Ich habe überlegt, ob ich diesen Beitrag bei den Salzburger Festspielen 2014 einstellen soll oder in diesem Thread. Da ich die Aufführung der Schubert Oper "Fierrabras" im Haus von Mozart bei den Festspielen weder gesehen noch gehört habe, kann ich mir nur ganz bedingt ein Urteil erlauben. Was ich aber bis jetzt über die Inszenierung von Peter Stein gelesen und bei einer Besprechung bei BR-Klassik gehört habe, ist ein solch einheitlicher, gnadenloser Verriss, wie ich ihn selten wahrgenommen habe. Deshalb will ich Auszüge aus zwei Besprechungen zitieren:
dpa-Besprechung von Georg Etscheid:
"Über die Inszenierung von Peter Stein deckt man besser den Mantel des Schweigens. Angesichts der ultra-traditionalistischen Deutung im altfränkischen beziehungsweise orientalischen Ambiente mit Momenten unfreiwilliger Komik beginnt man sich zu fragen, wie der 76jährige zu seinem Ruhm gekommen ist.
Lächerlich - Stein inszeniert buchstabengetreu und gibt die pathetischen Sing- und Sprechtexte der romantisch-heroischen Oper der Lächerlichkeit preis. Hier hätte man einordnen, deuten, Zeitbezüge herausarbeiten müssen. Die Bühne hat Ferdinand Wögerbauer im Stil faltbarer Papier- Kulissen gestaltet, die mal den Hof des Frankenkönigs, mal den Kerker der Mauren zeigen. Das ist zumindest schön anzusehen.
Salzburger Nachrichten, Ernst P. Strobl
"... Was bei der Premiere "Fierrabras" der Oper von Franz Schubert, am Mittwoch im Haus für Mozart auf die Bühne kam, torpediert alles, was man mit dem Wort modern in Verbindung bringt. Sollten die Erfinder der Oper vor Jahrhunderten experimentiert haben, wäre vielleicht so ein Papiertheater herausgekommen. Man traut seinen Augen kaum, und sobald der vielmals eingesetzte Papiervorhang sich hebt, weiß man nie, ob man lachen oder weinen sollte.
BR-Klassik sprach von einem Sturm der Entrüstung für einen renommierten Regisseur, der nichts anderes wollte , als das Werk original und traditionell in Szene zu setzen.
Diese Kritiken sollten uns Gegnern des modnernen Regietheaters zu denken geben. Auch traditionelle Inszenierungen können also gewaltig in die Hose gehen, selbst bei den Salzburger Festspielen. Ich sehe mich in meiner Meinung bestätigt, dass es nicht um modern oder tradtionell geht, sondern um gut oder schlecht, um getroffen oder verfehlt. Wobei ich gerne zugebe, dass ich mehr geglückte traditionelle Inszenierungen erlebte als moderne. Das mag auch am Alter liegen. Dieser Weckruf von den Salzburger Festspielen, sollte uns zumindest anregen, differenzierter zu betrachten und zu urteilen. Jede einzelne Regieleistung und Interpretation hat es verdient, dass sie möglichst neutral betrachtet, analysiert und erst dann beurteilt wird. Begraben wir also unsere generellen Pauschalurteile und die grundsätzliche Abneigung gegen gewisse Regisseure, bei deren Namensnennung vielen schon die Galle überläuft.
Herzlichst
Operus