Lieber moderato,
natürlich habe ich mich vor der Einstellung des Rätsels nach Quellen umgesehen und vermutete, dass es vielleicht eine Skizze zu einem Wandbild sein könnte, aber für mich war nichts zu finden ...
Das Geburtsjahr des Malers wird mit 1850 angegeben, damit kann man dann einige ausschließen.
Beiträge von hart
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Wir freuen uns auf dein kniffliges Coverbild-Rätsel.
Lieber moderato,
da habe ich mir nun alle Mühe gegeben etwas ›kniffliges‹ zu bieten, aber es schien mir zu gemein nur diesen schmalen Streifen der CD-Frontseite zu zeigen; mit der Harfinistin auf der Rückseite macht das doch ein bisschen mehr her.
Die Fragestellung ist einfach: Wer ist der Maler und wie heißt das Werk?
Meine Information stammt vom Booklet, wo sowohl der Maler als auch der Name des Werkes genannt werden. -
Dom St. Stephan in Passau
Der Prachtbau mit seinen weißen Türmen und blaugrünen Kuppeln gilt als maßgebende Barockkirche nördlich der Alpen, der die Architekten Carlo Lurago und Giovanni Battista Carlone nach dem Stadtbrand 1662 ihre italienische Prägung gaben. Der prunkvolle Innenraum birgt einen ganz besonderen Schatz: die größte Domorgel der Welt mit 17.974 Pfeifen und 233 Registern.
Eine gewisse Ähnlichkeit ist unverkennbar.
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Klar. lieber Orfeo, hat das weiter geholfen ...
Es ist zwar schon Jahrzehnte her, dass ich in der Frick Collection in New York war...
es könnte das Selbstportät von Batolomé Esteban Murillo sein.
Wie ich sehe, war aber moderato schneller.
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Erna Berger - *19. Oktober 1900 Cossebaude - † 14. Juli 1990 Essen
Zum heutigen Todestag von Erna Berger
Das Grab liegt direkt am Weg
Im Hintergrund sind rechts Teile der Alten Arkaden zu erkennen.
Das Grab von Erna Berger sollte man eher in Berlin vermuten, denn dort war ihr eigentlicher Lebensmittelpunkt und künstlerische Heimat. Aber nach einem sehr ereignisreichen Leben hat sie sich in Wien zur ewigen Ruhe begeben. An der Wiener Staatsoper sang sie nur 23 Mal, gemäß dem Archiv der WSO.
Erna Berger war klein von Gestalt, aber eine ganz große Sängerin, obwohl sie nicht mit einer großen Stimme prunken konnte. Sie war eine große Sängerin ihrer Zeit, muss man hinzufügen, denn die Welt des Gesanges ist eine andere geworden.
Ihr Metier waren die hohen Sopranpartien in Opern von Mozart, Verdi, Puccini, Rossini, Strauss ...und der Konzertgesang.Sie kam in Cossebaude zur Welt, einem Ortsteil westlich von Dresden, und der bei der Hausgeburt hinzu gerufene Arzt meinte, dass das Kind die Nacht nicht überlebt, die Startbedingungen ins Leben waren also nicht optimal.
Der Vater war Ingenieur und bei einer Firma beschäftigt, die in der ganzen Welt Eisenbahnen baute; da waren Ortswechsel von Ostpreußen und in die Eifel angesagt und sogar im fernen Afrika wurde der Vater berufen. Von dort brachte er dann schon mal als Mitbringsel einen Papagei mit, wenn er als seltener Besucher im Urlaub nach Hause kam.Ihre ersten Schuljahre erlebte Erna in Berlin, dann ging die Mutter mit nach Afrika und Erna wuchs bei Tanten in Dresden heran. Der Vater schickte Kostgeld nach Hause, das sogar für Klavierstunden reichte, denn Klavierunterricht war für sogenannte ›höhere Töchter‹ damals ein Muss. Nach zwei Jahren konnte das Mädchen immerhin Schuberts Impromtus spielen, Mozart war da noch zu schwer.
Das allgemeine Musizieren war damals weit verbreitet, denn wer Musik haben wollte musste selber spielen und singen, es war nicht so, dass das ständig greifbar zur Verfügung stand, es war selbstverständlich, dass das Kind alles Mögliche sang und das war oft klassischer Gesang, wobei Ernas Stimme immer besondere Aufmerksamkeit zuteilwurde.
Als die Mutter 1913 aus Afrika zurück kam, weil sie an Malaria erkrankt war und Chinin nicht vertrug, hatte eine Entfremdung stattgefunden; die nun Dreizehnjährige fühlte sich bei ihren Tanten wohler. Die Geldquelle vom Vater war versiegt, weil die Engländer alle Deutschen in Ostafrika interniert und nach Bombay gebracht hatten; aber nach eineinhalb Jahren war wenigstens Post von ihm gekommen, aber kein Geld.
Deshalb musste Erna das Lyzeum verlassen und auf die Bürgerschule wechseln, die weniger Geld kostete. Doch es geschah ein kleines Wunder, denn das Lehrerkollegium hatte das Schulgeld für den nächsten Monat gesammelt und Erna konnte zurück, später bekam sie ein Stipendium, aber die Klavierstunden hörten wegen Geldmangel auf.Immer wieder rieten mehr oder weniger kompetente Leute zu einer Theaterkarriere, aber das Mädchen intensivierte diese Gedanken in keiner Weise. Ein Auftritt bei der Abschlussfeier der Reifeprüfung musste jedoch sein, Erna Berger sang »Ein Obdach gegen Sturm und Regen« von Richard Strauss und von Hugo Wolf »Verborgenheit«.
Es war immer noch Kriegszeit, nach einigen Wirren landete die junge Frau bei einem Onkel, der in Zwickau Bankdirektor war. In der freien Zeit konnte sie sich in dem kunstsinnigen Haus ihren Träumen hingeben, entwarf Theaterstücke und führte Regie.
1919 kam der Vater aus der Kriegsgefangenschaft und wollte die Tochter bei sich zu Hause haben, also lebten alle in der großen Wohnung der Tanten; der Vater war arbeitslos.
Ab und an sagte mal wieder jemand: ›die Erna hat so eine schöne Stimme, die muss unbedingt ... ‹, aber dabei blieb es vorerst.
Es kam zu Gesangsstunden ohne besonderen pädagogischen Hintergrund und sie zog mit einem Gesangslehrer durch die nähere Umgebung, wo Duette, Terzette und Quartette dargeboten wurden; es war brotlose Kunst in des Wortes wahrer Bedeutung, aber sie lernte dabei eine Menge Musikstücke kennen. Neben Musikstücken lernte sie auch einen dreißigjährigen Tenor kennen, ihre erste Liebesgeschichte. Auch Sascha, so sein Name, war von der Stimme sehr angetan und er riet dringend, dass sie der damals sehr berühmten Elisabeth Rethberg vorsingen möge. Auch die Rethberg fand die Stimme gut - und das war schon was - Erna Berger stand der Weg zum Dresdner Opernchor offen.
Aber Vater Berger ging heimlich zu Elisabeth Rethberg und bat sie, seiner Tochter keinen Floh ins Ohr zu setzen, er wolle nun endlich mal mit seiner Familie zusammen sein.Was war geschehen? Gerade hatte der Vater nämlich beschlossen mit seiner Familie nach Südamerika auszuwandern, die Bedingungen schienen günstig, die Regierung von Paraguay schenkte deutschen Siedlungswilligen zwanzig Hektar Land.
Die »Gotha« hatte nur eine Klasse, brachte aber die Auswanderer sicher übers große Wasser. Liebeskummer und der Klavierauszug der Meistersinger waren mit an Bord und man kam mit Klavier in Buenos Aires an. Nachdem man sich im Auswandererlager mit Wanzen und anderem Unbill auseinandergesetzt hatte, ging es mit der Eisenbahn weiter nach Paraguay und ins Urwald-Camp. Da mussten mit der Machete Wege geschlagen und auch eine Quelle gesucht werden; gekocht wurde auf einem selbstgebauten Lehmherd, aber man aß von Meißner Geschirr mit Zwiebelmuster, das man von zu Hause mitgebracht hatte.
von Sandflöhen unter den Zehennägeln bis zu Klapperschlangen unterm Bett war hier viel Neues zu erleben.Tochter Erna, inzwischen der Kindheit entwachsen, wollte dieses Leben so nicht weiter machen und war der Meinung, dass sie durch Geldverdienen die Eltern besser unterstützen kann als durch die Arbeit im Urwald. In Villarica stand das Klavier, da konnte man hin reiten, vielleicht könnte sie Klavierstunden geben, um etwas Geld zu verdienen.
Schließlich landete Erna Berger bei einem zu Wohlstand gekommenen Schweizer, dem dort die ganze Gegend gehörte. Er bot der jungen Frau an seinen vier Töchtern und dem kleinen Sohn Deutsch beizubringen. Herr Naville, so der Name des Schweizers, kaufte auch das Klavier, was den Eltern etwas Geld einbrachte. Zum erlernten Englisch und Französisch kam nun auch noch Spanisch dazu, was sie bald perfekt beherrschte.Deutsche Familien luden sie zum Singen ein, sie sang die »Bohéme« in einem spanisch gefärbten Italienisch und gab auch ihren ersten Liederabend. In dieser Umgebung erwachte dann aber auch das Heimweh; sie sparte für die Heimreise, verliebte sich aber in einen jungen Mann, das Ganze war sehr verworren.
Schließlich gab eine deutsche Dame den Ausschlag und sprach ein Machtwort:
›Jetzt ist Schluss, Sie müssen hier weg. Ich reise nächsten Monat nach Deutschland, da kommen Sie mit‹
Vom Vater war es ein Abschied für immer, aber die Eltern hatten im argentinischen Gran Chaco später bessere Bedingungen, weil der Staat eine Abfindungssumme für die Arbeit in Afrika auszahlte. Später holte Erna ihre Mutter zurück nach Berlin.Mit zehn Dollar, die ihr die Reisebegleiterin bei der Trennung in Bremen schenkte, traf die nun 24-Jährige wieder bei ihren Tanten in Dresden ein. Die Inflation war gerade vorüber und die Wirtschaftslage miserabel. Bei einem Baumeister konnte sie für einen Stundenlohn von 50 Pfennigen Halbtagsarbeit im Büro verrichten, denn sie hatte recht schnell Schreibmaschine und Steno gelernt. Ihre Hoffnung in der Kirche singen zu können zerschlug sich, denn der Kantor akzeptierte ihre Singweise nicht und meinte: ›Du tremolierst ja! Gewöhn dir das erst mal ab!‹
Ihre bisherige Lehrerin sagte, dass der Kantor nichts vom Singen versteht. Nun war Erna Berger misstrauisch geworden und vertraute sich einem Konzertsänger an, der ihr erklärte was eine Atemstütze ist und wie das alles funktioniert. Allerdings dauerte dieser Unterricht nicht lange, weil der jungen Frau das Geld fehlte, um diese Stunden zu bezahlen.
Eine wirtschaftliche Besserstellung stand in Aussicht, es bot sich eine Ganztagsstellung an, aber dem schob ein Untermieter den Riegel vor; er protestierte und meinte: ›Die Erna hat eine so schöne Stimme, die muss unbedingt ausgebildet werden. Wenn sie jetzt den ganzen Tag arbeitet, hat sie wieder keine Zeit zum Singen, das ist doch jammerschade. Da muss etwas geschehen.‹
Erna Berger machte von sich aus immer noch keine Anstalten zur Bühne zu streben; der Gedanke mit Singen Geld zu verdienen, war ihr zwar durchaus sympathisch, aber sie selbst sagte: ›Ich ließ mich meist schieben im Leben, und den Ehrgeiz, eine Künstlerin zu werden, besaß ich immer noch nicht.‹Aber besagter Untermieter, ein Herr Silber, beließ es nicht beim Reden, sondern machte Nägel mit Köpfen und stellte eine Verbindung zum ›Richard-Wagner-Verband‹ her, der junge Künstler förderte. Melitta Hirzel war nun ihre neue Gesangslehrerin und Frau Hirzels Mann war als lyrischer Tenor an der Dresdner Oper tätig; damit ebnete sich der Weg zu Fritz Busch, dem musikalischen Chef der Oper. Als sie dem GMD die Mimi, den Cherubin und das Ännchen vorgetragen hatte, sagte Busch das berühmt, berüchtigte: ›Sie werden von uns hören‹, was in der Regel eher negativ zu werten ist.
Aber nach drei Wochen kam tatsächlich die Aufforderung, erneut zu kommen; sie konnte als Anfängerin für ein Gehalt von fünfundachtzig Mark im Monat an der Dresdner Staatsoper einsteigen, das war nicht viel, aber immerhin mehr als sie vordem verdiente.
In der Oper debütierte sie mit dem ersten Knaben in der »Zauberflöte«, dann kam als zweites der Hirt im »Tannhäuser«. Neben der Tätigkeit in der Oper hatte Erna Berger nun jeden Tag Unterricht bei Melitta Hirzel, die Gesangsstunden bezahlte der Richard-Wagner-Verband.
Zunächst sang sie sich in Dresden durch alle Nebenrollen, dann kam nach zwei Jahren endlich die Titelrolle in einer Uraufführung. Paul Graener hatte »Hanneles Himmelfahrt« von Gerhart Hauptmann vertont. Eine Anfängerin in der Hauptrolle, davon waren nicht alle begeistert, aber Gerhart Hauptmann, der Komponist und der Dirigent waren mit der Aufführung sehr zufrieden.
1928 hatte Strauss´ »Ägyptische Helena« Uraufführungspremiere, Elisabeth Rethberg sang die Titelrolle, während der Proben saß Richard Strauss mit Gattin, die einst eine berühmte Sängerin war, im Parkett. In dieser Aufführung kam dann Erna Berger überraschend als Dienerin zum Zuge, weil die vorgesehene Dame figürlich nicht den Ansprüchen genügte.In ihren Jugendjahren hatte Erna Berger eine besondere Liebe zu Wagner entwickelt und scherzte dann in späterer Zeit: ›In meiner Jugend war ich eine vielbeschäftigte Wagnersängerin‹; der Scherz war darin begründet, dass das Rollen wie Friedensboten, Hirten, Knappen, Rheintöchter, Waldvogel und Blumenmädchen waren. Aber immerhin sang sie 1930 unter Toscanini in Bayreuth.
1932 hatte sie Fritz Busch mit zu den Salzburger Festspielen genommen, wo sie das Blondchen neben der Konstanze von Gabrielle Ritter-Ciampi sang, was jedoch für Erna Berger kein besonderer Erfolg wurde.
Zwar kamen in Dresden dann auch die Rollen wie Königin der Nacht, Rosine und Gilda, aber ihr neuer norwegischer Freund, Sverre Wiull, der an der Technischen Hochschule studierte, drängte - du musst hier weg, geh nach Berlin. Dies setzte natürlich voraus, dass man dort Interesse hatte, Carl Ebert hatte Interesse an einer Koloratursängerin bekundet. In Dresden versuchte man sie mit der Zerbinetta zu halten, auf die sie bereits ein Jahr gewartet hatte, aber die Würfel waren gefallen.Dresden hatte zwar eine Oper mit phantastischer Akustik, aber Berlin war die große Welt. Dennoch gastierte sie im März 1933 als Gilda in Dresden und war Zeuge als Fritz Busch aus dem Amt gejagt wurde, sie unterschrieb damals als eine der wenigen nicht gegen Fritz Busch.
In Berlin war Erna Berger nicht allein, der norwegische Student war mitgekommen; zunächst wohnte man beengt, dann vermittelte Walter Ludwig eine größere Wohnung, die günstig in der Nähe der Städtischen Oper in Berlin lag.
In Berlin sang Berger dann die Konstanze - inklusive ›Traurigkeit ward mir zum Lose ...‹, was früher gerne gestrichen wurde; den Belmonte gab Walter Ludwig.
Als sie in Berlin die Gilda sang, war in den Zeitungen zu lesen, dass ein neuer Stern am Opernhimmel aufgegangen sei.
Erna Berger hatte schon den ersten Akt von »Die schweigsame Frau« gelernt und war nach Dresden gefahren, um zu sehen wie Maria Cebotari das dort macht, da wurde die Aufführung in Berlin verboten, weil der Text von Stefan Zweig war.In Berlin, beziehungsweise in Oslo, endete dann auch die ›Wilde Ehe‹. Man hatte bereits ein paar Jahre lang die Sommerferien in Norwegen verbracht und die sprachbegabte Sängerin verfügte über entsprechende Sprachkenntnisse; Erna Berger wurde norwegische Staatsbürgerin, aber als Künstlerin blieb sie weiterhin Erna Berger.
In Berlin war die Städtische Oper in eine finanzielle Krise geraten, sodass sich das Personal nach neuen Möglichkeiten umsah. Erna Berger brauchte es nicht bange zu sein, sie hatte Angebote von Hamburg, München und auch Dresden, wo inzwischen Karl Böhm den Taktstock schwang und ihr alles Mögliche versprach.
Erna Berger wollte aber gerne in Berlin bleiben. Im letzten Augenblick der Entscheidung kam dann ein Anruf von Furtwängler, der damals Direktor der Staatsoper unter den Linden war; Staatsoper Berlin, der Weg von der Wohnung zur Oper war weiter geworden, aber da gingen Träume in Erfüllung.Das Debüt am neuen Ort war die Leïla in den »Perlenfischern« unter Leo Blech. Darauf folgte ›Königin der Nacht‹, eine Rolle, die zu einem Markenzeichen der Sängerin wurde und sie beschrieb das mal so: ›Tatsächlich ist´s immer eine Art Mutprobe, wie ein Sprung vom Zehnmeterturm ins Wasser, wenn man sich in die Arie stürzen muss, kaum dass man die Bühne betreten hat.‹
Die Berger war nun sehr gefragt, Busch wollte sie 1934 in Glyndbourn haben, aber sie entschied sich dann für Covent Garden, wo sie unter anderem auch mit Richard Tauber sang. An der Berliner Staatsoper waren ihre Tenorpartner Walter Ludwig, Erich Witte, Helge Roswaenge und später Peter Anders; auch mit Beniamino Gigli stand sie hier auf der Bühne. Mit Gigli trat sie auch in einem Film auf, aber das war eher ein künstlerischer Tiefpunkt.
Mit Beginn des Polenkrieges war es mit der internationalen Karriere zu Ende, wenn man mal von Wien absieht. Die Berger blieb praktisch den ganzen Krieg über in Berlin, obwohl sie nach den Sommerferien hätte in Norwegen bleiben und an der Osloer Oper singen können; sie fühlte sich ihrem Berliner Publikum verpflichtet. Um nicht in die nächtlichen Fliegeralarme zu geraten, fingen die Vorstellungen schon nachmittags um vier an und die Situation wurde immer schlimmer und noch schlimmer. 1944 fuhr sie mit ihrem Mann nochmals nach Norwegen, er blieb dort, man hatte sich auf eine vorläufige Trennung geeinigt; sie benötigte mehrere Versuche, um mit einer Militärmaschine in das inzwischen chaotische Berlin zu kommen, obwohl man sie beschwor in Norwegen zu bleiben.
Zwar spielte die Oper nicht mehr, aber - fast unglaublich - das letzte Konzert fand in Berlin am 15. April 1945 statt; Ende April stand plötzlich ein russischer Panzer im Garten, Rita Streich und Erna Berger hatten Glück, sie durften in den Keller ziehen.1947 ging es für Erna Berger schon wieder nach London, aber viel schwieriger war es nach Ludwigshafen in die französische Zone zu kommen, wo ihre Tante wohnte.
Auch in Berlin hatte sich einiges geändert, die Staatsoper lag in der russischen Zone, also ging es in der Westberliner Städtischen Oper weiter, im Haus des ehemaligen Metropoltheaters.
1948 dann der große Sprung nach Australien - zwei Mal war sie dort -, der Australische Rundfunk hatte ihr eine Tournee angeboten und jedes Konzert zur Hälfte live übertragen. Nach diesem Erfolg dann der Schritt nach Amerika, wo etwa zweieinhalb Monate nach dem Tod von Richard Strauss, an der »Met« der »Rosenkavalier« mit Erna Berger als Sophie auf dem Programm stand.1951 kam es zu einem Engagement an die Metropolitan Opera New York; insgesamt sang sie vier Winter an der »Met« und natürlich nicht nur in New York, sondern auch in anderen großen Städten und in Kanada.
In einem Carnegie-Hall-Konzert konnte die deutsche Sängerin einen triumphalen Erfolg verbuchen, was damals nicht selbstverständlich war. Die New Yorker Kritiker waren gefürchtet, wenn sie den Daumen senkten war es vorbei. Als Oscar Thomson vom ›International Herald Tribune‹ und Olin Downes bei der ›New York Times‹ begeistert von Erna Bergers Sophie im »Rosenkavalier« berichteten und sie auch ihre Gilda - als Partnerin von Leonard Warren - gut über die Rampe brachte, war ihr Ruf in der Neuen Welt gefestigt. Sie sang praktisch auf der ganzen Welt, auch in Südamerika und Südafrika, nur mit Russland klappte es nicht obwohl sie dort gerne gesungen hätte. Ganz begeistert war Erna Berger vom Japanischen Publikum.Ende 1952 erhielt Erna Berger in New York ein Telegramm mit der Mitteilung, dass sie Furtwängler für Salzburg als Zerlina haben möchte, die Sache kam zustande; am 18. August1954 fand die letzte »Don Giovanni«-Aufführung der Festspiele statt; sie hatte sich vorgenommen, dass das ihr letzter Auftritt auf der Opernbühne werden sollte, machte dies aber nicht public, so dass sie noch drei Mal rückfällig werden konnte - als Susanna in »Figaros Hochzeit«.
Aber da war ja noch die Konzertsängerin; in den kommenden fünf Jahren gab sie auf der ganzen Welt Konzerte, wobei sie eine größere Bandbreite an Möglichkeiten zur Verfügung hatte und nicht auf Koloraturen festgelegt war.
Aber nach diesen fünf Jahren folgte immer noch kein Ruhestand, 1959 übernahm sie an der Musikhochhschule Hamburg eine Meisterklasse, zum Titel Kammersängerin kam nun noch ›Frau Professor‹ hinzu, was ihr eher peinlich war.
In der Zeit ihrer Lehrtätigkeit gab sie selbst noch vereinzelt Liederabende und war der Ansicht, dass das wohl ihre besten Abende waren, denn beim Lehren hatte sie selbst noch eine Menge dazugelernt.Der Musikkritiker Ludwig Steinbach stellt Erna Berger in eine Reihe von Sängerinnen, die er als ›Piepssoprane‹ bezeichnet. Jens Malte-Fischer ist da schon genauer und führt zu Erna Berger aus, dass es im deutschen Fachjargon eigentlich keine richtige Bezeichnung gibt und weist darauf hin, dass die Italiener diesbezüglich genauer sind und für so eine spezielle Stimme den Begriff ›soprano lirico leggéro‹ kennen.
So lange Erna Berger sang blieb ihr die silbrig glockenklar schwingende Stimme erhalten; in der Regel entwickeln sich Sopranstimmen mit fortschreitendem Alter zum schwereren Fach hin, Erna Berger blieb auch jenseits der Fünfzig an die Rollen ihrer Jugendzeit gebunden.
Der Kritiker Irving Kolodin schrieb über Erna Bergers Gilda am 4. Dezember 1949 an der Metropolitan Opera, dass hier die reinste musikalische Gilda sang, die New York in Jahren gehört hatte.Praktische Hinweise:
Erna Bergers Grab befinde sich auf dem Wiener Zentralfriedhof im Feld 31B, das heißt, man geht vom Haupteingang (Tor 2) geradeaus auf die Alten Arkaden zu und wendet sich nach links, das Grab liegt direkt am Weg.
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Lieber moderato,
natürlich ist das richtig! - Nun darf man gespannt sein was von Dir kommt ...
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Lieber moderato,
schön, dass Du hier noch Fotos vom aktuellen Park eingestellt hast.Bei den zurzeit in Spanien herrschenden Temperatuen möchte ich mit dieser Winterlandschaft für etwas Abkühlung sorgen;
bescheidene Frage: Wer hat das auf der CD gezeigte Bild gemalt? -
Lieber Moderato,
soweit zu ermitteln war erhielt Goya 1788 den Auftrag, eine Reihe von Cartoons für Wandteppiche zu malen, um das Schlafzimmer der Infantinnen im El Pardo-Palast zu schmücken.
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Gustav Mahlers Geburtshaus
Zum heutigen Geburtstag von Gustav Mahler
Wie sich die Bilder gleichen ... eine historische Aufnahme
Gustav Mahler war zu Lebzeiten als Dirigent an seinen internationalen Wirkungsorten stets umjubelt und eine prominente Persönlichkeit, aber seine Kompositionen eher nur eine Sache für Spezialisten, er galt als Epigone Bruckners und Wagners. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich eine Mahler-Renaissance, die in den 1960er Jahren so richtig in Fahrt kam. Als nun der Name Gustav Mahler weltumspannend so berühmt geworden war, wurde das Geburtshaus in Kaliště und das Geschäftshaus in Jihlava aus ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst und in den Museumsstand erhoben.
In der Mahler-Biografie von Ladislav Šíp wird Gustav Mahlers Geburtsort so beschrieben, dass es außer der Kirche dort auch eine unappetitliche Pfütze für Gänse, Enten und andere Haustiere gab. Kalischt - auf einem alten Foto auch als Kališti bezeichnet - war damals eine deutschsprachige Enklave im tschechischsprachigen Raum.
Gustav plantsche aber in dieser Pfütze nie herum, weil die Eltern mit dem Säugling, ihrem zweitgeborenen Sohn, bereits im folgenden Oktober den Ort verließen, um sich in Jihlava/ Iglau eine neue Existenz aufzubauen. Mit den Ortsnamen ist es so eine Sache, da muss man höllisch aufpassen, um nichts zu verwechseln; dem Vernehmen nach soll es in der Tschechischen Republik etwa ein Dutzend Orte mit dem Namen Kaliště geben und natürlich gibt es auch die Ortsbezeichnung Kalischt; Mahlers Geburtsort liegt auf der Böhmisch-Mährischen Höhe. Jihlava/ Iglau - heute etwa 50.000 Einwohner - befindet sich praktisch auf der einstigen böhmisch-mährischen Grenze.Der Vater, Bernhard Mahler, reiste als fahrender Kaufmann in Sachen Schnaps, Zucker und Manufaktur umher, kannte also die Lebensumstände andern Orts und sah für seine Familie in der größeren Stadt Iglau eine Chance zur Verbesserung der Lebensumstände. Sie zogen mit ihrem Söhnchen im ersten Obergeschoss eines Mietshauses (Nr. 265 in der damaligen Straße Brtnická ) ein.
Der Umzug in die größere Stadt hatte sich gelohnt; zwar erhielt Vater Mahler zunächst nur eine Erlaubnis für das Hökergewerbe, also den Kleinhandel, aber später dann die Schankbewilligung für Bier, Schnaps und Wein und dann wurden auch noch Schnaps und Liköre hergestellt. Die Geschäfte liefen so erfolgreich, dass Bernhard Mahler 1872 das Nachbarhaus erwerben konnte. Die kinderreiche Familie bezog nach entsprechenden Umbauarbeiten 1873 das erste Obergeschoss, im Erdgeschoss befand sich ein Ausschank und im Hoftrakt wurden die Schnapsbrennerei, die Lagerräume und der Stall untergebracht.
Gustav Mahler lebte in diesem Haus bis1875, dann ging er ans Konservatorium in Wien. Nach dem Tod der Eltern hat er das Haus 1889 verkauft.Es war eine jüdische Familie, aber in der Familie wurde Deutsch und nicht etwa Jiddisch gesprochen, dennoch war Bernhard Mahler ein angesehenes Mitglied der jüdischen Gemeinde Iglau.
Wenn Gustav Mahler später einmal von armseligen Umständen seiner Kindheit sprach, dann kann damit nicht Armseligkeit wirtschaftlicher Art gemeint sein.
Als Gustav in Kalischt zur Welt kam, war der 1858 geborene Bruder Isidor bereits gestorben.
Sechs seiner 13 Geschwister starben früh, ganz schlimm war für ihn der Tod seines Bruders Ernst, der im Alter von dreizehn Jahren starb, da war Gustav erst fünfzehn.
Hinzu kamen hässliche Szenen im Elternhaus - in der Literatur wird von einem cholerischen Vater gesprochen, aber manche Autoren werden deutlicher und schildern wie der Junge mit ansehen musste wie der Vater die Mutter so schlug, dass sie einen dauernden Gehschaden davontrug.Dies alles wird wohl bei dem berühmten vierstündigen Spaziergang mit Siegmund Freud am 26. August 1910 in Holland zur Sprache gekommen sein.
Unumstritten ist, dass Mahlers Musik autobiografische Züge aufweist; er sprach einmal davon, dass er nie eine Note geschrieben habe, die nicht absolut wahr ist. Ganz deutlich tritt das auch hervor wenn man bei Mahler Trompetenklänge vernimmt. Iglau war zu Mahlers Zeit eine Garnisonsstadt; der Junge hörte auf dem Marktplatz Konzerte der Garnisonskapelle, aber auch im Tal Heulos, das Mahler sehr liebte.
Der Vater war offenbar kein ungebildeter Mensch, denn es gab im Hause Mahler eine kleine Bibliothek und er schaffte für den musikalisch begabten Jungen ein Klavier an, das Gustav bald so gut beherrschte, dass er als lokales Wunderkind galt. 1873, anlässlich der Hochzeit von Erzherzogin Gisele und Prinz Leopold, trat 13-Jährige in einem Festkonzert auf; es ist überliefert, dass er Thalbergs ›Fantasie über Bellinis Norma‹ darbot, was allgemeine Begeisterung bei Kritik und Publikum zur Folge hatte.Seit 2010 hat Jihlava einen Gustav-Mahler-Park und in Kaliště wurde 1995 die Idee geboren, das erbärmlich herunter gekommene Geburtshaus wieder in einen guten Zustand zu versetzen; heute ist das Haus im Besitz der Gemeinde. Der Umbau des Hauses wurde mit dem Grand Prix der Tschechischen Architekturgemeinde ausgezeichnet.
Wenn von einem Rosenpark geschrieben wird ist das etwas hochtrabend, was beim Haus entstand ist ein kleines Rosarium von dem berichtet wird, dass prominente Musiker dort Rosen gepflanzt haben: Rafael Kubelik, Václav Neumann, Zdenek Kosler, Claudio Abbado, Thomas Hampson ...Der amerikanische Bariton hielt eine kleine Ansprache, wobei er zumindest einen Teil des Publikums erfreute:
»Was wir heute noch nicht gehört haben, ist die deutsche Sprache (Zwischenruf aus dem Publikum: ›Ja, genau!‹). Ich bin zwar Amerikaner und sehr stolz, einer zu sein, aber vielleicht reden wir kurz in der Sprache von Gustav Mahler: Ich habe mehr zu singen als zu sagen.
Aber heute ist ein sehr besonderer Tag. Alles, was wir hier klein und symbolisch pflanzen wie eine Rose - vor so vielen Leuten und so viel Ecken der Welt mit so viel Live-Übertragungen und so vielen Fernsehstäben usw. ist das, was Gustav Mahler am Ursprung hier in diesem wunderschönen Ort uns und der Welt geschenkt hat. In diesem Sinne sage ich: Happy birthday!«Anschließend gratulierte Thomas Hampson musikalisch und trug im Geburtshaus einige Mahler-Lieder vor. Inzwischen sind 13 Jahre vergangen, bei meinem Besuch war das Haus nicht zugänglich.
Die Kirche in Kaliště
Mahlers Geburtsort liegt nahe der Autobahn Prag-Brünn
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Dass Christoph Prégardien zu dieser interpretatorischen Masche griff, es ist tatsächlich nicht mehr als das, wundert mich nicht. Er neigte schon seit längerer Zeit dazu, im Liedvortrag zu experimentieren, mal weg von den alten Gepflogenheiten zu kommen, mal was Neues zu machen. Sein Sohn scheint diesen Drang übernommen zu haben.
Aber singen können die beiden! Da beisst die Maus keinen Faden ab ...
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Was sollte das sein?
Lieber Rheingold,
das wurde hier ja schon vor Jahren diskutiert; Anlass war - glaube ich mich zu erinnern - die 2008 erschienene »Müllerin« vom Christoph Prégardien / Michael Gees
Im Booklet dieser CD wird das unter der Überschrift Die schöne Müllerin - schön verziert? thematisiert
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Eduard Erdmann - * 18. März 1896 Wenden (Baltikum) - † 21. Juni 1958 Hamburg
In Nachschlagewerken wird als Geburtstag der 5. und 17. März angegeben, was aus der Diskrepanz von julianischem und gregorianischen Kalender resultiert; da sich aber im Jahr 1900 die Differenz zwischen den beiden Kalendern um einen Tag erhöhte, feierte Erdmann in Deutschland seinen Geburtstag am 18. März.
Zum heutigen Todestag von Eduard Erdmann
Das heutige Lettland hieß bei Eduards Geburt noch Livland und man nannte die Geburtsstadt Venden, was dem heutigen Cēsis im Norden von Lettland entspricht, eine der schönsten Städte im Land. Das Kind wurde in eine »sehr gediegene Professorenfamilie« - wie er das später formulierte - hineingeboren; der Vater war ein promovierter Rechtsanwalt und Notar und Onkel sowie Großvater waren ebenfalls Professoren, sein Großonkel war ein bedeutender Philosoph; Eduard Erdmann bezeichnete man später einmal als ›Philosoph des Klaviers‹
Man darf vermuten, dass der kleine Eduard besonders verwöhnt wurde, denn er war in der vierköpfigen Kinderschar der Nachzügler, drei Brüder sind - 1882 / 1885 / 1888 - vor ihm zur Welt gekommen. Wilma Erdmann, die Mutter, veranstaltete Hauskonzerte und galt als passionierte Sängerin. In der Rückschau hielt Erdmann einmal fest, dass man zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr auf seine Begabung aufmerksam geworden sei.
Im noch kindlichen Alter tat er es den ganz Großen gleich und versah seine Schöpfungen mit ›Sonate‹ oder ›Konzert‹ und mit 16 gab es schon so eine Art Autobiografie mit dem Titel: »Meine musikalische Laufbahn bis jetzt«.Seine musikalische Laufbahn begann im Herbst 1901, da bekam der Fünfjährige Klavierstunden bei einer Frau Schmidt; als Familie Erdmann im Frühjahr 1902 nach Riga zog, wurde der Junge ab Herbst von einem Fräulein Stoll unterrichtet, die immerhin Schülerin des Pianisten und Pädagogen Bror Möllersten war, der dort einen gewissen Bekanntheitsgrad hatte. Ab 1903 besuchte Eduard ein russisches Privatgymnasium. Die politische Situation war damals so, dass in den baltischen Ostprovinzen die verbrieften Rechte der deutschen Bevölkerungsgruppe, zu denen auch der Besuch deutscher Schulen gehörte, durch den russischen Gouverneur eingeschränkt und eine Russifizierung im Sinne von Zar Alexander III. betrieben wurde, was für Eduard Erdmann bedeutete, dass er sein Abitur schließlich in 14 Fächern in russischer Sprache ablegen musste.
In der Familie Erdmann wuchs man zweisprachig auf; in der Familie sprach man Deutsch und mit dem Hauspersonal Lettisch, nun kam in der Schule noch Russisch und Französisch hinzu und natürlich auch Latein und Griechisch.
Die Familie Erdmann wird als reiselustig beschrieben, sodass der Junge viele Städte in Russland und Deutschland kennen lernte, aber auch in die Schweiz, nach Italien, Frankreich, Spanien, ja sogar nach Tunesien kam, was in dieser Zeit ja nicht selbstverständlich war.
Das musikalische Zentrum Rigas war die 1885 gegründete ›Schule der Tonkunst‹, die ursprünglich das Ziel verfolgt hatte hochbegabte Schüler unentgeltlich bis zur Virtuosität oder Lehrfähigkeit auszubilden. Als Eduard im Herbst 1905 hier eintrat, musste der Unterricht bezahlt werden, was zur Folge hatte, dass die Schüler nun vor allem aus der Oberschicht kamen. Hier genoss Eduard das Privileg von Möllersten unterrichtet zu werden, der sich normalerweis nicht mit Kindern abgab.
Eduard Erdmann bezeichnete sich selbst als faulen Schüler, der an technischen Übungen und Etüden wenig Freude hatte und sich lieber an schwierigen Stücken die Zähne ausbiss, was immerhin dazu führte, dass der 14-Jährige Schumanns »Aufschwung« aus »Phantasiestücke« öffentlich vortragen konnte.
Sein können steigerte sich stetig, denn 1911 nahm Eduard Erdmann als jüngster Pianist am allrussischen Klavierwettbewerb teil, wo auch Alexander Glasunow auf den jungen Mann aufmerksam wurde. Wilma Erdmann hatte den Weg geebnet, dass ihr Sohn ab 1910 die Königsberger Meisterkurse von Conrad Ansorge besuchen konnte.
Als der Vater 1913 gestorben war, sorgte die Mutter weiter für die Entwicklung ihres Sohnes, indem sie arrangierte, dass Eduard 1914 nach Berlin zog, um dort bis 1917 bei Ansorge studieren zu können. Gleichzeitig, beziehungsweise von 1915 bis 1918, hatte Erdmann auch Kompositionsunterricht bei Heinz Tiessen, der ihn mit dem Schaffen Arnold Schönbergs und anderer zeitgenössischer Komponisten bekannt machte.
Hier kann man auch einfügen, dass sich Eduard Erdmann primär als Komponist sah, aber als Pianist einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Unter Tiessens Anleitung erweiterte er auch seine bereits in Riga begonnenen Liedkompositionen. 1916 trug die Sängerin Eva Lissmann bei einem öffentlichen Konzert in Berlin neben Liedern von Schubert und Schumann auch Lieder von Tiessen und Erdmann vor. Von Ernst Krenek weiß man zum Beispiel, dass es, wenn über Musik gesprochen wurde, ausschließlich um Kompositionsprobleme ging und er über viele Jahre hinweg sowohl Erdmann als auch Schnabel als Komponisten sah, die sich ihren Lebensunterhalt durch Klavierspielen erwerben mussten.Aber der Komponist verfeinerte trotzdem seine pianistische Technik und erweiterte sein Repertoire, wobei der Schwerpunkt bei der Musik des 20. Jahrhunderts lag. Somit galt Eduard Erdmann damals in Berlin als ›der‹ Pianist, der solche Konzerte bewältigen konnte.
1919 lernte Erdmann Hermann Scherchen kennen, was nicht verwundert, denn Scherchen war stets der modernen Musik zugetan. Bei von Scherchen veranstalteten Abenden waren Werke Bartóks, Bergs, Busonis und Schönbergs; auch bei der Berliner Erstaufführung von Schrekers Kammersymphonie für 23 Soloinstrumente wirkte Erdmann mit.
Studiert man die Konzertkritiken dieser Zeit, so reicht die Spanne von totaler Ablehnung bis zu hoher Anerkennung; da ist einerseits von »kindischem Dissonanzgestotter« zu lesen, andererseits aber auch - so das ›Berliner Tageblatt‹ - »Er spielte alles auswendig. Aber mehr: er spielte es inwendig«.Ein herausragendes Ereignis war am 9. Mai 1920 die Uraufführung von Erdmanns 1. Symphonie op. 10, die unter Peter Raabe im Rahmen des 50. Tonkünstlerfestes in Weimar stattfand und die Erdmann Alban Berg gewidmet hatte.
Als 1921 die Donaueschinger Musiktage aus der Taufe gehoben wurden, waren die Initiatoren glücklich, diesen aufstrebenden Komponisten, der als streitbarer Anwalt für die Avantgarde galt, gewinnen zu können, damit man der Veranstaltung ein attraktives Profil geben konnte. In der Anfangszeit hatte der junge Mann aus Berlin zusammen mit dem um einiges älteren Joseph Haas wichtige Entscheidungen zu treffen, die natürlich nicht immer einvernehmlich waren. Als Paul Hindemith in Donaueschingen in Erscheinung trat prägte er diese Veranstaltung immer mehr und Erdmann zog sich zurück.Eduard Erdmann hatte neben der Musik auch andere Interessen, wobei ihm sein phänomenales Gedächtnis half unmöglich Scheinendes zu vollbringen. So hatte er nicht nur das Faible, sein Klavierrepertoire nur in ersten Urtextausgaben einzustudieren und diese genau umzusetzen, inklusive aller in der Partitur vorhandenen, über die Noten hinausweisenden Angaben, sondern strebte auch an alle Gesamt- wie Einzelausgaben deutschsprachiger Literatur zu besitzen und gelesen zu haben. Selbst weniger bekannte Autoren konnte Erdmann aus dem Kopf wortgetreu zitieren und Dantes »Divina Commedia« in der Originalsprache auswendig vortragen.
Seine Wertvolle Bibliothek umfasste immerhin etwa 12.000 Bände, die er alle gelesen haben soll; Ende Mai 1959 wurden große Teile dieser Bibliothek in Hamburg versteigert.In Berlin lernte er Irene von Willisch kennen - uralter Adel - mit gleichem Geburtsort und Geburtsjahr; eine weitere Parallele ergab sich, dass auch Irene eine Nachzüglerin in der Familie war, also weit nach einem Bruder und drei Schwestern geboren wurde.
Hier trafen nun zwei echte ›Wunderkinder‹ aufeinander, die sich absolut nicht mochten.
Aber die Eltern mochten, dass sich die beiden mochten, vor allem Wilma Erdmann, die mit allen Mitteln versuchte ihren Sohn zu verkuppeln.
Irene von Willisch hatte am Stern´schen Konservatorium Klavier studiert, war dann dort bald zur Lehrenden geworden. Soll aber auch eine begabte Zeichnerin gewesen sein, wie es heißt, in professioneller Qualität. Irene war in diversen Kunstrichtungen zuhause; sie komponierte, besonders Lieder und schrieb Gedichte und Prosatexte.Die Ausgangsposition von ›Näddi‹ - so sein familieninterner Name - war, dass er Irene noch nicht einmal ansehen mochte und Irene dachte: »widerlicher arroganter Kerl!«.
Aber Mama Wilma blieb an der Sache dran, was Irene später so darstellte: »Ich wurde hartnäckig eingeladen, - ich sagte hartnäckig ab«.
Schließlich kam es doch zu einer Zusammenkunft, von der berichtet wird, dass sich beide den ganzen Abend zankten. Nach weiteren Abneigungsbekundungen spielte man sich gegenseitig Stücke vor - sie beeindruckte ihn, er beeindruckte sie; schließlich fragte er, ob sie ihm etwas von ihrer Klaviertechnik beibringen könne, die Sache begann beim »Erlkönig«.
Man jubelte sich gegenseitig hoch und hatte sich schließlich daran gewöhnt, alle zwei Tage beisammen zu sein. Schließlich erschien ›Näddi‹ mit einem Rosestrauß und einem Heft seiner Lieder - Neun Lieder für eine Singstimme - mit der handschriftlichen Widmung:
»Für Irene von Willisch, meinen besten Lehrmeister!«, datiert mit dem 15. Juli 1918.
Die Eheschließung folgte am 30. Juni 1919, sie hatten den Jahrestag ihres ersten längeren Beisammenseins als Hochzeitstag gewählt; die Ehe hatte Bestand, bis der Tod sie schied.
Man mutmaßt, dass sie vielleicht sogar ›fingermechanisch‹ die bessere Pianistin war, aber sie trat hinter der musikalischen Begabung ihres Mannes zurück.
1921 kam Tochter Jolanthe zur Welt, ihr folgten noch zwei Söhne und eine Tochter. Nachdem die Familie vierköpfig geworden war, kaufte Frau Irene 1923 ein Haus in Langballigau, nahe der dänischen Grenze, das zunächst eher für die Sommermonate gedacht war. In hochinflationärer Zeit war das nur möglich geworden, weil Erdmann in England Musikwalzen bespielen sollte und ein in Dollar auszuzahlendes Honorar erwartet wurde. Als der befreundete Ernst Krenek Langballigau besuchte, hatte der Bergfreund folgenden Eindruck:»Das Meer war an der Stelle schmal, denn es bildete eine Art Meeresarm, der nach der langweiligen Provinzstadt an seiner Spitze Flensburger Förde hieß. Die Gegend bestand aus hügeligem Land, das in unzählige quadratische Felder eingeteilt war und von staubigen Nebenstraßen durchquert wurde, die nirgends Ausblicke gewährten, weil sie von hohen und dichten Hecken gesäumt waren. Das Haus war einfach und nicht sehr elegant, aber geräumig und freundlich, auch wenn viele Einrichtungsgegenstände fehlten, weil Erdmann ständig finanzielle Schwierigkeiten hatte.«
Ja, diese finanziellen Schwierigkeiten - sie resultierten aus der Sammelwut seltener Dinge, die er in Besitz nehmen musste, ansonsten hätten die Honorare seiner vielseitigen Tätigkeiten für einen gehobenen Lebensstil ausgereicht. Apropos Lebensstil - da gibt es einen Brief, der Erdmanns Kleidungsstil moniert: Hemden, welchen die Ärmel fehlen, Hosen, die statt Bügelfalte baumkuchenartige Gestalt zeigen, straßenrestfreie Schuhe sollen auch selten gewesen sein... und noch einiges mehr; auch die Anekdote, dass er mal mit dem Fahrrad - den Frack im Rucksack - gefahren sei, klingt durchaus glaubwürdig.
Der Dirigent Hans Schmidt-Isserstedt beschrieb Erdmann aus dem Gedächtnis mal so:»Eduard Erdmann wird mir unvergesslich bleiben in seiner pittoresken Erscheinung, der mächtigen Gestalt, seinen riesigen und zugleich feinen Händen mit der ewigen Zigarette. Als Mensch und Musiker erscheint er mir als eine der wenigen überragenden Persönlichkeiten der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts.«
In den Jahren 1925-1935 war Erdmann, nachdem er als Pianist und Komponist erfolgreich war, lehrend in Köln tätig. 1925 erhob das Preußische Kultusministerium das Kölner Konservatorium in den Rang einer Staatlichen Musikhochschule. Die Professorenstelle umfasste 24 Wochenstunden, welche Erdmann mit intensivem Arbeiten erfüllte. Als Lehrender wollte er keine Virtuosen ausbilden, die durch makellose Fingerakrobatik brillieren, sondern Musiker, die das Repertoire durchdringen und verstehen. Seine Forderungen waren hoch - alle Stücke mussten auswendig vorgetragen werden in Kenntnis aller in den Noten vermerkten Anweisungen bezüglich Tempo, Phrasierung, Dynamik sowie sämtlicher anderen Eintragungen.
Es brachen politisch unruhige Zeiten an, die ab 1933 auch an der Kölner Hochschule zu Veränderungen führten, indem erstklassige Musiker aufgrund ihrer jüdischen Abstammung ihre Stelle verloren. Nach brutalen Vorkommnissen an der Hochschule kündigte Erdmann am 15. Juni 1935 seine Professorenstelle mit der Begründung, dass er sich voll aufs Konzertieren verlegen wolle. Bereits 1933 erkannten die Erdmanns die Zeichen der neuen Zeit, ihnen war klar, dass die ›Neutöner‹ nun schlechte Karten hatten. Also schaffte man Mobiliar an die Flensburger Förde, um den Hauptwohnsitz nach Langballigau zu verlegen, wo man nicht so sehr im Mittelpunkt stand und es auch nicht weit nach Dänemark war; in Köln behielt das Ehepaar nur eine Zweizimmerwohnung.
Ein Freund der neuen Machthaber konnte Erdmann nicht sein, dennoch ist 1937 sein Parteieintritt dokumentiert, was er 1946 in einem Brief an Walter Braunfels so erklärt:»Denn wenn man mir die Ausübung meines Berufes wegen illoyalen Verhaltens zur ›Staatsreligion‹ unmöglich gemacht hätte, so wäre meine Familie verhungert. Selbstverständlich habe ich nie ein Abzeichen getragen und das Wichtigste: ich habe meine Parteizugehörigkeit stets völlig geheimgehalten ...«
Aber Erdmann hatte es auf die ›Gottbegnadete-Liste‹ geschafft, was bedeutete, dass er nicht kämpfend am Krieg teilnehmen musste; allerdings war er dazu verpflichtet in Programmen von »Kraft durch Freude« mitzuwirken.
In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass zwischen den Familien Erdmann und Nolde eine enge Freundschaft bestand, aus der sich überraschenderweise eine Verwandtschaft ergab, denn als Emil Noldes Frau gestorben war, verliebte sich der 80-jährige Maler in die 26-jährige Tochter Jolanthe, der ältesten Tochter von Ida und Eduard Erdmann, was 1948 zur Eheschließung führte.Ein hochangesehener Parteigenosse war Erdmann nicht; seine Kompositionen fanden keinen Zugang zu Konzertprogrammen mehr, aber als reisender Pianist war er immer noch gefragt, allerdings waren seine Programme nun anders ausgerichtet; Kompositionen lebender Komponisten spielte er grundsätzlich nicht mehr und es folgte eine Hinwendung zu Beethoven, was auch hieraus resultierte, dass Artur Schnabel nicht mehr in Deutschland auftrat. Natürlich hatte auch Schubert immer noch einen hohen Stellenwert, aber auch weithin unbekannte frühe Komponisten wie zum Beispiel: Jan Pieterszoon Sweelinck, Johann Jakob Froberger, Johann Caspar von Kerll, William Byrd, Antonio de Cabezón ...fanden Eingang in die Konzertprogramme Erdmanns.
Wenn Artur Schnabel hier erwähnt wird, muss unbedingt darauf hingewiesen werden, dass sich im Berlin der frühen zwanziger Jahre zu dem älteren Schnabel -*1882 - eine freundschaftliche Verbindung entwickelt hatte und dieser als bester Klavierinterpret der Werke Beethovens galt.
Eine weitere wichtige und direkte künstlerische Zusammenarbeit ergab sich vor allem mit dem Pianisten Walter Gieseking und der australischen Violinistin Alma Moodie. Es ist in diesem Rahmen nicht möglich alle künstlerischen Kontakte Erdmanns zu nennen, natürlich hatte er auch solche mit Wilhelm Furtwängler, Edwin Fischer, Wilhelm Kempff und anderen großen Namen dieser Zeit.Nach dem Zweiten Weltkrieg waren Erdmanns neuen Kompositionen in der Musikszene nicht besonders erfolgreich und wurden von der Fachkritik eher zurückhaltend besprochen.
Als Pianist war er aber immer noch gefragt und spielte 1946 mit Vorliebe Kompositionen, die im Dritten Reich nicht öffentlich zu hören waren. In der Folgezeit gab er seinen Programmen oft den Übertitel »Alte und neue Meister«.
Noch während des Krieges wurde ihm 1942 wieder eine Professorenstelle angeboten, aber dazu hätte er seinen Wohnsitz nach Wien verlegen müssen, was nicht in seinem Sinne war. In der unmittelbaren Nachkriegszeit kamen Angebote aus Köln, München und Berlin, die er ablehnte.
Als jedoch 1950 in Hamburg die »Staatliche Hochschule für Musik« gegründet wurde und noch an verschiedenen Orten in Hamburg untergebracht war, konnte ihn Philipp Jarnach, der dort Direktor geworden war, für eine Lehrtätigkeit gewinnen, die Jahrzehnte währende Freundschaft der beiden sowie die Nähe zum angestammten Zuhause gaben wohl den Ausschlag.Rauchen allerorten hatte damals noch allgemeine Akzeptanz und Erdmann machte exzessiven Gebrauch davon. Im Winter 1954 kam es schließlich zum ersten Herzinfarkt, dem aber der Patient keine Chance zur Ausheilung gab, sondern weiter unterrichtete und auch Konzerte gab, die ihm, wie er meinte, keinerlei Schwierigkeiten weder beim Üben noch im Konzert bereiteten.
Im August 1957 kam es zu einem weiteren Herzinfarkt, der nun ernsthafte Folgen für die gewohnte Lebensführung hatte. Eine Thrombose im rechten Arm machte es ihm für längere Zeit unmöglich zu üben; trotzdem gab er weiterhin Meisterkurse, denn zur Verwunderung seiner Studenten hatte er einige Tricks auf Lager, die es ihm dennoch ermöglichten auch schwierige Passagen zu spielen.Im April 1958 kam es noch zu einer ganz privaten Reise ohne Konzertverpflichtungen mit Erdmanns ehemaligem Schüler Sava Savoff und dessen Frau. Für 31 Tage reiste man mit dem Auto nach Sizilien. Seinen letzten Klavierabend gab Eduard Erdmann am 5. Juni1958 in München, als er für die erkrankte Clara Haskil einsprang.
Auch noch am 20. Juni wollte der stark geschwächte Professor seine Lehrverpflichtung erfüllen; eine Schülerin bemerkte, dass Erdmann die Treppe nicht mehr bewältigen konnte und rief einen Arzt herbei, der ihn ins Krankenhaus bringen ließ. Am Vormittag des 21. Juni starb Eduard Erdmann an den Folgen des dritten Herzinfarktes.An Tonaufnahmen ist von diesem reichhaltigen Musizieren wenig auf unsere Zeit gekommen. Wie bereits erwähnt, entstanden erste Aufnahmen bereits1923 in England, wo Erdmann für die »Aeolian Company Limited« Klavierrollen bespielte. 1928 folgten vier Schallplatten für die »Grammophon-Gesellschaft« und 1935 zwei Aufnahmen für »Polydor«.
Die letzten offiziellen Aufnahmen fallen in das Jahr 1940, wo für »Grammophon« drei Schallplatten mit Haydn und Schubert aufgenommen wurden. Daneben gibt es Rundfunkaufnahmen in unterschiedlicher Qualität.
Studioaufnahmen waren Erdmann suspekt, so wie das heutzutage gehandhabt wird, das wäre ihm zuwider gewesen. So war er auch nicht erpicht darauf die gerade entstandene Aufnahme zu überprüfen; einmal soll er geantwortet haben: »Ach was, davon wird sie auch nicht besser.«Praktische Hinweise:
Das Grab von Eduard Erdmann befindet sich in Hamburg-Ohlsdorf, dem größten Parkfriedhof der Welt; Fuhlsbüttler Straße 756.
Die Grablage findet man auf dem Friedhofsplan unter Bm 67, das ist westlich der Kapelle 13.
Das Grab ist etwa 150 Schritte von der Bushaltestelle Kapelle 13 entfernt. Die Strecke vom Haupteingang bis zur Kapelle 13 beträgt etwa drei Kilometer.Die Kapelle 13 kann als Orientierungspunkt dienen
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Ein beglückender Liederabend mit Julia Kleiter
Den Liedvorträgen war ein etwa zehnminütiger Einführungsvortrag von Professor Dieter Borchmeyer, Professor emeritus für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Heidelberg, vorangestellt.
Prof. Dr. Dr. h. c. Borchmeyer hält an der Universität Vorträge »ÜBER DAS WEIBLICHE IM MENSCHLICHEN«, Wandlungen des Geschlechterbildes.
Wie man heraushören konnte, folgte der Redner bezüglich Schumanns Opus 42 weitgehend den Darstellungen im Booklet des Projektes Huber/Gerhaher, wo es auf Seite 84 unter anderem heißt:
»Die verhohlende Verachtung dieser Lieder als Ausdruck von Misoynie und Unterdrückung weiblicher Selbstbestimmung stellt nur eine - ich finde an Fantasie ärmste - Möglichkeit dar, dieses Werk zu deuten. Man kann nämlich durchaus so weit gehen, Schumanns Text-Zusammenstellung als eigentliches ›Marienleben‹ zu interpretieren.«
Auch auf Silke Schwarz - Sängerin, Musikpädagogin und Bildungswissenschaftlerin - wurde hingewiesen, die sich mit dieser Thematik befasst.Das musikalische Gesamtprogramm präsentierte sich so:
Robert Schumann (1810-1856)
Lieder und Gesänge für Singstimme und Klavier op. 51Sehnsucht - Emanuel von Geibel
Volksliedchen - Friedrich Rückert
Ich wandre nicht - Carl Christern
Auf dem Rhein - Karl Leberecht Immermann
Liebeslied - Johann Wolfgang von GoetheFrauenliebe und Leben op.42
Seit ich ihn gesehen - Adelbert von Chamisso
Er, der Herrlichste von allen
Ich kann´s nicht fassen, nicht glauben
Du Ring an meinem Finger
Helft mir, ihr Schwestern
Süßer Freund, du blickest
An meinem Herzen, an meiner Brust
Nun hast du mir den ersten Schmerz getanFünf Lieder für Singstimme und Klavier op. 40
Märzveilchen - Adelbert von Chamisso
Muttertraum
Der Soldat
Der Spielmann
Verratene LiebeLieder und Gesänge aus dem »Wilhelm Meister« - Johann Wolfgang von Goethe
op. 98a (Auswahl)Kennst du das Land?
Nur wer die Sehnsucht kennt
So laßt mich scheinen
Heiß mich nicht reden
Singet nicht in TrauertönenDer Titel des ersten Liedes, also »Sensucht«, könnte über den ersten fünf Liedern des Abends stehen; Schumann hat in Opus 51 Texte von fünf verschiedenen Dichtern ausgewählt, in den folgenden Liedblöcken findet man nur noch Chamisso und Goethe, wobei Chamisso bei Opus 40 eigentlich eher sehr freier Übersetzer war.
Eigentlich hätte man nach Goethes »Liebeslied« - also nach den ersten fünf Liedern - eine kleine Beifallspause erwartet, das hätte der Sängerin und dem Publikum gut getan, aber sogleich schlug Gerold Huber die wenigen Takte zu »Frauenliebe und Leben» an, wobei die Singstimme ja auch gleich einsetzt.
In den nun folgenden gut zwanzig Minuten erzählte Julia Kleiter sehr glaubwürdig eine Liebesgeschichte aus weiblicher Sicht, entsprechend der Zeit in der sich das zutrug, und das war eben die Zeit Schumanns, der ja auch gerade in eine sehr komplizierte Liebesgeschichte verwickelt war und sich sein Recht als Ehemann vor Gericht erstreiten musste. Wie es in der Literatur heißt, soll Opus 42 in dieser Zeit innerhalb von zwei Tagen entstanden sein.
Es war ein Erlebnis Julia Kleiter bei ihrer Erzählung zu folgen, sie traf immer den angemessenen Ton, die rechte Stimmung, auch mit entsprechender Mimik, ohne dass das auch nur den Hauch von billigem Schauspiel hatte.
Die Begeisterung, dass ER gerade sie ausgewählt hatte, vermutlich war er auch gesellschaftlich höher gestellt, vielleicht trug er auch noch Uniform ... wurde sehr gut vermittelt und diese Begeisterung hält ja auch im zweiten Lied noch an.Und dann - endlich - der vorläufige Höhepunkt, der Ring am Finger, da muss die Interpretin Freude und Stolz auf breiter Front zum Ausdruck bringen und beim Singen strahlen, mit ausdruckslosem Gesicht geht das nicht. Diesem Lied folgte nun die Aufgeregtheit der Hochzeitsvorbereitungen und der Abschied aus der Jugendzeit.
›Süßer Freund, du blickest‹ und auch ›An meinem Herzen, an meiner Brust‹, wurde zu Clara Schumanns Zeit in öffentlichen Konzerten ausgeklammert, weil man diese intimen Vorgänge nicht der Öffentlichkeit präsentieren mochte; Clara Schumann wollte auch in späteren Jahren nicht, dass der ganze Zyklus öffentlich gesungen wird.
Frau Kleiter konnte gerade in diesen beiden Liedern eine Menge Emotionen zum Ausdruck bringen. Hier gewinnt die Kindesmutter Oberwasser, wenn sie stolz erklärt ›O, wie bedaur´ ich den Mann, der Mutterglück nicht fühlen kann!‹Nach diesen Hochgefühlen schlägt die Stimmung urplötzlich um, Julia Kleiters Stimme wird zum Mezzosopran; der einst Herrlichste ist tot - Gerold Huber darf nun eines der schönsten Schumann-Nachspiele interpretieren, die Musik kehrt an den Ursprung zurück.
Wer klatscht nun nach diesen Tönen zuerst? Natürlich bekamen Julia Kleiter und Gerold Huber ihren verdienten Beifall, man wusste ja, dass es Robert Schumann war, der die letzte Strophe von Chamissos Gedicht nicht vertont hatte. Wer das ganze Gedicht mit Musik haben möchte, muss sich an die Vertonung von Carl Loewe halten.
Bei den nun folgenden fünf Liedern des Opus 40 ist zu beobachten, dass da ganz schlimme Sachen dabei sind, wie dieser schreckliche ›Muttertraum‹ oder die Erschießung eines Soldaten durch den Freund - bei ›Der Soldat‹ gab es für den Pianisten Vollbeschäftigung und Gerold Huber hat das mit Verve gelöst. Nach diesen Schrecknissen dann der verzweifelte Geiger bei der Hochzeit.
Unmittelbar nach so viel Traurigkeit dann dieses lustig, harmlose Liedchen ›Verratene Liebe‹, hinter dessen Titel man ebenfalls Schlimmes vermuten könnte.Mit fünf weiteren Liedern aus »Wilhelm Meister«, deren Texte eine weite Verbreitung erfahren haben, wurde der offizielle Teil dieses beachtlichen Liederabends beendet; eine Bravourleistung erster Güte - schließlich wurde dieser Abend ohne Pause gesungen; Gerold Huber sitzt ja ständig irgendwo am Flügel, den sieht und hört man oft, Julia Kleiter hörte ich erstmals live, da merkt man weltweite Erfahrung.
Um den wohlverdienten Beifall in voller Länge entgegenzunehmen - er war schon jubelnd -müssen die Künstler hier relativ weite Wege gehen.
Die Überraschung war perfekt als die Zugabe »Ständchen« von Richard Strauss angesagt wurde. Großer Jubel!
Schließlich beschloss man den Abend dann doch mit Schumann, nämlich mit »Widmung«.
Fotos: ›studio visuell/Heidelberger Frühling‹
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Anmerkungen zum Liederabend vom 15. Juni 2023 in der Alten Aula zu Heidelberg
Der Ort des Geschehens im Überblick
Wie Baron Ochs von Lerchenau kann man zu diesem Abend sagen:
›Komm´ aus dem Staunen nicht heraus‹ ...Bereits 2014 strahlte das Schweizer Fernsehen den etwa 20-minütigen - sehenswerten - Dokumentarfilm »Ein Wunderkind wird erwachsen« aus, wo bereits spekuliert wird, dass Äneas Humm mal die Konzertsäle der Welt füllen wird. Der Karrierestart ist auch ausgezeichnet gelungen, worauf der jetzt 28-Jährige mächtig stolz sein kann.
Anlässlich des Beethovenjahres sang er sogar in Berlin beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue vor.
Der Schweizer Bariton hat für seine bisherigen Leistungen 2022 den OPUS Klassik als Nachwuchskünstler des Jahres erhalten und war auch mit einem Förderpreis des Deutschlandfunks ausgezeichnet worden. Bisher liegen zwei CD-Veröffentlichungen mit Liedern vor - AWAKENING und EMBRACE - die eher wenig gängige Liedkompositionen zu Gehör bringen.
Zu all diesen Lorbeeren kamen noch eine Menge positive Bewertungen im Tamino-Klassikforum hinzu.
Mit diesem Wissensstand saß man nun in der altehrwürdigen Aula und war auf das Auftreten des so Hochgelobten gespannt, das Programm war so gestaltet, dass das Feuilleton von »anspruchsvoll« sprechen kann, denn wirklich bekannte Lieder waren kaum dabei.Das Sänger- ›Wunderkind‹ stammt aus einer schweizerisch-ungarischen Familie und hatte das Musikgymnasium in Feldkirch abgebrochen, um in Bremerhaven Opernsänger zu werden. Bereits mit 18 Jahren debütierte er am Stadttheater Bremerhaven und hatte damals gerade sein Studium an der Musikhochschule Bremen begonnen. Sein Examen legte er dann an der berühmten Juilliard School in New York ab, wo Edith Wiens seine Gesangslehrerin war.
An dieser New Yorker Schule lernte er auch seine aktuelle Klavierpartnerin Renate Rohlfing, eine gebürtige Hawaiianerin, kennen.
Ganz ähnlich wie im vorangegangenen Liederabend - »Nachthelle!« - hatten hier bei der Einstudierung von Liedern die diversen Lockdowns Pate gestanden, wobei das bei Äneas Humm und Renate Rohlfing in der häuslichen Umgebung geschah.Der Heidelberger Abend stand unter dem Motto »Umarmungen«, was mit der neuesten CD korrespondiert.
Im Detail sah das Programm so aus:
Fanny Hensel (1805-1847)
Ach, die Augen sind es wieder - Heinrich Heine
Sehnsucht - Johann Wolfgang von Goethe
Schwanenlied - Heinrich Heine
Nachtwanderer - Joseph Freiherr von EichendorffFelix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847)
Andres Maienlied (Hexenlied) - Ludwig Hölty
Die Liebende schreibt - Johann Wolfgang von Goethe
An die Entfernte - Nikolaus LenauWalter Braunfels (1882-1954)
An den Nachtwind - Karl Wolfskehl
Blondel - Karl Wolfskehl
Innere Landschaft - Walter Wenghöfer
Abbitte - Friedrich HölderlinFranz Liszt (1811-1886)
Ihr Glocken von Marling - Emil Kuh
Es muss ein Wunderbares sein - Oscar Redwitz-Schmölz
Vergiftet sind meine Lieder - Heinrich Heine
Ein Fichtenbaum steht einsam - Heinrich Heine
Über allen Gipfeln ist Ruh - Johann Wolfgang von GoetheEdvard Grieg (1843-1907)
Sechs Lieder op. 48
Gruß - Heinrich Heine
Dereinst, Gedanke mein - Emanuel Geibel
Die verschwiegene Nachtigall - Karl Joseph Simrock
Lauf der Welt - Johann Ludwig Uhland
Zur Rosenzeit - Johann Wolfgang von Goethe
Ein Traum - Friedrich Martin von BodenstedtEine Pause war an diesem Abend nicht vorgesehen, der Vortrag dieser 22 Lieder wurde nur bei den einzelnen Lied-Blöcken kurz unterbrochen; das ist in jedem Falle eine große Leistung für einen Sänger, der man Respekt erweisen sollte, ja muss.
Des Weiteren kann man Äneas Humm zu seiner großartigen Stimme gratulieren. Allerdings scheint Renate Rohlfing näher am Sinn eines Liederabends dran zu sein als ihr - zumindest an diesem Abend - sehr laut singender Partner.
Wie eingangs erwähnt, man kommt aus dem Staunen nicht heraus, wenn man weiß, dass der Sänger bei einer Edith Wiens Gesang studiert und mit Hartmut Höll Liederabende gestaltet hat.
Von wegen ›Umarmung‹, fast überfallartig betritt der Sänger das Podium und legt gleich los als wollte er im Teatro Colón die obersten Ränge erreichen.
Entgegen meiner sonstigen Gepflogenheiten las ich diesmal die Texte mit, weil ich von diesem Programm nur zwei Lieder richtig kenne - ›Es muss ein Wunderares sein‹ und ›Zur Rosenzeit‹. Es gelang nicht, das Gelesene mit dem Gehörten in Einklang zu bringen, zumindest an diesem Abend ließ der Sänger jede liedgestalterische Sensibilität vermissen und gab mehr zu verstehen, dass da jede Menge Stimme vorhanden ist. Bei Liszts vergifteten Liedern kann das so gemacht werden, bei ›Es muss ein Wunderbares sein‹ oder ›Zur Rosenzeit‹ gerät es zur Karikatur.In einem Interview verrät der Bariton: »Meine Liederabende moderiere ich immer. Das Publikum ist viel aufmerksamer, wenn man mit ihm spricht. Dass Sänger nicht gerne reden auf der Bühne, finde ich völlig unverständlich.«
In der Tat hat Äneas Humm unbestritten ganz großes Talent als Conférencier und ist ein charmanter und eloquenter Plauderer.Als Zugabe wurde noch ein Lied von Grieg und Brahms gewährt, wobei Edvard Griegs »Das alte Lied« vom alten König ..., nach einem Text von Heinrich Heine, wirklich gekonnt vorgetragen wurde.
Fotos: ›studio visuell/Heidelberger Frühling‹
Äneas Humm wird seinen Weg machen - man darf gespannt sein, wohin er führt ...
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Heidelberger Kontrastprogramm in Sachen Lied
Gemeint ist der Kontrast zu dieser fragwürdigen »Müllerin« in der Elbphilharmonie Hamburg.Wie auf der Titelseite der Broschüre zu sehen ist handelt es sich um ein zeitlich relativ kurzes Liedfestival, das jedoch ein prall gefülltes Programm enthielt. Man kann nicht überall sein; drei Liederabende wurden ausgewählt, über die im Folgenden berichtet werden soll.
Der erste Abend war insofern außergewöhnlich, weil Schuberts Vokalensembles heute in dieser Qualität sehr selten zu hören sind.
Initiator des Ganzen war und ist Markus Hadulla, Professor für Liedbegleitung an der Musikhochschule Wien; die Idee wurde während des ersten Pandemie-Lockdowns geboren; hier bot sich die Chance gute Sänger zusammenzubringen, die sonst Einzeltermine zu absolvieren haben und kaum zusammenzubringen sind.Kiran Carrel / Ilker Arcayürek / Markus Hadulla / Jan Petryka /Samuel Hasselhorn
Der Abend stand am 14. Juni 2023 unter dem Motto »Nachthelle!«, was sich auf ein Gedicht von Johann Gabriel Seidl bezieht, Ort der Handlung war die Alte Aula der Universität Heidelberg.
Nachthelle
Die Nacht ist heiter und ist rein,
Im allerhellsten Glanz,
Die Häuser schau´n verwundert drein,
Steh´n übersilbert ganz.In mir ist´s hell so wunderbar,
So voll und übervoll,
Und waltet drinnen frei und klar,
Ganz ohne Leid und Groll.Ich fass´ in meinem Herzenshaus
Nicht all das reiche Licht,
Es will hinaus, es muß hinaus,
Die letzte Schranke bricht.Zum Titel »Nachthelle!« sagte Markus Hadulla - im Gespräch mit Cornelia Weidner, der Intendantin der Internationalen Hugo-Wolf Akademie - folgendes:
»Zunächst ist dies der Titel des fünfstimmigen Schubertliedes nach dem Text von Johann Gabriel Seidl, den Schubert 1826 vertonte. Ein äußerst ausdrucksstarker Text, dessen Titel ja schon aus einem Widerspruch mit ›Nacht‹ und ›Helle‹ in sich besteht und so als Leitbild die Gegenüberstellung von Individuum und Gemeinschaft in dem Programm verdeutlicht. Der Text von Seidl stammt aus der Sammlung ›Lieder der Nacht‹ , die er seinen Freunden widmet. So heißt es in dem Gedicht ›Widmung, meinen lieben Freunden‹:
›[...] Ja meine Freunde müßten auch so fühlen! -
Zuerst rief Euch die Seel´- ich weih´ sie Euch:
Ich kenn´ Euch ja, - Ihr müßt auch so fühlen!‹Diese Seelenverbundenheit in den Gedichten hat wohl auch Schubert gespürt und ›Nachthelle‹ eben nicht als Sololied, sondern als Ensemble vertont. Den Text selbst hat Schubert eigenhändig im Schlusssatz nochmals verstärkt, indem er - wohl mit Erlaubnis des Dichters - Seidls Worte ›Ich halt´ es länger nicht!‹ umwandelt in ›Die letzte Schranke bricht‹.
Das Ausrufezeichen, das ich dem Lied-Titel ›Nachthelle‹ hinzugefügt habe, ist den Monaten der unfreiwilligen Isolation geschuldet, die die Pandemie verursacht hat. Das Programm ist mit dem ersten Lockdown in der Pandemie entstanden, hat sich dann durch die Pandemiezeit entwickelt und trägt sicherlich auch den Schatten dieser Zeit in sich. Aber es ist kein Programm über die Dunkelheit, sondern eben über das Licht, das die Dunkelheit durchbricht. Vielleicht mein ganz persönlicher Hoffnungsschimmer in der oft trostlosen Zeit.«Die Ausführenden waren:
Ilker Arcayürek (Tenor) / Patrick Grahl (Tenor) / Jan Petryka (Tenor) / Kieran Carrel (Tenor) / Samuel Hasselhorn (Bariton) / Johannes Kammler (Bariton) / David Steffens (Bass) / Markus Hadulla (Pianist)
Der Abend wurde im Wechselspiel von Ensembles und Solovorträgen dargeboten; die Programmfolge des Schubert-Abends im Detail:
Der Gondelfahrer D 809
Kieran Carrel, Ilker Arcayürek, Samuel Hasselhorn, David SteffensDer Wanderer an den Mond D 870
David SteffensMondschein D 875
Jan Petryka, Kieran Carrel, Ilker Arcayürek, Samuel Hasselhorn, David SteffensDer Winterabend D 938
Ilker ArcayürekGrab und Mond D 893
Ilker Arcayürek, Jan Petryka, Samuel Hasselhorn, David SteffensAn den Mond in einer Herbstnacht D 614
Jan PetrykaSehnsucht D 879
Samuel HasselhornDie Nachtigall D 724
Kieran Carrel, Ilker Arcayürek, Samuel Hasselhorn, David SteffensDas Dörfchen D 641
Ilker Arcayürek, Jan Peryka, Kieran Carrel, Samuel Hasselhorn, David Steffens- Pause -
Widerspruch D 865
Kieran Carrel, Jan Petryka, Samuel Hasselhorn, David SteffensDer Wanderer D 649
Kieran CarrelDas Grab D 377
Ilker Arcayürek, Jan Petryka, Samuel Hasselhorn, David SteffensTotengräbers Heimweh D 842
Samuel HasselhornNachthelle D 892
Ilker Arcayürek, Kieran Carrel, Jan Petryka, Samuel Hasselhorn, David SteffensSchwanengesang D 744
Kieran CarrelIm Gegenwärtigen D 710
Jan Petryka, Kieran Carrel, Samuel Hasselhorn, David SteffensStändchen D 920
Samuel Hasselhorn, Jan Petryka, Kieran Carrel, David Steffens, Ilker Arcayürek, David SteffensZugabe:
Zur guten Nacht D 903
Vor dieser absolut zum Thema passenden Zugabe war der Beifall gewaltig - und danach ebenfalls - und wenn zur Beifallsbekundung auch noch die Füße zu Hilfe genommen werden, gibt der Holzboden dieses altehrwürdigen Hauses schon einiges her.
Da waren schon schöne Stimmen versammelt und auch einige Jahre sängerische Erfahrung. Schon vor nunmehr sechs Jahren konnte ich zum Beispiel Samuel Hasselhorn in Heidelberg Beifall zollen - damals im alten Theater - als er beim Lied-Wellbewerb den ersten Preis errang.
Ähnlich verhält es sich bei Ilker Arcayürek, der am 13. April 2018 in dieser Aula als Solist eine Matinee sang (#100) und den ich im letzten Jahr mit einigen konzertanten Opernarien hören konnte, einfach schön, wenn man so eine positive Entwicklung hörend verfolgen kann.
Da ist also schon sängerisches Potenzial nachgewachsen und unterwegs. Am heutigen Sonntag gibt Ilker Arcayürek zusammen mit Juliane Banse einen Liederabend Auf Schloss Filseck, begleitet von Doriana TchakarovaFrau Tchakarova war natürlich an diesem 14. Juni auch im Publikum und Thomas Hampson mitsamt seinen Stipendiaten auch. Dies alles wird hier erwähnt, um zu zeigen, dass das Kunstlied immer noch sehr lebendig ist.
Dass nun die Namen Arcayürek und Hasselhorn etwas beleuchtet wurden ist eine rein persönliche Angelegenheit, weil es sich eben so ergab, das soll die Leistung der andern Sänger in keiner Weise schmälern, es wurde an diesem Abend insgesamt einfach hervorragend gesungen!Christoph Wagner, von der ›Rhein-Neckar-Zeitung‹ bezeichnete den Solovortrag von Samuel Hasselhorn als Höhepunkt des Abends, was man so sehen kann, wobei der Rezensent auch bemerkte, dass es dem Sänger half, dass es sich bei dem Vortrag um eines der tiefsinnigsten Lieder Schuberts handelt - wie aus dem Programm ersichtlich, ist von »Totengräbers Heimweh D 842« die Rede.
In der Alten Aula gibt es 234 Plätze, der richtige Rahmen für einen Liederabend, es ist kaum vorstellbar, dass jemand nicht beglückt nach Hause ging.
Fotos: ›studio visuell/Heidelberger Frühling‹
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Wer ist dieser Herr am Wasser?
Die Brunneninschrift gibt Auskunft über die Person und den Besuchszweck des Berühmten;
wegen der Rossini-Festspiele kam er nicht, denn die wurden in Bad Wildbad erst 1989 ins Leben gerufen; der Dirigent Wilhelm Keitel war bei seiner Rossini-Biografie auf den Badeaufenthalt Rossinis im Schwarzwald aufmerksam geworden.Dr. Augustus Bozzi Granville, ein italienischstämmiger Londoner Arzt, hatte 1837 ein Buch mit dem Titel »Spas of Germany» - also ›Die Heilbäder Deutschlands‹ - veröffentlicht und dabei das Wildbadener Wasser besonders gelobt, indem er darstellte, dass das Wasser von Natur aus so heiß ist, wie es für den menschlichen Körper am besten geeignet ist, es sei den warmen Quellen vorzuziehen, die spontan gekühlt werden müssen.
Granville beschrieb eigen Erlebtes und so lag Wildbad aus seiner Sicht ›inmitten der Wildnis des Schwarzwaldes‹, denn alleine von Stuttgart aus benötigte er zehn Stunden. Aber als er erst mal angekommen war begeisterte er sich: »Diesen angenehmen Eindruck, welchen das Wasser auf mich machte, als es aus der Tiefe hervorquellend über meinen Körper floss, durchsichtig wie das gläserne Aquamarin, weich, natürlich warm und sanft murmelnd, werde ich nie vergessen.«
Am 13. Juni 1856 - also heute vor 167 Jahren - stieg Gioacchino Rossini mit Olympe Pélissier, seiner zweiten Gattin, und zwei Bediensteten im Hotel Bären ab. Er soll hier etwa zwanzig Bäder in einem Zeitrahmen von drei Wochen genommen haben, wobei dieser Aufenthalt so eine Art Vorkur gewesen sein soll, der sich eine Trinkkur in Bad Kissingen anschloss, denn der umtriebige Dr. Granville hatte auch ein Buch über die Kissinger Heilquellen geschrieben.
Auch in diesem Jahr findet das kleine aber feine Rossini-Festival wieder in Bad Wildbad statt, als Spielstätten für die Oper stehen das kleine Königliche Kurtheater - im Stile eines Schweizer Chalets mit neobarocken Elementen - und die moderne Trinkhalle zur Verfügung, die tausend Personen Platz bietet. Das Programm steht im Internet zur Verfügung.
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Eigentlich muss man über diese »Müllerin« in der Elbphilharmonie nicht diskutieren, als die Schlumpelpuppe über den Rand des Kastens gehoben wurde, taten sich Assoziationen zum Kasperletheater auf ...
Da ich glaube gegenüber Helmut und Rüdiger einen Wissensvorsprung zu haben, der aus dem Besitz des Programmheftes und der Beschäftigung mit der Sängerfamilie Boesch resultiert, möchte ich dazu noch ein paar Gedanken einfügen, die mir Anlass zum Wundern geben. So exklusiv ist unser Wissen ja nicht, dass einst der bürgerliche Salon Aufführungsort des Kunstliedes war, das weiß Florian Boesch natürlich auch, und sein Vater und seine Großmutter ebenfalls.
Und da beginnt das Wundern, aber auch die Angst, denn Florian Boesch bildet ja als Hochschullehrer den Sängernachwuchs aus.
Welche Sicht hat der Sänger auf die Vorgänge bei der Mühle?»Grundsätzlich gehe ich immer vom Inhalt aus und nicht etwa von einer Klangvorstellung. Ich beginne - wie Schubert auch - bei den Gedichten von Wilhelm Müller und versuche, jedes Wort zu verstehen. Ich kann einen solchen Zyklus nicht singen, ohne ihn wirklich zu durchdringen, und dazu habe ich bei der ›Müllerin‹ in der Tat einige Zeit gebraucht.
Man muss die Hörgewohnheiten und Mauern im Kopf erstmal einreißen.
Indem man sich dafür Zeit nimmt, erarbeitet man sich die Grundlagen einer Interpretation. Die konventionelle Erzählweise ergab für mich keinen Sinn. Ich musste mir also klar machen, worum es wirklich geht.Die Kernidee ist, dass es keinen Suizid gibt. Wenn man den Epilog von Müllerliest, den Schubert nicht vertont hat, wird die ›Grabrede‹ des Bachs bereits infrage gestellt. Wir kennen Wilhelm Müller auch aus der ›Winterreise‹ und wissen, dass er in die menschliche Psyche blickt und mit klaren Worten Dinge beschreibt, die erst weit später als psychologische Phänomene beschrieben wurden. Ein häufig missverstandenes Lied ist etwa ›Pause‹.
Hier erlebt jemand einen psychotischen Schub, wie ihn besonders junge Menschen haben.
Die entscheidende Stelle lautet: ›Ei, wie groß ist wohl meines Glückes Last, / Dass kein Klang auf Erden es in sich fasst?‹ Wann immer es dem Müller schlecht ging, konnte er seinen Schmerz in Lieder fassen, aber nun geht es ihm so dreckig, dass ihm diese Ausdrucksmöglichkeit genommen ist. Auslöser hierfür ist das Missverständnis zwischen Müllerin und Müller am Ende von ›Tränenregen‹, wenn sie seine Tränen für Regen hält.«Das hier auszugsweise Dargestellte gibt nur ein Teil der Vorstellungen des Sängers wieder, zeigt aber, dass da nicht gedankenlos drauf losgesungen wird.
Deprimierend ist das für mich, weil ich es als Symptom für den langsam aber unabwendbaren Tod des Kunstliedes auf den Bühnen der Aufführung klassischer Musik erfahre und erlebe.
Hier möchte ich für Helmut Hofmann einen Hoffnungsschimmer aufscheinen lassen, weil ich aus vielen, vielen Publikationen weiß, wie sehr Florian Boesch das Kunstlied liebt und sich vehement für dessen Fortbestand einsetzt. So ist Boeschs absoluter Lied-Favorit Ernst Kreneks Zyklus »Reisebuch aus den österreichischen Alpen«, diesen Zyklus versucht er stets überall unterzubringen, wenn er zu Liedkonzerten eingeladen wird. Originalton Boesch:
»Ich brenne für Ernst Kreneks ›Reisetagebuch aus den österreichischen Alpen‹, das ich für einen der bedeutendsten Liederzyklen überhaupt und sicher des 20. Jahrhunderts halte. Aber das Publikum reagiert immer noch angstvoll, wenn es diesen Namen auf dem Programmzettel liest, weil es den späten Krenek mit der atonalen Musik im Ohr hat. Damit ist das ›Reisebuch‹, 1929 entstanden, ein Manifest dafür, dass man selbst in der Schönberg-Doktrin noch eine tonale, individuelle Klangsprache entwickeln konnte.«
Als Florian Boesch diesen Zyklus in der Wigmore Hall sang, stand er vor dem Problem, dass die Aufführung nur 45 Minuten hergab, er aber der Meinung ist, dass der Zyklus allein stehen muss und man nach der Aufführung nichts mehr singen sollte - Die Lösung: Man stellte einen 20-minütigen Talk voran.
Dies als Zugabe, weil man sich wunderte, dass ich mich gewundert hatte ...
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Um auf meine Fragestellung in #161 zurückzukommen - ich würde dieses ›Produkt‹ nicht noch einmal kaufen!
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Die schöne Müllerin
Dargeboten am 31. Mai 2023 in der Elbphilharmonie HamburgDieser Thread heißt »Der besondere Liederabend«, aber in diesem Falle muss man von einem »ganz besonderen Liederabend« sprechen, oder noch besser - von einem Liederabend der eigentlich gar keiner war ...
Der Große Saal der Elbphilharmonie - terrassenförmig im Weinbergprinzip angelegt - bietet 2.100 Zuschauern Platz und war aus meiner Optik gesehen voll besetzt.
»less is more«
Man will ja nicht an der im Grundgesetz verbrieften Kunstfreiheit rütteln, aber wundern darf man sich schon, wenn da zweitausend Leute, die von der längsten Rolltreppe Westeuropas angesaugt wurden, von so einer Veranstaltung hell begeistert sind, wie Beifall auf offener Szene und der reichliche Schlussapplaus zeigen.
Eigentlich ging ich da mit einer gewissen Vorfreude hin, denn ich dachte mir Franui - die Leute von der Almwiese - und Florian Boesch haben sich gesucht und gefunden.
Beide haben sich ja bezüglich Publikumserfolgs in den letzten Jahren prächtig entwickelt und waren bald auch bei hochangesehenen Festivals gefragt. Der Puppenspieler Nikolaus Habjan, der auch etwas von Musik versteht und vor allem auch gut pfeifen kann, war mir vordem kein Begriff.Das kostenlos zur Verfügung stehende Programmheft des Abends konnte als Vorwarnung dienen. Da waren nämlich nicht nur die Liedtexte abgedruckt, sondern auch Erklärungen der ausführenden Künstler und Interviews.
Da ist von einer »unkonventionellen Lesart des Zyklus« die Rede und Boesch meint, dass man »die Hörgewohnheiten und Mauern im Kopf erst mal einreißen muss«.
Es wurden auch ein »Deutscher Tanz« von Schubert und der »Kupelwieser-Walzer« in »Die schöne Müllerin« integriert.Der Service der Elbphilharmonie erspart mir eine Menge Schreiberei, denn das Konzert steht im Livestream, beziehungsweise in der Mediathek zur Verfügung. Mag sich jeder seine eigene Meinung bilden. Die Klatschenden waren wohl in der Mehrzahl Touristen, die nun stolz zu Hause berichten können, dass sie in der Elbphilharmonie waren.
Die Uraufführung dieser »Müllerin« fand wenige Tage vorher in Berlin statt, der Berliner »Tagesspiegel« schreibt unter anderem über diese Aufführung:
»Florian Boesch ist eine wuchtige Erscheinung mit Glatze und Riesenpranken, seinen kraftvollen Bariton vermag er düster einzufärben, er singt musiktheatralisch, mit einer Stimme, der man abnimmt, dass ihr Besitzer schon viel Leidvolles durchgemacht hat. Schade nur, dass Habjan und er die Puppe ständig stummfilmhaft die Hände ringen lassen – also genau jene übertriebene Sängergestik vorführen, die Regisseure den Opernstars stets abzutrainieren versuchen ...
Eine optische Lösung für das positive Ende bleiben die beiden auch schuldig. Der Abend hört einfach auf. Wieviel spannender wäre es gewesen, hätten sie die Puppe dezidiert als Jugendlichen gestaltet, als Alter Ego des Icherzählers, der Jahrzehnte später singend auf seine Teenagerzeit zurückblickt.«Das »Hamburger Abendblatt« schreibt in fetter Headline:
»Was sollte das? Schubert-Liederabend mit zu viel Beiwerk«
Marcus Stäbler meint dazu:
»Schuberts Liedzyklus als pantomimisch-theatralischen Abend: Da war – trotz starker Protagonisten – nicht alles wirklich gelungen.«Der Überschrift im »Hamburger Abendblatt« schließe ich mich an; den ganzen Abend dachte ich: ›Was soll das?‹
Am Ende konnte ja fotografiert werden - das ist kein Gespenst, sondern die verhüllte Müllerin.
So richtig beurteilen kann man das alles, wenn man den Livestream anschaut ... -
Oskar Czerwenka - * 5. Juli 1924 Vöcklabruck - † 1. Juni 2000 Vöcklabruck
Zum heutigen Todestag von Oskar Czerwenka
Die farbigen Lichtreflexe wirken wie ein Zitat seiner Malerei.
Oskar Czerwenka hat hörbare Spuren auf Tonträgern hinterlassen, aber auch sichtbare Spuren in seiner oberösterreichischen Heimatstadt Vöcklabruck, denn die Gemeinde hat die Villa Czerwenka samt Park angekauft, mit einem modernen Zubau erweitert und zur Landesmusikschule umgebaut. Die Spuren seiner Malerei sind zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung heute eher spärlich.
Den Grundstein zu Wohlstand und Ansehen legte der sehr dominante Vater, »ein Arbeitstier«, wie es der Sohn formuliert; war Ehrenbürger der Stadt und hatte in Vöcklabruck einiges bewegt. Oskar hatte noch drei Geschwister, wobei seine Schwester Steffi den jungen Mann am Klavier begleitete, denn sie hatte bei ihrem Bruder die Liebe zum Schubert-Lied geweckt. Ansonsten wurde das künstlerische Tun der beiden in der Familie eher belächelt als ernst genommen, wenn man mal vom hochintelligenten Onkel, dem Bruder der Mutter, absieht, der ein dankbarer Zuhörer war.
Von Czerwenkas Mutter gibt es eine wahre Anekdote - als fünfjähriges Mädchen sah sie Anton Bruckner vor der Kirche stehen, der seinen Hut so in der Hand hielt, dass die Kleine ihn für einen Bettler hielt und ein Dreikreuzerstück in den Hut warf, das eigentlich für den Opferstock gedacht war.Der Vater war kurz vor der Jahrhundertwende nach Vöcklabruck gekommen und hatte dort eine Einheimische geheiratet. Die ganze Familie galt als einheimisch und Oskar Czerwenka wurde erst als 27-Jähriger darauf aufmerksam gemacht, dass er seinen Namen auf der ersten Silbe zu betonen hätte.
Nachdem das Gmundner Gymnasium 1943 mit der Matura absolviert war, kam Oskar Czerwenka dann zur Hochschule für Welthandel nach Wien, das hatte zwar mit seiner Doppelbegabung als Maler und Sänger nichts zu tun, aber es war eine Zeit, in der die Väter noch das Sagen hatten und zu wissen glaubten, was das Beste für die Kinder sei, an Widerreden oder an ein Musikstudium war nicht gedacht.
Zu Wien hatte der junge Mann zunächst ein zwiespältiges Verhältnis; einerseits waren da so eine Art Minderwertigkeitskomplexe, weil er aus Vöcklabruck kam, andererseits fühlte er sich von dem vielfältigen Angebot der Kunst angezogen. Wie bereits gesagt, war an ein Musikstudium in keiner Weise gedacht; aber es gab natürlich musikalische Studien dergestalt, dass das gesamte frei verfügbare Geld für Opern- und Konzertkarten ausgegeben wurde.
Von zu Hause aus wurde der Student finanziell - also was Bares angeht - kurz gehalten, wenngleich für Kost und Logis bestens gesorgt war. Die Eltern hatten einen sehr guten Kontakt zum Hotelier des Grand Hotels, wo der Welthandelsstudent unterm Dachstuhl wohnte.Die Lebensverhältnisse waren durch die Kriegsereignisse längst nicht mehr normal; als er nach einem Besuch von zu Hause nach Wien zurück kam, war das Grand Hotel von Militär besetzt und auch das angestammte Personal verschwunden, er selbst war froh einer Nachmusterung entgangen zu sein. In seiner neuen Wiener Unterkunft entging er dem Tod, weil die Studien unterbrochen waren und er während des Angriffs auf Wien in Vöcklabruck weilte; alle Bewohner des Hauses in Wien waren tot. Trotz der wirren Zustände des Kriegsendes wurde das Musizieren mit seiner Schwester Steffi immer und immer wieder fortgesetzt.
Während über lange Zeit nur Lieder einstudiert wurden - nach Schubert, Wolf und Schumann wagte man sich sogar langsam an Brahms heran und man wagte sogar Mendelssohn zu spielen, weil man wusste, das den in Vöcklabruck keiner kennt ...
Es kamen dann Arien hinzu ›sie hat mich nie geliebt ...‹ und aus einem Klavierauszug vom »Rosenkavalier«, der ausgeborgt war, wurden Noten abgeschrieben.Wegen des Vaters konnte er sein Welthandelsstudium nicht ganz aufgeben, aber seine Gedanken waren schon sehr auf Gesang ausgerichtet. Da war der Gesangspädagoge Professor Otto Iro in Weyregg, also nicht so weit von Vöcklabruck entfernt, und wenn Czerwenka in Wien war, hatte er Kontakt zu Größen wie Kerstin Thorburg, Torsten Ralf und Hans Hotter. Die ›Großen‹ tauchten in der Hungerzeit auch im Salzkammergut auf und waren an so unterschiedlichen Gütern wie Butter und Notenblättern interessiert.
Der junge Czerwenka hatte schon in Wien eine umfangreiche Bibliothek an Klavierauszügen zusammengetragen und Max Lorenz war einer der dankbaren Abnehmer und nahm auch noch etwas für die Kollegin Schwarzkopf mit.Im Herbst 1947 - er war 23 Jahre alt - strebte er ernsthaft die Sängerlaufbahn an, die allgemein noch ungeordneten Verhältnisse der Nachkriegszeit erleichterten den Wechsel von der Wirtschaft zur Kunst, denn natürlich waren Hamstertouren wichtiger als Wirtschaftsstudien.
Bei Ernst Märzendorfer in Graz lernte er erst mal richtig Noten lesen, da war er in allerbesten Händen. Nach dem 5. Semester Wirtschaftsstudium war ihm klar, dass aus ihm kein Diplom-Kaufmann, sondern ein Sänger wird. Er fuhr nach Hause und stellte unmissverständlich klar: »Ich bin jetzt Opernsänger«, nicht etwa, ich werde Opernsänger, offenbar hatte er das Selbstbewusstsein vom Vater geerbt.
Unter dem Dirigat von Märzendorfer debütierte Czerwenka 1947 am Opernhaus in Graz im »Freischütz« als Eremit.
In diesen Zeiten war einiges möglich - mit 23 Jahren stand er zusammen mit Max Lorenz in »Tannhäuser« als Landgraf auf der Bühne und mit 26 gab er den König Marke in »Tristan und Isolde«. Das war ein Einspringen an der Wiener Staatsoper - damals Theater an der Wien -, welches ihn 1951 ins Ensemble des renommierten Hauses brachte und es war ein besonderer Glücksfall, dass er sich mit Direktor Franz Salmhofer bestens verstand, der gab ihm glänzende Rollen, und im Rückblick sagte Czerwenka: »ich verdanke ihm alles!«
Eigentlich hatte sich Czerwenka eher eine Karriere als Liedersänger erträumt, weil Lieder beim Musizieren mit seiner Schwester einen breiten Raum eingenommen hatten. Natürlich gab es Liederabende mit ihm, aber in der Gesamtschau seiner Tätigkeit war es wenig.
Immerhin kam es in den 1950er Jahren schon zu Rundfunkaufnahmen mit »Vier ernste Gesänge« und »Die schöne Magelone« von Brahms.Da war kein allmähliches Hocharbeiten. Im Herbst1951 wurde er Mitglied der Wiener Staatsoper und blieb deren Mitglied bis 1986. Nur das erste halbe Jahr war nicht ganz optimal gelaufen, danach war seine Flexibilität sehr gefragt, denn er war brauchbar, wenn von mittags bis abends Rollen wie Leporello, Rocco oder Daland kurzfristig zu übernehmen waren. Das Archiv der WSO hat mehr als tausend Abende dokumentiert. Seine Paraderollen waren: Don Bartolo, Basilio, Kezal, Osmin und natürlich der Baron Ochs von Lerchenau. Seit 1952 trat er bei den Salzburger Festspielen auf, ebenso bei den Festspielen in Edinburgh und 1959-60 sang er beim Glyndebourne-Festival den Ochs auf Lerchenau und 1963 in Bregenz.
1959 kam dann die Berufung an die Metropolitan Opera New York, wo Czerwenka im »Rosenkavalier« und »Fidelio« auftrat. Karl Böhm dirigierte und die Sängerkollegen waren: Birgit Nilsson, Jon Vickers, Hermann Uhde und Giorgio Tozzi.
Aber auch in zeitgenössischen Opernwerken war Czerwenka präsent, zum Beispiel sang er 1953 in der Uraufführung von »Der Prozess«, einer Oper von Gottfried von Einem, 1955 in »Irische Legende« von Werner Egk und 1969 sehr erfolgreich in Giselher Klebes »Jacobowsky und der Oberst«. Pauschalierend kann man von einer regen Gastspieltätigkeit im europäischen Raum sprechen; auch seine Tätigkeit als Konzert- und Oratoriensänger ist beachtlich.
1973 blättert Oskar Czerwenka ein neues Kapitel seiner Bühnentätigkeit auf; da wo er nicht fremd war, in Graz, wurde 1973 das Musical »Anatevka« (Fiddler on the Roof) aufgeführt.
Die Rolle des Milchmann Tevje scheint Czerwenka auf den Leib geschneidert zu sein; hier konnte er all seine Fähigkeiten einsetzen: stete Bühnenpräsenz und Einheit von Gesang und Darstellung.Ein Seitenblick auf sein malerisches Talent zeigt, dass er - wohl angespornt durch seinen Zeichenprofessor am Gymnasium - sich als Pubertierender mächtig zur Malerei hingezogen fühlte, wobei er zunächst nicht an Farbe dachte, das kam bei ihm erst später, als er nach dem Krieg Zugang zur Weltkunst hatte.
Kleine Sachen und Aquarelle waren seine Sache nicht, nach eigener Aussage hatte er dafür zu schwere Hände. Seine bevorzugte Bildgröße war 60 x 90 Zentimeter; seine Vorbilder Serge Poliakoff und Niclas de Staël.
Natürlich hatte er darunter zu leiden, dass ein malender Sänger nicht so ganz ernst genommen wird; er wollte kein Sonntagsmaler sein und malte nicht der Entspannung wegen, was er deutlich betonte. Es ergab sich in seiner zweiten Lebenshälfte so, dass in dem Maße der etwas geringeren Nachfrage als Sänger die Beschäftigung mit der Malerei stieg. Wenn ein Bild nicht schnell genug das Atelier verließ, erlitt es oft das Schicksal übermalt zu werden.Eine weitere Beschäftigung hatte Czerwenka im Schreiben gefunden, wobei in seinen Publikationen weder die Musik noch die Malerei die Hauptrolle spielten; da wird viel Persönliches preisgegeben und das Weltbild kommentiert. So hat er an seinen Sängerkollegen Gottlob Frick einen Brief geschrieben, der natürlich nie abgeschickt wurde und deshalb auch nie in Ölbronn ankam.
›Ungebetene Briefe‹ sind das, die Czerwenka in Buchform veröffentlichte, der Brief an Gottlob Frick nimmt immerhin 66 Buchseiten in Anspruch.Oskar Czerwenka hatte seine bedeutend jüngere Frau - Bernadette Grabowsky - im Sommer 1959 bei den Salzburger Festspielen kennengelernt, wo sie zusammen bei Aufführungen von Joseph Haydns Oper »Die Welt auf dem Monde« auf der Bühne standen; Bernadette Czerwenka überlebte ihren Mann nur etwas mehr als ein Jahr.
Beim Betrachten von Tonträgern kann man einen kleinen Einblick in die Malkunst von Oskar Czerwenka bekommen; das bunte Cover ist ein Ölbild mit dem Titel ›Weingärten bei Enzensfeld‹ und die unbunte Gestaltung erinnert an die Wallfahrtskirche.
Praktische Hinweise:
Friedhof an der Wallfahrtskirche Maria Schöndorf, Friedhofstraße, 4840 Vöcklabruck
Das Grab befindet sich unmittelbar beim Friedhofseingang
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Liederabend - mit Publikumsbeteiligung - bei den Schwetzinger SWR-Festspielen 2023
Etwas unüblich für einen Liederabend - er wurde von drei Künstlern dargeboten; den Textfundus steuerte Johann Wolfgang von Goethe bei. Die ›Hauptlast‹ lag mal wieder bei Christoph Prégardien, der hier schon seit weit mehr als drei Jahrzehnten ein immer wieder gern gesehener und gehörter Gast ist, was auch der vollbesetzte Mozartsaal mit starkem Auftritt-Applaus dokumentiert; Prégardien sang hier schon1996 als der Saal nur Jagdsaal hieß.
Unter dem Thema »Liebe und Verlust« brachte man Lieder und Balladen von Ludwig van Beethoven / Edvard Grieg / Franz Liszt / Carl Loewe / Franz Schubert / Robert Schumann und Hugo Wolf zu Gehör.
Udo Samel las zwischen den von Christoph Prégardien und Julius Drake vorgetragenen Liedern aus verschiedenen Werken Goethes - da wurde zum Beispiel aus Briefen vorgelesen oder ein Gedicht vorgetragen, was der Singstimme willkommene Pausen gönnte.Der Musikwissenschaftler Habakuk Traber weist im Programmheft - wo alle Liedtexte enthalten waren - darauf hin, dass das heutige Programm auf die gängigen Fassungen verzichtet.
Bevor man die ersten Musiktöne vernahm, trat mit »Gott grüß euch, Brüder« (aus Zahme Xenien V) Udo Samel an die Rampe; dann wurde die Geschichte des Königs in Thule in den Vertonungen von Schubert und List gesungen, wobei die beiden Liedvorträge durch Goethes Gedicht »Geistes-Gruß« getrennt, beziehungsweise verbunden waren.Natürlich hat man die Schubertsche Version besser im Ohr als die von Liszt, wo in der Mitte des Liedes ariose Töne zu vernehmen sind und das Geschehen dramatischer dargestellt ist.
Im nun folgenden »An Schwager Kronos« setzt Schubert die eilige Lebensfahrt so in Töne, dass dem Sänger einiges abverlangt wird, aber Pianist und Sänger brachten die Kutsche sicher ans Ziel.Mit den beiden Hugo Wolf-Liedern wurde es wieder ruhiger, man hatte hier wohl bewusst verhaltene Stücke in das Programm eingefügt.
Aus Beethovens seltenem Liedschaffen wurden zwei recht bekannte Lieder dargeboten, und unmittelbar nachdem die ›Tränen unglücklicher Liebe ...‹ besungen waren, folgte Schuberts nachdenkliches Stück »Erster Verlust«, wohl eines der schönsten Schubert-Lieder überhaupt, aber das mag dem persönlichen Eindruck geschuldet sein; so vorgetragen, ein Erlebnis der besonderen Art.Schuberts »Rastloser Liebe« folgte Edvard Griegs wundervolles Stück »Zur Rosenzeit«, das Prégardien vor einigen Jahren an gleicher Stelle schon einmal vorgetragen hatte.
Bei Schuberts »Heidenröslein« konnte Prégardien dann mal wieder zeigen wie schön Schönsingen sein kann, das Piano beim letzten ›rot‹, einfach zauberhaft!
Dann ritt der tiefbesorgte und verzweifelte Vater durch die Nacht; man hatte die Vertonung von Carl Loewe ausgewählt, die kompositorisch beachtenswert, aber nicht so bekannt wie die von Franz Schubert ist, der jedoch seinerzeit Goethe zunächst die Anerkennung versagte, weil er fürchtete, dass seiner Dichtkunst musikalische Konkurrenz erwächst.Die Besucher wurden nun eindringlich gebeten die gewährte Pausenzeit akkurat einzuhalten, weil es sich um eine zeitversetzte Live-Übertragung handelte.
Ein Mitschnitt des Konzertabends kann bei SWR2 nachgehört werden, wo auch ein recht interessantes Pausengespräch mit Udo Samel eingefügt ist.Mit dem Auszug aus einem Brief an die holde Lili eröffnete Udo Samel den zweiten Teil des Konzertabends, dann erklang »Jägers Abendlied« von Schubert, auch hier könnte man ein positives Adjektiv voranstellen, sieht dann aber sprachlich nicht so gut aus ...
Von Sprachbeiträgen unterbrochen, folgten Schuberts »An den Mond« und der lebhafte
»Musensohn«
»Wanderers Nachtlied« war in der unbekannteren Komposition Loewes zu hören und dann tastete sich das Klavier langsam in Liszts »Der du von dem Himmel bist« hinein, die Müdigkeit war nicht zu überhören; eine völlig andere musikalische Interpretation, wie sollte es auch anders sein ...
Aus Schumanns Myrthen, op. 25 hatte man »Freisinn« ausgewähltDas Gedicht »Ein gleiches« wurde vorgetragen, dann beschloss die Singstimme den offiziellen Teil des Abends mit Franz Schuberts »Wanderers Nachtlied«; es ist recht selten, diesen Text gesprochen und gesungen zu hören.
Prasselnder Beifall belohnte die Künstler für diesen wunderbar gestalteten Abend; eine Zugabe war fast selbstverständlich, die mit Carl Loewes »Lynkeus der Türmer« gewährt wurde; in die von Samel vorgetragenen Worte ›zum Sehen geboren ...‹ schlichen sich Klavier und Singstimme ein.
Man hat hier schon weit mehr Zugaben gehört, aber Udo Samel gab zu bedenken, dass der Weg durch den ganzen Saal zum Podium doch recht weit und anstrengend sei - früher benutzte man die nur wenige Schritte entfernte Tür beim Flügel.Also nahm man einen weiteren Komponisten mit ins Programm und der Text stammt auch nicht von Goethe ...
Der Komponist ist der Hofkapellmeister Johann Abraham Peter Schulz, der Textdichter Matthias Claudius.Das Klavier war verwaist - Udo Samel, Julius Drake und Christoph Prégardien traten an die Rampe und sangen: »Der Mond ist aufgegangen«; Udo Samel war ja auch mal Sängerknabe und hatte bei der Darbietung keine Schwierigkeiten und Julius Drake machte auch als Sänger eine gute Figur. Das Publikum stimmte - absolut textsicher erste, zweite und letzte Strophe - mit ein und es war herauszuhören, dass auch da schöne Stimmen mit dabei warten.
Die lokale Presse überschrieb ihren Konzertbericht mit: »Ein genialer Abend mit Goethe« und nennt die Darbietung der Protagonisten »überragend« und spricht von einem »phantastischen Abend«. Aber der Journalist Stefan M. Dettlinger - kein ›Wald- und Wiesenschreiber‹, sondern Fachmann - macht sich auch darüber Sorgen, dass man in solchen Konzerten kaum junge Menschen sieht.
Programmfolge der Lieder:
Franz Schubert:
Der König von Thule D 367
Franz Liszt:
Es war ein König in Thule S 278/2
Franz Schubert:
An Schwager Kronos D 369
Hugo Wolf:
Anakreons Grab aus Gedichte von Goethe Nr. 29
Ganymed aus Gedichte von Goethe Nr. 50
Ludwig van Beethoven:
Wonne der Wehmut op. 83 Nr. 1
Franz Schubert:
Erster Verlust D 226
Ludwig van Beethoven:
Maigesang op. 52 Nr. 4
Franz Schubert:
Rastloste Liebe D 138
Edvard Grieg:
Zur Rosenzeit op. 48 Nr. 5
Franz Schubert:
Heidenröslein D 257
Carl Loewe:
Erlkönig op. 1 Nr. 3- P A U S E -
Franz Schubert:
Jägers Abendlied D 368
An den Mond D 259
Der Musensohn D 764
Carl Loewe:
Wandrers Nachtlied op. 9 Heft 1 Nr. 3b
Franz Liszt:
Der du von dem Himmel bist S 279 Nr. 1
Robert Schumann:
Freisinn aus »Myrthen« op. 25 Nr. 2
Franz Schubert:
Wandrers Nachtlied D 768Zugaben:
Carl Loewe:
»Lynkeus der Türmer«Johann Abraham Peter Schulz
Abendlied von Matthias Claudius
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Bravo!
Trotz der erheblichen Farbverfälschung erraten, ich glaube das Original hängt im Nationalmuseum Oslo.
Bilder von Caspar David-Friedrich traue ich mir hier nicht einzustellen, weil sie zu bekannt sind.Nun ist die Welt gespannt, was Dir einfällt ...
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Lieber moderato,
die Persönlichkeiten der französischen Literaturgeschichte haben bei der Lösung wesentlich weitergeholfen.
Nun versuche ich der Erderwärmung mit diesem Bild entgegenzuwirken.Wer hat diesen knorrigen Baum gemalt?
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Lieber moderato,
es steht alles dabei, was Du wissen möchtest ...
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Internationale Maifestspiele 2023 Wiesbaden
Eine Liedermatinee mit Florian Boesch und Justus Zeyen am 14. Mai 2023
Wie die Zeit dahineilt ... im Mai 2014 hörte ich Florian Boesch erstmals live anlässlich der Schwetzinger Festspiele (#14), auch damals sang er Schubert und Schumann und über den Abend war in diesem Thread folgendes zu lesen:
»Gestern Abend sang er also hier mit kerniger Stimme im vollbesetzten Schwetzinger Mozartsaal. Natürlich ohne Frack, wie ein Mann von der Straße stand oder lehnte er am Flügel und erzählte seinem Publikum Geschichten von Liebe und Leiden. Gleich nach den ersten Tönen bemerkte man, dass Schöngesang Boeschs Sache nicht ist, bei ›Berg und Burgen schaun herunter‹ wurde es besonders deutlich, aber solches strebte der Sänger auch nicht an. Er hat - wie man aus einem Interview weiß - eine gewisse Affinität zu ramponierten Stimmen aus der Popwelt, wobei von ramponierter Stimme bei Boesch natürlich keine Rede sein kann. Aber so gesungen hörte ich diese Lieder des Liedkreises noch nie. Beim Lied geht es dem Sänger, so mein Empfinden, vor allem um Identifikation mit dem Text - ›die Stimme als Träger des klingenden Worts‹, wie Boesch meint.
Es könnte ein Paradigmenwechsel sein - könnte, das heißt noch lange nicht, dass es einer ist oder wird, das ist schließlich ein großes Wort.«
Und was hat sich nach fast einem Jahrzehnt getan? Florian Boesch ist seinem Stil erfolgreich treu geblieben und bildet als Professor inzwischen die nachfolgende Sängergeneration aus, oder zumindest einen Teil davon.
Auch der Bariton Georg Nigl hat dem reinen Schöngesang abgeschworen und ist in Konzertsälen und auf Opernbühnen der Welt recht erfolgreich unterwegs, wobei auch bei ihm das Lied einen ganz besonderen Stellenwert einnimmt.Mit diesem Hintergrundwissen sitzt man nun an einem Sonntagmorgen im prunkvollen Foyer des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden in Erwartung von Franz Schuberts »Schwanengesang«, D 957 und Robert Schumanns Liederzyklus »Dichterliebe«, Op. 48.
Im Foyer des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden war ein intimer Rahmen gegeben, der einer Lieder-Matinee oder einem Liederabend so gut tut; die Bestuhlung ist hier auf 150 Plätze begrenzt; nur wenige Sitze im hinteren Bereich blieben unbesetzt.
Und dann kamen die Protagonisten auch schon die Prunktreppen herunter, links der Pianist, rechts der Sänger, wobei der in allen Belangen große Zeyen über ein dickes Absperrseil steigen musste (siehe Foto), das erst in der Pause entfernt wurde.Florian Boesch gab eine kurze Einführung zum ersten Teil und begründete, warum nun nicht die althergebrachte Liedfolge im »Schwanengesang« zu hören ist, sondern er aus dramaturgischen Gründen eine andere Folge wählte; Schubert hatte ja bekanntlich diese Lieder nicht zyklisch geordnet.
Eigentlich war es eine ›Mogelpackung‹, die hier verkauft wurde, denn das Programmheft zeigte auf, dass hier lediglich acht Lieder aus diesem ›Haslinger-Zyklus‹ angeboten werden; üblicherweise besteht dieser Schwanengesang D 957 nämlich aus 14 Liedern.
Ludwig Rellstab: Liebesbotschaft / Kriegers Ahnung / Frühlingssehnsucht / Ständchen / Aufenthalt / In der Ferne / Abschied.
Heinrich Heine - Der Atlas / Ihr Bild / Das Fischermädchen / Die Stadt / Am, Meer / Der Doppelgänger.
Johann Gabriel Seidl - Die Taubenpost.Florian Boesch sang diese acht Lieder aus dem »Schwanengesang« in der dargestellten Reihenfolge:
Der Atlas
Liebesbotschaft
Frühlingssehnsucht
Ständchen
Abschied
In der Ferne
Aufenthalt
Kriegers AhnungNachdem der baumlange Justus Zeyen das dicke Seil der Absperrung gekonnt überwunden hatte - beide kamen von oben herunter auf das Podium, der Pianist links, der Sänger rechts - legte Florian Boesch nach seinem kurzen Einführungsvortrag dann mit dem »Atlas« gleich mächtig los; laut und expressiv.
Der WIESBADENER KURIER schreibt in seinem Konzertbericht: »An stimmlicher Gewalt fehlt es Florian Boesch an diesem Morgen nicht ...»Bei »Liebesbotschaft« und »Frühlingssehnsucht« ging es dann wesentlich ruhiger zu als beim unglücksel´gen Atlas.
Beim Blick in die Liedtexte fiel auf, dass von ›purpurner Gluth‹ und ›kühlender Fluth‹ gesungen wurde und das ›Auge mit Thränen‹ gefüllt war.Die erste Zeile vom »Ständchen« war im Programmheft - das erfreulicherweise kostenlos zur Verfügung stand - in besonders großer Schrift typografisch besonders herausgestellt.
Eine Dame in der zweiten Reihe hielt es nach diesem Vortrag für angebracht endlich mal zu klatschen, wenn so schön gesungen wird, hielt aber dann erschrocken inne, als sich sonst niemand beteiligen wollte.
Man will ja hier nicht protzen, es ergab sich eben so, dass man alle großen Liedsänger schon gehört hat und aus dieser Perspektive gesehen, war das »Ständchen« an diesem Morgen die Schwachstelle von Boeschs Vortragskunst, man fürchtete fast, dass bei den leisen Stellen die Stimme wegbleibt, Pianogesang war das eher nicht.
Boesch läuft dann zur Großform auf, wenn Dramatik im Text steckt, wie beim »Aufenthalt«, da bleiben bei der Darstellung ›Rauschender Strom, brausender Wald ...‹ keine Wünsche offen und der Schmerz kann auch nachempfunden werden.
Mit »Kriegers Ahnung« war der Schubert-Teil abgeschlossen; auch hier gelang es Boesch in wunderbarer Weise das Wechselbad der Gefühle des Kriegers zu interpretieren.
Den eher spärlichen Pausenapplaus nahm das Duo vom Balkon aus entgegen.In der Pause sagte die neben mir sitzende Dame: »Das hat mir nicht gefallen«
Das ist durchaus nachvollziehbar, wenn man den »Schwanengesang« von Dietrich Fischer-Dieskau, Hermann Prey, Peter Schreier ... - man könnte noch eine Reihe anfügen - kennt.Wer nur Landschaftsbilder von Blechen, Constable, C. D. Friedrich, Gurlitt, Hackert, Kobell, Morgenstern ... kennt, wird natürlich von Lovis Corinths Walchensee-Darstellungen erschreckt. In diese Richtung ging mein Pausengespräch.
Nach der Pause ging es mit Robert Schumann, weiter, um den Boesch lange einen großen Bogen machte, jetzt glaubt er das Werk verstanden zu haben. Inzwischen war auch das dicke Seil entfernt und Justus Zeyen hatte ungehinderten Zugang zum Podium, was eine gewisse Symbolik in sich barg, denn bei Schumann-Liedern kommt der Mann am Klavier in der Regel immer groß raus, man merkt, dass Schumann eigentlich Pianist werden wollte.
Für die nun folgenden 16 Heine-Lieder war Florian Boesch bestens eingesungen, denn die Morgenstunden sind zum öffentlichen Singen meist nicht so gut geeignet, es sei denn man braucht einen besonders tiefen Ton.
Und schon erklangen die wohlvertrauten Töne, die den wunderschönen Monat Mai besangen und damit blühte auch Justus Zeyen im besonderen Maße auf und hatte oft seine solistischen Stellen, wenn die Singstimme nicht gefragt war.
Florian Boesch kam indessen mit seiner Darstellungskunst nicht zu kurz, wenn er von Gefühlen singt wirkt das immer wahrhaft und echt.
»Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht«, wurde glaubwürdig interpretiert. Schließlich werden die alten bösen Lieder mitsamt den bösen Träumen in einen großen Sarg verfrachtet und ins Meer gesenkt.
Im letzten Lied »Die alten, bösen Lieder« ist das Nachspiel von beachtlicher Länge und der Sommermorgen leuchtet nochmal auf; man gönnt es dem Pianisten!Geschmacksache hin, Geschmacksache her, es war eine herausragende künstlerische Leistung, die nun auch mit rauschendem Beifall bedacht wurde, was beide Künstler zu zwei Zugaben animierte.
Das war zunächst Schuberts »Die Taubenpost«, die man dem Publikum im »Schwanengesang« vorenthalten hatte und Schumanns »Wanderers Nachtlied« bildete den dezenten Schluss dieser bemerkenswerten Matinee.
Beim Kauf von Konsumgütern wird oft gefragt: »Würden Sie das Produkt nochmals kaufen?«
Sicher, würde ich da wieder hingehen, weil Beachtliches und Bewundernswertes geboten wurde, aber meine große Bewunderung für Matthias Goerne, Christoph und Julian Prégardien, - um nur wenige Beispiele zu nennen - die für einen gänzlich anderen Gesangsstil stehen, bleibt trotzdem in vollem Umfang erhalten.Die Sache mit dem Paradigmenwechsel ist immer noch nicht geklärt ...
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mehr nicht.
mehr nicht? Es war auch dieses noch zu lesen ...
»Leider sind viele der gängigen Notenausgaben dieses Liedes, wenn man sie mit der Handschrift Schuberts vergleicht, in vielerlei Hinsicht schlampig und falsch.«
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In diesem Thread hat sich ja schon lange nichts mehr getan, aber es ergab sich ein Anlass, hier mal wieder etwas zu tun - und das entwickelte sich so:
Dieser Tage kam die brandneue CD mit dem Titel »ECHO« heraus, auf der Lieder von Schubert, Loewe, Schumann und Wolf zu hören sind. Diese Lieder werden von dem Bariton Georg Nigl vorgetragen, der von der Pianistin Olga Pashchenko begleitet wird.
Gleich das erste der zwei auf der Platte befindlichen Schubert-Lieder ist nämlich eines der langen Lieder. Bereits im Beitrag # 2 dieses Threads wurde auf das Stück hingewiesen, aber es blieb bei dieser kurzen Erwähnung.
Es ist die Vertonung eines Gedichts des Schubert-Freundes Franz von Schober, »Viola«.Dietrich Fischer-Dieskau äußert sich in seinem Buch »Auf den Spuren der Schubert-Lieder« dazu wie folgt:
»Der Blumen-Balladen seines Freundes Schober kann sich Schubert eigentlich nur deshalb so ausgiebig angenommen haben, weil er die Blumen so liebte. ›Vergissmeinnicht‹ versteckt, ebenso wie sein Pendant ›Viola‹, unter bloß manieristischen ellenlangen Strecken á la Schubert, einige kostbare Details, die jedoch kaum diese etwas zu groß geratenen Nippesstücke der Musik lebendig erhalten werden. Die 19 Strophen von ›Viola‹ tendieren als veritable Biologiestunde unfreiwillig zur Komik, und man kann Schuberts Höflichkeit dem Freunde gegenüber nur bewundern, sich eine solche Last aufzubürden.«
Im Booklet äußert sich auch Georg Nigl - der einen gänzlich anderen Vortragsstil pflegt als Dietrich Fischer-Dieskau - zu dem Lied und meint:
»Als ich in meiner Studienzeit die Schubertliederbände durchsah, wurde ich auf ein Lied aufmerksam, dessen Länge mich überaus überraschte. In diversen Liedführern wurde es eher lapidar beschrieben und doch gefiel es mir außerordentlich: ›Viola‹ nach einem Text von Franz von Schober. Leider sind viele der gängigen Notenausgaben dieses Liedes, wenn man sie mit der Handschrift Schuberts vergleicht, in vielerlei Hinsicht schlampig und falsch.«
Viola
Franz von Schober
Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein!
in den Auen läutest du,
läutest in dem stillen Hain,
läute immer zu!
Denn du kündest frohe Zeit,
Frühling naht, der Bräutigam,
kommt mit Sieg vom Winterstreit,
dem er seine Eiswehr nahm.
Darum schwingt der gold´ne Stift,
dass dein Silberhelm erschallt,
und dein liebliches Gedüft
leis’ wie Schmeichelruf entwallt:
dass die Blumen in der Erd´,
steigen aus dem düstern Nest,
und des Bräutigams sich wert
schmücken zu dem Hochzeitsfest.
Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein,
in den Auen läutest du,
läutest in dem stillen Hain,
läut’ die Blumen aus der Ruh’!
Du Viola, zartes Kind,
hörst zuerst den Wonnelaut,
und sie stehet auf geschwind,
schmücket sorglich sich als Braut,
Hüllet sich in’s grüne Kleid,
nimmt den Mantel sammetblau,
nimmt das güldene Geschmeid´,
und den Brilliantentau.
Eilt dann fort mit mächt’gem Schritt,
nur den Freund im treuen Sinn,
ganz von Liebesglück durchglüht,
sieht nicht her und sieht nicht hin.
Doch ein ängstliches Gefühl
ihre kleine Brust durchwallt,
denn es ist noch rings so still,
und die Lüfte weh’n so kalt.
Und sie hemmt den schnellen Lauf,
schon bestrahlt von Sonnenschein,
doch mit Schrecken blickt sie auf,
denn sie stehet ganz allein.
Schwestern nicht, nicht Bräutigam,
zugedrungen und verschmäht!
Da durchschauert sie die Scham,
fliehet wie vom Sturm geweht,
fliehet an den fernsten Ort,
wo sie Gras und Schatten deckt,
späht und lauschet immerfort,
ob was rauschet und sich regt.
und gekränket und getäuscht
sitzet sie und schluchzt und weint,
von der tiefsten Angst zerfleischt,
ob kein Nahender sich zeigt.
Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein,
in den Auen läutest du,
läutest in dem stillen Hain,
läut´ die Schwestern ihr herzu!
Rose nahet, Lilie schwankt,
Tulp’ und Hyazinthe schwellt,
Windling kommt daher gerankt,
und Narciss’ hat sich gesellt.
Als der Frühling nun erscheint,
und das frohe Fest beginnt,
sieht er alle die vereint,
und vermisst sein liebstes Kind.
Alle schickt er suchend fort,
um die eine, die ihm wert.
Und sie kommen an den Ort,
wo sie einsam sich verzehrt.
Doch es sitzt das liebe Kind
stumm und bleich, das Haupt gebückt,
ach, der Lieb’ und Sehnsucht Schmerz
hat die Zärtliche erdrückt.
Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein,
in den Auen läutest du,
läutest in dem stillen Hain,
Läut´ Viola sanfte Ruh’!
Spieldauer 15:11 in der Interpretation von Georg Nigl und Olga Pashchenko
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Ein Liederabend bei den Schwetzinger Festspielen 2023
Samstag, 29. April 2023
Die Vergänglichkeit alles Irdischen - Vanitas - hatte sich die Festspielleitung für die Schwetzinger Saison 2023 als Leitgedanke gewählt und wurde gleich am Eröffnungstag mit der Vergänglichkeit von Konzertprogrammen konfrontiert.
Die Uraufführungsoper »Im Dickicht« musste bereits im März abgesagt werden und die Besitzer von Karten für den Liederabend mit dem Bariton Georg Nigl & Pianistin Olga Pashchenko wurden am Vortag darüber informiert, dass Georg Nigl krankheitsbedingt nicht kommen kann; das Programm hatte Lieder von Schubert, Beethoven und Rihm angekündigt.
Man konnte den Tenor Werner Güra dazu gewinnen den Abend mit Schuberts »Winterreise« umzugestalten, wobei der in Schwetzingen bestens bekannte Gerold Huber als Begleiter zur Verfügung stand. Anstatt an diesem fliederreichen Frühlingstag am hellen Bächlein der muntern Forelle zuzusehen, musste man sich nun mit einem traurigen Mann in eine von Eis und Schnee erstarrte Winterlandschaft begeben; zu ›Vanitas‹ war das durchaus passend.
Der Berichterstatter hatte Werner Güra erstmals im Juni 2013 mit Schubert-Liedern bei der Schubertiade in Schwarzenberg gehört; es war ein ›ordentliches‹ Konzert, das jedoch nicht besonders nachhaltig im Gedächtnis blieb. Inzwischen waren nun zehn Jahre vergangen; der Kenner weiß längst, dass Güra in den Musikmetropolen mit vielen bedeutenden Musikern zusammenarbeitet und auch eine Professur an der Züricher Hochschule der Künste inne hat, und kennt auch die Empfehlung von Michael Wersin in RONDO, wo es heißt: »Für diese ›Winterreise‹ sollte man sich warm anziehen.«
Nun, mit dem Einspringen ist das so eine Sache, da ist der Hörer doch etwas verunsichert, weil er sein Ticket mit ganz anderen Vorstellungen schon vor langer Zeit erworben hat.
Ein Notenständer zeigte unmissverständlich an, dass nicht frei gesungen werden wird, zwei Trinkgläser standen nicht etwa diskret bereit, sondern wurden auf stilechtem Möbel regelrecht präsentiert. Eigenartigerweise war der Saal zehn Minuten vor Konzertbeginn noch fast leer, eine etwas ungewohnte Situation, dennoch begann das Konzert dann mit fünfminütiger Verspätung vor fast voll besetztem Saal.Immer wieder weise ich darauf hin, dass so ein Liederabend eine Vorgeschichte hat, die bedingt, dass sich Leute mit unterschiedlichem Wissensstand in der Hörsituation befinden und demnach eine Vielzahl von Erwartungen mitbringen. Kennt man den Namen des Sängers aus Presseberichten? Hat man seine Stimme schon einmal von Tonträgern gehört? Ist einem Eugen Güra schon von einer Live-Veranstaltung her bereits bekannt?
Der Beschreibende kann hinter alle Fragen ein Häkchen machen und kennt den gesamten Text. Weiterhin ist ein grundsätzlicher Respekt vor jedem Sänger vorhanden, der es wagt da oben zu stehen, um sich mehr als siebzig Minuten dem Publikum pausenlos ›auszuliefern‹.
Die Gedanken gehen zurück; im Mai 2019 stand Christian Elsner da oben, ebenfalls mit der »Winterreise«. Güra wie Elsner, beide Tenöre, ganz so wie sich das Franz Schubert vorgestellt hatte. Man ahnt die sich auftuende Frage: Wer war besser? Beide waren gut, jeder auf seine Weise.Aber nun zu Güras Vortrag - der Sänger ist eben die Hauptperson an einem solchen Abend.
Da wurden nicht etwa nur schöne Töne produziert und aneinander gereiht, sondern eine Geschichte erzählt, die auch den interessierte, der den Text sehr gut kennt und genau weiß, wo die Reise hingeht und endet. Natürlich hat Güra Stimme, aber das interessierte eigentlich nicht groß, hier fesselte die Interpretation, denn die war vom Allerfeinsten. Auch der Notenständer störte nicht mehr, Güra kannte den mühsamen Weg durch Eis und Schnee sehr genau. Man war stets gespannt auf das nächste der 24 Lieder, so auch auf den »Lindenbaum«, das ›Bravourstück‹, das fast jeder kennt - zumindest war das einmal so - und auch für den Liedkenner ziemlich neu klang.
Der Schreiber gerät hier ins Stottern, unbeschreiblich schön? Also dem Schöngesang wurde hier nicht gefrönt, es wurde interpretiert, aber Sprechgesang war es auch nicht ...
Man kann es vielleicht so formulieren: wo die Worte fehlen, beginnt die Kunst. Da kommt einiges zusammen; mit der Stimme Stimmungen und Gefühle auszudrücken und auch durch Körperhaltung und Gesichtsausdruck glaubwürdig rüber zu kommen ohne billige Schauspielerei zu bieten. Werner Güra verstand es meisterhaft den depressiven Wanderer in allen Facetten glaubhaft darzustellen, da war nichts zu viel und nichts zu wenig.Auf dem die Programmänderung anzeigenden Plakat hatte man extra darauf hingewiesen, dass es sich um ein Konzert ohne Pause handelt, dennoch gab es eine; während »Die Nebensonnen« vorgetragen wurden - hier war Schöngesang zu hören - war zu bemerken, dass Gerold Huber nicht nur aufs Notenblatt schaute, in der dritten Reihe hatte es einen gesundheitlichen Notfall gegeben, Stuhlreihen wurden gegen das Podium geschoben, die Notversorgung hatte erste Priorität.
Unter diesem Eindruck erzählte der Sänger dann die Geschehnisse drüben hinterm Dorfe.
Nach etwa zehn Sekunden Stille setzte überwältigender Beifall - garniert mit Bravorufen - ein, der zeigte, welche Wertschätzung man den beiden Künstlern für das Geleistete entgegenbrachte, den meisten Klatschenden war wohl bekannt, dass es bei einer »Winterreise« keine Zugabe gibt.Einmal mehr wurde die Erkenntnis gewonnen, dass ein Live-Erlebnis nicht einfach auf einen Tonträger gebracht werden kann, weshalb aber auch der einen solchen Abend Beschreibende seine Schwierigkeiten hat ...
Es war ein erfüllter Abend, der lange nachklingt ...
Da im Konzertsaal nicht fotografiert werden darf, sei hier ein Plakat-Foto der beiden Protagonisten eingestellt.
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Lieber kurzstueckmeister,
Hier kommt die typische Handschrift Albrecht Dürers besser zur Geltung!
Es ist ein Kupferstich von 1494.
Der Text auf dem Schriftband oben am Baum wird so interpretiert, dass Orfeus der erste Kinderschänder war.Die »Orpheus«-Federzeichnung in der Hamburger Kunsthalle gilt als eines der wichtigsten Zeugnisse für Dürers Auseinandersetzung mit der italienischen Renaissance und der Kunst der Antike. Allgemein wird die Hamburger Zeichnung als frühes Meisterstück Dürers gewürdigt.
Sandrart, in dessen Besitz sie sich befand, hielt das Blatt für die Probearbeit des Künstlers zur Erlangung der Meisterwürde in Nürnberg, wofür es jedoch keinen Nachweis gibt. Unsicher ist bis heute, ob die Zeichnung vor oder nach der Abreise Dürers nach Italien geschaffen wurde.
Die offensichtliche Nähe zu Mantegnas Werk spricht jedoch eindeutig für eine Entstehung während der Venedig-Reise. -
Die Skizze gehört zum Sammlungsbestand des Metropolitan Museum of Art in New York.
Bei dem Bild soll es sich um eine Kreide-Zeichnung mit dem Titel ›Kopf von einem Mann‹ handeln (152 x 102 cm),