Johann Ritter von Herbeck - * 25. Dezember 1831 Wien - † 28. Oktober 1877 Wien

Zum heutigen Todestag von Johann Ritter von Herbeck


Johann Ritter von Herbeck war in einer Zeitspanne von etwa 25 Jahren eine wichtige Persönlichkeit des Wiener Musiklebens; er pflegte innerhalb des deutschen Sprachraums viele künstlerische Kontakte. Herbeck war Dirigent und Komponist, wobei sein Schwerpunkt der Chorgesang war. Ein ganz wesentliches Verdienst kommt ihm in der Musikgeschichte mit der Entdeckung von verschollenen Werken Franz Schuberts und der Förderung Anton Bruckners zu.
In Nachschlagewerken wird dargestellt, dass der Junge als Sohn bürgerlicher Eltern geboren wurde. Die in Wien erschienene ›Konstitutionelle Volkszeitung‹ vom Sonntag, den 21. Oktober 1866 beschreibt das in einem Artikel - mit Herbecks Porträt - auf der Titelseite etwas genauer:

»Johann Franz Herbeck, geb. zu Wien 25. Dezember 1831, ist der Sohn eines armen Schneiders. Er besuchte schon mit vier Jahren die Schule und verrieth alsbald entschiedene Neigung und Begabung zur Musik. Ein damals viel gesuchter Lehrer Sykora, ertheilte ihm zunächst Unterricht im Gesange, und zwar mit so günstigem Erfolge, daß der Zögling bereits im 10. Lebensjahre als Sängerknabe in das Stift Heiligenkreuz aufgenommen werden konnte, wo er durch seine seltene Sopranstimme und ausgesprochene musikalische Anlage die Aufmerksamkeit berufener Künstler, wie Hellmesberger (Vater), König u. A. auf sich zog, was den Prälaten bewog den Knaben bei dem Kapellmeister Rotter an der Kirche ›am Hof‹ in Wien Harmonielehre studiren zu lassen. Dieser durch einige Monate fortgesetzte Unterricht sowie der früher erwähnte spärliche im Gesange, war Alles, was von Seite der Lehrer für seine musikalische Bildung geschah.
Die genaue Kenntniß der eigentlichen Musikwissenschaft, sowie einiger Instrumente, verdankte Herbeck seinem eigenen Fleiße und seltenem musikalischen Instinkte. Nach in Wien beendetem Gymnasialbesuche und philosophischen Studien widmete sich Herbeck ausschließlich der Musik.«
Laut österreichischem Musiklexikon war - entgegen diesem Zeitungsartikel - Johann Herbeck der Sohn eines Schuhmachermeisters, schließlich ist aus beiden Publikationen ersichtlich, dass Herbeck nicht uraltem Adel entstammte.
Als dieser Zeitungsartikel erschien, war Herbeck 35 Jahre alt und wie man anhand des eingefügten Bildes sieht, fehlt dem Namen hier noch das Adelsprädikat, zur Nobilitierung kam es erst 1874.
Wenn man sich die Herkunft der Familie betrachtet, die sich auch Hrbek nannte, dann kam sie ursprünglich aus Deutschland; zuerst nach Böhmen und von hier aus nach Wien.
Johanns Mutter, Therese Triebensee, entstammte einer Familie mit vielschichtiger musikalischer Tradition, so dass außer Zweifel steht woher die außergewöhnliche Begabung des Jungen kam. Aber sie soll eine vergnügungssüchtige, leichtsinnige Person gewesen sein, woraus resultierte, dass es in der in ärmlichen Verhältnissen lebenden Familie oft Streit gab, der Vater soll eine schwache Person gewesen sein, der jedoch das Potenzial seines Sohnes erkannte. Johann kam zwar am Weihnachtstag als Sonntagskind zur Welt, aber sein Bruder Ludwig stellt fest: ›unter recht mißlichen materiellen und moralischen Umständen verfloß seine Kindheit, und in den Lehrjahren hatte er unter den drückendsten Verhältnissen zu leiden.‹
Johann wurde als Fünfjähriger in die Volksschule zu St. Stefan geschickt. Nachdem vier Klassen absolviert waren, ließ ihn der Vater für zwei Jahre am akademischen Gymnasium studieren, was kein Studium im heutigen Wortsinn gewesen sein kann.
Aber der Knabe muss hochintelligent gewesen sein, denn es ist überliefert, dass er den Inhalt von zwei Buchseiten nach nur zweimaligem Durchlesen intus hatte.
Nachdem er die zwei unteren Gymnasialklassen mit gutem Erfolg absolvierte, kam es in den ersten Oktobertagen des Jahres 1843 zur wohl entscheidenden Begegnung mit Georg Hellmesberger, der selbst einmal Gymnasialzögling und Sängerknabe im Zisterzienserstift Heiligenkreuz - südwestlich von Wien - war. Der bekannte Violinist erkannte recht schnell die Begabung des Jungen, wusste aber auch, dass der arme Schneidermeister nicht in der Lage war, von sich aus für die musikalische Ausbildung seines Sohnes zu sorgen. Hellmesberger hatte aber die künstlerische Autorität auf den Prälaten entsprechend einzuwirken.
Nun hatte sich Johann einer Gesangsprüfung zu unterziehen, welche vom Organisten des Stiftes, Ferdinand Borschitzky vorgenommen wurde. Er bestand diese Prüfung mit Bravour und versetzte die Anwesenden in Staunen.
Die Knaben erhielten hier unentgeltlich Wohnung, Kost und uniformierte Kleidung; ihre Lebensweise war spartanisch streng, wobei man letzteren Begriff auch Sadismus nennen kann. Der Tag begann um 5 Uhr morgens und es kam schon mal vor, dass man den Schnee von der Bettdecke nehmen musste.
Ab 1842 sind erste Kompositionsübungen bekannt, sein musikalisches Vorbild war damals Mozart. Auch seine Singstimme - sie wird als biegsame und kräftige Sopranstimme beschrieben - gelangte zu höchster Blüte, so dass alle in der Kirche auszuführenden Sopran-Soli von ihm vorgetragen wurden.
Da er alles a vista sang, fielen die Wiederholungen für ihn weg und er konnte in der für ihn frei gewordenen Zeit Violine, Viola oder Violoncello üben, letzteres Instrument liebte er, seines elegischen Tones wegen, besonders. Immer wieder reizte ihn das Komponieren, aber das geschah immer in der Angst vom überstrengen Präfekten dabei erwischt zu werden.
1844 wurde schließlich geduldet, dass man ein von Herbeck komponiertes Streichquartett aufführen durfte. Sogar Kreutzers »Das Nachtlager von Granada« wurde aufgeführt, wobei Herbeck die Gabriele sang. Als das Kloster 1846 ein Jubiläum feierte und dabei Mozarts Requiem aufgeführt wurde, kam sogar der berühmte Bassist Josef Staudigl ins Kloster und Johann hatte Gelegenheit diesen singen zu hören.
Etwas später ließ man den jungen Mann unter Borschitzkys Anleitung auch an die Orgel, wo er bei Anwesenheit von Kaiserin Maria Louise (Witwe von Napoleon I.) Variationen über die österreichische Volkshymne vortrug, die so zu gefallen wussten, dass sie sich den jungen Mann vorstellen ließ.
Nachdem das Untergymnasium absolviert war, musste er den folgenden Stoff beim Präfekten absolvieren und durfte sich während der zwei Jahre ungehindert dem Studium der Musik hingeben. Nun kam Johann zeitweilig auch nach Wien, um seine Lektionen entgegen zu nehmen.
Sein Lehrer war Ludwig Rotter, damals Kapellmeister in der Kirche am Hof in der inneren Stadt. Nachdem Johann am Obergymnasium in Neustadt die Prüfungen mit glänzendem Erfolg abgelegt hatte, verließ er im August 1847 Heiligkreuz, um seine Studien bei Rotter bis zum Spätherbst fortzusetzen.
Im Oktober trat er als ›Hörer der Philosophie‹ an der Wiener Universität ein, um sich für die eigentliche Hochschule vorzubereiten. Eine schwere Krankheit beendete diese Ansätze, die immer noch prekären Verhältnisse zu Hause trugen zur Genesung nicht bei.
Ausgerechnet im einst so schlimmen Kloster - er war ja jetzt kein Zögling mehr - konnte er seine Gesundheit wiederherstellen.
Sein einstiger Sopran hatte sich zwischenzeitlich in einen sonoren Bass verwandelt und er ließ sich mit dem Vortrag »In diesen heiligen Hallen« und der Registerarie bewundern.
Wieder nach Wien zurückgekehrt, beteiligte er sich an sonntäglichen Aufführungen von Rotter in der Kirche ›am Hof‹, was etwas Geld einbrachte.
Es waren inzwischen stürmische Zeiten angebrochen, plötzlich befand sich Herbeck ungewollt inmitten dieser Turbulenzen und es war reine Glückssache mit heiler Haut davon gekommen zu sein.
Seine im Kloster erworbene umfassende Bildung machte es möglich dass Herbeck auch als Hauslehrer zu gebrauchen war. Bei der in Münchendorf - südlich von Wien - ansässigen Familie des Fabrikbesitzers Karl von Thornton war Sohn Ernst zu unterrichten, es war zu Beginn des Winters 1848-49. Im Haus des Fabrikanten erlebte er eine gänzlich andere Atmosphäre als in seinem Elternhaus; natürlich stand ihm nach dem Unterricht im Salon auch ein Klavier zur Verfügung.
In dieser Zeit entstanden viele Liedkompositionen, vor allem nach Texten von Ludwig Uhland.
Nebenbei studierte er weiter Philosophie, aber ließ sich auch im Februar 1850 an der juristischen Fakultät der Universität Wien einschreiben, wobei er nebenbei noch Physik hörte, was vermutlich ein Versuch war, die Welt der Töne physikalisch zu verstehen, aber mangelnde mathematische Kenntnisse ließen ihn diesen Versuch abbrechen.
Johann Herbeck kam nun immer mehr mit den ›besseren Familien‹ Wiens in Kontakt; so auch mit der Familie Halstuker; der zu unterrichtende Knabe Stephan erwies sich zwar als völlig unmusikalisch, aber da war dann noch Marie, eine Tochter des Hauses, die Johanns Interesse geweckt hatte.
Allerdings sprach sich die Mutter entschieden gegen die Verbindung der beiden aus, da offensichtlich war, dass der junge Mann keine Familie ernähren konnte - noch nicht, kann man hinzufügen, wenn man den weiteren Verlauf kennt. Im Vorgriff sei festgehalten, dass die gegründete Familie im Endeffekt aus drei Jungs und einem Mädchen bestand.
Um die Jahreswende 1851/52 war der nun Zwanzigjährige zu der Erkenntnis gelangt, dass mit dem Jurastudium in absehbarer Zeit kein Geld zu verdienen ist, er aber mit seinen fundierten Kenntnissen in der Musik eher vorwärts kommen könnte.
Durch seinen vielfältigen Einsatz als Organist, Violinspieler und Sänger war er den maßgeblichen Herren des Piaristen-Ordens aufgefallen, so dass diese die gesamte künstlerische Leitung der Musikaufführungen in Herbecks Hände legten.
Herbeck konnte hervorragende Solisten einsetzen, aber auch bei einigen Messen viele Mitglieder des Wiener Männer-Gesangvereins, dem Herbeck nun im Frühling 1852 ebenfalls beitrat.
Die Mitgliedschaft regte ihn zu Kompositionen an und in diese Zeit fällt auch seine Hochzeit von der etwas eigenartige Daten überliefert sind. Am 5. Juli fand die Trauung morgens um acht Uhr in der kleinen Kapelle St. Stephan in aller Stille statt, Brautleute und Zeugen waren dabei in gewöhnlicher Kleidung erschienen.
Durch Stundengeben verdiente er den kärglichen Lebensunterhalt, aber er komponierte auch eine Musik zu »Faust«, die er in späteren Jahren etwas kritisch sah. Innerhalb dieses Kreises komponierte Herbeck sehr viele Werke, die auch zur Aufführung kamen, aber es stellte sich heraus, dass man ihn, bei aller Anerkennung seiner Leistung, wegen ›Ungunst der gegenwärtigen Zeitverhältnisse‹ nicht mehr als Chormeister beschäftigen könne. Da war nun nicht nur der finanzielle Verlust, sondern auch das Ansehen seiner Person im öffentlichen Kunstleben.
1854 war nun Franz Abt, ein damals hochangesehener Komponist, für einige Tage nach Wien gekommen und die beiden verstanden sich auf Anhieb hervorragend. Nach Abts Abreise entstand ein reger Briefverkehr und da ist in einem Abt-Brief nachzulesen:
»Daß Ihnen noch eine bedeutende Zukunft bevorstehe, diese Entdeckung darf ich mich rühmen, bei dem ersten Zusammentreffen mit Ihnen gemacht zu haben« und in einem anderen Brief:
»Habe ich Ihnen nicht bei unserem ersten Zusammentreffen gesagt, daß Sie noch ein berühmter Mann werden?«
Die Begegnung mit Abt trug dahingehend Früchte, dass dieser als Herausgeber der Bände ›Lieder-Perlen aus der Deutschen Sängerhalle‹ auch Lieder von Herbeck veröffentlichte.
Zu dieser Zeit vertonte Herbeck eine Reihe Gedichte von Otto Roquette.
Hieraus ergab sich, dass sich Herbecks finanzielle Situation so verbesserte, dass er sich eine Reise nach München leisten konnte, wo 1854 kulturell einiges geboten war.
Im Frühjahr 1856 wurde Herbeck mit 71 gegen 31 Stimmen zum Chormeister des Wiener Männergesang-Vereins gewählt, der Wahl waren einige Querelen vorausgegangen.
Einen ganz großen Auftritt hatte Herbeck bei der Grundsteinlegung der mächtigen Votivkirche; er komponierte zu diesem Anlass einen Chor und ein Tedeum,
Die Kaiserfamilie sowie weltliche und geistliche Würdenträger waren zugegen als Herbeck seinen 200-stimmigen Chor leitete.
Großes Lob konnte er auch von Heinrich Marschner ernten als dieser nach Wien kam.
Zu einem Sängertreffen in Salzburg waren aus vielen Städten Gesangvereine gekommen, die vor einer Anzahl gekrönter Häupter sangen und Herbeck hatte die Ehre dem Gesang aus 2000 Kehlen die richtige Form zu geben. Beifall und Lob waren gewaltig und sein Ansehen sowohl außerhalb als auch intern erheblich gestiegen, bei der anstehenden Wahl 1856-57 lautete das Ergebnis 108 gegen 7 Stimmen.
Als Herbeck mal in Wien mit Franz Liszt zusammen traf, war das für ihn ein Grund auch Werke dieses großen Meisters aufzuführen, aber ein rauschender Erfolg ergab sich daraus nicht, er musste sich sogar mit der Zensur auseinander setzten.
Erfolgreicher war in Wien die Hebung des Liederschatzes von Friedrich Silcher, die ›Hits‹ waren dabei »Loreley« und »Untreue«.
Als großen Erfolg befand Herbeck die Aufführung seines Quartetts in D-moll durch Hellmesberger.
Ganz große Verdienste erwarb sich Herbeck um das Werk Franz Schuberts, den man in Wien zwar als den Komponisten von Liedern kannte, aber zu Herbecks Zeit waren - mit wenigen Ausnahmen - sowohl in Österreich als auch in Deutschland, Schuberts große Werke für Orchester und Chor unbekannt. Sie schlummerten in Archiven und verstaubten in Rumpelkammern. Herbecks erster bedeutender Fund war »Gesang der Geister über den Wassern«; dieses Stück war in Wien 1821 ein einziges Mal öffentlich zu Gehör gebracht worden, anstatt mit großem Chor, war das Stück nur mit acht Stimmen besetzt und konnte in dieser Form nicht gefallen.
Herbeck fand das Manuskript 1857 in einem Stapel Papier, das der Geschäftsführer einer Musikalienhandlung gerade beiseiteschob; auf Herbecks Frage was das sei war die Antwort: ›Nix als Schmarr´n‹.
1857 waren in Weimar Festlichkeiten angesagt und Herbeck war von Franz Liszt eingeladen worden und dehnte das zu einer Rundtour aus, die ihn in verschiedene Städte in die nördliche Hälfte Deutschlands führte.
Weimar - an räumlicher Größe mit Wien verglichen, unbedeutend - war damals das Zentrum deutschen Kunstlebens; Liszt lebte seit zehn Jahren als ›Hofkapellmeister in außerordentlichen Diensten‹ am Hofe des Großherzogs.
Herbeck konnte in Wien seine 2. Symphonie aufführen, welche die Gesellschaft der Musikfreunde zur öffentlichen Aufführung angenommen hatte. Diese Aufführung gab den Anstoß zur Ernennung als Leiter des zu gründenden Singvereins, gleichzeitig erfolgte seine Ernennung zum Professor der Männergesangschule am Konservatorium der Gesellschaft.
Als Chormeister plagte er sich gerne für geringen Lohn, aber im Lehrberuf fühlte er sich nicht recht wohl und erachtete diesen Lohn als sauer verdientes Geld.
Einmal schrieb er in einem Brief: »Ich habe mich während meiner aus freien Stücken aufgegebenen Professur am hiesigen Conservatorium im Jahre 1858 überzeugt, dass mir das Professor sein durchaus ungesund ist ...«
Im November 1860 stellte Herbeck in Wien ein neues Orchester zusammen und führte Schumanns »Manfred« und ›Symphonische Fragmente‹ von Schubert auf; seinem Tagebuch vertraute er an: »... mit Ausnahme des Scherzo (aus der C-dur Nr. 6) nie und nirgens aufgeführt - unglaublich! Schubert! warum warst du ein Wiener und kein Engländer!«
Im März 1861 führte Herbeck in einer konzertanten Aufführung auch erstmals Schuberts Singspiel »Der häusliche Krieg« auf.
Aber Herbeck produzierte auch eine Menge eigener Kompositionen, die er zum Teil unter Pseudonym an die Öffentlichkeit brachte, weil er mitunter annehmen musste, dass seine Werke von der Kritik nicht fair beurteilt wurden; in seinem Tagebuch notierte er zum Beispiel:
»Melchior Frank- Doppelchor, muß auf stürmisches Verlangen wiederholt werden; ob daselbe der Fall gewesen wäre, hätten die Leute gewußt, daß der Chor von mir componirt ist?«
Als die Gesellschaft der Musikfreunde im Jahr 1863 beschloss die Särge von Beethoven und Schubert umzubetten, war Herbeck mit dieser Maßnahme überhaupt nicht einverstanden und protestierte wortreich dagegen.
Dennoch war er dann bei der Zeremonie zugegen; als die beiden Särge am 22. Oktober feierlich beigesetzt wurden sang der Chor unter Herbecks Leitung »Die Ehre Gottes« von Beethoven und Schuberts »Litanei am Fest Allerseelen«.
Schon seit fünf Jahren hatte Herbeck davon Kenntnis, dass der in Ober-Andritz (heute ein Stadtteil von Graz) wohnende Anselm Hüttenbrenner im Besitz einer unvollendeten Schubert-Symphonie ist und versuchte mit diplomatischer Schläue in den Besitz dieses Werkes - dem im Oktober 1822 komponierten H-moll-Fragment - zu kommen.
Endlich, am 18. Dezember 1865 konnte er das Werk in Wien aufführen.
Neben dem großen Engagement für Schuberts Werke, war Herbeck ›der‹ große Förderer Anton Bruckners; schon 1861 saß er in einer Prüfungskommission, die:
aus Bruckners Lehrer Sechter, Hellmesberger, Dessoff, Schulrat Becker und Herbeck bestand.
Bruckner hatte nämlich beim Wiener Konservatorium um eine Maturitätsprüfung im Contrapunkt gebeten, die er glänzend bestand, und Herbeck sagte nach dieser etwas eigenartigen Prüfung:
»Er hätte uns prüfen sollen - wenn ich den zehnten Teil von dem wüsste, was er weiß, wäre ich glücklich.« In der Literatur findet man den Satz:
»Von dieser Zeit angefangen ließ Herbeck den genialen Contrapunktisten und Orgelspieler nicht mehr aus den Augen«
Nachdem Herbeck in Wien entsprechend sondiert hatte, ließ er durch einen Mittelsmann bei Bruckner anfragen, ob dieser denn keine Lehrerstelle am Konservatorium anstreben wolle, aber Bruckner hatte daran kein Interesse. Nun begab sich Herbeck 1868 selbst nach Linz und fuhr mit Bruckner zum nahe gelegenen Kloster St. Florian. Auf dieser Fahrt bedrängte er den Widerspenstigen mit der Drohung: »Gehen Sie aber nicht, so reise ich nach Deutschland, um draußen einen Fachmann zu akquirieren, ich meine aber, dass es Österreich zur größeren Ehre gereiche, wenn die Professur , die Sechter früher versehen, von einem Einheimischen bekleidet wird.«
1866 beginnt für Herbeck ein neuer Lebensabschnitt, er wird nun Hofkapellmeister und arbeitet mit erstrangigen Künstlerinnen wie zum Beispiel Désiré Artôt, Karoline Bettelheim, Marianne Bischoff (Brandt), Louise Dustmann, Marie Wilt ... zusammen und tauscht sich mit dem in München wirkenden Intendanten Karl von Perfall brieflich aus, macht aber auch Besuche in München, wo er unter anderem einer »Meistersinger«-Aufführung beiwohnte und auch mit dem Maler Wilhelm von Kaulbach befreundet war und - auf Anregung Kaulbachs - dem Maler Hans Makart in Wien aus den Startlöchern half und der dann dort über sich hinaus wuchs.
Baron Perfall hatte Herbeck schon 1864 eine Kapellmeisterstelle am Hoftheater in München angeboten, aber Herbeck hing - trotz einiger Querelen zuhause - an Wien und konnte auch nicht einschätzen inwieweit ihn die Situation in München befriedigen würde. Herbeck hielt viel von der Münchner Oper, weil er dort bessere Wagner-Aufführungen erlebte als in Bayreuth.
Mit dem Bayreuther Meister war das so eine Sache, einmal verließ dieser erbost und verärgert eine »Rienzi«-Vorstellung in Wien, dann war Wagner in Bayreuth wieder die Freundlichkeit selbst, um, etwas später, wieder schlecht über Herbeck zu reden.
Da bestand zwischen Franz Liszt und Herbeck ein weit besseres, freundschaftlich, ja herzliches Verhältnis.
Obwohl die Musik sein Ein und Alles war, hatte er eine Leidenschaft für Bilder und Antiquitäten entwickelt, wobei der Stolz seiner Sammlung ein 1871 erworbener Männerkopf von Tizian war, zwar nur 20x17 Zentimeter groß und unsigniert, wurde aber von Kunstkennern als echt anerkannt.
Johann Ritter von Herbecks Leben ging früh zu Ende; als er seine letzte Symphonie, die sogenannte ›Orgelsymphonie‹, Ende Juli in nur fünf Tagen geschrieben hatte, sagte er zu seiner Frau:
»Marie, ich versichere dich, wenn diese Symphonie keinen Erfolg erringt, dann lasse ich das Komponieren sein!« Musikgeschichtlich hatte er diesen Akzent neun Jahre vor Camille Saint-Saëns gesetzt.
Am Sonntag, 21. Oktober dirigierte Herbeck noch Schuberts Es-Messe, am 23. kam der Arzt und es stellte sich allmählich heraus, dass es eine Lungenentzündung war. In den Folgetagen ging es dem Patienten unter der Aufsicht von drei Ärzten zusehends schlechter, am darauf folgenden Sonntag verließ Johann Ritter von Herbeck kurz vor 10 Uhr diese Welt - er war ein Sonntagskind.
Praktischer Hinweis:
Das Grabmal von Johann Ritter von Herbeck befindet sich auf dem Zentralfriedhof Wien, Simmeringer Landstraße 234.
Vom Tor 2 kommend geht man der Hauptachse geradeaus und erreicht Gruppe 32 A kurz nach den Alten Arkaden links des Hauptweges.
Man kann von etwa drei bis fünf Gehminuten ausgehen, Friedhofspläne stehen ausreichend zur Verfügung.
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