Beiträge von s.bummer

    quasi als Vorurteilsbestätigung
    Furtwängler Sinfonie Nr.3 mit Keilberth und Bamberger Sinfonikern.
    Da ist alles reingemixt, was man so seit ca. 1850 kriegen konnte, eben kompostierte Ware.


    "Wattn förn groten Schiet" sagte mein Opa immer.


    Gruß aus Kiel

    So war es,
    aber der Schluß, man meinte, er hätte seinen Zenit überschritten, ist falsch. Die "Limies" hielten sich für den Nabel der Welt und meinten wohl, er, HvK, wäre ersetzbar. Pure Arroganz.
    Frau Schillers Bemühen und endliches Gelingen hat sie dann arg überrascht.
    Klemperer war doch nur die Notlösung der Notlösung. Erst wollte man Cantelli, als der verunglückte und starb, war Hvk ganz vorne und der ging ausgerechnet zur DGG.
    Man kann doch nicht im Ernst annehmen, dass man einen 70-jährigen, der zudem halbseitige Lähmungen hatte, nicht richtig sprechen konnte und laufen sowieso nicht, für die Zukunft der EMI halten konnte. Dazu hatte er ne äußerst instabile Psyche. Und doch kam man um Klemp nicht rum, weil eben alle anderen weg waren.
    Um Legge und Co war es auf einmal ganz ganz einsam.


    Gruß S.

    GUSTAV MAHLER
    Symphony No. 7
    The Boston Symphony Orchestra
    William Steinberg, conductor
    Recorded in the Großer Musikvereinsaal, Vienna
    18 April 1971


    Man, was muss das für ein Ereignis gewesen sein! Da kommen diese Mannen aus Boston und legen ne 7. hin, das man nur verblüfft ist. Tempo, Brillianz, Flexibilität (was Horenstein komplett abgeht) und dabei manierliche Klangqualität.
    Doch. Er machte nach dem ersten Satz ne Pause. Er war sich wohl im Klaren, dass die Wiener erst mal nen Almdudler brauchten nach dieser Hetzjagd.


    Gruß aus Kiel

    OTTO KLEMPERER
    CONDUCTS the NEW PHILHARMONIA
    W.A. Mozart - Overture to "Le Nozze di Figaro"
    Ludwig van Beethoven: Violin Concerto in D major, Op. 61
    Yehudi Menuhin, violin
    Hector Berlioz: Symphonie Fantastique, Op. 14
    Recorded in Royal Festival Hall
    30 January 1966
    Eine sehr anständige Symphonie Fantastique. Sehr strukturbetont und in sehr guter Klangqualität. Besser als seine CD-Einspielung allemal.
    ( Un bal ist deutlich langsamer und liebevoller musiziert, der Rest erheblich druckvoller, eben Klemp Live!)
    Mozart mit einem Tempo, das für den damals 80-jährigen verblüffend schnell war (4:20)
    Tja und zu Menuhin muss man nicht viel sagen, aber er war da schon nicht mehr in Bestform.


    Gruß aus Kiel

    Moin,
    es ist lustig, wie aus Vermutungen und Halbwissen ein Bild entsteht, welches nur teilweise mit der gesicherten Erkenntnis vergleichbar wäre.
    Vieles ist durch leichtes Überprüfen im Internet zu korrigieren, manches erschließt sich erst durch Lektüre der zahlreich vorliegenden Biografien oder, wie soeben gelesen, durch persönliches Erleben!
    Ein paar Korrekturen und Anmerkungen möchte ich also anbringen.


    Zitat

    Klemperers Aufnahme wurde kaum wahrgenommen - vermutlich wurde sie zu wenig beworben. Kein Wunder, Legge selbst war von ihr nicht überzeugt.


    Falsch! Definitv. Man lese Heyworth und dort die Äußerungen Legges über den Klemp Zyklus.

    Zitat

    "I shall have given you a Beethoven Cycle on records, thaqt will be prized as long as records are collected


    Klemperer war bei der EMI! Und er war Emigrant. 1962 herrschte der Adenauer Muff. Die Restauration auch in der Kunst fand ohne die Emigranten statt.
    Dagegen war Karajan nun endlich bei der DGG angekommen.


    Im Übrigen trug Klemp in den 60iger zu ca. 10% des gesamten EMI Klassikumsatzes bei.
    Aber aufgemerkt. Es soll andere Länder als Österreich und Deutschland geben, in denen Menschen Klassik kaufen.


    Zitat

    EMI hatte Karajan bereit abgeschrieben - ihrer Meinung nach hatte er seinen Zenith bereits überschritten - welch eine Fehleinschätzung.


    Das halte ich ebenso für falsch, siehe meine obiges Zitat von Bicknell. Die EMI mag dies verbreitet haben, nachdem Karajan mit der DGG handelseinig war.


    Zitat

    Bernstein nahm damals für CBS auf

    Aber Beethoven gab es erst 3 Jahre später.


    Zitat

    Vielleich sollte ich an dieser Stelle noch Furtwängler erwähnen. Seine Aufnahmen wurden schon 1962 als "HISTORISCH" empfunden


    Richtig und vor allem waren die meisten Beethoven Aufnahmen Furtwänglers zunächst von der EMI!
    Von der DGG gab es damals wenig Beethoven mit Furtwängler.


    Zitat

    Cluytens mit den Berliner Philharmonikern und Klemperer mit dem Philharmonia Orchestra. Vielleicht haben die sich gegenseitig Konkurrenz gemacht und die DG war mit Karajan der lachende Dritte?


    Nein, damals waren die Märkte viel viel regionaler! Und Cluytens, übrigens Belgier! dirigierte für den französichen und belgischen Markt. Seine Aufnahmen wurden damals von der französischen EMI Tochter Pathé-Marconi veröffentlicht.


    Zitat

    Nehmen wir nur mal den Einsatz der Geigen in Karajan`s KLangwelt. Er schafft es, das Geigen ihren charakterischen Klang abmildern und eine Klangsoße erzeugen, die möglichst vielen gefällt.


    Das trifft auf den 62-er Zyklus noch nicht zu. Der sogenannte Karajansche "Plüschklang" (Ulrich Schreiber) kam erst gegen Ende der 60iger Jahre auf.


    Ich denke, wenn etwas sehr erfolgreich war und das war der Zyklus, dann hält sich das sehr lang. Klemps Zyklus war nie aus den Katalogen, der von Toscanini auch nie! Da gehen die Leute in den Firmen mit ihren Marketing Abteilungen auf Nummer sicher! Das ist Bose Einstein Statistik. "Wo was ist, kommt eher was dazu, als wo nix ist"


    Gruß aus Kiel

    Hallo,
    folgt man der Biografie Osbornes, dann betrug der Produktionsaufwand für den Ende 1962 veröffentlichten Zyklus ca. 1,5 Millionen Mark. Die Konkurrenz witterte einen großen finanziellen Verlust. Doch Elsa Schillers jahrelanges und zähes Ringen, Hvk zur DGG zu holen, wurde belohnt, denn es wurden bereits binnen 10 Jahren 1 Million Exemplare abgesetzt.
    Und HvK war nun mal der Superstar zu dieser Zeit, so schrieb denn auch Musikmanager Bicknell (Ende der 50iger):

    Zitat

    Er ist der einzige Dirigent in den 50igern mit internationalem Renommee. Es gibt keinen jüngeren Dirigenten, der auch nur annähernd wichtig ist und er ist mindestens 20 Jahre jünger als die älteren Dirigenten von gleicher Bedeutung


    Diese Bekanntheit, verkauft als erster Stereo Zyklus der DGG(!!) verknüpft mit Qualität in jeder Hinsicht, Musik, Pressung, Tonqualität und Marketing waren der Treibsatz, der diesen Zyklus so einmalig werden lies. Man ist heute noch versucht, ihn als einmalig darzustellen. Er ist legendär, gewiss, einmalig ist er schon allerdings lange nicht mehr.
    Gruß aus Kiel

    A) Gustav Mahler war zu seiner Zeit ein gefeierter Dirigent. Und wie man hört, soll er auch ab und zu komponiert haben. :jubel:
    (Der erst Dirigenten/Komponistensuperstar war wohl der Mendelsohn der Felix)


    B) Früher hat er viel komponiert und seine Werke wurden vielfach aufgeführt, heute macht er es auch noch: Pierre Boulez


    Dagegen sind Furtwänglers Bemühungen um Kompostionen meist mit "schwerer dunkler Soße" übergossen. (Komposition, so könnte man meinen, kommt vom Wortstamm Kompost. In der Tat: Fu hat mehr kompostiert als komponiert) Und Klemp kannste in diesem Metier auch vergessen.


    Gruß aus Kiel


    Eigentlich wollte ich Feuermann, Heifetz und Ormandy hören, aber mir war nach besserer Tonqualität.


    Gregor war auch ein Supercellist, ein würdiger Nachfolger Feuermanns im Million Dollar Trio (Heifertz, Rubinstein, Feuermann).


    Gruß aus Kiel



    Ach, wegen "Das Lied von den Wäldern op. 81" oben. Das dürfte so etwa die einzige Aufnahme mit Solisten und Chor sein, die es mit Mravinsky gibt.
    Ein übles Machwerk aus heutiger politischer Sicht. Doch was für eine Komposition! Es läuft einem der Schauer den Rücken runter.
    DS war eben auch da sehr gut.


    Obwohl,.... ich kenne das Werk seit 1980, als ich aus den USA als noch recht junger Spund mit dieser LP nach Hause kam.

    Und Lennie ist in dieser Sinfonie definitiv der Bessere! Litton ist zu zaghaft an Stellen, wo es drauf ankommt.
    Dafür hört man bei Litton deutlich mehr an Stimmenvielfalt.
    Und die Nähe zu Dvoraks 9., der ja von Ives stellenweise abgekupfert wurde, ist bei Litton auch deutlicher.


    Also doch unentschieden. Klasse ist die Sinfonie allemal!


    Gruß aus Kiel

    Moin, es soll wohl "aus der Mode" heißen, aber egal:


    Da muss wohl oder übel weniger das persönliche Empfinden als vielmehr die Statistik ran.
    Wer sind dazu besser geeignet als die Werbepartner, die Produkte anbieten, die das Werk Tschaikowskys verkaufen. Und wenn etwas nicht verkauft wird, dann wird es von der Artikelliste genommen.
    Ich habe jpc geprüft. Dabei gehe ich davon aus, dass bei Suchanfragen dort eine maximale Anzahl von zurückgegebenen Datensätzen (Datenbanksysteme funktionieren oftmals so) erlaubt ist. Ich schätze, hier sind es 1000 (siehe Haydn, Verdi und Mozart).
    Peter Tschaikowsky kommt auf 995, Brahms auf 998, Beethoven auf 999 Nennungen.
    Miaskowsky erzielt zum Vergleich auf schlappe 75, Ligeti 113 und selbst Sibelius kommt nur auf 497!
    Danach dürfte Tschaikowsky keinesfalls aus der Mode sein, oder?


    Gruß aus Kiel

    Hallo,
    ich höre mich seit geraumer Zeit durch die Canterbury Szene der Zeit Anfang bis Mitte der 70iger durch, wobei die Gruppe "National Health" eine Ausnahme macht, das sie erst Ende der 70iger auf den Plan trat, aber unbedingt dazu gerechnet werden muss.
    Es sind im Wesentlichen die Gruppen Caravan, Hatfield and the North, EGG, Gong, Soft Machine, Matching Mole und eben National Health, die ich höre.
    Und dann im Gefolge der unvergleichliche Robert Wyatt (Matching Mole, Soft Machine) und andere wie Camel, eventuell Kevin Ayers, Centipede oder gar U.K.


    Zwei CDs liegen mir heute am Herzen, beide sind recht leicht verdaulich: (Canterbury war Jazz mit ProgRock mal mehr auf der einen Seite "Soft Machine", mal mehr auf der anderen "Caravan")


    Zunächst die jazzige Seite mit Matching Mole (1972), der Gruppe um Robert Wyatt nach Soft Machine.
    Leider sind sie fast vergessen! Wyatt war damals als Schlagzeuger in GB fast unerreicht. 1973 passierte dann das Unglück, er stürzte aus dem Fenster und ist seit dem querschnittsgelähmt.

    Daraus als Anspieltipp "Dedicated To Hugh, But You Weren't Listening" Hugh=Hugh Hopper von Soft Machine.



    Und dann ein Klassiker und leider die einzig richtig gute LP (CD) von Caravan. Macht aber nix, es gibt eben diese hier!

    "In the Land of Grey and Pink" (1971) enthält mit "Golf Girl" sogar einen Ohrwurm und mit "Dissociation" im 22 Minuten Stück "9 Feet Underground" sogar sowas wie ne Ballade.


    Beides Alben, die ich jederzeit hören kann: intelligent gemachte Musik, die zudem zeigt, dass die Briten um 1972-3 auch anderes konnten als Schrammelblues in mediokrer Qualität.


    Gruß aus Kiel
    Ps. Das Bindeglied ist der Musiker "David Sinclar", der sowohl bei Matching Mole als auch bei Caravan dabei war. Sein Keyboardsound erklingt auch bei Hattfield und bei Camel.

    Habe nach Old Klemp noch mal Petrenko gehört.
    Die Kombination 3. Satz und dann der 4. topt alles, was ich kenne.
    Der Petrenko läßt dermaßen ins Idyllische "reinschneiden", ich glaub es nicht und bin völlig (ich hätte jetzt "betroffen" schreiben können, bin aber kein Hippie, daher) begeistert von dieser Interpretation.
    Man könnte heulen wie ein Schloßhund.


    Da stimmt alles! Und dieses Orchester ist einfach die Schau!
    Sowas von genau! Man fasst es nicht.
    Und der Kerl da vorne ist erst 35!


    Gruß aus Kiel

    Dank eines Tipps eines lieben Kollegen aus dem Forum habe ich mir die 9. Mahlers mit Klemperer aus Jerusalem vom 4.8.1970 angehört.

    Bei Heyworth wird ausgeführt, dass das Orchester nur 54 Personen umfasste, es musste also Verstärkung ran, u.a. ein 12-jähriger Cellist.
    Die Tempi sind extrem langsam, das Orchester spielt miserabel aber begeistert. (Daher die zusätzliche Tempobremse?)
    Ich dachte schon, dass man schlechter als Barbirolli in Berlin oder Horenstein das Rondo nicht hinbekommen kann, aber dieses toppt leider alles. Und da alles in Zeitlupe passiert, kann man hier sofort merken, dass die Bläser zu oft ungestört vor sich hin tuten, was man bei Barbirolli erst merkt, wenn man eine so pingelige Aufnahme wie die von Giulini parallel hört (oder die Partitur zur Hand hat).


    Dabei stimmt die Architektur des 1. und 4. Satzes alle Mal, das hatte Klemp vielen anderen Taktstockschwingern weit voraus, nur das Orchester kommt nicht mit. Schade.
    Der 2. und 3. Satz sind viel zu langsam! Sie stimmen aber in den Proportionen. Und hier merkt man das Engagement der jungen Musiker am deutlichsten (und leider auch deren Scheitern).


    Old Klemp hat es trotzdem gefallen, er wurde übrigens anschließend auf seine alten Tage israelischer Staatsbürger. (Wie man es anstellt, soll er einen Taxifahrer gefragt haben.)


    Doch ist ein es Dokument des Scheiterns. Aber ein sehr sympathisches. Vielleicht eine gaaanz weite Vorwegnahme der Barenboimschen Taten.
    Wenn man dagegen die hochbezahlten Profis aus Berlin von 1965 mit Sir John hört? .... und das läuft immerhin unter "Records of the Century". Neee: Nur mit mind. einer Flasche Laphroaig intus! :thumbsup:


    Gruß aus Kiel


    Man google "Otto Klemperer in Jerusalem" so als Idee.
    Dann findet man auch diesen Kommentar:


    Man kann den Menschen, die solche Dokumente aufbereiten und zur Verfügung stellen, nicht genug danken. Dies ist wahrlich ein großes Dokument der Zeitgeschichte.

    Heute wäre ein solches Trio unbezahlbar. Damals aber waren es "Emil und sein Schwager und deren gemeinsamer Freund".

    Daraus das Erzherzogtrio: Schön, keiner drängt sich nach vorne. Teamplay.
    Ein bißchen gemütlich manchmal, vielleicht, aber immer sehr delikat! Und wenn es drauf ankommt, können alle drei zulangen!
    Ansprechende Tonqualität für Aufnahmen aus den späten 50igern.
    Gruß aus Kiel

    Hi,
    nachdem ich feststellen mußte (wußte ich schon lang, habe es aber verdrängt), dass Gilels die 32. Sonate von Beethoven nie offiziell eingespielt hat, höre ich mich durch das Beethoven Schaffen an Sonaten mit Emil Gilels durch.
    Was für ein Wunder!
    Ich fasse es nicht! Nun habe ich zuletzt die Waldstein Sonate gehört. Kernig und empfunden.
    Wie machte der Mann das?
    Da ist nix Aufgesetztes, nix Gekünsteltes, das ist einfach nur grandios!!


    Ich kann schon verstehen, dass ihn manche über Richter stellen, bei Beethoven gilt das für mich auf jeden Fall!
    Und besser als Brendel und Konsorten ist er auf jeden Fall! Nur das schmälert nicht Brendel! Gilels war ne Liga für sich!


    Mann, oh Mann, warum habe ich den Kram nur jahrelang nicht gehört???
    War der allzu lahme Brahms mit Jochum dran Schuld??


    Gruß aus Kiel

    Wie ich drauf gekommen bin? Keine Ahnung.
    Heute mußte dieses Werk her.
    Solomon, 2-mal Richter, Arrau, Schnabel, Uchida, Brendel, Ciccolini und Gilels.
    Ein Marathon!
    Und hat es was gebracht?
    Für mich waren Solomon in seiner betonten Schlichtheit und Bescheidenheit bei höchstem pianistischem Einsatz und Gilels, der im 1. Satz wahre Wunderdinge vollbringt, einzig.
    Richter eher entäuschend, so als hätte er es nicht ernst gemeint.
    Dafür wunderbar Brendel! Wenn auch etwas vergrübelt. Aber das ist sowieso mein Vorwurf an ihn.
    Uchida war mir zu unausgewogen in Tempo und Temperament. Schnabel war super aber eben historisch und Arrau (Testament) so was von solide. Von dem hätte ich gerne alle Sonaten. Das kann niemals falsch sein.
    Ganz, ganz toll und Dank an den Kollegen Pape für den Tipp: Aldo Ciccolini : 22 Juillet 2006, Montpellier


    Morgen haben ich mir Nr. 32 vorgenommen.


    Gruß aus Kiel

    Zitat

    "Drum lebe mäßig, denke klug, wer nichts gebraucht, der hat genug." W. Busch


    Ich weiß, dass ich nicht alles haben kann, schon gar nicht alles sammeln. Ergo habe ich 2-3 Werke, die mir am Herzen liegen, herausgesucht und sammle da jede Menge Einspielungen. (Eroica, Mahler 9, Brahms KK1)
    Okay, auch ich habe stücka 20 Beethovenzyklen, aber im Ernst: Anhören tue ich mir nur ganz wenige und die anderen höchstens mal zum Vergleich oder nach dem Motto. "Da war doch noch...." Zumal JR Recht hat, dass, wenn man eine Stilrichtung an Interpretationen ausreichend (3-4) hat, dann kann man sich viele andere schenken und lieber andere Interpreationsstile angehen, statt Verfeinerungen immer derselben Masche zu suchen.


    Dazu fällt mir ein:

    Zitat

    Ein Fachidiot ist einer, der über immer weniger immer mehr weiß, bis er schließlich über nichts alles weiß. Ein Generalist ist das Gegenteil.


    Auch habe ich es aufgegeben, irgendeinen Interpreten "vollständig haben" zu wollen. Ich habe zwar "ne Tonne Klemp"und "einen Meter" S. Richter, um den ich aber kein Gedöhns mache, denn da waren ja andere hier im Forum vor.
    Aber ich habe es aufgegeben, jede inzwischen fast schon unbedeutende Edition zu begrüßen. Da höre ich lieber was Neues!


    Gruß aus Kiel

    Es muss 1960 in Wien gewesen sein.
    Walter probt Mahlers 4. und Klemp ist unter den Zuhörern. (Beide kannte, schätzten und ärgerten sich!)
    Klemp verlässt die Probe und trifft den Intendanten (Name vergessen). "Sagen Sie, warum dirigiert der Schlesinger so jüdisch?"
    Das war der Unterschied zwischen den beiden "jüdischen" deutschen Dirigenten.
    Der Satz aus dem Interview von 1960 (Klemp)


    macht alles Klar.


    Auf beide kann man nicht verzichten!
    Gruß aus Kiel!

    Es kam auf die Geste an und das sie sichtbar war.
    Dann wurde oft vergeben!
    DS hatte mächtige Beschützer. Die sorgten schon dafür, dass die Form gewahrt werden konnte.
    Wie heißt es so schön in "Casablanca", "Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen".
    Heute würde er nicht mehr damit durchkommen, aber die SU war eben auch korrupt und die Geste der Demut war wichtiger als die Demut an sich.
    Das sollte man bedenken. Sonst funktioniert die Erklärung mit der 5. nicht.
    Gruß wieder aus Kiel.

    Bin gerade auf Geschäftsreise in San Diego.
    Und hatte in der Gegend zu tun. Das Auto hatte Sateliten-Radio und ich habe den ganzen Tag den Sender Classicvinyl gehört.
    Nee, so was Gutes!
    Gibt es so etwas auch bei uns?
    Keine Werbung?
    Kein dumm rum quatschender Moderator, einfach nur gute Musik?


    Gruß aus San Diego!

    Halte mich aber an das Posting insofern, als ich die anderen erst mal ignoriere.


    Der bedeutendste Pianist, der noch lebt, noch auftritt, wenn auch in reduzierter Form, ist für mich, na klar!, Leon Fleisher! Ein Schüler des großen Schnabel!

    Er geniest Referenzstatus mit den Klavierkonzerten von Beethoven und Brahms sowie Ravel.
    Überhaupt, seine Erstkarriere mit Aufnahmen mit Szell überschattet sein Solowerk fast vollkommen. Viele Einspielungen sind seit 50 Jahren unverändert verfügbar.
    Welch anderer Pianist kann das von sich behaupten?!
    Seine Schüler/innen sind bekannt und berühmt. (u.a. Yefim Bronfman, Hélène Grimaud)
    Und er hat nach fast 35 Jahren endlich wieder "2Hands" zur Verfügung, ist zwar nicht mehr so gut wie vorher, dafür aber sehr abgeklärt.
    Und das ist auch gut so, D960 bekommt diese nüchterne Haltung meines Erachtens sehr gut.
    Gruß aus Kiel (Berlin)


    PS: Es gibt eine Aufnahme des 4. Klavierkonzertes von Beethoven mit Klemperer (der bekanntlich mit Schnabel befreundet war) und Fleisher aus Köln aus den 50iger Jahren. Die ist ganz wunderbar!

    Gestern war es wieder soweit:
    Die Frau verschwindet ne gefühlte Stunde im Badezimmer und ich muss mir die schwarzen Budapester anziehen und "National Health" Hören einstellen.
    Es geht ins Konzert: Beethoven Marathon in Kiel. Alle 5 Klavierkonzerte an einem Abend.
    Mit dem Kieler Philharmonischen Orchester unter der Leitung von Georg Fritsch und Gerhard Oppitz an der Tastatur.
    Gespielt wurde in der Reihenfolge 2, 1 dann Pause. 3, 4, Pause und dann 5.


    Ein denkwürdiger Abend, der mit 5 Minuten Standing Ovations für die beteilgten Ausführenden schloss.
    Aber der Reihe nach.
    Oppitz war an seinem 59. Geburtstag in Hochform und das Orchester, wie immer glänzend geführt von Georg Fritsch, begleitete ihn hervorragend. Die Idee haben die beiden angeblich bei einer Flasche Rotwein gehabt.
    Und so anstrengend sei es auch nicht. Ein Soloklavierabend benötigt mehr Noten und Lohengrin dauert auch länger. So der Chef in einer Einführung.
    Aber die Stimmung von 19 Jahren Entwicklung in der Musik Beethovens einzufangen, das war die Herausforderung.


    Dabei wurden historische Instrumente mit eingebunden; erst wunderte ich mich über den "dünnen" Geigenklang und die seltsamen Hörner. Aber es waren wohl "auf Alt" gemachte Instrumente. Interessante Klangfarben kamen so zustande.


    Dem 2. fehlt bekanntlich die Pauke, deshalb wird Teleton :D es wohl nie so richtig mögen, es war aber ein sehr guter Start. Das Eis war gebrochen und es wurde ein "Heimspiel". Das Orchester steigerte sich wie man es sonst vom THW Kiel kennt.


    Im 1. zeigte Oppitz, das er, wenn er gelöst ist, und das war er freilich gestern, unglaublich den beethovenschen Witz hervorbringen kann.
    Das war im 3. nach der 1. Pause fast noch besser. Wer die humorfreie Interpretation Kempff/Leitner des 3. im Ohr hat, fragt sich, wieso Oppitz nun als Schüler von Kempff gelten mag. Doch gemach..
    Im 4. gibt es diesen schönen Anfang. Der Pianist gibt das Thema vor und darf dann mehrere Minuten zuhören (und darüber nachdenken, was er gerade für einen Mist gespielt hat, so ein berühmter Pianist einmal in einem Bonmot). Das 4. gelang meines Erachtens wunderbar, es war nach dem 1. der 2. Höhepunkt des abends.
    Aber es kam noch mehr:
    Das 5. ging ab, wie ich es in Erinnerung hatte. (Kempff/Leitner).
    Wären da nicht einige Stellen im letzten Satz gewesen, wo ich mehr Druck vom Orchester erwartet hätte, es wäre fantastisch gewesen.
    Aber für ein kleines Orchester im Norden mit einem (noch nicht) bedeutenden Dirigenten und einem bereits bedeutenden Pianisten, war es ein wunderbarer Abend.


    In den Pausen hatte Frau König mit CD Verkauf gut zu tun, überall hingen historische Kostüme herum oder wurde von jungen Menschen getragen und zudem wurden alte mit neuen Instrumenten verglichen.


    Gab es was zu bemäkeln?
    Der 2. Satz des 3. war mir zu langsam, wie auch die Tendenz, grundsätzlich die jeweils 2. Sätze zu intensiv auf lyrische Stellen zu befummeln. Aber das ist mein Geschmack.
    Und das Parkhaus! Aber das hat mit Musik nix zu tun.


    Gruß aus Kiel