Beiträge von Gerhard Wischniewski

    Anmerkungen:

    Die Uraufführung war zwar ein großer Erfolg; dennoch konnte sich die Oper nicht lange auf dem Spielplan halten, möglicherweise auch bedingt durch die anspruchsvolle Rolle der Sancia. Sie geriet in Vergessenheit. Erst 1984 wurde sie in Bergamo wieder aufgenommen. Danach erlebte sie 1992 in Madrid eine Aufführung mit Montserrat Caballé.

    Von der Inszenierung aus Bergamo gibt es eine Aufzeichnung auf DVD

    Die librettogerechte Inszenierung aus Bergamo ist auch auf youtube zu sehen:

    youtube

    Die Aufnahme aus Madrid kann man sich auf youtube anhören.

    Gaetano Donizetti (1797 - 1848)

    Sancia di Castiglia

    (Sancha von Kastilien)


    Lyrische Tragödie in zwei Akten

    Libretto: Pietro Salatino

    Originalsprache: Italienisch


    Uraufführung: Neapel 1832


    PERSONEN DER HANDLUNG

    Sancia, Königin von Kastilien, Sopran

    Garzia, ihr Sohn, Alt

    Ircano, ein Sarazenenfürst, Bass

    Rodrigo, Minister von Sancia, Tenor

    Elvira, Vertraute der Königin, Sopran

    Kastilische Adlige, Hofdamen, kastilische Krieger, Sarazenen


    Ort und Zeit der Handlung: Am Königshof in Toledo, Mittelalter


    VORGESCHICHTE: Königin Sancia ist Witwe. Der Sarazenenfürst Ircano hat ihr im Krieg gegen die Gallier beigestanden. Der Sohn Sancias, der mitgekämpft hat, wurde verwundet. Aber sein weiteres Schicksal ist unbekannt.


    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT

    1. Bild: Prächtiger Saal im Königspalast

    In Gedanken verloren, begegnet Ircano seinen Sarazenen. Sie fragen nach dem Grund seiner Grübelei. Er, der den Ehrgeiz hat, die Königin zu heiraten und damit den Thron Kastiliens zu besteigen, schildert seine Zweifel: In dem Kampf, den er gegen die Gallier geführt habe, sei der Sohn der Königin, Garzia, zwar verwundet worden, aber man habe seine Leiche nicht gefunden. Doch die Sarazenen beruhigen ihn: Garzia sei in einen Fluss gefallen und in einem Strudel ertrunken.

    Da kommt Rodrigo, der Minister der Königin, den Ircano als seinen ärgsten Feind betrachtet. Rodrigo verkündet Ircano, dass die Königen, die ihren Schmerz noch nicht überwunden habe, die geplante Heirat vorerst aussetze. Ircano erklärt sich damit nicht einverstanden, er werde sich den Weg zum Thron notfalls mit dem Schwert erkämpfen. Die Verschiebung sei nicht der Wille der Königin, sondern der des Hofstaates. Die Sarazenen stellen sich auf seine Seite. Es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden, in der jeder von ihnen erklärt, dass er den anderen nicht fürchte.


    2. Bild: In den Gemächern der Königin

    Die Hofdamen versuchen, Sancia zu trösten, die um ihren verschollenen Sohn trauert. Andererseits ist sie aber bereit, Ircano zu heiraten, den sie liebt. Auch Elvira, ihre Vertraute, mahnt sie daran, dass sie Ircano die Heirat versprochen hat. Sancia weiß aber, dass der Hofstaat dagegen ist und so zögert sie noch. Als Rodrigo eintritt, bittet sie Elvira und die Hofdamen, sie mit dem Minister allein zu lassen.

    Rodrigo versucht, ihr die Hochzeit mit Ircano auszureden. Doch Sancia ist entschlossen, die Ehe einzugehen, damit Frieden im Land herrsche. Nun erinnert Rodrigo sie daran, dass Ircano gejubelt habe, als sie ihren Schmerz über ihren tot geglaubten Sohn Garzia (den echten Thronfolger) geäußert habe. Aber Rodrigo vermag sie nicht zu überzeugen. Er sagt ihr voraus, dass das Volk von ihr abfallen werde, wenn sie diesen „Ungläubigen“ heirate.


    3. Bild. Ratssaal

    Rodrigo beklagt sich, dass die Königin, die die Sarazenen zu Hilfe gerufen hat, nun Ircano heiraten will. Er fleht zu Gott, dass er das Volk von den Ungläubigen befreien möge. Die kastilischen Adligen versammeln sich. Sie wollen lieber sterben, als sich den Sarazenen unterzuordnen. Rodrigo rät, erst einmal abzuwarten.

    Sancia, Ircano und die Hofdamen kommen herein. Sancia erinnert daran, dass Ircano für sie gegen die Gallier gekämpft habe. Der verwaiste Thron erfordere einen König. Rodrigo widerspricht: Den Sarazenen ginge es doch in erster Linie um die Kriegsbeute. Das kastilische Volk wolle nicht in die Hand räuberischer Araber fallen. Die Königin will sich dem Wunsch nicht beugen. Sie besteht darauf, dem Land einen neuen König zu geben. Ihr Wille müsse genügen! Auch Ircano mischt sich ein und macht geltend, dass er doch für die Kastilier gekämpft und gesiegt habe.

    In diesem Augenblick taucht unerwartet Garzia, der tot geglaubte Sohn Sancias auf und bekräftigt seinen Anspruch auf den Thron. Sancia sieht ihre Sache verloren. Ircano aber glaubt noch nicht daran, dass er verlieren wird. Rodrigo informiert Garzia darüber, dass seine Mutter Ircano heiraten und zum König machen wollte, weil sie ihn für tot hielt. Garzia schildert, dass er verwundet in den Fluss fiel, aber noch Kraft genug hatte, sich zu retten. Rodrigo und die Adligen atmen auf. Garzia fordert Ircano auf, Toledo bis zum Morgengrauen zu verlassen. Ircano sinnt auf Rache. Sancia ist unglücklich und die Hofdamen bedauern sie.


    ZWEITER AKT

    1. Bild: In den Gemächern der Königin

    Sancia schickt Elvira zu Ircano, den sie vor seiner Abreise noch einmal sprechen möchte.

    Allein geblieben klagt sie, dass ihr Sohn ihr den Geliebten nehme und sie damit töte. Garzia kommt und wundert sich, dass seine Mutter traurig ist. In einer Stunde werde er seinen Eid ablegen und König sein. Seine Freude solle jedoch nicht durch den Kummer seiner Mutter getrübt werden. Den Grund ihrer Trauer aber gibt Sancia nicht preis. Sie will ihren Schmerz allein tragen und geht.

    Rodrigo tritt ein. Garzia hat erkannt, dass seine Mutter Ircano liebt. Er hat Mitleid mit ihr und mit dem Sarazenenfürsten. Von draußen hört man die Sarazenen, die ihre Abreise vorbereiten. Rodrigo erinnert Garzia an seine Schuldigkeit gegenüber dem Königreich.

    Nachdem Garzia und Rodrigo die Gemächer verlassen haben, treten Ircano und nach ihm Sancia auf.

    Ircano beschwört noch einmal ihre Liebe. Die verzweifelte Königin sieht jedoch für sich keinen anderen Ausweg als den Tod. Da präsentiert der Sarazene ihr als letzten Ausweg, um Garzia loszuwerden und selbst doch noch an die Krone zu gelangen, einen teuflischen Plan: Garzia müsse sterben, indem man ihm während der Zeremonie einen mit Gift versetzten Krönungswein verabreiche. Es gelingt Ircano, die vor einer solchen Mordtat zurückschreckende Sancia immer mehr in Verlegenheit zu bringen. Wie wird sie sich entscheiden?


    2. Bild: Prächtiger Saal im Königspalast

    Garzia, Rodrigo und Wachen sind anwesend. Später kommen die Adligen hinzu. Garzia schickt eine Wache, um Ircano aufzusuchen. Er will dulden, dass Ircano noch bleiben darf. Rodrigo widerspricht ihm, doch Garzia will den Thron nicht besteigen, solange seine Mutter leidet. Die Adligen begrüßen ihn als neuen König. Er verspricht, es zu sein, wenn er seine Mutter glücklich sehe.

    Nachdem sich der Saal geleert hat, sucht Elvira die Königin. Sie berichtet, dass diese irgendwo verzweifelt umher irrt.


    3. Bild: Thronsaal

    Auf einem Tisch steht ein goldener Kelch mit dem Krönungswein. Sancia kommt durch eine Geheimtür herein. Sie ringt mit ihrem Gewissen, ob sie den Sohn für ihre Liebe opfern soll. Als sie den Saal verlassen will, sieht sie das Bild ihres früheren Gatten und seine Ähnlichkeit mit dem geliebten Sohn. Da will sie die Ampulle mit dem Gift von sich werfen.

    Doch Ircano ist ihr heimlich gefolgt und stellt sie zur Rede. Von außen hört man einen Chor, der Garzia als zukünftigen König begrüßt. Ircano fordert Sancia erneut auf, das Gift in den Kelch zu schütten. Als sie schwankt, zerrt er sie an den Tisch und gibt es selbst in den Kelch.

    Sancia will sich schnell entfernen, doch sie wird von ihrem Sohn aufgehalten, der mit dem gesamten Hofstaat auftritt. Er verspricht, als Herrscher dem Volk ein Vater zu sein. Daher gebe er seine Zustimmung, dass Sancia Ircano heiraten dürfe. Dann ergreift er den Kelch mit dem Krönungswein. Da reißt ihm Sancia den Kelch aus der Hand und trinkt den Inhalt selbst. Sie verkündet, dass der Kelch Gift enthalten habe und Ircano, den sie noch immer liebt, sie dazu verführt habe.

    Ihr Tod sei die gerechte Strafe und bedeute zugleich die Rettung ihres Sohnes. Alle sind erschüttert über den Verrat. Ircano ruft der Sterbenden noch zu, dass das Motiv seiner Handlung nicht Liebe zu ihr, sondern nur sein Streben nach Macht war. Dann begibt er sich zu den Wachen, die ihn entwaffnen. Sancia bittet ihren Sohn um Vergebung und stirbt in seinen Armen.

    Lieber Reinhard,


    "krankhaft" ist meine Meinung zu dem, was in den letzten Jahren in Bayreuth auf die Beine gestellt wurde, und bezieht sich nur darauf. Katharina Wagner als Person wünsche auch ich gute Besserung.

    Aber von mir aus kannst du das gerne löschen, auch wenn Rodolfo wohl nicht darüber zu bestimmen hat.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Weil sie erkrankt ist und die Festspielleitung niedergelegt hat.

    Wie fast alles krankhaft war, was in den letzten Jahren in Bayreuth auf die Bühne gestellt wurde, vom Rattengrin über den Biogashäuser, den Ölring bis zum letztjährigen Tuntenhäuser. Vielleicht wird die neue Festspielleitung endlich mal etwas Gescheites aus dem Haus machen.

    Lieber Wilfried,


    ja leider ist vieles unbrauchbar. Es scheinen mir oft auch Amateuraufnahmen aus dem Zuschauerraum zu sein, Zitterpartien, die dir die Oper verleiden würden, wenn du sie dir über längere Zeit anschauen müsstest. Dazu kommt oft dann auch schlechte Tonqualität. Auf youtube ist es ähnlich. Ich frage mich manchmal, warum Leute so etwas Miserables überhaupt ins Internet setzen.

    Bei Opera on video wird auch meist auf youtube und andere Webseiten verwiesen. Bei älteren kommerziellen Videoaufnahmen muss man natürlich bei der Qualität ein paar Abstriche machen. Die neueren HD Aufnahmen dagegen sind hervorragend. Leider aber auch vielfach modisches Regisseurstheater.

    Jedenfalls hast du mit Opera on video eine umfassende Übersicht, was es so alles auf dem Markt gibt und kannst deine Entscheidung treffen, ob du dir die Inszenierung zulegen willst. Ich selbst bin Videofilmer und habe ein entsprechendes Programm, mit dem ich mir einige der Videos, die ich dann auf youtube finde, optisch verbessern kann (Helligkeit, Farbverbesserung, Kontrast und Schärfe) und da hole ich noch einiges heraus. Dieser Tage fand ich über die Hinweise in Opera on video auf youtube Inszenierungen von Mascagnis "L'amico Fritz", wovon zwei unbrauchbar waren (eine über 5stündige, die zum größten Teil aus Einführungen bestand und eine, die die Untertitel fast in die Mitte des Bildes legte. Die dritte, eine sehr ansprechende Inszenierung aus Livorno, enthielt italienische Untertitel. Zwar kann ich den Text bei Mascagni - im Gegensatz zu älteren italienischen Komponisten - bei dem schnellen Durchlauf noch gut mitlesen, aber sie störten mich doch und bei dieser Oper verfüge ich glücklicherweise über einen deutschen Text. Also habe ich kurzerhand mit meinem Programm aus dem 4:3-Film für meine privaten Zwecke einen Ausschnitt 16:9 gefertigt, der in der Breite das vollständige Bild zeigt und nur oben bzw. unten etwas wegnimmt. Und selbst dieser Ausschnitt kommt auf meinem 32-Zoll-Fernseher noch in hervorragender Qualität.

    In vielen Fällen nehme ich auch eine etwas schlechtere Bildqualität in Kauf, um die Oper kennenzulernen. So habe ich jetzt für unseren Opernführer nach dem italienischen Text (einen deutschen fand ich leider nicht und Übersetzungen mit einem Programm sind meist noch schlechter zu entziffern als der oft poetisch gekürzte oder verdrehte Originaltext) von Donizetti "Sancia di Castiglia" beschrieben, die ich in den nächsten Tagen in den Opernführer setzten werde. Die Aufnahme aus Bergamo (du kannst sie jetzt schon im Thema Korrekturhinweise zum Opernführer sehen, wo ich sie zunächst meinen beiden Lektoren zur Kenntnis gebe) fand ich auf youtube. Sie ist etwas verwaschen, aber durchaus noch anzuschauen. Die werde ich mir heute Abend auf dem Fernseher ansehen, bevor die korrigierte Fassung in den Opernführer kommt.

    Man kann aber auch in die Oper hineinhören, wenn sie nur bildlich in schlechter Qualität ist, indem man den Monitor abschaltet.

    In Opera on video schaue ich täglich mindestens einmal hinein, um zu sehen, welche 12 neuen Vorschläge die Webseite zeigt. Bei einigen sehe ich sofort, dass sie mich nicht interessieren, in andere schaue ich mal über kürzere oder längere Dauer hinein. Das hilft auch bei der Entscheidung, welche davon ich mir eventuell anschaffe bzw. im Fernsehen anschaue oder auf DVD für ein nachmaliges Anschauen speichere.

    Die gestern vorgestellte Aufnahme von Wagners "Lohengrin" aus Prag 2018 ist übrigens sowohl von der Inszenierung als auch von der Bildqualität sehr gut.

    Danke für den Hinweis auf die Inszenierung des Royal Opera Houses, die ich mir ansehen werde. Vom Royal Opera House kommen ja überwiegend noch vernünftige Inszenierungen, die ich mir teilweise auch im Kino angesehen habe und ansehen werde, wenn das wieder geht.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Über Opera on Video wird täglich auf neue Aufzeichnungen von Opern hingewiesen. Darunter findet man teilweise Inszenierungen, die man sich noch mit gutem Gewissen ansehen kann. So fand ich heute eine Aufzeichnung von Wagners "Lohengrin"aus 2018 in Prag, die Katharina Wagner nach einer Inszenierung von Wolfgang Wagner dort auf die Bühne gebracht hat, und die ich durchaus nicht, wie die meisten heutigen Inszenierungen der Regisseurstheaters, als Verunstaltung betrachten kann. Ich sehe die Inszenierungen von Wieland und Wolfgang Wagner im Vergleich mit den heutigen irren Entstellungen durchaus als dem Werk angemessen und nicht, wie immer wieder behauptet wird, als Ursprung des Regisseurstheaters.

    Warum bringt Katharina Wagner so etwas nicht auch in Deutschland fertig?


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Anmerkungen:

    Die Oper war ursprünglich vom Theater der Stadt Baden-Baden in Auftrag gegeben und wurde dort 1860 in einer einaktigen Fassung aufgeführt. Die hier beschriebene – auf 2 Akte erweiterte – Fassung wurde 1866 in Paris uraufgeführt. Es folgten Aufführungen in Brüssel (1867), Stockholm (1868), London (1870), Prag (1873), Bologna (1912), – jeweils in der Landessprache – und 1924 in Monte Carlo (wobei die gesprochenen Dialoge durch von Francis Poulenc komponierte Rezitative ersetzt wurden).

    Auch im 21. Jahrhundert gab verschiedentlich Aufführungen dieser Oper, von denen es Ausschnitte und Gesamtaufnahmen auch auf youtube gibt.

    Die reizende Musik kann man auf folgender CD erleben:


    Auch auf DVD gibt es eine Aufzeichnung aus Compiegne

    Charles Gounod - La Colombe - Theatre Imperial de Compiegne [DVD] by Pierre Jourdan


    Ob diese allerdings auch deutsche Untertitel enthält, weiß ich nicht. Mir ist auch nicht bekannt, ob es eine deutsche Übersetzung gibt, in der man den Inhalt der Gesänge und die spritzigen Dialoge nachlesen könnte.

    Auf youtube findet man ebenfalls Gesamtaufnahmen und Ausschnitte dieser Oper.

    Charles François Gounod ( 1818 - 1893 )

    La Colombe

    (Die Taube)


    Komische Oper in zwei Akten

    Libretto: Jules Barbier und Michel Carré

    Originalsprache: Französisch


    Uraufführung: 1866 Paris


    PERSONEN DER HANDLUNG

    Sylvie, eine reiche Comtesse, Sopran

    Horace, ein verarmter junger Mann, Tenor

    Mazet, Kammerdiener von Horace, Sopran

    Maître Jean, Haushofmeister bei Sylvie, Bass


    Ort und Zeit der Handlung: Umgebung von Florenz, 19 Jahrhundert


    VORGESCHICHTE

    Horace, ein junger Mann aus Florenz, hat – wie wir später im Gespräch zwischen Mazet, seinem Kammerdiener, und Maître Jean, dem Haushofmeister der reichen Comtesse Sylvie erfahren – sein Vermögen verloren und wohnt nun in einer ärmlichen Hütte. Er ist immer noch verliebt in die schöne Sylvie.


    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT

    Ein rustikales Zimmer mit Blick auf einen Garten

    Mazet, der Kammerdiener von Horace, bringt die Taube seines Herrn in einem Käfig herein und singt ihr ein Lied. Dann trägt er sie in den Garten.

    Indessen tritt Maître Jean, der Haushofmeister Sylvies, ein und beschwert sich erst einmal, dass niemand ihn empfängt. Als Mazet aus dem Garten zurückkehrt, kommt es zu einer heiteren Auseinandersetzung über einige Bezeichnungen, die Jean über Horace und dessen Anwesen äußert. Dann kommt Maître Jean auf den eigentlichen Zweck seines Besuchs zu sprechen: Horace besitze eine Taube, die er nach Sylvie benannt habe und die einige besondere Eigenschaften haben soll. Überschwänglich preist Mazet die besonderen Eigenschaften der Taube. Jean gibt vor, sie für einen gewissen Herrn Lélio kaufen zu wollen, der eine hohe Summe dafür biete. Mazet glaubt, dass sein Herr sie wohl nicht verkaufen werde, aber Jean vermutet, dass Horace in seiner derzeitigen Lage seinem Angebot wohl nicht widerstehen könne.

    Als Horace sich nähert, versteckt Mazet Jean hinter einer Tür. Horace beschwert sich, dass Mazet ihn nicht geweckt habe. Sie kommen darauf zu sprechen, dass kein Geld mehr für ein ordentliches Frühstück vorhanden sei. Da verkündet Mazet, dass er eine gute Fee wisse, die ihre Lage mit einem Schlag verändern könne und präsentiert ihm Jean. In einem großen Terzett weist Horace jedoch jedes Angebot zurück, weil seine Taube ihn an seine Geliebte erinnere. Jean ist erstaunt, dass Horace sein großzügiges Angebot nicht annehmen will und Mazet mokiert sich ein wenig über diese „verfluchte Liebe“ seines Herrn. Alles Zureden hilft nicht. Horace begibt sich zu seiner Taube in den Garten. Mazet bedauert, dass das für Horace gute Geschäft nicht zustande kommt. Dann ruft ihn sein Herr.

    Jean hat erkannt, dass Horace Sylvie immer noch liebt und singt ein Couplet auf die Liebenden. Dann will er gehen, um seine Herrin über den Misserfolg seiner Mission zu unterrichten. Im selben Augenblick erscheint Sylvie selbst. Jean wundert sich, dass die Comtesse diese „elende“ Hütte betritt, wo es für sie nicht einmal einen Sessel gibt. Dann berichtet er, dass sein Kaufangebot bei Horace erfolglos war. Er schlägt ihr vor, es einmal selbst zu versuchen. Sie will die Taube unbedingt besitzen, um eine Rivalin, Amynte, in der Gesellschaft auszustechen, deren Papagei sprechen und singen kann. Damit begeistert Amynte regelmäßig die ganze Gesellschaft. Sylvie ist nicht mehr der Mittelpunkt und ihre Rivalin schnappt ihr alle Männer weg. Deshalb geht sie nach einigem Zögern auf den Vorschlag Jeans ein. Sie vereinbaren, dass sie eine Freundin des angeblichen Herrn Lélio sei, die zufällig vorbeigekommen sei und Jean hier getroffen habe. Er solle seine Rolle vorläufig weiterspielen und nicht zu erkennen geben, dass sie seine Auftraggeberin sei. Er geht, um Mazet zu benachrichtigen, dass eine Dame auf ihn warte.

    Dass die Taube ihren Namen trägt, lässt Sylvie vermuten, dass Horace sie immer noch liebt. Doch sie will erst einmal bei Mazet ausforschen, ob ihre Vermutung stimmt. Dann will sie über die Liebe versuchen, Macht über Horace zu gewinnen.

    Mazet kommt und fragt brüsk, was die Unbekannte von ihm wolle. Er habe wenig Zeit. Sylvie verlangt zunächst nur etwas zu trinken und er bringt ihr ein großes Glas Brunnenwasser. Doch da ist ihr Durst bereits vorbei und er trinkt das Glas selbst leer. Dann erklärt er ihr, dass sie hier keine Damen empfangen würden und er beauftragt sei, solche „Vögel“ zu verscheuchen. Er singt ein Spottlied auf die Damen. Nach seinem Herrn befragt, gibt er vor, dass dieser alle Frauen verabscheue seit jener Geschichte mit einer gewissen Comtesse Sylvie, die alle Männer verrückt mache und sicherlich nicht so schön sei, wie sie selbst glaube. Wenn die Comtesse sich hier sehen ließe, würde Horace sie wohl beleidigen und mit seinen eigenen Händen schlagen (In Wirklichkeit befürchtet Mazet, dass Horace sich wieder in sie verlieben könne). Und er sei dazu da, zu verhindern, dass sein Herr in diese Verlegenheit käme. Da gibt sich Sylvie zu erkennen. Als ihn Horace ruft, will Mazet Sylvie schnell verstecken.

    Aber es ist bereits zu spät. Horace tritt ein und ist sofort hocherfreut, Sylvie in seiner bescheidenen Hütte zu sehen. Sie erkennt, dass er sie immer noch liebt und die Aussagen Mazets nur vorgespiegelt waren. Sylvie lädt sich dann selbst zum Mittagessen ein. Da wird noch Zeit genug sein, über ihr Anliegen zu reden.

    Dann kommt auch noch Maître Jean hinzu. Sylvie tut so, als ob es ein Zufall sei, ihn hier zu treffen und stellt ihn als Haushofmeister des fiktiven Herrn Lélio vor. Indessen regt sich in Horace sofort die Eifersucht. Sylvie nennt Jean einen Meister der Kochkunst, der Mazet helfen könne, ein gutes Mahl zu bereiten.

    Es folgt ein Ensemble: Horace freut sich, seine geliebte Comtesse hier zu sehen. Sylvie glaubt, Horace nun in der Hand zu haben. Mazet fürchtet, dass sein Herr ihr jetzt ausgeliefert sei. Jean wundert sich, dass seine Herrin sich auf diese Weise kompromittieren will. Dann bietet Horace Sylvie seinen Arm und sie gehen ab.

    Jean fordert Mazet auf, mit ihm die Vorräte des Hauses zusammenzutragen, um das Mahl zu bereiten. Mazet singt noch ein Spottlied auf die Männer, die sich so schnell umstimmen lassen. Dann nimmt er einen Korb, um einkaufen zu gehen. Der Vorhang fällt.


    ZWEITER AKT

    dasselbe Bild

    Maître Jean hat Vorbereitungen für ein opulentes Mahl getroffen und wartet nun auf Mazet, der die Zutaten bringen soll. Inzwischen singt er ein Lied auf die Kochkunst.

    Da kommt der Kammerdiener mit leerem Korb zurück, weil die Händler Horace keinen Kredit mehr geben wollten. Dem enttäuschten Jean schlägt er Saubohnen als Mahlzeit vor, für die dieser ein Rezept mit allerhand Zutaten entwickelt. Es entspinnt sich eine Diskussion über die Zubereitung von Speisen, für die die Zutaten fehlen.

    Mazet schlägt (aus Mangel an diesen Zutaten) vor, die Saubohnen nur in Wasser mit etwas Salz zu kochen. Jean zieht sich zurück, weil er dafür nicht verantwortlich sein will.

    Horace hat sich für einen Augenblick von Sylvie lösen können, die im Garten die Blumen betrachtet und kommt nun, um sich zu erkundigen, wieweit die Vorbereitungen gediehen sind. Da noch nichts geschehen ist, beschließen Horace und Mazet, zuerst den Tisch zu decken. In einem heiteren Duett ergibt sich, dass

    - der Tisch wackelt,

    - nur eine halb zerrissene Decke aufzufinden ist, deren Beschädigung Mazet aber gut verdeckt,

    - gerade zwei Teller vorhanden sind,

    - es auch nur zwei unterschiedlich große Gläser gibt, wobei das kleinere wohl für die Comtesse besser zu handhaben sei,

    - die beiden Bestecke nur aus Zinn statt aus Silber bestehen.

    Aber was soll man als Braten servieren? Auch der Hühnerstall ist inzwischen leer. Bleibt nur die Taube. Horace ist schließlich auch bereit, die Taube für seine Geliebte zu opfern, und gibt die Zustimmung zur Schlachtung. Sie entfernen sich.

    Sylvie kommt herein. Sie macht sich Vorwürfe, Horace in dieses Elend gebracht zu haben, erinnert sich in einer Romanze an sein zärtliches Werben und bereut, dass sie ihm die „kalte Schulter“ gezeigt hat. Dann kommt Maître Jean und beschwert sich, dass man Sylvie lediglich in Salzwasser gekochte Saubohnen servieren will. Doch sie entgegnet, dass sie auch das hinnehmen wolle, um die Taube zu erlangen.

    Horace bringt seine letzte Flasche Wein, die er auf Wunsch Sylvies Jean zum Einschenken übergibt. Sylvie hat im Garten einen Blumenstrauß gepflückt und sagt, dass sie seit Horaces Weggang aus Florenz ihr nie jemand Blumen geschenkt habe. Er singt daraufhin ein Couplet, in dem er meint, dass doch alle ihr zu Füßen fallen müssten. Sie aber berichtet, dass Amynte jetzt die Göttin der Gesellschaft sei. Dazwischen hört man im Hintergrund den Schmerzensschrei eines Vogels. Horace erschrickt. Schließlich fragt er Sylvie nach ihrem Anliegen. Das will sie ihm aber erst nach dem Essen sagen.

    Mazet kommt mit einem gebratenen Vogel herein und Maître Jean wundert sich, woher er den wohl hat. Sylvie und Horace setzen sich zum Essen. Die beiden anderen entfernen sich.

    Horace legt Sylvie einen Flügel des Vogels vor, er selbst möchte - verständlicherweise - nichts von seiner geliebten Taube essen. Sylvie stellt fest, dass der Vogel einen seltsamen Geschmack hat, isst jedoch tapfer davon. Im Verlauf des Tischgesprächs kommt Sylvie dann auf die Taube zu sprechen. Nun muss Horace bekennen, dass es die Taube nicht mehr gibt. Sylvie erkennt, dass er mit diesem Opfer keinen größeren Beweis seiner Liebe hätte erbringen können und offenbart auch ihm ihre Liebe.

    In diesem Augenblick tritt Mazet mit der lebenden Taube auf der Hand ein. Auch Maitre Jean kommt hinzu und berichtet, dass der Papagei Amyntes entflogen sei und dreißig Diener nach ihm suchten. Bei näherem Betrachten stellt man fest, dass die Comtesse den vermissten Papagei verspeist hat. Als Horace sie nun fragt, ob sie die Taube weiterhin benötige, bejaht sie: Sie solle ihn für immer an seine Liebe erinnern. Die Oper endet in einem fröhlichen Ensemble über den Sieg der Liebe.

    Lieber Gerhard, ich glaube nicht, dass man sich im Kampf gegen das - wie Du es nennst - "Regisseurstheater" auf die Silja berufen kann und darf. Das machte sie klein und provinziell. Schließlich war sie sehr intensiv mit einem maßgeblichen und radikalen Erneuerer des Operntheaters nach dem Zweiten Weltkrieg liiert, der sie bis heute prägte.

    Lieber Rheingold,


    das sehe ich anders. Zwar haben Wolfgang und Wieland Wagner die Bühne von überflüssigem Tand entrümpelt, aber sie haben nicht, wie die heutigen Regisseure in die Handlung eingegriffen und sie bis zur Unkenntlichkeit entstellt, wie es heute in Bayreuth geschieht. Auch blieb in den abstrahierten Bühnenbildern für mich noch die Illusion von Ort und Zeit erhalten. Es scheint aber die Meinung einiger Leute zu sein, dass das die Grundsteinlegung für die heutigen verkrampften Modernisierungsversuche und Verunstaltungen der Werke gewesen sei.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Lieber Carlo,


    Frau Silja hat immer klar und ohne Umschreibung ihre Meinung zum Regisseurstheater gesagt, die ich vollkommen teile. Ich erinnere mich, dass sie in einer Matinee in Ölbronn (sinngemäß) sagte: "Ich suche mir die Regisseure rechtzeitig aus. Ich will doch nicht von der Decke hängen und im Mülleimer landen."


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Auch wir möchten Anja Silja, die wir bei unseren Besuchen des Künstlertreffens der Gottlob-Frick- Gesellschaft persönlich als sehr freundliche und lebhafte Dame kennen und schätzen gelernt haben und die wir mit ihren klaren und treffenden Aussagen auch in zwei Matineen erlebt haben, nachträglich zu ihrem gestrigen 80 Geburtstag gratulieren. Wir wünschen ihr weiterhin viel Gesundheit und freuen uns schon, sie - hoffentlich - in diesem Jahr dort wiederzusehen.


    Liebe Grüße

    Erika und Gerhard Wischniewski

    Anmerkungen:

    Halévy arbeitete in seinen letzten Lebensjahren an dieser Oper, die aber zum Zeitpunkt der vorgesehenen Uraufführung in Paris nicht fertig wurde. Das Werk blieb unvollendet. Sein Schüler und Schwiegersohn Georges Bizet vollendete das Werk und schlug auch alternativ den Namen „Le Déluge (Die Sintflut)“ dafür vor, fand aber dann kein Theater, das es aufführen wollte. So wurde es erst 1885 (10 Jahre nach Bizets Tod) in Karlsruhe uraufgeführt.

    Wieweit Bizet an der Komposition beteiligt ist, steht nicht genau fest. Zumindest im Bacchanale des dritten Aktes hat er eigene Melodien (aus Djamileh, La Coccinelle) verwendet. Vermutlich hat Bizet auch die Skizzen von Halevy instrumentiert.

    Die Oper wurde 2004 in Compiegne wieder aufgeführt. Davon gibt es eine Aufzeichnung auf DVD

    Wer die wundervolle Musik dieser Oper kennenlernen möchte kann sie in der Inszenierung aus Compiegne auch auf youtube (mit russischen Untertiteln) ansehen. Die Inszenierung selbst ist ein Mischmasch aus historisierenden Tableaux und dem verkrampften Versuch modischer Einschübe (biblische Geschichte mit Maschinengewehren(!)):

    Jacques Fromental Halèvy ( 1799 – 1862 ), Georges Bizet ( 1838 – 1875 )

    Noé


    Oper in drei Akten

    Libretto: Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges

    Originalsprache: Französisch


    Uraufführung: Karlsruhe 1885


    PERSONEN DER HANDLUNG

    Noé, biblischer Patriarch, Bass

    Cham, ältester Sohn Noés, Bariton

    Saraï, seine Ehefrau, Sopran

    Sem, zweiter Sohn Noés, Tenor

    Japhet, jüngster Sohn Noés, Sopran

    Eliacin, Häuptling eines reichen Hirtenstammes, Bariton

    Ebba, seine Tochter, Sopran

    Ituriel, Erzengel, Tenor

    Hirten, Jäger, Volk, unsichtbare Chöre der Cherubim und Seraphim, Erzengel und Engel, Ituriels Hofstaat, ein Diener


    Ort und Zeit der Handlung: Bei und in Henoch 1), biblische Zeit


    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT

    Im Zelt Noés

    Noé und sein Stamm sprechen ein Morgengebet. Noé freut sich darauf, dass sein Sohn Sem ihm heute seine Braut vorstellen wird. Die Anwesenden – außer Noé und Japhet – eilen hinaus, dem Brautpaar entgegen.

    Japhet, seinem jüngsten Sohn gegenüber, äußert Noé ,dass er sich Sorgen um Saraï mache. Saraï lebe in ständiger Angst um ihren Ehemann Cham, dem ältesten Sohn Noés, der den Stamm verlassen habe. Als Saraï kommt, verlässt Japhet den Vater.

    Noé hofft, nun von Saraï zu erfahren, ob sich hinter ihrem Verhalten Kummer oder ein Schuldgefühl verberge. Saraï gesteht Noé nach einigem Zögern, dass ihr Kummer viel tiefer gründe. Nicht nur, dass Cham sie verlassen habe, sondern dass ein lichtes Wesen sie im Traum zu verlocken versuche. Dieser Traum verfolge sie auch am Tage in ihren Gedanken. Noé versucht, sie zu trösten: Ein Sohn der Hölle sei es, der sie zu verführen versuche; sie möge ihm entfliehen.

    Japhet kündigt die Hochzeitsgesellschaft an. Die Rückwand des Zeltes öffnet sich und man sieht eine freundliche Landschaft mit einem Altar. Eliacin, Sem und Ebba kommen heran, und der Hintergrund füllt sich mit Hirten und anderem Volk. Die drei Genannten fallen vor Noé auf die Knie und bitten um seinen Segen. Noé heißt sie willkommen und schreitet zum Altar. Da verfinstert sich plötzlich der Himmel.

    Die Flamme auf dem Altar erlischt just in dem Augenblick, als Cham, der vermisste älteste Sohn Noés, erscheint. Cham erklärt vor der gesamten Gesellschaft, dass er Saraï nicht mehr liebt und sich von ihr trennen will. Das Geheimnis, warum er zu diesem Entschluss gekommen ist, will er jedoch nicht preisgeben. Saraï beklagt, dass sie oft seinen wilden Mut besänftigen musste und treu ausgeharrt habe, wenn er häufiger zu Hause wegblieb. Jetzt aber werde sie den Stamm Noés verlassen. Sie sagt Lebewohl und geht. Während Noé zornig seinen Sohn schilt und alle Anderen beten, sieht man sie in der Ferne verschwinden.


    ZWEITER AKT

    Eine Oase in der Wüste

    Saraï schläft auf einer Moosbank. Der Erzengel Ituriel tritt hinzu und singt von seiner Liebe zu ihr. Er ist bereit, die ewige Seligkeit für einen einzigen Tag mit Saraï hinzugeben. Unsichtbare Chöre der Cherubim und Seraphim, später der Erzengel und Engel, mahnen ihn. Er verspricht, zurückzukehren. Plötzlich klagt Saraï im Traum, dass Cham ihr untreu geworden ist. Ituriel fällt ihr zu Füßen. Trotz der mahnenden Stimmen der himmlischen Chöre weist er jetzt die Freuden des Himmels zurück. Da zuckt ein Blitz und Ituriels Flügel fallen ab. Über dem Lärm erwacht Saraï und fragt sich, warum Gott sie nicht hat sterben lassen. Ituriel versucht, sie zu trösten. Er erklärt ihr, dass er ein Engel war. Aus Liebe zu ihr sei er nun ein Mensch geworden. Dieses Angebot weist sie zurück und fleht ihn an, sie zu verlassen, da sie Cham immer noch liebt. Da hört man Lärm und Ituriel erklärt Saraï dessen Ursache: Cham habe seinem Bruder Sem die Braut geraubt und komme nun, um sich hier zu verstecken. Da ergibt sich Saraï verzweifelt dem Werben Ituriels; beide ziehen sich rasch zurück.

    Die Anhänger Chams tauchen auf. Danach schleppen einige Ebba herbei, die sich heftig wehrt. Ebba fragt, wer ihr Entführer sei; da erscheint Cham und gibt sich zu erkennen. Er macht seinen Anhängern ein Zeichen, sich zurückzuziehen.

    Ebba fleht Cham an, mit ihr zu Noé zurückzukehren, aber er weigert sich.

    Da eilt Sem herbei und Ebba wirft sich in seine Arme. Sem fleht den Bruder liebevoll an, zur Vernunft zu kommen. Aber Cham verhöhnt in seiner Leidenschaft sogar Gott. Sem fordert ihn zum Zweikampf, doch Ebba wirft sich zwischen die Brüder.

    Als Sem mit Ebba fliehen will, trennt Cham sie. Er ruft seine Anhänger herbei, die die verzweifelte Ebba fortführen. Einige von ihnen umringen Sem und bedrohen ihn mit ihren Waffen.


    DRITTER AKT

    1. Bild: Im Palast Ituriels in Henoch

    Ituriel, Saraï und der Hofstaat sind zum Fest versammelt. Der Chor ruft zum Tanz.

    Ituriel schwört Saraï noch einmal, dass er sie leidenschaftlich liebt. Schließlich fügt sich Saraï widerwillig in ihr Schicksal: „Ich will versuchen zu vergessen.“

    Es folgt ein Bacchanale mit folgenden Sätzen:

    - Marche des esclaves

    - Ghazel

    - Entrée des Bayadères

    - Le Scarabée

    - Danse des almées

    - Ballabile.

    Danach zerstreut sich die Gesellschaft. Nur Saraï bleibt zurück.

    Der immer noch zögernden Saraï meldet ein Diener einen erschöpften Fremden, der die vermeintliche Königin um Hilfe bittet. Cham tritt ein. Als Saraï ihn erkennt, verhüllt sie sich. Er klagt, dass man ihm die Braut entführt habe, was Saraï als Lüge bezeichnet. Dann gibt sie sich ihm zu erkennen.

    Er wirft ihr vor, Königin der Gottlosen zu sein. Sie leugnet dies und erklärt, ihm die Treue nicht gebrochen zu haben. Sie erinnert ihn an vergangene Zeiten, doch er will nichts davon wissen; er liebe nur noch Ebba. Daraufhin verflucht ihn Saraï. Cham entflieht und Saraï fällt in Ohnmacht.

    Da ertönt liebliche Musik. Japhet kommt und bittet Saraï, mit ihm zu Noé zurückzukehren. Dann zeigt er auf Ebba, die sich – verschleiert – schüchtern nähert. Er bittet Saraï, Ebba nicht zu verstoßen. Saraï tröstet sie. Saraï, Ebba und Japhet bitten Gott um Hilfe.

    Nun wollen sie entfliehen, aber die Türen des Palastes sind verschlossen. Da kommt auch schon Ituriels Hofstaat, darunter Tänzerinnen, die ein Jubellied über den Wein singen. Schließlich treten auch Ituriel und Cham auf, der sich ihm angeschlossen hat. Cham stimmt in das Lob des süßen Lebens mit ein. Während Saraï, Ebba und Japhet zu Gott um Gnade für Cham beten, wird ein Götzenbild errichtet.

    Ituriel fordert Cham auf, seinen Gott zu verleugnen und das neue Götzenbild anzubeten. Ehe Cham das tun kann, wirft sich Saraï ihm zu Füßen, um die Gotteslästerung zu verhindern. Durch deren heftige Bewegung verliert Ebba ihren Schleier. Als Cham sie erblickt, stürzt er zu ihr hin und will mit ihr fliehen. Sie versucht, sich von ihm loszureißen und schickt ein Stoßgebet zum Himmel. In diesem Augenblick erscheint Noé inmitten der Menge. Er nimmt Ebba in seinen Schutz, hebt die Hand und das Götzenbild zerbirst. Dann kündigt er die beginnende Sintflut an. Der Himmel verfinstert sich. Wolken erheben sich von allen Seiten über die Verdammten.


    2. Bild: Spitze des Ararat.

    Die Wasser verlaufen sich langsam. Noé, Saraï, Sem, Ebba, Japhet, Eliacin und ein unsichtbarer Chor preisen Gott und erbitten seine Gnade für die künftige Menschheit. Ein Regenbogen erscheint.


    1) Eine biblische Stadt, die von Kain gegründet worden sein soll und die er nach seinem Sohn Henoch benannte. Hier mit Sodom und Gomorra zu vergleichen.

    Das Thema "Francesca da Rimini" lässt mich nicht mehr los. Ich habe mir eine CD gekauft (Olivero/Del Monaco) und die Musik aufgesaugt. Auf YouTube habe ich eine schöne Fernsehaufnahme entdeckt (Pobbe/Campora).

    Lieber Greghauser,


    von dieser Aufnahme habe ich schon seit Jahren eine prachtvolle Inszenierung. Du findest die DVD für nur 5 € unter folgendem Link

    https://www.zweitausendeins.de…ins-edition-musik-14.html

    Die Interpreten sind Daniela Dessi, Fabio Armiliato, Giacinta Nicotra, Alberto Mastromarino usw. Es handelt sich um einen Live-Mitschnitt aus der Arena Sferistero Macarata von 2004, musikalische Leitung Maurizio Barbacini.

    Das Bildformat ist da noch 4:3.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    ANMERKUNGEN:

    Die Inhaltsangabe entstand nach dem Libretto von 1830. In einer Neufassung für die Aufführung in Genua 1834 änderte Donizetti zu Beginn des 2. Aktes den Soloauftritt Cadmos in einen Soloauftritt Adas, in dem sie sich auf den voraussichtlichen Erfolg ihrer Hinterlist freut.

    Die Oper war weder in Neapel noch in Genua ein größerer Erfolg und war daher lange vergessen. Erst 1985 wurde sie in Genua wieder aufgeführt. 2005 erlebte sie Aufführungen in London, 2010 in St. Gallen.

    Sowohl von der Aufführung in Genua als auch von der in London gibt es Tonaufnahmen:

     


    Die Gesamtaufnahme aus Genua gibt es – allerdings in einer sehr schlechten Bildqualität auch auf youtube zu sehen. Daneben gibt es auf youtube einige Ausschnitte der Audioaufnahmen.

    Gaetano Donizetti ( 1797 – 1841 )

    Il diluvio universale

    (Die Sintflut)


    Azione tragico-sacra in drei Akten

    Libretto: Domenico Gilardoni nach Lord Byron und Francesco Ringhieri

    Originalsprache: Italienisch


    Uraufführung: Neapel 1830


    PERSONEN DER HANDLUNG

    Noè, Bass

    Jafet, Noès Sohn, Bariton

    Sem, Noès Sohn, Tenor

    Cam, Noès Sohn, Bass

    Tesbite, Jafets Frau, Sopran

    Asfene, Sems Frau, Sopran

    Abra, Cams Frau, Mezzosopran

    Cadmo, Anführer der Satrapen 1) von Sennáár2), Tenor

    Sela, seine Frau, Sopran

    Azael, ihr Sohn, stumme Rolle

    Ada, Vertraute Selas, Mezzosopran

    Artoo, satrapischer Hauptmann, Tenor

    Gefolgsleute von Cadmo, Satrapen und ihre Familien, Priester verschiedener Religionen, Volk


    Ort und Zeit der Handlung: Sennáár, biblische Zeit


    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT

    1. Bild: Weite Ebene mit der Stadt Sennáár im Hintergrund und Teilen der Arche

    Noè, seine Söhne und Schwiegertöchter beten vor der Arche. Gott möge dem verblendeten Volk vergeben und die Welt nicht im Meer untergehen lassen.

    Weinend kommt Sela, die Ehefrau Cadmos, des Anführers der Satrapen. Sie beklagt sich über ihren Gatten, der sie, die dem Glauben Noès zuneigt, verhöhnt und ihr das Kind weggenommen habe. Cadmo werde diesen Gott herausfordern. Hier bei Noè aber finde sie Ruhe.

    Da hört man Lärm. Eine Abteilung Satrapen unter Führung von Artoo kommt, um die Arche zu zerstören. Auf die Frage Selas, wer das befohlen habe, erfährt sie, dass das ein Befehl ihres Gatten sei. Als die Satrapen die Arche anzünden wollen, treten ihnen Noè und seine Angehörigen entgegen und fordern sie auf, Gott, der den Menschen geschaffen hat, zu respektieren. Doch sie verhöhnen ihn: Niemand werde ihm glauben. Da bittet Sela für Noè und die Satrapen ziehen sich zurück, indem sie äußern, dass diese Bitte für sie tödlich sein werde. Sela geht, um bei ihrem Gatten zu vermitteln. Im Fortgehen ruft Noè ihr nach, sie möge wiederkommen.


    2. Bild: Hübscher Platz neben der Wohnung des Cadmo

    Ada, die Vertraute Selas, offenbart in einem Solo ihre Liebe zu Cadmo und begehrt, die Macht über sein Herz zu haben.

    Artoo und die Satrapen kommen zurück und fragen nach Cadmo. Dann erzählen sie Ada, dass Sela den „verlogenen Propheten“ (Noè) verteidigt habe. Da sieht Ada eine Chance für sich und bittet die Satrapen, es ihr zu überlassen, Cadmo die Nachricht zu überbringen. Die Satrapen gehen.

    Cadmo tritt auf. Als er nach Sela fragt, erzählt Ada ihm, dass Sela seinen Befehl, die Arche zu verbrennen, verhindert habe. Dann unterstellt sie Sela, dass es ihr nicht um Noè und seine Religion ginge, sondern um den Sohn Noès, Jafet. Cadmo ist wütend.

    Da tritt Sela ein. Cadmo erklärt, dass er alles wisse, und droht mit harten Strafen, falls Noè nicht umgehend verschwinde. Er verbietet ihr, noch einmal zu Noè zu gehen.

    Mit Ada allein gelassen, bittet Sela ihre vermeintliche Freundin um Rat. Ada rät ihr heuchlerisch, sie möge Noè die Botschaft heimlich überbringen. Als Sela gegangen ist, verständigt Ada die Satrapen.


    3. Bild: wie 1. Bild

    Die Satrapen kommen, um Sela zu beobachten und verstecken sich hinter Felsen und Bäumen.

    Sela erscheint und berichtet Noé von den neuen Anordnungen Cadmos. Sie habe sich fortgeschlichen und Ada habe versprochen, auf Cadmo aufzupassen. Da verkündet Noè, dass beim nächsten Morgengrauen die Welt untergehen werde. Er bietet Sela an, mit ihrem Sohn zu ihm auf die Arche zu kommen. Doch sie will sich nicht von ihrem Gatten trennen.

    Jafet stürzt atemlos herein und erzählt, er habe die Satrapen Cadmos in der Umgebung gesehen.

    Da erscheint Cadmo mit Artoo im Hintergrund der Szene. Ada folgt mit den Satrapen.

    Sela erschrickt und wendet sich an Ada, die Cadmo erklären soll, dass sie (Sela) unschuldig sei und Ada verspricht es ihr scheinheilig.

    Artoo meldet seinem Anführer, dass er die restliche Familie Noès gefangen genommen habe. Sela versucht für Noè und seine Familie Gnade zu erwirken und Noè erfleht Gottes Hilfe. Aber Cadmo verkündet, dass Noè und seine Familie bei Sonnenaufgang geopfert werden solle und damit sein Gott verschwinden werde. Doch Noè fürchtet sich nicht. Ada freut sich heimlich, ihre Rivalin loszuwerden und die Übrigen begrüßen, dass nun der Gott Noès für ewig verschwinden werde.


    ZWEITER AKT

    1. Bild: wie 1. Akt, 2. Bild

    Cadmo begrüßt Adas Verrat und fragt sich, warum er Sela nicht sofort erstochen hat.

    Ada kommt und will Cadmo überreden, Sela zu empfangen. Doch er sträubt sich und dankt ihr, dass sie ihn über Selas vermeintliche Schuld aufgeklärt habe. Dafür habe sie nun seine Liebe verdient. Sie tut so, als ob sie das nicht wolle, solange Sela lebt, aber Cadmo sagt, Sela werde sterben. Da es aber Adas Wille sei, lässt er sich schließlich überreden, sie zu empfangen.

    Ada führt Sela herein und lässt sie mit Cadmo allein. Cadmo wirft Sela vor, es sei ihre Schuld, dass aus Liebe Hass geworden sei. Doch sie sagt, sie käme nicht, um Verzeihung zu bitten, weil sie unschuldig sei. Sie bitte nur darum, ihren Sohn Azael noch einmal sehen zu dürfen. Cadmo verweigert das und verkündet ihr, dass er sie nicht mehr als seine Frau betrachte. Dies sei jetzt Ada. Jetzt erkennt Sela die Falschheit ihrer angeblichen Freundin.


    2. Bild: wie 1. Akt, 1. Bild

    Eingeschlossen von den feindlichen Truppen wundert sich Noès Familie, dass Noè ruhig bleibt und sogar schlafen konnte. Er spricht ihnen Mut zu.

    Von Satrapen begleitet, kommt Sela und berichtet vom Verrat Adas.

    Dann treten Cadmo und Artoo mit Satrapen, Priestern verschiedener Gottheiten und viel Volk auf. Cadmo erklärt Noè, das Volk sei seiner verrückten Prophezeiungen müde. Er selbst, Cadmo, werde ihm nun den Weg zum Himmel öffnen, indem er seine Familie und auch Sela in die Arche einsperren und verbrennen werde. Noè verkündet daraufhin die kurz bevorstehende Sintflut, die alles auf der Erde vernichten werde. Doch Cadmo und sein Gefolge nehmen ihn nicht ernst und entfernen sich. Noè begibt sich mit seiner Familie in die Arche.


    DRITTER AKT

    1. Bild: Ein Festsaal

    Die Satrapen, Priester, Artoo, Cadmo und Ada feiern die Hochzeit Cadmos mit Ada.

    Da taucht Sela auf. Sie hat darauf verzichtet, sich mit Noè in der Arche zu retten, weil sie ihren Sohn Azael nicht verlassen will. Cadmo zeigt ihr Azael und verspricht, ihn ihr zurückzugeben und sie wieder in sein Haus aufzunehmen, wenn sie dem falschen Gott Noès abschwöre. Alle Anwesenden fordern sie auf, diesen Gott zu verleugnen. Mit ersterbender Stimme spricht sie den Schwur aus, dann stirbt sie.

    In diesem Augenblick blitzt und donnert es. Alle erkennen, dass die Weissagung Noès eingetreten ist und fliehen in großer Verwirrung auseinander.


    2. Bild: Berge und Täler

    Vom Himmel, aus der Erde und aus den Bergen fließt Wasser. Auf den Wassern sieht man die Arche.


    1) Statthalter in Provinzen (Satrapien)

    2) Gegend zwischen Euphrat und Tigris

    Die Interpreten der heute gesendeten Fassung von 2015 hat Wilfried bereits unter Beitrag 33 genannt. Obwohl bei richtigem Hinschauen jeder erkennen musste, dass ich nur die Inszenierung, die ich empfehlenswert fand, gemeint habe, habe ich meinen Beitrag inzwischen ergänzt, damit diejenigen, die ihn unbedingt missverstehen wollten, ihn nun hoffentlich auch verstehen.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Es handelt sich bei diesem Tannhäuser um eine weit ältere, werkgerechte Inszenierung aus der MET, die ich auf DVD aus 1981, allerdings damals mit den Interpreten Richard Cassilly, Eva Marton, Tatiana Troyanos, Bernd Weikl und John Macurdy, ebenfalls unter der Leitung von James Levine besitze. Empfehlenswert!


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Lieber Crissy,


    ich habe die Carmen von den Bregenzer Festspielen schon 2017 gesehen und sie hat mir - von einigen Mängeln abgesehen - gut gefallen, denn sie hielt sich an die Handlung, ganz im Gegenteil zu dem völlig verhunzten Rigoletto aus diesem Jahr, der heute auch noch gesendet wird, aber des Einschaltens nicht wert ist. Ich habe damals unter "opern aufführungen als Übertragungen per Rundfunk und Fernsehen" (Beiträge 1404 und 1414) meine Stellungnahme dazu abgegeben.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Aber, aber! Da bleibt einem doch die Luft weg!
    Was ich gerade denke, behalte ich besser für mich. <X
    Gerhard, dir ist nicht mehr zu helfen!

    Na ja, da haben Einige - in der Regel dieselben - wenigstens wieder etwas, woran sie sich hochziehen können. Diese Worte über die Krankheit "Regietheater" oder besser "Regisseurstheater" habe ich auch schon früher gebraucht, als von einer Coronakrise noch keine Rede war. Und es hat hier bisher keiner der Befürworter fertig gebracht, mir den Sinn dieser von Menschen künstlich erzeugten Krankheit zu erklären. Dass ihr diese allgemein gültigen Worte nun unbedingt in Zusammenhang mit der derzeitigen Krise bringen wollt, ist allein eure Erfindung, und eure Aufregung beschwört ihr selbst herauf.

    Denke was du willst, es würde mich ohnehin nicht interessieren. Und dass dir dabei die Luft wegbleibt, tut mir leid, aber da kann ich dir nicht helfen

    Im übrigen benötige ich keine Hilfe, ich kann mir glücklicherweise noch selbst helfen.


    Gerhard

    :no::no::no::no::no::no:


    Gerhard, Dir ist auch jedes Mittel Recht in Deinem Wahn, gegen das Theater der Gegenwart etwas ausrichten zu können. Dir wird das nicht gelingen!

    Lieber Rheingold,


    ich sage unverblümt, ohne juristisches oder philosophisches Drumherumreden, dafür aber - denke ich - in verständlicher Sprache, was viele über die Verunstaltungen der klassischen Werke durch das Regisseurstheater denken. Und das kannst auch du mir nicht ausreden.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Was die "Provinztheater" betrifft: Ich habe mir in meinem Leben fast nur Vorstellungen, meist Gastvorstellungen hier in Leverkusen, leisten können. Nur wenige Male hatten meine Familie und ich im Urlaub auch mal die Gelegenheit, z.B. die damals noch unverdorbenen Bregenzer Festspiele oder einmal eine Vorstellung in Verona zu sehen. Für umständliche Reisen und damit verbundene Übernachtungen mit Familie war, abgesehen von einem Erholungsurlaub jährlich, mein Budjet zu klein, denn es gab noch andere wichtige Dinge im Leben.

    Aber die Vorstellungen der sogenannten "Provinztheater" waren bis vor wenigen Jahren noch unverseucht. Leider schlich sich das Regisseurtheatervirus dann auch dort ein und begann, sich immer weiter zu verbreiten, was leider heute schon fast zu Pandemie geworden ist.

    Deswegen suche ich mir heute ein Paar Vorstellungen aus der MET oder vom Royal Opera House im Kino aus, die keine Neuinszenierungen sind und bei denen ich mich vorher informiert habe, dass sie akzeptabel sind. Und dort treffe ich dann auch die vielen Regisseurstheaterflüchtlinge. Glücklicherweise gibt es auch auf DVD noch eine Reihe vernünftiger Inszenierung ohne Verschandelung und Verdrehung des Inhalts. Und das zum halben Preis der Opernkarten für zwei im hintersten Rang. Da muss eben das Heimkino herhalten.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Du kennst den Text von Brenner, ich kenne ihn auch. Wir sind nach der Lektüre zu unterschiedlichen Eindrücken gelangt. Würde auf dem Theater so verfahren, wie es sich dieser Autor wünscht, es würde an sich selbst verenden, zuminmdest aber austrocknen, in Langeweile erstarren. Theater braucht ständige Erneuerung, Angebote, Vorschläge und Experimente - ob uns das passt oder nicht.

    Lieber Rheingold,


    wie ich schon gesagt habe, halte ich den erst vor 11 Jahren entstandenen Text bei weitem nicht für überholt. Zwar hast du recht, dass Theater Neues schaffen muss. Aber muss es deswegen die vorhandenen Werke durch Veränderung des Inhaltes verunstalten? Ich habe einige Werke mehrfach erlebt, die jedes Mal neu geschaffen waren, aber ohne dass deren Inhalt entstellt, ins Gegenteil verkehrt, durch zusätzliche alberne Mätzchen "angereichert" und vielerlei Weise unkenntlich gemacht wurde.

    Brenner hat in dem Aufsatz sehr schön gezeigt, wie der ein Regisseur mit Respekt vor dem Werk bestimmte inhaltlich wesentlich erscheinende Dinge durch richtiges Lenken der Schauspieler oder Sänger herausstellen (was ja seine eigentliche Aufgabe ist, die aber viele wegen Durchsetzung eigener irrer Ideen vernachlässigen) und andere in den Hintergrund rücken kann, und dadurch neue Inszenierungen schaffen kann, ohne dass er dabei das ihm anvertraute Werk inhaltlich verändern muss. Ich habe bei den mehrfach gesehenen Werke nie Langeweile verspürt, weil sie jedesmal anders und dennoch werk- und librettogerecht inszeniert waren.

    Es gibt aber sehr viele Beispiele aus neuerer Zeit, wo die Inszenierung nicht mehr zu dem Text und der Musik des Werkes passt. Hier sind in Laufe der Zeit schon viele Beispiele angeführt worden und auch der Aufsatz zeigt solche Beispiele auf. Noch nie aber hat hier einer der Befürworter den Sinn solcher willkürlichen Abwandlungen (z.B. Kalaschnikoffs in einer biblischen Geschichte) erklären können, denn es gibt für so etwas keine andere Erklärung als Verdrehung von Tatsachen bzw. geistige Verwirrung.

    Das Theater kann Erneuerung, Angebote, Vorschläge und Experimente mit von Grund auf neuen Werken schaffen, aber nicht durch Missbrauch vorhandener Werke. Die von Brenner genannten Thesen sind für mich unumstößlich und dürften auch in sich verändernden Zeiten ihre Gültigkeit behalten.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Viel eher dürfte künftig im Opern- und Theaterbetrieb noch viel mehr gespart werden, Bombast also kaum auf der Tagesordnung stehen.

    Lieber Joseph,


    Bombast ist auch garnicht notwendig. Viel wesentlicher ist, dass auf der Bühne, wie ich auch schon in Beitrag 946 sagte, die Werke inhaltlich unverfälscht dargestellt werden. Auf Bombast mit verunstalteten Werken kann ich und können wohl auch die meisten Opernfreunde verzichten. Ich habe manches Werk, in dem der Regisseur seine eigentliche Aufgabe, nämlich das Libretto, auf das der Komponist seine Oper geschrieben hat, in Bilder umzusetzen und dabei das Wesentliche zu betonen und das Unwesentliche in den Hintergrund zu stellen verstand, in schlichteren Bildern ohne großen Bombast gesehen. Ich selbst habe eine Reihe von Jahren Amateurtheater (Sprechtheater) mitgespielt, bei dem nur ein geringes Budjet zur Verfügung stand. So beschränkte sich das Bühnenbild und die Kostüme auf wenige Gegenstände, die für die Handlung erforderlich waren und Kostüme, die oft selbst von den Spielern geschaffen wurden. Aber die Handlung wurde nicht in ihrem Inhalt berührt oder gar ins Gegenteil - wie heute oft üblich - umgestrickt. Und das Publikum war zufrieden.

    Wir haben manchmal auf dem Speicher des Bühnenhauses alte verstaubte Kulissen gefunden, die sich durchaus in eine Handlung integrieren ließen. Die wurden dann entstaubt und aufgepeppt. Oft genügte ein kleiner Umbau unter einsatz der eigene Kräfte.

    Die großen Bühnen werden sicherlich auch in Zukunft über ein Budjet verfügen, das ihnen erlaubt, ohne besonderen Bombast, die Werke wahrheitsgetreu und in werkgerechte Bilder umzusetzen. Ob es die Regisseure noch verstehen, bleibt allerdings nach den Erfahrungen der letzten Jahre zweifelhaft.

    Und was die Diskussion um den Artikel von Dr. Brenner betrifft: Auch wenn er bereits 11 Jahre alt ist, den ich jetzt erst entdeckt habe, ist er heute noch genauso aktuell wie damals. Nein, er ist eher noch aktueller geworden, denn die Verunstaltungen werden ja sind ja eher schlimmer geworden und breiten sich immer mehr aus.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Hätte ich nicht Carlos Kleiber, dann wäre mir dieser Rosenkavalier ansehenswert gewesen. Immerhin habe ich ca. 2 Stunden zugesehen, mir aber dann doch gesagt, daß ich langsam müde werde. Gesanglich fand ich es ansprechend, und auch Groisböck hat mir gefallen. Irgendwo im TV hatte ich ihn allerdings schon einmal in dieser Rolle gesehen, da hatte ich ihn noch eindrücklicher in Erinnerung.


    La Roche

    Ich habe gestern nur den zweiten Akt und den Beginn des 3. Aktes sehen können. Vielleicht schaue ich mir den Rest in der Mediathek an. Wie Rheingold habe ich schon bessere Inszenierungen gesehen, aber insgesamt fand ich das, was ich gesehen habe, durchaus ansehenswert, abgesehen von manchen Kostümen (etwa der Goldanzug von Faninal). Besonders gefallen hat mir die Darstellung von Günther Groissböck als Ochs. Jedenfalls endlich mal wieder eine Oper im Fernsehen, die man nicht nach kurzer Zeit ausschalten musste.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Der inzwischen 90jährige Herr Brenner lässt nichts offen für eine Debatte. Er beharrt lediglich auf seinen Positionen, die ewig gelten sollen. Ich kann verstehen, wenn sich Regisseure, die seine Urenkel sein könnten, davon nicht beeindrucken lassen.

    Nicht nur ältere Leute, sondern auch viele junge Leute sehen das anders. Die Werke stehen nun einmal nach dem Tode der Autoren in ihrem Inhalt fest. Jede Unterlegung eines abgeschlossenen Werkes mit einem neuen, nicht vom Komponisten autorisierten Inhalts ist und bleibt eine Verunstaltung und ist eine Respektlosigkeit des Regisseurs vor dem Werk. Aber, wie schon häufiger festgestellt, befasst sich der Regisseur noch nicht einmal mit den Werk,bevor er es inszeniert. Er kennt es nicht und - wie aus manchen aussagen zu entnehmen (siehe auch Zitat von Chrissy aus dem Aufsatz von Dr. Brenner) und will es auch garnicht kennen. Er verwirklicht eine irre Fantasie und weil er dazu keine Musik hat, missbraucht er einfach die Musik der vorhandenen Oper, zu deren Verwirklichung er beauftragt ist.

    Und - wie schon öfter gesagt -, wenn das Werk auch noch unter dem Titel und Autoren vertrieben wird, ist das Etikettenschwindel und ein Betrug am Publikum. Die in dem Aufsatz geäußerten Meinungen sind und bleiben für mich einfach klare Positionen, an denen "die Maus keinen Faden abbeißt", und die jeder vernünftig Denkende anerkennen müsste.

    Nicht ist hingegen einzuwenden, wenn ein Regisseur, der sich selbst verwirklichen möchte, auch neue Musik dazu schafft oder schaffen lässt. Natürlich ist es zugkräftiger, wenn man einen schon bekannten Namen und Titel benutzt und den Zuschauer damit hintergeht. Natürlich darf jeder - wie Rodolfo schreibt - sehen was er will. Aber das darf dann nicht als das echte Werk deklariert werden. Bei richtiger Deklaration soll ruhig hineingehen, wer solche Verunstaltungen mag, aber wenigstens der Zuschauer, der das wahre Werk kennt und liebt, ist gewarnt.

    Zitat von Rheingold

    Was ich ausdrücken wollte ist mein Respekt vor der Leistung von damals, die in positivem Sinne sehr ansteckend wirkte.

    Ja, damals wurde mit einfachen Mitteln Schauspiel und Oper gezeigt, ohne an deren Inhalt zu rühren, heute aber wird mit oft hohem Aufwand ein inhaltlich völlig falsches Werk unter den Titel des echten gezeigt.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Lieber Rodolfo,


    wenn ich in die Oper gehe, informiere ich mich vorher über das Werk und gehe mit der Erwartung hinein, dass mir auch das Werk ohne Abwandlung des vom Librettisten und Komponisten erzeugten Inhalts gezeigt wird. Aber auch das wird in dem Aufsatz angesprochen:

    "Wie viele Opernbesucher aber können mit Fug und Recht sagen, das Werk wirklich zu kennen? Wird ihr Bild nicht vielmehr von einer gewissen Aufführungspraxis bestimmt, von - vielleicht verfälschenden - Traditionen, von den sattsam bekannten und abgestandenen Klischees des sogenannten modernen Regietheaters, von irgendwelchen irgendwelchen extravaganten Interpretationen, die aber einen bleibenden Eindruck und die Überzeugung hinterließen, man habe das angekündigte Stück gesehen...... ?"


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Lieber Crissy,


    interessant fand ich auch diese Passagen:

    Das Theater ist keine therapeutische Anstalt zur Heilung spätpubertärer Krankheitserscheinungen von Regisseuren. Der Opernbesucher, der sich eine Eintrittskarte für eine Don Giovanni-Vorstellung kauft, hat ein Recht darauf, in irgendeiner Weise mit Mozart und da Ponte konfrontiert zu werden und bezahlt nicht, um sich mit den Schwierigkeiten auseinander zu setzen, die der Regisseur auf dem Gebiet der Sexualität hat.


    oder

    Treue zum Werk setzt dessen Kenntnis voraus, und diese Kenntnis ist auch für die Beurteilung erforderlich, ob die Interpretation werkgetreu erfolgt ist.

    Bei manchen, die hier so groß gegen uns tönten, aber keine konkreten Antworten zu beanstandeten Verunstaltungen geben konnten, stellte sich mir hier schon häufiger die Frage, wieweit sie dieses Werk überhaupt kennen.


    oder

    ... Wenn er (der Zuschauer) den Vorgängen auf der Bühne nicht mehr zu folgen vermag oder nicht zu folgen gewillt ist, wird er einfach als altmodisch und konservativ hingestellt.

    Mit Redewendungen wie

    "gegen den Strich bürsten",

    "hinterfragen",

    "gegen Publikumserwartungen angehen",

    "Denkanstöße geben",

    "Brüche aufzeigen",

    um nur einige Beispiele aus dem Phrasenkatalog für Kritiker zu zitieren, verschleiert man allzu oft die eigene Unsicherheit in der Beurteilung.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Diesen sehr interessanten Aufsatz von Herrn Dr. Peter Brenner-Felsenstein - vormals Intendant in Darmstadt und Mainz, veröffentlicht von dem Musikwissenschaftler Stefan Mickisch, empfehle ich jedem wahren Opernfreund, der sich mit den Werken beschäftigt und nicht alles das, was ihm heute geboten wird, als das echte Werk des Komponisten hinzunehmen bereit ist:

    https://www.mickisch.de/richard-wagner/werktreue/


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Anmerkungen:

    Ein Freund schenkte mir kürzlich folgende Aufnahme dieser Oper (in deutscher Sprache):



    Das hat mich angeregt, diese hier einmal vorzustellen. Wie viele Opernfreunde wusste ich, dass die weltberühmte Melodie der Barcarole aus „Hoffmanns Erzählungen“ nach dem Locklied der Elfen in dieser Oper übernommen wurde. Ansonsten war sie mir leider bisher auch unbekannt. Eine weitere Melodie im Giulietta Akt (Die Liebe fürs Leben ist nur ein Wahn....) entstammt dem Trinklied der Landsknechte aus dem ersten Akt.

    Die Oper, die Offenbach auf die – in meinen Augen – recht banale Übersetzung des französischen Librettos von Alfred von Wolzogen komponierte, enthält eine Reihe wundervoller Melodien.

    Leider war der Darsteller des Franz zum Zeitpunkt der Uraufführung (1864 in Wien) erkrankt, und so musste das Werk stark gekürzt werden, so dass es nur verstümmelt aufgeführt wurde. Auch eine gekürzte dreiaktige Fassung 1865 in Köln musste schon nach der zweiten Aufführung wegen Besuchermangels abgesetzt werden. Danach geriet das Werk in Vergessenheit. Erst in diesem Jahrhundert (2002) wurde sie in Montpellier konzertant aufgeführt. Von dieser Aufführung stammt auch der oben genannte Mitschnitt auf CD.

    Szenisch wurde sie erstmals 2005 in Ljubljana wiederaufgeführt. Diese Produktion wurde auch in Winterthur und St.Pölten gezeigt. Weitere konzertante, szenische und halbszenische Aufführungen gab es u.a. in Trier, Lyon, Cottbus, Bremerhaven, Budapest. In französischer Sprache wurde das Werk (nach dem Libretto von Nuitter) erstmals 2018 in Solothurn gegeben.

    Der irreführende Titel „Die Rheinnixen“ soll auf Eduard Hanslick zurückgehen. Treffender ist der französische Titel „Les fées du Rhin“, da es sich bei den Geisterwesen nicht um Nixen, sondern um Feen handelt.