Beiträge von Hammel

    Es gibt ja noch einen langen thread zum Requiem. Hier ging es ja nur um einen Beliebtheitsbonus aufgrund der Enstehungsgeschichte. Selbstverständlich ist das Requiem nicht hauptsächlich deshalb berühmt, sondern weil es selbst in der Gestalt, in der es vorliegt, ein beeindruckendes Werk ist.
    Dennoch: ich schätze, dass es mindestens doppelt so oft aufgeführt und eingespielt wird wie die c-moll-Messe. Die ist zwar auch fragmentarisch, aber die erhaltenen Teile sind von Mozart komplett ausgearbeitet. Und selbst wenn das Requiem origineller sein mag und nicht so viele deutliche Anleihen bei barocken Vorbildern macht, ist es sicher nicht doppelt so gut wie die Messe. Die hat demnach offenbar keinen oder kaum Fragmentbonus. Diese Bevorzugung des Requiems ist daher m.E. schon ein wenig auf die Entstehungsumstände zurückzuführen.


    Hallo Johannes,


    Da hast du vollkommen Recht.


    Ich verstehe auch nicht, warum die Messe bei den Aufführungen so weit hinter dem Requiem steht. Beide haben Fragment-Charakter, aber, wie du richtig sagst, sind die Teile der Großen Messe von Mozart selbst komplett ausgearbeitet (wiewohl beispielsweise Maunder im ersten Credo-Satz noch einige Lücken sieht). Das ist womöglich auch ein Mitgrund, warum über die Messe nicht so viel diskutiert wird. Der Fassungen-Streit beim Requiem währt ja schon über 200 Jahre, weil ja u.a. nicht klar ist und war, was nun genau von Mozart ist.


    Gerade den barocken Einfluss liebe ich bei der Messe sehr. Ich würde nicht einmal sagen, dass die Messe deshalb weniger originell ist, weil Mozart diesen barocken Einfluss m.E. sehr originell und einzigartig einarbeitet. Trotzdem gibts auch viele Versuche die fehlenden Teile der Messe zu ergänzen, aber das würde hier den Rahmen sprengen.


    Ich glaube auch (wie du), dass vieles schon mit der Entstehung zu tun hat.


    Fragmentarische Werke üben oft eine fast magische Anziehung aus (auch auf mich, ich interessiere mich sehr für solche Werke, egal aus welcher Entstehung). Legendenbildung ist da oft sehr unterstützend. Man denke nur, um ein weiteres Beispiel zu nennen, an die Geistervariationen von Schumann. Auch da haben Legenden (angeblich war ja Schumann zu diesem Zeitpunkt bereits in geistiger Umnachtung) sehr zur Popularität des Werks beigetragen, egal ob Fragment oder nicht.


    Für mich sind Fragment-Werke an sich schon interessant, allerdings bin ich oft weitgehend Purist, besonders was das Requiem und die c-moll-Messe angeht, aber ich versuche auch hier ein offenes Ohr für neue Forschungsergebnisse zu haben.


    Nochmal zum Benedictus des Requiems: Alle Fassungen (außer Beyer) komponieren dieses um oder (wie Druce) streichen dieses sogar gänzlich. Was mir, wie oben bereits angeführt, vollkommen unverständlich ist, v.a. wegen der mozartschen Motive.


    PS: was die Große Messe anbelangt, würde ich übrigens die Gardiner-Aufnahme empfehlen, er erfasst das Ganze "barocker" als beispielsweise Harnoncourt, den ich beim Requiem sehr schätze.


    Liebe Grüße :hello:

    m.E. hat eigentlich nur ein einziges unvollendetes Werk einen "Bonus", nämlich Mozarts Requiem. Und davon ist ja inkl. Süßmayr relativ viel da und der Bonus rührt wohl ebenso von den düsteren Legenden, die es umgeben. (Sonst wäre es nicht so viel populärer als die c-moll-Messe, die ja ebenfalls den Bonus der Unfertigkeit aufweist. Und daß diese beiden die Salzburger C-Dur-Messen bei weitem überragen ist eh unstrittig)
    Mit Bonus meine ich hier, daß es tatsächlich überproportional geschätzt wird, man immer wieder versucht hat, Passagen, die sehr wahrscheinlich von Süßmayr stammen, doch Mozart zuzuschreiben (in einem Konzertführer las ich mal über das Benedictus? die Aussage, wenn Mozart das nicht geschrieben habe, sei der, der es komponiert habe, der wahre Mozart usw.). Öfters liest man Äußerungen von Hörern, die mit Mozart kaum etwas anfangen können, außer mit dem Requiem. (Tovey hat mal sinngemäß geschrieben, daß jemand, der Beethovens 4. nicht ähnlich hoch schätze wie die 5. auch von der 5. nur die Oberfläche wahrgenommen habe; so ähnlich geht's mir mit den "Mozart fad - Requiem toll"-Hörern)
    Ich will das Requiem nicht abwerten, aber m.E. ist es nach den ersten beiden grandiosen Sätzen stellenweise ziemlich durchwachsen (wer auch immer dafür verantwortlich ist).


    Lieber Johannes,


    Wie viel vom Mozart-Requiem tatsächlich mozartisch ist, ist umstritten. Selbst der diesbezüglich sehr kritische Benjamin-Gunnar Cohrs, der immer wieder betonte, endlich von einem "Requiem-Fragment" zu sprechen und nicht von einem fertigen "Requiem" schreibt in seinem Artikel "Wolfgang Amadé Mozart: Requiem d-moll KV 626 (unvollendet)", dass im Requiem immerhin "zwei Drittel wirklich gesichert vorliegen".


    Selbst Passagen, die von Süßmayr stammen, stammen oft mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit von Mozart, Süßmayr arbeitete hier mit Skizzen oder anderen Notizen Mozarts, Konstanze spricht von "Zettelchen" des Meisters. Wenn man wirklich annimmt Mozarts Arbeit beschränkt sich nur auf die tatsächlich von ihm geschriebenen Stellen, wäre das, so meine ich, ein sehr ignoranter Zugang zum Requiem (-Fragment).


    Süßmayr, obwohl routiniert, wäre niemals im Stande gewesen, das Requiem so zu vollenden. Dass Süßmayr mit Mozart-Material arbeitete und womöglich sogar nach direkter Absprache mit Mozart, sieht man v.a. in der Sequenz, die (und das sagt auch die moderne Mozart-Forschung) wohl fast gänzlich "mozartisch" ist (wenn man davon absieht, dass die von Mozart geplante Amen-Fuge am Ende des Lacrimosa fehlt).


    Mozarts Einfluss ist aber auch deutlich in den späteren Abschnitten hör- und spürbar: (nur einige Beispiele:


    • Am Offertorium arbeitete Mozart bis zum Ende, sogar die Schlussfuge "Quam olim Abrahae" stammt von Mozart, Süßmayr vervollständigte das Hostias nach Mozarts persönlicher Anweisung "Quam olim da capo". Nichtsdestotrotz ist das Offertorium wohl nicht in dem hohen Maße mozartisch, wie die Sequenz
    • Die Melodie des Sanctus ist eine Dur-Variante des Dies Irae in Vergrößerung
    • Die Intervallschritte des Osanna entsprechen denen des Recordare, bzw. ist das Thema eine Variante der Schlussfuge des Offertoriums, der schon oben genannten "Quam olim Abrahe"
    • Im Agnus Dei zitiert des Chor-Bass deutlich das Hauptthema aus dem Introitus


    Das von dir angesprochene Benedictus weist ebenfalls einiges Mozart-Material auf: so ist etwa der Beginn ein Thema, das Mozart seiner Schülerin Barbara Ployer ins Heft notierte. Gegen Ende taucht eine Figur auf, die bereits sehr ähnlich im Introitus bei den Worten "Et lux perpetua" auftaucht.


    Die kritische Neuausgabe der Mozart-Süßmayr-Fassung von Franz Beyer ist für mich deshalb (wegen obiger und anderer Tatsachen) die einzige Alternative zur ursprünglichen Mozart-Süßmayr-Fassung. Beyer ist der einzige, der Süßmayr nicht vernichten will. Er erkennt, dass Süßmayr mit Mozart-Material und Requiem-Skizzen des Meisters arbeitete.


    Christoph Wolff schreibt dazu in seiner Studie Mozarts Requiem: "Dieses unschätzbare historische Dokument aber stellt nicht nur die einzig erhaltene und zugängliche Quelle der Neukomposition Süßmayrs dar, sondern darüber hinaus die einzige Quelle überhaupt, die die Chance in sich birgt, von Mozart stammendes musikalisches Gedankengut aufzudecken."


    Wolff bestätigt also, dass viele der von Süßmayr hinzugefügten Stellen von Mozart stammen (natürlich indirekt). Es ist mir daher völlig unverständlich, warum Druce das Sanctus und das Benedictus vollkommen streicht. Cohrs schreibt weiterhin: "Das stärkste Argument pro Mozart ist hierbei die Verwendung von Motiven aus früheren Teilen, um stärkere innere Einheit zu schaffen - eine Technik, die Süßmayr selbst nicht beherrschte, wie aus den von ihm überlieferten Kompositionen deutlich wird."


    Allerdings ist in den Teilen nach der Sequenz m.E. deutlich zu hören, dass Süßmayr zwar mit Mozart-Material arbeitet, aber die konkrete Umsetzung und die Verbindung dieser Motive oft Unterschiede zum Meister erkennen lässt. Vieles ist nicht sicher, beispielsweise könnte Mozart selbst den Schluss gänzlich anders gestaltet haben, wenn ihm nur genug Zeit geblieben wäre. Aber das bleibt Spekulation.


    Warum du nur die ersten beiden Sätze des Requiems als "grandios" einstufen kannst, verstehe ich persönlich nicht. Vielleicht haste die falsche Interpretation (oder vl. die für dich falsche Fassung??). Ich persönlich liebe die Aufnahme unter Harnoncourt (ich weiß schon Ulli... ;) ) mit Schönberg-Chor, Concentus Musicus, Schäfer, Fink, Streit und Finley. Manno, niemals habe ich das Dies Irae so gewaltig und apokalyptisch gehört wie da, einfach grandios!! :thumbsup: Die gesamte Einspielung ist ein Hit, Harnoncourt schafft ein gewaltiges Requiem der Angst vor dem Tod, ein dunkles, angsterfülltes nachdenkliches, verschleiertes Requiem. Es gibt wahrscheinlich kein Werk, das so oft "ver-romantisiert" wurde, wie dieses Requiem. (An die lausigen softy-Dies Irae - Sequenzen erinnere ich mich mit Grausen...) Die Augenblicke der verzweifelten Suche nach Gnade und Erlösung sind so berührend wiedergegeben, dass ich jedes Mal heulen muss. :angel: Abgerundet mit einem perfekten Chor, einem grandios spielenden Concentus und mit einem perfekt homogenen Solisten-Quartett ist diese Einspielung eine Perle.


    Harnoncourt hat übrigens zur Frage, warum gerade das Requiem solch magische Anziehungskraft ausübt, folgendes geschrieben: "Mozarts Musik und seine Biographie sind sonst immer auffallend unabhängig voneinander. Der große Künstler schafft traurige oder heitere Werke, wie immer er sich auch persönlich fühlen mag; (...) Das Requiem scheint die einzige Ausnahme zu sein: So sind in der furchterregenden, angstmachenden Dies Irae-Sequenz die persönlichen Wendungen in einer derart ergreifenden Art komponiert, dass der Ich-Bezug unüberhörbar ist. (...) Diese Identifikation spürt wohl jeder Hörer, sie mag der letzte Grund für die unglaubliche Wirkung des Werkes sein."


    Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen. Für mich persönlich ist nämlich neben den beiden fantastischen ersten Sätzen v.a. die Sequenz die wunderbarste, grandioseste und gewaltigste Sequenz, die jemals geschrieben wurde und so auch Mitgrund, warum ich dieses Werk so abgöttisch verehre.


    Liebe Grüße :hello:

    Vielleicht ist es nicht richtig durchgeklungen. Mit den Vielen Gesichtern, dem chamäleonartigen meinte ich nicht etwa ausschliesslich die Vielfalt der Kompositionen, sondern auch die Möglichkeiten der "Auslegung" ihm Rahmen der Interpretation...
    Von der "neutralen" bis faden Wiedergabe, von heiter bis melancholisch...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Naja, aber das haben wir doch bei allen Komponisten, oder?? :stumm:


    Aber zu Vivaldi!
    Ich schließe mich JR an, wenn es um die geistliche Musik geht.
    Vivaldi ist hier vielfältiger, farben- und kontrastreicher und vor allem auch ernster.
    Natürlich finden sich auch Höhepunkte unter den hunderten Konzerten, aber ganz unrecht hatte Stravinsky seinerzeit auch nicht.
    (Was die Konzerte betrifft)


    @JR: Oper kenne ich bis jetzt nur "Bajazet".
    Ich habe leider keine Aufnahme, habe mir diese Oper als Stückwerk vor etlichen Jahren im Internet zusammengehört,
    auch die örtliche Bücherei hat eine (wenn auch nicht allzu gute) Einspielung.
    Allerdings gedenke ich mir in Zukunft die Oper zuzulegen, da mir das Gehörte sehr gefiel.
    Wieder fand ich, dass Vivaldi auch in dieser Oper mehr Tiefe und Ausdruck unterbringt als in einem seiner durchschnittlicheren Konzerte.


    Vivaldi lebt für mich v.a. wegen seiner geistlichen Musik, der Oper die ich kenne, und einigen ausdruckstärkeren seiner Konzerte.


    Grüße :hello:

    Ich habe im Chor alle fünf Graduale von Bruckner mitgesungen - das Beste? das Schönste?


    zweiterbass

    Das Ave Maria und das Locus iste - zumindest für mich.
    Wobei für mich alle geistlichen Werke von Bruckner eine besondere Anziehung haben.
    Ich mag ziemlich das gesamte Werk von Bruckner - klar die Sinfonien (auch 0., 00. finde ich eher interessant als umwerfend), das geistliche Werk von den Motteten, Graduale hin zu den Messen, Requiem, Te Deum, das Streichquintett, oder aber auch das Klavierwerk, mit dem ich mich in letzter Zeit sehr beschäftige.


    Für Bruckner gilt Ähnliches wie für Bach, den Bernstein einmal wie folgt kommentierte:


    "Für Bach war alles in der Musik Religion, sie zu schreiben war ein Glaubensbekenntnis, sie zu spielen ein Gottesdienst. Jede Note war nur an Gott gerichtet. Das trifft auf alle Teile seines Werkes zu, wie weltlich auch immer ihr Verwendungszweck gewesen war."


    Bruckner nimmt bei mir eine zentrale bedeutende Rolle ein. Er ist einer der ganz großen Komponisten, egal mit welchem Komponisten (aus jeder Epoche) ich ihn vergleiche, Bruckner kommt immer gut weg ;)
    Es gibt nur wenige, die ich aufgrund ihres umfangreicheren Werkverzeichnisses ein wenig höher einstufe.
    Glaubt mir, es sind wirklich sehr wenige... ^^


    Grüße :hello:

    JA ICH KENNE SIE!!!! :P
    Das Locus iste und das Ave Maria sind für mich die großartigsten Motetten, die Bruckner je geschrieben hat (Obwohl es noch andere fantastische Motetten von ihm gibt, da wären beispielsweise das "Tota pulchra es, Maria" oder das "Os justi"...)
    In einer großartigen Einspielung vom Monteverdi-Choir unter Gardiner werden diese Werke wohl zum Himmel auf Erden :angel:


    Die Windhaager Messe habe ich erst zweimal gehört: einmal in einer recht passablen Aufführung bei uns im Ort (wo zwar nicht so auf die Werktreue geschaut wurde, aber immerhin), und einer Einspielung, die ich einmal hatte, aber schlechterdings der Gemeindebibliothek gespendet habe, weil diese Einspielung sowasvonmies war (quasi als kleines, warmherzig gemeintes Geschenk :D )


    Würde aber gerne die Windhaager Messe einmal in einer guten Einspielung hören (bzw. kaufen), wenn du Tipps hast... :S
    Denn die Messe fand ich grundsätzlich sehr gelungen, auch wenn die Interpretationen zu wünschen übrig ließen...


    Grüße :hello:

    Oh ja, ich liebe die Achte!
    Thielemann macht grundsätzlich einen ganz ordentlichen Bruckner und gerade bei der Achten geht er sehr vernünftig ans Werk.


    Bruckners Musik ist einfach mitreißend, die "Granithand" Bruckners zieht einen durch alle Emotionen, Höhen und Tiefen.


    Sein Opus beschränkt sich allerdings nicht nur auf seine fantastischen Sinfonien (was viele ja so wahrnehmen :stumm: ), sondern ich liebe auch sein geistliches Werk, wie seine großartigen Motetten und Messen (+Requiem), sein Te Deum, oder auch das überaus gelungene Streichquintett...
    In letzter Zeit beschäftige ich mich auch immer mehr mit dem Klavierwerk Bruckners, dem unbedingt mehr Beachtung gegeben werden sollte (Brucknerianer müssten es ja sogar machen 8) )


    Allerdings liebe ich den Sinfoniker Bruckner gleich heiß wie Brahms, die beiden stehen bei mir auf gleicher Stufe.
    Brahms' Sinfonien sind für mich ebenso ein Erlebnis wie jede Bruckner-Sinfonie.


    Bruckner ist auf alle Fälle ein ganz Großer :thumbup:


    Grüße :hello:

    Ach geh, nicht schon wieder... :wacko:


    "Jaja diese Musik ist viel besser als die andere weil sie nicht affirmativ ist"....
    Und "dadurch dass Bruckners Musik hier eine ideologische Schlagseite bekommt, ist sie einer anderen unterzuorden"...
    usw. blablablablablabla


    Das kenn ich jetzt schon zur Genüge und es ist ehrlich gesagt ziemlich ernüchternd.
    Ich hasse es, wenn man hergeht und irgendeine philosophisch-akademischen
    Gründe anführt, warum irgendeine Musik besser sein soll als die andere... :thumbdown:
    Letztlich wird Musik immer subjektivistisch aufgenommen, auch der unterdurchschnittlichste aller Komponisten kann für irgendjemanden der größte Held sein.
    Ob Bruckner jetzt echt affirmative Musik schreibt oder nicht, ist glaube ich ziemlich umstritten.
    Ich kenne viele Leute, die sagen, sie mögen Bruckner, weil er gerade KEINE affirmative Musik schreibt. :pinch:


    Was ich sagen will: mir ist es ziemlich wurscht, was Bruckners Musik laut irgendwelchen philosophischen Aussagen ist, oder wie sie einzuordnen ist.
    Letztlich ertönt Musik und ist im Raum - wie sie dann wahrgenommen wird, ist Sache des Hörers.


    Abgesehen davon, empfinde ich das "Affirmative" oder eben das "nicht-Affirmative" nicht für einen ernstzunehmenden Parameter für Musik.
    Soll das etwa heißen, dass jede Musik, nur weil sie nicht affirmativ ist, besser sein soll als jede affirmative Musik??
    Oder Musik die ideologische Zwecke hat, immer schlechter sein soll, als nicht ideologische Musik???


    Ich glaube, dass solche "Gründe" immer nur Versuche der Rechtfertigung sind.
    "Bruckner ist schlecht, weil er affirmativ ist", ich bitte dich... :cursing:
    Das waren ja schon zu Bruckner-Brahms-Zeiten Gründe warum, die "gegnerische" Musik als schlecht bezeichnet wurde.
    Letztendlich haben sich beide durchgesetzt.
    Wofür ich sehr dankbar bin, denn hoffentlich hat sich der Brauch durchgesetzt Musik zu hören und sie nicht totzudiskutieren.


    Grüße :hello:

    Hallo lieber zweiterbass!


    Ich muss ganz am Anfang gestehen, dass ich noch nie ein Werk gehört habe, zu dem ich überhaupt keinen Bezug hatte.
    Gut, ich finde die Opern von Richard Strauss überschätzt (liebe aber seine Sinfonischen Dichtungen) und möglicherweise auch viele VKs von Vivaldi,
    aber dass ich jetzt wirklich von einem Werk sprechen könnte, wo ich gesagt habe: "das ist ein Blödsinn", das hab ich noch nie gehabt. :S


    Mein Zugang zur Musik, oder zur gesamten Kunst ist der, dass ich Kunst immer mit Beschäftigung verbinde.
    Ich halte nichts von dem heutigen Gesellschaftsdenken, einfach in ein Konzert zu gehen und sich "berieseln" zu lassen, oder sich unterhalten zu lassen, weil man diese Musik schön findet.
    Soll nicht heißen, dass Musik für mich keine Unterhaltung ist, sie ist es nämlich, aber die Unterhaltung ist für mich das ERLEBEN der Musik. Wenn sich ein Ton nach dem anderen meinem Bewusstsein enthüllt, und sich immer mehr, Stück für Stück das gesamte Werk als ein riesiges Kunstwerk entpuppt, das ist für mich die Unterhaltung an der Musik.


    Wenn ich die transzendente Kraft der Musik spüren kann, wenn ich fühle, wie durch sie meine Umwelt beseelt und besser wird, es ist einfach wunderschön.


    Ich habe hier kein richtiges "Rezept", keinen Geheimtipp, aber die Beschäftigung mit Musik beginnt in meinen Augen damit, dass ich die Musik über meine Erwartungen stelle.
    Dass ich nicht Musik höre, weil ich gerade diesen Komponisten oder diese Epoche mag, sondern ich will es hören, weil es Musik ist.


    Und diese Musik ist so etwas wunderbares, dass die Beschäftigung mit ihr etwas Essentielles für mich ist, was auch von Werk zu Werk verschieden ist.
    Manchmal blättere ich die Partitur durch (wenn ich sie habe) oder hole mir Hintergrundinformationen aus Internet oder Büchern.
    Je mehr man sich mit einem Werk beschäftigt, desto mehr Bindung verspürt man zu diesem Werk und es verändert sich auch die Sichtweise darauf.


    Ein gutes Beispiel dafür ist das Requiem von Mozart. Es gibt IMO kein anderes Werk in der Musikgeschichte, das so "ver-romantisiert" worden ist wie dieses Meisterwerk.
    Hier hat sich meine Sichtweise auf das Werk und seiner vielen Fassungen mit der Zeit radikal verändert.


    Aber das ist ja das Schöne an der Kunst - sie sagt uns immer etwas Anderes.


    Gruß :hello:

    Noch eins. Meiner Meinung nach genügt es, wenn ein Komponist ein einziges Gipfelwerk hinterlassen hat, um seine künstlerische Potenz unter Beweis zu stellen.


    Das sehe ich ähnlich.


    @ Engelbert:
    Hier liegt offenbar ein Missverständnis vor: ich mag Strauss sehr wohl, finde ihn als Komponisten weder schlecht noch überschätzt...
    Höchstens als Opernkomponist, aber trotzdem liebe ich Strauss' Musik sehr.


    Und wie gesagt gibt es keinen Komponisten, oder keine Musikgattung, die ich ablehnen würde.


    Das Problem, das ich hier sehe, ist der Subjektivismus.
    Klar können wir davon nicht weg, ich mit einbezogen, aber ich versuche ganz einfach so objektiv wie möglich Musik zu hören.


    Ich denke nämlich, dass das wichtige am Hören der Musik nicht ich (meine Erwartungen, Gefühle, Emotionen), sondern die Musik selbst ist.
    Die Musik bringt etwas zu uns, will uns etwas sagen, nicht wir sollen mit Erwartungen an die Musik gehen.


    Ehrlich gesagt war ich schon verblüfft, welche Beschimpfungen und Tiraden hier oft gegen gewisse Komponisten, deren Werk, oder ganzen Musikgattungen getätigt wurden.


    Ich weiß nicht, aber ich hab entdeckt, dass es beim Hören von klassischer Musik im wesentlichen zwei Gruppen gibt (natürlich wieder mit Untergruppen, aber im Wesentlichen sind es zwei):
    Die eine Fraktion hört Musik allerhöchstens bis zur Hochromantik, höchstens mal ein zwei Werke darüber hinaus, so zwischendurch. Manche gehen noch weniger weit.
    Und für die andere Fraktion fängt Musik frühestens bei besagter Hochromantik, bei vielen sogar erst noch später an, und hören nichts vor Wagner oder Bruckner, viele noch später, Liszt oder Schönberg.


    Das habe ich nie verstanden.
    Ich bin hier im Forum ein Riesenfan von BBB, der mir hier einen Weg zum Hören von Musik gezeigt hat, der es einem ermöglicht, mit wachen Augen durch die Musikwelt zu streifen.
    Alle Musik einfach einzusaugen und als wunderschön zu erachten, sei es jetzt eine der Schütz'schen Motetten oder die "Gruppen" von Stockhausen...


    Gruß :hello:


    PS: Für mich gibts also das Wort "Mist" nicht...
    Aus, basta

    Nun ja Nannerl ist sowas, wie die heutigen "Wunderkinder", die zu Hauf aus Japan kommend die Welt "erobern".
    Sie konnte wie ihr Bruder Klavier spielen und trat zusammen mit ihm auf...


    Aber komponieren...?


    Es geht hier offenbar um ein Definitionsproblem. Ich will das aber gar nicht wirklich definieren.
    Fakt ist, wenn Mozart kein "Wunderkind" wäre, gibts überhaupt keine...


    Insofern bräuchte man nicht über Wunderkinder streiten...
    Da wir das aber tun, schließe ich daraus, dass es Wunderkinder gibt...


    Und der Hauptunterschied zwischen den "anderen" und Mozart war und ist, dass Mozart, William B.A. schreibt, "musikalische Strukturen besser als seine Altersgenossen begreifen und im Spiel umsetzen konnte (Sinfonie No. 1...)...komponieren konnte...


    Im Bezug auf Nannerl ist vielleicht zu sagen, dass Leopold immerhin bereit war, seiner Tochter einen umfassenden Instrumentalunterricht zu unterziehen.
    Das wäre bei anderen Vätern zu seiner Zeit undenkbar gewesen...


    Gruß :hello:

    Ich empfinde Liszt ebenfalls als großartigen Komponisten!


    Zu empfehlen sind, neben den zahlreichen Klavierwerken,
    auch seine geistlichen Kompositionen.
    Ganz oben stehen da bei mir "Christus" und "Elisabeth", "Via Crucis", seine beiden Messen, die Graner- und die Ungarische Krönungsmesse.
    Das sind doch großartige Werke!!! :jubel: :jubel: :jubel:
    Dazu noch seine Sinfonischen Dichtungen, die beiden großen Sinfonien Faust und Dante, die Mephisto-Walzer*


    Also ehrlich ich empfinde Liszt als großartigen, absolut zukunftsweisenden Komponisten!


    *übrigens hab ich bezüglich "Mephisto-Walzer" noch nie so was lahmarschiges, langweiliges, und einschläferndes gehört, wie die "Interpretation" von Welser-Möst beim Neujahrskonzert...
    Da würde ich die Abneigung zu Liszt von gewissen Leuten sogar verstehen... :cursing:


    Gruß :hello:

    Hallo Wolfram!


    Ich muss dir leider sagen, dass ich die Streichquartette Ligetis noch nie hörte.
    Ich lernte Ligeti erst vor kurzem kennen - und war aber auf Anhieb begeistert!


    Bis jetzt habe ich drei Werke Ligetis erworben:


    Das Orchesterwerk "Atmospères", sein "Klavierkonzert" und die wunderbare, 16-stimmige Motette "Lux aeterna"...


    Ich kenne mich mit Ligeti zugegebenermaßen recht wenig aus, aber nach deinem Beitrag kann ich schließen, dass es nicht im Sinne Ligetis war, im 2. Quartett motivische Technik zu verwenden.


    Weißt du, wenn ich Musik höre, lasse ich alles auf mich zukommen.
    Ich erwarte mir nichts Spezielles.
    Das half mir bei Ligeti sehr, denn zuerst dachte ich mir, er würde für mich sehr schwer zugänglich sein - aber, NEIN!


    Ligeti schafft, wie du sagst, "klingende Gewebe", er schafft Räume, in die man aus unserer hektischen, stressigen Welt fliehen kann.


    Ich weiß nicht, ob du die Motette "Lux aeterna" von ihm kennst, aber das ist auch so ein Werk, wo großartigste Räume entstehen, "klingende Gewebe", wie der Komponist sagt.


    Ich weiß nicht, welchen Bezug du zu Ligeti hast, oder wie du sonst Musik hörst,
    ich kann dir nur sagen, dass ich mit dem "einfach-auf-sich-zukommen-lassen" schon sehr viel Freude hatte, und dass ich jeden Komponisten, den ich bis jetzt kennenlernte, von der Renaissance bis zur Avantgarde, schätzen lernen konnte.


    Jeder Komponist hat seinen Reiz, oft muss man nur lange genug suchen, oder eben darauf warten, dass seine Musik zu dir kommt und dich in die Weiten ihrer geschaffenen Räume mitnimmt.


    Lass das 2. Quartett einfach auf dich zukommen, ich bin mir sicher, irgendwann wird es dich erreichen...


    Gruß

    Also ganz ehrlich - "Mist" mag zwar provokant gemeint sein, aber dennoch - ich finde den Titel einfach nur anmaßend...
    Im Allgemeinen läuft eh alles wieder auf Subjektivismus hinaus...
    Der Eine sagt, der ist schlecht und "begründet", der andere sagt, der andere ist schlecht, und "begründet"...


    Und im Endeffekt ist wieder alles von der subjektiven Seite aus gesehen...


    Um zur Threadfrage zu kommen:


    Ich denke nicht wirklich, dass es "überschätzte" Komponisten wirklich gibt.
    Verseht mich nicht falsch, es werden immer wieder gewisse Werke überschätzt und todgespielt (Nachtmusik, Mozart),
    und oft verstellen gewisse Werke auch die Sicht auf andere, obwohl sie nicht wirklich "besser" sind (Schöpfung, Haydn)...


    Auf alle Fälle habe ich noch nie einen Komponisten gehört (und es dürften mitlerweile so an die 200 sein), den ich als "schlecht", "Mist", "minderwertig" oder "überschätzt" bezeichnen würde.
    Wie immer appelliere ich an die Kunst, so objektiv wie nur möglich Musik zu hören, weil einem dann erst wirklich bewusst wird, wie groß der Bogen eigentlich ist, der alle Musik umspannt...


    Wenn ich hier die Beiträge lese, dann beruhen die Abneigungen meistens auf eine gewisse Beschränktheit.
    Soll heißen, jemand, der Musik vom Barock bis zur Klassik hört, empfindet Komponisten der Romantik und der Moderne als überschätzt...


    Ehrlich gesagt finde ich solche Kleingeistigkeiten blöd...
    Ich verstehe nicht, warum man sich nicht einfach hinsetzen, den Kopf frei machen, und die Musik einfach auf sich wirken lassen kann...
    Ich weiß nicht, aber ich habe noch keinen Komponisten gehört, von der Gotik über Renaissance und Barock, über Klassik und Romantik, bis hin zur Moderne, der mich nicht gefesselt hat...


    Es mag Werke geben, im Opus einzelner Komponisten, die schwächer sind, aber das ist dann auch schon alles.


    Den einzigen Komponisten, den ich für "überschätzt" halte, weil er heute für das Genre bekannt ist, das nicht sein bestes ist, ist Richard Strauss.
    Ich empfinde nämlich seine Orchesterwerke (Sinfonische Dichtungen, Lieder, Metamorphosen) wesentlich konzentrierter und nicht so aufgeplustert wie seine Opern...


    Aber, wie gesagt, ich empfinde ihn auch nicht als mies, oder gar schlecht.
    Trotzdem gibt es viele Werke von ihm, die mich fesseln...


    Im Allgemeinen lese ich auch viele Abneigungen gegen Liszt...
    Was ich überhaupt nicht verstehe...
    Er hat doch ein beeindruckendes Opus hinterlassen:
    Klavierwerke (h-moll-Sonate :thumbsup: ), "Totentanz", "Elisabeth" und "Christus", "Les Préludes", die beiden Sinfonien "Faust" und "Dante", die "Graner Messe" und die "Ungarische Krönungsmesse"...
    Also ich weiß nicht, aber Liszt hat was ursprüngliches, was wildes, was mit Feuer im Hintern, das mich bei jedem Hören mitreißt...


    Gruß :hello:

    von Wolfram:

    Zitat

    Wenn ich mir eine Oper als Entführung in eine längst vergangene Zeit ansehen will, unterlaufe ich m. E. in vielen Fällen die Absichten des Komponisten.
    Haben da Ponte/Mozart den Figaro geschrieben, um das Publikum in eine längst vergangene Zeit zu versetzen? Nein. Sie wollten am Vorabend der Frz. Revolution auf aktuelle Missstände hinweisen und waren sich der Brisanz ihres Stoffes wohl bewusst.


    von KSM:

    Zitat

    Es haben aber auch nicht da Ponte/Mozart den Figaro geschrieben, um das Publikum zum Nachdenken über die Gedanken des Regisseurs zu animieren. Auch hat Beethoven den Fidelio nicht zu diesem Zweck geschrieben und Wagner den Ring nicht.


    Nun das vielleicht nicht.
    Aber sie haben zeitgenössische Themen aufgegriffen und waren sich, wie Wolfram sagte, der Brisanz ihres Stoffes wohl bewusst.
    Sie haben Opern geschrieben, die die Problematik einiger Themen in ihrer Zeit aufgreift.
    Diese Opern haben einen klaren sozialen zeitgenössischen Hintergrund gehabt.
    Insofern finde ich es durchaus möglich, dass ein Regisseur, der sein Handwerk versteht, heutzutage ähnliche Problematiken aufgreift und durch passende Kostüme und passendes Theater in der Oper "von damals" wiedergibt.


    Es war durchaus im Sinne der Komponisten zeitgenössische Themen aufzugreifen.


    von Wolfram

    Zitat

    Schön gesagt! Das deckt sich mit meinem (überzeichneten und klischeehaften) Bild vom "Regietheatergegner aus Bauchgefühl": (Denk-)faul und bequem im Fauteuil sitzend harrt man der Restauration längst vergangener Zeiten


    Dem würde ich nicht wiedersprechen.
    Alfreds Antworten weisen immer irgendwie darauf hin, dass er nicht über Regietheater nachdenken will.
    Er will es nicht mögen, (auch wenn die Inszenierung möglicherweise gut wäre)
    Und da mache im mir persönlich schon Sorgen, ob des Kunstverständnisses eines Administrators, der jegliche Neuinszenierung verweigert und alle Kunst nach 1900 verflucht und ihr den "Kunst-Titel" aberkennt,
    der alle moderne Kunst angreift und als "hässlich" und "falsch" hinstellt, nur weil er nicht imstande ist, diese Kunst zu verstehen, weil er nicht über sie nachdenken will, und sie also gar nicht mögen will.


    Zitat

    Eine These ist zunächst mal kein Angriff. Man kann sich allerdings durch eine These angegriffen fühlen.


    d'accord. Das sage ich zu Alfred auch immer. Das was ich über ihn schreibe, sind keine Beleidigungen, sondern Feststellungen.
    Man kann durchaus mit Fug und Recht behaupten, dass Alfred die Kunst nach 1900 abschätzend belächelt.
    Wie gesagt kein Angriff.
    Sondern Feststellung.


    von Alfred:

    Zitat

    Aber so sehe ich das nicht. Es ist ein FESTGEFÜGTES. starres Weltbild ohne Spielraum für Anderes. Und das mit gutem Grund.


    Der Satz ist von Alfred?
    Aber nicht wahr, oder?
    Wer ist denn bitteschön festgefügt? Wer starr?
    Wer hat denn bittschön ein Weltbild ohne Spielraum für Anderes?
    Wer blickt den nicht über den Tellerrand hinweg?


    Bei allem Respekt Alfred, aber uns als "starr" oder "festgefügt" hinzustellen...
    Diese Aussage geht ja beinahe ins Lächerliche, wenn man bedenkt, dass der Autor dieses Satzes gegen alles Fortschrittsdenken wettert...


    von Gustav:

    Zitat

    Und welche Aufgaben kommen dabei dem Theater zu, das ja vielleicht auch eine Gegenwelt zur herrschenden Menschensicht einnehmen kann. Soll das Theater überhaupt eine kritische Position einnehmen?


    Berthold Brecht schreibt in seiner Theatertheorie,
    dass er es absolut verurteilt, dass Menschen ins Theater kommen,
    nur um sich zu unterhalten.
    Dass Publikum solle etwas lernen und verändert wieder hinaus gehen.


    Das Theater soll als Sprachrohr fungieren, soll unaussprechliches (gesellschaftliches, politisches) ansprechen, und die Leute zum Nachdenken animieren.


    Theater ist keine primitive Form der (reinen) Unterhaltung.
    Natürlich ist ein Unterhaltungseffekt dabei.
    Aber im Wesentlichen ist Theater als Kunst zu verstehen,
    die dir mitteilt, von der du lernen kannst und die dich noch zusätzlich unterhält.


    Gruß :hello:

    von Alfred

    Zitat

    Zudem stimmt das auch. Für mich gibt es nach 1900 nur vereinzelt Kunstwerke, die ich als solche akzeptiere.Aber generell stimmt Deine Aussage.


    Ich hoffe du hast verstanden dass das keine Beleidigung war.
    Aber ich gehe, gemäß deiner Aussage, davon aus.


    Dass du nur vereinzelt Kunstwerke aus dem 20. Jhdt als "Kunst" bezeichnest, ist aber nicht allgemein so.
    Wie gesagt, nur weil es für dich nicht Kunst ist, heißt es nicht, dass es tatsächlich keine Kunst ist.


    Du magst es nicht - ist ok für mich,
    das heißt aber nicht, dass es keine Kunst ist.


    Zitat

    Ich brauche davon deshalb nichts zu "verstehen", weil ich gewissen "Werken" das Prädikat "Kunst" einfach abspreche.


    Das ist - wie erwähnt - dein Problem.
    Wenn du sagst, diese Werke seien keine Kunst, ist das für dich so.
    Ich persönlich sehe und höre in diesen Werken sehr viel.


    Interessant scheint mir aber (entschuldige bitte diese Erwähnung), dass meine präferierte Epoche in der Musik, ebenso wie bei dir, die Wiener Klassik ist und ich trotz alledem Kunst des 20. Jhdts. sehr schätze.


    Ich glaube das Problem liegt am Kunstverständnis grundsätzlich:


    Zitat

    In jener Zeit, die mich interessiert, war Kunst stets dazu gemacht , handwerkliches zu übertreffen, zu veredeln.


    Naja, die Kunst des 20. Jhdts ist doch rein handwerklich auch sehr anspruchsvoll...ich denke da an Stockhausen...
    kein sinnloses Getöne, sondern bewusst gesetzte Noten und Geräusche, Alfred...
    Handwerklich gesehen ist die "Klassische Moderne" nichts hinter der Epoche, "die dich interessiert"...


    Zitat

    Dies Kunst steht mir aber nur selten im Weg, hässliche "Denkmäler" etc - daran kann man vorbeigehen und vorbeisehen.


    Es gibt nichts "Hässliches" in der Kunst, nur etwas, das man als hässlich wahrnimmt.


    Kunst bedeutet Sprache. Kunst will dir etwas sagen, mit dir kommuniezieren.


    Wie Mahler sagte: "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten", oder in den Libretti,
    das eigentlich großartige in der Musik, ist das, was man nicht hört, was sich im Kopf abspielt.


    Musik ist eine machtvolle Sprache, Kommunikation auf einer Ebene, die der Mensch nirgends sonst erreichen kann,
    er spricht in der Kunst das aus, wozu er mit seinem Mund nicht imstande ist:


    Tiefe Eindrücke, Gefühle, Emotionen, Geschichten, Zustände und dergleichen.


    Kunst bedeutet nicht Schönklang.
    Kunst ist nicht dazu da, sich schön oder hässlich auszudrücken, sondern genau so, wie sie sein muss.


    Sogenanntes "Hässliches" ist nicht hässlich, wenn man versteht was das vermeintlich "hässliche" dir sagen will.


    Musik, Bildnerische Kunst, Architektur,...
    all diese Dinge sind im Wesentlichen deshalb so großartig und spannend, weil der wichtigste Teil des Werkes eben nicht sicht- oder hörbar ist.
    "Das Glücksgefühl ist in der Seele zu Hause", wie Demokrit sagt.


    Verzeih mir Alfred, aber was würde denn Kunst zu etwas Besonderen machen, wenn sie nur Ausdruck des Könnens von Komponisten und Malern und Architekten wäre?


    Kunst ist dann Kunst, wenn sie Sprache ist, wenn sie dir etwas sagt.
    Das Hören eines schönen Klanges oder das Lesen der Noten zeigen zwar das handwerkliche Geschick der Komponisten, aber nicht die Botschaft und die Sprache des Werkes.
    Hierfür ist es nötig in das Reich der Träume und Fantasien abzutauchen,
    damit man die großartige Botschaft des Werkes bewundern und es gänzlich genießen kann.


    Und da zeigt sich eben, dass jeder Mensch das anders wahrnimmt.
    Die Musik teilt sich jedem anders mit.


    Um auf dein Beispiel mit dem Libretto (Palast - UBahn-Bahnhof) zurückzukommen:
    die Geschichte einer Oper spielt sich nicht im Libretto ab.
    Die Sprache und die Botschaft der Oper sind nicht im Libretto zu finden,
    sondern in der Musik.


    Und dieser Wesenskern der Oper wird nicht im Geringsten zerstört, wenn man die Oper in eine andere Zeit verlegt.
    DIe Musik, die entscheidende Sprache, die entscheidende Botschaft-Trägerin, bleibt erhalten.


    Zitat

    Die traditionelle Oper bedarf keiner Toleranz,


    nein, das sagte ich auch nicht,
    aber es bedarf Toleranz gegenüber jenen, die Interpretationen vom Regietheater gerne sehen und hören.


    Zitat

    Was bedeutet das Wort Toleranz eigentlich ?


    "Toleranz bedeutet der Meinung des Andersdenkenden mit Respekt und Fairness zu begegnen, da der Mensch aufgrund seiner beschränkten subjektiv wahrnehmenden Intelligenz nicht imstande ist zu sagen, welche Auslegung der Dinge richtig oder falsch ist.
    Die Freiheit jedes Menschen hört dort auf, wo sie die Freiheit eines anderen Menschen einschränkt. Dort beginnt die Intoleranz."


    Dass das Regietheater sich oft intolerant verhält ist kein Geheimnis,
    Flammen mit Flammen zu bekämpfen ist dann doch eher stumpfsinnig.


    Ich werfe dir Intoleranz hinsichtlich der Tatsache vor, dass du all jenen, die (gelegentlich) Regietheater sehen, mit Schimpf und Schande begegnest.


    Diese Intoleranz gegenüber diesen Hörern, ist eine Einschränkung ihrer Freiheit, Regietheater zu sehen.


    von Wolfram

    Zitat

    Die Gegner guten, intelligenten und schöpferischen Regietheaters sind die geistigen Nachfahren derer, die 1913 bei der Uraufführung von Stravinkys "Sacré du printemps" das Geniale, Revolutionäre, Singuläre dieser Musik nicht verstanden und es bei weitem vorgezogen hätten, wenn Stravinskiy nette Musik im Stile von Tschaikowsky (oder besser noch Gluck) geschrieben hätte. - Die tief verwurzelte existenzielle Unsicherheit dieser Gegner ruht nämlich unter einer hauchdünnen, wenngleich mühsam erkämpften (und darum heftig verteidigten) Schicht äußeren Anstands (der bei der UA allerdings fallengelassen wurde) und kaum tief reichenden Welterklärungsversuchen. Diese Schicht ist so verletzlich, dass jede Infragestellung des einfachen selbstgestrickten Weltbildes als existenzieller Angriff auf die eigene Persönlichkeit erlebt wird. - Die dabei freiwerdenden Energien führen jedoch nicht zu einer Hinterfragung des eigenen primitiven Weltbildes, sondern richten sich in Form von Aggression gegen den Anlass der subjektiv wahrgenommenen Verletzung.


    Das wollte ich damit sagen. :jubel: :jubel:
    Man muss seinen Horizont erweitern, muss erkennen, dass Kunst nicht Schönklang bedeutet, sondern Sprache ist,
    Und die Sprache ist unparteiisch, gerecht.
    Sie redet mit Schönem und Hässlichen, sie ist gerecht.


    Gruß :hello:

    Ah ja,


    von Alfred:

    Zitat

    was ich an Beleidigungen, Verunglimpfungen etc in diesem Zusammenhang über mich ergehen lassen musste, das hat alles Bisherige in den Schatten gestellt,


    Ah ja,
    Wie ich dir schon geschrieben habe, lieber Alfred, sollte der Satz, in dem ich schrieb, dass dein Gefühl für Kunst an der 1900-Marke aufhört, sollte dies (wie ich schon schrieb) keine Beleidigung sein, sondern eine Feststellung.


    Der Satz in dem du die moderne Kunst abwertest und sie als "hässlich" und dergleichen brandmarkst, zeigt das überdeutlich.


    Das werden auch andere Forumsmitglieder bestätigen.


    Interessant erscheint mir nur, dass du sagst Regietheater-Macher wollen nicht wahrhaben, dass sie untergehen und nicht wahrhaben, dass sie arrogant sind,
    aber wenn jemand sagt, dass du von moderner Kunst nichts verstehst, bist eindeutig du der, der nichts wahrhaben will.


    Wie gesagt, das ist keine Beleidigung, sondern eine Feststellung.


    von Alfred:

    Zitat

    Ob da jetzt die Regietheaternutzniesser bibbernd oder haßerfüllt an ihren Bildschirmen sitzen und Gift und Galle spucken,


    Das tue ich nicht.
    Ich lächle eher, ob der Tatsache, dass du zwar die Intoleranz des Regietheaters gegenüber der traditionellen Oper anklagst, aber selbst die Intoleranz in Person gegen das Regietheater bist, und die "wahre" Oper verkündest, und eindeutig du der bist, der Gift und Galle spuckt...


    Tja ja, Toleranz wollen und Intoleranz geben...



    Interessant finde ich ja, dass du bis jetzt noch nie auf meine philosophische Kernbotschaft in den bisherigen Beiträgen eingegangen bist:


    Nämlich, dass es unumstößlich wahr und richtig ist, dass der Mensch über eine subjektive Wahrnehmung verfügt, es ihm also gar nicht erst möglich ist, über wahre und falsche Interpretationen zu entscheiden.


    Kunst bedeutet Sprache. Jedem erzählt sie etwas anderes.
    Was die Kunst einem sagt, was sie einem mitteilt, ist von keiner Person außerhalb angreifbar.


    Das lieber Alfred sind philosophische Tatsachen.


    Es ist schön, dass du eine klare Vorstellung von Musik für dich hast,
    eine Vorstellung wie Musik für dich aussehen muss.
    Aber jeder Mensch nimmt Musik anders wahr.
    Dies liegt in der Natur des Menschen und jede Aktion gegen die Freiheit der Interpretation ist eine Aktion gegen die Freiheit des Menschen und die allumfassende Sprache der Musik.



    Ganz genau.


    Gruß :hello:

    Ich schrieb:


    Es gab in vielen Bereichen des täglichen Lebens Änderungen, man beachte nur die Bilnderische Kunst, die nun anders agierte und sich anders mitteilte.


    Darauf Alfred:

    Zitat

    Genau - Auch sie ist hässlich und unansehnlich geworden.


    Nun, das zeigt mal wieder, dass dein Gefühl für Kunst um 1900 aufhört.
    Dass soll jetzt keine Beleidigung sein, sondern ist eher eine milde Feststellung, wie sie auch andere Nutzer dieses Forums feststellen werden und bereits hatten.


    Die Bildnerische Kunst hat durch die Moderne aufgehört, bloß "Kunstwerk" zu sein.
    Ein modernes Bild (ein paar "Spritzer" Farbe, würdest du sagen) beschäftigt mich wesentlich länger als ein "altes" Bild.
    Die Bildnerische Kunst ist dadurch "Kunst" geworden. Sprache geworden.
    "Die paar Spritzer Farbe" sagen etwas, drücken etwas aus.
    Sie sind nicht zufällig so.


    Dieses Zitat zeigt wieder einmal, dass du von Kunst jenseits von 1900 - verzeih mir bitte - äußerst wenig verstehst.


    Zitat

    Wenn es nicht Seilschaften waren, was war es dann, das es ermöglichte Jahrzehntelang auf Staatskosten gegen den Willen des Publikums zu inszenieren?


    Wie gesagt, es war der Zeitgeist, der alles veränderte.
    Die moderne Kunst entstand, Architektur änderte sich,
    und unter anderem auch die Operninszenierungen.
    Man wollte Opernthemen ganz einfach aktuellen Themen gegenüberstellen,
    und damit Parallelen zwischen der "Uroper" und des aktuellen Weltengeschehens herstellen.
    Was - oft zwar misslang, aber dann und wann - auch gelang.


    Als Grund "Intrigen" zu nennen, die die gemeine "Regietheater-Sekte" gesponnen hatte, ist ein Argument, das nicht ausreichend ist.
    Vielleicht hat es wirklich "intrigenähnliche Handlungen" gegeben (ich würde dies eher als "Förderungen" für das Regietheater bezeichnen), aber der "GRUND" für das Regietheater war sicherlich nicht,
    dass jemand mutwillig der traditionellen Oper schaden wollte.


    Ich schrieb weiters:
    Mit deiner bereits oben benannten "Intrigen-Theorie" wirst du in der kompetenten Argumentationswelt nicht weit kommen, wie ich dir oben schon erklärte


    Alfred schrieb drauf:

    Zitat

    Hier irrst DU - Die Linie die ich vertrete ist gerade dabei sich zu stabilisieren


    Nun ich sagte mit meiner Aussage ja nicht, dass das Regietheater wieder weniger wird (was ja auch stimmt, und dies zu bestreiten wäre nicht korrekt), ich meinte damit lediglich, dass dein bereits oben genannter "Grund" für das Regietheater, nämlich Intrige und mutwillige, gehässige Verschwörung gegen die traditionelle Oper, nicht als wirklicher und einziger Grund zu nennen sind.


    Wie bereits gesagt, ist hierfür der Zeitgeist der damaligen Bevölkerung maßgeblich verantwortlich, was ja auch zutreffend ist.
    Man beachte das Kunst-Beispiel. Kunst änderte sich wegen des Zeitgeists.
    Ob zum Positiven oder Negativen, ist ja nicht die Frage.
    Entscheidend ist, dass der Zeitgeist der Leute die Bildnerische Kunst veränderte, was beweist, dass dies auch eine mögliche Option für die Operninszenierung wäre.
    Ich halte den Zeitgeist jedenfalls für das naheliegendere Motiv, naheliegender zumindest als von bloßer "Intrige" gegen die traditionelle Oper zu sprechen.


    Zitat

    es wurde einfach nichts anderes mehr angeboten, und aufmuckendes Publikum öffentlich ausgelacht und verhöhnt.


    Selbst wenn diese Behauptung war wäre (ich halte sie für übertrieben), wäre dies kein Grund das Regietheater zu verabscheuen.
    Dies hat nichts mit der Philosophie des Regietheaters zu tun, dies wäre lediglich ein Zeichen der Intoleranz des Regietheaters gegenüber traditionellen Inszenierungen.


    Aber man blicke nur in das Zeitalter der Reformation.
    Da wurdest du auch gezwungen die Religion deines Fürsten anzunehmen, wenngleich dies zwar ein Beweis der Intoleranz wäre, aber kein Grund diese Religion als "schlecht" zu bezeichnen.


    Also kein Grund, das Regietheater nicht zu mögen.


    Alfred schrieb:

    Zitat

    welches aber mit "Oper" wie ich sie verstehe nicht viel am Hut hatte.


    worauf ich schrieb:
    Nun, da du aber nicht bestimmst, wie eine Oper auszusehen oder aufzuführen ist, ist dies eine ziemlich nutzlose Aussage.


    worauf Alfred schrieb:

    Zitat

    Das ich über ein Internetmedium verfüge, das über mehr Mitleser verfügt als die meisten etablierten Klassikzeitungen, würde ich das etwas anders bewerten. Zudem: NIEMALS ist die Einschaltquote höher, als gerade bei diesem Thema. Über 27.000 Seitenaufrufe seit Ende 2009


    Nun da hast du mich wohl falsch verstanden.
    Ich sagte, dass du nicht bestimmen kannst und darfst, welche Inszenierungen die "wahren" und welche die "falsche" sind,
    da der Mensch eine subjektive Wahrnehmung hat, darfst auch du dir das nicht anmaßen.
    Dass es zu diesem Thread über 27.000 Aufrufe gegeben hat, hat nichts mit meiner Aussage zu tun.
    Es könnten auch 100.000 Aufrufe gewesen sein, das bedeutet nicht, dass diese Leser gleicher Meinung sind wie du, und selbst wenn
    würde es nichts daran ändern, dass der Mensch subjektiv wahrnimmt,
    und es so etwas wie "wahre" und "falsche" Operninterpretationen nicht gibt.


    Jeder Mensch entscheidet über seine Präferenzen selbst, und keiner darf andersdenkende in die ominöse "Intriganten-Ecke" stellen.
    Keiner darf das, auch nicht du, Alfred.


    Und wenn jemand sagt, er findet Regietheater besser als traditionelle Inszenierung, dann hast du das zu akzeptieren.
    Jeder kann das hören, was er will.


    Wie gesagt, bin ich kein Verfechter des Regietheaters, nur ein gelegentlicher Hörer, denn manche Aufnahmen des Regietheaters
    übertreffen um Längen "traditionelle Inszenierungen"...
    (wiewohl das umgekehrt öfter vorkommt)...


    Gruß :hello:

    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Aber jahrelang gab es eine Seilschaft, oder Netzwerk, wie man das nennt ist letztlich egal, die jegliche Kritik daran im Keim erstickte.
    In den Medien sassen die Freunde jener, die Regietheater machten oder es forcierten.


    Alfred


    Oha - Als Grund für das Erstarken des Regietheaters eine "Seilschaft" zu nennen, die jede Kritik im Keim erstickt, und dass das Regietheater sich nur verbreitete, weil in den Medien die Freunde der Regisseure saßen,
    ist kurz gesagt einfach nur lächerlich.
    Ja, ich bin vorm Computer gesessen und habe gelacht.
    Als würde eine geheime "Regietheater-Sekte" herumgeistern, die die traditionelle Inszenierung vergiftet und verdirbt... :hahahaha:


    Tut mir Leid Alfred, aber das ist mehr als übertrieben.
    Es mag viele Gründe für das Entstehen des Regietheaters geben,
    aber von "Seilschaften" und Intrigen zu reden geht dann doch ins Lachhafte.


    Es gab in vielen Bereichen des täglichen Lebens Änderungen, man beachte nur die Bildnerische Kunst, die nun anders agierte und sich anders mitteilte.
    Es war wohl der Zeitgeist, der das Entstehen des Regietheaters zu verantworten hatte, wie in so vielen anderen Bereichen.


    Ich schreibe das hier als jemand der kein Regietheater-Verfechter ist, aber als jemand, der gute Interpretationen in denen das Wesen der Oper enthalten ist, durchaus schätzt.


    Eine Grenze zu ziehen und zu sagen, das ist gut, das andere schlecht, ist falsch. Einfach nicht richtig. Alles ist relativ, es kommt immer auf die Situation an.
    Das ist schon mal rein philosophisch der einzig mögliche Zugang.


    Zitat

    Und man jubelt darüber, die "Alten" los zu sein. Man gewann ein neues Publikum, welches die Zerstörung des bürgerlichen Theaters geradezu genoss


    Mit deiner bereits oben benannten "Intrigen-Theorie" wirst du in der kompetenten Argumentationswelt nicht weit kommen, wie ich dir oben schon erklärte.
    Jeder kann das hören, was er will.
    Dass man "jubelte, die Alten los zu sein", ist doch wieder einmal eine mächtige Übertreibung.
    Man hörte einfach lieber Regietheater, wo ist da bitte das Problem?
    Keiner "genoss die Zerstörung (lachhaft) des bürgerlichen Theaters".
    Man sah halt lieber Regietheater, da kann doch nicht von "mutwilliger Zerstörung" und Intrige die Rede sein.


    Mann oh Mann, jetzt wird man schon als Intrigant hingestellt, nur weil man gelegentlich Regietheater guckt... :faint:


    Zitat

    welches aber mit "Oper" wie ich sie verstehe nicht viel am Hut hatte.


    Nun, da du aber nicht bestimmst, wie eine Oper auszusehen oder aufzuführen ist, ist dies eine ziemlich nutzlose Aussage.


    .


    Original von Grillparzer

    Zitat

    ich wiederhole auch hier noch mal meine These, dass es in erster Linie aufs Handwerk ankommt. Ob nun konservativ, pseudo-progressiv oder tatsächlich progressiv erscheint mir sekundär.


    Zitat

    Ich glaube tatsächlich nicht, dass es reicht, die Optik auf das Althergebrachte zu beschränken. Dann wird die Oper nach zwei Generationen tot sein.


    Das meine ich auch.
    Es mag viel Müll im Regietheater geben, aber es gibt auch viel Gutes.
    Wie oben bereits erwähnt, ist es schon mal philosophisch gesehen, absolut falsch, eine Grenze zu ziehen und zu sagen, "das ist prinzipiell gut, das ist prinzipiell schlecht".
    Da der Mensch über eine subjektive Wahrnehmung verfügt,
    ist davon abzuraten, allen in der Gesellschaft seine Meinung über das Regietheater aufzuzwingen.


    Wie gesagt, ich bin kein Verfechter des Regietheaters, aber hin und wieder gibt es Aufführungen die mich echt berühren und begeistern...


    Und dass man als gelegentlicher Regietheater-Hörer in die Ecke gedrängt, als Intrigant hingestellt und als Angreifer auf die heilige traditionelle Operninterpretation bezeichnet wird, ist wohl die Frechheit sondergleichen.
    Und das noch vom Administrator höchstpersönlich...


    Gruß :hello:

    Zitat

    Original von rodolfo39
    Was mich auch ärgert ist die Tatsache das viele Regisseure meinen, schon während der Overtüre irgendeine sinnlose Handlung aufführen zu müssen. Ich möchte aber einfach nur die Muik genießen und nicht davon abgelenkt werden. In der alten Rigoletto Inszenierung von Ponelle in Düsseldorf konnte man sich immer von Anfang an wunderbar in die Personen hineinversetzen und mitfühlen. Und es war schon bewegend wenn Rigoletto im 2 . Akt seine Arie sang oder wenn er zum Schluss seine stebende Tochter im Arm hatte. Bei der neunen Inszenierung lässt mich das vollkommen kalt. Auch bei den Kostümen heisst es ja immer das sie zeitlos sind, aber ein befreundeter Regisseur von mir sage mir mal , wenn das im Programmheft steht, hätten die nur keine Lust gehabt sich mit der Geschichte der Oper zubefassen.


    Da ist natürlich was Wahres dran - die Ouvertüre ist als Orchesterstück Einleitung der Oper.
    Natürlich könnte ein übereifriger Regisseur hergehen und meinen: "die Ouvertüre ist Teil der Oper, muss also auch inszeniert werden."


    Was ich nicht wirklich verstehen kann, zumal - was willst du denn bei einer Ouvertüre groß neu inszenieren?
    Vielleicht den Musikern bunte Clowns-Kostüme anziehen, da hätte Rossini seine Freude... :D


    Zitat

    Wenn man sich diesen Thread so durchliest, dann könnte man fast meinen, die meisten wären gegen das Regietheater. Liegt das nur am recht hohen Altersdurchschnitt bei "Tamino"?


    Hm.
    Ich finde es potenziell blöd wenn jemand herkommt und sagt, er mag kein Regietheater oder kein "traditionelles", oder dergleichen.
    Es kommt immer auf die Oper und die Inszenierung an.
    Zu sagen, das ist gut, das andere schlecht, bringt überhaupt nichts -
    und zeugt IMO von einem nicht wirklich toleranten Musikverständnis.


    Ich mag Regietheater - aber bin kein Verfechter von demselben.
    Es gibt gute Inszenierung genauso wie es schlechte gibt.
    (Übrigens ist das auch bei den so genannten "traditionellen" der Fall)... :stumm:


    Gruß :hello:

    Nun denn,


    Ein sehr häufiges Vorurteil, auf das ich immer wieder stoße,
    ist sicherlich dieses:


    Dass nämlich Mozart, weil in luftigen Höhen und mit tänzlerischer Leichtigkeit komponierend,
    keine Ernsthaftigkeit und Tiefe aufweise...


    ...was natürlich gänzlicher Unsinn ist.


    Mir fällt dazu ein Spruch ein, den Sakow einmal nannte:


    "Je lieblicher die Musik, desto tiefer muss man schauen"


    Dann würde man erkennen, dass die Tiefe, die Ernsthaftigkeit in Mozarts Musik ein unumstößlicher Bestandteil ist.


    Gruß :hello:

    Naja, also einige Klarstellungen:


    @ Engelbert

    Zitat

    Der 'beißende Spott' richtet sich nicht gegen die Anhänger des Regie-Theaters, sondern gegen die Auswüchse und abgestandenen Gags des Verfremdungs-Theaters als Sache.


    Das ist schön. Wenngleich ich sagen muss: Regietheater ist nicht gleich "Verfremdungs-Theater".
    In vielerlei Hinsicht mag das stimmen, viele Dirigenten und Regisseure verfremden die Oper und machen etwas daraus, was nicht im Sinne der Musik ist.
    Aber das ist bei Gott nicht die Norm. Ich glaube, es gibt sehr gute Inszenierungen und Einspielungen des "Regietheaters", die nicht "entfremdend" sind.


    Zitat

    Mit Deiner Beurteilung im letzten Absatz, lieber Hammel, bist Du ein bisschen flink gewesen und ich distanziere mich von Deiner mir unterschobenen Unterstellung. Die Augenhöhe wechselt ständig, je nach dem, ob beide auf dem Stuhl sitzen oder auf dem Bauch liegen.


    Da hast du vollkommen Recht. Mahatma Gandhi sagte dazu allerdings:
    "Auge um Auge, und die Welt wird untergehn."
    Es mag viel "böses Blut" auf beiden Seiten gegeben haben, aber deshalb muss man nicht zwingend mit gleicher Methode zurückzahlen.
    Ich will dich nicht in die "Beißender Spott - Schreiber"-Ecke drängen (wirklich nicht), aber diese Persiflage war meiner Meinung nach, mehr als überspitzt und nicht sehr produktiv.


    @ Gustav

    Zitat

    Wo denn??? So einfach ist es nun wirklich nicht, noch traditionelle Inszenierungen zu finden. Wenn die Theater wenigstens vernünftig mischen würden.


    Ich glaube es gibt schon traditionelle Inszenierungen zur Genüge,
    im Zweifelsfall DVD kaufen, oder CD hören.. :D


    @Alfred

    Zitat

    Wenn ich ein "Wiener Schnitzel " essen will - und ich bestelle ein Wiener Schnitzel - dann will ich auch ein"Wiener Schnitzel" serviert bekommen - und nicht irgendetwas das dem Koch zum Thema "Wiener Schnitzel" eingefallen ist - oder er dafür hält.


    Lieber Alfred, siehste, das sehe ich wieder vollkommen anders. :evil:


    Wenn ich auf der Speisekarte "Wiener Schnitzel" lese und besagtes auch bestelle, ist es mir vollkommen egal, welche Beilage dabei ist - ob Petersilienerdäpfel oder Pommes oder Reis - vollkommen egal.
    Wichtig ist mir nur, dass das Wiener Schnitzel da ist, das ist nämlich der wesentliche Bestandteil des Menüs "Wiener Schnitzel" ;)


    Insofern hat der Koch schon seine Freiheiten, allerdings auch seine Grenzen.
    Und so sehe ich die Ganze Sache auch in der Musik. :wacky:


    operus


    Zitat

    Wir Opernfreunde, die werkgetreue Inszenirungen fordern, sollten also keine pauschale Ablehnung des Regietheaters postulieren, denn das würde die Oper in eine museal verstaubte Ecke drängen. Wir sollten trennscharf herausarbeiten, dass wir alles, was grob werkverändernd und werkentstellend ist, im Interesse der Oper ablehnen.


    That's my opinion...
    Definitiv...
    :jubel: :jubel:


    Gruß :hello:

    Nun ich kann mich hier nur Basti anschließen.


    Warum soll es keine Inszenierungen geben?
    Wenn man solches nicht mag, muss man eh nicht hingehen... :no:


    Ich finde die Inszenierung Herheims auch nicht schlecht.
    Mal was Neues!


    Ja und???
    Ist ja vollkommen wurscht.


    Wenn mans lieber traditionell hat, schaut man sich halt was Traditionelles an.
    So einfach ist das das.


    Diese Interpretation ist jetzt auch für mich nicht das Gelbe vom Ei, aber immerhin eine schöne Alternative zu "Althergebrachtem".


    PS: den Scherz von Engelbert find ich blöd, nix für ungut, aber dieser beißende Spott gegenüber Regietheater-Anhänger versteh ich einfach nicht, und finde ihn nebenbei auch noch unangebracht,
    in einem Forum, wo man auf Augenhöhe diskutieren sollte und nicht unter der Gürtellinie...


    Gruß :hello:

    Ich kann Karim Wasfi nur bewundern.


    Er glaubt an die völkerbindende Kraft der Musik, glaubt daran, dass die Musik den Menschen zeigen kann, dass sie zusammen gehören, sich nicht mehr bekriegen und töten, sondern in einer gemeinsamen Zukunft leben könnten!


    Meine Hochachtung vor diesem Mann, der trotz Unmut und heftigen verbalen Attacken religiöser Fanatiker, die glauben, Musik wäre "westlich" und "unislamisch", der trotz all dieser schwierigen Hürden und Steine in seinem Lebensweg weitermacht, um mit Musik zu zeigen, dass alle zusammengehören!


    Auch wenn man einer anderen Religion angehört...


    In diesem Sinne:


    Alles Gute für die Zukunft Herr Karim Wasfi, ich hoffe sie können ihren Traum verwirklichen!!


    Gruß :hello:

    Zitat

    Original von Pius


    Hm, da bin ich mir nicht mehr so sicher seit ich Savalls Aufnahme der Orchesterfassung gehört habe.


    Dem kann ich nur zustimmen. Die Orchesterfassung empfinde ich auch als besser.


    Wobei - klar am besten ist IMO die Fassung für Streicher -> :jubel: :jubel:
    Falls die als Oratorium durchgeht... ?(


    Gruß :hello:

    Zitat

    Original von gerdprengel


    Beethoven:
    Christus am Ölberg; da bin ich offenbar auch der einzige, der dies Werk nennt. Warum nur wird es so wenig geschätzt? Es hat eine Reihe schöner Arien und einen herrlichen Schlußchor. Ich liebe es als Vorläufer zu Fidelio.


    Christus am Ölberge ist in der Tat ein sehr schönes Oratorium, was hier in der Tat erst einmal (!) genannt wurde und das in einem Forum, in dem Beethoven mehr als nur gut vertreten ist 8o :beatnik:


    Mir gefällt es auch sehr gut, auch wenn es nicht gerade mein Lieblingsoratorium ist, ist beispielsweise der SChlusschor sehr beeindruckend.


    Wobei ich es auch nicht als Vorläufer zu Fidelio sehen will, vor allem weil mir das Oratorium klar besser gefällt als die Oper...


    Gruß :hello:

    Dann natürlich diese, von mir bereits oben genannte Aufnahme,
    die eine sehr gute Einspielung ist, die an vielen Stellen eine schöne Alternative zur Böhm-Einspielung ist:



    NH in Höchstform!!


    :jubel: :jubel:


    Gruß :hello: