Beiträge von nubar

    Hallo Heinz,


    dass das Quartett 1940 entstanden ist, ist mir neu. Zwei Quellen von mir sagen da etwas anderes. Die umkehrbaren Rythmen werden von Messiaen übrigens sehr oft benutzt. Es ist ja eigentlich die Kombination eines Rhythmuses mit seinem Krebs 8). Trotzdem danke für deine Erläuterung. Du hast vollkommen Recht, die orchestrale Pracht steht natürlich in der Tradition der französischen Impressionisten, sprich Debussy und Ravel. Zu den angehängten Notenwerten: Diese werden von Messiaen ebenfalls oft gebraucht und bewirken beim Hörer, dass er dort eine vermeintliche Unordnung hört, wo höchste Ordnung und Disziplin in der Komposition ist. Und zur seriellen Musik: Wie kann ich denn bitte all die musikalischen Einflüsse wie Messiaen umsetzen, wenn ich seriell komponiere? Antwort: Nicht machbar! Deshalb die große Besonderheit der Modi! Die lassen nämlich im Gegensatz zu Reihen Tonwiederholungen zu und sind auch nicht auf 12 Töne begrenzt, sondern meistens auf 36.


    Grüße
    nubar

    Ja, ich kenne und höre Klezmermusik gerne, bloß habe ich noch einen kleinen Komplex, da meine Eltern mich eine Zeit lang während langer Autofahrten damit zugedeckt haben. So kam es, dass ich es ablehnte, zu einem Konzert mit Giora Feidman und Matthias Eisenberg zu gehen, was ich aber heute zutiefst bedauere ;(. Da ich aber zur Zeit kaum hinterher komme mit der Klassik und auch noch gerne Jazz höre, ist Klezmer momentan einfach nicht auch noch zu hören, aber wenn die Gelegenheit da ist, nutze ich sie.


    nubar

    Liebe Williamshörer,


    von der Londoner besitze ich zwei Aufnahmen, einmal aus Boults erster Gesamteinspielung der Sinfonien in den 50igern, die übrigens die beste sein soll, und Andrew Davis Interpretation von 1993. Natürlich ist letztere Aufnahme technisch um Welten besser, kommt aber interpretatorisch nicht an Boult heran, auch wenn es dort schon einmal im Orchester klappert. Lediglich im 2.Satz "Lento" ist Davis aufgrund des besseren Klangs für mich eine Alternative, obwohl ich trotzdem nicht auf Boult verzichten könnte, zumal der Mono-Klang! sehr ordentlich ist.


    @Gerrit:


    Deine Ausführung ist sehr schön und umfangreich, aber lassen wir doch mal den Komponisten über seine liebste Sinfonie sprechen:
    "Alles steht und fällt damit, dass dieses Werk als absolute Musik für sich selbst sprechen soll. Wenn der Hörer also Ähnlichkeiten mit dem Glockenspiel von Westminster (1. und 4.Satz) oder mit der Lavender Cry (2.Satz) feststellt, sollte er darin zufällige Übereinstimmungen sehen, die keine wesentliche Bedeutung für das Werk haben."
    So sprach W. dann auch von der Sinfonie eines Londoners anstatt "London Symphony".


    Grüße
    nubar

    So hier also nun gleich eine Messiaen-Fortsetzung auf sinfonischen Gebiet.
    Die Turangalila-Sinfonie ( 1946-48 ) ist Bestandteil der sogenannten "Triologie von Tristan und Isolde", komponiert von Olivier Messiaen (1908-1992). Das Werk für großes Orchester, Klavier und Ondes Martenot beschäftigt sich in 10 Sätzen mit den vielen Facetten der Liebe. Der Name stammt aus dem Sanskrit, die genaue Übersetzung weiß ich aber leider nicht , vermute aber mal Liebe :D.
    Da ich nur eine Einspielung des Werkes mit Salonen besitze und es für nötig halte, mehrere Einspielungen zu besitzen, ehe ich mich über diese Musik äußere, bin ich nun gespannt auf eure Meinungen und Empfehlungen. Mehr zum Komponisten und seine Musik ist ja im Kammermusikthread zu erfahren.


    Grüße
    nubar

    Hallo Taminoianer,


    ja was verbirgt sich denn hinter diesem Titel?


    Er sagt es ja eigentlich schon, nämlich besagtes Quartett von Olivier Messiaen. Da ich annehme, dass viele von euch ihn garnicht oder nur oberflächlich kennen, hier eine kurze Einführung.
    Messiaen ist einer der wichtigsten Komponisten des 20.Jahrhunderts. Das Prinzip der Reihentechnik, entwickelt von Arnold Schoenberg (2.Wiener Schule), hat M. als erster auf alle Parameter übertragen. Vollkommene Anwendung fand dies zum ersten Mal in der rythmischen Etüde "Mode de valeurs et d'intensites" für Klavier 1949. Bei den Darmstädter Ferienkursen, das Mekka für avandgardistische Komposition, 1950 aufgeführt, sorgte das Stück für Furore, so dass viele junge Komponisten zu M. nach Paris kamen, um von ihm unterrichtet zu werden. Die neue Technik, genannt Seriellismus, dominierte die nächsten 10 Jahre die Szene. M. wurde zum Vater der heutigen Avandgarde. Bei ihm studierten (er war Professor für Harmonielehre, Analyse, Rythmus und Ästhetik am Pariser Conservatoire) u.a. Boulez, Stockhausen und Xenakis. Doch obwohl er Begründer einer neuen Richtung war, komponierte er meistens nicht seriell. Der große Unterschied ist seine Benutzung von Modi anstatt von Reihen. Zudem ist Messiaens Musik nicht als Darstellung der Struktur, sondern seines Glaubens zu sehen. Der tiefgläubige Katholik fühlte sich sein ganzes Leben zu mystischen Themen seiner Religion hingezogen. Über Zahlenverhältnisse und -spiele wird die programmatische Idee in die Kompositionstechnik umgesetzt. Die eigentlich nicht vereinbaren Gegensätze von Geist und Materie vereinigen sich, werden eins, geistliche und weltliche Musik existieren nicht mehr nebeneinander. So ist es auch möglich, das Universum der musikalischen Möglichkeiten zu erkunden, ohne sich zu verirren. M. verarbeitet in seinen Werken musikalisches Material aus Asien, dem Orient, der Indianer und Ozeanier sowie dem Mittelalter. Doch sein Hauptaugenmerk gilt den Vögeln. Sein ganzes Leben reist er um die Welt und zeichnet Vogelstimmen auf. Er bezeichnet sie einmal als seine größten Lehrmeister. Musikalisch kristallisiert sich der "Style oiseaux" dadurch heraus.
    So, nun aber zum Quartett. Geschrieben wurde es 1941 in deutscher Gefangenschaft in einem Arbeitslager in Goerlitz, wo es auch uraufgeführt wurde. M. sagt darüber, dass er nie wieder solche aufmerksamen Hörer hatte wie seine Mitgefangenen. Sowohl Struktur als auch Besetzung muten sonderbar an. Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier spielen in den 8 Stücken als Quartett, Trio, Duo und Solo. Behandelt werden Zeitgeschehnisse wie auch Zustände. Ein Solostück für Klarinette widmet sich den Vögeln. Was auffällt beim Hören der Musik, sind einige Unisono-Stellen sowie eine wunderbare Atmosphäre und himmlische Ruhe an einigen Stellen.


    Nun genug der Rede, jetzt ist eure Meinung gefragt. Ich besitze übrigens folgende Aufnahme:


    EMI - Nipper-Kollektion
    Meyer, Poppen, Fischer-Dieskau, Loriod


    Letztere ist Messiaens 2.Frau, ausgezeichnete Pianistin, und hat u.a Laurent Aimard unterrichtet. Die Aufnahme entstand 1990 in Anwesenheit des Komponisten, kurz vor seinem Tod 1992.
    Also absolut zu empfehlen, nur rund 5 Teuro teuer :stumm:.


    Grüße
    nubar

    Bonsoir,


    also, ob bei Bach der Glaube die Musik prägt, will ich garnicht groß kommentieren, nur so viel, man schaue sich einfach mal einige der umfangreichen Arbeiten zum Thema "Musikalische Textverwirklichung in den bachschen Weihnachtsoratorien " an, und sage mir dann, wie man dies ohne Glauben machen konnte. Nun zum eigentlichen Thema:
    Ich habe im Konzert die Erfahrung gemacht, dass wenn mich Musik besonders bewegte, ich jeglichen Sinn für musikalische Struktur verliere, einfach nur noch genieße und mich hinterher nicht mehr an irgendein Detail erinnern kann. Bei Konserven reißt es mich entweder sofort weg oder nach mehmaligen Hören. Oft tut auch ein halbes Jahr Pause gut.
    Es kann aber auch passieren, dass ein Werk mich mitreißt und dies nach einiger Zeit auf ganz andere Weise wieder vermag, weil sich mein Hrizont und das Verständnis des Werkes erweitert haben. Dies macht sich aber auch negativ bemerkbar, da man jetzt höhere Ansprüche sowohl an das Werk als auch die Interpretation stellt.


    Grüße
    nubar

    Hallöchen,


    das mit den Originalinstrumenten ist so eine Sache. Bei Blechblasinstrumenten z.B. treten nach einigen Jahren Verschleißerscheinungen auf, die sich meist negativ auf den Klang auswirken. Deshalb muss sich ein Solotrompeter alle paar Jahre neue Instrumente zulegen. Bei Saiteninstrumenten scheint es eher umgekehrt zu sein. Man schaue sich nur mal die Daten der Celli von den Berliner Philharmonikern (also der Cellisten) an. Jedes Gerät ist da mindestens 150 Jahre alt, wenn nicht auch mal um das Doppelte älter.
    Für den Profi kann das klangentscheidend sein, aber bis dahin muss man erstmal kommen. Es ist mein Eindruck, dass gerade heute bei der Ausbildung von Bläsern mehr auf Technik als auf Klang geachtet wird. Dabei sind z.B. bei Querflöten die ersten Lernjahre in Bezug auf den Klang besonders wichtig. Sobald sich erstmal ein Ansatz in der Gewohnheit festgesetzt hat, ist er kaum noch zu korrigieren, und wenn dort die technische Ausbildung dominiert hat, ist es aus mit dem schönen Klang. Der braucht nämlich Zeit und muss sehr viel trainiert werden! Ich persönlich habe bis jetzt nur wenig Barockmusik auf Originalinstrumenten gehört und war ebenfalls etwas schockiert von rauhen Klängen, die aber auf die Interpretation zurückzuführen waren. Mir scheint, das einige Vertreter der Originalklangbewegung einfach alles Wissen über guten Klang von ihren Musikvätern verachtet haben und stattdessen oftmals auch noch radikale Tempi anschlugen, so dass kaum eine würdige Phrasierung möglich war, geschweige denn eine gelebte Melodie.


    Grüße
    nubar

    Auf Anregung von Alfred hier noch eine kleine Ergänzung zu dem eben Gesagtem.


    Die Barenboim-Doppel-CD ist bei der Deutschen Grammophon erschienen in der Serie 2DG. Die Aufnahmen stammen, glaube ich :rolleyes:, von 1976. Der Steinway-D-Flügel ist, wie nicht anders zu erwarten, nicht schlecht, hat aber etwas zu aggressive hohe Töne und klingt zu transparent und brilliant. Da hätte ich, wenn man denn beim gleichen Klangbild bleiben will, einen B-Flügel von Steingräber genommen - passt auch besser zum Kammermusikcharakter der Werke, oder ansonsten einen Bechstein, Blüthner oder Bösendorfer. Letzterer wäre meine erste Wahl.


    MfG
    nubar

    Hallihallo,


    eigentlich wollte ich schon lange auf den Thread antworten. Ich hatte schon meine Einschätzung über die mir vorhandene Aufnahme, aber wie das so ist, packt einen der Ehrgeiz :rolleyes: und man will die komplette Aufnahme noch einmal hören. Ich habe leider nur die erste CD geschafft, denn zu solcher Musik braucht man auch als Hörer Muße, und die habe ich zur Zeit nicht :(D.
    Die Lieder ohne Worte sind ja Salonstücke ähnlich z.B. den Kinderszenen von Schumann, aufzuführen im kleinen Kreis der hausmusikalischen Freunde. Diese Ansicht legt sich für mich zum einen durch Umstände von Mendelssohns Zeit, Biedermeyer und Vormärz, und der gleichnamigen Kunst- und Gesellschaftsrichtung (erstgenannte) wie auch durch den klassizistisch-romantischen Geist der Lieder dar. Sie setzen an den Pianisten trotz überschaubarer technischer Hürden höchste Ansprüche in Einfühlungsvermögen von Melodik, Harmonik und Zeitmaß, um eine gute Interpretation zu gewährleisten.
    Bevor der Herr Kaiser die Aufnahmen von Herrn Barenboim hoch lobte und in Ausschnitten veröffentlichte, durfte ich sie mein Eigen nennen. Sie sind ingesamt sehr gut gelungen, in einigen Liedern wird der Charakter des Stückes vorzüglich getroffen. Aber es gibt auch Stellen wo ich nicht vollkommen einverstanden bin. Ein zu schnell weggerissener Schlussakkord eines Abschnitts im Werk oder ein allzu schnelles Presto oder ein Schimmer von Langeweile stören manchmal den vollendeten Genuss. Alles in allem also tolle Aufnahmen, die aber nicht der Weisheit bzw. Interpretation letzter Schluss sind.


    Viele Grüße
    nubar

    Nicht ganz passend zum Thread, aber ich habe heute Williams Symphonie Nr.5 gehört. Der 3.Satz: "Romanza: Lento" klingt so dermaßen nach hollywoodscher Schnulzenmusik, dasss ich dies hier mal erwähnen muss. Trotz alledem hört er sich aber immer noch der Kinomusik stilistisch überlegen an.


    nubar

    Hallo Heinz,


    soviel mir bekannt ist, unterschlägt Pogorelich im 3.Satz alle Wiederholungen. Du hast vollkommen recht, dass das unangebracht ist. Ich mag dafür seinen 1.Satz umso mehr. Was ich vor allen Dingen am frühen Pogorelich schätze, ist seine Verweigerung eines konventionellen Spiels - das macht ihn unerhört :D interessant. Und solange seine Interpretation der 2. schlüssig ist, ist daran nichts auszusetzen. Doch leider habe ich vor ihm u.a. auch schon Rubinstein gehört. Ich als subjektiver Hörer habe deshalb trotzdem meine Probleme bei Pogorelich.


    Grüße
    nubar

    Hallihallohallöchen,


    zur 7. kann ich nicht viel sagen, da ich nur die Box mit den Sonaten von Scriabin, Prokofiev und Schostakowitsch vom Labal Brilliant Classics besitze, sie aber alle sehr schön finde (besonders S.). Mein russischer Klavierlehrer hat mir mal die Pollini-Einspielung als die beste empfohlen - wenn das kein Kompliment ist. Sie ist zur Zeit bei den Originals zu haben.


    Grüße
    nubar

    Hallo Thorsten,


    ich verstehe unter der alten Musikkultur noch etwas anderes. Es gehört nicht nur neue Musik, sondern auch ein gewisses Alltagsleben dazu :yes:. Aus Berichten von älteren Mitgliedern meiner Familie und meinen heutigen Beobachtungen lässt sich der Schluss ziehen, dass das heutige Musikleben sehr verarmt ist. Es gehört doch zur Ausnahme, dass in einer bürgerlichen Familie noch auf die musikalische Erziehung geachtet wird. Wer sitzt denn mit der Familie heute noch in der Runde, um miteinander zu singen oder Kammermusik zu spielen. entweder wird der Fernseher angemacht, oder jeder verzieht sich in seine eigenen Interessensphären zurück - so z.B. das Internet :stumm:.


    Grüße
    nubar

    Hallihallo,


    die Aussage von Masur enthält zumindest viel Sprengstoff. Es ist richtig, dass die alte abendländliche Musikkultur ausstirbt oder dies schon ist. Das was wir heute haben, kann man zwar auch noch getrost Kultur nennen, aber das Verständnis für Musik hat durch die schon angesprochenen zwei Weltkriege sich doch sehr stark verändert. Ob nun in Zukunft nur noch chinesische Orchester Beethoven spielen werden, bezweifle ich stark. Ich vermute, dass Masurs Bild von den "Asiaten" doch sehr von den Japanern geprägt ist, die ja ein sehr weltoffenes Volk sind und von der europäischen Kultur sehr angezogen werden. Aber, wie schon aus unsern guten, alten Kulturkreis bekannt, ticken "die" von der Insel sowieso etwas anders. Die Chinesen halte ich nicht für so empfänglich, man blättere doch mal nur etwas in einem Geschichtsbuch unter dem Stichwort "Boxeraufstand". Zugegeben, damals ging es vor allen Dingen um koloniale Unterjochung und "Zwangskulturisierung", aber ich glaube nicht, dass die Chinesen heute freiwillig sich so sehr ändern werden. Jedenfalls sind heute keine bedeutenden Veränderungen in der Hinsicht zu beobachten. Man fährt in den Urlaub nach Europa, dessen Orchester häufiger in der Volksrepublik gastieren ( ist nicht gerade Justus Frantz auf Tournee? ?( ), aber es fehlt im Vergleich zu Japan die bürgerliche Oberschicht, die dort sehr sich für die Öffnung eingesetzt hat. Meiner Meinung interessiert sich Otto-Normal-Chinese :stumm: eher für VW, Ikea und Hollywood. Lang-Lang zähle ich zueiner kleinen Gruppe mehr oder minder Interessierter, die zwar zahlenmäßig groß, aber im Verhältnis klein ist.


    nubar

    Guten Morgen Alfred,


    du meintest doch bestimmt den 1.Januar 2005 anstatt 2004. Nebenbei herzlichen Dank für deine Weihnachtgrüße wie auch Neujahrswünsche, die ich ich dir natürlich auch ganz herzlich senden möchte und alles Gute für unser Forum, dass du so mustergültig leitest.


    Viele Grüße
    nubar

    Ja bravo Alfred,


    du sprichst mir wirklich aus dem Herzen. Da kann ich nur zustimmen. Hinweisen möchte ich auf Furtwängler, der ja in dieser Umbruchszeit (Einführung der Schallplatte) gewirkt hat. Er hat einmal, die Erkenntnis geäußert, dass sich dadurch auch der Klang eines Orchesters wie auch des symphonischen Werkes grundlegend ändert. Beides ist viel durchsichtiger geworden.
    Nachzulesen ist dies in "Ton und Wort", Furtwänglers gesammelte Äußerungen über Musik, erschienen beim Bertelsmannverlag, ich meine 1953.


    Grüße
    nubar

    Vielleicht hast du recht, peet. Ich würde aber Bartok nicht so sehr relativieren, da er der erste war, der sich systhematisch mit ungarischer Folklore zusammen mit seinem Freund Kodaly beschäftigt hat und deshalb wahrscheinlich auch weiß, was er sagt.
    Nur nebenbei: Bartok hat sich ja sehr umfassend mit Volksmusiken (nicht das Lebende-Mumien-Stadl :stumm: ) vor allen Dingen Osteuropas, aber auch z.B. Nordafrikas befasst. In dem Zusammenhang möchte ich auch mal wieder auf Percy Grainger hinweisen, der sich mit dem englischen Volkslied sehr intensiv befasste.


    Viele Grüße
    nubar

    Hallo peet,


    das "Westliche" bezog sich auf die Wurzeln der Musik. Bei Chopin findet man sie in Volkstänzen, bei Liszt ist dies nicht der Fall. So haben z.B. seine Ungarischen Rhapsodien keine dementsprechende Herkunft, sondern dürfen in einer Linie mit Brahms Ungarischen Tänzen gesehen werden, die sich zwar am ungarischen Geist und Temperament orientieren, aber keine musikgeschichtliche Verbindung aufweisen. Insofern kann bei Liszt von westlicherer Musik gesprochen werden, auch wenn Brahms seine Werke erst später entstanden. Solche Versuche gab es ja schon bei Mendelssohn p.e. ("Schottische"), und man kann noch weiter zurückgehen. Zudem würde ich empfehlen, sich einmal lisztsche Werke in Interpretationen von Brendel anzuhören. Sie treffen zwar vor allen Dingen nicht das (romantische) Temperament der Musik, haben aber den Vorteil, dass sich Ursprünge in der Wiener Klassik heraus hören lassen, die Brendel ja bekannterweise sehr liegt.


    Viele Grüße
    nubar

    Hallo sagitt,


    vergiss bei deinen Einschätzungen bloß nicht, dass sich wie auch bei Meister Bach über die Zeit hinweg die Interpretationen sehr stark ändern. Ein Schulkamerad hat sich einmal eine Schütz-CD mit alten Aufnahmen ( 50er Jahre) angehört und gemeint, dass es für ihn sehr gewöhnungsbedürftig war, weil heute niemand mehr so singen würde (schon rein vom technischen Gesichtspunkt). Dies ist auch nicht verwunderlich, schon garnicht bei Schütz, der ja fast ausschließlich nur durch die protestantische Kirchenmusikpflege am musikalischen Leben gehalten wurde. Und diese ist nun mal auch durch Tradition und einen Textschwerpunkt gekennzeichnet, so dass sich die musikalische Ausführung auch anpassen muss.


    Viele Grüße
    nubar

    Nun, da bin ich anderer Ansicht als jubal. Jeder gute? Pianist beherrscht heute sehr wohl beide Komponisten, aber kaum jemand kann beide spielen, geschweige denn einen von beiden. Das ist ja das Dilemma.
    Chopin ist Romantiker, bei welchem Leidenschaft, Stolz, Melancholie, ein überaus großes (polnisches) Nationalbewusstsein etc. in seiner Musik mitschwingt. Er selber hat dies einmal mit dem polnischen Wort "Zal" versucht zu umschreiben, in dem sich dies alles bündelt. Man kann es vielleicht mit Schicksal übersetzen?? Liszt kommt zwar auch aus der nationalen Bewegung, lässt sich aber überhaupt nicht mit Chopin vereinbaren. Um es kurz zu machen, würde ich sagen, dass Liszt von beiden der größere Europäer ist. Bei ihm ist die Musik westlicher geprägt. Das Pseudo-Ungarische in seiner Musik wurde von Bartok ja auch besonders verachtet, weil es keinen Ursprung im ungarischen Volkslied hat. Nun könnte ja eingewandt werden, dass dies auch bei Chopin mit seinen Polonaisen der Fall sei. Nur bedingt, wie ich meine, denn sie fußen auf polnischen Volkstänzen, so auch die von Chopin geschriebenen Mazurkas.


    Viele Grüße
    nubar

    Marcel Dupre meinte einmal (ungefähr so :wacky: ):


    Liszt ist ein komponierender Virtuose.
    Chopin ist ein virtuoser Komponist.


    Diese Gegensätze machen sich auch in ihren Stücken bemerkbar. Deswegen gibt es heute im Allgemeinen zwei verschiedene Richtungen von Pianisten, den einen liegt Chopin, den anderen Liszt mehr. So habe ich dies aus verschiedenen Richtungen, eben auch von Dupre, gelesen oder gehört und stimme dem zu.


    Viele Grüße
    nubar