im alten Ägypt)


    Die Krimis von A. Wainer und G. Wainer gewähren dem Leser einen Blick in die Welt von Moskau nach dem Krieg und in den fünfziger Jahren. Sie sind sehr spannend und die Darstellung des Milieu ist auch gut gelungen (mindestens wenn ich von meinen Kindheitserinnerungen ausgehe...)


    :hello: KP

    Ein bewegendes Lied und ein Stück Geschichte



    Das Lied, das mich immer wieder tief ergreift, ist ein altes ungarisches Bauernlied (etwa aus dem 18. Jahrhundert – vielleicht schätze ich es richtig ein…).


    Das Lied ist der Abschied eines jungen Mannes von seiner Geliebten und von seiner Heimat. Der konkrete Grund des Abschieds wird nicht genannt, aber in Kenntnis der Geschichte, der vielen Kriege und der ewigen Sehnsucht nach Freiheit, die einem immer wieder versagt wird, ist das mitsamt der Metaphorik des Textes leicht nachzuvollziehen.


    Bartók hat dieses Lied gesammelt und fürs Klavier bearbeitet (in: 15 Hungarian Peasants Songs; No. 1: „Megkötöm lovamat“).


    In den siebziger Jahren hat Janos Brody zu dem Lied einen neuen Text verfasst und Zsuzsa Koncz und er haben dieses Lied in ihren Konzerten immer wieder gesungen. In den siebziger Jahren hatten sie auch Probleme mit den staatlichen Behörden, denn der neue Text enthält eine Reihe von Allegorien, die eindeutige Hinweise auf die Unterdrückung durch das totalitäre Regime sind. Alle Strophen fangen mit einem Bild an:
    Wenn ich eine Rose wäre …
    Wenn ich ein Haustor wäre …
    Wenn ich ein Fenster wäre …
    Wenn ich eine Straße wäre …
    Wenn ich eine Fahne wäre …


    Eine Aufnahme des Liedes, gesungen von Zsuzsa Koncz und Janos Brody in den achtziger Jahren in der Aula der Hochschule für Gartenbau und Agrarwesen, kann man hier sehen und hören:
    http://www.youtube.com/watch?v=jrYOS43tgz8
    Die Aufnahme gibt Vieles von der Stimmung des Landes wieder.


    Nach der Wende wurde diese Aufnahme öfter gezeigt, auf dem Video gibt es noch ein Interview mit den beiden Künstlern aus den neunziger Jahren, das ist allerdings auf Ungarisch und nur für die Ungarn gedacht…


    :hello:
    KP

    keine Gegenmeinung!


    Ich will keineswegs dagegen argumentieren, dass Beethoven eine der Größten Gestalten der klassischen Musik ist und bleibt - insbesondere nicht, wenn ich an die Klaviersonaten und an die Kammermusik denke, die ich nie ohne Rührung hören kann. Aber vielleicht darf man doch auch an einige Fakten denken, die seine Popularität (und ich halte diese Popularität trotz alledem für sehr wichtig) untermauern helfen:


    *ein kulturhistorisch-politisch wichtiges Faktum: die Ode an die Freude (9. Sinfonie) und ihre Rolle in der EU


    **ein erschütternd-menschliches Faktum: seine Taubheit (sehr schön dargestellt im Film von Agnieszka Holland "Copying Beethoven")


    *** ein typischerweise in Ungarn bekanntes Faktum: seine Liebe zu Theresa Brunswick und die Konzerte in Martonvásár, wo er eine kurze Zeit seines Lebens verbrachte


    **** ein farbig-textuelles Faktum: die auffallend bekannten Namen vieler seiner Werke von der Mondschein-Sonate bis zur Pastorale und Schicksalssinfonie usw. (obwohl das auch bei anderen Komponisten der Fall ist...)


    *****ein lustig-blasphemisches Faktum: die bei vielen Leuten sehr geliebten Filme mit einem Bernhardiner in der Titelrolle, der Beethoven heißt... (Entschuldigung...)


    :hello: KP

    doch noch eine Probe


    Hallo liebe Disputierende,


    wie wär’ es mit einer Unterscheidung zwischen dem Zusammenhang der Kunstformen im historisch geprägten kollektiven Bewusstein einerseits und ihrem Zusammenhang auf Grund des anthropologisch und neurologisch untermauerten Zusammenwirkens der Sinne andererseits?


    Denn einerseits kann man sich doch fragen, wie, warum und ob überhaupt die Musik eines Debussy mit einem Gedicht von Mallarmé oder mit einem Gemälde von Monet zusammenhängen mag. Die Musik ist Musik, die Bilder sind Bilder, sie stehen für sich, sie werden für sich wahrgenommen und rezipiert usw. Sie haben als Artefakte ihre Selbständigkeit, genau so wie ein Gemälde von Rubens oder der Säulengang des Parthenons, Beethovens Sonate in c-moll Op. 111 oder Bartóks Cantata profana. Aber wir kennen sie als Artefakte aus einer bestimmten Epoche und wir verbunden sie mit anderen Informationen aus der gleichen Zeit. Diesem unserem Wissen können wir nicht „ausweichen”, wir können es, wenn wir es einmal erfahren haben, nicht mehr „ausschalten”. So gesehen kann es nun schon sinnvoll gefragt werden, wie die Kunstformen der gleichen Zeit wohl zusammenhängen mögen. Mit anderen Worten: sie hängen nicht von sich selbst zusammen – ihr Zusammenhang wird von uns quasi entdeckt. Zu der Entdeckung gehört natürlich die „begründete Annahme“ (welch schönes Paradoxon), dass diese Werke unter dem Einfluss und auf der Ebene der jeweiligen Epoche wohl auch zusammenhängen mögen, und dass dieser Zusammenhang bei den prototypischen Fällen (welche sind das??) auch leicht nachzuweisen ist. Wenn das einmal gelingt, wird das auch zu einem Wissen, mit dem wir in weniger einfachen Fällen auch vorgehen können. Tatsächlich scheint es eine gute Vergleichsgrundlage zwischen einem monumentalen und lodernd-beweglichen Barockbauwerk einerseits und Händels Orchesterwerken andererseits zu geben. Und bestimmt gibt es außer mir auch viele Musikliebhaber, die bei der Übergabe der silbernen Rose in R. Strauss’ Rosenkavalier an die ineinander geflochtenen Blüten der Sezession denken müssen usw. Allerdings gibt es auch einen gravierenden Unterschied zwischen den auffallend passenden (prototypischen) Einzelfällen und den eher peripheralen Fällen. Aber auch bei den letzteren können wir unser Wissen über die Epoche nicht annullieren, auch wenn die Grenzen der „Epochen“ einerseits nicht so ohne weiteres zu ziehen sind und wenn es wohl durchaus möglich ist, dass wir Parallelen entdecken, wo die verschiedenen Kunstformen an sich nicht zu derselben Epoche gehören, sondern eine Art Verschiebung aufweisen usw.


    Andererseits können wir durchaus erleben, dass bestimmte Kunstwerke für uns assoziativ- analogisch zusammenhängen. Dies ist aber nicht mit der oben geschilderten, im historisch-kulturellen Wissen begründeten Assoziation gleichzusetzen. Hier lohnt es sich, mindestens zwei Gründe/Möglichkeiten der Assoziation festzuhalten. Schon Vivaldi usw. konnten durch die Musik quasi „Bilder“ malen, über „Ereignisse“ erzählen usw., die Geschichte der Programmmusik fängt vielleicht schon mit der Tonmalerei der angehenden Instrumentalmusik an. Man kann hier auch sinnvoll fragen (glaube ich), worin die Tonmalerei besteht, wovon die Assoziationen abhängen, welche Tonarten wie wirken usw. Das ist eine Seite der möglichen Assoziationen zwischen den verschiedenen Kunstformen. Es gibt aber auch eine andere, nicht weniger reizende und problemreiche Seite, die in der Sinneswahrnehmung, in ihren psychophysischen Möglichkeiten wurzelt. Ich denke an die Synästhesie, an die Verbindung von verschiedenen Domänen bei der Sinneswahrnehmung. Der Rhythmus der Säulen und des Taktes, die Schnelligkeit des Aufleuchtens von Farbtupfen und die Variation von Klängen können intersubjektiv nachvollziehbar zusammenhängen und dies kann ohne weiteres zu Assoziationen zwischen Gesehenem und Gehörtem, Malerei und Musik führen. (Ich habe ein sehr interessantes Buch darüber gelesen: Richard E. Cytowicz: The Man Who Tasted Shapes. A Bizarre Medical Mystery Offers Revolutinary Insights Into Emotions, Reasoning and Consciousness. Ich glaube, das gibt es auch in Deutsch.)


    Hoffentlich war das nicht zu viel des (ob) “Guten”…


    :hello: KP

    Es geht hier, wenn ich die Diskussion richtig verstanden habe, um zwei verschiedene Dinge.


    Die Kunstwerke eines Zeitalters bilden zusammen die gegebene Epoche, es ist nicht möglich, etwas da herauszureißen und zu sagen, das steht allein für sich. (Das hat auch keiner von Euch gesagt). Deshalb ist es nicht möglich, dass ein heutiger Künstler etwa im Stil von Mozart oder Brahms komponiert. Genauso unmöglich ist auch, dass in unseren Tagen ein Barock-Schloss gebaut wird (nur nachgebaut). Die Kunstwerke (Musik und Malerei, Theater und Videoinstallation usw.) schaffen zusammen die Epoche und sie werden wohl auch zusammen wahrgenommen, auch wenn die Zusammenhänge nicht notwendig bewusst sind.


    Andererseits ist es durchaus möglich, dass man ein Kunstwerk subjektiv, für sich wahrnimmt und erlebt, ohne dabei andere Erlebnisse mit wachzurufen. (Das hat auch niemand bezweifelt.) Deshalb ist es möglich, dass ein Mozart-Stück als Grundlage zur Gefühlswelt aus einer ganz anderen Zeit dient, wie das mit dem Film Elvira Madigan in den siebziger Jahren der Fall war. Die Filmmusik war der zweite Satz aus Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 - damals konnte man diese Musik immer wieder hören, diese Musik war von der "Stimmung" her besonders rührend und passte zu der tragischen Liebesgeschichte des schwedischen Paares aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Wahl war ein Volltreffer.


    Ich glaube, ich habe nichts Neues gesagt.
    Trotzdem ist das eine gute Diskussion - macht so weiter!


    Alles Gute
    :hello:

    Um mal ein bisschen aus der Reihe zu tanzen:


    eine charismatische Persönlichkeit war für mich Chick Corea, der das anfangs feierlich gestimmte und ahndachtvoll zuhörende Publikum eines festlichen Konzertsaals soweit bringen konnte, dass die Anwesenden die von ihm angegebenen Töne gesungen und gesummt haben. So entstand eine Art Harmonie (und Dissharmonie), begleitet von ihm auf dem Klavier und alle waren glücklich.


    :hello: KP

    Hallo lieber Paul,


    nein, meine Bemerkung bezieht sich nicht auf die Unterschiede im Geschmack, die halte ich für normal und gerecht. Ich wollte auf etwas „tiefer” Liegendes hinaus, worauf solche Sätze aufmerksam machen können, die Johannes Roehl oder Luis.Keuco in diesem Thread geschrieben hat


    Johannes schreibt:


    „Eine Rezension, die ich im Forum schon mehrfach zitiert habe, warf den Violinsonaten op.12 (!) von Beethoven "Gelehrt, gelehrt, immerfort gelehrt, keine Empfindung, kein Gesang" vor.“


    Und Luis.Keuco schreibt:


    „Aber moderne Musik kann eben auch hörtechnisch sehr anstrengend sein. Bartoks Streichquartette, Martinus Violinkonzert sind schwere Kost. Dabei bei Weitem nicht "unhörbar". Schostakowitsch und Sibelius hingegen gehen bei vielen deutlich leichter durch.“


    Da fragt man sich, warum eben diese Werke in dem Kontext erwähnt werden? Warum sind Streichquartette leichter ein Problem als sagen wir Klavierkonzerte? Warum kann eine Sopranistin leichter missfallen als eine Bariton-Stimme? (Wenn das überhaupt stimmt … Das sind nur meine Beobachtungen in meinem kleinen Kreis … Richtige Statistiken fehlen…)


    Das „Hörtechnische“ scheint mir auf jeden Fall ein gefährlicher Begriff zu sein, weil nicht ganz klar ist, was darunter zu verstehen ist. Wenn da wirklich eine Rolle spielen würde, was für uns Menschen anthropologisch natürlich ist, dann muss ich auch unausweichlich an die Verantwortung der modernen Meister denken. Natürlich müssen sie ihre künstlerische Freiheit haben – aber der Verantwortung, dass sie durch ihre Werke die Menschen anzusprechen haben, werden sie nicht entkommen können. Und in dieser Hinsicht hat es die Musik doch anders als die anderen Künste, die den Intellekt ganz anders, greifbarer und konkreter ansprechen und die Gefühle nicht direkt anregen.


    Habt einen schönen Tag!
    :hello: KP

    Der Gedanke, dass zeitgenössische Musik „intellektuell“ wirkt, stimmt -- und stimmt nicht. Denn Musik ist immer auch eine intellektuelle Wirkungsquelle, egal, ob Bach, Mozart oder Stockhausen. Was in der zeitgenössischen Musik – und in allen Arten der Kunst: in der Literatur, im Theater, in den bildenden Künsten, im Film usw. – aber doch anders ist, das ist einerseits die Komplexität und andererseits die Erwartung gegenüber der Interpretation.


    Komplexität heißt, dass wir (= Menschen unseres Zeitalters, darunter auch die meist auch theoretisch gefeilten Künstler) viel zu viel „kennen“, an Methoden und Möglichkeiten, an Erdachtem und Erlebtem, und all das strömt in die Werke hinein, ob postmoderner Roman, oder Regietheater, Videoinstallation oder zeitgenössische Musik. Man (der Künstler, der denkende Mensch, der Empfänger der Werke) kann diese enorme Vielheit manchmal kaum zusammenhalten. Was wir „erkannt“ haben (im Sinne „Erkenntnis“), kann jedoch nicht mehr rückgängig gemacht werden. Kein Wunder, dass die Nostalgie nach dem „Natürlichen“ immer wieder so stark und prägnant erscheint. Der große internationale Erfolg der Klavierminiatüren eines György Kurtág hängt vielleicht auch mit unserem Wunsch zusammen, das Unübersichtbare irgendwie komprimiert doch überblicken zu können/wollen. Viele Werke können uns das nicht anbieten, im Gegenteil.


    Hier erscheint die Erwartung gegenüber der Interpretation/dem Interpreten. Natürlich war ein jedes Kunstwerk immer die gemeinsame Leistung von Schöpfer und Empfänger. Shakespeare oder Lully, Rembrandt oder Bach wurden von den Zeitgenossen auf eine für uns nicht nachvollziehbare Art aufgenommen, verstanden, interpretiert. Aber die alten Meister haben mehr davon auf sich genommen und selber ausgelegt, was sie in ihren Werken mitteilen wollten. Die modernen Meister verlassen sich immer mehr auf den Empfänger. Sie sind immer rätselhafter. Form und Inhalt hängen auf einer immer abstrakteren Ebene zusammen. Einen postmodernen Roman kann bald nur einer „richtig“ (was ist das??) verstehen, der sich in den Anspielungen auskennt. Ein modernes Kunstwerk ist oft eine Herausforderung an alle Sinne und verlangt nach einer bejahenden oder ablehnenden Antwort auf eine Reihe von Warum - Fragen. Genau so ist es auch mit der zeitgenössischen Musik.


    Fazit (nichts Neues...): Alle Arten der zeitgenössischen Kunst erreichen eine immer schmälere Schicht von Empfängern, die mithalten wollen und können. Demgegenüber entwickeln sich die verschiedensten Formen von populärer Kunst, die immer mehr Leute erreichen können. Die große Frage ist nach wie vor: Wie hängen all diese Formen doch zusammen, sie entstehen ja in der gleichen Zeit. Und wie kann man (kann man? sollte man?) versuchen, die Kluft zwischen hoher (und schwer verdaulicher) Kunst und populärer Kunst mindestens hie und da zu überbrücken. Aber das gehört nicht mehr zum Thema dieses Konversationsfadens...


    Ein letzter, zaghafter Gedanke: Es ist doch symptomatisch, welche Werke in der Geschichte und in unseren Tagen als besonders „schwere Kost“ galten bzw. gelten. Meistens wurden Streichquartette, von Beethoven bis Bartók, genannt u. ä. m. Da muss man sich vorsichtig fragen, ob das nicht mit unserem genetisch mitbekommenen Erbmaterial zusammenhängt? Ob es nicht Klangbilder und Tonhöhen usw. gibt, an die man sich aus anthropologischen Gründen nicht so ohne weiteres gewöhnen kann? Wenn das stimmt, mag es dann in einigen Fällen tatsächlich nicht nur darum gehen, dass zeitgenössische Musik deshalb wirkungslos bleibt, weil sie nicht genug gehört wird (was in vielen Fällen stimmt)? Ich weiß es nicht…. Aber wenn dem so ist, dann ist die Verantwortung der modernen Meister besonders groß.


    :hello: KP

    Ich habe nicht wieder finden können, was ein lieber Konversationspartner über Bartóks Oper in diesem oder in einem ähnlichen Konversationsfaden geschrieben hat, deshalb dachte ich, dass eine Wiederholung eventuell nicht so schlimm ist. Eine der für mich schönsten modernen Opern ist Bartóks „Herzog Blaubarts Burg”, dessen Libretto sein Freund, der Schriftsteller Béla Balázs geschrieben hat. Balázs hat mehrere „Kunstmärchen” verfasst. Die Symbolik dieser Geschichte ist eine kongeniale Grundlage zu Bartóks Musik.


    Und wenn ich mich schon zu Wort gemeldet habe, dann möchte ich noch ein Beispiel erwähnen, wo ein bekanntes Thema der Weltliteratur Grundlage einer Oper geworden ist: Das Drama von Frederico Garcia Lorca „Bluthochzeit“ wurde von Sándor Szokolay aufgegriffen. Seine Oper mit dem gleichen Titel hatte in den sechziger-siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts großen Erfolg und internationale Anerkennung. Der pathetisch-leidenschaftliche Stil Szokolays und seine Wurzeln in der Bauernmusik passten sehr gut zu dem Sujet.


    :hello: KP

    Hallo liebe Debatteure,


    als interessierte Leserin der Diskussion möchte ich mit einem Datum dem Thema Unterhaltungsmusik versus ernste Musik mit besonderer Rücksicht auf die neuen Wege der klassischen Musik beitragen - zumal diese Frage bestimmt eine der aufregendsten in unseren Tagen ist, so meine ich's mindestens.


    Am Ende eines Konzerts in Wien hat der Pianist Evgeny Kissin (der sonst durch seine Klassik-Interpretationen berühmt ist) ein Thema aus der Begleitmusik zu dem weltberühmten Computerspiel Final Fantasy von Nobuo Uematsu gespielt. Die Musik von Uematsu - der selber auch ein "studierter Musiker" ist - war und ist wohl auch noch immer in der Lage, Millionen von Jugendlichen anzusprechen, so wie Final Fantasy auch eines der erfolgreichsten Computerspiele des zwanzigsten Jahrhunderts war.


    Kissins Spiel ist in YouTube zu hören, wenn man die Tags Evgeny Kissin und Final Fantasy angibt. - Oder hier: http://www.youtube.com/watch?v=YXRUDI1X1Co


    Zur Fortsetzung viel Spaß! Und vielen Dank seitens der LeserInnen!
    :hello:

    Hier auch ein Liste - auf Anhieb


    Cervantes: Don Quijote
    Shakespeare: Werke


    Jane Austin: Vernunft und Gefühl
    Dickens: Die Pickwickier
    Tolstoi: Krieg und Frieden


    Thomas Mann: Joseph und seine Brüder
    Bulgakow: Der Meister und Margarita


    Magda Szabó: Eine altmodische Geschichte


    Stanislaw Jerzy Lec: Alle unfrisierten Gedanken


    Gedichte (Ungarische Lyrik aus fünf Jahrhunderten, in meiner Muttersprache, das hätte ich wohl schon gleich am Anfang erwähnen müssen)


    :hello:

    Was ist, was kann das Tamino-Klassikforum?

    Es ist eine riesige Schatztruhe von immer neueren Kenntnissen und Informationen über Komponisten und ihren Werken von Raff bis Mercadante und von Lully bis Bortkiewicz sowie über Interpreten von Helmut Müller Brühl bis Edward van Beinum und von Lili Kraus bis Mitsuko Uchida und und und…


    Es ist eine verlockende Möglichkeit, über das interessanteste Thema der Welt: über uns selbst so zu sprechen, dass wir doch nicht über uns sprechen, sondern über unsere Musikerlebnisse und über unsere Lieblingskomponisten und Lieblingswerke.


    Es ist ein lieber Zuhörer, der uns zu immer neueren Gedanken verhilft, wie die schweigend an ihrer Stickerei arbeitende Schwester Heinrich von Kleists ihrem Bruder (wie er das in seinem Essay „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden” so schön und plastisch beschreibt).


    Es ist ein Quelle möglicher Freundschaften zwischen Gleichgesinnten und ein kühler Hintergrund möglicher Fehden zwischen unruhigen Weltverbesserern.


    Ich mag Tamino-Klassikforum.


    Vielen Dank dafür, dass es Tamino gibt!


    :jubel: :angel: :hello:

    Schubert: Sonata for Arpeggione and Piano
    P. Lukacs(viola) und E. Petri (piano)


    Hungaroton SLPX 11459
    Ist bei ebay zu bekommen, für 8,56 Euro, wenn ichs richtig gelesen habe.


    Ich habe diese Platte seit einer Ewigkeit und höre sie sehr gern. Zwar wird Schuberts Sonate häufiger am Violoncello vorgetragen, doch ist diese Variante auch nicht zu verschmähen.


    Auf der Platte sind noch drei weitere Werke zu hören: Xaver Hammer, Sonata N. 4 für Viola di Gamba, J. Nepomuk Hummel: Sonata Op. 5 Nr. 3 für Viola und Piano und Pietro Nardini: Sonata für Viola und Piano in f-Moll.


    Die beiden Interpreten gehören zu den Unbekannten, die einem nicht selten eine Überraschung verursachen können.


    :hello:

    Was Musik bewirken soll?


    Das hängt von so vielen Dingen ab!


    Erstens ist es schon nicht mehr ganz egal, ob man allein oder in der Gesellschaft von Freunden usw. Musik hört. Ich kann mich an wunderbare Momente erinnern, wo ich mit FreundINnen (vor sehr vielen Jahren mit einem Freund…) ins Konzert ging und wo wir bei einem erschütternden Piano oder bei einem erhabenen Schlussakkord einander plötzlich angeschaut oder einen schnellen Blick gewechselt haben. Das waren Augenblicke, in denen man die Freude oder die Erschütterung mit den anderen teilen konnte – eine Leistung der Musik, die übrigens, wie wir gut wissen, in weniger harmlosen Form in der Geschichte der Menschheit auch Gefahren in sich bergen konnte.
    Ich gehe bis heute möglichst nie allein ins Konzert, damit ich das Erlebnis des gemeinsamen Betroffenseins auch immer wieder haben kann.


    Dann gibt es auch einen Unterschied zwischen einer Situation, wo man einerseits, aus welchen Gründen auch immer, eine bestimmte CD oder Schallplatte hören will, --- und wo man andererseits plötzlich und unerwartet etwas zum Hören bekommt.


    Im ersten Fall wirkt die Musik, untermauert durch die Absicht, sie und nicht etwas anderes zu hören, immer der jeweiligen Gemütslage entsprechend. Scarlatti – den ich in diesem Augenblick höre, Clara Haskil spielt Scarlatti-Sonaten – vermittelt Harmonie und Ruhe. Telemanns Trompetenkonzert mit Wynton Marsalis oder mit Maurice André kann einem die fehlende Lebenslust wiederbringen. Und wenn ich Bartóks Concerto höre, fühle ich meine ganze Freude und meine ganze Verzweiflung über meine Heimat auflodern (besonders bei dem riesigen Melodiebogen im letzten Satz – das Concerto ist eines meiner Lieblingswerke).


    Der zweite Fall ist aber auch nicht weniger verlockend. Man hört das Radio und plötzlich erklingt eine Melodie, die man kennt, auch wenn man im ersten Augenblick nicht genau weiß, was das ist. Das kann sehr oft eine besondere Freudenquelle sein: dieses Mitschwingen, diese plötzliche, unerwartete Schönheit.


    Musik lässt sich kaum in die „Sprache” übersetzen. Wir können sagen, wie hoch ein Berg ist, aber ob wir sagen können, wie eine Klarinette klingt? (ein halbes Zitat von Ludwig Wittgenstein)


    Allen eine gute Nacht! :hello:
    Und Kristel viele Freunde im und viele Freude am Forum! ;)


    (Mit Entsetzen habe ich gemerkt, dass ich statt Maurice einfach Moritz - wie Max und Moritz - geschrieben habe... Es war offensichtlich viel zu spät in der Nacht ... Wer weiß, welche Fehler da noch stecken...)

    Liebe Diskussionsteilnehmer!


    Auf die vernünftige Frage von Paul: „Gibt ein Libretto nicht eher den Umriss, durch welches die Ausführung auch begrenzt wird?“ ist die Antwort: Doch, ja – nur die Grenzen können auf der Ebene der Theorie nicht erfasst/erklärt/angegeben/vorgeschrieben werden. Diskutieren kann man darüber nur in concreto, in Bezug auf einzelne Fälle. Es wäre die Aufgabe der Theaterkritik und der verschiedenen Foren usw., die Einzelproduktionen sine ira et studio, aber scharf und unerbittlich zu kritisieren.


    Die andere Frage war: „Die Frage ist m. E. nicht ob das Theater es kann und ein Regisseur es will, sondern eher ob es darf. Ob es gestattet ist.“ Dies ist eine Frage des Geschmacks, der Moral, des Zeitgeistes, der vorherrschenden Meinung/Ideologie des gegebenen Zeitalters. Dass wir in einem Zeitalter leben müssen, wo die Kunst auf die Gewalt in der Gesellschaft/ im Leben mit doppelter Gewalt zu reagieren scheint, ist ein zwar erklärbares, jedoch trauriges Faktum. Das bedeutet nicht, dass man nicht versuchen könnte, etwas dagegen zu tun – eine Diskussion wie diese ist schon eine Tat in diese Richtung, glaube ich.


    Soweit ich die Diskussion verstanden habe, ging es dem Themenstarter am Anfang darum, ob eine zeitliche Verschiebung bei der Inszenierung möglich ist und wenn ja, bei welchen Werken. Diese Fragestellung war noch eng mit der Musik verbunden. Es scheint inzwischen, dass dieses Moment: nämlich die Frage, inwieweit DIE MUSIK durch die Inszenierung neue „Flügel bekommt“, verloren gegangen ist.


    Das Regietheater ist vor allem Theater, ein typisches Produkt des postmodernen Zeitalters, wo das Thema des Kunstwerks einfach ein anderes Kunstwerk ist. Es geht nicht mehr darum, was in dem zum Thema gewählten Kunstwerk geschieht, sondern darum, das Kunstwerk als Ausgangsthema auffassend darüber etwas auszusagen.


    Deshalb dachte ich, dass durch das Thema der „halb szenierten“ Aufführungen, den „Arlecchino“ aufgeworfen hat, das verlorene Moment der Musik wieder in den Vordergrund gestellt werden könnte.


    Liebe Grüße
    :hello:

    Da ich heute ganz ungewöhnlich viel Freizeit habe, höre ich im ungarischen Rundfunk die VIII. Sinfonie von Bruckner - nachdem ich im Forum so viel Schönes über den Komponisten gelesen habe. Eigentlich ist er für mich eine Art terra incognita, auch viel zu pompös, bestimmt müsste man diese Sinfonie live im Konzert hören, nicht so bequem sitzend und inzwischen an andere Dinge denkend, oder???

    Parsifal 2009 in Budapest



    Nach der Aufführung am 26. (jetzt Freitag) wurden einige Bruchstücke der halb szenierten Aufführung der Oper in den ungarischen Medien gezeigt. Die ganze Aufführung konnte man live im Bartók Radio hören. So ähnlich war das auch mit dem Ring vor paar Tagen. Leider habe ich nur auf diese Art und Weise Eindrücke gewinnen können.


    Diese wenigen Eindrücke haben mich allerdings ein bisschen überzeugen können, dass der Zwist zwischen "Regietheater" und/oder "Librettotreue" durch solche Versuche zum Wohle der Musik in den Hintergrund gestellt werden könnte... Ich glaube nicht, dass das nur eine Art Sparmaßnahme sein sollte. Aber ich glaube auch nicht, dass all das, was das Theater heute bieten kann und will, rückgängig gemacht werden könnte. Und die Opern balancieren auf einem Seil zwischen Theatererlebnis oder/und Musikerlebnis. Bestimmt gibt es viele Methoden, wie man auf dem Seil bleibt und nicht runterfällt.


    :hello: :hello: :hello:

    Es gibt in Ungarn eine ganze Reihe von jungen und sehr begabten Pianisten, die in die Fußstapfen von Kocsis, Ránki und Schiff treten. Einer von ihnen ist Gergely Bogányi, der in Konzerten den älteren Stil eines Paderewski usw. ein bisschen auferstehen lässt. Seine Chopin-Interpretationen sind in letzter Zeit besonders berühmt geworden. Aber wenn es um CD-Aufnahmen geht, scheint er ein bisschen zurückhaltender zu sein. Es ist bestimmt nicht leicht, gegen den alten Strom zu rudern.


    Die Geschichte der Interpretationsarten und der Interpretationsphilosophie ist genauso interessant wie die Geschichte der Wissenschaften, glaube ich.


    :hello: