Beiträge von hart

    Anton Rückauf - *13. März 1855 Prag - † 19. September 1903 Alt-Erlaa (bei Wien)


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    Zum heutigen Todestag von Anton Rückauf


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    Hier steht eine andere Jahreszahl als in den Nachschlagewerken


    Anton Rückauf hat zwar auf dem Wiener Zentralfriedhof ein prächtiges Grabdenkmal, aber er ist heute als Musiker kaum noch bekannt.
    Er besuchte in Prag das renommierte Proksch-Institut, wo er von Marie Proksch am Klavier unterrichtet wurde, die internationale Erfahrungen von Paris mitbrachte, und die pädagogische Arbeit ihres Vaters fortführte. Außerdem besuchte er die alte Prager Orgelschule bei den Lehrern František Zdeněk Skuherský und František Blažek.
    Nach seiner Ausbildung war er selbst am Procksch´en Institut (so die Schreibweise in einer Zeitung von 1903) als Lehrer tätig.
    1878 kam Anton Rückauf dann nach Wien, denn er hatte einige Lieder komponiert und Johannes Brahms war aufmerksam geworden und verschaffte Rückauf ein Stipendium, was dem jungen Mann ermöglichte, bei Gustav Nottebohm und bei Navratil Kontrapunktstudien zu machen. Im Klavierspiel holte er sich bei Theodor Leschetitzky den letzten Schliff.
    Anton Rückauf kam nun in Wien mit dem bekannten Tenor Gustav Walter in Kontakt, mit dessen Unterstützung er in adeligen Kreisen verkehren konnte.
    Von 1882 bis 1984 unternahmen die beiden längere Konzertreisen nach Deutschland; ansonsten gab Rückauf Klavierunterricht und komponierte Lieder.

    Die Liederabende des Duos Walter / Rückauf müssen - orientiert man sich an zeitgenössischen Zeitungsberichten - in dieser Zeit etwas ganz Besonderes gewesen sein.
    Ein in Frakturschrift gesetzter Zeitschriftenbeitrag sei hier in modernen Lettern, aber originaler Schreibweise eingestellt; das hier Beschriebene stammt aus einer Veröffentlichung vom 21. September 1903 und zeigt das öffentliche Wirken von Anton Rückauf recht anschaulich.


    »Es war die Zeit, als Gustav Walter begann, durch seine unvergleichliche Kunst die Schätze unserer reichen Liederliteratur beim Publicum zu erneutem Ansehen zu bringen. Damals associirte er sich mit Anton Rückauf, der Jahre hindurch nicht nur sein untergeordneter Begleiter, sondern ein mitempfindender Freund und Künstler war, der es verstand, die Intentionen Walter´s mit den eigenen in harmonischen Einklang zu bringen. In jener Zeit bildete das Concert Walter´s den einzigen Liederabend der Saison. Daß ein einziger Sänger den ganzen Abend hindurch nur Lieder singen sollte, war eine Neuerung, deren Gelingen nicht ohneweiters gesichert war. Man war früher gewohnt, Lieder nur in Concerten mit sogenannten gemischten Programmen zu hören, und hielt das Dominiren eines Künstlers im Conzert für eine unerhörte Zumutung, die eine gefährliche Monotonie zur Folge haben müßte. Aber ganz so wie früher die Clavierspieler, wußten nun auch die Sänger diese Bedenken zu zerstreuen, und das Publicum gewöhnte sich an die Specialisirung im Kunstgenuß ebenso wie auf anderen Gebieten. Dieser Erfolg war zum nicht geringen Theil ein Verdienst Rückauf´s, der als selbständige künstlerische Persönlichkeit mit seinen Claviervorträgen etwas Abwechslung in das Programm brachte. Keiner unserer jetzigen ›Begleiter‹ hat ihn in dieser Eigenschaft auch nur annähernd erreicht. Das Künstlerpaar Walter-Rückaufhat mit seinen Concerten Schule gemacht.
    In der vorigen Saison hatten wir schon 76 solcher Liederabende zu verzeichnen, von denen freilich nur ein kleiner Theil die Bedeutung der Concerte Walter´s erreichte. Längst verschollene Lieder wurden damals der Vergessenheit entrissen, ältere Perlen in vollendende Fassung gebracht und eine ganze Anzahl neuer Compositionen angeregt.
    Rückauf´s Talent empfing von dieser Thätigkeit die fruchtbarste Anregung, die es dem Componisten ermöglichte, auch selbst kleine Liedwerke zu schaffen, die zeitweilig eine ungewöhnliche Popularität errangen. Sein Stilo lag ungefähr dem von Robert Franz nahe, obgleich auch Brahm´s Jugendwerke auf ihn nicht ohne Einfluß geblieben sind.
    Die modernste neudeutsche Schule lag Rückauf fern, und er trat im Laufe der Jahre als Componist in demselben Maße zurück, als jene an Boden gewann.«


    Anton Rückauf hat sich auch als Komponist von Kammermusik und Opern versucht, konnte aber nicht den Erfolg verbuchen, den er zeitweilig mit seinen Liedkompositionen hatte.
    Seine Oper »Die Rosenthalerin« wurde in Wien abgelehnt, dann aber schließlich in Dresden 1897 ohne durchschlagenden Erfolg aufgeführt.
    Zu seinem Lebensende hin leitete er sehr erfolgreich den Evangelischen Singverein, aber damit war kein Weltruhm zu erreichen.


    Die Herzogin von Oldenburg hatte Anton Rückauf das Schloss Neu-Erlaa (heute 23. Wiener Gemeindebezirk) als Sommeraufenthalt zur Verfügung gestellt, er war schon seit mehr als einem Jahr gesundheitlich angeschlagen und gerade von einem Kuraufenthalt aus Karlsbad zurückgekommen. Er selbst soll jedoch noch Schaffensdrang auf Jahrzehnte hinaus verspürt haben, aber sein Umfeld merkte, dass es dem Ende zu ging. Er hatte ein Krebsleiden und starb an einem Samstag, abends um halb neun, am 19. September 1903.

    Praktische Hinweise:
    Das Grabmal von Anton Rückauf befindet sich auf dem Zentralfriedhof Wien, Simmeringer Landstraße 234.
    Vom Tor 2 kommend geht man der Hauptachse geradeaus und erreicht Gruppe 32 A kurz nach den Alten Arkaden links des Hauptweges.
    Man kann von etwa drei bis fünf Gehminuten ausgehen, Friedhofspläne stehen ausreichend zur Verfügung.

    Nachtrag


    Wenn man das Leben eines Künstlers, in diesem Falle einer Künstlerin, Revue passieren lässt, liegt es in der Natur der Sache, dass man nicht jeden großen Auftritt im Detail ausleuchten kann. Aber es muss zum Beitrag # 839 noch etwas Wichtiges hinzugefügt werden, würde man es nicht tun, wäre das eine unverzeihliche Unterlassungssünde. - Rosette Anday war eine ganz große Mahler-Interpretin!


    Bei den Salzburger Festspielen trat sie auch als Konzertsolistin auf: 1928 sang Rosette Anday am 19. August unter dem Dirigat von Bruno Walter und mit dem Tenorpartner Jacqes Urlus im »Lied von der Erde« von Gustav Mahler.
    1934 war sie mit diesen Mahler-Liedern wiederum in Salzburg unter Walter zu hören, dieses Mal mit dem amerikanischen Tenorpartner Charles Kullmann.
    Der Kulturredakteur Dr. Otto Kunz schrieb im ›Salzburger Volksblatt‹ am 16. August 1934:
    »Prachtvoll Frau Anday in der Alt-Partie. Diese Frau fühlt mit, tiefe Trauer erfüllt ihre Seele. Gustav Mahler selbst scheint in ihr Abschied vom Leben zu nehmen.«



    Rosette Anday - * 22.12.1903 Budapest - † 18.09.1977 Wien


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    Zum heutigen Todestag von Rosette Anday


    Die später als Rosette Anday weltberühmt gewordene Sängerin hieß von Geburt eigentlich Piroska Andauer und war die Tochter des jüdischen Kaufmanns Ludwig Andauer (*1870 - † 1900) und seiner Frau Elvira, geborene Holländer.
    Mit den offiziellen Geburtsnamen von Sängerinnen war das in dieser Generation so eine Sache; in diesem Falle verwundert eine am 4. April 1900 im PESTER LLOYD - einer deutschsprachigen Tageszeitung, - erschiene Todesanzeige, in der die Witwe Ella Andauer in ihrem und im Namen ihres Kindes Piroska, die Öffentlichkeit über das plötzliche Ableben ihres Mannes Ludwig Andauer informiert; es soll ein Freitod gewesen sein und die Vaterschaft stellt sich auch etwas nebulös dar.


    Es wird von einem Philologischen Studium an der Budapester Universität berichtet, das nach der Datenlage jedoch nicht besonders tiefgründig gewesen sein kann. Als sicher gilt, dass Piroska Andauer in Budapest Violine und Gesang studierte. Violine bei Jenö Hubay (Eugen Hubay) und Gesang bei Georg Anthes, Madame Charles Cahier und Gino Tessari studierte. Die Studien waren offensichtlich so erfolgreich, dass die junge Frau bereits 1920 an der Budapester Nationaloper debütieren konnte. Hier geraten die in der Literatur genannten Daten etwas durcheinander, denn sie soll als 18-Jährige an der Wiener Staatsoper debütiert haben.


    Die Geschichte spielte sich mit großer Wahrscheinlichkeit so ab, dass Franz Schalk, Dirigent und Direktor der Wiener Staatsoper, die junge Sängerin in Budapest hörte und so begeistert war, dass er sie unverzüglich an sein Haus nach Wien holte, was verständlich ist, wenn man sich heute die Stimme auf alten Platten anhört.


    Veni, vidi, vici - man kann das etwas modifizieren: sie kam, sie sang, sie siegte, und zwar auf der ganzen Linie. Da kommt also eine völlig Unbekannte aus Budapest herüber und dient sich nicht über kleine Rollen hoch, sondern steigt an diesem berühmten Haus gleich mit Carmen ein.
    Wenn man die Analen der Staatsoper studiert fällt lediglich auf, dass die Neue bereits am 14. September 1921 bei den drei Knaben in der »Zauberflöte« mitwirkte, vermutlich um die Atmosphäre des Hauses zu schnuppern.
    Am 23. September 1921 dann der große Einstieg als Carmen, eine Rolle, in der sie schließlich bis 1951 insgesamt 82 Mal auf der Bühne der Wiener Staatsoper stand. Es sollen insgesamt 106 Rollen des gesamten Alt- und Mezzosopran-Faches gewesen sein, die sie beherrschte.
    Noch in der gleichen Saison gab sie - gefördert von Franz Schalk und Richard Strauss - ihren ersten Liederabend im Großen Musikvereinssaal in Wien. Warum Meister Strauss von der Sängerin so begeistert war, kann man nachvollziehen, wenn man die alte Polydor-Platte von 1928 auflegt und hört wie sie das Lied »Befreit« singt.
    Ab 1922 hatte sie auch zahlreiche Auftritte bei den Salzburger Festspielen; allmählich wurde ihr Künstlername ›Rosette Anday‹ zu einem Markenzeichen und die Sängerin war weltweit begehrt; sie tourte nicht nur durch die bekannten Opernhäuser Deutschlands sondern war auch in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent präsent.


    So kam es schließlich auch fern der Heimat zur ersten Eheschließung; während einer dreimonatigen USA-Tournee heiratete sie im Februar 1932 in New York den jüdischen Adligen Egon Ernst von Ketschendorf, aber dem in der New Yorker Saint Thomas Church geschlossenen Ehebund war keine lange Dauer beschieden, schon im Mai 1933 hatte die Gemeinsamkeit ein Ende gefunden.


    Ihre Stimme reifte immer mehr heran, wurde mit der Zeit voluminöser, so dass sie von Mozarts Cherubino und Dorabella zu Verdi und Wagner kam.
    Fünf Jahre nach ihrem Wiener Debüt war sie mit der Rolle der Dalila in Camille Saint-Saëns Oper »Samson und Dalila« gefordert, eine Traumrolle für eine Mezzosopranistin.
    Und sie beglückte Strauss nicht nur mit dem Vortrag seiner Lieder - sie war auch eine großartige Klytämnestra.


    Im Juni 1937 kam es dann in Wien zu einer zweiten Eheschließung mit dem Rechtsanwalt Dr. Karl Bündsdorf. Diese Ehe blieb stabil, aber die politischen Verhältnisse nicht, was diese Verbindung einer Belastung der besonderen Art aussetzte. Ab März 1938 durfte Rosette Anday wegen ihrer jüdischen Herkunft nicht mehr an der Staatsoper auftreten und erhielt demnach auch keine Gage mehr. Der rechtskundige Gatte gab sein Bestes, er war ja ›Arier‹, aber die Zeiten waren äußerst gefährlich, also versuchte man in dieser Situation möglichst unbemerkt zu bleiben.


    Nach Kriegsende gab es relativ schnell auch wieder Salzburger Festspiele, so war sie bei der Uraufführung von »Dantons Tod« am 6. August 1947 mit dabei und ihr letzter Salzburger Auftritt war bei Mozarts Requiem am 24. August 1947.
    1961 konnte sie ihre 40-jährige Zugehörigkeit zur Wiener Staatsoper feiern; in einer Festvorstellung verabschiedete sie sich am 22. Oktober als Klytämnestra in »Elektra«.



    Praktische Hinweise:
    Das Ehrengrab von Rosette Anday befindet sich auf dem Zentralfriedhof Wien, Simmeringer Landstraße 234.
    Vom Tor 2 kommend geht man die Hauptachse geradeaus und erreicht Gruppe 32 C vor der großen Friedhofskirche und links des Hauptweges.
    Man kann von etwa fünf Gehminuten ausgehen, Friedhofspläne stehen ausreichend zur Verfügung.


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    Diese beiden Steine sind andere Gräber, das Grab Anday befindet sich weiter rechts davon


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    Karl Dönch - * 8. Januar 1915 Hagen - † 16. September 1994 Wien


    Über seine Herkunft und wie Karl Dönch zum Sängerberuf kam, ist in der Öffentlichkeit außer dem Geburtsort nichts bekannt. Das Große Sängerlexikon stellt dar, dass Dönch am Konservatorium in Dresden ausgebildet wurde; in anderen Publikationen ist zu lesen, dass er Musik, Gesang und Schauspiel studierte; Hinweise auf seine besondere schauspielerische Begabung ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Künstlerleben.


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    Zum heutigen Todestag von Karl Dönch


    Karl Dönchs Debüt fand 1936 am Stadttheater Görlitz statt, wo er in der Rolle des Dr. Bartolo im »Barbier von Sevilla« in Erscheinung trat. Dem folgten Engagements am Grenzlandtheater in Reichenberg (Liberec, Böhmen, 1939-41). In den Jahren 1942 bis 1944 ist eine Tätigkeit am Stadttheater Bonn dokumentiert.


    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Dönch »Österreicher«, das heißt, dass er für den Rest seines Lebens in Österreich, insbesondere in Wien, fest verwurzelt war; allgemein wird er als deutsch-österreichischer Sänger mit der Stimmlage Bassbariton bezeichnet.
    Dönch nähert sich Österreich über Salzburg und in den Analen des Salzburger Landestheaters ist nachzulesen wie sich die Anfänge nach dem großen Krieg gestalteten.
    Nachdem Intendant van Hamme in Pension gegangen war, konnte keine in allen Belangen geeignete Nachfolge gefunden werden, so dass de Pasetti - damaliger Leiter der Theater- und Musikabteilung des amerikanischen Nachrichtenkontrolldienstes in Österreich - in eine besondere Konstruktion der Theaterleitung einwilligte. Es bildete sich ein Triumvirat aus dem Schauspieler Erwin Faber, dem Operettenkomiker Riegler und Karl Dönch, der das Theater künstlerisch leiten sollte.
    Das erste Stück auf dem Spielplan war »Der Wildschütz« von Lortzing, Dönch sang den Schulmeister Baculus.


    Die »Salzburger Nachrichten« vom Dienstag, 2. Juli 1946 bringen einen Bericht über Karl Dönch, der mit einem Porträtfoto und drei Rollenfotos des Sängers illustriert ist. Einige Textauszüge, die zeigen wie der damals 31-Jährige gesehen wurde, seien hier zitiert:


    »Karl Dönch hat in der vergangenen Saison fünf Opern inszeniert, eine schöne Leistung, wenn man die Schwierigkeiten berücksichtigt, die er bewältigen musste. Abgesehen davon, dass schon das Beschaffen einer Partitur gegenwärtig eine außergewöhnliche Leistung darstellt, stand Dönch meist nur wenig Zeit zu Proben zur Verfügung ...
    Dönchs Künstlerpersönlichkeit wird von zwei Hauptmomenten getragen: seinem schauspielerischen Können und seinem außergewöhnlichen Sicheinfühlen in den Geist des Werkes. Wir schrieben schon einmal, dass Dönch auch als Schauspieler Karriere gemacht hätte. Sein Spiel ist vollkommen ausgereift und abgeschliffen. Die sogenannten Spitzwegtypen sind seine Hauptstärke und in deren Darstellung ist er zweifellos unübertrefflich. Stimmlich zeichnet ihn eine feine Musikalität aus. Jeder Ton sitzt sicher, und nur die Farbe des Tons ist manchmal blass.«


    Nur sechzehn Monate später wird dann Dönchs vorläufiger Abschied von Salzburg angezeigt, in anderer Mission kommt er jedoch wieder in die Stadt; in der Chronik liest sich das so:


    15. Oktober 1947
    Abschiedsabend von Karl Dönch. Der beliebte Opernsänger des Landestheaters gibt im Großen Saal des Mozarteums ein umjubeltes Abschiedskonzert, begleitet von Paul Schilhawsky am Flügel. Karl Dönch übersiedelt an die Staatsoper Wien.«


    An der Wiener Staatsoper erschien Karl Dönch erstmals am 7. November 1947. Unter dem Dirigat von Ference Fricsay wurde »Dantons Tod«, eine Oper des Komponisten Gottfried von Einem, als Übernahme von den Salzburger Festspielen, gegeben; Dönch in der Rolle des Simon, den er auch schon in Salzburg alternierend mit Georg Hann sang.


    Karl Dönch hatte in den Folgejahren mehr als tausend Auftritte an der Wiener Staatsoper absolviert, wobei zu erwähnen ist, dass das nicht immer die ganz großen Rollen waren - zum Beispiel 142 Mal als Mesner in »Tosca« -, aber mit seinem Sixtus Beckmesser brachte er es in 27 Jahren auf beachtliche 93 Vorstellungen und hatte auch Gastverträge mit Opernhäusern in Berlin und Düsseldorf; gastierte als Beckmesser an der Mailänder Scala, am Teatro Colón in Buenos Aires und war von 1966-69 an der Metropolitan Opera New York engagiert, wo er als Beckmesser debütierte, aber auch im »Rosenkavalier« und »Wozzeck« zu hören war. Man kann in diesem Rahmen nicht alle Häuser seines Wirkens nennen, aber Gastspiele am Teatro San Carlos Lissabon und an der Grand Opéra Paris seien noch erwähnt.
    Bei all diesen internationalen Verpflichtungen sollen auch noch seine Mitwirkungen bei den Festspielen in Salzburg, Bregenz und Mörbisch nicht vergessen werden.


    Nachdem Albert Moser von der Wiener Volksoper weggegangen war, erwies sich die Nachfolge als schwierig, weil da allerhand zu beachten war. So kam es zu der Situation, dass die Belegschaft einen Kandidaten aus den eigenen Reihen vorschlug - Kammersänger Karl Dönch.
    Von 1973 bis 1987 war er nun in vielerlei Hinsicht die prägende Persönlichkeit; als Direktor, Regisseur und Darsteller auf der Bühne. Dönch wollte an der Volksoper ein neues Ensemble formen und das vorher übliche Auftreten von Gästen etwas einschränken. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit kündigte Dönch an, das Repertoire drastisch auf 35 Werke zu reduzieren.
    Im Gegensatz zu seinem Vorgänger war für Dönch das Singen in deutscher Sprache unverzichtbar. Dönch griff auch dergestalt ins Repertoire ein, indem er keine Musicals mehr spielen ließ. Marcel Prawy schrieb in seinem Buch: »während an der Volksoper noch meine Musicalproduktion lief, kam ein musicalfeindlicher Direktor an die Volksoper, der berühmte Beckmesser Karl Dönch.«


    In Dönchs Direktionszeit wurden insgesamt 190 Abende angeboten, an denen Spielopern der Komponisten Lortzing, Flotow und Nicolai gespielt wurden, 65 Mal »Der Wildschütz«, 43 Vorstellungen der Oper »Zar und Zimmermann« ...
    In den 14 Jahren unter Dönch wurden 42 Opern und 23 Operetten zur Aufführung gebracht.
    Allerdings waren die Kritiken in den verschiedenen Zeitungen nicht gerade berauschend, also in der überwiegenden Zahl schlecht, wenn man das so querbeet liest.


    So schreibt zum Beispiel die »Wochenschau« zur Premiere von »Der Wildschütz« am 3. Dezember 1977:


    »So konnte Karl Dönch den dümmlichen Schulmeister [...] wohl immer noch wie vor siebzehn Jahren an der Staatsoper als komische Figur genüsslich ausspielen, nicht aber mehr partieentsprechend aussingen.«


    1981 hatte Karl Dönch die Kammersängerin Sonja Mottl geheiratet, die seit 1955 Ensemblemitglied der Volksoper war und dort 1.475 Auftritte hatte. Sie starb 2014 und fand ihre letzte Ruhe an der Seite ihres ersten Mannes auf dem Hernalser Friedhof.


    Karl Dönchs Leben, insbesondere sein Theaterleben, war äußerst facettenreich und dies ist auf Tonträgern vielfältig dokumentiert und der Nachwelt erhalten


    Praktische Hinweise:
    Das Ehrengrab von Karl Dönch befindet sich auf dem Zentralfriedhof Wien, Simmeringer Landstraße 234.
    Vom Tor 3 ausgehend erreicht man den Ehrenhain Gruppe 40 in etwa fünf Gehminuten, Friedhofspläne stehen ausreichend zur Verfügung.


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    Sein künstlerisches Wirken ist auf Tonträgern vielfältig dokumentiert.

    Zum Beitrag #93


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    Die Frage nach der Quelle kann ich leider nur unscharf beantworten, weil ich ›irgendwie‹ in den Besitz dieser schwer lesbaren Kopie kam, deren Herkunft ich nicht benennen kann. Zu meinem Beitrag hatte ich den Text mit Hilfe einer Lupe abgetippt. Vielleicht kann Herr Zemp im Internet nach dem Original fahnden ...

    Johan Botha - * 19. August 1955 Rustenburg (Südafrika) - † 8. September 2016 Wien


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    Zum heutigen Todestag von Johan Botha


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    Leider ist die Vergolderarbeit misslungen, denn Blattgold hat eine Lebensdauer von Jahrzehnten, siehe Beitrag 834

    .

    Nach eigener Aussage wuchs Johan auf einer riesigen Farm auf, die 1.700 Hektar groß war und seinen Großeltern gehörte; da gab es tausende Kühe, Schafe, Schweine, natürlich auch wilde Tiere und der Milchzug fuhr durch dieses Gelände, wobei die Dampflok den Kleinen mächtig beeindruckte.
    Elektrisches Licht wurde von einem Generator erzeugt und es gab damals in Südafrika nur zwei Radiosender, einer bot vor allem klassische Musik.
    Botha ist dort ein weitverbreiteter Name, so dass es sich ergab, dass Johans Eltern schon vor ihrer Heirat den gleichen Nachnamen hatten.
    Wenn man sich durch englischsprachige Medien liest, wird hier geschrieben, dass Johan Botha in der kleinen Bauerngemeinde Derby, 80 Meilen von Rustenburg entfernt, geboren wurde, wo sein Vater Postmeister und seine Mutter Postmeisterin war, Botha erzählte einmal:
    »Ich bin zwischen Postsäcken aufgewachsen.«; später zogen sie nach Rustenburg, wo Johan seine Ausbildung fortsetzen konnte ohne aufs Internat zu müssen.


    Seine Berufsentscheidung traf Johan bereits im Alter von fünf Jahren, denn sein Vater und der Opa mütterlicherseits hörten sehr viel Opernmusik und der Junge sang oft kräftig mit, so zum Beispiel bei »La Traviata« - natürlich alle Partien - ; vom Sopran über Bass-Bariton bis zum Tenor hatte er alles drauf, wobei der Vater dann schon einmal mahnte endlich die Klappe zu halten. In Vaters Plattensammlung waren die Stimmen von Enrico Caruso, Beniamino Gigli und Richard Tucker zu hören.


    Zunächst schicken ihn die Eltern zum Chorsingen; als der Junge zehn Jahre alt war, kam ein Geistlicher der niederländisch-reformierten Kirche zum Hausbesuch (auch als etablierter Sänger war Johan Botha sehr religiös) und empfahl den Eltern dem Zehnjährigen Gesangsunterricht geben zu lassen. Da wird ein tschechischer Flüchtling als Gesangslehrer genannt, aber auch eine Frau Jarmilla Tellenger; seiner Lehrerin soll er die Königin der Nacht aus der »Zauberflöte« vorgesungen haben.


    Als Schüler hatte er es nicht ganz leicht, weil Johan Legastheniker war, also weder Wörter flüssig lesen noch buchstabieren konnte und er litt darunter, dass man ihn für dumm hielt. Was er jedoch konnte - Noten lesen!

    Nach dem Abitur absolvierte er 1983-84 seine Militärzeit bei der südafrikanischen Luftwaffe, wo auch Musik ein Thema war; in einer Militärjazzband spielte er Gitarre und Schlagzeug. Aber durchweg lustig war die Sache nicht, bei Grenzkriegen gab es Erlebnisse, die seine Seele nicht so einfach wegstecken konnte, so dass er die Schrecken des Militärlebens durch eine Therapie aufarbeiten musste.
    Dann ging Botha an die Pretoria Technikon Opera School. Hier wies man ihm als erste Rolle den Sir John in Verdis »Falstaff« zu. Aufgrund seiner stimmlichen Bandbreite kommt man erst allmählich darauf, dass Johan Botha ein Tenor ist. Der 22-jährige Botha springt einmal in Pretoria in der Baritonrolle des Carlo Gérrard bei einer Aufführung von »Andrea Chénier« ein. Sein Lehrer, Eric Muller, weissagte damals: »Sie werden einer der besten Wagner-Tenöre der Welt sein« Nach seinem Studium debütierte er 1989 in seiner Heimat - in Roodepoort - als Max im »Freischütz«.


    Auch dem großen Chorleiter Norbert Balatsch (Bayreuther Festspielchor 1972-1999) blieb diese außergewöhnliche Stimme nicht verborgen, er engagierte den Südafrikaner 1990 für den Festspielchor.
    Johan Botha nutzte den dreimonatigen Aufenthalt, um die deutsche Sprache zu lernen und lernte hier auch den Fußballsport kennen, denn in Italien wurde gerade die Weltmeisterschaft ausgetragen. Im Folgenden verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Europa.

    Presseberichte nennen als Debüt in Deutschland den 26. Januar 1991, wo beim Pfalztheater Kaiserslautern die Premiere von Verdis »Maskenball« über die Bühne ging.
    Die nächsten Stationen waren Dortmund, Hagen, und Bonn, dann hatte sich das Stimmereignis allgemein herumgesprochen, also auch bis zu den großen Häusern.
    Er gastierte an allen drei Berlinern Opernhäusern. Ab 1993 war Botha auch mit der Hamburgischen Staatsoper verbunden, wo er sein Debüt als Florestan in »Fidelio« gab und am 3. Oktober 2014 letztmals als Radames in »Aida« auf der Bühne stand.


    Seinen internationalen Durchbruch schaffte Johan Botha 1993 mit seinem Auftritt als Pinkerton in »Madame Butterfly« an der Pariser ›Opéra Bastille‹. Wie nachzulesen ist, schickte Bothas Manager Einladungen an Spitzenhäuser; man möge sich die Vorstellung in Paris anhören. Johan Botha erklärt die folgenden Reaktionen so:
    »Innerhalb von zwei Wochen hatte ich Verträge mit Covent Garden, der Met, der Wiener Volksoper und der Berliner Oper unterzeichnet.«
    Die Welt stand ihm nun offen und es ist eigentlich müßig alle großen Häuser zu nennen.
    An der »Met« debütierte er im Januar 1997 als Canio in »I Pagliacci« und war dann dort unter anderem in »Lohengrin«, »Die Meistersinger von Nürnberg«, »Turandot«, »Aida«, »Don Carlos« und »Otello« zu sehen und zu hören. Seit dem Sommer 1998 trat Botha auch bei den Salzburger Festspielen auf.


    Und natürlich gehört Wien dazu, die Stadt, welche der Sänger mit Frau und zwei Jungs als Lebensmittelpunkt wählte; 1998 wurde Botha österreichischer Staatsbürger.
    Sein Wiener Debüt gab er zunächst 1994 an der Volksoper, wo er einen hochgelobten Rodolfo unter der Regie von Harry Kupfer sang; eigentlich sang er den Rudolf, denn es war eine deutschsprachige Aufführung.
    Der renommierte Musikkritiker Dr. Wilhelm Sinkovicz fasst das Gehörte in folgende Worte:
    »Von der großen Arie und dem strahlend angesetzten, dann behutsam ins Piano zurückgenommenen hohen C, von den Pianissimi in den Duetten, namentlich jenem im dritten Akt, schwärmen die Wiener Habitués noch heute.«
    An der Wiener Staatsoper debütierte Botha dann am 20. Februar 1996 als Mario Cavaradossi in »Tosca« und wurde bereits im Juni 2003 zum bisher jüngsten österreichischen Kammersänger der Staatsoper Wien ernannt.
    Bei weltweiten Aktivitäten versuchte Botha seine Auftritte auf etwa vierzig pro Jahr zu begrenzen, was ihm auch oft gelang, außer 2013, als die musikalischen Antipoden Verdi und Wagner ihren runden Geburtstag hatten.


    Bothas Repertoire umfasste alle großen Tenorpartien des italienischen und deutschen Fachs. Als Wagner-Sänger machte er ab 1998 auf sich aufmerksam, wo er - wiederum an der Volksoper - als Walther Stolzing in »Die Meistersinger von Nürnberg« zu hören war.
    Endlich - 2010 - konnte der ehemalige Bayreuther Chorsänger als Solist und unter dem Dirigat von Christian Tielemann auf der Bayreuther Festspielbühne stehen. Bis dato hatte Botha Wagner-Partien an vielen großen Bühnen der Welt gesungen, nur nicht in Bayreuth, wo er nun den Siegmund anstelle von Endrik Wottrich sang und recht gute Kritiken bekam, man sprach von einem strahlenden Lichtblick.
    Als Botha 2013 den Siegmund an gleicher Stelle unter Kirill Petrenko bot, wurde seine sängerische Leistung abermals hoch gerühmt, jedoch sein darstellerisches Unvermögen kritisiert. Das wurde mitunter auch verletzend getan und der wuchtige Sänger kontert, wenn er in Kritiken liest, dass er kein glaubwürdiger Liebhaber sei: »Ich singe wie einer«.
    Ferner gab er zu bedenken, dass kein Magersüchtiger Otello singen könne.
    Wenn es um Musikalisches ging war Botha sehr beweglich. In Kaiserslautern und Hagen hatte er »Madame Butterfly«, »Carmen« und »Bajazzo« in deutschen Übersetzungen gesungen. Als nun in Paris der vorgesehene Tenor absagte, lernte er seine Rolle innerhalb von zwei Tagen auf Italienisch.


    Als Sänger wurde er in aller Regel hochgelobt, weil er sich nicht nur auf seine Stimmgewalt konzentrierte, sondern sehr differenziert sang, was nur gelingen konnte, weil er ständig auch an allerkleinsten Feinheiten feilte. Über viele Jahre hinweg arbeitete er in Berlin mit der ausgezeichneten Stimmkennerin Irmgard Hartmann-Dressler an Details; als er zum ersten Kontakt bei ihr erschien und die Bajazzo-Arie sang, sagte sie: »Warum schreien Sie mich so an?« Diese Zusammenarbeit beschrieb er einmal so:
    »Sie ist einerseits eine sehr freundliche Dame. Aber sie hat ein unglaubliches Gehör und korrigiert mich gnadenlos, wenn ich mal einen Fehler mache. Und diese Kontrolle hilft mir ungeheuer weiter. So wie man ein Auto in die Werkstatt bringt, mache ich das Feintuning mit Frau Hartmann.«
    Sein Korrektiv starb hochbetagt im Dezember 2013.


    Obwohl er im deutschen und italienischen Fach gleichermaßen Erfolg hatte, war Botha in Wagner-Rollen weltweit besonders begehrt, weil eben im italienischen Fach ein Reservoier an Tenören zur Verfügung steht, aber ein guter Wagner-Tenor seltener zu finden ist.
    Auch in Strauss-Opern war Botha kaum zu übertreffen; als das Münchner Nationaltheater im November 2013 den 50. Geburtstag der Wiedereröffnung mit »Die Frau ohne Schatten« feierte, und Kirill Petrenko in München seinen Amtsantritt hatte, schrieb der Kritiker Peter Krause:
    »Eine gewohnt sichere Bank ist Johan Botha als gewichtiger Kaiser mit nimmermüde mühelosem Tenorstrahl«.
    Wenn es unbedingt sein musste, war Botha auch in der Lage helfend einzuspringen, so wie zum Beispiel im März 2012, als er nach einer Probe mit seinen Söhnen zum Essen gegangen war und natürlich auch ein Bier getrunken hatte, läutete schon beim Betreten der Wohnung das Telefon. Der Musikverein Wien brauchte binnen einer Stunde einen Ersatz für den mit einer Nierenkolik kurzfristig ausgefallenen Torsten Kerl bei einer Aufführung von Mahlers »Das Lied von der Erde« mit Zubin Metha.
    Botha, der diesen Part letztmals vor sechs Jahren gesungen hatte, sprang ein und in ein Taxi, das ihn mit eiligem Tempo von Hietzing aus zum Musikverein brachte, das Studium des Klavierauszuges konnte auf dieser Fahrt nicht allzu intensiv gewesen sein. Thomas Hampson hatte seine ersten Lieder bereits gesungen als Botha eintraf.
    Obwohl Mahlers Werk unter diesen unglücklichen Umständen nicht wie gewohnt aufgeführt werden konnte, war das Publikum an diesem Abend hell begeistert.
    Man kann an dieser Stelle einen Sprung ins Jahr 2016 machen, wo Mahlers Stück unter Kirill Petrenko aufgeführt wurde; Johan Botha, der in dieser Aufführung singen sollte, war schon schwer krank, musste absagen und Robert Dean Smith sprang für ihn ein.


    Aber zunächst eilte Botha von Erfolg zu Erfolg und konnte auch seinen Eltern die Freude machen, dass sie ihren Sohn öfter hören konnten, weil manche Opernaufführungen der »Met« weltweit in Kinosäle übertragen werden.
    Botha kam auch regelmäßig nach Südafrika, aber bedauerte, dass er nicht öfter gebeten wurde, dort zu singen. Er forderte auch mehr Übersetzungen von Opern in die ›schwarzen Sprachen‹ und fügte hinzu:
    »Zulu-Vokale sind rund und funktionieren in der italienischen Musik.«


    Um nochmals in das Jahr 2012 zurückzukehren - in einer Matinee der Wiener Staatsoper am 15. Juni dieses Jahres, wurde Johan Botha der Titel eines Blue Shield-Botschafters verliehen, wobei Ioan Holender die Laudatio hielt. Der Schutz von Kultur war für Botha ein Anliegen, das weit über den musikalischen Bereich hinaus ging.


    Als Sänger war Botha weit voran gekommen, aber seine Stimme hatte noch Entwicklungspotenzial, schließlich hatte er sich die »Tristan«-Partitur schon ehrfürchtig angesehen, und er erklärte lachend, dass ihn dann der Mut verlassen habe.
    James King, der große und erfahrene Wagner-Tenor, ›drohte‹ dem angehenden Sänger einmal: »Lass Dich nicht dabei erwischen, dass Du Wagner singst, bevor Du alt genug dazu bist.« Ferner gab King dem jungen Botha den Rat: »Eine große Wagner-Karriere wird durch das Wort ›Nein‹ gebaut«. Im Wesentlichen hielt sich Botha auch an diese Ratschläge.
    Aber er näherte sich dem »Tristan« und war zumindest mit Duetten aus diesem Werk auf Tonträgern zu hören, seine Partnerin war Deborah Polaski.
    Für 2017 war in Berlin mit Barenboim mehr »Tristan« geplant, aber dazu sollte es nicht mehr kommen.


    Im Oktober 2015 hatte Botha an der Metropolitan Opera New York unter dem Dirigat von James Levine sieben erfolgreiche Auftritte in »Tannhäuser« gehabt, die letzte Vorstellung am 31. Oktober. Danach wurde der Sänger mit der Diagnose Leberkrebs konfrontiert.
    Da war an Singen nicht mehr zu denken, das Procedere nach so einer Diagnose ist ja allgemein bekannt. Ein Wunder? - Im Juni 2016 war er in Budapest in »Walküre« zu hören und es folgten Auftritte an der Bayerischen Staatsoper mit »Turandot« an der Seite von Nina Stemme.


    Auch in Südafrika ist Johan Botha im August 2016 nochmal in Galakonzerten zu hören, muss jedoch seine letzten Auftritte krankheitsbedingt absagen. Johan Bothas letztes Konzert fand am 16. August in Stellenbosch statt, sein letztes öffentlich gesungenes Lied war »Heimwee« von S. le Roux Marais.


    Wenn man sich quer durch die Literatur liest, gewinnt man den Eindruck, dass Johan Botha nicht nur ein beeindruckender Sänger war, sondern auch ein überaus gütiger und humorvoller Mensch. Zu seiner Frau hatte er einmal gesagt: »Hau mir eine Pfanne über den Kopf, wenn ich 60 bin, und sag: Jetzt ist Schluss.«


    Am 21. September trug man den Ausnahmesänger in Wien zu Grabe; Staatsoperndirektor Ioan Holender brachte es in seiner Trauerrede auf den Punkt: »Johan Botha machte sich Zeit seines Lebens nicht wichtig - er war es durch seine Leistung.«
    Verabschiedet wurde das Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper durch das Staatsopernorchester und den Chor des Hauses mit Mozarts »Ave verum« und der »Maurischen Trauermusik« sowie Felix Mendelssohn Bartholdys »Wirf Dein Anliegen auf den Herrn«
    Den musikalischen Schluss der Trauerfeier gestaltete Johan Botha selbst, es war eine Einspielung seiner Interpretation des Walter von Stolzing aus »Die Meistersinger von Nürnberg«.


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    Johan Botha ruht hier im Kreis berühmter Bühnenpersönlichkeiten


    Praktische Hinweise:
    Das Ehrengrab von Johan Botha befindet sich auf dem Zentralfriedhof Wien, Simmeringer Landstraße 234.
    Vom Tor 3 ausgehend erreicht man den Ehrenhain Gruppe 40 in etwa fünf Gehminuten, Friedhofspläne stehen ausreichend zur Verfügung.

    Lieber Carlo,
    Du darfst voraussetzen, dass ich da natürlich längst war (Sommer 2022) und wusste, dass er im Gemeinschaftsgrab Feld 10 beigesetzt wurde.
    Ein Foto des Feldes füge ich hier ein; die im Hintergrund zu sehende Wand besteht aus Metallstäben, in die Namen eingraviert sind,
    den Namen Roland Hermann konnte ich allerdings nicht finden.


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    Caspar Neher

    Caspar Neher revolutionierte mit seinen Entwürfen das Theater der Weimarer Republik. Er verzichtete weitgehend auf Dekorationen; seine Entwürfe sind schlicht und sachlich.
    Oft wird Neher nur in Verbindung mit Bertolt Brecht gesehen, mit dem er das Realgymnasium in Augsburg besuchte, aber er war auch eng mit dem Komponisten Wagner-Régeny befreundet, für den er auch als Librettist arbeitete.


    Die hier eingefügten Bilder stammen aus einer »Macbeth«-Produktion von 1959 an der Metropolitan Opera New York.


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    Karl Böhm - * 28. August 1894 Graz - † 14. August 1981 Salzburg


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    Zum heutigen Geburtstag von Dr. Karl Böhm


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    Die hintere Friedhofsbegrenzung bildet sich aus diesen Gruft-Gräbern.


    Dr. Karl Böhm

    Der Vater war Rechtsanwalt und das Elternhaus hatte die Erwartung, dass der Sohn selbstverständlich in die Fußstapfen des Vaters tritt, zumal eine eigene Kanzlei vorhanden war. Der Vater meinte:


    »Wenn ich das Gefühl habe, dass du wirklich etwas Großes erreichen wirst, kannst du mit meiner vollen Unterstützung rechnen. Aber als Rückhalt muss dir das Jusstudium dienen, damit du, wenn es schiefgeht, in meine Kanzlei eintreten kannst.«


    Das Misstrauen gegen den Künstlerberuf war vom Vater aus berechtigt, denn als Rechtanwalt und Syndikus des Grazer Stadttheaters hatte er Einblicke in das Elend künstlerischer Mittelmäßigkeit.


    Karl war der älteste der drei Böhm-Buben, nach ihm kamen noch Leopold und Walter.
    Schon im Babyalter horchte der kleine Karl auf, wenn aus der nahen Kirche Orgelklänge zu hören waren oder Militärmusik von der Kaserne her erklang; mitunter wurde sogar ein Leierkastenmann als Babysitter engagiert.
    Die Jungs wuchsen in einem musikliebenden Elternhaus heran; Vater Leopold war begeisterter Wagnerianer, der dem Grazer Konzertleben sehr nahe stand. Der später berühmte Dirigent vermittelte der Öffentlichkeit, dass sein Vater eine sehr schöne Stimme gehabt habe, die etwa zwischen Tenor und Bariton lag; als Söhnchen Karl acht Jahre alt war, konnte er Vaters Gesang am Flügel begleiten. Übrigens nahm Leopold Böhm auch Gesangsstunden und war mit seinen jüngeren Söhnen Mitglied des akademischen Gesangvereins.
    In Sachen Musik schätze Dirigent Böhm seine Eltern so ein: »Meine Mutter war unerhört musikalisch, nicht nur musikliebend, während mein Vater musikliebend, aber nicht musikalisch im eigentlichen Sinne war«.


    Die Familie Böhm gehörte zur besseren Gesellschaft, wie man zu sagen pflegt und man besaß in der Nähe von Graz - in Baierdorf - eine Villa.
    Auch die Verwandtschaft der Böhms konnte sich sehen lassen: ein Großonkel von Karl Böhm war der letzte österreichisch-ungarische Kriegsminister und der andere Großonkel war der Opernsänger Carl Link, dem das ›Große Sängerlexikon‹ immerhin mehr als eine Seite widmet und er war auch der erste deutschsprachige Don José an der Berliner Hofoper.


    Zunächst wollte Karl Böhm ja Pianist werden und musste mit dem Klavierunterricht recht unterschiedliche Erfahrungen machen. Ein Lehrer forderte so viel zu üben, dass man eitrige Fingernägel bekommt, also wechselte er zu einer Klavierlehrerin, die mehr Freude an der Musik zu vermitteln wusste. Dann kam er zu Franz Weiß, einem Schullehrer, der Chormeister des Grazer Männergesangvereins war und seine Musikbegeisterung auf den jungen Böhm übertrug.


    Es traf sich auch gut, dass Vater Leopold Böhm alle Grazer Künstler kannte und recht gut vernetzt war, wie man das heutzutage nennt; als Sohn Karl 1913 die Matura bestanden hatte, durfte er für ein Jahr nach Wien gehen. Der Grazer Dirigent Franz Schalk hatte dazu geraten dass der angehende Musikstudent nicht an die Akademie geht, sondern Privatstunden bei Eusebius Mandyczewski, dem langjährigen Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien nimmt. In der Nachschau beurteilte der alte, erfahrene Böhm diese Studien so:


    »In einem Jahr lernte ich bei ihm das, wofür ich an der Akademie drei Jahre benötigt hätte; die Zeiten mit Mandyczewski waren die fruchtbarsten meiner ganzen Studienzeit.«


    Aber da war ja noch die Absicherung, nämlich Rechtswissenschaften zu studieren, also schrieb er sich parallel zu seinen Musikstudien an der Karl-Franzens-Universität in Graz ein.
    Wenn er jedoch Vorlesungen hörte, dann waren es die von Guido Adler, der Musikgeschichte lehrte.


    Böhm selbst sagte, dass er nie juristische Vorlesungen besuchte, sondern einfach den Prüfungsstoff gepaukt hat, was offenbar ausreichend war, denn am 4. April 1919 promovierte er an der Grazer Universität zum Dr. jur. Auf diesen so hart erarbeiteten Titel legte Karl Böhm zeitlebens einen gewissen wert.


    Inzwischen hatte in Europa ein fürchterlicher Krieg stattgefunden, dem Karl Böhm mit einigem Geschick und Einfallsreichtum weitgehend ausweichen konnte.
    Nachdem der Zwanzigjährige für tauglich eingestuft war, musste er sofort einrücken.
    Der Vater war beruhigt, dass sein Sohn zur »Traindivision« kam, denn die sorgen für den Nachschub, da hat man immer was zu essen.
    Da er ein eigenes Pferd stellen konnte und ein begeisterter Reiter war, musste er also nicht direkt an die Front. Nach einigen beim Militär üblichen Schikanen wurde er dann recht bald Korporal und Zugführer. Ohne eigenes Verschulden wurde Zugführer Böhm von einem Pferd getreten, dann kam eine Bronchitis hinzu, die ein befreundeter Arzt als TBC-verdächtig einstufte; 1916 schied Böhm mit dem Befund ›völlig untauglich‹ aus dem Heer aus.


    Als Kapellmeister Markowitz fragte: »Willst du nicht zu uns ans Theater kommen?«, war das natürlich ein willkommenes Angebot und ein echtes Kontrastprogramm zu den kriegerischen Ereignissen; Karl Böhm bekam einen Vertrag als Korrepetitor am Grazer Theater.
    Am 17. Oktober 1917 dirigierte Karl Böhm an diesem Theater seine erste Oper - »Der Trompeter von Säckingen«, die eigentlich einer Aufführungsdauer von fünf Stunden bedarf, aber der junge Dirigent strich das Werk auf zweieinhalb Stunden herunter.
    Die Aufführung war ein voller Erfolg, wobei zu erwähnen ist, dass das damals noch nicht Dr. Böhm war, denn zwischen seinem zweiten Dirigat, dem »Freischütz«, musste immer noch - mit Hilfe eines Paukers - für das zweite juristische Staatsexamen gebüffelt werden, was bis in die tiefe Nacht hinein geschah.
    Beim dritten Rigorosum war Böhm in Graz schon ein recht bekannter Dirigent, man darf davon ausgehen, dass das eine eher angenehme Prüfungssituation war.
    Als er dann in Graz mit »Fidelio« von der Kritik enthusiastisch gelobt wurde, lag ihm das musikalische Graz zu Füßen; in der Saison 1920/1921 konnte er sich aussuchen was er dirigieren wollte, er hätte nun Opernchef in Graz werden können - strebte aber nach Höherem.


    Während der Generalprobe zu »Othello« erreichte Dr. Böhm ein Telegramm aus München; der Absender war Bruno Walter, der zu einem Probedirigat nach München einlud; als Probedirigate waren am Nationaltheater München »Freischütz« und »Butterfly« vorgesehen.
    Den praktisch sicheren Chefposten in Graz aufs Spiel setzen und zu Dirigaten mit ungewissem Ausgang nach München fahren, was damals auch verkehrstechnisch schwieriger war als heute, das glich einem Vabanquespiel.
    Die Probevorstellungen mit Böhm gefielen zumindest dem Publikum und der Kritik, aber die Theaterleitung ließ den jungen Dirigenten nach der »Butterfly«-Aufführung zunächst im Unklaren; erst nach einer schlaflosen Nacht - von Böhm - wandte sich Bruno Walter an den neuen Kollegen und riet zu einem Verbleib in München, um auf hohem Niveau zu lernen.
    Vor allem konnte Böhm sein noch nicht allzu umfangreiches Repertoire erweitern.
    Zu dem bisher familiären ›Hausgott‹ Richard Wagner brachte ihm Bruno Walter nun Mozart näher.


    Und Böhm ließ sich darauf ein, besuchte möglichst oft Walters Proben sowie Aufführungen, die Walter dirigierte. So geschah es, dass Böhm als jüngster Dirigent im Hause schon im ersten Jahr Mozarts »Entführung« leiten durfte, eine solche Besetzung wäre in Graz nicht möglich gewesen: Richard Tauber sang den Belmonte, Maria Ivogün die Konstanze und Paul Bender den Osmin.
    Nach neunjähriger Tätigkeit verließ Bruno Walter München und wechselte nach Berlin. Der nachfolgende Hans Knappertsbusch war dann von ganz anderem Kaliber, es soll ein Zusammenraufen gewesen sein. Da waren die Sympathien von Thomas Mann besser, denn im Hause Mann stand im Raum, dass Böhm ein guter Schwiegersohn sein könnte.
    Aber dann war da auch noch das Fräulein Thea Linhard in der Rolle der Mimi in »La Bohéme«, eine 17-Jährige - heute kaum vorstellbar. Bruno Walter hatte die zarte Stimme entdeckt und gefördert.
    Nachdem Böhm in seinen sechs Münchner Jahren etwa siebenhundert Opernabende musikalisch gestaltet hatte, kam ein Angebot aus Darmstadt; dort war die Stelle als Generalmusikdirektor vakant. Karl Ebert war in Darmstadt Generalintendant und Rudolf Bing Leiter des Betriebsbüros. In Darmstadt hatte sich also eine unternehmungslustige Truppe zusammengefunden, wobei man stets nach Berlin schielte, um zu sehen was Klemperer da macht und die Berliner Uraufführungen möglichst einige Tage später in Darmstadt aufzuführen. Das waren dann Werke von Hindemith und Křenek und - natürlich besonders bemerkenswert - Alban Bergs »Wozzeck«, bemerkenswert deshalb, weil sich der später berühmte Böhm weltweit für dieses Werk einsetzte.
    Damals kam Berg etwa acht oder zehn Tage vor der Erstaufführung mit seiner Frau nach Darmstadt; Berg zeigte sich mit der Aufführung sehr zufrieden und schrieb anerkennende Worte in Böhms Partitur.


    In Darmstadt hatte Böhm einen sechsjährigen Vertrag, also von 1927 bis 1933. Aus der um neun Jahre jüngeren Thea Linhard war inzwischen Frau Böhm geworden, die nun nicht mehr auf der Opernbühne tätig war und nur noch in Konzerten sang; 1938 kam in Darmstadt auch Sohn Karlheinz zur Welt.
    Als Böhm Ende 1930 eine »Meistersinger«-Aufführung dirigierte und der Bassist Leopold Sachse, der damals Intendant in Hamburg war, dieser Aufführung beiwohnte, war er von dem Gehörten so angetan, dass man Böhm in Hamburg haben wollte. Mit einigen Schwierigkeiten gelang es aus dem Vertrag heraus und nach Hamburg zu kommen, denn Böhm war in Darmstadt nicht nur in der Oper tätig, sondern leitete auch sämtliche Symphoniekonzerte.


    In Hamburg fühlte sich Böhm sehr wohl und von dort aus ergaben sich auch erste Kontakte zu Richard Strauss, weil Böhm hier viele Strauss-Opern auf den Spielplan brachte. Aber es ergaben sich auch Kontakte nach Wien, wo dem Grazer seit Jugendtagen die Musikszene bestens vertraut war. Also stand der einstige Galeriebesucher nun auf dem Dirigentenplatz der Wiener Staatsoper und hob den Taktstock zu »Tristan und Isolde«.


    Mit diesem Werk führte er sich auch in Dresden ein, wo man ihm sogleich die verwaiste Operndirektorstelle anbot. Man hatte dort Fritz Busch durch widerliche politische Machenschaften aus dem Amt gedrängt, womit Karl Böhm absolut nichts zu tun hatte.
    Dennoch war die Leitung eines so traditionsreichen Hauses, mit wunderbarer Akustik und erstklassigem Orchester und Ensemble eine Einladung, die man eigentlich nicht abschlagen konnte.
    Die Historiker Michael H. Kater und Fred K. Prieberg haben dazu allerdings andere Ansichten entwickelt, aber die waren in der glücklichen Lage, dass ihnen solche Angebote nie gemacht wurden.
    Allerdings haben Historiker eine Menge Äußerungen von Böhm zusammengetragen, die für ihn aus heutiger Sicht kein Ruhmesblatt sind, auch wenn er für sich das starke Argument hatte, dass er nie Parteimitglied war; nach eigener Aussage: ›Ich gehöre nur einer Partei an: der musikalischen‹.


    Also die Verlockung Dresden war schon groß, ein hundertzwanzig Musiker starkes Orchester und ein Ensemble in dem Maria Cebotari, Martha Fuchs, Margarethe Teschenmacher, Martha Rohs, Elisabeth Höngen, Christel Goltz, Erna Sack ... und Mathieu Ahlersmeyer, Kurt Böhme, Josef Herrmann, Sven Nielsen, Paul Schöffler... sangen.
    Und diese Damen und Herren standen praktisch jeden Abend zur Verfügung und reisten nicht ständig in der Welt herum.
    Karl Böhm konnte 1936 noch mit seinem Ensemble am Covent Garden in London gastieren und »Rosenkavalier«, »Tristan«, »Don Giovanni« und »Figaro« aufführen.


    Noch während seiner Dresdner Zeit hatte Karl Böhm einige Male sowohl an der Wiener Staatsoper als auch im Konzerthaus dirigiert. Wieder einmal kam Böhm aus einem Vertrag heraus, 1943 wurde er Direktor der Wiener Staatsoper.
    Im Wiener Großen Musikvereinssaal feierte Richard Strauss am 11. Juni 1944 seinen 80. Geburtstag; zu Richard Strauss hatte Böhm engen Kontakt, bei Strauss´ 70. Geburtstag waren sich sich die beiden persönlich begegnet, woraus sich dann eine innige künstlerische Zusammenarbeit und Freundschaft ergab.
    An den Kriegsfronten gab es nichts zu feiern, aber fast zeitgleich - also im Juni 1944 - war Karl Böhm auch noch in der Schweiz tätig, wo sich die Gelegenheit gab Schweizer Franken zu verdienen, die benötigt wurden, um den Aufenthalt von Sohn Karlheinz im renommierten Lyceum Alpinum in Zuoz zu finanzieren.
    Böhm hätte damals in der Schweiz bleiben können, Freunde boten Unterstützung an.
    Dennoch ging er mit einigen Bedenken zurück ins Inferno, man kann das so bezeichnen, denn er dirigierte auch immer mal wieder die Berliner Philharmoniker, wobei er in Berlin den Brand des Schlosses und die Zerstörung der Staatsoper erlebte.


    Bevor die Theater wegen der Kriegsereignisse geschlossen wurden, gab es an der Wiener Staatsoper als letzte Premiere mit Böhm »Capriccio«. In der Bombennacht des 3. März 1945 war Karl Böhm mit seiner Frau bei der brennenden Oper, wo man noch versuchte Mobiliar aus den Flammen zu retten.


    Unmittelbar nach diesen Kriegswirren wollten die Amerikaner, dass 1945 in Salzburg Festspiele stattfinden. Böhm hatte sich aus Wien abgesetzt und war im Salzkammergut bei Käthe Dorsch am Attersee untergekommen.
    Da die Wiener Philharmoniker nicht nach Salzburg kommen konnten, griff man auf ein Mozarteum-Orchester zurück und Böhm sollte die »Entführung« und zwei Konzerte dirigieren. Dem schoben jedoch die Russen einen Riegel vor und erklärten, dass es untragbar sei, dass Böhm bei den Festspielen dirigiert. Schließlich traf das alliierte Verbot auch die Kollegen Furtwängler, Karajan, Knappertsbusch und Krauss.
    Die Amerikaner sahen in Böhm einen Künstler, der als ›leaning toward Nazism‹ bekannt war.
    Als Karl Böhm wieder in Graz war, verbot man ihm sogar Stunden zu geben, also gab Frau Böhm Gesangsstunden und die nun mittellos gewordene Familie wurde von Verwandten unterstützt. In Graz hatten damals die Engländer das Sagen und ließen Böhm sogar einmal ein Bruckner-Konzert dirigieren, aber das Alliierten-Abkommen ließ keine weiteren Auftritte zu.


    Bereits im Dezember 1945 hatte der US-Kulturoffizier Otto de Pasetti - ein gebürtiger Südtiroler, der nach Amerika emigriert war - erkannt, dass Böhm über ein hohes künstlerisches Ansehen verfügt und für den Aufbau der Grazer Oper herangezogen werden könne. Im Januar 1947 erfolgte noch eine Steigerung, denn man stellte fest, dass der Dirigent am Wiederaufbau des kulturellen und musikalischen Lebens in Österreich insgesamt benötigt wird. Zum 1. Mai 1947 wurde das Dirigierverbot aufgehoben.


    Das erste Böhm-Dirigat nach dem Verbot war »Fidelio« im AusweichquartierTheater an der Wien, was im Vorfeld eine gewisse Problematik hatte, weil Drohungen gegen Böhm laut wurden; ein französischer General gewährte Schutz, denn der Afführungsort lag im französischen Sektor.
    Als sich die Nachkriegssituation entspannte und die Musikszene in den Normalmodus zurückkehrte, war Böhm auch in Italien und Südamerika tätig, wo er von 1950 bis 1953 Leiter der deutschen Stagione in Buenos Aires war und auch Werke wie »Jenufa«, »Elektra« und »Wozzeck« sehr erfolgreich zur Aufführung brachte.
    Die Zeit zwischen 1947 bis 1955 bezeichnete Böhm als seine ›Wanderjahre‹ und stellte in der Rückschau fest, dass er mit Ausnahme von Nordamerika fast die ganze Welt bereist hatte. Im Dezember 1960 bemerkte er eine beträchtliche Beeinträchtigung seines Sehvermögens, musste ein Konzert mit den New Yorker Philharmonikern absagen, um sich sofort nach Wien zur Behandlung zu begeben; die Operation gelang.


    Nach so erfolgreicher internationaler Tätigkeit wollte sich Böhm eigentlich nicht mehr in das enge Korsett eines Operndirektors begeben, aber natürlich hatte er mitbekommen, dass er als Kandidat gehandelt wurde. Man einigte sich dergestalt auf einen Kompromiss, dass Böhm nur für sieben Monate in Wien sein müsse und die restliche Zeit für seine Konzertreisen nutzen könne. 1954 wurde mit der Bundestheaterverwaltung ein Vertrag über fünf Jahre geschlossen; es war im Folgenden einiges zu tun, denn am 5. November 1955 sollte die aus Ruinen entstandene Wiener Staatsoper feierlich eröffnet werden; bei der »Fidelio«-Aufführung stand Karl Böhm am Pult, die anderen Festaufführungen dirigierten Knappertsbusch, Kubelik und Fritz Reiner.


    Nach diesen Festvorstellungen flog Böhm für etwa vier Wochen nach Chicago. Nachdem der Rückkehrer in Wien-Schwechat gelandet war, empfing ihn Karl Löbl, Kulturchef von »Bild-Telegraf« und berichtete auf dem Weg zum Terminal von den Missständen an der Staatsoper: Verschlampte alte Produktionen hatten in mittelmäßiger Besetzung das Stammpublikum verärgert - Löbl muss das in vorwurfsvollem Ton gesagt haben, und Böhm entgegnete auf diese Vorhaltungen:
    »Ich denke nicht daran, meine internationale Karriere der Wiener Staatsoper zu opfern«
    Die Redaktion hatte natürlich am nächsten Tag eine wunderbare Schlagzeile, die in der Folgezeit ausgiebig zitiert und kommentiert wurde.


    Bei einer Aufführung von »Fidelio« bekam Böhm nun an der Wiener Staatsoper die Quittung für seine spontane und unbedachte Aussage - er wurde ausgepfiffen, was offenbar organisiert war; Böhm war am Boden zerstört und auch seine Frau trug aus diesen Vorgängen erhebliche gesundheitliche Schäden davon. Der Dirigent und Direktor bat um Entlassung aus seinem Vertrag.
    Obwohl so etwas unvergesslich ist, nahte psychologische Hilfe aus New York; Rudolf Bing, der Weggefährte aus Darmstadter Zeit, inzwischen Chef der Metropolitan Opera, bot ihm an im folgenden Jahr an seinem Haus zu dirigieren.


    In New York konnte sich Böhm nun mit seinem geliebten Mozart trösten, der für ihn gewissermaßen ein Gesundbrunnen war. Einerseits war Rudolf Bing froh, dass er den großen Dirigenten am Haus hatte, andererseits bekam Böhm die Höchstgage und verlangte stets viele Proben für Orchester, Solisten und Chor.
    Bis ins hohe Alter gastierte Böhm an namhaften Opernhäusern und dirigierte berühmte Orchester. Zu Salzburg und den Festspielen hatte Böhm ein ganz besonderes Verhältnis, denn seit 1938 hatte er bis zu seinem 85. Geburtstag 338 Mal hier musikalische Aufführungen geleitet, weshalb der Pausen- und Veranstaltungsraum heute Karl-Böhm-Saal heißt. Politisch korrekte Menschen haben diese Ehrung 2015 relativiert.
    Ansonsten wurden Karl Böhm eine Menge von Ehrungen zuteil: Ehrenbürger von Graz, Ehrenbürger von Wien, Ehrenring der Stadt Wien, Anton-Bruckner-Ring, Goldener Ehrenring der Stadt Bayreuth ... es ließen sich noch ein Dutzend oder mehr Ehrungen hinzufügen.
    Aber auch Schmähungen, wie zum Beispiel das Puppenspiel »Böhm«.


    Mitunter wird auch darüber gestritten ob Karl Böhm ein großer Mozartdirigent war; die Mehrheit wird das wohl bejahen, denn schon recht früh hat ihm Bruno Walter Mozart ans Herz gelegt, und später hat dann Richard Strauss nochmals nachgelegt.
    Diesbezügliche Gemeinsamkeiten gab es mit Nikolaus Harnoncourt nicht, der gegen Böhms Ästhetik opponierte. Noch kurz vor seinem Tode grantelte Böhm in einem Interview:
    »Ich könnte ihm beweisen, dass seine Interpretationen mit Mozart nur wenig zu tun haben. Ich lehne ihn ab.«


    Wie Harnoncourt auch, hatte Karl Böhm dirigieren eigentlich nie gelernt und er war der Ansicht, dass man das auch nicht lernen kann. Als Böhms Vater mal bei den Bayreuther Festspielen den Dirigenten und Wagnerfreund Hans Richter gefragt hatte - wie wird man Dirigent?, sagte dieser:
    »Man geht aufs Podium - und entweder kann man es oder man lernt es nie!«


    Wer einmal sehen und hören möchte, welche überschäumende Begeisterung der greise Karl Böhm bei ganz jungen Leuten auszulösen vermochte, kann bei YouTube den Beitrag
    »Karl Böhm Last concert in Japan & Rehearsal (1980) abrufen.


    Im Sommer 1981 leitete der nun fast 87-Jährige die Proben zu »Elektra« von Richard Strauss; es handelte sich um eine Verfilmung von Götz Friedrich; Karl Böhm verstarb noch während der Dreharbeiten in Salzburg, etwa zwei Monate später starb auch seiner Frau; das Grab findet man auf dem Grazer Steinfeldfriedhof.


    Praktische Hinweise:
    Friedhofstraße 33 / 8020 Graz.
    Der Steinfeldfriedhof liegt in einer erschreckend trostlosen Umgebung von Gleis- und Gewerbeanlagen. Man wendet sich am Haupteingang kurz nach rechts und geht dann links an der Mauer entlang bis zur hinteren Friedhofsbegrenzung, die sich aus Gruft-Gräbern ergibt und gegenüber dem Haupteingang befindet. Die Gruft der Familie Böhm liegt also in diagonaler Linie links vom Haupteingang beim Feld F8.


    Dr. Adolf Stauch

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    Wenn ich mich an der 8. Liste orientiere, wurde der Name Dr. Adolf Stauch noch nicht genannt.
    Dr. Stauch begleitete Rudolf Schock in den 1950er Jahren bei Liederabenden - auf meiner Eintrittskarte steht der Preis von DM 4,50 -, die von der Programmgestaltung her astrein klassisch dargeboten wurden. Vor allem in den späteren Jahren kam dann aber auch ein Publikum, das mit Hugo Wolf nicht so vertraut war und eher den Filmstar Rudolf Schock sehen wollte.
    Aus einer Zeitungskritik sind einige Zeilen abgetippt, die Dr. Adolf Stauch auf besondere Weise würdigen:


    »Der fleißige Künstler, der so seinen Namen anstelle seiner Kunst beklatscht sah, zog immer wieder auch Dr. Adolf Stauch mit in die Beifallswogen, der ihn am Flügel hingebungsvoll und mit viel musikalischem Feingefühl begleitet hatte. Besonders Verdienst hatte sich der Pianist dadurch erworben, dass er, wenn er nach dem letzten Klavierton den Fuß vom Pedal zog, mit energischem Kopfnicken das Signal zum locker sitzenden Applaus gab; der war vorher einmal mitten in Schuberts ›Meer‹ geplatscht, als es erst zu drei Vierteln befahren war.«


    Lieber moderato,

    das ist mal wieder eine ganz heiße Sache mit dem ›Göttlichen‹, da haben die Cover-Designer mit der Kunst mal wieder das übliche Spiel getrieben ...


    Zu seiner Zeit war Guido Reni einer der erfolgreichsten und gefeiertsten Maler Europas, begehrt bei den bedeutendsten Auftraggebern, zu denen etwa der Borghese-Papst Paul V., der Herzog von Mantua oder die englische Königin zählten. Im 19. Jahrhundert aufgrund anderer ästhetischer Vorlieben kaum geschätzt und später durch die einseitige Konzentration auf seinen zeitweisen Rivalen Caravaggio in die zweite Reihe verdrängt, hat er heute im allgemeinen Bewusstsein nicht mehr den Platz, den er verdient.


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    Eine Quelle geeigneter Rätselbilder sind die Cover im "Was hört ihr gerade jetzt"-Thread".

    Also bisher habe ich hier nur Bilder aus eigenen Beständen vorgestellt, an diese Möglichkeit hatte ich bisher nicht gedacht.

    Aber nun will ich mal die Darstellung des ganzen Brunnen-Motivs einfügen, ein Werk von Lucas Cranach dem Älteren mit dem Titel ›Christus und die Samariterin‹


    Das Bild soll im Besitz des Museums der bildenden Künste in Leipzig sein.


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    Lieber moderato,
    über dieses Bild findet man im Internet einige Informationen, so auch die, dass es der Restaurierung bedarf und dass man für die Wiederherstellung einen Geldbetrag spenden kann.
    Die dargestellte Dame ist übrigens die Tochter einer bekannten Dichterin und man findet das Bild im östlichen Teil Deutschlands ...