Beiträge von Draugur

    Habe gerade den "Paulus" mitgesungen und sehe das Werk letztlich ziemlich kritisch. Das Oratorium ist einfach zu langgezogen, was u. a. durch die eingeschoben wirkenden Choräle bewirkt wird, die auch teilweise inhaltlich gar nicht passen, z. B. "Wachet auf" bezieht sich textlich ja ursprünglich eindeutig auf Jesus. Der Text täte besser daran, strikt der Handlung zu folgen, anstatt durch die hartnäckig immer wieder aufgegriffene Lobes- und Dankeshaltung die dramatischen Effekte der Haß- und Trauerchöre und -arien zu verschenken. Die Äußerungen der christlichen Fraktion sind mir auch zu larmoyant, überall klagen die Oboen und wimmern die Fagotte. Habe mir trotzdem die Aufnahme mit Kurt Masur und Theo Adam geholt und höre gerade eine dieser Endlos-Arien von Paulus. Die Oboe wimmert, das Fagott klagt... :rolleyes:

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    Original von tom
    @ Draugur


    Nachfolgend ein Vorschlag für Deine Fußtexte:


    "Mit dir und mir ins Federbett, mit dir und mir ins Stroh" (BWV 212, oder besser bekannt als "Mer hahn en neue Oberkeet").


    Vielen Dank! Wird in meinen Zitatenschatz aufgenommen!!


    Danke für die Info wegen 205, werde mal verschärft drauf achten.


    Hast du die Signatur schon wieder geändert? Hätte doch gerne gesehen, welches Zitat du reingetan hast. Ach ja, und: Natürlich nehme ich es dir übel :D

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    Original von petemonovaWarum kam noch niemand auf die Idee, ein Hustkonzert, also ein Konzert für hustendes Publikum und Orchester zu schreiben?


    Es gibt von Loriot einen Sketch, in dem Aases Tod (angekündigt als "Aases Not") aus der ersten PG-Suite von Grieg zusammen mit professionellen Hustern und Niesern im Publikum sowie auch mit vier Hust-Solisten (!) aufgeführt wird.

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    Original von AndreasHBWV 214 finde ich den Eingangschor genial (wer das Weihnachtsoratorium kennt, hat da einen Wiedererkennungseffekt).


    BWV 213 und 214 enthalten ja sowieso die größten Kracher aus dem WO, nur zu nennen: "Schlafe, mein Liebster" (in BWV 213 die Arie der WOLLUST :lips: ), "Bereite dich, Zion", "Jauchzet, frohlocket", Großer Herr und starker König", "Herrscher des Himmels"... alles schon mit weltlichem Text vorher dagewesen.


    Möchte gerne noch auf die Kantaten "Vereinigte Zwietracht der wechselnden Saiten" und "Der zufriedengestellte Äolus" hinweisen, sehr sehr schöne Werke! Also, wenn die nicht "auf uns gekommen" wären, stellte das m. E. einen sehr großen Verlust dar!


    Ich zitiere übrigens im Signaturtext gern die Lyrik der weltlichen Kantaten... es ist einfach zu schön :D :D

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    Original von FuchurIch besitze eine 10. Symphonie von Schubert, gespielt unter Harnoncourt - erschienen bei Teldec. :D


    Nun ja, große Teile einer 10. (bzw. 9., wenn man die Große C-Dur als 8. zählt) Symphonie sind ja tatsächlich vorhanden. Davon gibt es auch andere Aufnahmen. D 936a.

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    Original von Johannes RoehlBei Heine ist sowas natürlich ironisch gemeint oder hat jedenfalls einen ironischen Zug. Wobei es auch funktioniert, wenn diese Ironie wie zB in Schuberts Vertonung des "Atlas" vom Komponisten komplett ignoriert wird.
    Die ironsiche Veräppelung der Romantik sind bei Heine oft nicht von durchaus ernst gemeinten Ausbrüchen zu trennen.


    Da liegt das Problem bei Heine. Damals wurde vieles für bare Münze genommen, was man heute als ironisch rezipiert. Ich schätze allerdings Leidenschaft und Bekenntnishaftigkeit im Gedicht mehr als Spöttelei.
    Der Erfolg von Heine liegt m. E. zum Großteil im Mißverständnis seiner Zeitgenossen wie Silcher, der zu dem m. E. zwischen Kitsch und Ironie unentschieden hin und her oszillierenden Gedicht "Lorelei" ganz naiv eine wunderbare Melodie verfaßt hat. Mit Schuberts Vertonungen im sogenannten "Schwanengesang" verhält es sich ähnlich.


    Ich halte es mehr mit Lyriker(innen)n wie Droste-Hülshoff und Meyer, die leider für die große Welle romantischer Liedkunst zu spät kamen.

    Habe mir mal eine Vivaldi-CD ausgeliehen, wo vorne draufstand: Die 4 Jahreszeiten. Hinten stand dann aber "Symphonie Nr. 4 e-moll", mit Angaben, die zu Brahms paßten. Darüber las man allerdings noch was von einem "Cocerto grosso", und wer da das "Harpiscord" spielte. Auf der CD selbst hieß der Komponist dann "Antonini Vivaldi", und tatsächlich drauf waren wahrscheinlich irgendwelche Concerti, konnte das nicht identifizieren.


    Außerdem holte ich mir mal eine Bruckner-Symphonien-Box mit BP/Karajan; auf der ersten (äußerlich korrekten) CD war allerdings irgendwas flottes mit Tschingta-Bummtata, und irgendwann gab es ein Klaviersolo. Da dachte ich, hier kann doch was nicht stimmen... Weiß aber bis heute nicht, was es war. Klang ein bißchen nach J. Strauß jun.

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    Original von CRCDietrich Fischer-Dieskau hat die Höhe. Das klingt dann schon ganz anders.


    Dafür habe ich mal eine Einspielung von Goethes "An den Mond" (die zweite Vertonung von Schubert) gehört, wo DiFiDi ein kleines a oder g (weiß nicht, ob es in Originaltonart war...) nach oben transponiert.

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    Original von Johannes RoehlEtwas wie "Das Zügenglöcklein" ist dagegen hart an der Grenze und auch kein besonders tolles Lied.


    Ich finde das Lied sehr schön, schließlich hört man das Glöckchen sogar in der Klavierbegleitung :)
    Außerdem ist J. G. Seidl immer noch niveauvoller als der oberkrasse Freiherr von Schlechta:


    Hier unten steht ein Ritter
    im hellen Mondenstrahl
    und singt zu seiner Zither
    ein Lied voll süßer Qual


    Aua, das schmerzt... 8o


    Etliche Heine-Gedichte bewegen sich meiner Ansicht nach durchaus auf vergleichbarem Niveau *Indeckunggeh*

    Das "Ave Maria" (Ellens dritter Gesang) kommt auch so sirupmäßig rüber, aber die Litanei-Melodie finde ich gemessener und würdevoller, außerdem nicht so "verbraucht" wie ersteres. Was mich bei diesem total nervt, ist das gewaltsame Übertragen des lat. Gebettextes "Ave Maria, gratia plena..." auf die dazu überhaupt nicht passende Musik.


    Was den Stimmumfang angeht, ich bekomme schon ab d' Probleme, sofern ich nicht ins reine Kopfregister gehe. Letztlich ist alles eine Frage des sauberen Übergangs von der Brust- zur Kopfstimme. Dafür müßte ich natürlich etwas mehr üben... Jedoch auf Dauer immer Baß-Stücke zu suchen, die nur bis d' gehen, wäre auch ziemlich deprimierend.

    Habe letztens eine sehr schöne und anspruchsvolle Psalmenvertonung (116 - Das ist mir lieb...) von Herzogenberg (Bekannter von Brahms) mitgesungen. Dann auch den "Kleinen Psalter" des Schweizer Komponisten Willy Burkhard aus den 1960er Jahren... das nervte. Zudem wird in meinem Chor immer wieder gern der von mir geschätzte Spätromantiker Albert Becker herangezogen.


    Muß allerdings zugeben, daß sich mir der Reiz dieser Texte überhaupt nicht mitteilen will, und inhaltlich habe ich immer das Gefühl, daß das alles nichts mit mir zu tun hat. Warum hätten die Verfasser dieser Texte auch wünschen sollen, daß ich mich mit diesen zeitlich wie räumlich und auch geistesgeschichtlich äußerst fernliegenden Äußerungen identifiziere. Zudem basieren die Vertonungen oft auf falschen Übersetzungen des Urtextes, z. B. "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von denen mir Hilfe kommt" muß eigentlich heißen, "...zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe?" So was erfährt man natürlich nur von gut informierten Chorleitern, sofern man nicht selbst Theologe ist.

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    Würde man heute die Gedichte von Wilhelm Müller kennen, wenn Schubert sie nicht vertont hätte?


    Schlecht sind die Gedichte auf keinen Fall, weshalb sie in der Germanistik auch zunehmend wieder entdeckt werden. Tatsächlich wäre Müller ohne Schubert vermutlich vergessen. Müllers Vor- und Nachwort zur Schönen Müllerin, das ich einmal auf einem Konzert vortragen hörte, ist auch zu Recht unbekannt, da er dort die Stimmung seines eigenen Gedichtzyklus ironisiert und letztlich ruiniert.

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    Wenn den kompletten Schubert hat- natürlich mit DFD


    Leider ist die DFD-Einspielung in den drei blauen Boxen nicht vollständig, obwohl sie versucht, diesen Anschein zu erwecken. Wer mal die alte Schubertlieder-Edition von Friedländer durchblättert, wird das selbst feststellen. Zudem sind viele Strophenlieder so gekürzt, daß der Text kaum mehr Sinn ergibt. Trotzdem ist die künstlerische Leistung natürlich sehr zu bewundern.

    Bald ist es ja nun wieder soweit:


    Bomm-Bom-Bom-Bomm-Bom!


    Habe jetzt abgesehen von der Einspielungs-Diskussion mal die Frage, ob es eine Aufnahme von der Weltlichen Kantate gibt, aus der der "Jauchzet, Frohlocket"-Chor ursprünglich kommt. Es handelt sich um eine Huldigungskantate für irgendeine sächsische Adlige. Leider weiß ich die BWV-Zahl und den Titel nicht.

    Ich beschäftige mich gerade mit den wunderschönen Liedern "Süßes Begräbnis", Text von Friedrich Rückert - Schokolade für die Ohren, ähnlich zuckersüß wie Schubertls "Litanei"... - und dem mächtigen "Odins Meeresritt" (Text: Aloys Schreiber). Ersteres versuche ich im Gesangsunterricht zu singen, wobei es sich auch in der "tiefen" Fassung in einem für mich recht hohen Register abspielt, und beim zweiten möchte ich irgendwann mal die verzwickte Klavierbegleitung können.


    Kann mich mit dem "nicht überaus anspruchsvoll" nicht so recht anfreunden... Loewe erreicht in manchen Kompositionen schon ein sehr hohes Niveau, wie ich finde.

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    beneiden wir nicht alle die Engländer, daß sie sich - jenseits aller Geiz- ist- geil- Mentalität- doch FAST eine zweite Hymne mit " Land of Hope and Glory" gönnen? :D :D Oder gar fast drei Hymnen, denn wer wollte " Rule Britannia" vergessen? :D :D :D


    Und dann kommt ja auch noch "Jerusalem" von Charles H. H. Parry nach dem Text von William Blake dazu.


    Den imperialistischen Text von "Land of Hope and Glory" finde ich weit unter dem Niveau, das die geniale Kompositionsleistung vorgibt.

    Seht doch, wie der Rheinwein tanzt
    in dem schönen Glase,
    wie er hin und wieder ranzt
    und steigt in die Nase,
    daß man vom Geruche bald
    dumm und däm'sch muß werden,
    nein, was hat er vor Gewalt
    über uns auf Erden.


    Lieber Rheinwein, küsse mich
    mit verliebtem Scherzen,
    ich hingegen werde dich
    weidlich wieder herzen,
    setz' hinfort die beste Kraft
    von des Berges Klippen,
    nämlich deinen Rebensaft
    dicht an meine Lippen.


    Tanze nun, mein lieber Wein,
    tanz' in meinem Glase,
    tanze, weil wir lustig sein,
    und steig in die Nase,
    durch die Natze(!) tanze fort,
    wo du hin kannst kommen,
    und so wird uns auf dein Wort
    alles Leid entnommen.



    Musik von Adam Krieger, Text: k. A. (von mir hier auswendig eingetragen, und das um diese Tageszeit). Andreas Scholl hat das Lied im Rahmen seiner Sammlung "Deutsche Barocklieder" eingesungen.

    Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Das kann man m.E. so allgemein nicht sagen. Es gibt viele ganz großartige (und nicht sehr "abstrakte") Lieder nach Goethetexten: Der Musensohn, Ganymed, Wanderers Nachtlied I & II, Erlkönig, Gretchen am Spinnrade usw.


    Das stimmt. Insofern muß ich meine Äußerung deutlich relativieren, da "Gretchen am Spinnrade" ja als Initialzündung des Kunstlieds gilt, wie ich mal in einem Seminar gehört habe. Ich hatte da eher an "Prometheus" oder "Willkommen und Abschied" gedacht, von solchen Verirrungen wie "Liebhaber in allen Gestalten" mal zu schweigen... Diesen Liedern merkt man, finde ich, schon eine gewisse Kontaktlosigkeit mit dem Textgehalt an.

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    Original von Theophilus
    Hallo JR



    Ja, unbegreiflicherweise ist Alinde offenbar selten zu hören, also wirklich ein echter Geheimtipp.


    Habe es schonmal selbst im Gesangsunterricht gesungen. Wunderbares Lied.
    Möchte hier mal grundsätzlich die These äußern, daß Schuberts Lieder nach Texten seiner Bekannten, also z. B. Schober und Mayrhofer, zumeist die "innigeren" sind, während sein musikalischer Zugang zu Schiller und Goethe (dessen Lyrik ich teilweise für sehr überschätzt halte...) auf einer abstrakten Ebene verbleibt. Jedoch zählen auch viele Schiller-Lieder (Der Flüchtling, Der Alpenjäger, Die verschiedenen Jünglinge am Bache :) und andere) zur Spitze. Was ich am wenigsten schätze, sind Franzls langatmige Balladenvertonungen, also Der Taucher, Die Bürgschaft... Stereotype Rezitativeinschübe und nervige Tremoli, also ich weiß nicht.


    Weitere weniger bekannte Juwelen in Schuberts Liedschaffen:


    Liedesend (Mayrhofer)
    Einsamkeit (Mayrhofer)
    Philoktet (Mayrhofer)
    Gott im Fühlinge (Uz)
    Pax vobiscum (Schober)
    Schatzgräbers Begehr (Schober)
    Schiffers Scheidelied (Schober)
    Hermann und Thusnelda (Klopstock - nehme Fischer-Dieskau ein wenig übel, daß dieses Lied nicht in seiner Pseudo-Gesamtaufnahme erscheint...naja, der deutsche Patriotismus-Komplex)
    Ins stille Land (Saalis-Seewis)


    Ich könnte noch so viele nennen... aber DAS Meisterwerk ist sein letztes Lied, Der Hirt auf dem Felsen (nach Müller/v. Chézy) - ich wage es nur mit einem leisen Erschauern zu nennen.



    Sehr gefallen mir auch die ultralangen Namen obskurer österreichischer Adliger, die Schubert vertont hat - am besten finde ich Johann Ladislaus Pyrker von Felsö-Eör :D


    Übrigens, Aufnahmen, die ich sehr empfehle:


    Zum einen:
    Lieder (Ernst Haefliger, Jörg Ewald Dähler) (leider kein Bild)


    Zum anderen:

    Der Sänger ist spitze - wie er das Pathos mancher Lieder umsetzt...absolute Empfehlung. Auch die Auswahl der Lieder ist sehr gut.

    Wurde, wenn ich recht gesehen habe, noch nicht genannt:

    Schumanns Requiem für Mignon, eine wunderschöne, etwa 13-minütige Goethe-Vertonung. Ist natürlich kein Requiem im liturgischen Sinne, sondern ein ausgesprochen weltliches Stück, was mir auch durchaus gelegen kommt, da ich das Christliche in der klassischen Musik oft als drückende Last empfinde (will diese Ansicht natürlich niemandem aufdrängen).


    Ich hatte nämlich kürzlich das "Vergnügen", unter wenig erfreulichen Umständen, nämlich in einer Schulaula, mit schlechter Klavierbegleitung (immerhin war der Klavierauszug von Schumi selbst und damit autorisiert) und vor mehr schlecht als recht gefülltem Auditorium mit einem kleineren Chor dieses Stück zu singen. Bin auch im Besitz einer etwas halbgaren Aufnahme (nicht der abgebildeten). Das Werk hätte auf jeden Fall viel mehr Aufmerksamkeit verdient.

    Ich mag die Aufnahmen der weltlichen Kantaten Bachs sehr, die unter Schreiers Leitung mit den "Berliner Solisten" und dem "Berliner Kammerorchester" entstanden sind. Habe mal zum Vergleich eine Aufnahme des Zufriedengestellten Äolus unter N. Harnoncourt gehört und wußte Schreiers Einspielung gleich etwas mehr zu schätzen.

    Zitat

    "Vexations". Vier Zeilen, alle Intervalle sind Tritoni, Tempo ist sehr langsam und darunter steht: 840 mal hintereinander spielen!!!


    kann mir nicht vorstellen, dass jemand eine Gesamtaufnahme davon gemacht hat


    Aufnahme wohl nicht, aber Gesamtaufführungen gab es angeblich schon mehr als einmal:


    http://www.medienkunstnetz.de/werke/vexations/


    http://www.salzburgfestival.at…lang=1&id=81&sommerflag=0


    Je nach Auslegung der Spielanweisung "Très lent" ergibt sich eine mögliche Spielzeit von etwa 14 bzw. 28 Stunden :D