Beiträge von wok

    Den sehr gescheiten Ausführungen von Hart zum Thema Interpretation der Lieder und Balladen von CARL LOEWE habe ich wenig hinzufügen, sie fassen alle wesentlichen Gesichtspunkte von allen Seiten beleuchtet für mich sehr überzeugend zusammen. Und was FISCHER-DIESKAU anbetrifft, so ist dessen Gestaltungsvermögen der LOEWE-Balladen auch meiner Meinung nach wohl kaum zu übertreffen. Dennoch sollte man sich einmal unvoreingenommen anhören, wie wunderbar introvertiert, und mit welchem Legato JOSEF TRAXEL das SÜSSES BEGRÄBNIS gestaltet, und mit welch meisterhafter Atemkunst er die extrem schwierig zu singende Ballade DER NÖCK realisiert!


    Viele Grüße


    wok

    Hallo Bernward,


    Ja, WERNER HOLLWEG ist sicher eine sehr gute Alternative zu JOSEF TRAXEL. Ebenfalls eine sehr schöne, edle Stimme, die mir auch immer sehr gut gefallen hat. Ich glaube, daß man an der Gesangsleistung beider Tenöre mit diesen LOEWE-Balladen seine Freude haben kann. Wem man letzten Ende den Vorzug gibt, dürfte dann doch Geschmackssache sein.


    Viele Grüße und frohe Ostern!


    wok

    Es sei noch vermerkt und daran erinnert, daß JOSEF TRAXEL, der leider viel zu spät seine Fähigkeiten auch als Liedinterpret erkannte - siehe z. B. seine Aufnahme von 8 Liedern aus DIE SCHÖNE MÜLLERIN - schon sehr frühzeitig den musikalischen Wert und Gehalt der LOEWE-Balladen erkannte und Anfang 1970 mit dem exzellenten Nürnberger Pianisten ERICH APPEL bei COLOSSEUM die Balladen


    Heinrich der Vogler, Erlkönig, Fridericus Rex, Das Erkennen, Süßes Beträbnis, Der Nöck, Hochzeitslied, Der Wirthin Töchterlein, Hinkende Jamben, Prinz Eugen und Archibald Douglas


    aufnahm. CLEMENS HÖSLINGER würdigte in INGO HARDEN's "Musik Report 71" diese Aufnahme, und wies auf die hohe Musikalität dieses oft unterschätzten Sängers, und seine hochinteressante Leistung auch als Liedinterpret hin. Und es ist in der Tat beeindruckend, wie TRAXEL die so schwierige Ballade "Der Nöck" großartig meistert, und wie einfühlsam er die etwas rührselig angelegten Balladen "Süßes Begräbnis, "Der Wirthin Töchterlein" oder "DAS ERKENNEN" interpretiert und was er daraus macht!


    Dankenswerterweise hat das HAMBURGER ARCHIV FÜR GESANGSKUNST u. a. auch diese 11 LOEWE-Balladen mit TRAXEL und ERICH APPEL als CD neu aufgelegt. Auch wenn man die Interpretation dieser Balladen durch einen Bariton, wie FISCHER-DIESKAU oder HERMANN PREY gewohnt sein und vorziehen mag, so sind diese Aufnahme durch einen Tenor, und dazu einen noch so befähigten wie JOSEF TRAXEL, doch eine echte und interessante Alternative.


    Viele Grüße


    wok

    Hallo Wolfgang,


    Auch im Falle dieser Arie stimme ich Dir zu, daß bei den älteren deutschen Aufnahmen sicher die Darbietung durch MARCEL CORDES besondere Hervorhebung verdient. HEINRICH SCHLUSNUS dagegen höre ich lieber als Liedersänger, obwohl er natürlich als vortrefflicher VERDI-Interpret galt. Mit ihm besitze ich herrliche historische Aufnahmen, z. B. von BIZET's AGNUS DEI, GIORDANI'S CARO MIO BEN, BACH-GOUNOD's AVE MARIA, und HÄNDEL's OMBRA MAI FU.


    Viele Grüße aus Málaga!


    wok

    Hallo Wolfgang,


    Natürlich ist auch für diese Arie, wie schon für die GLÖCKCHENARIE, MADO ROBIN mit an erster Stelle zu nennen, und damit wurde sie ja auch 1950 in Marseille, und vor allem 1954 - 1956 an der Oper in San Francisco stürmisch gefeiert. Ich weiß nicht, ob Du auch die Decca-Aufnahme unter dem Dirigenten RICHARD BLAREAU, mit dem sie ja viele Aufnahmen realisierte, und dem ORCHESTRE DE LA SOCIÉTÉ DES CONCERTS DU CONSERVATOIRE mit ihr hast. Auch da ist ihre Gesangsleistung doch, finde ich, beeindruckend.


    Viele Grüße


    wok

    Mit meinem Kandidaten Nr. 4 (ohne Rangordnung) kommt mir nun gerade Alfred Schmidt um 2 Stunden zuvor!! Es ist


    Michael KORSTICK !!


    Die Frage, warum KORSTICK als Pianist heute nicht in aller Munde ist, ist wirklich kaum zu verstehen; vielleicht am ehesten dadurch, daß er erst mit 43 Jahren sein Schallplattendebüt gab. Dennoch ist sich die Fachwelt einig, daß es sich hier um einen Ausnahme-Interpreten handelt, nicht nur wegen seines außergewöhnlichen pianistischen Könnens, seiner hohen Gestaltungskunst und Ausdruckskraft, seiner vorbildlichen Werktreue, sondern weil er sich als Nicht-Wunderkind nicht beifallheischend einer breiten Masse anzubiedern sucht, sondern sich mit seinem ausgeprägten Spiel in erster Linie an Kenner wendet. So lautet denn auch sein Lebensmotto bezeichnenderweise: "Keine faulen Kompromisse"!


    Obwohl sein Repertoire beeindruckend und äußerst vielseitig ist, ist es vor allem seine BEETHOVEN-DEUTUNG - und ganz besonders die der späten Sonaten - die man nur als grandios bezeichnen kann. Bereits als er Mitte der70er Jahren an der NEW YORKER JUILLIARD SCHOOL studierte, wurde er mit dem Spitznamen "Dr. Beethoven" bedacht!

    Hallo hami,


    FREISCHÜTZ - ELISABETH GRÜMMER als AGATHE - Natürlich über alle Zweifel erhaben, aber für diese Rolle war auch LOTTE LEHMANN, wohl eine der schönsten Stimmen ihrer Zeit, eine hervorragende Besetzung. Die frische Natürlichkeit ihres Vortrags nimmt ebenso für sich ein wie die wunderbaren Bögen, die sie zu spannen vermag.


    Viele Grüße


    wok

    Hallo, lieber hami, das stimmt! Ganz herzlichen Dank für diese YouTube-Einstellung. Jedes Mal, wenn ich diese Stimme höre mit ihrem herben, jugendlichen Timbre, der Leichtigkeit ihres Gesangs, und ihren so präzisen staccato-Tönen, läuft es mir von neuem wieder kalt den Rücken runter. Und ich höre sie seit 1952!! Ein absolutes Phänomen des Gesangs!!


    Viele Grüßen und noch einen schönen Sonntag!


    wok

    Hallo Willi,


    Das ist richtig! YMA SUMAC sang auch ALT-Arien. Ihre Stimme hatte einen Umfang von 5 Oktaven (sic!); dabei stieß sie auch in Höhen vor wie MADO ROBIN. Ihr Repertoire unterschied sich aber deutlich von dem wesentlich vielseitigeren der MADO ROBIN, sie war eben sehr stark auf den Bereich der Folklore fixiert.

    Es gibt kaum eine Arie, die ich gedanklich so unmittelbar und fast imperativ mit einer bestimmten Sängerin verbinde wie die sogenannte "GLÖCKCHENARIE" aus LAKMÉ von LEO DELIBES: "Ah, où va la jeune indoue" mit MADO ROBIN!


    Seit ich MADO ROBIN 1952 zum ersten Mal mit dieser Arie hörte und sofort davon hingerissen war, mit welcher Mühelosigkeit und Exaktheit sie diese extrem schwierigen Koloraturen und Verzierungen bewältigte, habe ich diese Arie nie wieder in einer derart überzeugenden Interpretation gehört. Deshalb wird diese Glöckchenarie für mich wohl für immer untrennbar mit dem Namen MADO ROBIN verbunden bleiben. Inzwischen besitze ich auch fast sämtliche Plattenaufnahmen mit diesem exzeptionellen französischen Kororatursopran, der übrigens u. a. auch mit dieser Arie bei youtube zu hören und bewundern ist. Mit LAKMÉ ist MADO ROBIN an der OPÉRA COMIQUE PARIS 1500 mal aufgetreten! (sic!!) Sie wurde aber auch als GILDA in RIGOLETTO, als VIOLETTA in LA TRAVIATA, OLYMPIA in LES CONTES D'HOFFMANN, als LEILA in LES PECHEURS DE PERLES, als KÖNIGIN DER NACHT in DIE ZAUBERFLÖTE, nicht zuletzt auch mit Auftritten in DONIZETTI's LUCIA DI LAMMERMOOR und STRAWINSKI's LE ROSSIGNOL gefeiert, vor allem an der GRAND OPÉRA PARIS, in MARSEILLE, MONTE CARLO, SAN FRANCISCO, LOS ANGELES, auf italiensichen Bühnen, und in der SOVJETUNION. Ihre bedeutendsten und bleibendsten Interpretationen waren zweifelsohne die LUCIA DI LAMMERMOOR und die Titelrolle in LAKMÉ.


    MADO ROBIN wurde am 29. 12. 1918 in Yseures-sur-Creuse bei Tours geboren und starb am 10. 12. 1960, 41-jährig auf dem Höhepunkt ihrer Karriere in Paris an Krebs. Schon 1937 hatte sie den ersten Preis beim CONCOURS DES SOPRANOS DE L'OPÉRA DE PARIS gewonnen. 1952 wurde sie mit dem GRAND PRIX DU DISQUE ausgezeichnet. Trotz ihrer großen Erfolge und Berühmtheit zeichnete sie sich durch große Bescheidenheit und natürliche Liebenswürdigkeit aus.


    MADO ROBIN soll als eine der ganz wenigen Sängerinnen in der Gesangsgeschichte das viergestrichene C gesungen haben. Lediglich von YMA SUMAC, der peruanischen Sopranisten (*1927) ist bekannt, daß sie einen ähnlichen Stimmumfang aufwies. Sie war aber mehr auf folkloristische Gesänge spezialisiert und konnte sich ausdrucks- und repertoiremäßig nicht mit MADO ROBIN messen.


    Viele Grüße


    wok

    Mein Kandidat Nr. 3 (ohne Rangordnung): ANDRÁS SCHIFF


    Sein natürlich fließendes, pianistisch kaum zu übertrefffendes BACH-Spiel, frei von jeglicher Selbstherrlichkeit, ist schlichtweg genial und faszinierend, seine höchst sensitive und introvertierte Einspielung der SCHUBERT-Sonaten der frühen 1990er Jahre verzaubernd.


    Viele Grüße


    wok

    Diese Partie höre ich gerne mit MARCEL CORDES, obwohl ich mich ansonsten für dessen Stimme nicht sonderlich erwärmen kann, und nicht zuletzt mit MARCO STECCHI, mit dem ja auch eine Gesamtaufnahme der Oper mit dem ORCHESTRE NATIONAL DE L'OPERA DE MONTE-CARLO unter GIANFRANCO RIVOLI existiert, und der in Sachen ROSSINI immer eine gute Figur abgibt und zu überzeugen weiß. (siehe als TADDEO in "ITALIANA IN AGERI"!).


    Viele Grüße


    wok

    Der Meinung von Caruso41 über die RUDOLF SCHOCK-Aufnahmen dieser Arie kann ich mich nur anschließen. So gut hätte ich meine Eindrücke zu dessen Einspielungen nicht beschreiben können! SCHOCK's Stimme klingt auch hier - wie so oft, vor allem in späteren Jahren - sehr angestrengt, und seine Drücker sind einfach inakzeptabel und zerstören die so lyrische Stimmung dieser Musik. Die von Siegfried bei TRAXEL vermißte Männlichkeit, dessen Interpretation er als "langweilig-verschlafen" empfindet, ist gerade für diese zauberhafte Stimmung, die diese Arie vermittelt, m. E. gänzlich deplatziert. Chrissy äußert zurecht, daß diese Arie "nicht heldisch angelegt" sein, und "lyrisch und verträumt gesungen werden sollte" - ganz dem Titel entsprechend. Und genau dies trifft auf die so sensible Darbietung durch TRAXEL und SIMONEAU zu. WALTER LUDWIG war sicher ein exzellenter lyrischer Tenor, doch würde ich diesen eher für einige Mozart-Arien wählen.


    Viele Grüße


    wok

    Hallo Caruso41


    Daß meine Begeisterung über die Darbietung dieser wunderschönen Arie durch JOSEF TRAXEL die uneingeschränkte Zustimmung eines so großen Gesangsexperten findet, freut mich ganz besonders. Andernfalls hätte ich wohl auch mein Urteilsvermögen in punkto Gesangskunst völlig in Frage stellen müssen.
    Meinerseits kann ich auch nur beipflichten, daß nicht zuletzt auch LEOPOLD SIMONEAU und NICOLAI GEDDA diese Arie wunderbar lyrisch sangen. Tomaz Alcaide werde ich mir sicher in nächster Zeit einmal anhören. Sein Name ist natürlich nicht unbekannt!


    Viele Grüße!


    wok

    Hallo Antalwin,


    Es ist dies wirkllich eine der schönsten Arien für einen Tenor, die man sich denken kann.


    Was die Interpreten anbetrifft: Wenn hier schon keine "große Heranziehungsmühe der Discographie" unternommen werden soll, so fehlt mir hier doch leider wieder einmal - zumal wenn schon ein Sänger wie RUDOLF SCHOCK mit genannt wird - für die deutschsprachige Interpretation der Name JOSEF TRAXEL - der leider immer wieder Vergessene und Unterschätzte, der auch diese Arie - wie schon die früher besprochene Arie "Komm, o hold Dame", "zum Heulen schön" singt! Für mich zumindest in deutsch die sensibelste und ergreifendste Interpretation überhaupt, dazu noch auf höchstem gesanglichem Niveau.


    Viele Grüße


    wok

    Mein Kandidat Nr. 2: GERHARD OPPITZ


    KEMPFF-Schüler, Gewinner des ARTUR RUBINSTEIN-WETTBEWERBS TEL AVIV 1977, Vertreter der "deutsche Schule"-Tradition, mit Repertoire- Schwerpunkt BEETHOVEN - BRAHMS, auch BACH - Garant für Werktreue und Formbewußtsein und unverdächtig jeglicher Selbstdarstellung. Ob introvertierte Versenkung oder forcierte Attacke, er scheint für jede Note den richtigen Ton zu finden, und technische Schwierigkeiten scheinen für ihn nicht zu existieren. Ich erlebte ihn z. B. vor 3 Jahren in Málaga mit den Philharmonikern unter ALDO CECCATO mit dem KLAVIERKONZERT Nr. 1 von LISZT, und sein sicheres und ausdrucksvolles Spiel erntete stürmischen Beifall. Ein Pianist, der über all die Jahre nicht nur sein hohes Niveau gehalten hat, sondern zu dessen hohem technischen Können sicher offenbar immer noch größere künstlerische Reife und Erfahrung gesellt.


    Viele Grüße


    wok

    Meine Nr. 1 für diese Woche ist JÖRG DEMUS (ohne Rangordnung).


    Diese große Wertschätzung geht auf die herausragenden Leistungen dieses GIESEKING-Schülers vor allem in den 50er Jahren zurück, als seine steile musikalische Karriere mit dem Gewinn des 1. Preises beim Bozener BUSONI-WETTBEWERB 1956 begann, vielfach auch mit seinem Musizieren auf historischen Instrumenten. Aber schon zuvor feierte er in Paris und New York große Triumphe. Seine besondere Liebe galt dem romantischen Repertoire, und hier lernte ich ihn vor allem durch seine Schubert-Aufnahmen schätzen. Seine Einspielung der IMPROMPTUS op. 142, wie auch der KLAVIERSTÜCKE op. posth. z. B. ist für mich neben der durch INGRID HAEBLER und ALFRED BRENDEL die schönste und überzeugendste. Sein Spiel zeichnete sich in diesen jungen Jahren durch Phantasie, Farbe, Intensität, romantische Poesie, klare Konturen und eine seltene Klangschönheit aus. JÖRG DEMUS war darüber hinaus ein gesuchter Klavierbegleiter. Vor allem mit FISCHER-DIESKAU gelangen ihm Einspielungen auf sehr hohem Niveau, und auch JULIUS PATZAK, PETER SCHREIER, und THEO ADAM musizierten mit ihm. Zu seinen Kammermusik-Partnern zählten u. a. auch ANTONIO JANIGRO, EDITH PEINEMANN, JOSEF SUK, und nicht zuletzt PAUL BADURA-SKODA, mit dem er heute noch musiziert. Insgesamt ein Lebenswerk, das sich sehen lassen kann!


    Viele Grüße


    wok

    Hallo Bernward,


    Natürlich ist mir der Tenor HEINZ HOPPE und dessen Laufbahn gut bekannt. In den 60er Jahren hörte ich diesen häufiger in Rundfunkaufnahmen, allerdings mehr mit Operetten als mit Opern, und seine Stimme traf nicht gerade meinen musikalischen Nerv. Gewiß hörte ich ihn auch gelegentlich mit Opernarien, auch mit der Bildnisarie, doch würde ich ihn vom Stimm-Material her nicht auf eine Stufe mit WUNDERLICH oder TRAXEL stellen. Vermutlich gefielen mir damals auch einige seiner Musikstücke nicht, die er sang, so daß ich ihn nicht so interessiert weiter verfolgte wie andere Tenöre. Sicher aber besaß er auch seine Qualitäten und hatte seine Anhänger.


    Viele Grüße


    wok

    Zu Siegried's Frage, ob ich beide Sänger, d. h. WUNDERLICH und TRAXEL noch auf der Bühne erlebt habe, möchte ich kurz antworten: TRAXEL ja, Wunderlich leider nicht. Ich frage mich aber, ob dies nun ausschlaggebend ist, um rein die Stimme und die Gestaltung der Arie zu beurteilen; es geht ja hier nicht um darstellerische Gesichtspunkte, und man kann sich im Gegenteil vielleicht sogar noch besser auf die Beurteilung der Stimme konzentrieren, wenn man unbeeinflußt von visuellen darstellerischen Bühneneindrücken dem reinen Gesang lauschen kann! Und hier bleibe ich dabei - trotz der kleinen Einschränkungen von Caruso, dessen Beiträge mich durch ihr großes Wissen immer sehr beeindrucken - daß mir zumindest bei der Arie "Komm, o holde Dame", TRAXEL's Stimme noch besser gefällt als die von WUNDERLICH. BEIDE singen die Arie m. E. technisch auf höchstem Niveau und im schönsten Belcanto, nur eben finde ich bei dieser Arie gerade TRAXEL's leise Wehmut in der Stimme, die von Caruso wohl als "Phlegma" gesehen oder gehört wird, als sehr passend zu dem Gehalt dieser Arie. Sie berührt mich, während die Stimme WUNDERLICH's für mich in diesem Fall zwar strahlend, aber doch vergleichsweise kühl daherkommt. Aber das ist sicher hier wirklich Ansichts- und Geschmacksache.


    Natürlich kann man diese deutsche Version dieser französchen Oper nicht mit den Interpretatonen französischer Sänger vergleichen. Allein schon die farbige französische Sprache nimmt für sich ein, und auch ich bin sehr angetan z. B. von dem Gesang und der Gestaltung eines DAVID DEVRIES, auch wenn die Stimme selbst sicher keine Sonderstelllung einnimmt.


    Und wenn in Verbindung mit WUNDERLICH schon die Sprache auf MOZART kommt, und dabei eine ganze Palette von Tenören als MOZART-Sänger gepriesen werden, darunter zu meinem Erstaunen sogar ein HEINZ HOPPE, dann sollte auch in diesem Zusammenhang der Name JOSEF TRAXEL doch nicht fehlen! Es iiegen mit TRAXEL ganz exzellente Einspielungen aus MOZART-Opern vor, sei es nun aus der ZAUBERFLÖTE, DON GIOVANNI, COSI FAN TUTTE oder TITUS (" Ist's Wahrheit oder Trug?"!!) Auch davon gibt es Arien, bei denen TRAXEL absolut mit WUNDERLICH konkurrieren kann. Als exemplarischen MOZART-Sänger würde ich auf jeden Fall LEOPOLD SIMONEAU mit in der ersten Reihe sehen, trotz seines störenden Akzentes! Und wenn man schon HEINZ HOPPE als Mozart-Sänger bemüht, dann könnte man m. E. schon eher noch JOHN VAN KESTEREN nennen, der einen wunderbar lyrischen BELMONTE sang.


    Viele Grüße


    wok

    Den Pianisten, der für sämtliche, stimmungsmäßig - und auch im Hinblick auf die Entstehungszeit - so unterschiedlichen Klavierkonzerte MOZART's, die ideale und überzeugendste Interpretation bieten, und den richtigen Ton finden könnte, gibt es wohl nicht. Ganz abgesehen von den ersten frühen Klavierkonzerten MOZART's, wie die Konzerte KV 37, 39, 40, 41, die ohnehin am besten auf dem Hammerflügel gespielt werden, und die in überzeugenden Einspielungen durch INGRID HAEBLER und der CAPELLA ACADEMICA WIEN unter EDUARD MELKUS bei PHILIPS vorliegen, und von hervorragenden Einspielungen späterer Konzerte durch begnadete Mozart-Interpreten wie ALFRED BRENDEL, der für mich für das d-moll-Konzert KV 466 mit dem ORCHESTER DER WIENER VOLKSOPER unter WILFRIED BOETTCHER absolut erste Wahl ist, genauso wie CLIFFORD CURZON mit den Konzerten KV 488 und 491 mit den LONDONER SYMPHONIKERN unter ISTVAN KERTESZ, gibt es Konzertaufnahmen mit wesentlich weniger renommierten Pianisten/Pianistinnen, die mir in ihrer Individualität besser zusagen als die von manchem Starpianisten. Ich denke dabei zum Beispiel an die Aufnahme des Konzertes Nr. 14, KV 449, durch den erstklassigen ungarischen Pianisten FERENC RADOS, der bei HUNGAROTON dieses Konzert mit dem UNGARISCHEN KAMMERORCHESTER unter VILMOS TATRAI herrlich natürlich und schwungvoll einspielte, oder auch an die Aufnahme des Konzertes Nr. 21 KV 467 mit ANNEROSE SCHMIDT und der STAATSKAPELLE DRESDEN unter OTMAR SUITNER, die nicht nur durch konzertante Frische und selbstverständliches Musizieren, sondern auch durch große Sensibilität und Spontaneität besticht. Ähnliche Beispiele ließen sich fortsetzen, wo weniger berühmte Interpreten bei der Aufnahme einiger Werke mit den ganz großen Namen nicht nur mithalten, sondern oft noch mehr überzeugen können. Deshalb kaufe ich mir möglichst nie ganze Boxen mit allen Sinfonien oder Konzerten eines Komponisten mit einem Interpreten, sondern versuche, für die oft so unterschiedlichen Werke gezielt Einzelaufnahmen mit dem Interpreten zu bekommen, den ich erfahrungsgemäß, oder auf Grund früherer Hörerlebnisse, für den jeweils geeignetsten erachte.


    Viele Grüße


    wok

    Ich kann weder feststellen, daß Traxel in der Höhe angestrengt klingen würde, noch daß er mit der Arie hörbare Probleme hätte! Der Meinung von Herbert Henn, daß die Aufnahme dieser Arie mit Traxel mindestens so gut ist wie mit Wunderlich, kann ich mich nur anschließen. Ich habe gerade diese Arie zumindest in deutscher Sprache bisher von niemandem so wunderbar rein und ergreifend gehört wie von Traxel. Wunderlich singt die Arie gewiß auch sehr schön, doch geht wenigstens bei mir dessen Stimme und Ausdruck nicht annähernd so unter die Haut. Ich glaube, daß Traxel's Timbre für diese Arie geradezu prädestiniert ist.


    Gruß


    wok

    Wegen starker beruflicher Beanspruchung komme ich leider erst jetzt wieder allmählich dazu, die verschiedenen threads und Beiträge der letzten Wochen zu studieren. Dabei stoße ich auch auf die Erinnerung von Harald Kral an die große Sopranistin CLARA EBERS, von der es ja einen älteren thread mit hochinteressanten Beiträgen gibt, und ich freue mich istets darüber, daß Harald Kral dankenswerterweise auch immer wieder Künstler im Blick hat und diese würdigt, die Großes geleistet haben, deren Lebenswerk aber von der Nachwelt viel zu schnell in Vergessenheit geriet. Vermutlich ist dies auch auf die wenigen Aufnahmen zurückzuführen, die von CLARA EBERS vorliegen. Aber eine plausible Erklärung, w a r u m es so wenige Einspielungen von ihr gibt, wo sie doch auf so vielen internationalen Bühnen die verschiedensten Rollen mit damals viel beachteten Erfolgen gesungen hat, kann mir auch keiner der vielen Beiträge zu dem Thema CLARA EBERS geben. Offenbar verstand sie, die keinen Vergleich mit den größten Sopranistinnen ihrer Zeit zu scheuen brauchte, es nicht, sich bei den tonangebenden und einflußreichen Musikträgern so in Szene zu setzen wie auf der Bühne, vielleicht hatte sie nicht die richtigen Berater und Fürsprecher, vielleicht aber hatte man damals zu spät das Singuläre an dieser so ungemein vielseitigen, wandlungsfähigen und ausdrucksstarken, unverwechselbaren Stimme erkannt. Schließlich machte sie nicht nur in ihrer großen Glanzrolle, der Marschallin im ROSENKAVALIER Furore, sondern man feierte sie auch in vielen anderen Rollen, sei es nun als PAMINA, als GRÄFIN, als Eurydike oder nicht zuletzt als Traviata. Kaum eine Stimme ging je so "unter die Haut" wie die der EBERS, und sie beherrschte alle denkbaren Schattierungen des musikalischen Ausdrucks.


    Schon in früher Jugend war mir ihre Stimme in den 50er Jahren sofort in einer Rundfunksendung aufgefallen, und ich machte mir sogleich eine Notiz mit mehreren Ausrufungszeichen, die mir heute noch vorliegt. Erst jetzt fiel mir dabei durch HARAD KRAL's GEDENKMINUTE auf, daß ihr Geburtstag als "Christkind" mit dem meinen zusammenfällt! Eine gewisse Sinnesverwandschaft scheint es da also auch zu geben. :)


    Ich bin sehr froh, mit CLARA EBERS als FRAU FLUTH eine mir sehr wertvolle Einspielung von 1949 der LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR, mit dem CHOR UND ORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS unter HANS ALTMANN, zu besitzen, in der neben GEORG HANN und BENNO KUSCHE auch der damals noch junge und von mir gleichermaßen hochgeschätze JOSEF TRAXEL mitwirkt Für mich eine kostbare Erinnerung an zwei wunderbare Menschen und Sängerpersönlichkeiten!


    wok

    Unter den vielen Beiträgen und Präferenzbekundungen hinsichtlich BEETHOVEN's 4. SYMPHONIE, in der sich BEETHOVEN nochmals zu seinen symphonischen Vätern HAYDN und MOZART bekannte, die aber dennoch voller neuer, singulärer musikalischer Einfälle ist, vermisse ich doch die Erwähnung der höchst überzeugenden Einspielung durch KYRILL KONDRASCHIN mit den MOSKAUER PHILHARMONKERN. KONDRASCHIN galt zwar als Spezialist für MOZART und vor allem SCHOSTAKOWITSCH, doch ist ihm mit BEETHOVEN's VIERTER, dank seines großen Feingefühls und seines analythischen Charms, m. E. eine auch heute noch für sich einnehmende Interpretation gelungen, die einen interessanten Kontrast zu der zweifellos faszinierenden leidenschaftlichen und spannungsgeladenen Darstellung von CARLOS KLEIBER's Orfeo Konzertmitschnitt von 1984 mit dem BAYERISCHEN STAATSORCHESTER bildet.


    CHAILLY's Deutung ist mir doch durchweg zu schnell, und überspielt viele Besonderheiten dieses Werkes.
    KONDRASCHIN's Tempi: 12:11 - 9:07 - 6.03 - 6.57 entsprechen wohl in etwa der Wiedergabe durch GÜNTER WAND in seiner Studio-Aufnahme von 1988, wobei KONDRASCHIN das Andante noch eine Spur langsamer gestaltet.


    Viele Grüße


    wok

    Ich finde es in der Tat überfällig, daß jemand, d. h. Joseph II., in einem erfreulich ausführlichen und würdigenden Beitrag auch einmal an den großen englischen Dirigenten SIR MALCOLM SARGENT erinnert, der neben so illustren Dirigentenpersönlichkeiten wie SIR THOMAS BEECHAM und SIR ADRIAN BOULT oft allzusehr in den Hintergrund geriet. Dabei hatte BEECHAM, der mit SARGENT eng zusammenarbeitete, eine sehr hohe Meinung von ihm, und bekannt wurde sein Ausspruch über SIR MALCOLM SARGENT: "the greatest choirmaster we have ever produced, he makes the buggers sing like th blazes"!


    SIR MALCOLM SARGENT war aber nicht nur ein hervorragender Dirigent großer Chorwerke, sondern er realisierte zahlreiche Einspielungen - vor allem bei dem Label "EVEREST" - die ihn als vielfach begabten und überzeugenden Interpreten von Werken vor allem des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, häufig mit dem LONDON SYMPHONY ORCHESTRA, ausweisen. Es war durchaus nicht nur der bevorzugte Interpret der Operetten von GILBERT AND SULLIVAN, die er stilvoll und temperamentvoll darbot, sondern er setzte sich auch sehr stark für zeitgenössische Musik ein. Besonders hoch eingeschätzt wurde auch seine 1944 entstandene Einspielung von ELGAR's "THE DREAM OF GERONTIUS", wie auch die bei RCA entstandene Aufnahme verschiedener Stücke von SARASATE ("ZIGEUNERWEISEN"), von WIENIAWSKI ("LÉGENDE" G-MOLL OP. 17), SAINT-SAENS ("HAVANAISE"), CHAUSSON ("POÉME) und RAVEL ("TZIGANE") wieder mit dem LONDON SYMPHONY ORCHESTRA und dem Geiger ERIC FRIEDMAN als Solisten. Mit dem PHILHARMONIA ORCHESTRA existiert unter SIR MALCOLM SARGENT, sowie den hochklassigen und wunderbar miteinander harmonierenden Solisten LEV OBORIN, Klavier, SVIATOSLAW KNUSCHEWITSKY, Vionloncello, und DAVID OISTRACH, Violine, eine wohl exemplarische Einspielung von BEETHOVEN's "TRIPELKONZERT", auch wohl heute nochl ein so etwas wie ein Geheimtipp!


    SIR MALCOLM SARGENT hatte ja auch maßgeblichen Anteil . zusammen mit BEECHAM - am Aufbau des 1932 gegründeten LONDON PHILHARMONIC ORCHESTRA. Wenig später wurde bei ihm eine Tuberkulose-Erkrankung diagnostiziert, und er mußte deshalb für fast 2 Jahre alle Aktivitäten aussetzen. Er absolvierte zahlreiche Tourneen mit den LONDONER PHILHARMONIKERN, zuletzt in den Fernen Osten und nach Australien, auf denen er sich den Ruf eines "Botschafters der Musik" erwarb. Ab 1962 verschlechterte sich seine Gesundheit zusehends, und 1967 erlag er einem Krebsleiden, nachdem er sich kurz zuvor noch einmal in einer Ansprache an sein Publikum bei den Proms gewandt hatte.


    Wer ein Freund sehr individueller, dabei sehr authentischer, stilvoller und niveauvoller Interpretationen ist, sollte auch an diesen hochinteressanten englischen Dirgenten denken!


    Viele Grüße


    wok

    Hallo Wolfgang,


    Den 1. Satz mit 16.30 Minuten plus den 2. Satz mit 16.45 Minuten mit insges. 33.15 Minuten bei dem damaligen Stand der Technik auf eine LP Seite zu bekommen, war wohl doch nicht so einfach und hätte möglicherweise zu Wiedergabe-Verzerrungen führen können. Da ich nicht vom FAch bin, kann ich dies allerding nicht so genau beurteilen. Aber Klemperer hat es mit seinem so langsamen 2. Satz den EMI-Technikern auch schon nicht leicht gemacht. Aber bei dem Resultat des einmaligen Hörerlebnisses nimmt man auch das in Kauf. Für mich gehört einfach KLEMPERER, BEETHOVEN und diese EROICA als kongeniale Einheit zusammen , und ich weiß nicht, ob ich bei dieser Sinfonie die Wucht und Strenge KLEMPERER's mit der "feurigeren" (Joseph II) Interpretation von BARBIROLLI eintauschen würde. Übrigens datiert meine Aufnahme m. W. von 1961 und nicht von 1957. Es ist ärgerlich, daß man damals das Aufnahmedatum nicht immer auf der LP vermerkte.


    Ich hätte bei diese Gelegenheit einmal eine technische Frage an Dich: Wie macht man es, um das Platten-Cover hier auf unsere Forenbeiträge zu übertragen?? Ich habe dies noch nie versucht. Für eine kleine Anweisung wäre ich dankbar.


    Viele Grüße aus Málaga!


    wok

    Hallo Joseph,


    Pardon, über BARBIROLLI's Deutung von BRAHM's 4. Sinfonie hatte ich mit Dir noch nicht gesprochen, das hatte ich falsch in Erinnerung. Deshalb konnten wir uns darüber auch nicht einig sein. Bitte diese Feststellung also ignorieren.


    Gruß


    wok

    Hallo Joseph,


    Die Unterschiede zwischen der BARBIROLLI- und der DAUSGAARD-Aufnahme von BEETHOVEN's 3. SINFONIE hast Du wirklich hervorragend herausgearbeitet und höchst professionell, dabei bewundernswert klar und anschaulich, beschrieben, und Dich dabei um größtmögliche Objektivität bemüht. Kompliment! Ein so niveauvoller Beitrag sollte auch einmal gewürdigt werden!


    Hinsichtlich BARBIROLLI's Deutung der 4. Sinfonie von BRAHMS waren wir uns ja einig, daß ihm hier eine wirklich meisterhafte Interpretaton gelungen ist. Seine Deutung von BEETHOVEN's EROICA ist sicher auch sehr beeindruckend. Dennoch entspricht KLEMPERER's Interpretation mit dem PHILHARMONIA ORCHESTRA, mit seiner dem Werk so angemessenen unerbittlichen Strenge, seiner Wucht, und seiner Heroik bar jeder Romantizismen, wohl noch etwas mehr meinen Vorstellungen von dieser singulären Schöpfung. Zumindest sollte m. E. die KLEMPERER-Aufnahme mit in der allerersten Reihe der exemplarischen Einspielungen der 3. SINFONIE stehen.


    Viele Grüße


    wok

    Hallo JonasClassic,


    Die 5. SINFONIE von BEETHOVEN und die 8. SINFONIE von SCHUBERT in der MAAZEL-AUFNAHME sind mir jetzt nicht bekannt.


    Aber apropos LORIN MAAZEL: Die Aufnahmen, die ich mit diesem Dirigenten besonders empfehlen kann, sind die 5. und 6. SINFONIE von SCHUBERT in seiner alten DGG-Aufnahme mit den BERLINER PHILHARMONIKERN.


    Von den unzähligen Einspielungen dieser beiden Werke sind Aufnahmen, die mir besonders zusagen, bei der 5. SINFONIE von BEETHOVEN: die alte Aufnahme mit dem PRO MUSICA SYMPHONIE ORCHESTER unter JASCHA HORENSTEIN, sowie die Einspielung mit den WIENER SYMPHONIKERN unter WILLEM VAN OTTERLOO.


    Für die "UNVOLLENDETE" würde ich präferieren die Aufnahmen mit den BERLINER PHILHARMONIKERN unter FRITZ LEHMANN, die alte Aufnahme mit dem ORCHESTER DER WIENER STATTSOPER unter HANS SWAROWSKY, wie auch mit der TSCHECHISCHE PHILHARMONIE unter VACLAV NEUMANN, sowie mit dem PHILHARMONISCHEN ORCHESTER DEN HAAG unter WILLEM VAN OTTERLOO. Ob es diese Aufnahmen auch als CD noch gibt, weiß ich jetzt nicht, doch würde es sich lohnen, sich diese ausgezeichneten Einspielungen als LP noch zu beschaffen, soweit erhältlich.


    Viele Grüße


    wok

    WITOLD MALCUZYNSKI - geb. am 10. 08. 1914 in Warschau , gest. am 10. 07. 1977 in Palma de Mallorca, galt in den 50er Jahren vor allem in den angelsächsischen Ländern - und natürlich in seinem Heimatland Polen, als einer der meistbewunderten und beliebtesten CHOPIN-Interpreten, ähnlich wie in Deutschland der "Poet am Klavier", STEFAN ASKENASE mit seinem Spiel der leisen Töne, seinem feinen, differenzierten Anschlag und seinem Pianissimo-Zauber, und ähnlich wie sein fast-Antipode ARTHUR RUBINSTEIN als "Mr. Chopin", mit seinem kraftvollen, facettenreichen und elegantem Spiel, e lange Zeit die bevorzugen Chopin-Interpreten waren, an denen sich die Geister schieden.


    WITOLD MALCUZYNSKI offenbarte schon mit 5 Jahren musikalische Talente, komponierte in den nächsten Jahren schon kleinere Stücke, beschäftigte sich dann aber mit 9 Jahren systematsich mit dem Klavier. Trotzdem wollten seine Eltern einen Juristen aus ihm machen und ließen ihn Jura studieren, das er aber dann doch abbrach, um auf dem Warschauer Konservatorium Musik zu studieren. Dort wurde der bekannte BUSONI-Schüler JÓZEF TURCZYNSKI sein Lehrer.


    Nach Abschluß senes Studiums debutierte MALCUZYNKI mit den WARSCHAUER PHILHARMONIKERN mit dem 2. KLAVIERKONZERT von LISZT und den SZYMANOWSKI-VARIATONEN in b-moll, und die Kritiker schrieben über seinen Auftritt, der mit Ovationen bedacht wurde: "By the liveliness of his playing, the power and richness of his tone, MALCUZYNSKI immediately captivated his audience. Despite having such attributes of a full-blown virtuoso, he knows how to control himself, containing this vigour and checking it with artistic reflection, thanks to which producing a fuller, better-rounded creation. His lyricism is manly, concentrated and free of sentimentalism."


    Um sich auf den 3. WARSCHAUER CHOPIN-WETTBEWERB am 21.02. 1937 vorzubereiten, reiste er auf Empfehlung von TURCZYNSKI in die Schweiz zu dem weltberühmten Pianisten IGNACY JAN PADEREWSKI, um dort Stunden zu nehmen. Bei dem Wettbewerb gewann er den 3. Preis. Er setzte dann sein Studium bei PADEREWSKI in der Schweiz von 1936 - 1937 fort, der eine hohe Meinung von MALCUZYNSKI hatte, und der in jeder Hinsicht einen großen Einfluß auf die weitere pianistische Entwicklung MALCUZYNSKIS nahm.


    1937 siedelte MALCUZYNSKI dann nach Paris über und heiratete die Pianisten COLETTE GAVEAU, die er beim WARSCHAUER CHOPIN-WETTBEWERB kennengelernt hatte. Dort setzte er seine Studien bei der renommierten Pianistin, Professoirin und Autorin MARGUERITE LONG (Lehrerin von INGRID HAEBLER!!), sowie bei ISIDOR PHILIPP fort. Als sich seine eigentliche internationale Karriere für ihn auftat, begann der 2. Weltkrieg. 1940 gab er in Paris sein Debut mit dem 2. KLAVIERKONZERT von CHOPIN. Die Kritik schrieb: "The pianist is an excellent musician with infallible tact, taste and intelligence. In his musical constructions there is not a single weak point, nor any mistake in interpretation. The accuracy and elegance of his phrasing is incomparable. By constantly heeding simplicity and the sublime he serves music rather than use it.... Here is a great pianist and genuine musician".


    Nach der Besetzung von Paris floh MALCUZYNSKI nach Portugal, dann nach Argentinien. Er gab im Nov. 1940 sein Debut in Buenos Aires und gab mehr als 70 Konzerte, die in ganz Südamerika zu einer außergewöhnlichen Populariät führten. Im April 1942 hatte er seinen großen Auftritt in der CARNEGIE HALL. Der sehr strenge, bekannte Kritiker OLIN DOWNES war von seinem Spiel begeistert und schrieb nach dem Konzet: "MALCUZYNSKI masterfully controls all the faculties of piano playing... He delcares LISZT's famous Sonata with great verve, in terrific style..., on the other hand, he plays CHOPIN with great simplicity, yet dramatically. He knows how to be simultaneously natural and great". Im Anschluß an seinen triumphalen Erfolg in NEW YORK, tourte er durch ganz Amerika und spielte unter den großen Dirigenten, wie KOUSSEWITZKY, MONTEUX, PARAY, MITROPOULOS, REINER, SZELL und anderen.


    Gegen Kriegsende kehrte MALCUZYNSKI nach Europa zurück, gab in London ein Konzert, und reiste dann nach einigen Monaten wieder nach Paris. Dort fand er erneut seine begeisterten Anhänger. Eine atemberaubende Karriere begann für ihn, und er gab Konzerte in Spanien, Italien, Schweiz, Skandinavien, u. a. auch unter KLEMPERER und CLUYTENS. Anläßlich des 100. Todestags CHOPIN's bereiste er Australien, Indien, Neuseeland und Ceylon. Im Verlauf seiner Reisen führte er CHOPIN's Gesamtwerk auf. Viele Schallplattenaufnahmen entstanden in dieser Zeit bei COLUMBIA, ANGEL, EMI, etc. Der Schwerpunkt seines Programms iag dabei stets bei CHOPIN, doch spielte er auch BRAHMS, LISZT, RACHMANINOV, TSCHAIKOWSKY, FRANCK, etc.


    1958 kehrte MALCUZYNSKI nach 20 Jahren in seine Heimat Polen zurück. Er wurde dort überall begeistert aufgenommen und gab in 2 Wochen 9 Konzerte, alle waren ausverkauft, und er mußte bis zu 10 Zugaben geben. Ein Zeitung schrieb: "a pianist who is very much our own, one who upholds the great tradition of "Romantic" pianism of PADEREWSKI and SLIVINSKI. People have need of such playing: frank, generous, personal, human in the full musical sense of the word, and altogether eloquent."
    Er wurde wegen der Qualität seiner Tongebung mit den LESCHETIZKY-Schülern BENNO MOISEIWITSCH und IGNAZ FRIEDMAN verglichen, ohne deren mitunter etwas sentimentale Ausrichtung aufzuweisen. Diese Meinung spiegelte sich auch in einer Kritik eines früheren Londoner Konzerts im November 1946 wieder: "MALCUZYNSKI is one of those piansts in whom a natural physical endowment has combined with an acute musical sensibility to produce a virtuoso of the first rank...he is the most unsentimental and unaffected interpreter of CHOPIN we have heard for a long while."
    Er wurde in seiner polnischen Heimat vielfach geehrt, wurde Ehrenbürger von Krakau, Offizier des Ordens Polonia Restituta und Mitglied der Warschauer Chopin-Gesellschaft.


    WITOLD MALCUZYNSKI starb am 10. 07. 1977 in PALMA DE MALLORCA und erhielt in seiner polnischen Heimat eine Ehrengrabstätte.


    MALCUZYNSKI darf nach seinem künsterischen Lebenswerk und seiner durch zahlreiche Schallplattenaufzeichnungen nachweisbaren Leistung ohne Übertreibung als ein großer Pianist, vor allem als ein großartiger CHOPIN-Interpret, bezeichnet werden, und so ist es schon etwas verwunderlich, daß er bisher in unserem Forum in keinem der Beiträge über das Werk CHOPINS Erwähnung fand. Es gilt unter CHOPIN-Kennern als einer der letzten romantischen Pianisten, vor allem hinsichtlich seiner Interpretationen der Werke CHOPINs, was natürlich heute nicht mehr jedermanns Geschmack ist. Er folgte eben der Tradition PADEREWSKI's, einem romantischen, eleganten, weltmännischen Pianisten, dessen Spiel aber auch hohe Subtilität auszeichnete, und es sollte auch für uns noch heute interessant sein, zu hören, wie ein PADEREWSKI, der Chopin ja fast noch erlebte, und wie dessen Schüler ihren CHOPIN interpretierten.


    Was man an MALCUZYNSKI's CHOPIN-Spiel u. a. rühmte, war seine natürliche Technik, die er nicht schaustellerisch herauskehrte, seine Kontrolle des Spiels, seine Sensitivität - und dabei einen großen, markanten und vor allem sehr männlichen Ton - die charakteristische Differenzierung, Geschmack und Stilgefühl, besonders auch bei kleineren Werken. Einen besonderen Namen machte er sich durch seine Interpretation der MAZURKAS, die er äußerste fantasievoll und mit männlichem Ton gestaltete. Ich schätze auch ganz besonders seine Interpretation der POLONAISEN, vor allem op. 26/2 und op. 40/1.


    Mit seiner einnehmenden Persönlichkeit, seiner guten, eleganten Erscheinung, seinem gepflegten Äußeren und seinem guten Auftreten, war MALCUZYNSKI, ähnlich wie früher auch sein Lehrer PADEREWSKI, einer der Lieblinge des Publikums seiner Zeit, ganz besonders in angelsächsichen Ländern. Da er in Deutschland nie aufgetreten ist, und er auch fast nur unter ausländischen Dirigenten spielte (Ausnahme: KLEMPERER), ist es wohl zu erklären, daß er hierzulande, und leider auch in unserem Forum, so wenig bekannt ist. Vielleicht kann ja aber dieser neue thread etwas zu seinem Bekanntwerden beitragen. Im übrigen kann man ihn auch im Internet mit vielen Aufnahmen, die leider akkustisch nicht immer die besten sind, hören. Es dürfte auch noch etliche Aufnahmen mit ihm im Handel geben. Jedenfalls sollte ein CHOPIN-Interpret, der in der Heimat CHOPINS's so gefeiert und als der ihre anerkannt wurde, auch heute noch unser Interesse finden!


    Viele Grüße


    wok