Beiträge von Antalwin

    Hallo,


    zur Einschränkung möchte ich zunächst sagen, daß ich kein ausgesprochener Mozartianer bin. Mir fällt jedoch seit längerer Zeit auf, daß Mozarts Idomeneo in einem immer größeren Teil der Gesamtaufnahmen, zumindest der bekannteren Labels, von dramatischen Tenören gesungen wird. Rudolf Schock sang Idomeneo zwar schon 1951, dann aber in Salzburg nochmal 1956, wobei ja Schock von angelsächsischen Kritikern als Lyrico-Spinto-Tenor bezeichnet wurde. Er nahm eben 1956 den Stolzing auf. Nicolai Gedda hatte, als er die Partie unter Hans Schmidt Isserstedt aufnahm, auch schon Spinto-Partien hinter sich, genau wie Pavarotti, der vor 1983 schon Rodolfo, Pinkerton, Cavaradossi, Manrico, Radames, Turridu, Canio und Andrea Chenier war, zumindest auf Platte. Es ist vielleicht nicht allgemein bekannt, aber beispielsweise Domingo hat regelrecht verlangt, daß er als Idomeneo besetzt wird und die Partie auch aufnehmen kann. Soviel ich weiß, haben auch Siegfried Jerusalem und Peter Hofmann Idomeneo auf der Bühne gesungen. Und "Heldentenor" Klaus Florian Vogt verkündet, daß er Idomeneo vorbereite. Wird da nicht die Titelpartie einer Rokoko-Oper, die ganz zu Beginn sogar für einen Kastraten geplant war, in eine nicht fachgemäße dramatische Ecke gestellt ?


    Gruß,


    Antalwin

    Hallo,


    es jemand, der vom Crossover, der Mischung der Sparten kommt und Opernfan wurde, verfolge ich die Diskussion. Ich mag Paul Potts stimme nicht und mag nicht, was er singt ! Nichtsdestotrotz muß auch der Operngesangs-Purist akzeptieren, daß es heute neben Oper, Operette, Lied und Musical für ausgebildete SängerInnen noch ein fünftes Feld gibt, den Crossover. Relativ traditionell ist da noch Volker Bengl, der Schüler Schocks, der auch schon Operndienst getan hat und Opernarien aufgenommen. Auch Johannes Kalpers singt neben Klassikpop Konventionelles, läßt sich an Opernhäusern öfter für Tenorwurzen engagieren, hat bei einer Gesamtaufnahme von Händels Saul mitgewirkt und eine CD mit Schubert-Liedern aufgenommen. Also gemach, denn es geht noch viel schlimmer: So machte der Popsänger Michael Bolton vor Jahren eine CD, weil er Pavarotti verehrte, auf der er versuchte, italienische und französische Tenorarien zu singen, nicht als Scherz, nicht parodistisch, sondern ernsthaft ! Etwa zeitgleich kam die italienische Popsängerin Philippa Giordano auf den Markt und sang italienische Belcanto-Sopranarien als Schlager. Auch die britische Teenie-Sopranistin Charlotte Church, die sich an Musik versuchte, die für sie um Nummern zu schwer war, ist mir in unguter Erinnerung ! Kann man es ändern ? Nein ! Also, den Crossover-SängerInnen Gerechtigkeit widerfahren lassen und nicht aufregen ! Sind Euch die genannten Beispiele alle bekannt ?


    Gruß,


    Antalwin

    Hallo,


    kennt hier jemand das Gerücht, daß Karajan in den 80iger Jahren bei den Salzburger Festspielen Domingo mal Don Giovanni singen lassen wollte ? Angeblich weil Domingo auf einem Recital einmal gut den Part des Giovanni übernommen hat, im berühmten Duett "Reich mir die Hand, mein Leben". (Ich bitte um Verzeihung, daß ich es nicht im italienischen Original zitiere.)


    Wer weiß etwas ?


    LG,


    Antalwin

    Hallo,


    mit großer Freude lese ich hier, wie beliebt die Gesamtaufnahmen von Rudolf Schock als Lohengrin und als Stolzing in den Meistersingern von Nürnberg sind. Diese Gesamtaufnahmen unter Stabführung von Schüchter und Kempe gehören zu meinen Lieblingsaufnahmen, wenn ich auch sonst als traditioneller Wagnerianer für die Haupt-Tenorpartien baritonale Heldentenöre bevorzuge. An dieser Stelle möchte ich aber mal eine Lanze für Schocks Interpretation des Erik in der Gesamtaufnahme unter Franz Konwitschny brechen. Schock schlägt sich in diesem Ensemble aus Wagner-Spezialisten, Frick als Daland, Schech als Senta, Wagner als Mary und Stars, Fischer-Dieskau als Holländer und Wunderlich als Steuermann, meiner Meinung nach hervorragend. Die Partie des Erik führt ein Schattendasein. Er wird meist von jungen Tenören gesungen, die auf dem Sprung zu den großen Wagner-Partien sind, oder von Wagner-Tenören, die das Fach wieder verlassen wollen oder müssen. Der Erik wird oft heruntergespult. Nicht so hier. Schock trifft, nach meinem Dafürhalten, genau die richtige Mischung zwischen Gefühl und Dramatik, singt genau und wortdeutlich, sowie sehr engagiert. In der Szene "Auf hohem Felsen lag ich träumend", stellt er meines Erachtens eine Dramatik her, die ich so von keinem anderen Tenor hörte, jedenfalls können sich Windgassen, Liebl, Kozub, Kollo und Hofmann als Erik nicht mit ihm messen. Allerdings habe ich Esser, Heppner, Seiffert und Domingo noch nicht gehört. Erstaunt las ich von Dieter, daß Schock den Erik an der Wiener Staatsoper gesungen hat. Mir war bis jetzt nur bekannt, daß er den Steuermann an der Wiener Volksoper interpretiert hat, den Erik allerdings nie auf der Bühne gesungen ? Wer kann mir etwas darüber berichten ?


    LG,


    Antalwin

    Vielen Dank für die Antwort Bernward !


    Genau dieses wollte ich mit meinem Beitrag ausdrücken. Der Rock war nicht das Problem, eher Verschleiß durch Überforderung. Übrigens, seine Zauberflöte, wo Hofmann den Tamino sang, suche ich seit Jahren, auch wegen der übrigen Besetzung: Gruberova, te Kanawa, Moll, van Dam. Ich glaube, unter der Stabführung von Alain Lombard ?


    LG,
    Antalwin

    Hallo Mit-Forianer,


    anläßlich des Todes von Peter Hofmann möchte ich, der als Teenager-Fan von ihm zum Wagnerianer und allgemeinen Opernfan wurde, meine Meinung kundtun: Wenn man sich fragt, warum Hofmann trotz offenkundiger stimmlicher Schwächen, meiner Meinung nach enggeführte Stimme, mangelhafte Legatokultur, Registerbrüche, eine relativ große Karriere machte, so komme ich zu folgenden Erkenntnissen: Der Vorwurf, Hofmann habe nur wegen seiner Erscheinung im Wagnerfach Erfolge gefeiert, greift zu kurz. Als er 1974 anfing, Wagner zu singen, wurde in der Presse immer wieder seine dunkle, baritonale Stimmfarbe gelobt. Damals feierten ihn meines Erachtens die konservativen Wagnerianer, weil sie in ihm einen Nachfolger von Lorenz, Suthaus, Hopf und Kozub sahen, nicht wegen seines germanischen Habitus ! Doch Hofmann hatte, meiner Meinung nach, nur eine baritonale Stimmfarbe, nicht den erforderlichen, hochdramatischen Stimmkern. Weil er, meines Erachtens, außerdem ungenügend stimmtechnisch ausgebildet war, ruinierte er sich an den Wagnerpartien. Dennoch, sein Parsifal unter Levine aus Bayreuth gilt als Glanzleistung und noch 1988 schrieb die FAZ über sein Debut als Stolzing in Bayreuth:


    "Peter Hofmann stand die strapaziöse Partie des Stolzing mit Anstand durch, legte beim Preislied noch einmal ordentlich zu. Als glanzvoll kann man seine vibratoverwackelte, manchmal etwas gaumige Stimme kaum bezeichnen, aber sie doch Kraft und Mark".


    Ja, seine Stimme, ich sage es aus eigener Erfahrung, wirkte kraftvoll und metallisch-markig !


    Angesichts der Stimmchen, die wir Wagnerianer heute bei Tenören akzeptieren müssen, kann ich nur sagen:


    Peter Hofmann: R.I.P.


    Antalwin :(