Beiträge von florian

    Bei einer Vorstellung des "Fliegenden Holländers" in Mainz vor vielen Jahren setzte der junge Dirigent in der Ouvertüre das musikalische Meeresgewoge dermaßen ekstatisch in seine Körpersprache um, daß man um die Streicher fürchten mußte, auf die er zu fallen drohte. Aus dem ersten Rang sah dieses seltsame Konditionstrainung lustig aus. Und natürlich stellte sich die Frage: würde der dirigierende Heißsporn diesen körperlichen Ausnahmezustand drei Akte durchhalten. Antwort: Er hielt nicht durch, wie vorhersehbar war. Im übrigen bin ich sicher, daß die Musiker diese extreme Hampelei eher nervös machte.


    Der türkische Pianist Fazil Say, ein exzellenter Musiker, der sich vor den "Großen" seiner Zunft nicht zu verstecken braucht, pflegt seine
    Vorstellungen nicht nur mit ausgiebigen Körperbewegungen, sondern auch mit seinen bescheidenen Sangeskünsten zu würzen. Diese doppelte "Interpretationshilfe" zur Musik verblüfft zunächst, dann amüsiert sie und schließlich wird sie zum Ärgernis. Die allzu bewegliche Körperlichkeit mag man noch hinnehmen als Ausdruck innerlicher Notwendigkeit, doch wenn dazu noch gebrummt und "gesungen" wird, dann ist es des Guten wirklich zu viel und man ersehnt die virtuosen Passagen einer Sonate oder eines Konzerts, weil dann die Konzentration auf die manuellen Schwierigkeiten dieses optisch-akustische Beiwerk verhindert.


    Natürlich kann man gerade jungen Pianisten keinen Vorwurf machen, wenn sie versuchen, auch optisch ihre Ausdrucksmächtigkeit zu demonstrieren. Aber sie sollten um die Gratwanderung wissen zwischen Glaubwürdigkeit und Masche. Die "Singerei" indessen erscheint (mir) - Glenn Gould hin oder her - nur lästig und reichlich überflüssig. Ein bißchen Disziplin dürfte nicht schaden, zumal es sich hierbei um eine Tugend handelt, ohne die eine Interpretation eh nicht auskommt. Im übrigen ist diese Unart offensichtlich nur eine von Pianisten, nicht aber von Streichersolisten.


    Florian

    Anläßlich des 85. Geburtstags von Wolfgang Sawallisch widmet Bayern4 Klassik dem großen Dirigenten und Pianisten heute mit sechs Sendungen seine Sendezeit, u.a. wird um 19 Uhr ein zweistündiges Porträt übertragen.


    Florian

    Ich habe Wolfgang Sawallisch 55 Mal am Pult der Münchner Oper erlebt, ihn ein gutes Dutzend Mal als Konzertdirigent und nicht minder häufig als Liedbegleiter in bester Erinnerung. Diese Häufigkeit würde mich vermutlich zum Sawallisch-"Fan" stempeln, der seinem "Idol" hinterherreist und erwartungsvoll am Bühneneingang dem Verehrten entgegenfiebert. Mitnichten. Für solche Bewunderungsekstasen besitze ich keinerlei Talent, abgesehen davon, daß die Spezies des Fans mir immer suspekt geblieben ist. Meine musikalischen Begegnungen mit diesem Künstler ergaben sich zwangsläufig aus der Tatsache, daß er 22 Jahre Chef der Münchner Oper war.
    Ich kenne keinen Dirigenten von internationalem Rang, der heutzutage bereit ist, sich an ein Haus derart lange zu binden. Ca. 40 Vorstellungen pro Spielzeit dirigierte er, vornehmlich das deutsche Repertoire (inklusive Hindemith und Henze, aber auch den Schweizer Sutermeister und den Österreicher v. Einem), zudem Raritäten wie Rossinis "Moses" oder Nicolai und Peter Cornelius - nicht gerechnet die Verwaltungsverpflichtungen als Staatsoperndirektor und zeitweiliger Intendant. Was ihn nicht hinderte, an der Mailänder Scala zu dirigieren, seinen internationalen Konzertverpflichtungen nachzukommen (inklusive jährlich regelmäßiger Auftritte beim NHK in Japan, für das er seit den frühen 60er Jahren gleichsam zum Orchestererzieher wurde), als Liedbegleiter der internationalen Sängerelite (und des Nachwuchses) aufzutreten und als Kammermusikpartner seinen Teil beizutragen - von den damals noch häufigen Plattenaufnahmen ganz abgesehen. Im übrigen schrieb er, als sei er nicht ausgelastet, zwei Erinnerungsbücher. Offensichtlich war dieses Künstlerleben generalstabsmäßig durchorganisiert. Im übrigen zählte Sawallisch in München nicht zu den Chefs, die keine anderen "Götter" neben sich duldete. Die Phalanx der dirigierenden Berühmtheiten, die hier neben ihm auftraten, war beachtlich - allen voran Carlos Kleiber und Karl Böhm.


    Sawallisch war in München eine Institution. Dass sich ein Künstler seines Ranges jahraus, jahrein dem Alltagsbetrieb eines Opernhauses aussetzte, war für das Publikum eine Selbstverständlichkeit. Daß er das Opern-Gesamtwerk (!) der Münchner Hausgötter Wagner und Strauss in Zyklen auf die Bühnenbretter hievte, war eine künstlerische und organisatorische Kraftanstrengung ohnegleichen und in der gesamten Opernwelt singulär. Natürlich sparten die Münchner nicht mit Beifall. Immerhin ein aufregendes Wagnis. Für mehr Aufregung und Amüsement besonderer Art schien indessen für manchen gegen Ende seiner Amtszeit ein Eklat zu sorgen, als nach einer grundlegenden Renovierung der Bühnentechnik die niegelnagelneue computergesteuerte Anlage ihren Dienst verweigerte und das Haus technisch weitgehend lahmlegte. Nicht zuletzt in der Presse zerriß man sich die Mäuler. Denn nun überlagerten alle künstlerischen Verdienste plötzlich öffentliche Kritik an der Opernleitung, als sei Sawallisch persönlich an dem Schlamassel verantwortlich. Seltsam genug. Zudem vermehrten sich in der Presse die künstlerischen Angriffe, die Sawallischs Konservatismus beklagten. Zu wenig Moderne im Spielplan. Ganz zu schweigen von dem Mangel an revolutionären Regisseuren, die anderwärts das Publikum so hübsch toben ließen. Die künstlerische Handschrift von Leuten wie Rennert, O. F. Schuh oder Ponnelle, einstigen Wegbegleitern des Dirigenten, war angeblich nur noch für Archivare interessant. Sawallisch und seine Heimatstadt begannen sich auseinander zu leben, was angesichts der langen Ära im Prinzip nicht ganz unverständlich war, angesichts der äußeren Anlässe aber von wenig Respekt gegenüber der Münchner Lebensleistung zeugte. Sawallisch nahm übel, ohne sich öffentlich zu äußern. Nachdem er am 31.12.1992 mit einem Opernkonzert im Nationaltheater von "seinen" Münchnern Abschied genommen hatte (am selben Abend beendete auch Dietrich Fischer-Dieskau mit der Schlußfuge von Verdis
    "Falstaff" seine Opernlaufbahn, ohne daß dies dem Publikum annonciert worden wäre), trat Sawallisch in München nur noch selten auf - und das gewiß nicht nur, weil ihm die Leitung des Philadelphia Orchestra übertragen worden war. Mit dem Ende der Opernära Sawallisch in München beendte der Dirigent seine Opernlaufbahn. Nachdem er im Frühjahr 1993 für EMI die "Meistersinger" auf CD eingespielt hatte, dirigierte er keine Opern mehr.


    Was Wolfgang Sawallisch als Musiker ausmacht? Absolute Souveränität und Kompetenz ohne persönliche Aufdringlichkeit oder gar Schaustellung - das war der cantus firmus eines Künstlertums, das sich nach Sawallischs eigenen Aussage in bester Tradition des deutschen Kapellmeistertums begriff. Glamour läßt sich mit dieser Grundhaltung natürlich nicht gewinnen, abgesehen davon, daß heute dieser Begriff, der einschließt, von der Pike auf zu dienen, auf viele Jüngere seltsamerweise verstaubt wirkt. Recht verstanden bildet er eine exzellente Grundlage für einen Beruf, der, weil er so schwer zu fixieren ist, auch zur Scharlatanerie verführen kann.


    In den letzten Jahren ist es um Sawallisch still geworden. Um 2001 dürfte er seine letzten öffentliche Auftritte gehabt haben. Das Alter fordert seinen Tribut, so daß eine künstlerisch erfüllte Vergangenheit nun die lebendige Gegenwart überlagert. Zusammen mit dem 90jährigen Kurt Sanderling steht jetzt der 85jährige Wolfgang Sawallisch an der Spitze der Alterspyramide der deutschen Dirigenten.


    Dem Jubilar herzliche Glückwünsche, eingebunden in erträgliche Gesundheit,


    von Florian
    (der sich an großen Lebensleistungen erfreut, die des "Fans"
    nicht bedürfen).

    Claus Guth, der Regisseur des Salzburger "Don Giovanni", teilte heute morgen im Rundfunk mit, daß seine Inszenierung im Herbst auf DVD zur Verfügung stehen wird. Die Bildregie führt Brian Large. So wird denn auch Herr Schrott in Ton und Spiel in Bälde all jenen als Rolleninterpret zur Verfügung stehen, deren Urteil sich bislang nur auf irgendwelche Musikhäppchen oder Werbebilder stützt.


    Florian

    Lieber Amfortas,


    daß Gattis Leistungen Deinen Enthusiasmus befügeln, Thielemanns Dirigat hingegen, ohne die Aufführungen gehört zu haben, eine quantité négligeable darstellt - das sei Dir unbenommen. Jeder reitet eben seinen eigenen Pegasus.


    Was Du freilich ansonsten noch für Weisheiten unters Tamino-Volk verstreut hat, hat mich reichlich amüsiert. Vor allem der Rundumschlag gegen die Schlüsse der diversen W-Opern. Da lernt unsereiner doch endlich eine Perspektive kennen, auf die man selbst mangels der eigenen Erkenntnisfähigkeit nie gekommen wäre. Nicht weniger putzig finde ich den Vorschlag, ausgerechnet in Bayreuth die Opern konzertant aufzuführen. Vielleicht hättest Du Dir Deinen Text vor seiner Abreise ins Internet noch mal durchlesen sollen...Es genügt nicht, seine eigenen Vorstellungen mit dem Satz zu begründen: "Was Wagner wollte, ist doch eher unwichtig." Diesen Satz haben diverse Regisseure schon seit langem reserviert. Oder bist Du gar Regisseur? Dann nichts für ungut.


    Florian

    Etwas Neues unter der Wagner-Sonne brachte der kürzlich verstorbene Jonathan Carr nicht zutage. Wie sollte er auch, da sich die Quellenlage ja nicht geändert hat. Neu-Bayreuth lässt sich zwar journalistisch aufarbeiten, aber noch nicht historisch.
    Die gute Besprechung in der "Zeit" veranlasste mich zum Kauf der Neuerscheinung. Desto größer war meine Enttäuschung. Die Übersetzung ist schlicht ein Ärgernis. Vom Musikvokabular hat der Übersetzer keine Ahnung, was an vielerlei Kleinigkeiten erkennbar ist. Einen Lektor kann dieses Buch nie gesehen haben. Wie sonst kämen sprachliche Putzigkeiten der Art zustande: "Materienauswahl" statt Themenauswahl; in der Weimarer Zeit, "in der Komponisten wie... pulsierten"; Hitler "erlitt übelstes Versagen"; Siegfried wurde "ver(ab)göttert"; Rätsel auch hier, "als Abgesandte der anschwellenden Ränge der Wagner-Gesellschaften sie (Cosima) aufsuchen"; wo es um einen schlichten Klavierauszug geht, wird eine "Klavierpartitur" erfunden - und so weiter und so weiter; von sachlichen Fehlern nicht zu reden, die natürlich auch nicht fehlen dürfen. Nur ein Beispiel von etlichen: 1868 konnte der berühmte Adolf Stoecker seine Wortgewalt noch nicht als kaiserlicher Hofprediger demonstrieren, alldieweil das Kaiserreich erst 1871 proklamiert wurde.
    Lesen die Rezensenten eigentlich das, was sie empfehlen oder genügt ihnen für ihr Votum ein kursorischer Blick?
    Ich bin der altmodischen Ansicht, daß man angesichts der heutigen Buchpreise eine handwerklich solide Präsentation erwarten darf, und davon kann in diesem Falle (der nach meiner Erfahrung übrigens kein Einzelfall ist) nun wirklich keine Rede sein.


    Florian

    Heute Morgen als Nachricht im Bayerischen Rundfunk aufgeschnappt:
    2010 wird Mariss Jansons an der Wiener Oper Carmen dirigieren, und zwar mit der Besetzung Garanca (Carmen), Netrebko (Micaela) und Villazon (Don José). Mögen sich alle Protagonisten in zwei Jahren noch ungeschmälerter Stimmkraft erfreuen...


    Florian

    Delius' biographische Skizze wäre unvollständig, würde man das furchtbare Schicksal unerwähnt lassen, das den Komponisten die letzten zehn Lebensjahre heimsuchte. Delius war vollständig gelähmt und erblindet, geistig aber bis zuletzt völlig präsent. Und dann geschah in dieser Tragödie schier Unglaubliches: Seinem Sekretär und Helfer Eric Fenby diktierte Delius zwischen 1928 und 1933 sieben (!) Werke Note für Note in die Feder - darunter Songs of Farewell nach Texten von W. Whitman für Chor und Orchester 1930-32, A song of summer für Orchester 1930, Vorspiel zu Irmelin 1932, Air and Dance für Streichorchester 1932, Fantastic Dance für Orchester 1932, Sonate für Violine und Klavier 1930. Welche Energie muß ein Blinder und Gelähmter aufbringen, um eine solche Schöpferkraft zu entwickeln? Nachvollziehen läßt sich das nicht, nur bewundern.


    Florian

    Im Juli 1996 erlebte ich Henzes Bassariden im Münchner Gasteig als konzertante Aufführung. Damals dirigierte Gerd Albrecht die Münchner Philharmoniker; Dionysos war James O'Neal, Pentheus Alan Titus, Teiresias Horst Hiestermann, Agaue Renate Behle. Gut erinnerlich die Völkertwanderung eines Großteils des Publikums während der Aufführung zu den Ausgängen, obwohl die Lektüre des Librettos den Mangel an szenischer Fantasie durchaus wettzumachen vermochte.
    Als ich am Montag die Live-Übertragung im Radio mir anhörte, war es ungleich schwieriger, den Handlungsverlauf allein auf akkustischem Wege zu verfolgen. Das, was zu hören war, erschien mir indessen so spannend und musikalisch überzeugend, daß mir wohl nichts anderes übrig bleibt, als eine der folgenden Vorstellungen zu besuchen. Dabei werde ich die seltene Gelegenheit haben, ohne Vorbestellung an der Abendkasse mir eine Karte kaufen zu können, als ginge es ins Kino. Das ist angenehm, gleichzeitg aber auch betrüblich (ähnlich wie bei Moses und Aaron), da wieder mal demonstriert wird, daß Kunst ohne Event-Charakter oft keinen leichten Stand hat.


    Florian

    Lieber Wulf,


    vorab: Deine Hinweise auf den Pop-Bereich vermag ich nicht nachzuvollziehen, weil ich auf diesem Sektor nicht den blassesten Schimmer habe (ja, so was gibts wirklich). Da könnte man mir grün für rot erzählen und ich würds, blöd wie Parsifal, glauben.


    Was die Gemüter erregende Madame Netrebko betrifft: nach der Lektüre einer Reihe von Beiträgen in diesem Thread gewann ich den Eindruck, daß auf die Dame doch mächtig eingedroschen wird. Wobei die Ereiferung sich vornehmlich um Äußerlichkeiten dreht, um die Fehltritte der Reklame, um das seltsame Vermarktungs-Allerlei und all das, was heutzutage zu einem gesteuerten Image gehört. Ich verstehe diese Aufregung nicht. Was da an Firlefanz geboten wird, kann doch niemand, der seine Sinne beieinander hat, ernst nehmen. Ob AN nur hilflos im Reklameboot sitzt oder selbst auf die Reklametrommel haut, ist mir ehrlich gesagt wurscht. Mich interessiert allein die Sangesleistung, und die bewerte ich nach meinen ganz privaten hausgemachten Kriterien, die anfechtbar sein mögen, weil sie so furchtbar subjektiv sind, aber das liegt eben in der Natur der Sache. Und da muß ich schlicht sagen: mir gefällt diese Stimme - als eine von vielen anderen, ohne daß mich das in Ekstase versetzen könnte. Daß schauspielerisch vieles aufgesetzt wirkt (nach TV-Eindrücken), ist bedauerlich, ließe sich bei wirklich guter Personenregie mit harter Arbeit vielleicht aber beheben. Im übrigen würde ich nie bestreiten, daß Erfolg und Qualität nicht ursächlich einen Zusammenhang bilden müssen. Dafür ist dieses Phänomen im Alltag mir zu oft begegnet, als daß ich es leugnen könnte.


    Im Falle AN beobachte ich allerdings: All das Beiwerk, das hier die Gemüter erhitzt, sagt nichts über die künstlerische Qualität und Leistung aus, viel aber über jenen Teil der Gesellschaft, der sich von diesem Reklame-Schwachsinn manipulieren läßt. Ein weites Feld für Soziologen, fürwahr. Ich indessen kann mir den Luxus des Desinteresses an diesen Dingen erlauben. Wahrscheinlich gilt das als unerträglich "elitär". Sei's drum.


    Florian

    Ich staune - ich staune allgewaltig. Meine unmaßgeblichen Worte bilden nun also den 1204ten Eintrag zum Thema Anna Netrebko. Dafür daß nicht wenige hier diese Sängerin vornehmlich für ein ärgerliches Reklameprodukt halten, das den hohen Kunstmaßstäben vieler geschätzter Sangesfreunde und -freundinnen nicht oder bestenfalls kaum gerecht wird - dafür hat die Dame eine höchst ungewöhnliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Chapeau! Eigentlich sollte man denken, daß das, was wenig taugt, unbeachtet in der Zweitklassigkeit vor sich hindümpelt. Kann es sein, daß diese Netrebko gar nicht so zweitklassig ist, wie es hier partiell suggeriert wird? Zweifel, nichts als Zweifel...
    Unzweifelhaft aber ist das eminente Standvermögen der Netrebko gegenüber dem durch die Presse aufgepushten Erwartungsdruck. Das muß man erst mal aushalten und dann auch noch singen und spielen... Mag sein, daß das Management der Netrebko die Geister selber rief, die ihr diesen Öffentlichkeitsdruck erzeugen. Gleichwohl muß man damit umgehen können - und das kann sie wohl ganz gut, was um so erstaunlicher ist, da sie den westlichen Rummeltanz der Reklame erst mal begreifen lernen mußte. Da macht man wohl auch Fehler. Oder?


    Florian

    Mario del Monaco zählt zu den größten italienischen Tenorstimmen der 50er und 60er Jahre. Seine Stimme war in jeder Beziehung groß, gesegnet mit stählerner Strahlkraft, höhensicherer Attacke und einem charakteristischen Timbre. Otello war seine Paraderolle, mit der er sich so identifizierte, daß er sich bei seinem Tode in diesem Kostüm beerdigen ließ. Nicht nur das italienische Publikum lag del Monaco zu Füßen. Was er allerdings nie gelernt hatte, war eine Stimmkontrolle im Bereich des mezza voce oder gar kultiviertes Piano-Singen. Was Wunder, daß manche ihn als "Brüll-Tenor" schmähten. Überdies "kultivierte" er - mehr in Live-Auftritten als auf Platten - eine typisch italienische Unart, deren Effekt im Publikum gleichwohl goutiert wurde: an dramatischen Stellen schluchzte er herzerweichend, daß es ein Graus war. Es existiert ein Mitschnitt eines Moskauer Carmen-Gastspiels, bei dessen Schluß die Singstimme in gemartertes Geheule und Gejaule übergeht - eine Lachnummer.
    Ich selbst habe del Monaco live auf der Bühne 1965 in Stuttgart erlebt - bei einem Gastspiel als Siegmund in der Walküre. Es war keine Sternstunde, leider. Del Monaco führte einen solch ausufernden Kampf gegen den Konsonantenreichtum der deutschen Sprache, daß er den berühmten Presto-Schluß des 1. Akts völlig vergeigte und dem Orchester chancenlos hinterherhechelte. Doch - unvergeßlich - das Publikum raste vor Begeisterung.
    In den späteren 60er Jahren erlitt der Hochgefeierte einen schweren Autounfall, der seine weitere Karriere beeinträchtigte. Er hat sich von dem Nierenleiden, das regelmäßige Blutwäsche ihm abforderte, nie mehr richtig erholt.
    Wer sich für Giordanos "Andrea Chénier" interessiert, ist mit der Decca-Aufnahme bestens bedient, auf der sich del Monaco, Tebaldi und Bastianini als Top-Sänger inrer Zeit von ihrer besten künstlerischen Seite zeigen.


    Florian

    Vielleicht ist dies von Interesse: 1984 hatte der Babier von Bagdad an der Münchner Staatsoper in der Inszenierung von Otto Schenk Premiere. In der von mir im Jan. 85 besuchten Aufführung sangen:
    Kalif............Bodo Brinkmann
    Mustapha....Friedrich Lenz
    Margiana.....Angela-Maria Blasi
    Bostana......Cornelia Wulkopf
    Nurredin.....Claes H. Ahnsjö
    Abu Hassan.Kurt Moll
    Daß diese Oper an einem Haus wie München aufgeführt wurde, war allein Wolfgang Sawallisch zu danken. Schon im Jahr zuvor hatte er auch Nicolais Lustige Weiber vorgestellt und in Interviews für beide Opern, die er selbst dirigierte, eine Lanze gebrochen.
    Bei Orfeo werden dankenswerterweise immer wieder Mitschnitte Münchner Produktionen angeboten. Es bleibt zu hoffen, daß sowohl Der Barbier wie auch die Lusitgen Weiber in dieser Reihe auf CD erscheinen werden. Die Lusitgen Weiber waren von Orfeo schon mal angekündigt worden, wurden bis jetzt aber noch nicht veröffentlicht (vielleicht rechtliche Gründe?).
    Die hervorragende Münchner Aufführung des Barbier, die auch szenisch sehr gelungen war, macht die Frage erneut zum Rätselspiel, warum diese Oper vom Repertoire nahezu ausgeschlossen bleibt. Ähnliches gilt für die Lustigen Weiber, die an großen Häusern gemeinhin verschmäht werden und allenfalls an kleineren Häusern ein schmales Bleiberecht für sich beanspruchen können.


    Florian

    Lieber Wulf,
    und schon sehe ich mit meiner kurzen Einlassung das Mißverstä#ndnis auf mich zurasen. Ich habe die Frage rein subjektiv aus meiner eigenen Erfahrungswelt beantwortet (was auch aus dem Klammersatz eigentlich ersichtlich sein sollte). Bei mir steht hinter der "Einfachheit" meiner kurzen Antwort eine jahrzehntelange tiefernste bedrohliche Lebenssituation, deren "Meisterung" mir bis heute vornehmlich durch die Musik im Sinne einer geistig-seelischen Ernährung gelang. In diesem Sinne war und ist mir Musik gleich existentiell wichtig wie essen und trinken.
    Natürlich könnte man die Frage auch generalisierend zu beantworten versuchen. Dann landet man leicht in der Soziologie, Philosophie und ähnlichem und gibt dem Thema eine allgemeine Färbung, über die sich vielleicht trefflich streiten läßt, die aber Menschen wie mich mit einem speziellen Erfahrungshintergrund leicht langweilen kann.
    Im Übrigen, um auf das Schicksal der Gehörlosen zu kommen: der Ausschluß von der Musik impliziert weiß Gott keine geistig-seelische "Unterernährung", deckt doch, was ich als bekannt voraussetzte, die Musik nur einen Teil des geistig-seelischen Aspekts ab. Bildende Kunst, Literatur, Philosophie sind andere Teilbereiche von nicht geringerer Bedeutung.


    Florian

    Gegenfrage: Wozu essen? Wozu trinken?
    Es gibt schließlich auch eine geistig-seelische Ernährung. Tja, und da kommt (wenigstens für mich) die Musik ins Spiel. Eigentlich ganz einfach.


    Florian

    Ich besitze dieses Buch von 1977, das kurz vor Böhmes 70. Geburtstag in der Schroff Verlagsgesellschaft Augsburg erschien. Viele Bilder von Richard Strauss bis Karl Böhm mit Widmungen sowie einige Texte über Böhme von Karl Böhm, Rudolf Hartmann, Günther Rennert, James King, Karl Schumann (Münchner Kritiker). Dann natürlich Rollenfotos etc. Einige Interviewtexte des Jubilars, Texte zu Lebensstationen sowie Regisseuren und Dirigenten, die für Böhmes Karriere wichtig waren. Böhme wird dabei gelegentlich zitiert, wer aber diese Texte geschrieben hat, ist nicht ersichtlich. Dazu ein Tonbandprotokoll Böhmes zum Verhältnis von Operngesang und Regie, Rollenstatistik aus Dresden, München und Wien, Salzburg und Bayreuth sowie eine Aufstellung seiner Mitwirkung an Schallplatten-GA.
    Das Ganze nennt sich "eine andere Form von Biographie", heute würde man das wohl als Patchwork bezeichnen. Die Lektüre ist ganz nett, man erwarte aber nicht, hier endlich eine Form gefunden zu haben, die die problematische Spezies der Sängerbiographie ihrer oft panegyrischen Aufdringlichkeit enthebt.


    Florian

    Kurt Böhme war der Bassbuffo schlechthin, begabt mit einer vis comica, die das Publikum begeisterte, weil die Natürlichkeit dieses Talents zu spüren war. Manchmal hatte man das Gefühl, er sang "augenzwinkernd". Wenn er wollte, konnte er mit seiner Stimme geradezu spielen. Unvergessen "Die Beichte" von Suppé, ein Kabinettstückchen humoristischen Singens. Seine Stimme war innerhalb des Fachbereichs so wandlungsfähig, daß er auch in dämonischen oder tragischen Rollen überzeugte. Und doch - ich sah ihn im Münchner Nationaltheater, seinem Stammhaus, mehrfach als Hunding. Die Rollengestaltung war beeindruckend, gleichwohl schlich sich bei mir gelegentlich klammheimlich der Ochs, seine Paraderolle, in die düster-tragische Wälsungenwelt ein - was sicher an mir lag.
    Ich habe Böhme in München bis in die 80erJahre auf der Bühne stehen sehen, was schon ungewöhnlich genug war. Zuletzt sang er durch die Spielzeiten hindurch einen Zauberflöten-Priester, von dem er sich auch nicht trennen wollte, als er auf die 80 zuging. In München war Böhme eine Institution. Und wenn der Herr Kammersänger mit Gattin im Supermarkt wohltönend laut einkaufen ging, wo ich ihn manchmal mehr hörte als sah, dann stand das Personal, das sicher nie in der Oper war, lächelnd parat und der Marktleiter machte die Honneurs.


    Florian

    Donnerlittchen! Ich wußte gar nicht, wie reich ich bin. Da sitze ich jahrelang auf einem Hort und könnte wie Fafner täglich singen "Ich lieg und besitz" und erfahre jetzt erst durch Eure Preisbeispiele, daß es höchste Zeit ist, meine CD-Sammlung wie einen Monet zu versichern. Dank, überschwänglichen Dank. Da leg ich doch meinen Hindemith-Mathis mit wesentlich stolzeren Besitzergefühlen in den Player.


    Florian

    Die architektonische Wirkung eines Bauwerks lebt auch von der Umgebung. Die aber ist nur schwer auszumachen. Mein erster Eindruck: ungewöhnlich, gewöhnungsbedürftig. Mein zweiter Eindruck, wenn ich meine Fantasie ein bißchen spazieren führe und mir eine entsprechende Umgebung (das Wasser - See? Hafengelände?) dazudenke: ein recht gelungenes "opera-tives" Ensemble. Vermutlich ist die Karriere als künftiger Tourismusmagnet gesichert. Im Innenraum ist das einzig entscheidende Kriterium die Akustik. Da benötigen wir aber den Life-Bericht eines Taminen vor Ort, alles andere bleibt Spekulation, egal ob die heheren Töne der Kunst von hellem oder dunklem Holz reflektiert werden.
    Nebenbei: Dank an Walter Krause, der meine bescheidenen kunsthistorischen Kenntnisse bereichert hat. Da hatte ich mich, oberflächlich wie ich bin, seit Jahren gemütlich in der Postmoderne eingerichtet (ohne daß mir je ein Feuilleton diesen Begriff präzise erklärt hätte) und habe gar nicht mitbekommen, daß ich mich inzwischen in der Neomodernen befinde. Sapperlot. Etwas verwirrt schiebe ich meine schmalen Lateinkenntnisse beiseite und lerne, daß auf die Nach-Moderne die Neu-Moderne folgt. Da verstärkt sich mein Verdacht, daß allmählich die Begriffe ausgehen, vor allem angesichts der beschränkten Auswahl an Präfixen. Aber, wie gesagt, das nur nebenbei.


    Florian

    Vor etwa 30 Jahren sendete das Hessische Fernsehen einen Vorbericht zur Premiere von Don Giovanni am Staatstheater Kassel. In einer Szene waren alle Protagonisten nackt, was auch im TV gezeigt wurde. So mußte man sich über das Publikumsinteresse keine Sorgen machen. Der Zulauf soll gewaltig gewesen sein. Daß diese Inszenierung die moderne Rezeptionsgeschichte des Don Giovanni wesentlich beeinflusst hätte, läßt sich freilich nicht behaupten.
    Und jetzt bietet ein Regionaltheater erneut kollektive Nacktheit (von den vereinzelten Nackten in diversen Darbietungen nicht zu reden). Die Rechnung geht doch auf. Man kann sich der Aufmerksamkeit gewiß sein - wie gerade auch dieser Thread demonstriert, obwohl öffentliche Nacktheit heutzutage die Schauder des Verbotenen oder gar Obszönen gewiß nicht mehr auslöst. Im übrigen ist der berühmte Herr Kresnik ein, folgt man den Feuilletons, seit Jahren bewährter Provokations-Regisseur (was weiß Gott kein Negativum ist, wenn die Provokation werkfördernde Interpretationen zustande bringt; was aber zur albernen Marotte verkommt, wenn es dabei nur noch um die Selbstverliebtheit des Regisseurs geht, um im Tumult des Publikums baden zu können.) Soweit ich mich der Feuilletons erinnere, ist Herrn Kresniks Karriere gepflastert mit Darbietungen, in denen die Handlungen der angeblich vorgestellten Werke bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt sind. Und seine Vorankündigung bezüglich des Maskenball läßt ja auch jetzt wieder keine Wünsche offen.
    So wäre es vermutlich hrlicher, er würde auf den Theaterzettel des Maskenball schreiben: Handlung von H. Kresnik - Musik von Verdi, der sich nicht mehr wehren kann.



    Florian

    Hier einige sisnfonische Beispiele ad libitum:
    - Hans Rott mit seiner einzigen Sinfonie E-Dur, von der es heißt, sie habe Mahler inspiriert (sehr empfehlenswert)
    - Rober Fuchs: Sinfonie Nr. 1 & 2 / Thorofon Classics
    - Friedrich Gernsheim: Sinfonie Nr. 1 - 4 (brahmsnah) /Arte Nova
    - Hermann Goetz: Sinfonie F-Dur - Violinkonzert op. 22 /CPO
    - Reinhold Glière: Sinfonie Nr. 1 / Naxos
    - Reinhold Glière: Sinfonie Nr. 2 / Naxos
    - Reinhold Glière: Sinfonie Nr. 3 / Chandos
    - Arthur Sullivan: Irish Symphony / CPO
    - Albéric Magnard: Sinfonien Nr. 1- 4 / EMI
    - Hubert Parry: Sinfonien Nr. 1 - 5 / Chandos


    Sinfonien von Dohnanyi, Sinding, Draeseke etc. etc.


    Die "Romantischen Klavierkonzerte" bei Hyperion dürften - von Arensky bis Weber - jetzt an die 50 CD umfassen. Inzwischen hat Hyperion auch die Reihe "Romantische Violinkonzerte" aufgelegt. Detaillierte Angaben lassen sich auf der Webseite von Hyperion nachlesen. Man staunt über das umfangreiche Repertoire, das Sammler geradezu herausfordert.


    Florian

    Mein Gott, da hat der Herr Graf wieder ein Tänzchen gewagt... Alle Wetter! Erstaunlich, welche Geistesflammen ein Herbert v. Karajan posthum noch zu entzünden vermag. Und dabei ging es doch nur um eine knallbonbonbunte TV-Sendung aus dem Hinterhof des Boulevards. So viel Aufwand ins Ausufernde, das man ob des hohen Tons als müde Verzweiflungsgeste verstehen mag, mehr der Form als dem Inhalt geschuldet. Da zerlebriert ein vom Leben ach so abgeklärter Dandy seinen Wortreichtum in der Hoffnung, Oscar Wilde habe Pate gestanden... Doch hätte sich der, des seligen Herbert eingedenk, vermutlich auf ein geistreich-spitzes Bonmot beschränkt Sei's drum.


    Mit Kratzfuß
    Florian

    Nun ja, das alte Zauberlehrling-Spielchen. Die Geister, die er rief, wird Karajan posthum nicht mehr los - jedenfalls in diesem Machwerk. Ich frage mich nur, ob ich die Auflösung der letzten Kulturredaktion der ARD verpaßt habe. Denn es gab durchaus Zeiten, wo solche Redaktionen Beachtenswertes geleistet haben. Da der Kulturbegriff indessen von den allbekannten Events totgetreten wurde, benötigt man auch keine Fachleute mehr (die zudem teuer sind und für endlose Krimis und Pilcher-Filme gespart werden muß). Denn man erlebt es immer öfter, mit welcher Chuzpe Fernsehmenschen Themen zu "dokumentieren" sich anmaßen, von der sie nicht die geringste Ahnung haben. (Das sollte man mal beim Sport wagen!) Man beobachte nur, mit welch souveräner Nicht-Kompetenz auf Arte die durchaus verdienstvollen Opernübertragungen "kommentiert" werden. In sofern demonstriert auch diese Karajan-"Dokumentation" lediglich ein Übel, das längst Metastasen angesetzt hat.
    Gestern Abend führte ich mir, als Ausgleich, auf ZDF Theaterkanal das Rheingold unter Karajans Dirigat und Regie zu Gemüte. Musikalisch ein überzeugendes Ereignis mit Stewart/Stolze/Kelemen/Fassbänder und einem überragenden Peter Schreier als Loge (eine Partie, die er sehr selten sang, die mir aber in seiner Bühneninterpretation in München unvergeßlich ist). Des Regisseurs K. ward man nicht recht froh. Es war nicht so furchtbar dunkel auf der Bühne, wie Birgit Nilsson einst klagte, sondern so furchtbar bunt. Ich hatte den Endruck, für das Bühnenbild sei kein Farbtopf ausgelassen worden. Und so war man damit beschäftigt, sich mancher grellen Kitscheffekte zu erwehren, während die Statuarik der Sänger/innen auf eine Inszenierungsidee verwiesen, die sich mir nicht so recht erschloss.


    Florian

    Ich werde die Nacht mit einem erleichterten "O sancta iustitia" im Gebet für den heiligen Heribertus verbringen, hoffend, daß die berühmte Haartolle als Reliquie für alle Zeiten der Welt erhalten bleiben wird. Sollte sich irgendwer der Blasphemie schuldig machen, der muss das Video der "Schicksalssinfonie" in der Karajanschen Bildregie zwanzigmal hintereinander und ohne Unterbrechnung ansehen.


    Florian

    Verdi-Requiem: im Offertorio der von Streichertremolo und einer gegenläufigen Cellostimme begleitete Tenoreinsatz "Hostias et preces tibi, Domine, laudis offerismus." Da verweigert mein Hirn jegliche intellektuelle Anwandlungen und stürzt sich stur und immer wieder in die Tiefen der Emotionalität.
    Na, und wer könnte sich beim Schluß des 1. und 3. Walküre-Akts jovial ins Polster lehnen? Ich jedenfalls nicht.
    Jeder hat so seinen persönlichen Gänsehaut-Fundus, der gleichsam auf Knopfdruck abrufbar ist. Darüber hinaus entdecke ich aber immer wieder musikalische Stellen, die mich mal berühren, mal kalt lassen. Da spielen private Erlebnisse, Tagesform etc. eine erhebliche Rolle. Wäre ja auch seltsam, wenn dem nicht so wäre.


    Florian

    Maggie


    Eine Frage bezüglich der Sgouros-CD mit den Brahms-Konzerten: Das ist aber nicht eine Neuerscheinung? Denn der Dirigent Tabakov starb nach meiner Erinnerung jung an Jahren - an Aids, wie es hieß. Und Dmitri Sgouros, das einstige von der Presse verfolgte Wunderkind, ist nach meiner Kenntnis völlig in der Versenkung verschwunden. Sgouros zählt zu jenen Namen, die kometengleich hochgepuscht wurden, um dann spornstreichs zu verglühen. Warum, weshalb - da schweigt sich die Presse natürlich aus. Oder bin ich Tatarenmeldungen aufgesessen und mit dieser CD hat es eine ganz andere Bewandtnis? Dann wäre Aufklärung desto mehr vonnöten.


    Florian

    Ich bin in der Tat bei meiner Feststellung vom Klaviersatz ausgegangen. Ich habe mal die Eulenburg-Partitur des Violinkonzerts mitgelesen, während im Radio die Klavierfassung gespielt wurde. Pius hat mit seiner Vermutung schon recht. Die Violinstimme ist um ein paar Akkorde erweitert, damit die linke Hand beschäftigt ist. Mehr nicht. Für meine Begriffe ist es schlicht ein banaler Klaviersatz. Und der soll gleichwertig zwischen KK 4 und KK 5 bestehen? Was den 2. Satz KK4 betrifft, so spielt der sowieso eine Sonderrolle, die nichts mit Virtuosität zu tun, aber alles mit einer neuartigen Verdichtung des Zusammenspiels zwischen Klavier und Orchester im Sinne des concertare. Im übrigen ist der zweite Satz eines KK, wenn er als langsamer Satz ausgewiesen ist, im Regelfalle nie virtuos; da steht allein schon das Tempo dagegen.
    Daß Maestro Beethoven die Klavierfassung abgesegnet, wenn nicht gar höchstselbst erstellt hat, schließt ja nicht eine kritische Stellungsnahme aus. Oder?
    Der Orchestersatz mag sich in der Klavierfassung in das zeitliche Umfeld einpassen. Das will ich gerne zugeben. Meine spontane Fixierung auf den Klaviersatz hat wohl damit zu tun, daß ich selbst vom Klavier her komme. Ist so ne alte Gewohnheit von mir... Pardon.


    Florian