Beiträge von Caruso41

    Ob das nur eine Fata Morgana war?


    Ich habe die Ausstrahlung auf DVD mit geschnitten, obwohl ich die Oper schon seit vielen Jahren auf VHS-Video hatte und schon x-mal gesehen habe.


    Der "Ballo" von 1990 aus Salzburg mit Domingo und Nucci wurde 2010 im ZDF-Theaterkanal gesendet. Übrigens auch eine Sternstunde - die DVD würde ich mir nicht entgehen lassen. Schade, dass Du sie nicht zuende gesehen hast. Georg Solti war seinerzeit für den verstorbenen Karajan eingesprungen und hat die Aufführung im großen Festspielhaus zu einem Triumph ohnegleichen gesteigert! Doch das nur am Rande.


    Lieber Harald Kral! Es freut mich, dass Du Dich bemühst, mir auf die Sprünge zu helfen. Auf einem anderen Stren lebe ich nicht. Insofern ist ja vielleicht noch Hoffnung.
    Im ZDF-Theaterkanal habe ich den gesuchten Ballo mit Konya jedenfalls leider nicht bekommen, obwohl er seinerzeit angekündigt war. Wenn ich das jetzt richtig sehe, hatte man ihn wohl für eine Ausstrahlung an mehreren Tagen vorgesehen. An dem Tag, an dem ich eingeschaltet hatte, gab es ihn dann - aus welchen Gründen auch immer - nicht. Stattdessen wurde der Salzburger Ballo unter Solti gesendet. (Es ging übrigens damals darum, dass das Publikum seine Lieblingsopern wählen sollte.) Als ich mich darüber am Telefon beschwerte, war man sehr nett, entschuldigte sich und versprach, mir die gewünschte Aufnahme zu schicken. In der Tat bekam ich wenig später eine CD vom ZDF per Post. Aber da war eben nicht die Aufnahme mit Konya sondern die mit Domingo drauf.
    Nach Deinem Lobpreis der Domingo-Aufnahme, werde ich mir die mal in aller Ruhe anhören. Vielleicht war ich ja damals ungerecht, weil einfach meine Erwartungen enttäuscht waren. Dank Deines Plädoyers soll sie nun eine zweite Chance bekommen.


    Wie ich aber an den Ballo mit Konya kommen könnte, weiss ich immer noch nicht.




    Lieber Caruso,
    als ganz großer, leidenschaftlicher Verehrer von Sandor KONYA möchte ich Dir einen Tip für drei Aufnahmen in deutsch als GA mit ihm geben: Tosca, Aida, La Boheme und als Querschnitt Der Evangelimann.
    Viel Freude damit und herzliche Weihnachtsgrüße
    CHRISSY

    Besten Dank, Chrissy, für den Tipp! Die Tosca und die Bohème habe ich natürlich.
    Die Bohème finde ich toll. Nicht nur wegen Konya sondern vor allem auch wegen Lorengar. Und es ist wirklich schön, wie beide harmonieren und zusammen klingen! Die Tosca mag ich nicht so sehr. Woytowicz war halt schon deutlich jenseits ihrer Glanzzeit und selbst in der dürfte sie kaum eine gute Tosca gewesen sein, Kim Borg ist - wie man heute so sagt - irgendwie im falschen Film. Und Konya singt leider reichlich undiszipliniert und und teilseise mit schwer erträglichen Klischeegesten.
    Von einer Gesamtaufnahme der Aida mit Konya habe ich bisher noch nichts gehört. Ich kenne nur den Querschnitt mit Davy und Konya. Meinst Du den? Ist davon eine Gesamtaufnahme gemacht worden? Oder meinst Du was anderes?
    Den Evangelimann-Querschnitt habe ich natürlich. Sehr schön! Zumindest soweit es um Konya geht.

    Hallo Caruso41,


    nachdem ich Deinen Beitrag gelesen hatte, hörte ich mir - nach langer Zeit - noch einmal "Cielo e mar" von Sándor Kónya an. Es ist wirklich eine der sehr guten Interpretationen dieser Arie, meiner Meinung nach auf gleicher Stufe mit den Aufnahmen von Gigli und Gedda.

    Es freut mich, Manfred, dass Du die Aufnahme Von "Cielo e mar" noch mal rausgeholt und genossen hast.
    In Deinem Beitrag hast Du das Cover abgebildet. Heisst das: die Aufnahme wäre irgendwo am Markt? Ist sie möglicherweise gar als CD veröffentlicht?

    Hallo, Caruso41!


    Ich werde mal versuchen, beim ZDF an verschiedene Opernfilme zu kommen. Mehr als nein sagen können die ja nicht.


    Gruß Wolfgang


    Das klingt ja ganz toll, Wolfgang!!! Hast Du da irgendwie Beziehungen, die Dich hoffen lassen, man könnte tatsächlich an den Maskenball mit Konya kommen? Vielleicht wäre auch denkbar, den Sender dazu zu bewegen, den Film noch mal zu senden? Bin ja gespannt, wie das weitergeht. Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich gar nicht weiss, ob der Film wirklich lohnt und ob Konya da überhaupt gut ist. Ich bin wirklich ein grosser Vereherer von Konya, aber leider sind einige seiner Studioaufnahmen ziemlich undiszipliniert und geschmacklos. Er brauchte immer starke Dirigenten und Partner.



    Hinter dieser Aufnahme bin ich hinterher wie der Teufel hinter der Seele. Die Hamburger Antiquariate kämme ich regelmäßig durch
    und habe da schon oft Erfolg gehabt.


    Bei der Übernahme von einem Label ginge das Original-Cover allerdings verloren, weil von Philips nichts mehr kommt. Die Chance, dass Angehörige im Sterbefall Sammlungen auflösen und die Wunsch-CD dabei ist und im Antiquariat landet, ist realistisch. Damit sie aus dem Gedächtnis nicht verschwinden, speichere ich alle Wunsch-CD Covers in einer Excel-Datei und schaue auch regelmäßig bei Amazon. Monsterpreise zahle ich allerdings nur bis 60 Euro und nicht 260 Euro.


    Das klingt ja schlimm, lieber Engelbert: 260 € für den Oberon mit Gardiner! Muss es denn die Orginalpressung sein? Würde Dir denn eine Kopie der Aufnahme nicht genügen? Ich habe sie und denke, dass sicher auch in Deinem Freundeskreis sie viele haben werden. Sicher ist das Kopieren von Aufnahmen so ein Problem, aber wenn sie denn nicht im Handel sind...



    Noch ein Wunsch ist mir übrigens ganz wichtig: Der NDR hat eine Aufnahme das "Laudate Dominum" aus der der Vesper KV339 von Mozart mit Montserrat Caballé. Freunde der historisch informierten Aufführungspraxis werden entsetzt sein: satter Orchesterklang, fast sämig und ein unglaublich langsames Tempo. Keine Ahnung, wer da dirigiert hat. Vielleicht Moshe Atzmon? Aber wie Caballé das Stück singt, ist schlicht weg magisch. Man muss das einfach mal gehört haben. Ich halte die Aufnahme für eine der eindrucksvollsten, die es überhaupt von Caballé gibt. Es wäre wunderbar, wenn man die auf CD hätte. Es sollte doch möglich sein, sie sie beim NDR loszueisen und irgendwie in einer Zusammenstellung mit Caballé-Aufnahmen zu veröffentlichen!!!


    Eben erst bin ich auf diesen Thread gestoßen. Es hat mich als leidenschaftlichen Verehrer von Sondor Konya doch sehr gefreut, dass er nach wie vor nicht vergessen ist.


    Ich könnte mich zu vielem äußern, was bisher so zusammengetragen wurde, möchte mich aber auf zwei Hinweise beschränken.



    Richtig ist die Bemerkung, dass er 1955 an die Städtische Oper Berlin kam.Allerdings sang er schon in den beiden Speilzeiten zuvor oft "als Gast".
    Es stimmt aber nicht, dass er dort als Lohengrin bekannt wurde. Es hat im Haus an der Kantstrasse keinen Lohengrin gegeben. Und als nach dem Umzug in die Bismarckstrasse dort Wieland Wagner den Lohengrin inszeniert hat, war Konya längst in New York. Lohengrin hat er in Berlin nie gesungen! In der Deutschen Oper sangen die Partie Jess Thomas und später auch James King und Charles Craig.


    Natürlich hat Konya an der Städtischen Oper Puccini gesungen. aber wenn man sich die damaligen Besetzungslisten anschaut, dann wurde er in einem ganz anderen Repertoire eingesetzt. Er sang unter anderem den MAX im Freischütz und den HÜON im Oberon, den RICCARDO im Ballo, den JASON in Medea, zudem sang er slawisches Repertoire: In der Jenufa erst den STEWA und später den LACA, in der Katja Kabanova den BORIS. Er sang sogar Zeitgenössisches: In Menottis "Die Heilige von der Bleeker Street" sang er die männliche Hauptpartie, ich glaube, der hieß MICHELE.


    Es klingt also sonderbar, wenn er nur mit Puccini und Wagner in Verbindung gebracht wird.


    Macht nichts! - Hauptsache er ist in Erinnerung geblieben.
    Vielleicht geht ja dieser Thread noch weiter und bringt jüngere Taminos auf die Idee, mal nach Aufnahmen von ihm zu forschen und sie anzuhören. Da empfehle ich neben den erwähnten diversen Aufnahmen seines Lohengrin und der Kubelik-Aufnahme seines Stolzing vor allem seine hinreißende Aufnahme von Enzos "Cielo e mar", in der er ganz poetisch beginnt und sich zu sinnlicher Glut und leidenschaftlicher Emphase steigert! Leider gibt es sie nur als LP.


    Leider ist der erwähnte TV-Maskenball seinerzeit entgegen den Ankündigungen NICHT ausgestrahlt worden. Ich habe mich damals gleich an die Redaktion gewandt und darüber beschwert. Man reagierte sehr freundlich und schickte mir einen Maskenball mit Domingo, den ich nicht mal zu Ende gesehen habe, weil er mich überhaupt nicht darüber hinweg trösten konnte, dass ich Konyas Riccardo nicht hören konnte.

    Um bei den Tenören zu bleiben: ich wünsche mir eine Veröffentlichung der traumhaften Arien-Platte von Róbert Ilósfálvy - er singt Verdi und Puccini, es begleiten das Orchester der DO Berlin, das Orchester der Bayerischen StO München, Dirigent: Giuseppe Patané.


    Das war damals eine wirklich tolle Platte. Viele hofften danach, Ilosfalvy könnte ein zweiter Björling werden. Wurde er leider nicht aber diese frühe Aufnahme wieder hören zu können, wäre wunderbar. Ich hatte sie als LPs - und finde sie leider nicht. Bei fast 8000 LP hat man keine Chance, wenn man mal eine LP falsch weggestellt hat.




    Zitat


    In den 60er und 70er Jahren gab es wunderbare Opern- und Operettenaufnahmen im Fernsehen, die in den Archiven schlummern und nicht veröffentlicht werden.


    Da fällt mir ein Ballo in Maschera mit Konya als Riccardo ein. Alles anderen Partien weiss ich nicht mehr (Irgendwie habe ich im Hinterkopf Charlotte Berthold und das Kaliber) aber Konyas Riccarddo war unglaublich gut. Noch attraktiver wäre natürlich, wenn man irgendwo einen Mitschnitt der Berliner Ballo-Premiere auftreiben könnte. (Der RIAS hatte die Aufführung seinerzeit mitgeschnitten!) Das war für mich eines der ergreifendsten Opernereignisse, die ich je erlebt habe.


    Amelia: Leony Rysanek
    Ulrica: Irene Dalis
    Oscar: Lisa Otto
    Riccardo: Sandor Konya
    Renato: Dietrich Fischer-Dieskau
    Chor und Orchetser der Städtischen Oper Berlin (Damals in der Kantstrasse)
    Dirigent: Wolfgang Sawallisch


    Rysanek hat in Bayreuth 1967, als viele über Konya mäkelten, weil er als Parsifal nicht so gut drauf war, wehement für ihn Partei ergriffen und gesagt, diese Ballo-Aufführungen mit Konya zählten für sie zu den Höhepunkten ihrer eigenen Karriere und sie habe nie einen besseren Riccardo erlebt. Ich würde ihn da voll bepflichten obwohl ich später immerhin so gute Tenöre wie Bergonzi und Pavarotti wiederholt hören konnte. Aber Konyas Verbindung von unverschämt schönem Timbre, herrlich mühelosem Bewältigen der sängerischen Anforderungen der höchst diffizilen Partie und genauer Erfassung des Charakters war einmalig!

    Beim Lesen der Threads in den verschiedenen Themenbereichen des Forums bin ich immer wieder auf Hinweise gestoßen, dass es von geschätzen Künstlern Aufnahmen in den Archiven der Plattengesellschaften oder Rundfunkanstalten gibt, die leider am Markt nicht greifbar sind.


    Wir können uns ja in diesen Zeiten nicht wirklich beklagen. Es kommen ständig Aufnahmen oder Mitschnitte auf den Markt, auf die wir schon lange warten, weil wir sie früher als LP oder auf Cassette hatten und sie uns immer lieb und teuer waren. Und es kommen sogar reichlich Aufnahmen und Mitschnitte, von denen wir überhaupt noch nichts gehört hatten. An Unverhofftem und Überraschendem ist eigentlich kein Mangel.


    Und doch haben wir tief im Herzen Wünsche, die leider bisher noch nicht erfüllt wurden.


    Was haltet Ihr davon, wenn wir mal versuchen, unsere Wünsche auf Listen zusammenzustellen? Ich weiss nicht genau, wo das Thema richtig platziert wäre. Deshalb habe ich es hier an einen ganz allgemeinen Platz gestellt. Vielleicht hat ja der Administrator einen besseren?
    Ich fange einfach mal an, eine Handvoll Wünsche aufzuschreiben. Vielleicht regt das an, weitere Wünsche anzufügen. Vielleicht weiss aber auch einer von Euch Taminos, dass die von mir gesuchten Aufnahmen längst schon verfügbar sind.


    Zunächst ein paar Sängeraufnahmen, die ich nur auf alten LPs habe und kaum noch hören kann, da sie ganz abgespielt sind:


    Pilar Lorengar (25cm-LP von EMI) singt u. a. die Arie des Pilpatoe aus Grauns "Montezuma", von Mozart die Pamina-Arie und die Arie der Ilia aus "Idomeneo" sowie die Arie der Freischütz-Agathe von Horst Stein begleitet. Das sind ganz frühe Lorengar-Aufnahmen, die zu ihren schönsten gehören.


    Wieslaw Ochman (30cm-LP von DGG) auf dieses Recital mit Arien von Verdi und Puccini hatte ich schon kurz im Ochman-Thread hingewiesen. Zumal die Verdi-Arien gehören zu den besten Tenor-Aufnahmen der 50er und 60er Jahre!


    Ludmilla Dvorakova (30cm-LP von Supraphon) singt Ausschnitte aus Werken von Wagner, teilweise zusammen mit Ernst Gruber. Alle späteren Aufnahmen von Dvorakova können mit diesen Einspielungen nicht mithalten. Die Stimme klingt hier noch wurderbar unverbraucht.


    Sandor Konya (30cm-LP von DGG) mit einem ziemlich gemischten Programm. Nicht alles darauf ist wirklich voll gelungen, aber eine Wiederveröffentlichung würde sich allein wegen Enzos "Cielo e mar" lohnen, das kein Tenor seither ähnlich poetisch gesungen hat. Neben Stolzing und Lohengrin singt Konya auch Nemorino, Vasco, Radames, Lyonel, Herzog und Manrico - teils in deutsch, teils in italienisch.
    Die Aufnahmen müssten Ende 1959/Anfang 1960 gemacht worden sein!


    Reiner Goldberg als Hüon (Produktion des DDR-Rundfunks) in einer Gesamtaufnahme von Webers "Oberon" unter Herbert Kegel. Da kann man hören, was für einer hinreißend schöne Stimme der junge Goldberg hatte und warum er zu den größten Hoffnungen Anlaß gab. Die übrigen Solisten sind nicht auf dem gleichen Niveau, aber sie bilden ein abgestimmtes Ensemble und Kegel war ein Weber-Interpret, der kaum seinesgleichen hatte.


    Und dann noch eine Rundfunk-Aufnahme einer kompletten Oper:


    Haydns "Armida" mit der Janowitz in der Titelpartie. Ich erinnere mich nicht mehr, wer da sonst gesungen hat. Möglicherweise Thomas Moser? Dirigiert hat wohl Gabriele Ferro. Aber auch da bin ich mir nicht wirklich sicher.


    Und da ich gerade bei Janowitz bin. Es gab mal auf einem Piraten-Label


    Verdis "Attila" mit Janowitz, Tagliavini, Wixell und van Dam unter Patané. Das war ein Mitschnitt der Premiere aus der Deutschen Oper Berlin und zeigt alle vier Solisten in sensationeller Form.


    Natürlich habe ich noch etliche Wünsche, aber jetzt sollen erste mal andere Taminos ihre Vorschläge machen!


    Ich bin gespannt!

    Nun aber mein eigenes Empfinden: Nimmt man die Bedeutung des Opernlebens für eine Stadt oder gar ein ganzes Land, die Zahll der Opernfreunde und die grenzenlose Identifikation der Fans für ihre Stars, die Zahl der Aufführungen, die Auslastungsquote, und die allgemeine Begeisterung für die Oper dann darf Wien den Titel Opern-Hauptstadt verdient für sich in Anspruch nehmen.

    Ja, Operus, da triffst Du einen wichtigen Punkt. Weder in Berlin oder Hamburg und schon gar nicht in Düsseldorf, Essen oder Hannover ist Oper eine Angelegenheit, die die ganze Stadt - womöglich noch ihr Umland - interessieren würde.
    Das ist in Wien definitiv der Fall.
    Und auch in München gibt es ein weit verbreitetes Interesse für die Bayerische Staatsoper (allerdings kaum für das Staatstheater am Gärtnerplatz). Das führt dort nicht selten zu einer unkritschen Überidentifikation. So werden denn höchst mediokre Leistungen nicht selten geradezu hysterisch bejubelt.
    In Berlin gibt es natürlich eine Opern-Gemeinde. Genauer gesagt: es gibt drei Operngemeinden (Das ist noch mal ein anderes Thema). Aber die Berliner Presse entwickelt so gar keinen Ehrgeiz, die Berliner Opern besonders herauszustreichen. Und die breitere Öffentlichkeit nimmt nur sehr am Rande wahr, was in den Opernhäusern geplant und geleistet wird. Hätte man in Berlin so ein "Mir san mir"-Attitüde wie in München, wäre die allgemeine Einschätzung der Leistungen der drei großen Berliner Opernhäuser (worum werden die beiden kleinen meistens gar nicht mehr erwähnt?) sicher viel positiver.

    Opernhauptstadt ist und bleibt das Ruhrgebiet. Unter Opernhauptstadt verstehe ich jetzt mal das, was den Opernfreund am meisten interessiert und wo er die meisten Aufführungen sehen kann, und das zu bezahlbaren Preisen, denn nicht alle Opernfreunde sind reich genug, sich teure Karten und eine weite Anreise samt Hotel leisten zu können. Ich will die Meriten und den Standard von Wien, München, Berlin und Hamburg natürlich nicht negieren. Aber ich zähle jetzt mal die Opernhäuser auf, die für mich mit Wohnsitz in Mülheim an der Ruhr im Bereich einer Autostunde oder Zugstunde liegen (das sind ja Entfernungen, die man in München, Berlin oder Wien auch schon mal hat): die Spitzenhäuser sind natürlich Essen und die Deutsche Oper am Rhein mit Düsseldorf und Duisburg, neuerdings auch Köln wieder. Dann ein paar tolle Provinzhäuser wie Dortmund, Gelsenkirchen, Krefeld, Mönchengladbach, Aachen, Bonn, Münster, Hagen, Wuppertal. Diese Häuser bieten neben manchmal mittelmäßigen Vorstellungen (gilt für die großen Häuser auch) regelmäßig tolle Aufführungen, auch von selten gespielten Opern (hier im forum wird ja viel darüber berichtet - und nicht nur von mir). Die günstigsten Preise liegen häufig unter 10€, für 20-30 sitzt man fürstlich. Und, das ist für mich ganz wichtig: es gibt fast immer noch Karten, sogar, wenn man erst abends zur Kasse kommt. Mit Essen (Aalto-Bau) und Gelsenkirchen (Architekt Ruhnau) haben wir zudem zwei der schönsten Theaterbauten der Republik.


    Das ist ein richtig gutes Argument. Für viele Opernfreunde kommt es entscheidend darauf an, möglichst interessantes Repertoire angeboten zu bekommen. Und da ist das Ruhrgebiet mit seinen vielen Opernhäusern, von denen ja einige ziemlich wagemutig sind, wirklich Spitze!


    Ich habe immer wieder die Reise zu der einen oder anderern Aufführung in Essen oder Dortmund, Aachen oder Hagen auf mich genommen (für mich ist das mehr als eine Stunde!) und war immer wieder davon angetan, dass man hier Werke hören konnte, an die sich die großen Bühnen mitunter gar nicht heranwagen. Und in der Tat waren die Aufführungen auch oft wirklich gut. Natürlich spielt in Hagen nicht die Staatskapelle Berlin und man hört in Krefeld nicht den Chor der Deutschen Oper Berlin. Oft begegnet man aber Sängern, die stimmlich und gesanglich ihren Partien voll gewachsen sind und absolut überzeugende Portraits ihrer Figuren anbieten. Da die Häuser kleiner sind, können oft auch Sänger in Partien eingesetzt werden, für die sie an größeren Bühnen nicht in Frage kämen. So hört man dann mit Staumen immer wieder Leistungen, die glatt die hoch gehandelten Stars in München, Hamburg oder Wien ausstechen. Ein frappierendes Beispiel war für mich etwa in Gelsenkirchen Christopher Lincoln als Arnold in Guillaume Tell und Enee in Les Troyens. Da könnte ich noch viele weitere Beispiele anführen.
    Ich selber bin in Berlin aufgewachen und habe dann lange in München gelebt. Damals habe ich mir nicht vorstellen können, dass man "in der Provinz" (und das war eigentlich für mich alles ausser Berlin, Wien, München und - allenfalls noch - Hamburg) große und eindrucksvolle Opernaufführungen hören könnte. Das sehe ich heute ganz anders nachdem ich viele nach wie vor unvergessene Abende in kleinen Häusern erlebt habe. Wer zum Beispiel in den 80er und frühen 90er Jahren in Bielefeld die Wiederentdeckungen zuvor nirgends gespielter Opern von Schreker, Zemlinski, Stephan, Korngold, Delius, Meyerbeer, Halevy, Boito, Leoncavallo und vielen anderen Komponisten erlebt hat, wird zugeben müssen, dass es dort Leistungen zu bewundern gab wie man sie in den Metropolen leider allzu selten bekommt. Ein besonders schlagendes Beispiel: Dew hat LA JUIVE zunächst in Bielefeld, später auch in Wien und London gemacht. Aber so unmittelbar beeindruckend wie die Bielefelder Aufführung waren die viel opulenter ausgestatteten und prominenter besetzen Produktionen an der Donau und an der Themse nicht. In Bielefeld sangen damals Christine Weidinger (Rachel), der so tragisch früh verstorbene James O'Neill (Elesazar) und der noch ganz junge Gideon Sacks (Kardinal). Tut mir leid: damit konnten selbst so renommierte Stars, wie sie in Wien aufgeboten wurden, nicht mithalten. Aber das glaubt vermutlich niemand, für den Bielefeld in the middle of nowhere liegt.

    Guten Abend!


    Warum René Pape aus dem "Ring" aussteigt, wird wohl nicht unbedingt stimmliche Gründe haben. Ich habe ihn mehrmals als Sarastro gehört und hatte nichts an der Stimme auszusetzen. Das er kein "schwarzer" Baß ist, muß nicht unbedingt ein Nachteil sein. Das beste Beispiel war wohl Franz Crass, der mit seinem Baßbariton Rollen vom Osmin, Sarastro bis zu den Bösewichtern in "Hoffmanns Erzählungen" alles singen konnte. Meiner Meinung nach ist Pape für den Wotan prädistiniert aufgrund seiner Stimmlage. Warten wir mal seine weitere Entwicklung ab.


    Gruß wolfgang


    In einem anderen Thread hatte ich schon darauf hingewisen, wie großartig Pape Wotans Abschied im Schlußkonzert des Schleswig-Holstein-Musikfestivals 2008 gesungen hat. Begleitet hat ihn das NDR Sinfonieorchester unter Alan Gilbert. Da ich von der Aufführung seinerzeit so begeistert war, habe ich mir die Rundfunkübertragung später auf CD gebrannt und schon sehr oft angehört. "Dieser Augen leuchtendes Paar..." hat vielleicht seit Bockelmann keiner so klangschön und mit so viel Wärme gesungen wie Pape an diesem Abend. Aber auch den Schluß hat er mit herrlicher - oder besser: wahrhaft göttlicher Stimmpracht und großem Pathos höchst eindrucksvoll gesungen. "...durchschreitet das Feuer nie!" in einer Phrase (also ohne den üblich gewordenen Zwischenatmer) und als mächtig sich aufgipfelndes Crescendo. Unvergesslich!!!An keiner Stelle waren Zeichen der Anstrengung oder Überforderung zu hören - obwohl er zuvor immerhin den Fliedermonolog des Hans Sachs gesungen hatte. Nirgends hat Pape drücken oder forcieren müssen und mit seiner wundervollen gestalterischen Intelligenz sind ihm schier unvergesslich schöne und sehr persönlich gefärbte Momente gelungen. Keine Frage: da ist ein ganz großer Wotan zu erwarten. Vieleicht wird es den dann im Frühjahr unter Barenboim in Berlin geben.


    In Berlin hat er ja in den letzten Jahren eine Fülle von Partien gesungen. Ich hatte das Glück, ihn als Leporello, Sarastro, König Heinrich, Boris Godunow, Mephisto in Gounods Faust und noch etlichen weiteren Partien zu hören. Das war immer erste Klasse. Nur als Don Giovanni konnte er nicht überzeugen. Die Partie ist ihm wohl von seiner ganzen Persönlichkeitsstruktur her fremd und auch die Stimme hat sich da nicht wirklich wohl gefühlt.

    Zitat


    von Manfred


    Von Bruno Prevedi gibt es einen Livemitschnitt des Troubadours aus Covent Garden London unter Carlo Maria Giulini. Seine Partner sind Gwyneth Jones, Giulietta Siminonato, Peter Glossop und Joseph Rouleau. Hier kann er mich nicht überzeugen, nicht weil er die Stretta transponiert, sondern weil er - zumindest an diesem Abend - Schwierigkeiten mit den heldischen Momenten Manricos hat. Du hast Recht, Bergonzi hat die Stretta auch häufigt transponiert, aber wenn er sie in C-Dur sang, dann war das perfekt. An solchen Tagen schloss er sogar das Terzett "Di geloso amor sprezzato" im 1. Akt mit einem schlanken, gut fokussierten hohen Des ab! Bei Bonisolli gebe ich Dir wieder Recht: der hatte keine Probleme mit den heldischen Momenten oder den Spitzentönen, dem fehlte die Eleganz im lyrischen Bereich ("Ah si ben mio") - vom nicht ausgeführten Triller (herrlich: Björling, tlw.auch Bergonzi u. Domingo) ganz zu schweigen.


    Ja, lieber Manfred, die heldisch Passagen des Manrico waren nicht unbedingt Prevedis Stärke. Aber so in den frühen 60er Jahren war er da schon auch durchaus überzeugend. Die Stretta allerdings war nicht sein Ding. In C-dur hat er sie meines Wissens nie gesungen und auch transponiert klang sie meist nicht zündend, weil seine Attacke zu träge war, er rhythmische nicht pointieren konnte und vor allem den squillo vermissen liess, den das Stück braucht.
    Trotzdem: Seine Stärke lag in den eher lyrischen Passagen und da klang seine Stimme oft sehr reizvoll und seine Phrasierung war nie so phantasielos wie die von Bonisolli.


    Aber natürlich war Bergonzi eine andere Klasse! Für mich rangiert er auf einer Stufe mit Björling und Corelli. Ist es nicht wunderbar, so unterschiedliche Interpretationen der Partie zu haben? Mich haben Corelli und Bergonzi - jeder auf seine Art - oft auf der Bühne live überzeugt und auch ihre Aufnahmen höre ich immer wieder gerne. Björling kenne ich leider nur durch die Aufnahmen und Mitschnitte. Den hätte ich zu gern auch live gehört - aber leider hat sich eine Chance dafür nicht ergeben.


    Bei der Gelegenheit noch eine Anekdote: Als die Römische Oper - ich glaube es war 1961 - in Berlin mit dem Trovatore gastierte, sang Corelli eine so unglaublich srahlende und in ihrer Verve überrumpelnde Stretta, dass das Publikum fast eine halbe Stunde vor Begeisterung tobte. Ein guter Freund von mir sagte damals: "in der Zeit hätte Schock sie viermal gesungen". Corelli ließ sich aber zu einer Wiederholung nicht hinreißen. Dafür hat er dann im vierten Akt eine schier unglaubliche Leistung gebracht. Deshalb gab es am Ende so viel Jubel, dass ein Klavier auf die Bühne geschoben werden musste und Corelli italienische Canzonen als Zugaben gab. Ja, das waren Zeiten!

    Einverstanden - und die Frau Maier hat einige Auseinandersetzungen mit dem "Inszenierer" Guy Cassiers. Aber ich bin weiter gespannt was da passiert ist . ?(


    Weiss jemand, warum der ursprünglich angesetzte Rene Pape nicht den Wotan sang? Vielleicht hätte er es etwas herausgerissen. In Hamburg hat er unter Alan Gilbert Wotans Abschied im Konzert gesungen. Zugleich wirklich imponierend und berührend! Ein ganz grosses Versprechen!

    Habe Bonisolli oft als Manrico gehört, in Berlin an der Deutschen Oper und anderswo. Irgendwie war es immer ganz eindrucksvoll aber eben auch nur irgendwie. Es gibt in der Partie viele Passagen, die lyrisch gesungen werden müssen und dafür fehlte Bonisolli schon Einiges. Seine Phrasierungen waren selten besonders erlesen und die Fähigkeit zum Modulieren und Kolorieren von Phrasen war ihm nicht gegeben. Das zeigt seine Aufnahme unter Karajan leider schmerzlich. Nicht dass er zu laut singt, stört mich in erster Linie sondern dass er zu eintönig singt.
    Die Alternativen damals in Berlin waren der bereits genannte und gerühmte Franzisco Lazaro (Hinreißend vor allem immer in vierten Akt), der wohl noch nicht eigens erwähnte Bruno Prevedi und vor allem Carlo Bergonzi. Alle drei waren mir lieber als Bonisolli - auch und besonders Bergonzi, der zwar bestimmt nicht durch ein mächtiges Hohes 'C' überrumpeln konnte (meist die Stretta auch gar nicht in C-dur sang), dem man aber glaubte, dass er ein Troubadour ist!

    Hi, liebe Melomanen!


    Ganz toll, dass hier so viel über Wieslav Ochman zusammengetragen wird.
    Das war wirklich ein ganz aussergewöhnlicher Künstler.


    Wenn ich das nicht übersehen habe, ist bisher noch gar nicht auf sein Recital bei der DGG hingewiesen worden:


    Wieslaw Ochman singt Opern-Arien von Verdi und Puccini
    Orchester der Hamburgischen Staatsoper Dirigent: Marek Janowski

    SEITE 1:
    TOSCA
    Recondita armonia / E lueevan le stelle


    LA FANCfuLLA DEL WEST
    Das Mädchen aus dem goldenen Westen
    Ch'ella mi ereda libero e lontano


    MANON LESCAUT
    Donna non vidi mai / Che avvien - Ah, non v'avvicinate , .. Guardate, pazzo son
    mit Franz Grundheber, Bariton


    TURANDOT
    Non piangere, Liul

    GIANNI SCHICCHI
    Firenze e eome un'albe,ro fiorito


    SEITE 2:


    RIGOLETTO
    Ella mi fu rapita / Parmi veder le laerime


    I VESPRI SICILIANI Die sizilianische Vesper
    ehe resta a me di speme / 0 tu ehe ho si eara


    LUISA MILLER
    Ohr fede negar potessi / Quando le sere al placido


    UN BALLO IN MASCHERA Ein Maskenball
    Forse la soglia attinse / Ma se m'e forza perderti


    Leider etwas wenig für eine CD - aber die DGG sollte die Aufnahmen unbedingt wieder veröffentlichen!!!


    Man muss natürlich zugeben, dass die Stimme gewisse Grenzen - vor allem in der Höhe - hatte, aber er gleicht das mit seiner vorzüglichen Technik, seiner musikalischen Intelligenz und seiner gestalterischen Intensität mehr als aus. Für mich ist etwa die Aufnahme der Arie des Rodolfo aus LUISA MILLER eine der überzeugendsten Einspielungen, die ich kenne. Und wer hätte den dramaturgischen Sinn der Arie des Herzogs aus RIGOLETTO ähnlich stimmig erfasst?

    Von seinen vielen Recitals bei MUZA ist das POLSKI ARIE OPERONE besonders attraktiv. Neben bekannten Arien von Moniuszko (HALKA und STRASNY DWOR) singt er auch weniger bekannte von Nowowiejski (LEGENDA BALTYKU), Paderewski (MANRU), Statkowski (MARIA) und ZELENSKI (GOPLANA und JANEK) Wirklich ohne alle Einschränkung großartig!!! Weiss jemand, ob die inzwischen auf CD erschienen sind?


    Noch ein Hinweis: Der WDR hat ziemlich viele Aufnahmen von ihm, die immer mal wieder gesendet werden. Einiges davon habe ich mir mitgeschnitten. Besonders toll Siegmungds "Winterstürme" aus WALKÜRE und das Terzett aus LOMBARDI mit van Jüten und Stamm. Es wäre wundervoll, wenn man die mal irgendwo veröffentlichen könnte.


    Last not Least: Aus dem Internet kann man einen MP3-Mitschnitt von Verdis VESPRI von 1982 oder 83 herunterladen, auf dem Ochman den Arrigo singt (neben Scotto, Elvira und Raimondi) Leider machen ihm da die Höhen schon so seine Probleme. Aber dafür entschädigen wieder viele wunderschön gesungene und klug gestaltete Passagen.




    Und noch eine Frage: Kennt Ihr den großartigen Vorgänger Ochmans: Bogdan Paprocki? Eine sehr lohnende Begegnung!!

    Fazit: Eine gute Aufnahme, dank Pavarotti auch eine sehr gute Aufnahme. Und wenn Milnes als Scarpia ein bisschen böser wäre, dann wäre es wirklich eine Aufnahme für besondere Tosca-Stunden


    Ich weiss nicht, aber Freni und Milnes sind meilenweit von dem, was ich in Tosca erwarte. Vor allem stört mich aber Rescigno!


    Neben der Sabata-Aufnahme, die für mich den Massstab setzt, empfehle einen Mitschnitt von Bella Voce:


    Tosca: Pilar Lorengar 5++
    Cavaradossi: Franco Tagliavini 4,5
    Scarpia: Ingvar Wixell 5
    Angelotti: Jose van Dam 5


    Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin


    Dirigent: (der noch ganz junge und mitreißend feurige) Lorin Maazel 5+


    Das Aufregende ist das gegenseitige Befeuern von Dirigent und Sängern, die alle vier zu der Zeit auf ihrem Höhepunkt sind und in der Konstellation bereits viele Aufführungen zusammen gesungen haben!


    Aber leider ist die Aufnahme zur Zeit wohl in Deutschland nicht im Handel!


    Label:Bella Voce
    Catalog No: BVC 7238
    Format: CD
    Release Date: 2000-06-01
    Number of Discs: 2
    Running time: 2 hr. 24 min.
    UPC Code: 675754221027


    Man bekommt die Aufnahme unter anderem bei hbdirect.com

    Nein, über die Welthauptstadt der Oper kann ja nun wirklich niemand von uns reden. Da fehlt denn doch den meisten von uns die Möglichkeit zur kontinuierlichen Beobachtung der verschiedenen Opernhäusern aller in Frage kommenden Städte.


    Ich bin beruflich immer viel herumgekommen und habe meist die Gelegenheit genutzt, in die Oper zu gehen. Da macht man dann die erstaunliche Erfahrung, dass man mitunter in Münster eine bessere Walküre bekommen kann als in Bayreuth oder Wien (Ist schon eine Weile her - das war zu einer Zeit als Herlitzius, Frantz und Struckmann noch unbekannt und vor allem noch jung und richtig gut waren!!)
    Man hört aber auch eigentlich überall gute und schlechte Aufführungen - meist allerdings mittelmäßige! Nur: es gibt schon Häuser, an denen die Wahrscheinlichkeit für eine musikalisch starke Aufführung größer ist als an anderen. Die Frage wäre dann: lohnt es, eigens für eine Aufführung nach Zürich oder Kopenhagen, Stuttgart oder Essen zu fahren, oder doch eher nicht. Ich habe den Eindruck, dass die Hochzeiten, die einzelne Häuser haben, selten wirklich lange dauern. Brüssel etwa war mal richtig interessant als da Mortier und Cambreling gearbeitet haben, dann kam eher eine flaue Zeit, jetzt wird die Arbeit wieder attraktiver. Auch kleinere Bühnen haben oft erstaunliche Konjunkturen. Eine Zeit lang etwa Bielefeld, dann Bremen, dann Kassel. Da arbeiten dann oft Leute mit enormem Einsatz, viel unverbrauchter Kreativität und mitreißendem Elan. Und sie wagen etwas! Wann würde schon mal an der Met oder in Paris etwas gewagt?


    Ich habe den Eindruck - um nun aufs Thema zurückzukommen - dass in Berlin oft nicht so viel gewagt wird wie etwa in Frankfurt oder in Stuttgart. Aber die Professionalität ist an den drei berliner Opernhäusern schon beeindruckend hoch. Die Staatsoper und die Deutsche Oper haben ja alle ein wenig im Blick und wissen, welche tollen Orchester, was für gute Chöre, welche interessanten Dirigenten dort arbeiten und was man von den Sängern erwarten kann. Aber sonderbarerweise wird die Komische Oper oft übersehen. Immerhin haben dort in den letzten 15 Jahren Dirigenten wie Kreizberg, Vladimir Jurowski, Petrenko und Markus Poschner ein Niveau garantiert, wie es - der Himmel sei's geklagt - an den renommierteren Häusern oft nicht selbstverständlich ist. Und bei den Inszenierungen wird meist wirklich etwas gewagt (wenn auch nicht durchweg etwas gewonnen!)


    Natürlich ist die Parole, Berlin sei die "Hauptstadt der Oper" großsprecherisch - aber eine Reise ist es alle Male wert! Zumal wenn man nicht nur in Staatsoper und Deutsche Oper geht, sondern sich auch mal in die Komische Oper, die Neuköllner Oper und in die Zeitgenössische Oper traut.


    Mit Wien kann ich leider gar nicht vergleichen. Da war ich seit 5 Jahren nicht mehr. Und vorher habe ich oft gute Sänger aber selten spannende oder rundum überzeugende Aufführungen gehört.
    München? Habe ich oben ja schon was zu gesagt. Es geht da nicht mehr so träge zu wie in der Sawallisch-Zeit und nicht mehr so glamourös oberflächlich wie in der Mehta-Zeit. Aber irgendwie habe ich immer den Eindruck, dass man dort irgendwie reichlich selbstzufrieden ist. Und das Publikum bejubelt Vieles, was eigentlich eher nicht so aufregend ist. Vielleicht, weil man so viel für die Karten gezahlt hat?


    Nichts für Ungut!

    Solche Aufführungen, wie man sie in Berlin in den 60er und 70er Jahren hören konnte, wird man heute weder dort noch anderswo so leicht erwischen. Da dirigierten Maazel, Böhm und Jochum regelmäßig; Abbado und Karajan waren nicht so ganz seltene Gäste. Und es gab ein Ensemble, zu dem unter anderen Grümmer, Lorengar, Mathis, Ludwig, Lear, Janowitz, Ligendza, King, Jess Thomas, Aragall, Cioni, Tagliavini, Cossutta, Haefliger, Stewart, Montefusco, Wixell, Herlea, Fischer-Dieskau, Neidlinger, van Dam, Tom Krause, Greindl, Talvela gehörten - und zudem noch manch einer, von dem man heute ganz verkärt schwärmt! Die entscheidende Qualität schien mir immer, dass diese Topsänger ein gut abgestimmtes und aufeinander eingespieltes Ensemble bildeten.


    Schon in den 80er Jahren musste man sich an der Bismarckstraße darauf einstellen, dass man solch gute Sänger nur noch für bestimmte Aufführungen und begrenzte Zeit ans Haus binden konnte.
    Heute gibt man sich in allen drei großen Häusern in Berlin durchaus weiterhin Mühe, ein ordentliches Ensemble aufzubauen, aber die Sängerinnen und Sänger, die wirklich aussergewöhnliche Qualität bringen, muss man immer wieder viel zu schnell ziehen lassen. Einen Pape oder einen Breslik konnte man nicht dauernd fest an der Staatsoper halten, und eine Bell oder Bengtson gingen der Komischen Oper auch viel zu früh verloren.


    Wenn Du, lieber Bernward, sagst, die bayerische Metropole habe aufgeholt, mag das insoweit stimmen, als man dort aussergewöhnliche Aufführungen hören kann - zuletzt gefielen mir etwa die Jenufa unter Petrenko oder die Rusalka durchaus gut. Aber mich enttäuscht an der Bayerischen Staatsoper immer wieder die Qualität der Solisten in den mittleren und kleineren Partien. Da merkt man dann doch schmerzlich, dass die Basis eines eigenen Ensembles fehlt.


    Und das Theater am Gärtnerplatz tut nun wirklich nicht allzu viel, um München als Opernstandort zu profilieren.


    LG, Jörg

    In der Berliner Premiere von "Les Troyens" sang Beatrice Uria-Monzon die Dido! Sie war schon im frühen Herbst als Besetzung anstelle der ursprünglich vorgesehenen Kate Aldrich angekündigt. Dass Deutschlandradio Kultur diese Besetzungsänderung nicht mitbekommen hat. ist schon etwas verwunderlich. Es gab übrigens auch in einigen kleineren Partien noch Umbesetzungen.


    Trotzdem lohnt es sicher, die Übertragung einzuschalten. Storey stemmt sich wacker durch die Partie und Uria-Monzon singt durchaus akzeptabel. Eine Verrett oder Veasey, Norman oder gar Crespin ist sie nicht! Das Interessanteste an der Aufführung sind sicher die Leistungen von Orchester und Chor unter dem famosen Donald Runnicles, der das berloz'sche Idiom wunderbar trifft.

    Ich war gerade mal wieder ein paar Wochen in Berlin und habe mich amüsiert, dass an allen Litfaßsäulen Plakate hingen, auf denen typisch berlinisch behauptet wurde, Berlin sei "Die Hauptstadt der Oper".


    Und dann habe ich etliche Aufführungen gehört: in der Staatsoper, die jetzt ja im Schillertheater spielt, in der Komischen Oper, in der Neuköllner Oper und last but not least in der Deutschen Oper. Natürlich ist die Fülle und Breite des Angebots einfach imponierend. Und man hört zumindest in der Deutschen Oper und in der Staatsoper auch fantastische Orchester, zudem in der Deutschen Oper einen absolut konkurrenzlosen Chor. Auch begegnet man nicht wenigen Dirigenten, die einer Aufführung Profil geben.


    Aber wie viele wirklich große Leistungen von Sängern werden heute geboten? Um ehrlich zu sein: da sieht die Bilanz etwas ernüchternd aus. Wenn man höchste Maßstäbe anlegt, konnte man eigentlich nur mit der Leistung von Petra Lang zufrieden sein, die als Cassandre in "Les Troyens" hinreißend gesungen und sehr intensiv gestaltet hat. Andere Solisten waren immerhin befriedigend oder sogar gut. In der Komischen Oper bekam man in Glucks "Armida" eine eindrucksvolle Ensembleleistung - aber herausragend war keiner der Solisten. Nun geht es mir in Amsterdam oder London, Essen oder Zürich meist kaum besser. Insofern ist ja vielleicht die fröhlich großsprecherische Parole Berlin sei "Die Hauptstadt der Oper" vielleicht doch gar nicht so abwegig.


    Mich würde mal interessieren, wie Ihr das seht? Was hab ihr für Erfahrungen gemacht an der Spree. Und wo ist es eigentlich besser?