Also auch wenn Wolfgang seinen Augen nicht trauen wird:
"Bernstein war eine geniale Gestalt, auch als Dirigent".
Mein Freund Klaus hat ihn mal in Salzau getroffen und war hinterher verwandelt, als hätte ihn der Finger Gottes berührt.
Insbesondere seine Zeit in New York, diese Mischung aus Naivität im Zugang, dem beinahe schon missionarischen Einsatz für Außenseiter zu der Zeit (also 195x-197x) hat hervorragende Ergebnisse erzeugt.
Sein 1. Mahler Zyklus ist immerhin so gut das er zu Recht immer noch zu haben ist.
Doch was mir schon damals auffiel (z.B. 7. Mahler), sein Hang, Sentimentales so zu vergrößern, das es dem Kitsch gefährlich nahe kam, und im Allegro so los zu toben, dass es fast nicht mehr lustig ist, mit anderen Worten, sein Hang, die der Musik innewohnende Emotionalität so zu vergrößern und zu vergröbern, dass sie Gefahr läuft, zur Karikatur zu werden, das war in den 60igern nur latent vorhanden, späte wurde es manifest.
Ein Beispiel aus den 60igern ist die Berlioz Aufnahme der Fantastischen Sinfonie, die glatt als Musik für einen Disney Film ala Fantasia durchgehen würde.
Hier wirkt alles quasi wie durch ein Vergröberungsglas betrachtet.
Absolut exzellent gespielt, aber irgendwie lächerlich.
Dagegen Markewitch, Cluytens oder Munch, um mal Zeitgenossen der 60iger zu bringen sind zwar nicht so schwungvoll, aber viel reicher bei mehrmaligem Hören, jedenfalls für mich!
Später dann:
Lennie hat mir dem Wechsel zur DGG den Weg beschritten, der ihn vom unendlich begabten Dirigenten (und er konnte noch mehr!) zum Medienstar machte.
Ich habe heute seine Sibelius 2 und Eroica, beide von der DGG, gehört. Bei Sibelius hört man immer direkt, wie er Anlauf zum nächsten Effekt nimmt,- ja Sibelius war auch nicht ein so doller Komponist, aber sehr effektvoll, man es kann in den Noten nachlesen und Lennie versteckt es nicht, sondern betont es auch noch, - es ist eigentlich eine lächerliche Aufnahme im Vergleich zu Sanderling oder gar Szell, die zudem pastos und ganz auf Effekt getrimmt wirkt.
Aber irgendwie auch herrlich, so ganz eigen.
Die Eroica ist recht gut, ein schöner 1. und 3. Satz, hält aber keinen Vergleich mit dem Meisterstück aus, das er mit NYP abgeliefert hat.
Der 2. Satz fällt mir völlig auseinander (weil er auf triefende Emotionen= Schmalz setzt) und die letzten Variationen im 4. Satz sind gar nichts, die Sinfonie fällt am Ende auseinander.
Da war Hvk bis an Ende seiner Tage gewissenhafter!
Ich fürchte, dass Lennie in seinen letzten 10 Jahren nicht mehr genügend kontrolliert wurde (Frau tot, Lover waren nur Bewunderer, nicht Partner) und der tägliche Konsum von ca. 60 Zigaretten und mind. 1 Liter Bourbon, Kenner des Sh Festivals halten das eher für untertrieben, den Tribut gefordert haben.
Ach ja, und dann da gibt es noch zwei absolute NO-GO Aufnahmen, die an sich toll sind, aber mit dem jeweils dargestellten Werk eigentlich nix zu tun haben, sondern eher mit Lennie und seinen Neurosen.
Und das macht er wahrlich toll. Ich freue mich diese Aufnahme zu besitzen, auch wenn sie im Falle der 6. teilweise arg klebrig sind.
Aber die "klebrige Zuneigung besoffener Männer" (Henscheid) ist manchmal wahrlich nicht schlecht.
Tschaikowsky 5 und 6.
Gruß S.