Original von Glockenton
Einige Grundsätze sollte man in dem Zusammenhang erwähnen, die im Thread aus meiner Sicht nicht deutlich genug zum Ausdruck kamen:
1. Frauen sind Menschen(!) und allein schon aufgrund dieser Eigenschaft den Männern gegenüber grundsätzlich als gleichwertige Individuen anzusehen.
2. Aufgrund dieser Gleichwertigkeit müssen sie die gleichen Rechten, Chancen und Pflichten haben.
3. Punkt 1 und 2 als Zeitgeist (vielleicht noch zwischen den Zeilen als Zeitungeist) abzutun, hätte schon etwas Menschenverachtendes an sich. Man(n) sollte nicht Zeiten hinter her trauern, in denen die Menschenrechte nicht in vollem Umfang für alle Menschen gültig waren.
4. Männer sind nicht „im Durchschnitt“ bessere Musiker als Frauen, auch nicht schlechtere. Die Qualität von Musikern hat -auch meiner Erfahrung nach- überhaupt nichts mit dem Geschlecht zu tun.
Wenn ich hier lese, dass jemand meint, die Berliner Philharmoniker hätten nicht mehr den Status wie in den 50er bis 70er-Jahren und dies (wenn es denn so wäre) nur teilweise auf Umstände wie Dirigenten etc. zurückführt und anschließend auch noch bemerkt, dass er keine Rezension kenne, in der zum Ausdruck käme, dass durch mehr Frauen im Orchester die Qualität desselben besser geworden wäre, dann kann ich für solche Gedankengänge angesichts der oben genannten Punkte in der Tat kein Verständnis aufbringen.
In welcher Rezension steht denn, dass ein reines Männerorchester besser spielt als ein gemischtes?
Solch einen Unsinn wird kein halbwegs vernünftiger Rezensent von sich geben, selbst wenn er keine Angst vor etwaigen „zeitgeistigen“ Reaktionen hätte.
Wenn es um den Zugang zu qualifizierten Orchesterstellen geht, dann sollte ausschließlich die Qualität der Bewerberinnen und Bewerber eine Rolle spielen.
Aus diesem Grund werden meines Wissens auch Bewerbungsvorspiele bei den Berliner Philharmonikern so durchgeführt, dass die zuhörenden und entscheidungsrelevanten Orchestermitglieder nur hören, aber nichts sehen können (man lässt sie hinter einem Vorhang spielen, glaube ich…)
Finanzielle Aspekte anzuführen, finde ich in diesem Zusammenhang nicht akzeptabel. Alte Argumente wie „wir müssten ja dann für die extra Toiletten einrichten= zu teuer“ oder „ was ist, wenn sie Kinder bekommen….etc?“ gehören endgültig in die Mottenkiste.
Der von Alfred gepostete Link gibt aufschlussreiche Einblicke in das Thema „Frauen bei den Wiener Philharmonikern“. Manches gibt zu Stirnrunzeln Anlass.
Und der zitierte Satz des Cellisten Werner Resel, der nun (wahrscheinlich immer noch) die extra für ihn geschaffene Stelle des Orchesterdirektors des Staatsopernorchesters besetzt ( das als Nadelöhr für die Aufnahme bei den Philharmonikern gilt), ist absolut abzulehnen.
Da kommt ja nicht nur eine Überheblichkeit von Männern gegenüber Frauen, sondern auch von Weißen gegenüber Schwarzen zum Ausdruck.
Wo lebt der Mann eigentlich? Die Tatsache, dass die klassische Musik vornehmlich von weißen Männern geschrieben wurde, liegt nun einmal darin begründet, dass die gesellschafts- und und kulturpolitische Menschheitsgeschichte so verlaufen ist, wie sie ist. Heute haben wir andere Verhältnisse, und das ist gut so.
Eine schwarze Frau etwa hätte in früheren Jahrhunderten niemals eine Chance gehabt, mit solcher Musik überhaupt in Kontakt zu kommen, geschweige denn tiefer in sie einzudringen und eine möglicherweise vorhandene Begabung darin zu entwickeln. Auch heute könnte ich mir –leider- nicht vorstellen, dass eine schwarze Frau in diesem Orchester mitspielen dürfte, egal wie gut sie als Musikerin wäre.
Ja, die Wiener Philharmoniker sind durchaus ein Eliteorchester, und zwar ausschließlich aufgrund der fachlichen Leistungen der Musiker.
Diese kann man in letzter Konsequenz auf Hirnleistungen zurückführen. Geschlecht oder Hautfarbe sind in diesem Zusammenhang absolut irrelevant, was sicherlich auch nachgewiesen werden könnte.
Gute Traditionen zu pflegen, ist ja in Ordnung, wenn jemand das mag.
Von schlechten Traditionen, die nach Arroganz riechen, sollte man sich besser trennen.
Wenn man klassische Musik spielt, ist das ja vielleicht auch etwas Traditionspflege, obwohl ich es schrecklich finde, wenn es nur das wäre.
Damit dann aber solche Einstellungen wie die des Herrn Resel zu begründen und zu verknüpfen, ist schlichtweg unzulässig und im Übrigen auch furchtbar arrogant.
Ich bin übrigens sehr dafür, dass Gleichberechtigung auch für Männer gelten muss, etwa bei der Frage des Sorgerechts nach Scheidungen etc.
Solche Themen gehören hier ganz sicher nicht hin, aber ich erwähne es nur, damit mich nicht irgendeiner gleich in die Schublade eines "linken radikalen Kämpfers für Frauenrechte" steckt.
Als Musiker bin ich schon deshalb unpolitisch, weil ich keine Zeit habe, mich auch noch mit solchen Dingen zu beschäftigen.
Ich finde nur - wie gesagt- , dass alle "Elitemusiker" in der Praxis eine gleichberechtigte Chance auf einen beruflichen Zugang zu solchen "Eliteorchestern" haben sollten, und zwar völlig unabhängig von Hautfarbe, Herkunft und Geschlecht. Die Qualifikation sollte einzig und allein entscheiden.
Gruß
Glockenton