Beiträge von Rheingold1876

    Meine Liebe zur Musik kann ich mir ohne Kirsten Flagstad überhaupt nicht vorstellen. Sie war immer dabei, eine der Säulen, auf denen alles steht, was mit Gesang zu tun hat bei mir. Sie hat hat in ganz entscheidendem Maße meine Maßstäbe gesetzt. Dabei lässt sich auch viel gegen sie sagen. Gestalterisch haben ihre wichtigen Rollen (Isolde, Brünnhilde, Fidelio-Leonore, Sieglinde, Alceste, Dido) durchaus Grenzen. Sie verausgabt sich nie, ist immer die Hohefrau. Ihr stimmliche Höhe war zu keiner Zeit optimal, ihre Tiefe zu flach. Die sich verströmende Mittellage aber, die hat nicht ihresgleichen. Flagstadt hat mich gelehrt, dass die entscheidene Wirkung beim Singen aus der Mitte kommt. Ihre Stimme, absulut unverkennbar, ist mir immer wie altes Gold vorgekommen, dessen Kostbarkeit auch nicht darin besteht, dass es keine Schrammen und Blessuren hat. Die Venus von Milo braucht schließlich auch keine Arme, um vollendet zu sein. Die Isolde in der berühmten Furtwängler-Aufnahme, in der ihr Elisabeth Schwarzkopf die C's bei der Begegenung mit Tristan im zweiten Aufzug geliehen hat, ist mehr zelebriert denn für die Bühne gesungen, denn nichts ist dem Zufall überlassen. Sie gibt (mir) eine Vorstellung davon, wie diese Partie stilistisch zu bewältigen ist. Ein Hauch von Vollendung schwebt darüber. So schön kann Wagner klingen. Die berühmten "Bühnentiere", die in diesem Werk um ihr Leben singen, was mir in Teilen auch sehr gut gefällt, haben dem Werk viel von seiner Exemplarität genommen. Sie machen gern Oper daraus, die Flagstad ist immer Kunst.


    Meine liebsten Aufnahmen von ihr sind die orchestertbegleitenen Lieder von Sibelius und Grieg. Darin funkelt es wie in kostbarsten Edelsteinen. Viele Einspielungen kamen spät, manches zu spät, will man sie nur nach gesangstechnischen Maßstäben beurteilen. Der Wirkung nach hat sie in ihre letzten Aufnahmen hinein, darunter die Norwegian Hymns mit Orgel aus einer Osloer Kirche nicht aufgehört, eine der begnadesten Sängerinnen zu sein. Sie hat außerordentliche viele Platten aufgenommen und Rundfunkaufnahmen hinterlassen, die mit sammlerischer Hartnäckigkeit auch alle noch zu ergattern sind. Lieder nehmen in diesem Erbe einen größeren Rang ein als die Oper.


    Besuch im Kirsten-Flagstad-Museum


    Kürzlich habe ich ihr Geburstaghaus in Hamar besucht. Es ist ein Museum. Wer List hat, kann sich mal den kleinen Bericht durchlesen, den ich für eine Zeitschrift geschrieben habe:


    "Nie war ich KIRSTEN FLAGSTAD so nahe wie in ihrem Geburtshaus in Hamer. Eineinhalb Eisenbahnstunden nördlich von Oslo gelegen, eine schlichte Stadt. Der stattliche Bahnhof, hier und da ein altes Haus, ein Grand Hotel, eine Terrasse unter einer Pergola lassen einstigen Wohlstand erahnen. Inzwischen hat sich eine gewisse Tristesse über Straßen und Plätze gelegt. Das Letzte, woran der Flaneur an diesem abgeschiedenen und uncharmanten Ort im Norden Europas denken würde, ist die Flagstad. Diese hohe Frau, durch und durch Dame wie es sie heute kaum mehr gibt, die nie ohne Perlenkette aus dem Haus ging, den kostbaren Pelz über die Schultern geworden. Wer sie noch persönlich erlebt hat, spricht zu allererst von der raumgreifenden Wirkung, das ihr Erscheinen hatte. Betrat sie einen Raum – von der Bühne gar nicht erst zu reden – stocke den Anwesenden der Atem. Dabei soll sie sehr herzlich ein einfach gewesen sein.

    Herzlich und einfach, das sind die Attribute, die sich hauptsächlich mit ihrem Geburtshaus verbinden, weniger Pelz und Perlenkette. Das einstöckige Holzhaus, etwas abschüssig mitten in der Stadt gelegen, ist keine Villa wie jenes komfortable Anwesen in Kristiansund an der Atlantikküste, das sie auf der Höhe ihres Ruhms bis zum Tod 1962 bewohnte und das den angemessenen großbürgerlichen Rahmen für das glanzvolle Leben dieses Weltstars abgab. In Hamer muss sich der Gast Kirsten als Kind einer Musikerfamilie denken – der Vater Dirigent, die Mutter Pianistin. Ölgemälde aus späteren Jahren zeigen die Mutter streng, den Vater versonnen und selbstbewusst. Obwohl dieses enge Haus der authentischsten aller Orte ist, das kleine Mädchen, das auf der engen Stiege zum oberen Geschoss herumhüpft, konnte ich mir nicht vorstellen. Dafür sind die Devotionalien, die allesamt aus jenen Jahren stammen, als die Flagstad an der Met, an der Scala, in London, Zürich, Paris oder Wien ihre größten Erfolge feierte, zu überwältigend. Sie haben nichts mit den einfachen und schlichten Jugendjahren in diesem Provinznest zu tun. Sie sind hier untergebracht, weil es sonst keinen anderen persönlichen Ort der Erinnerung gibt. Die Villa in Kristiansund ist verkauft, die Asche ins Meer gestreut. Es gibt kein Grab von Kirsten Flagstad.

    Das berühmte Kostüm der Brünnhilde mit Federhelm, Schild und Speer scheint einen der kleinen Räume fast zu sprengen. Zu sehen ist auch, was sie als Isolde, Elisabeth und Kundry trug. Hier wie da ist die allzu große Nähe der Wirkung der Modelle nicht zuträglich. Dies gilt nicht für den Schmuck, den die Flagstad als Purcellsche Dido 1951 im Londoner Mermaid Teatre trug, und der es wenig später auch auf das Plattencover der Studioproduktion von „Dido and Aeneas“ brachte. Diadem, Ohrgehänge und Kette scheinen aus purem Gold gearbeitet. In einer anderen Vitrine glänzt der Pokal, den sie bei der Verabschiedung in der Metropolitan Opera als Alceste mit beiden Armen als strahlende Siegerin hoch hält. Ein prunkvolles Bett, über das ein feiner Morgenmantel und ein Negligé aus feiner Spitze geworden sind, bildet einen grellen Kontrast zur Einfachheit des Standorts. Diskrete Besucher gehen schnell daran vorbei. Ich jedenfalls möchte nicht wissen, wie Kirsten Flagstad auf dieser Liegestatt geruht hat. Guten Geschmack verraten alle möglichen persönlichen Gebrauchsgegenstände wie Necessaires, Schminkkoffer, das grüne Reiseglas für den Cherry.

    Niemand kann die Fotos zählen, die die Wände fast aller Zimmer übersäen. Sie dokumentieren eine lange Karriere, an deren Anfang nicht Wagner stand sondern das ganz normale Repertoire eines jungen begabten Soprans – einschließlich Auftritte in Operetten wie „Vetter aus Dingsda“ oder „Fledermaus“. Zeit braucht es, sich in die vielen dicken Bände mit den gesammelten Kritiken, Besprechungen und anderen Veröffentlichungen zu vertiefen. Eine Diskographie, die in den USA als Dissertation angenommen worden war, leistet das akustische Erbe der Sängerin, das bekanntlich sehr umfangreich ist, in allen seinen Verzweigungen auf. Verfolgt wird die Veröffentlichungsgeschichte jede Arien, jedes Liedes, jeder Szene. Wann, wo, wie ist welche Aufnahme erschienen? Der Autor erbringt den Beweis, dass dies tatsächlich wissenschaftliche Forschungsarbeit ist und keine aberwitzige Sammlerwut. Die freundliche und kompetente Führung erklärt geduldig. Auf Wunsch werden Platten und CDs aufgelegt. Mild und leise wie er lächelt....

    Einmal das Geburtshaus von Kirsten Flagstad besuchen! Der lang gehegte Wunsch hat sich erfüllt. Ich bin zufrieden und tief bewegt. Bin ich auch der Sängerin näher gekommen? Nein. Ich bin ihr ja längst nahe, wenn ich mich in ihre Aufnahmen versenke. Das ist die Begegnung mit der Ewigkeit. Kostüme und Bettgestelle werden eines Tages nicht mehr da sein."


    Wer will, kann das Kirsten-Flagstad-Museum in Hamar auch im Internet besuchen, virtuell durch die Räume gehen, in Fotoalben blättern, Bücher und CDs bestellen: http://www.kirsten-flagstad.no


    Danke, Harald, dass Du dieser Thread eröffnet hast.

    Zitat Theophilus: "Man beachte bei Willis neu gekommenem Tristan den interessanten Sänger namens Josef Fischer-Dieskau!"


    Die Lösung sehe ich so: Es wurden aus Platzgründen die Namen der Sänger des Kurwenal (Dietrich Fischer-Dieskau) und des Marke (Josef Greindl) zusammengefasst, um gebührend Raum zu haben für die Erwähnung des Interpreten des Melot (Edgar Evans). Denn der muss ja unbedingt aufs Cover! :D


    P.S.


    Bei so einer Ramschausgabe einer der bedeutendsten Aufnahmen der Schallplattengeschichte kann man offenbar auch nicht mehr erwarten.


    Gruß Rheingold

    Wie wäre es damit?


    http://www.youtube.com/watch?v=dscawT05Rtw


    Richard Strauss
    Salome
    Herodes Julius Patzak
    Herodias Kitsa Damassioti
    Salome Maria Kouba
    Jochanaan Hans Hotter
    Narraboth Erich Kienbacher
    Ein Page der Herodias Sonja Draksler
    Juden August Jaresch, Fritz Sperlbauer, Kurt Equiluz, Josef Schmiedinger, Ljubomir Pantscheff
    Nazarener Ludwig Weber, Hans Braun
    Soldaten Ludwig Welter, Franz Bierbach
    Cappadocier Hans Schweiger
    Sklavin Maria Therese Eseribano


    Wiener Philharmoniker
    Dirigent Hans Swarowsky


    TV-Produktion ohne Jahresangabe


    Ich habe vor einiger Zeit den gesamten Film bei youtube gefunden - im Moment aber nur den Schluss. Allerrfdings habe ich auch nicht genau gesucht.


    LG Rheingold

    Lieber Gerhard,


    wer sich für russische Oper interessiert, dem kann ich das umfängliche "Handbuch der russischen und sowjetischen Oper" von Sigrid Neef aus dem Henschelverlag empfehlen. Du findest es antiquarisch zum Beispiel auch bei unserem Werbepartner Amazon für acht Euro oder bei ZVAB:


    http://www.amazon.de/Handbuch-…F8&qid=1345437666&sr=1-11


    Der "Goldene Hahn" ist in diesem Buch auf acht Seiten genauestens beschrieben. Ich habe es immer zur Hand. Es ist kein Ersatz für die Libretti, die ganz schwer zu beschaffen sind oder gar nicht existieren, hilft einem aber sehr weit. Das Entscheidende über den "Hahn" lese ich aber auch in Deiner schönen Zusammenfassung zu Beginn dieses Threads. Der Vorteil des Wagner-Handbuches in der neuesten Auflage liegt in seiner Vielseitigkeit, weniger in seiner Akribie. Da stimmen wir sehr überein.


    Liebe Grüße von Rheingold

    Und am Ende noch den Bogen zum 'starken Mann' zu schlagen, halte ich für geradezu grotesk - zumindest mir gegenüber verbitte ich mir derlei Haltlosigkeiten.


    Nichts liegt mir ferner als Dir zu nahe zu treten, Garaguly. Aber in Deinen Darlegungen sind mir nun mal zu emotional. Bei derlei Themen ist das wohl nicht anders. Denken wir nur an den massenweisen Missbrauch von Schutzbefohlenen unter dem Dach und unter dem Deckmantel vorwiegend der katholischen Kirche in Deutschland, der uns alle stark betroffen gemacht hat und aufschreien ließ und der übrigens im Gegensatz zum Verfahren gegen King erfolgreich unter den Teppich gekehrt wurde. Es ist fast nichts geschehen, was auch den Rechtsstaat nicht schmückt. Der Rechtssttaat hat eben auch Grenzen, er ist das Machbare, nicht das Vollkommene. Ich finde Kindesmissbrauch entsetzlich. Deshalb ist es gut, dass Juristen in unabhängigen Gerichten entscheiden. Man sitzt schneller am Stammtisch als dass man dort gesehen werden möchte. Du hast Dich in Diesem Forum mit Deiner Meinung eingebracht, ich habe meine Meinung ebenfalls eingebracht. Mehr nicht.


    Mit Respekt grüß Rheingold

    Rein juristisch betrachtet hast Du sicherlich sehr Recht - aber was bedeutet angesichts solcher Taten schon die emotionslose Juristerei? King bleibt mit einem Makel behaftet - das wird nicht zu ändern sein.


    Dann ignoriere ihn doch einfach, den Mr. King, lieber Garaguly. Du musst ihn doch nicht hören.

    Was Du etwas despektierlich "emotionslose Juristerei" nennst, ist der Rechtsstaat. Der ist ohne Alternative und schützt auch Dich. Urteile werden nicht nach Gefühl, nicht nach der öffentlichen Meinung, nicht nach moralischen Befindlichkeiten gesprochen sondern nach dem Gesetz. Und wer seine Strafe verbüßt hat, der ist frei. Ich halte den Rechtsstaat für eine der größten Errungenschaften demokratischer Gemeinwesen, auch wenn er oft schwer zu verstehen ist. Ich teile die Auffassung von Joseph II, der es auf den Punkt bringt. Vielleicht hat er ja Juristerei studiert.


    Moralische Entrüstung, von der auch die Medien leben, kann ich nicht nachvollziehen. Sie wird schnell zur Verneinung des Rechtsstaates und zum Ruf nach dem starken Mann.


    Herzlich grüßt Rheingold

    Zitat von Felix:
    "Es geht mir nicht darum Beethoven als einen üblen Charakter darzustellen. Meiner Meinung nach war er, abgesehen von seiner genialen musikalischen Begabung, sicher nicht besser oder schlechter als die meisten von uns. Das steht für mein Gefühl aber sehr im Gegensatz zum heroischen Bild von ihm, zum Titanen, den man aus ihm gemacht hat."


    Nicht besser oder schlechter als die meisten von UNS? Wer ist UNS? Du, ich, der Alfred Schmidt oder hami? Oder wer sonst? Darum geht es nun wirklich zu allerletzt. Wie kommst Du darauf, Beethoven auf diese Ebene herunterhieven zu wollen? Beethoven, einer von UNS? Du machst ihn dadurch ganz ganz klein. In einem anderen Beitrag von Dir las ich sinngemäß, er, Beethoven, habe auch nicht nach der Botschaft seiner 9. Sinfonie gelebt. Warum auch? Solche Erwartungen zu stellen, ist kleinbürgerlich bis abwegig. Er hat die Neunte geschrieben, ob nun der Text gefällt oder nicht - und das reicht doch. Er hat sie nicht geschrieben um danach zu leben.


    Es ist einer der weit verbreiteten Grundirrtümer der Betrachtungsgeschichte, in schaffenden Künstlern immer auch den guten Menschen ausmachen zu müssen, eine humanistische Botschaft der Werke, in Rechtschaffenheit des Schaffenden umzumünzen. Sie sollen - um es mal sehr salopp zu sagen - komponieren oder dichten und nicht gute Menschen sein. Diese gymnasialen Erwartungen aus dem 19. Jahrhundert haben zu jenen Verklärungen oder Verhunzungen der Biographien geführt, die ihnen wie auch im Falle Beethoven noch immer anhaften wie Pech. Wertfreie Forschung, auch zu den biographischen Details, die nichts ausklammern darf, ist etwas anderes.


    Rheingold

    Also ich sehe bei Kaufmann in dem von farinelli verlinkten Walküre-Ausschnitt aus der Met auch kein Mikro. Was bei einigen Bewegungen so aussieht, ist Teil des Kettenhemdes. Die Met hat meines Wissens nach eine sehr gute Mitschnittanlage, weil ja ständig Aufführungen ins Radio, ins Fernsehen oder in Kinos kommen. Operus hat sehr richtig den Unterschied zwischen dem, was der Zuschauer hört und dem, was durch die Lautsprecher kommt, dargelegt. Wer selbst in der Met gewesen ist, weiß um die gute Akustik. Allerdings ist der Klang bei der Raumgröße auch etwas gedämpft. Wagner oder der dramatische Strauss werden dem Trommelfell nicht gefährlich. Die Sänger sind aber selbst im Family Circle noch sehr präsent, wenngleich sie von dort kaum zu sehen sind.


    Mich persönlich faszinieren immer wieder die Aufnahmen aus der alten Met. Die haben eine unglaubliche Präsenz. Noch beeindruckender sind private Mitschnitte von 1933 und 1934, in denen Frida Leider zu hören ist in "Walküre" und "Tristan". Die Leider hatte ja bekanntlich eine eher "kleine" lyrische Stimme. In diesen Aufnahmen, in denen man sie sehr gut hört, wird deutlich, dass Volumen nicht eine Frage der Lautstärke, also des "lauten" Singens ist sondern der Konzentration, der Verdichtung des Tones. Unglaublich, wie das heute, nach 80 Jahren noch klingt. Dabei war auch die alte Met ein riesiger Kasten.


    Rheingold

    bei Google eBooks herunterladen


    Das ist ein sehr guter Rat. So ein Buch im Netz. Das simmt mich froh und hoffnungsvoll. Im Moment bin ich aber nur in der Lage, das Buch direkt online zu lesen. Kann ich es auch herunterladen, so dass ich auch dann Gebrauch davon machen kann, wenn ich nicht im Netz verweile? Bisher habe ich digitale Bücher immer nur bei Amazon heruntergeladen. Jetzt sind wir beide schon so weit, dass wir uns über derlei Fragen austauschen, lieber Helmut. Nun soll mal wer kommen und das Thema für die Jugend reklamieren. Er käme zu spät.


    Danke für Deine Gelduld. Diese kleine Abweichung vom eigendlichen Thema dient ja schließlich dem Erkenntnisgewinn. Ich bin mir sicher, dass sich Franz Schubert auch Bücher aus im Internet heruntergeladen hätte. Denn der war ja bis zum Schluss immer auf der Suche - und eine seiner letzten Sorgen galt der Beschaffung von Büchern.


    Es grüßt Rheingold

    Danke für die ausführliche, erhellende Antwort, lieber Helmut. Wo finde ich Spauns "Beyträgen zur Bildung für Jünglinge"? Hast Du eine entsprechende Buchempfehlung für mich? In die Bibliothek schaffe ich es nämlich die nächsten Tage aus Zeitgründen nicht. Lesen möchte ich den Aufsatz, der mir nur dem Namen nach bekannt war.



    Gruß Rheingold

    Richtig so, dass Du bei Deiner Meinung bleibst, Eric !!!


    Ich höre Haydn auch viel lieber "größer". Erst dadurch erschloss sich mir seine unendliche Vielfalt. Bei Bruno Weil bin ich - mit Verlaub - eingeschlafen. :huh: Für mich ist ein "romantischer" Haydn kein "verfälschter" Haydn. Im Gegenteil. Das ist die rasante, ins gegenwärtige geholte Erweiterung der Interpretationsmöglichkeit.


    Persönlich halte ich gar nichts von diesem Rückgriff auf vorgebliche Originalbesetzung, Originalinstrumente etc. Man kann 100 oder 200 Jahre veränderte Hörerfahrung und Interpretationsgeschichte nicht einfach beiseite legen. Wie grotesk das ist, wurde erst neulich bei der "Zauberflöte" in Salzburg deutlich. Unten lässt Harnoncourt auf originalen Instrumenten spielen, oben wird diese wunderbare Oper verhackstückt. Eine Rockband hätte dazu spielen sollen, das wäre ehrlicher, konsequenter und am Ende noch spannender gewesen. :jubel:


    Dieser Tage habe ich mir - ich liebe Hörbücher - wieder einmal Joseph Kainz und Gustav Gründgens hervorgesucht. Die sind am Original ja näher dran als wir Heutige. Nun ja. Und es geht gar nicht mehr. Wenngleich beide über einen Detailreichtum und eine Resonanz der Sprache gebieten, die inzwischen niemand mehr beherrscht, ist es doch strenges Museum. Warum soll das bei Musik anders sein?


    Für mich ist der Rückgriff auf Originale zwar interessant aber immer auch ein bisschen verlogen. Es wird sich nur das Positive herausgepickt. Original ist viel, viel mehr.


    Es grüt Rheingold

    Sein Biograph Hans J. Fröhlich vermutet bei Schubert eine fundamentale „Angst vor Bindungen“. Er habe einerseits „Schutz und Liebe gesucht“, habe aber andererseits von niemandem wirklich abhängig sein wollen.


    Lieber Helmut, hat Fröhlich nicht auch vermutet, dass sich Schubert von Mayrhofer nur deshalb zurückgezogen habe, um dessen erotischem Drängen zu entgehen? Überhaupt scheinen mir sexuelle Präverenzen in dem berühmten Schubertschen Freundeskreis eine gewisse Rolle gespielt zu haben. Aber nicht nach Art des "Dreimädlerhaus". Was hälst Du davon? Dieses gewaltige musikalische Werk kann doch nicht das Werk der Enthaltsamkeit sein, der Projektion? In Deinen sehr feinsinnigen und kenntnisreichen Texten, für die ich Dir bei dieser Gelegenheit ausdrückllich danken möchte, denn ich empfinde sie als großen Gewinn für mich, spielt dieses schwierige Thema keine ausgesprochene Rolle, zwischen den Zeilen meinte ich es schon hier und da erkannt zu haben.


    Herzlich grüßt Rheingold

    "Obwohl natürlich der Graf Almaviva die unsympathischste und Susanna wohl die sympathischste Figur ist."


    Und doch gibt es auch Momente, wo das nicht so ist, zumindest bezogen auf den Grafen. Ich glaube, er hat auch echte Gefühle für Susanna. Das klingt auch in der Arie an.


    Besonders brisant finde ich, dass die Gräfin, eine gebürtige Bürgerliche, und die Zofo gemeinsame Sache machen gegen den echten Adel. Das ist ein spannendes Element.


    Gruß Rheingold

    bei Kna ist der Tristan natürlich eine halbe Stunde länger, als bei Reiner,
    aber dadurch wird er sicher nicht schöner. :D


    Ihr hab so Recht mit diesem Londoner Tristan!


    Nur weiß ich jetzt nicht verbindlich, ob es die üblichen Striche gibt. Nur im Ergebnis des genauen Vergleich der jeweiligen Fassungen lässt sich sagen, ob Knappertsbusch nur deshalb mehr Zeit braucht weil er immer mehr Zeit braucht oder ob er auch mehr singen lässt. Da bin ich momentan überfragt. Vielleicht weiß Joseph II mehr.


    Gruß Rheingold

    Gut, dass es die Glyndebourne - DVD mit Anja Silja noch gibt, in der Nik. Lehnhoff - Inszenierung.


    Lieber Dr. Pingel, wie sehr Du mir mit allem was Du schreibst aus dem Herzen sprichst. Die Lehnhoff-Inszenierung habe ich mit der Silja noch in Hamburg gesehen und dann in Berlin - sie war ja auf Wanderschaft. Die DVD hat die wundersame Geschichte sehr gut konserviert.


    Die Mackerras-Opern-Einspielungen habe ich als Einzelausgaben - natürlich mit Text. Nur wegen der Glagolitischen Messe schreite ich zum Neukauf der Sammelbox. Da ich Mackerras für den bedeutendsten Janacek-Dirigenten halte, muss das schon sein. Ich habe nirgends einen Hinweis darauf gefunden, dass er die Messe - eine meiner liebsten Messen - überhaupt eingespielt hat. Nun wissen wir es Dank SchallundWahn. Denn sie hat die Box bereits. Ganz große Freude.


    Gruß und Dank
    Rheingold

    Ich wusste bis jetzt gar nicht, dass Mackerras auch die "Glagolitische Messe" mit den Wiener Philharmonikern aufgenommen hat. Also muss ich mir doch gleich mal diese Box besorgen. Wollte man sie wie unser tüchtiger Eric bei Amazon in MP3 herunterladen (ich würde das ja auch gern tun, um Platz zu sparen) müsste man fast das Doppelte bezahlen wie für die CD-Ausgabe bei gleichen Werbepartner. Das verstehe noch einer. Ich verstehe es nicht.


    Danke für den guten Tipp. Für den tieferen Einstieg bei Janacek habe ich mehr als zehn Jahre gebracht. Und ich wähne mich noch immer erst am Anfang. Immer neue Rätsel tun sich auf. Du hingegen weißt wirklich alles, liebe SchallundWahn. Auf Dich kann man sich verlassen. Dabei hörst Du erst seit gut einem Jahr die Musik, die uns in diesem Forum verbindet. Für Deine Sachkenntnis, die sich ja in allen nur denkbaren Threads niederschlägt, habe ich mein ganzes bisheriges Leben gebraucht. Am meisten habe ich darüber gestaunt, dass Du vor vielleicht sechs Wochen die "Walküre" nicht einmal als Ganzes kanntest, inzwischen aber sehr gute Bewertungen des ganzen "Ringes" unter Kempe im Vergleich mit anderen Aufnahmen vorlegst. Wie machst Du das? Alfred sollte einen Preis für Wunderkinder stiften. :)


    In aller Bescheidenheit grüßt Rheingold

    August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
    Das Lied der Deutschen


    Deutschland, Deutschland über alles,
    Über alles in der Welt,
    Wenn es stets zu Schutz und Trutze
    Brüderlich zusammenhält,
    Von der Maas bis an die Memel,
    Von der Etsch bis an den Belt –
    Deutschland, Deutschland über alles,
    Über alles in der Welt!


    Deutsche Frauen, deutsche Treue,
    Deutscher Wein und deutscher Sang
    Sollen in der Welt behalten
    Ihren alten schönen Klang,
    Uns zu edler Tat begeistern
    Unser ganzes Leben lang –
    Deutsche Frauen, deutsche Treue,
    Deutscher Wein und deutscher Sang!


    Einigkeit und Recht und Freiheit
    Für das deutsche Vaterland!
    Danach lasst uns alle streben
    Brüderlich mit Herz und Hand!
    Einigkeit und Recht und Freiheit
    Sind des Glückes Unterpfand –
    Blüh im Glanze dieses Glückes,
    Blühe, deutsches Vaterland!


    Das ist der komplette Text, gesungen wird nunmehr ja nur noch - aus gutem Grund - der dritte Vers. Und auch der geht vielen Menschen nur schwer über die Lippen. Bei der jünsten Fußball-EM waren die Sänger zu Beginn der jerweiligen deutschen Spiele eine deutliche Minderheit. Aber wie sollen sich auch ein gebürtiger Türke oder ein aus Polen stammender Fußballer mit diesem Worten idendifizieren können? Die Engländer, die Iitaliener oder die Amerikaner sind da viel tüchtiger. Aber die hatten eben auch nicht diese verquaste Geschichte.


    Und zur Erinnerung auch noch der Text der DDR-Hymne, der ja bekanntlich auch auf die gleiche Melodie gesungen werden kann:


    Johannes R. Becher
    Musik: Hanns Eisler
    Auferstanden aus Ruinen



    Auferstanden aus Ruinen
    Und der Zukunft zugewandt,
    Lasst uns dir zum Guten dienen,
    Deutschland, einig Vaterland.
    Alte Not gilt es zu zwingen,
    Und wir zwingen sie vereint,
    Denn es muss uns doch gelingen,
    Dass die Sonne schön wie nie
    Über Deutschland scheint,
    Über Deutschland scheint.


    Glück und Frieden sei beschieden
    Deutschland, unserm Vaterland.
    Alle Welt sehnt sich nach Frieden,
    Reicht den Völkern eure Hand.
    Wenn wir brüderlich uns einen,
    Schlagen wir des Volkes Feind!
    Lasst das Licht des Friedens scheinen,
    Dass nie eine Mutter mehr
    Ihren Sohn beweint,
    Ihren Sohn beweint.


    Lasst uns pflügen, lasst uns bauen,
    Lernt und schafft wie nie zuvor,
    Und der eignen Kraft vertrauend,
    Steigt ein frei Geschlecht empor.
    Deutsche Jugend, bestes Streben,
    Unsres Volks in dir vereint,
    Wirst Du Deutschlands neues Leben,
    Und die Sonne schön wie nie
    Über Deutschland scheint,
    Über Deutschland scheint.


    Gruß Rheingold

    Ich finde es sehr peinlich, dass sich ein subventioniertes Unternehmen wie ein Orchester noch seine Internetauftritte bezahlen lässt. Eigentlich gehören derlei Konzerte ins Radio auch als Zeichen des Respektes für jene, die diese Subventionen aufbringen, nämlich die Steuerzahler. Aber: Berliner Philhamoniker und Deutsche Bank - das passt sehr gut!


    Rheingold

    meines Erachtens sollte der Titel "Deutsche Sinfonie" sowohl in die Irre führen, als auch provozieren, als auch für das gute Deutschland stehen.


    Das sehe ich auch so.


    Und ich finde den Titel "Deutsche Sinfonie" für ein Werk, dass in der Emigration, sehr weit weg von der Heimat, enstand ungemein treffend. Die Nazis hatten "Deutschland" - auch den Begriff - völlig okkupiert. Da war ein Gegengewicht schon nötig.


    Gruß Rheingold

    So ein Treffen beim Heurigen wäre eine sehr hübsche Idee, lieber hami. Ich bin dabei. Nur sollen sich doch Mitglieder des Forum gar icht persönlich kennen dürfen. :( Wie dann ein Treffen? Also in Burka komme ich nicht. :D


    Rheingold

    Du hast doch die Quartette sicher als Download gekauft, Eric. Gibt's da auch eine Trackliste zu? Und wie ist die garantierte Bitrate? Ich habe neulich etwas bei Amazon gekauft. Die Aufnahmen sollten 320 kb/s sein. Am Ende waren es nur 240. Die Mozartschen Quartette in dieser Ausgabe hätte ich nämlich auch sehr gern.


    LG Rüdiger

    Das Düster-Fahle ist, meiner Meinung nach, Ernest Bloch besser gelungen.


    Ganz einfach die Lösung - dann musst Du eben Bloch hören, liebe SuW.


    Ich denke, dass man keine nicht zwei Werke vergleichen, die in ihrer Entstehungszeit fast 70 Jahre und damit eine Epoche auseinander liegen. Verdi ist in seinem Macbeth außerordentlich subtil und mordern. Solche Musik hat es vor ihm nicht gegeben. Da muss man sich schon hinein versenken und auch einen Blick auf das Umfeld werfen. Erst dann - so habe ich es empfunden - wird es richtig spannend, wird Verdi immer interessanter. Die schon erwähnten Hexenchöre suchen ihresgleichen an Finsternis und Geheimnis. Wo diese geniale Musik freundlich und beschwingt klingen soll, habe ich bisher noch nicht herausgehört. Und was für Charaktere! Das ist Shakespeare pur! Ich halte Verdi für den größten Musikdaramtiker der Oper. Weil er immer menschlich ist.


    Es grüßt Rheingold

    Nein - meine Musik wird nicht auf einer unsicheren Festplatte gespeichert....


    Lieber Alfred, liebe Freunde,


    so sicher sind CDs nun auch wieder nicht. Erst dieser Tage habe ich eine DG-Aufnahme des Bachschen Magnificat unter Richter aus dem Regal gezogen - also eine zutiefst solide Pressung - und finde eine ins tiefstes Goldgeld verfärbte Scheibe, die sich nicht mehr abspielen lässt - auf allen verfügbaren Player nicht. Genau diese Erfahrung habe ich zuvor mit dem kompletten Ring des Nibelungen von Memories als Mitschnitt von den Salzburger Festspielen unter Karajan gemacht. Eine Aufnahme, die ich persönlich noch über die Studioeinspielung stelle. Alle CDs haken so vor sich hin. Ich konnte sie wegwerfen. Ein anderes Label, das hier im Forum oft zitiert wird, vertreibt neuerdings Opernaufnahmen, die genau so wenig versiegelt sind wie die am heimischen PC gebrannten. Die Schrift lässt sich mit dem Fingelnagel ganz leicht abkratzen wenn sie sich nicht selbst auflöst und am Ende noch in die Player-Lade bröselt. Das mögen Einzelbeispiele sein. Vom Mythos des Unzerstörbaren kann bei einer CD aber nicht mehr die Rede sein.


    Noch hat sich die gute alte Schallplatte als das beständiogste Medium erwiesen. :)


    Damit ich nicht missverstanden werde: Jeder soll sich seine Sammlung nach eigenen Bedürfnissen und ästhetischen Gesetzen zusammenstellen und sie entsprechend handhaben. Ich bin auch sehr gern bei Freunden, deren Zimmer bis unter die Decke mit Tonträgern angefüllt sind. Erst heute saß ich zwischen Bergen von Schellacks und riesigen Grammophonen. Es wurde Jadlowker aufgelegt. Das hat schon was. Persönlich, und das gilt wirklich nur für mich, könnte ich nicht so leben. Musik ist für mich Musik, die brauche ich nicht zu "sehen". Mein Auge hört nicht mit. Ich höre nur mit den Ohren, und da ist es mir völlig egal, wo diese Musik herkommt. Ob von Festplatten oder aus dem Grammophon. Nur sehr gut muss es klingen. Und ich will Musik auch in meiner Hängematte im garten hören können.


    Physisch reichen mir schon die vielen Bücher, die eben noch längst nicht digital ersetzbar sind. Die Angebote nehmen zu, aber meine Interessen finde ich nicht genügend oder nur als Hauch berücksichtigt. Der ganze Dickens in modernen Übersetzungen ist nicht dabei. Für alle Feinheiten der sehr schwierigen und umständlichen Originalsprache reichen meine Kenntnisse leider nicht aus. Dostojewski, Hesse, Thomas Mann, Anna Seghers, Christa Wolf, Adalbert Stifter, Eichendorff - Autoren, die ich eigentlich ständig immer wieder lese, sind fast nicht verfügbar. Aber es gibt auch betörend gute Angebote, auch aus der klassischen deutschen Literatur, den ganzen Goethe für keine drei Euro bei Amazon im Kindle-Shop (inzwischen auch auf dem iPad lesbar), den Schiller, Fontane, Storm, das meiste von Kafka, die mir wichtigen Märchen von Andersen und Grimm (von den Grimms auch die sehr problematischen, die in gängigen Ausgaben weggelassen werden). Es gibt die Luther-Bibel und den Koran. Jetzt habe ich sogar kostlos die sehr umfängliche und reich bebilderte Habilitationsschrift von Hugo Meyer über den Antinoos im Netz gefunden, die ich jetzt mit meinem iPad herumtragen und studieren kann. Will sagen: Die traditionelle Wissenschaft macht keinen Bogen mehr ums Digitale. Mir wäre beides lieb, das Buch und der Datensatz.


    Wichtig ist, dass wir uns nicht auseinanderdividieren in unseren Handhabungen und uns gegenseitug Respekt zollen und am besten noch voneinander lernen. Zu viel verlangt?


    Herzlich grüßt in die Runde Rheingold

    Da fand ich den Kommentar im Booklet, sie habe wegen ihrer "Bühnensucht" selbst ihre Abneigung gegen moderne Musik überwunden, eher befremdlich. Wie soll man das verstehen?
    Und dann ihre Klytämnestra...die Inszenierung von 1967 war ein Skandal, warum?


    Der Kommentar im Booklet dieses Albums wird der Mödl nicht gerecht. Er ist schlicht und hausbacken. Wenn Du, liebe SuW, etwas über diese große Künstlerin erfahren willst, dann besorge Dir das Buch "So war mein Weg" aus dem Parthas-Verlag. Du bekommst es zum Beispiel bei Amazon auch gebraucht zu einem günstigen Preis. Hier der Link:


    http://www.amazon.de/war-mein-…TF8&qid=1344363339&sr=8-1


    Das Buch beruht auf Gesprächen mit dem Musikschriftsteller Thomas Voigt, der die Mödl gut kannte wie niemand anderes. Er hat ihr die richtigen Fragen gestellt, was immer eine ganz besondere Kunst ist. So wie das Brecht in der "Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration" poetisch verarbeitet hat. Dort wird der Zöllner bedankt, weil er dem Weisen seine Weiheit abverlangt hat. Ein wunderbares Gedicht! In unserem Falle hat Voigt wunderbare Sache aus der Mödl herausbekommen.


    Was war mit der "Elektra" 1967 an der Staatsoper Unter den Linden im Osten Berlin? Es war die erste Inszenierung von Ruth Berghaus, der viel jüngeren Frau des berühmten Komponisten Paul Dessau. Sie wuchtete das Stück auf ein Brettergerüst vor einem weißen Rundhorizont, wie als modernes Zitat der Shakespeare-Bühne. Alles war auf die weiß geschminkten Figuren stilisiert in der Art des japanischen Kabuki-Theaters. Menschen, die sich heute noch an diese Inzenierung erinnern, schwanken zwischen Faszination und Verstörung. Die wurde sofort abgesetzt. In der DDR-Presse hagelte es totale Verisse. Man sah das gesamte Erbe in Gefahr. Es gibt etliche Anhandlungen über diese Elektra-Deutung. Nach meiner festen Überzeugung war diese Inzsnierung die Geburstsstunde des so genannten und heftig umstrittenen Regietheaters. Und die Mödl mittendrin. Das fand ich immer faszinierend. es passt zu ihr.


    Als Sängerin von höchsten Gnaden hatte die Möld nur eine kurze Zeit, die ich zwischen 1950 und 1955 sehe. Isolde, Brünnhilde, Kundry, mit etwas Abstand Fidelio-Leonore. Unerreicht sind Kundry in den frühen Bayreuther Mitschnitten und diie Isolde unter Karajan, wo sie rücksichtslos gegen sich selbst wie um ihr Leben singt. Sie hatte den Tod in der Stimme, schrieb ein Kritiker. Und wenn sie nur diese eine Vorstellung gesungen hätte, sie wäre zu ihrem eigenen Denkmal geworden. Sie brauchte wohl diese damals für sie günstigen Umstände. Kundry außerhalb Bayreuths ist viel routinierter. Bemerkenswert ist auch ihr Orff, nennen muss ich ihre Stravinsky'sche Jokaste. Und Bluthochzeit, eine bemerkenswerte späte Leistung. Anderes ist Klamotte bis peinlich. Ihr war es wohl egal, sie wollte auf die Bühne. Bis zum Schluss.
    Sie hatte nie eine Art Nachfolgerin. Die Mödl ist einzigartig.


    Rheingold