Beiträge von Tapio

    Letztlich wäre es auch möglich, dass jemand sich intensiv mit klassischer Musik beschäftigt ohne je den Namen Mozart gehört zu haben - das ist aber recht unwahrscheinlich.

    Zwischen Shostakovich, Sibelius, Pettersson, Mahler, Bruckner - aber auch Musik von Purcell oder Dowland... usw. usw... hat... wie heißt er... Mozart?.. bei mir keinen Platz. Gar nicht. Überhaupt nicht. Spricht mich nicht an. Geht nicht. :P


    Ich meine, so etwas wie einen kleinsten gemeinsamen Nenner gibt es nicht. Man kann nur breit gestreut Anregungen geben und vielleicht kommt irgendwann irgendjemand darauf zurück.

    Und wie in dem verlinkten Thread mit den Statistiken und Prognosen des Musikindustrieverbandes schon bemerkt, hätte vor 15 Jahren niemand die "Vinylrenaissance" vorhergesagt


    Da sie an Absurdität auch kaum zu überbieten ist. Man produziert heute Musik digital, schiebt alles aufgenommene durch DAWs, Effektprozessoren und Verbesserer, kippt das Ergebnis dann wieder auf analoge Datenträger mit mechanischen Reibungseffekten, und das klingt dann plötzlich besser. Muhahaha.

    Den Woody Allen-Spruch könnte ich direkt für mich unterschreiben :D.


    Er fühlt sich älter, weil er sich fragt, wie weit es mit ihm schon gekommen ist, wenn er sich in einem Forum mit solchen »alten Knackern« noch wohl fühlt.


    Das bezog sich auf die "Endlichkeit irdischen Lebens" und auf meinen Gedanken, dass einem ältere Leute eher die Endlichkeit des Lebens aufzeigen - anders, wenn man sich zwischen Jüngeren aufhält - deren Planung ist eher auf "Ewigkeit" ausgerichtet :D. In meinen Mitte 40 habe ich gerade das erste mal ein Bewusstsein für die eigene Endlichkeit entwickelt. Ein paar zum Glück doch harmlose Zipperlein trafen mich - aber auch schwere Einschläge um mich herum. Ich kann sagen, ich habe so einen Wendepunkt erreicht, vor welchem ich mich noch für "unbesiegbar" hielt, jetzt nicht mehr. Aber das ist jetzt hier nicht das Thema.


    Wo hier "alte Knacker" ins Feld geführt werden. Ich meine eigentlich, es ist der Regelfall, dass man neueren Entwicklungen ablehnend gegenübersteht, je älter man wird. Nur ein bißchen Selbstreflektion, und man kann das an sich selbst beobachten. Ich halte aber nichts davon, das Treiben der Jüngeren absolut zu verdammen. Nein, die werden schon zurechtkommen und sie kommen zurecht - man will das vielleicht nicht sehen. Und die Jugend ist ach so schlecht! Und rotzfrech! Und voller Hass! - Nein. Auch das kann man nicht sagen. Ich sehe sehr viel Gutes. Ich sehe bspw. viele Jugendliche/Erwachsene, die sich über ein Thema definieren und so auch anerkannt werden. Dieses ganze "der ist hässlich, der wird gemobbt" findet man manchmal erstaunlicherweise GAR NICHT. Finde ich gut. Nun ich kann hier keine empirische Studie anbieten, vielleicht will ich nur sagen, so einfach und hoffnungslos ist das alles nicht. Von uns älteren erwarte ich - aber wer bin ich, dass ich das erwarten darf - mehr Selbstreflektion und Überblick. Man kann sich auch naturwissenschaftlich nähern: "Warum lebe zufälligerweise ausgerechnet ich in einer Zeit, ab der die Jugend nichts mehr taugt".


    Beste Grüße an alle alten und jungen Säcke und natürlich Säckinnen.

    Ich denke, alle digitalen/digitalisierten Bereiche mussten sich etwas überlegen und die Entwicklungen sind/waren ähnlich. Die Preise fielen, es gibt Angebote, die einem vieles/eine Flatrate anbieten - damit überhaupt noch Geld abgeschöpft werden kann. Klassische Datenträger sterben aus. Beschleunigt wird das Aussterben der herkömmlichen Datenträger dadurch, dass sie weniger praktisch sind - im Vergleich zum kabellosen Streamen bspw. via Bluetooth oder halt WLAN.


    - Audiobereich: Die Menschen konnten alles bekommen und alles verbreiten. Mittlerweile ist schon das Herunterladen, Horten und Organisieren (relativ!) umständlich geworden, denn Streamingdienste erfordern dies nicht.


    - Videobereich: Hinkt hinterher, da Datenmengen höher und daher schwerer handhabbar sind - aber das spielt auch immer weniger eine Rolle (schnelles Internet/ riesige Festplatten/USB-Datenträger) - wir sehen die gleiche Entwicklung hin zu Streaming.


    - Computerspiele: Valve hat mit Steam ein Quasi-Monopol und eine Distributionsplattform geschaffen, die den klassischen Vertrieb zerstört hat. Hier werden Spiele heruntergeladen und automatisch aktualisiert. Sehr viele Verkäufe zielen darauf ab, Produkte an wirklich JEDEN zu verkaufen. "Steam Sale", also immer wiederkehrende Sonderangebote mit teils >90% Nachlass schufen quasi eine Flatrate, einen "Game-Streamingdienst".


    Goldene Zeiten für Konsumenten. Hoffentlich verlieren sie Kreativität nicht aus den Augen. Wir sind wie Kinder, die 50 Zimmer randvoll mit Spielzeug haben und wenn wir uns aber zurückerinnern, so war es doch viel schöner, als wir nur ein Spielzeug hatten, dieses aber das Zentrum der Welt war.



    Im Unterbewußtsein steht bei mir sicher auch der Gedanke der Endlichkeit des irdischen Lebens. Danach kommt die Mülltonne, denn bei mir existiert kein Nachfolger, der Bruckner oder Mahler kennt, geschweige denn hört. Leider.

    Man muss sich hier nichts vormachen, in den allermeisten Bereichen finden sich nur wenige Interessenten unter den Erben; die Mülltonne ist wohl häufig der Haupterbe. Leider? Ach wo. Es sind doch nur... Dinge.
    Diese Gedanken kommen übrigens immer auch wieder bzgl. digitaler Bibliotheken auf. Meiner Beobachtung nach unterstützen Anbieter hier aber nicht, der Punkt wird sein, dass man eben die digitalen Produkte nicht "besitzt". Und seitens der Konsumenten ist der Druck nicht groß genug für einvernehmliche Lösungen - denn die Produkte sind ohnehin leicht und niederschwellig zu erwerben.


    Puh. Habe ich Euch gesagt, dass wenn ich hier im Forum schreibe, ich mich nochmal 10 Jahre älter fühle? :D :whistling:

    Ich habe beobachtet: die Bequemlichkeit setzt sich durch.


    Im Musikbereich scheinen Downloads zu verlieren, Streamingdienste sind einfach praktischer. Diese an sowas wie Chromecast Audio gehangen - fertig. Das schließt im Übrigen nicht aus, dass man Musik (auf diese kommt es übrigens an!) immer noch genießen und wertschätzen kann.
    Downloads muss man organisieren, vielleicht taggen, da ist der Aufwand schon höher. Was und wieviel der Künstler daran dann verdient, ist nochmal ein anderes Thema.


    Man sieht das auch im Spielebereich. Wie bei Audio liegen CDs in der Ecke und spielen keine Rolle mehr. Dann gab es bspw. GOG.com, das sind sauber organisierte Downloads, aber es ging halt noch einfacher: Steam/Valve. Viele Leute haben Produkte nochmal auf Steam gekauft.

    Verstärkerklang ist nichts, worum ich mich allzu intensiv bemühe, dafür ist Zeit zu knapp bemessen. Die Beschaffenheit des Raums bestimmt den Klang doch auch viel wesentlicher. Hier lagen bei mir immer die wirklich relevanten Stärken bzw. Schwächen. Ich bin da bei mir im Moment gar nicht zufrieden. Großer Raum, Parkett und 5m Fenster. Im Keller habe ich noch einen Raum, den ich klanglich bevorzuge. Ist nur nicht so schön da.

    Ich für meinen Teil kann sagen: Die Welt hat ein Überangebot an interessanten Dingen zu bieten. Man muss sich entscheiden und wechselt schon mal die Vorlieben. Wenn ich hier längere Zeit abwesend bin -und dies war jüngst der Fall- hat das musikalische Gründe, denn über Musik rede ich immer, nur nicht immer hier. Oft bin ich bei forum.watmm.com. Zur Zeit höre ich Klassik gerade mal nur zu ~20 Prozent. Es hat sich einfach viel getan bei Radiohead, Autechre, Plaid usw. usw. Murcof+(Vanessa Wagner) habe ich hier ja mal vorgestellt, aber Grenzüberschritt ist hier naturgemäß schwierig, was ich auch verstehen kann.
    Und es gibt neben der Musik ja auch noch die anderen Interessen und Familie, die das Forengeschreibsel eher als herausgeschmissene Zeit ächtet. Tausend Gründe für Abwesenheit. Wenn die Leute aber zurückfinden, ist das ein gutes Zeichen.


    Und jetzt noch eine ganz tolle Weisheit: Personen und Dinge kommen und gehen. Wir nehmen uns zu wichtig. Gibt es Tamino nicht, gibt es etwas anderes. Und alle hier Anwesenden werden in 300 Jahren vergessen sein. Also, es gibt nichts, über das man sich aufregen müsste. Fatalismus ist etwas Positives.


    Was ein Forum braucht ist Gleichgesinnte. Menschen wollen auch über andere Dinge quatschen als die Musik. Das funktioniert in anderen Foren besser, für mich hier weniger. Ich nehme an, es ist die Altersstruktur. Ich kann hier nicht über die Entwicklung von Early Access in der Spieleindustrie diskutieren. Oder über moderne Musikzufuhr via Spotify, Chromecast usw. - es klappt nicht. So etwas aber bindet an ein Forum.


    Leuchtturm-Aktionen sind auch sehr vorteilhaft. Ich weiß nicht, was es hier sein könnte. Beispiel: drüben bei WATMM hatten wir Sean Booth und Rob Brown für ca. 24 Stunden in einer AMA ("Ask me anything") und - wir sind alle absolute Jünger dieser beiden Leute - wir konnten alles fragen, was uns über die Jahre bewegte und bewegt. Absoluter Ausnahmezustand für viele Leute und das schweißt zusammen. Stellt Euch vor, Mozart käme hierher, manch einer würde hier... kreischen wie ein Teenie. Sowas halt.
    Ein Chat auf der Portalseite ist auch nicht schlecht. Kurz "Hallo" sagen, "habt Ihr auch schon XY gehört..." "Ach und das da..." eins ergibt das andere... "und schau mal da auf Youtube"... "und tschüß..."


    "Kundenbindung".

    Hallo Leute,


    ich war lange abwesend, nicht nur von hier, sondern auch großteils von der Klassik. Ich darf Euch einmal folgende Interpretationen von Gnossiene Nr. 3 empfehlen. Die erste ist eine "klassische", die zweite ist ... anders.


    http://infine-rec.bandcamp.com…ossienne-3-wagner-version
    http://infine-rec.bandcamp.com…ossienne-3-murcof-version


    Tonhöhen unsauber verschoben, überhaupt eine gewisse Art, Zerfall und Zerstörungen vorzunehmen, ist in einer von mir geschätzten Musikrichtung Standardrepertoire.


    Und hier finde ich, es funktioniert besonders gut. Wohlbedacht und über die Spielzeit klassisch im Aufbau wurde das Stück angepasst... Alles in allem wurde das Attribut "Horror" hinzugefügt.


    Beste Grüße
    Tapio

    Meine CDs landeten alle im Keller. Ich brauche sie nicht mehr. Meine Sammlung (mittlerweile sammle ich nicht mehr und kaufe nur noch sehr wichtige Dinge, meist als Download) misst mehrere Wochen/>1TB. Alles in bester Ordnung und einfach toll.
    Meine Audioketten nutzen alle modernen Möglichkeiten. Mit Leuten darüber zu diskutieren, die nicht ansatzweise moderne Möglichkeiten kennen, ist für mich derzeit herausgeschmissene Zeit. Was soll ich hier von Bluetooth/APTX anfangen? Hier? Ich muss mich schon auf der Arbeit mit Ü50-Hintermondlern diskutieren, die mir etwas von der Überlegenheit von Falk-Papierkarten erzählen.


    "Man" habe an Downloads keine Freude und sie seien nicht für die Ewigkeit. Ach was! Ein Leben lang reicht auch schon. Ja, das geht. Das ist schon manchmal sehr komisch hier.


    Ich bevorzuge rauschfreie Aufnahmen, je qualitativ schlechter sie sind, desto schwerer haben sie es. Aber es muss Elgar/du Pré sein, oder Beethoven 6/Böhm. Rauschen stört mich da nicht sonderlich, aber wenn ich die Wahl habe...? Qualität Marke Furtwängler kann ich nicht ausstehen, da hört die Liebe auf.

    Antwort auf Alfreds Eingaben :).


    "Billigtouristen": Alfred hat Recht, finde ich. Hinter dem Billigtouristen steht als Thema der moderne Typus Mensch, der meint, es müsse alles einmal in seinem Leben gesehen und erlebt haben. Man hat sich diesen Anspruch implantieren lassen und er ist falsch. Das geht vermutlich in die Richtung, dass man sein Volk beschäftigen will, bevor es auf dumme Ideen kommt. Dann lieber für billig Geld zum Alfred reisen lassen.
    Ich meine, man muss nicht alles gesehen haben, mangels unendlicher Geld- und Zeitressourcen dann oberflächlich und gehetzt herumirrend. Träume sind doch auch etwas Schönes :D. Lieber die Dinge tun, die man in Ruhe vornehmen und genießen und sich gut leisten kann. Ich habe auch viel vor (Wien steht allerdings nicht auf meinem Plan) und weiß schon, dass ich nicht alles schaffen werde. Und das finde ich nicht schlimm.


    "Neugier/Kreativität". Gut, dass es das gibt. Und ich weiß auch nicht, wie klein eine Wiener Welt sein kann - meine Erfahrung ist, dass es sehr viele Künstler gibt, genau das machen, was sie können und für richtig halten - und damit trotzdem Erfolg haben (wobei man sagen muss, dass das große Geld nicht im Musik-Business ist. Eher schon Computerspiele, da rollen viele Rubel). Und eben dies ist die Grundlage für Fortschritt, den ich auch über die Jahre erlebt habe (ich spreche nicht von klassischer Musik).


    "Neugier der Amerikaner" - Da muss ich doch herzlich über Alfreds Aussagen lachen, da erinnert er mich doch sehr an den Earl von Doringcourt (aus dem Little Lord Faultleroy, "Der kleine Lord"). :)


    "Immigranten - die man hier auch nicht will" - ich kommentiere das nicht, anders als Alfred unterliege ich Zwängen. Sprachlos bin ich aber nicht, warum? Ich bin Realist, es ticken nicht alle Menschen uniform (welch eine Erkenntnis!).


    Alfred, Du musst unbedingt mal ein Praktikum machen. Vorlese-Opa oder Musikbotschafter in einer Berlin-Neuköllner Schule. Das wär' doch was!

    Für mich sind gerade diejenigen Musikstücke besonders wertvoll, die ein Spiegel meiner eigenen Seelenzustände sind. "Stimmung aufhellen", das war für mich nie eine Motivation, um Musik zu hören.


    Das kann ich für mich auch so unterschreiben. "Die ein Spiegel meiner derzeitigen Seelenzustände sind". Vielleicht sucht man ja Trost in der Gewissheit, dass es Leidensgenossen (hier: der Komponist) gibt - man ist also nicht allein. Ich weiß es nicht. Derartige Musik schadet mir jedenfalls nicht, eher das Gegenteil ist der Fall. Es ist mir eine (traurige) Freude.

    Zum Thema fällt mir vieles ein, ich nenne mal ein Werk:


    Die gesamte Sechste Symphonie (in einem Satz) von Allan Pettersson. Das Finale kannst Du ja mal anhören (57:37), es sagt vieles über das gesamte Werk aus und ist sehr erschütternd. Oder mal rund um 37:30 hören... Die Symphonie muss man sich in normalem Maße erarbeiten, Herr Pettersson hat da ganz andere Werke geschrieben, die sich mir bisher nicht erschlossen haben. Man wird reich belohnt.


    https://www.youtube.com/watch?v=Wm83O4_Y5rg


    Sehr langgezogene Noten mitunter.. da fällt mir wieder einmal ein Vergleich zu anderen Musikstilen ein. Thom Yorke (u.a. von Radiohead), zieht Noten auch gerne lang. Bspw. in Pyramid Song singt er die Noten ab Mitte des Stückes in extremer Länge.


    Ich will jetzt nicht die üblichen Verdächtigen nennen (aber mit Marcia Funebre aus Eroica und Bruckners Adagio aus der 7. liegt man immer genau richtig). Atterbergs Fünfte hat einen sehr traurigen Satz (er ist aber auch tragisch), Sibelius hat auch einen sehr schönen Trauermarsch geschrieben (In Memoriam) und Dvoraks Waldtaube ist auch sehr traurig, sie hat einen schönen Absturz. Große Tragik hat Sibelius' "Wood Nymph", ein viel zu selten gehörtes Werk.

    Ich dagegen darf (muss) am Sonntag ein Open-Air- Konzert mit überwiegend Musical Nummern durchstehen. An dessen Entstehung wirkte ich sogar mit, denn ich engagierte die beiden Solisten.


    Du bist vermutlich jung und brauchst das Geld!


    Wie sich die klassische Musik entwickeln wird, wir werden es sehen. Ich bezweifle bereits, ob das Attribut "klassisch" sinnvoll ist. Es ist Musik. Mir ist es eigentlich gleich, auf welchen Instrumenten sie gespielt wird oder zu welcher Zeit sie erschaffen wurde. Wie sie sich ausgestaltet, das ist wichtig. Ob Aufbau, Melodik, Rhytmus und Instrumentierung passen. Ich bin auch regelmäßig darüber enttäuscht, dass diejenigen, die Musik eben nicht für große Orchester erschaffen, sondern beispielsweise in Computern erzeugen, oft wenig Sinn für Melodik oder sinnvollen Aufbau haben in dem Sinne, dass Emotionen erzeugt werden. Ebenso wünschte ich mir mehr Vorbildung, Kontrapunkt z.B... Ich muss es eines Tages mal selber machen :D. Es gibt aber gute Elektroniker, die erzeugen Melodien sehr subtil. Das kann sehr toll sein, aus einem Haufen vermeintlichem Chaos Ordnung und Melodie zu finden. Wenn man zum ersten Mal komplexe Sinfonien hört, muss man ja auch mehrfach hören, um ein Verständnis für das Werk zu bekommen.
    Es gibt reichlich interessante Ansätze. Meine Lieblingsband "Autechre" aus dem Bereich fing zunächst irgendwann an Unsauberkeiten in Stücke hineinzubringen (Rauschen, Knackser, Brüche, usw. usw. auch eine Folge der Digitalisierung, die Musik "perfekt" machte zum Beispiel dadurch, dass Bandrauschen wegfiel), später wurden Rythmen "verstolpert", d.h. man versuchte sich an Variationen im Timing; wichtig ist am Ende, dass eine übergeordnete Ordnung bleibt. Letztlich ist man im Bereich der Rythmik viel freier geworden; das verlangte aber mehr Handarbeit. Leute aus meiner Musikszene lieben zum Beispiel solche Kleinigkeiten, wie hier, https://www.youtube.com/watch?…lpage&v=rQ84hKQPTAA#t=377 - wo bei 6:42 diese Art,,, Glockenton ein Stückchen, vielleicht einen Halbton, danebenliegt. So etwas wird nicht zufällig gemacht. Auch sehr gern genommen wird ein irgendwie ausgestalteter Verfall, kommt hier im Stück auch so ab 4:40. Oder wie bei Surripere die 3 Teilstücke bei ca. 4:00 und 7:00 ineinander überführt werden, das ist grandios :D. Aber das glaubt mir ja mal wieder kein ;)


    Oft wird moderne Musik aber platt wie ein Bollywood-Film dargeboten. Ich habe genau EINMAL die ersten 10 Minuten so eines Films geschaut. Die erste episch ausgebreitete Herzschmerz-Szene passierte da schon nach ca. 5 Minuten, als man noch genau gar keinen Bezug zu den Protagonisten hatte. Einfach nur schlecht.


    Von der Großwetterlage gilt klassische Musik wohl immer noch als langweilige Musik für alte Leute. So ist das mit Klischees und Herdentrieb. Wenn die anderen das sagen, dann will man ja dazugehören. Erst heute morgen im Radio: Das Wetter werde "langweilig wie ein Klavierstück" - so in etwa. Ich kann die Unwissenden nur bedauern. Ihnen ist Schostakowitsch entgangen. Eigentlich war deren Leben sinnlos :D. Sie wissen es nur nicht.

    Verproletarisierung: rein formell (Herkunft und beruflicher Erfolg) gehöre ich auch dazu. Ich weiß mich aber zu benehmen und zu kleiden, insofern falle ich der hohen Gesellschaft auf Konzerten nicht negativ auf. Aber ich habe Abitur! :) Und Hochschulbildung!
    Ach Alfred, das sind aber auch Zeiten, nicht mal mehr "Pöbel" oder "Pack" darf man sagen :D. "Unterschicht" darf man aber meines Wissens sagen. Das sind alles Moden. Ich kann mich erinnern, unsere marxistischen Freunde hatten das arbeitsscheue "Lumpenproletariat" als Begrifflichkeit.
    Ich habe auch eine bestimmte Vorstellung vom sog. Pöbel. Der moderne Pöbel treibt sich im Internet herum, sucht sich rangniedrigere Personen oder Gruppen (Beispiel: Tierquäler) und hetzt dann meist in Horden aufgrund von realen oder nicht realen Begebenheiten (das ist irrelevant und wird nicht hinterfragt) auf eben diese Personen oder Gruppen los. Angefeuert wird dies vom (erlaubter Begriff) "Unterschichten-Fernsehen".


    Eine bessere Zeit hat es für besitzende und herrschende Klassen meiner Meinung nach nie gegeben. Volk tippt in Tastaturen und belästigt niemanden vor der Haustür. Mit immer neuen Angst-Themen (Klima-Wandel überall! Kinderschänder allerorten! Ozon! Feinstaub! Fahrradhelme und der mögliche Tod ganzer Generationen, wenn sie nicht mit Helm fahren! Vogelgrippe! Cyberterror 12.0! Der Ivan!) und dem Internet lässt sich Volk ganz prima beschäftigen. Angela Merkel hat Recht: Sollen sie sich empören, sie hat zu arbeiten.


    Also. Besseres Brot und bessere Spiele gab es noch nie.


    Was die Abonnementen angeht, sehe ich es so: Ich denke, dies ist zur Zeit kein Geschäftsmodell. Die Interessen sind immer punktueller und spezialisierter, dem Konsumenten steht die ganze Welt zu Verfügung; er hat alle Möglichkeiten, eben genau seinen Interessen nachzugehen. Ob das gut oder schlecht ist, darüber will ich gar keine Aussage treffen.


    Und Alfred hat mit seiner Bestandsaufnahme recht, "Elite" ist leider ein negativ besetzter Begriff. "Unternehmer", Leute, die etwas anpacken, werden sofort mit Ausbeutern gleichgesetzt. Das ist bedauernswert, ein Armutszeugnis und dem Fortschritt nicht dienlich. Aber bei unseren Linken wächst ja Erfolg und Auskommen auf Bäumen und kann vom Staat verteilt werden.

    Nett, dass Du zusammenfast. Ja, er ist eine anerkannte Größe, von der Größenordnung her ist er ein kleiner unter den Großen, er bedient eben eine gewissen Nische. Seine Alben erscheinen relativ selten und deren ersten Buchstaben sind der Reihe nach aus den Buchstaben "MURCOF" gebildet. Das letzte Album war Cosmos, nun warten wir schon seit Jahren auf "Océano". Viele meinen, er macht zu viel in der Kunstszene, statt "reguläre" Alben zu produzieren.
    Es ist aber 2014 das Album "Being human being" erschienen, eine Zusammenarbeit mit Eric Truffaz, das durchaus Anerkennung in der IDM-Szene findet.
    Ich mag auch experimentellere Stücke, wie bspw. Urano (hat eine tolle Auflösung), oder Pegasus, ebenfalls eine Gemeinschaftsarbeit (mit Phillipe Petit). https://soundcloud.com/aagoo/pegasus-murkof-and-philippe
    Die Szene wünscht sich vor allem sowas zurück: https://www.youtube.com/watch?v=5GNuQEwEX4Y - aber sie soll mal ruhig aufgeschlossener sein.


    Übrigens, das hier besprochene Stück erschien nicht auf Remembranza (auf keinem Album).


    An tatsächlich vorhandene Stücke ist er auch in "Versailles Sessions" herangegangen, bspw. findet sich Purcells Dido and Aeneas..., "Ah Belinda", glaube ich kam vor.


    Hmm. Kammermusik ist das wohl nicht...


    Schöne Aufnahme mit Quatour Ebène, danke. P.S.: Der Gesichtsausdruck des zweiten Herrn von rechts passt sehr gut zu unserer (häufig) von Leid und Tragik getragenen europäischen Musik. :D Eine Melange aus allem, was ich liebe, und was meine beste Ehefrau von allen verabscheut. Sie: "Das Leben ist schon hart genug".. ich: "Wer etwas durchleidet, empfindet die Freude umso stärker". Wir konnten uns noch auf keine Wahrheit einigen.

    Dieses Schubert-Lied "Der Tod und das Mädchen" entfaltet sich klanglich-melodisch doch ganz aus dem zentralen Motiv


    Dank an Euch, dass Ihr Euch Zeit genommen habt.


    Ich meinte, dass ich den Gesang von Christa Ludwig kaum in Zusammenhang mit dem Gesang aus dem neuen Stück bringen kann, die hatte ich nach einer Youtube-Suche nämlich auch als erstes gefunden...
    Ich hatte ja nur gehofft, dass es ein allseits bekanntes Vokal/Chor-Stück gibt, dass sich so anhört wie eben der Gesang, den ich im neuen Stück vorfand; dies scheint nicht der Fall zu sein.

    Hallo,


    ich bin ja sowohl in der elektronischen Musik als auch in der großorchestralen Klassik beheimatet. Neben ein paar Ausreißern. Ein von mir sehr geschätzter Künstler (Fernando Corona aka "Murcof") hat einmal den 2. Satz aus dem Streichquartet "Der Tod und das Mädchen" von Franz Schubert anders aufgelegt. Musikalisch ist der elektronische Anteil gar nicht sonderlich interessant, aber insgesamt funktioniert es für mich. Und ich kam über diesen Weg zu dem Streichquartett. Gerade der 2. Satz und auch das elektronische Stück - beide reißen mich in den Wahnsinn, positiven Wahnsinn :).


    Nun meine Frage. Das Stück hier:


    Gleich am Anfang, 0:20, aber auch im Verlauf, ist Gesangsbegleitung vorhanden. Ich verstehe kein Wort. Nun ist den Elektronikern auch zuzutrauen, dass sie Stimmen aus anderen Kontexten entnehmen und vermatschen...
    Gibt es also einen derartigen Gesang zu dem Stück? Irgendwie finde ich nichts. Es gibt wohl auch ein Kunstlied "Tod und das Mädchen", jedoch passte nach meinem ersten Reinhören der Gesang so gar nicht zu dem im Murcof-Stück. Ich habe das hier auch schon mal in einem anderen Thread gefragt, aber wenn es einen derartigen Gesang gibt, vielleicht auch ein Chor, dann muss doch etwas via Youtube zu finden sein, wo der gesang so wie oben im Video ist? Vielleicht sind das so um 4:00 aber auch vermischte Einzelsänger und kein Chor...


    Dankbar für Hinweise
    Michael

    Ich kenne die Winterreise nur mit Fischer-Dieskau/Demus. Ich würde gerne mal eine zweite anschaffen. Peter Schreier mag ich als Sänger sehr gern (seine wunderschön interpretierten Volkslieder!). Ich sah aber auch, dass er mehrere Aufnahmen machte - habt Ihr eine Empfehlung? Ich bin hier kein Experte. Langsames Tempo ist in Ordnung, das Gefühl der Verlassenheit sollte schon gut durchkommen...

    Möglicherweise weiche ich ab, aber muss meinen Ärger loswerden. Klassische Musik soll vor allem langweilig sein. "Soll" - das Klischee verlangt es. "Soll" auch im Sinne von "ich weiß das - vom Hörensagen".
    Da schaue ich vorletzte Woche Bundesliga (Aktuelles Sportstudio) - und der Sprecher kündigt die Taktiken der Mannschaften in etwa so an: "(Langweiliger) Abwehr- gegen Angiffs und Hurrafussball - in gewissem Sine Klassik gegen Rockmusik". :cursing:

    Hallo, ich hatte lange gezögert, mich anzumelden, geschweige denn zu posten, da mich die geballte Qualität und Kompetenz hier förmlich erschlagen hat. Ich habe Dank dieses Forums einen ganz anderen Zugang zur Musik gefunden und sehe viele Dinge mit ganz anderen Augen, weil ich mir als Laie hier viel anlesen konnte.


    Aber das Niveau kann der werte Herr Professor doch nur von oben betrachtet haben!

    Sind die Medien schuld? Ich halte sie nur für einen Verstärker.
    Ich höchstselbst trage eine Mitschuld! Wenn ich auf der Arbeit Musik höre, oder anderswo, wo dann jemand dazukommt, mache ich die Musik aus. Kein Sendungsbewusstsein. Denn aus Erfahrung ernte ich nur Unverständnis, ja ich gerate beinahe in Rechtfertigungsdruck. Erkläre ich irgend etwas, werde ich ohnehin nicht verstanden bzw. man hört normalerweise auch nur auf halbem Ohr zu. Meine Interessen bleiben daher meine Interessen; ich teile sie nicht. Ich bin das gewohnt.

    Ja - und dann wird es Dir so wie mir gehen - daß Du eines Tages mit der Tatsache konfrontiert bist, daß Du die höchsten Töne gar ncit mehr - oder - noch schlimmer - "kratzig" wahrnimmst.


    Oh ja, es gibt Stücke, da weiß ich, dass genau jetzt ein Ton so bei 20 kHz einsetzt - und er ist nicht mehr da; war es aber noch in den 90ern :( Aber ich habe auf meine Ohren achtgegeben und höre dennoch ziemlich hoch, ca. 18000 Hz sollten es noch sein. Viele um mich herum hören ein ganzes Stück darunter nichts mehr. Ich habe das aus Spaß auch mal auf der Arbeit getestet. Nerviges Piepsen eingeschaltet - niemand hat es gehört, erst die Azubis :D


    Wer zufällig einen PC nutzt und foobar2000 als Player hat, der hat eine relativ versteckte Funktion: da kann man ohne Aufhebens (Sinus)töne erzeugen,
    - einfach File->Add location->
    tone://20000,5 - fügt 5 Sekunden / 20000 Hz zur Playlist hinzu.


    Ich bin eigentlich robust gegen Hifi in der Hinsicht, dass die Klappe schnell fallen kann, wenn ich zufrieden bin - und ich mich dann ausschließlich der Musik widme. Früher war ich nie zufrieden - und es war höchst ärgerlich. Da war ich bald der einzige, der immer genervt war. Wenn ein Tonkopf leicht unjustiert war und diese typische oszillierende Dumpfheit die Musik befiel - niemand merkte etwas, doch ich konnte nicht genießen, weil mich so etwas aufgeregt hat. Als einfacher Hifi-Tor hat man es da doch leichter.
    Im Rahmen meiner Möglichkeiten das beste machen - und zwar technisch begründbar und ohne Einsatz von Glaubensverkabelung und Weihrauch - es dann aber auch gut sein lassen und sich anderen Baustellen widmen.