Herzlichen Glückwunsch an einen der von mir meistbewunderten Tonkünstler. Danke für die Symphonie Nr. 1, für das Deutsche Requiem, für die Haydn-Variationen, für das Klavierkonzert Nr. 1 u. vieles mehr...
:lips:
Herzlichen Glückwunsch an einen der von mir meistbewunderten Tonkünstler. Danke für die Symphonie Nr. 1, für das Deutsche Requiem, für die Haydn-Variationen, für das Klavierkonzert Nr. 1 u. vieles mehr...
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ZitatOriginal von pbrixius
Lieber Draugur,
darauf gibt es eine Anzahl von Antworten. Ich wähle hier nun einmal die pragmatische. Wo hängt die "Mona Lisa", wo sind die Kulissen der geschätzten Ringinszenierung Wagners (den Namen des Bühnenbildners muss man dazu noch nachschlagen, während der Schöpfer der Mona Lisa über Spezialisten hinaus bekannt ist). Wer beide Kunstschöpfungen in einen Topf wirft, der hat, verzeihe mir die Offenheit, noch keinen Kunstgeschmack entwickelt. Auf die Frage, wieweit eine funktionelle Anwendung von Kunstfertigkeit, wie ich sie zur Fertigung eines Bühnenbildes brauche, auch im Einzelfall eine künstlerische Schöpfung wie die Mona Lisa hervorbringen kann, will ich nicht eingehen. Ich schließe es durchaus nicht aus, aber vom Genre her ist hier die Zuordnung zum Kunsthandwerk eindeutig.
Hallo Peter,
das lustige ist doch, dass du dich vergleichbaren Schubladisierungen im Kleinmeister-Thread sehr zu Recht entgegengestellt hast, oder habe ich das so falsch in Erinnerung? Mir geht es auch gar nicht darum, irgendetwas in einen Topf zu werfen, ich will eigentlich gar nichts in irgendeinen Topf werfen, sondern alles für sich beurteilen.
ZitatDu kannst mir nun gerne einmal begründen, warum die die Eiche im Freischütz nun als ein Kunstwerk auf der Höhe der Mona Lisa sehen willst, wenn Du mich überzeugen kannst, und ich werde Dich aufmerksam lesen, werde ich gerne Dein Geschmacksurteil übernehmen.
Nein, ich will mit dem Kriterium "Kunst" (in Abgrenzung zum "Kunsthandwerk") und dem diffusen Begriff einer "Höhe" gar nicht operieren.
ZitatMan kann über Kanons und Kanonisierung trefflich streiten, wenn einem aber die Fähigkeit abhanden gekommen ist, zwischen Kunst und Kunsthandwerk zu unterscheiden, werden alle Urteile, die Kunst betreffen, beliebig.
Meiner Ansicht nach SIND sie das auch... Kanons sind lediglich Hilfskonstruktionen, und
Zitatdie über Generationen reichende Wertschätzung eines bestimmten Werkes als Kunstwerk von Rang
ist natürlich gut, um sich beim Entdecken von Literatur, Musik, Kunst usw. daran zu orientieren und festzuhalten, aber das kann doch alles nur vorläufig sein.
ZitatDie mangelnde Präsenz von solchen ästhetischen Kriterien pflegt man allgemein als Barbarei zu bezeichnen.
Ich habe eigentlich mit der Rolle des Barbaren gar kein so großes Problem.
Die ewige Diskussion "Sind tradierte ästhetische Werturteile verbindlich oder nicht" kann man vielleicht besser woanders fortsetzen. Nur halte ich es durchaus für gut möglich, dass die wirkungsvolle Darstellung der Eiche im Kontext einer durchdachten Freischütz-Inszenierung auf mein ästhetisches Bewusstsein mehr Einfluss ausüben wird, als es die gute alte Mona Lisa könnte (da wüsste ich im übrigen wirklich zahlreiche Werke der bildenden Kunst, die mich mehr beeindruckt haben).
Falls es - um zum Thema des Threads zurückzukehren - angestrebt werden sollte, eine regieanweisungsgemäß illustrierende Inszenierung als Kunsthandwerk, eine freier damit umgehende (was ich durchaus befürworte) als Kunst einzuordnen, möchte ich protestieren. Denn es ist und bleibt in jedem Fall eine Illustration, und man muss immer, auch wenn man noch so nah an den Regieanweisungen bleiben will, immer noch genug planen und überlegen, wie man Bilder, Personen, Bewegungsabläufe, die Erfordernisse des Gesangs usw. in ein sinnvolles Verhältnis zueinander bringt.
ZitatOriginal von pbrixius
Die Mona Lisa ist Kunst, das Bühnenbild ist Kunsthandwerk - da liegen Welten dazwischen. Wenn Du von der Dichtung des "Rings des Nibelungen" von Wagner sprichst, so ist diese mit einem wahren Kunstwerk, der Ringmusik eine Einheit eingegangen, die sie sakrosankt macht. Ansonsten ist die Nachahmung des Stabreimes lächerlich (und hat sich in der Literatur als kurzlebige Mode erwiesen). Bei den Gedichten von Eichendorff und Heine sprechen wir wieder von Kunst.
ZitatMode ist etwas Vergängliches, über das sich die nachfolgende Generation lustig zu machen pflegt. Wenn etwas also Mode war und heute lächerlich ist, dann ist es sicher nichts Positives. Der Gerechtigkeit halber ist zu sagen, dass bestimmte Moden auch ihre Revenants haben, ihre Wiedergänger.
Die Fähigkeit zwischen Sein und Schein zu unterscheiden, gehört mE ebenso zur Grundausstattung in ästhetischen Dingen wie die zwischen Zeitgebundenem und Überzeitlichem zu unterscheiden.
Und wer entscheidet das alles? Wer sagt, was Kunst und Kunsthandwerk ist, wer sagt, was heute lächerlich oder überzeitlich gültig ist usw. Das wichtigste an ästhetischer Grundausstattung ist, für eigene oder kanonisierte Wertungen keine absolute Gültigkeit in Anspruch zu nehmen.
Zitat
Jacques Rideamus
Womit wir an einem entscheidenden Knackpunkt der Debatte sind, der hier viel zu wenig im Zentrum steht. Wann immer hier nämlich von Regie die Rede ist, werden fast ausschließlich die Dekorationen und Zeitbezüge sowie vermeintliche und echte Geschmacksverirrungen thematisiert, nur ausnahmsweise aber (wie von Dir und Alviano) der ganz wichtige Teil der Regiearbeit, der in Personenführung und der emotional überzeugenden Herausarbeitung der wesentlichen Themen eines Werkes besteht. Dafür aber standen Rennert, Felsenstein, Kortner, Schuh oder Ponnelle, um nur meine absoluten Regiehelden zu nennen, und stehen neuere wie Konwitschny für mich vor allem.
Angesichts der geringen Bedeutung, die diesen Kernelementen in den Regiediskussionen (nicht nur) hier zugestanden wird, sollte man vielleicht gar nicht von Regielis und Staubis o.ä. reden, sondern von Konzeptis und Kostümis.
Diese Lagerbildung ist doch sowieso Quatsch und bewirkt nur, dass die Richtungen oder Tendenzen der Inszenierungen immer auf Extreme reduziert werden. Vernünftige Regisseure, Bühnenbildner und Kostümbildner werden doch immer versuchen, ihren eigenen Weg zu einer passenden Vermittlung des Werks finden, der sich sowohl von der buchstabengetreuen Umsetzung der Regieanweisungen als auch von der sinnfreien Präsentation standardisierter Provokationsmittel abhebt. Ich bin immer noch der Ansicht, dass die Aufgabe des Regisseurs nicht Interpretation ist - das ist die Aufgabe des Zuschauers bzw. -hörers -, sondern Visualisierung und Vermittlung des Stücks. Ich persönlich hätte keine Lust, mich als Staubi, Kostümi oder sonstwas bezeichnen zu lassen, weil ich kein Fan des entgegengesetzten Extrems, d. h. Krawallinszenierungen bin.
Die Personenführung kann hier kein Thema sein, denn sicher wünscht sich kein Vertreter naturalistischer oder historisch abbildender Inszenierungen, dass die Sänger nur herumstehen. Das ist ein Manko, das mit der hier zu verhandelnden Frage nichts zu tun hat. Ich kann als Sänger ein historisches Kostüm anhaben und trotzdem differenzierte Regieanweisungen befolgen - ich kann aber auch oben ein Hitlerbärtchen samt SS-Uniform und unten ein Tütü tragen und trotzdem blöd an der Rampe stehen.
Danke für das Beileid Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt. Obwohl ich auch den Musikhallenverein wieder nicht so ganz verstehe, der jetzt erst mal eine rein private Finanzierung kategorisch ausschließt. Das blöde ist: Die ganze Zeit hat die "Bürgerinitiative" beteuert, dass die Initiative sich nur gegen die städtische Finanzierung und nicht die Halle an sich richte. Aber die vorhersehbare Konsequenz ist jetzt natürlich doch, dass die Halle so oder so als gescheitert betrachtet wird. Genauso wie die Anti-Hallen-Einpeitscher die ganze Zeit betont haben, es gehe nicht gegen Kunst und Kultur an sich - aber die Konsequenz aus dem Votum ist natürlich, dass es genauso ausgelegt werden wird. Dann wird das Geld eben ins Fußballstadion gesteckt :angry:
ZitatOriginal von pfuetz
Und die aggressive Staubi-Vertreter, die wir hier manchmal mit den immer gleichen Argumenten erleben, die machen mich dann manchmal aggressiv. Denn: Wir wissen ja inzwischen, wer was wie liebt. Das müssen wir dann nicht jedesmal wieder aufgetischt bekommen. Denn, es stört dann ja auch die Diskussion derjenigen, die sich ernsthaft mit dem Regieli-ansatz auseinandersetzen wollen, und versuchen, an der Sache zu argumentieren.
Leider hat es sich inwischen eingebürgert, auf Vorbehalte, die den Sinn von vermeintlichen Modernisierungen innerhalb bestimmter Inszenierungen hinterfragen - und zwar ganz spezifisch in bezug auf die zu diskutierende Inszenierung -, mit der pauschalen Abwehr zu antworten, das seien die immergleichen Staubi-Äußerungen, die wolle man hier nicht haben. Sprich, ich darf nicht mehr diskutieren, ob es sinnvoll ist, dass (erfundenes Beispiel) in der Entführung aus dem Serail Saddam Hussein auftritt, sondern allenfalls zaghaft vorschlagen, dass es ja auch Osama bin Laden sein könnte. Die "Staubi-Regieli"-Kontroverse ist in diesem Thread nicht von "Staubi"-Seite aufgewärmt worden. Ich wollte das Thema hier ja ruhen lassen, aber darauf musste ich doch noch mal antworten. Bitte die Äußerung ggf. dann löschen.
Ich bin traurig und sehr verärgert über diese vertane Chance. Populistische Parolen haben nicht nur das wichtigste Kulturprojekt Münsters seit langem fürs erste zunichte gemacht, sondern auch kulturelle Belange als Luxus einer sogenannten Elite diffamiert und so jegliche Diskussion über Kultur und Kunst in Münster vergiftet. Ich sehe diese Stadt nur noch im physischen Sinne als meine Heimat an und werde versuchen, es mit Fassung anzusehen, wie sie in ihrer Mustopf-Mentalität und Innovationsangst versauert. :kotz:
In "Barry Lyndon" hat er vor allem mit der Adaption von Händels Sarabande d-Moll wirklich Erstaunliches geleistet. Besonders in der Duell-Szene sorgt diese Musik in der reduzierten Instrumentierung für eine Spannung, wie sie in der Filmgeschichte nicht oft zu finden sein dürfte. Da zerreißt es einen beim Zuschauen geradezu. Ich finde den Film auch bisher am besten von Kubrick, soweit ich ihn kenne.
Der einzige von den ansonsten genannten Filmen, den ich kenne, ist offen gestanden Robocop 2, der zwar nicht das Niveau des Originals von Paul Verhoeven hält, mir aber trotzdem ganz gut gefällt. An die Filmmusik kann ich mich leider gerade gar nicht erinnern...
ZitatAlles anzeigenOriginal von Klawirr
Nochmals - ganz ohne Ironie -
Heinrich Heine
Lamentationen
Das Glück ist eine leichte Dirne
Und weilt nicht gern am selben Ort;
Sie streicht das Haar dir von der Stirne,
Und küßt dich rasch und flattert fort.
Frau Unglück hat im Gegenteile
Dich liebefest ans Herz gedrückt;
Sie sagt, sie habe keine Eile,
Setzt sich zu dir ans Bett und strickt.
Tatsächlich mal ein Heine-Gedicht, das mir gefällt
Ich verstehe nicht ganz, wie man "ad quid" mit "in dieser Situation" übersetzen kann. Das müsste doch wörtlich "zu was" = "wozu" heißen. Von daher sehe ich keinen Bedeutungsunterschied. Aber ich kenne mich mit dem Vulgata-Latein auch nicht so gut aus.
Was für den einen ergreifend ist, nennt der andere sentimental oder kitschig - und umgekehrt. Ebenso mag jemand anders das musikalische Pathos Puccinis einfach "laut" finden. Ich kann dazu nur sagen, dass mir die Butterfly wie auch die anderen Opern Puccinis, die gescheiterte Lebensentwürfe zum Thema haben (z. B. Bohème, Manon Lescaut), sehr nahegeht. Bemerkenswert finde ich auch, dass die anti-kolonialistische Gesamtaussage nicht durch platte Schwarzweißmalerei zwischen Japanern und Amerikanern zum Ausdruck kommt, sondern dass beide Seiten potentielle Sympathieträger (Cio-Cio-San, Suzuki, Sharpless, Kate) als auch vorwiegend negativ gezeichnete Figuren (Pinkerton, Goro) aufweisen.
Ich finde es interessant, dass auf den Film von Cronenberg (dessen Filme ich bislang immer zumindest interessant, teilweise hervorragend fand) hingewiesen wurde, da ich anderswo kürzlich sehr lobende Äußerungen dazu gelesen habe und ihn mir daher demnächst ansehen werde.
ZitatOriginal von Knusperhexe
und aus Pinkerton wurde in allen deutsch gesungenen Aufnahmen "Linkerton".
Scheint ein (missglückter) Versuch zu sein, die Figur noch mehr in ein schlechtes Licht zu rücken ("link"=betrügerisch).
Wer sich für die längere, zweiaktige Erstfassung interessiert, dem kann ich diese recht neue Aufnahme sehr empfehlen:
Ich bin jedenfalls sehr zufrieden damit.
Tut mir leid, es war nicht meine Absicht, die erfurtbezogene Diskussion zu unterminieren. Ich für meinen Teil habe den oben vorgebrachten Vorbehalt gegen die besagte Regiepraxis aber bislang nirgends geäußert und sah hier einen geeigneten Anlass. Weitere Anmerkungen zur "aktualisierenden Regie" werde ich dann, wenn überhaupt, in allgemeinen Threads unterbringen.
Ich stehe dem Erreichen dieses Effektes als (Teil-)Ziel einer Inszenierung aber skeptisch gegenüber. Der Eindruck von Aktualität, der sich dabei einstellt, ist in meinen Augen eine Illusion, die nirgendwo hinführt.
ZitatWenn wir also heute eine traditionelle, "werktreue Interpretation" fordern würden, könnte nur ein Stück dargeboten werden, welchem ein entscheidender Teil fehlt, nämlich die immer mit assoziierte politische Ebene. Ich meine, dass es da nur folgerichtig sein kann, einer heutigen Inszenierung der Oper wieder etwas politisch mitgesehenes aus unserem jetzigen kollektiven Gedächtnis mitzugeben.
Diese Argumentation habe ich schon oft gelesen, aber sie ist für mich nicht logisch.
Die politische Ebene könnte ja auch durch entstehungsgeschichtliche Informationen über das Programmheft mitgeliefert werden. Die Oper ist historisch, das damalige Geschehen ist ebenfalls historisch. Und damit ist die politische Brisanz der Oper auch historisch. Ich kann die Aktualität des "Maskenballs" nicht aufwärmen. Ich fände es jedoch andererseits gut denkbar, Informationen zum historischen Geschehen in eine Inszenierung einzubauen. So könnte man die politische Ebene sachgerechter unterbringen, statt dem Publikum vorzugaukeln, die politische Aussage der Oper sei mit irgendwelchen Ereignissen kompatibel, die das Publikum aus der Tagesschau kennt.
Hallo Ulrica, ich habe hier keineswegs für "Tüll-und-Plüsch-Inszenierungen" oder "Konservatismus um jeden Preis" plädieren wollen. Und wenn man sich jetzt nur zu Inszenierungen äußern darf, die man selbst gesehen hat - auch bei noch so ausführlichen und aufschlussreichen Schilderungen - dann bitte ich eben meine Äußerungen zu ignorieren, aber ich habe keine Lust, dafür durch halb Deutschland zu fahren und mir eine Eintrittskarte zu kaufen.
Was da von Alviano dankenswerterweise so ausführlich und liebevoll beschrieben wird, klingt für mich ehrlich gesagt nach einem Haufen Müll und widerspricht keineswegs den Erwartungen, die sich bei mir nach den über die Boulevardpresse verbreiteten Skandalnotizen eingestellt haben. Alviano, versteh das bitte nicht falsch, ich bewundere deinen Offenheit und deinen Idealismus für diese Art von Theater (auch wenn er mir bei aller Professionalität des sprachlichen Ausdrucks ein klein wenig naiv erscheint), aber was du da beschreibst, hört sich nach einem zusammenhanglosen Brei aus wahllos verwendeten Versatzstücken des Uralt-68er-Provokationstheaters an, das anscheinend nicht totzukriegen ist.
Du beschreibst einzelne Szenen als stark, realistisch usw., aber wo ist dabei eigentlich der rote Faden? Du forderst zu Recht ein, dass man keine Nacktszenen ohne Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs bewerten solle, aber letztlich bewertest du auch einzelne Szenen und Eindrücke, ohne dass im ganzen der geforderte Zusammenhang sichtbar wird. Monströse Brüste, Transgenderlook, ein Varietéhitler, nackte Statisten, das klingt für mich vor allem nach einem verzweifelten Kampf um Medienecho. Das ist für mich kein akzeptables künstlerisches Ethos. Du merkst doch selbst an, dass Kresniks Anliegen Kritik an den USA ist. Dagegen ist ja gar nichts zu sagen, aber Verdis Maskenball scheint ihn doch gar nicht zu interessieren, Hauptsache, er kann sein ideologisches Programm abspulen.
Es wird immer gefordert, Regisseure mögen das Stück interpretieren. Das ist für mich hier nicht zu erkennen. Ich glaube nicht, dass es irgendeine Oper oder irgendein Theaterstück gäbe, in dem Herr Kresnik oder ähnliche Kaliber nicht ihre Transvestiten, Hitlerbärtchen usw. unterbringen könnten, ohne dafür den Beifall ihrer Fans zu ernten.
Derzeitiger Stand der Bildzeitungs-Leserabstimmung:
Geschmacklos - 59%
Warum nicht - 24%
Interessiert mich nicht - 17%
ZitatOriginal von Klawirr
Aber wenigstens eine deutsche Zeitung, daß den Regie-Exzessen der Theater- und Opernzerstörer nicht blind applaudiert sondern die Fahne der »Werktreue« hochhält!
Du hast dir, wie der letzte Satz zeigt, ja ziemlich schnell die Grammatik von Herrn Kresnik angeeignet Ich denke schon, dass das Werbefotos sind (sonst hätten sie doch das Theater gar nicht verlassen, oder hat sich da ein Bildreporter eingeschlichen und die nackte Mickymaus-Polonäse paparazzomäßig abgelichtet?) Des weiteren ist, was die Bildzeitung da schreibt, keineswegs ein Plädoyer für Werktreue, sondern ebenso Werbung für die Inszenierung wie das Bild an sich. Alle sich für kulturell fortschrittlich haltenden Menschen, die heimlich unter der Bettdecke die Bild lesen, werden doch jetzt erst recht aus Solidarität da reingehen wollen.
Ich entscheide mich für a), b) und c)
Und der Erwin fasst der Heidi...
ZitatOriginal von Alviano
Ein Foto hält einen bestimmten Moment in einem Bildausschnitt fest. Der Betrachter erfährt nichts über den Spannungsbogen einer Inszenierung, nichts darüber, ob die Inszenierung mit der Musik zusammengeht oder diese z. B. bewusst konterkariert, nichts über Personenregie oder Interaktionen zwischen den Sängerinnen und Sängern, auch nichts über die Intensität des gestalterischen und sängerischen Ausdrucks, selbst über die Frage, ob die nackten Menschen sich in das Regiekonzept einfügen, kann keine Aussage getroffen werden, erst recht nicht , ob die Inszenierung überhaupt funktioniert.
Aber es ist zumindest nicht irgendein Bildausschnitt aus der Inszenierung, sondern Werbematerial, ein bewusst so gewählter "Hingucker" (bzw. Weggucker), der als solcher durchaus für sich steht. Das Theater will doch geradezu erreichen, dass aufgrund dieses Fotos eine Vorbeurteilung (natürlich am liebsten als "progressiv" oder zumindest als "interessant") stattfindet. Man hätte es doch gar nicht veröffentlichen müssen. Aber es geht, wie schon oben gesagt, in der heutigen Theaterpolitik in erster Linie darum, dass alles hinguckt.
Es geht ja hier um eine bestimmte Inszenierung und nicht um die Grundsatzfrage "Regietheater ja oder nein". Über Aspekte der Operninszenierung zu diskutieren, sollte doch erlaubt bleiben. Die Grundsatzfrage interessiert zumindest mich sowieso kaum.
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nebenbei bemerkt:
Der Gedanke, mit dem Vorwurf des Etikettenschwindels gegen ein Theater vor Gericht zu ziehen, ist in der Tat etwas albern. Der Vorwurf an sich hat, wenn ein Stück als Vehikel benutzt wird für das, was dem Regisseur so oder so gerade im Hirn herumspukt, ungeachtet dessen seine Berechtigung.
Hallo Medard,
dein Einwand ist grundsätzlich natürlich berechtigt. Inhaltlich ist das, was J. K. von sich gibt, jedoch leider genauso konfus wie sprachlich. Wenn da ein sinnvoller Gedankengang zu erkennen wäre, hätte ich gegen eine durchschnittliche "oral speech" nichts einzuwenden. Aber die Art, wie hier Unzusammenhängendes aneinandergereiht wird, ist in meinen Augen schon recht bezeichnend. Was soll der Einschub, dass Verdi den Maskenball nach Boston verlegt hat? Soll er etwa begründen, dass Kresnik das Stück auf den Trümmern von NY spielen lässt? Ist doch Blödsinn. Ganz zutreffend führt er zudem aus, dass die nackten Hartz4-Empfänger "dazu erfunden" wurden. Aber zuvor kann er sich die prätentiöse Formulierung nicht verkneifen, dass er eine "dritte Ebene" gefunden habe. Der Satz "Diese Struktur ist bei uns neu in Verdi" treibt die unfreiwillige Komik dann auf die Spitze. Natürlich ist es neu - weil er es dazu erfunden hat. Der (in diesem Kontext ebenso prätentiöse) Begriff "Struktur" soll wieder viel mehr Sinn und Verstand simulieren, als dahintersteckt. Wo sind denn die Anknüpfungspunkte im Stück für die nackten Mickymausmänner? Das interessiert mich immer noch am ehesten.
Allein schon von Stil und Grammatik her unmittelbar überzeugend...
ZitatOriginal von Rideamus
Im übrigen hat der Einfall schon seine Pflicht erfüllt. Hingerichtet ist schon jetzt nicht nur die Inszenierung, sondern sind primär aller Augen auf die Premiere in Erfurt.
Um nichts anderes geht es ja auch. Hauptsache, alle glotzen hin. Mit welchen Mitteln auch immer. Theater im Todeskampf, anders kann man das nicht beschreiben. Außer natürlich, man hat eine neonrosa Künstlerrespektbrille auf.
Die Selbstkritik, die in diesen Worten Griegs zum Ausdruck kommt, ist doch eher ein Zeichen von Charakterstärke, als dass sie ihn als "Kleinmeister" kennzeichnen würde. Was sagst du denn dann über die vielen Autoren, die mit ihren (heute zum Kanon der Weltliteratur gehörenden) Erzeugnissen nicht zufrieden waren und um deren Vernichtung gebeten haben?
Im Umkehrschluss müsstest du dann auch jedes Werk spitzenklasse finden, was der Autor/Komponist selbst so angesehen hat, und das wäre ziemlich abwegig.
Zitat"Ich erhebe keinen Anspruch, zur Klasse eines Bach, Mozart oder Beethoven zu gehören..." (E. Grieg)
Na gut, aber was sagt dieser Bescheidenheitstopos schon aus? Gab es Komponisten, die gesagt haben: "Ich gehöre zur absoluten Spitzenklasse, so einen Bach verspeise ich zum Frühstück" usw., und wenn ja, wie ernst könnte man das nehmen?
Interessante Frage,
bei mir sind es wohl hauptsächlich zwei Sachen: Schubert (vor allem die Sinfonien und etliche Lieder) und die Genesis-Alben von 1970-1973.
ZitatOriginal von Loge
Jedenfalls hast Du insofern recht, als dass der Raum, der einem Komponisten im Rahmen eines seriösen Lexikons eingeräumt wird, nur ein erster, oberflächlicher Ansatz für die Bestimmung der Bedeutung eines Komponisten in einem betreffenden Kulturkreis, aus dem das Lexikon stammt, sein kann. Aber immerhin. Probiere es doch mal anhand des Brockhaus o. ä. an ein paar eindeutigen Groß- (Bach, Mozart, Beethoven) und Kleinmeistern (Wagenseil, Krommer, Lachner) aus.
M. E. ist der Raum, den eine Enzyklopädie einem Komponisten oder sonstigen Künstler einräumt, schon ein brauchbarer Indikator für das Ausmaß der (wissenschaftlichen oder populären, je nach Art der Enzyklopädie) Rezeption, das dem Schaffen der Person in den Jahrzehnten vor Erscheinen des Lexikons zuteil geworden ist. Mehr aber auch nicht. Rezeption kann die verschiedensten Gründe haben. Die "Qualität" eines Komponisten, der man mit dieser Meister-Gradeinteilung auf der Spur zu sein meint, fließt da, wenn überhaupt, nur zu einem geringen Teil mit ein.
ZitatOriginal von pbrixius
- vor oder nach der Zeit: setzt voraus, dass man ein Idealbild hat, was für eine Zeit "Standard" war. Das hat man (wissenschaftlich) natürlich nicht.
Die Bewertung danach, ob ein Komponist seiner Zeit "voraus" war, oder hinter sie "zurückfiel" o. ä. basiert auf verschiedenen Voraussetzungen, die nicht zwingend und auch weit eher ideologischer als wissenschaftlicher Natur sind. Leider sind Auffassungen wie "mit Schönberg ist die Spätromantik vorbei, und wer sich ihrer Tonsprache später noch bedient, ist reaktionär" usw., die rein ideologischer Natur sind, in der Musikwissenschaft noch dominierend, während das Hierarchisieren eher in die Populärwissenschaft abgesackt ist.
Sich bei der Diskussion über die Bedeutung von Komponisten auf die Länge des Lexikonartikels in der MGG u. ä. zu berufen, ist m. E. nicht viel sinnvoller, als sie gleich nach der *******länge zu beurteilen
ZitatOriginal von Fairy Queen
Dann Torquato Tassos "Gerusalemme liberata" das Vorlage von allerlei Barockopern war, in denen diverse Orlandos und Almirenas vorkommen.
Und natürlich das Konkurrenzwerk "Orlando furioso" von Ludovico Ariosto, ein Werk, das als Vorlage von allerhand Barocklibretti fungiert hat, aber anscheinend kaum mehr eigenständig rezipiert wird? Meinen Geschmack trifft diese Verherrlichung von Religionskriegen allerdings auch nicht.
Einzelne Wissenschaftler werten durchaus, mit individuellen und oft gegensätzlichen Ergebnissen, aber das hat (hoffentlich) nicht zum Ergebnis, dass am Ende eine Hierarchie von Komponisten steht.
Niemandem soll hier sein Schubladenschränkchen (ich habe natürlich auch eins) streitig gemacht werden, aber man sollte sich dabei nicht auf "die" Wissenschaft berufen...