Meine richtige Zuneigung zu klassischer Musik begann 1956 mit der Jugendweihe. Vorher hörte ich im Radio bevorzugt Operette oder Radio Luxemburg (Camillo und Frank waren meine Favoriten).
Meine erste Oper 1956 war ausgerechnet "der fliegende Holländer", dann kamen "Der Wildschütz", der "Bettelstudent" und der "Troubadour". Seitdem hörte ich auch Oper im Radio, und als ich die Stretta erstmalig mit Helge Rosvaenge hörte, war ich hin und weg. Als Rosvaenge dann von 1967 bis 1960 in 4 verschiedenen italienischen Opern (deutsch gesungen) in meiner Heimatstadt Gera gastierte (ich habe im Rosvaenge-Thread in diesem Forum darüber berichtet), waren die Italiener eindeutig Spitzenreiter bei mir. Für Konzert hatte ich weniger Interesse, habe aber trotzdem die Jugendkonzerte meiner Heimatstadt besucht. Irgendwie war das für werdende Abiturienten eine freiwillige Pflicht.
Nachdem ich rund 30 Jahre die Italiener bevorzugte wurden mir die Wunschkonzerttitel wie "La donna e mobile", "Va pensiero" oder der sog. "Sektwalzer" zu wenig. Wagner oder Richard Strauss konnte ich aber gar nicht hören, ebenso Bruckner oder Mahler usw. Sie berührten mich nicht, mein Bauchgefühl blieb vorerst kalt.
Bis ich einmal an einem Sonntag vormittag im TV eine Oper sah, bei welcher mich die Musik teilweise euphorisierte oder erschreckte. Es war die "Salome" mit Theresa Stratas. Ich bewunderte ihre Darstellung, aber besonders die Wechsel in der Musik zwischen fast atonaler Musik (die ich bis dato als furchtbar empfand) und einschmeichelnder oder fesselnder Melodik. Daraufhin habe ich mich wesentlich mehr mit Wagner und Strauss befaßt, Biographien gelesen und mich nach und nach mit denen angefreundet. Als in den 90-ern damit begonnen wurde, die Opernhandlung zeitlich und kostümiert zu verändern, hat mich das abgestoßen (ich will jetzt keine RT-Diskussion). Ich habe nach mehr als 10 Jahren etwa um 2005 herum die Versuche aufgegeben, diesen Trend verstehen zu wollen und meine Opernanrechte gekündigt.
Im Konzertsaal fand ich mehr als nur Ersatz. Allerdings sind mir die Komponisten des 20. Jahrhunderts mit Ausnahme von R. Strauss, Mahler und teilweise Schostakowitsch fremd geblieben. Besonders bei R. Strauss hat mir die oft geschmähte Programmmusik geholfen, Musik zu lieben und auch besser zu verstehen, besonders in der Alpensinfonie, in Tod und Verklärung oder im Heldenleben.
Zusammengefaßt - um aufs Thema zu kommen:
- meine Liebe zu Verdi hatten die Helge Rosvaenge-Gastspiele in Gera geführt
- die Erschließung des Konzertreportoires begann mit der Oper Salome und dem Verzicht auf Opernbesuche
- Mahler, Bruckner und Strauss stehen jetzt ganz weit vorn, ohne daß ich auf Brahms oder Tschaikowski, auf Berlioz oder Beethoven, auf Mendelssohn oder Bruch verzichten möchte.
Musik ist mehr als eine Reihe von Noten. Musik ist ein Lebensgefühl für mich geworden, mit Betonung auf Gefühl. Ich sehe und höre klassische Musik mit den Augen und Ohren eines Amateurs und habe es trotzdem oder gerade deshalb auf ca. 800 Besuche in der Oper und im Konzertsaal gebracht.