Hier mal ein etwas "exotischeres" Thema, wobei ich einen meiner Beiträge aus einem anderen Forum als Basis nehme.
Wer sich für japanische Symphonik des 20. Jahrhunderts interessiert und nicht die teils unerhörten Preise für "obskure" Japan-CDs (amazon bzw. andere Quellen) mit nicht lesbaren Covertexten ausgeben möchte, dem sei die Naxos Serie "Japanese Classics" empfohlen, die Stück für Stück auch hier zu Lande veröffentlicht wird (in zeitlicher Verzögerung gegenüber dem Heimatland dieser Musik).
Empfehlenswert sind v.a. diese Titel:
Natürlich sind Ifukube und Akutagawa als Filmmusiker am besten vertraut, dennoch lohnen sich auch die anderen CDs sehr, da sie durchweg farbige, originelle und substanzeiche Musik enthalten - wenn auch manchmal in etwas braven Einspielungen. Der Ausdruck "Kamikaze" in dem Klavierkonzert von Ohzawa bezieht sich übrigens nicht auf die japanischen Selbstmordpiloten, und die CD enthält trotz markanter Titel keine Japan-Hurrah! Musik.
Die CDs mit Musik von Akutagawa und Ohguri sind wohl die gleichmäßigsten in der Qualität. Insbesondere das an Bartók geschulte Violinkonzert von Ohguri verdient einen größeren Bekanntheitsgrad. Hier sind ethnische Elemente v.a. im Schlagzeugsatz vorhanden.
Klavierkonzert und Sinfonie von Yashiro sind sehr beeindruckend, enthalten aber kaum "Japanismen", sondern gemahnen an Bartók bzw. Messiaen (Symphonie). Die Matsudaira CD ist etwas experimenteller, bezieht sich ausdrücklich auch auf Traditionen des Kabuki, ist aber auch nicht so "modern", dass man damit heutige Hörer noch wirklich erschrecken könnte.
Zwiespältig:
Godzilla forever! So möchte man diese CD überschreiben, denn im Grunde gilt: Wer das Gojira-Thema von Ifukube kennt, der kennt die gesamte Musik auf dieser CD. Zumindest den Ansatz: Ein musikalischer Primitivismus fernöstlicher Harmonik mit nie enden wollenden Ostinatos. Die Ähnlichkeit zur amerikanischen Minimal Music ist nicht von der Hand zu weisen (wie auch, basiert diese doch auf ähnlichen Quellen), und wer mit Philip Glass nichts anfangen kann, der braucht diese CD gar nicht erst zu hören. Die Sinfonia Tapkaara erinnert an nichts so sehr wie an den (unabsichtlichen) Großvater des Minimalismus, Colin McPhee, und dessen Toccata über balinesische Volksthemen, "Tabuh-Tabuhan".
Dabei geht von Ifukubes Werken durchaus eine gewisse rohe Kraft aus, auch ist die Sinfonia Tapkaara ein wenig farbiger instrumentiert als die a tempo hingeworfenen Godzilla-Musiken. Aber letztlich bleibt gerade der simple Gojira-Marsch in Erinnerung. Die "Ritmica Ostinata" für Klavier und Orchester bringt Ifukubes Ansatz sogar im Titel auf den Punkt, und man muss leider sagen, dass das 21 1/2-minütige Bartókeske Werk mindestens doppelt so lang erscheint.
Den Abschluss bildet die sogenannte "Symphonic Fantasia No.1", die nichts anderes ist als eine Abfolge von Stücken aus diversen Gojira-Filmen, allen voran eben der erwähnte Marsch.
Die Interpretation durch russische Kräfte kann man nur als "zupackend" und schnörkellos bezeichnen, was der Musik entspricht. Ebenso ist die direkte Aufnahme, praktisch ohne Hall und mit jeder Menge Tiefbass, im Sinne der Werke. Aber große Musik ist das nicht.
Nicht zu empfehlen sind allerdings folgende Titel, weil ihre Veröffentlichung wohl mehr der Einordnung in die "Geschichte der Symphonik in Japan" zu verdanken ist denn ihren musikalischen Qualitäten:
Besonders die CD mit Werken von Yamada ist eine ziemliche Enttäuschung. Der als "Vater der Symphonie in Japan" bezeichnete Komponist war ein Schüler von Max Bruch und liefert in diesen Werken nur eine drittklassige Kopie seines Lehrers ab - ohne jeden nationalen Bezug, und auch mit wenig Substanz. Der Covertext der Moroi-CD verspricht Musik "ähnlich der besseren Werke Hindemiths", doch obwohl eine gewisse Affinität mit den Werken des deutschen Komponisten erkennbar ist, fehlt es der Musik leider an jedem Inhalt. Ein bischen wie die schwächsten Werke Hindemiths kreist sie um sich selbst.
Neueste CD der Serie:
Etwas modernistischer (in der Mandala Symphony und Bugaku) als ich es erwartet hatte. Mayuzumi war ein Schüler von Quinhico Hashimoto und Akira Ifukube ("Gojira"), dies schlägt sich nieder in stilistischen Affinitäten zum französischen Impressionismus (Hashimoto) und in zahlreichen Ostinatofiguren und Nähe zu Strawinsky (Ifukube), wobei Mayuzumis Musik farbiger und geschliffener ist als jene von Ifukube. Hervorragender Klang (ungwöhnlich aus dieser Quelle), engagierte Interpretationen.
Definitiv ein "winner" in dieser hoffentlich noch langen Serie von Neuerscheinungen.
In Japan ist bereits mindestens ein weiterer Titel erschienen:
Kann sich nur um Monate handeln ...
Gruß, Thomas