Beiträge von Lynkeus

    Die Omnipräsenz des Handygeklingels empfinde ich zwar selbst als extrem störend, aber die Heftigkeit einiger Äußerungen überrascht mich dann schon. Es ist einfach eine Frage der Wahrscheinlichkeit, dass eines dieser Dinger klingelt, v.a. wenn man häufiger Konzerte besucht. Für mich ist das Ausschalten eine Selbstverständlichkeit und auch meine Partnerin erinnere ich daran, aber es reicht ja schon, wenn ein Handy klingelt (und natürlich treten solche Störungen immer an den besten Stellen auf, das bemerkte ja schon E.T.A. Hoffmann). Vielleicht ist da jemand in Eile, hat gerade noch vor Vorstellungsbeginn seinen Platz eingenommen und holt schnaufend erleichtert Luft - da vergisst man die elektronische Fußfessel. Ich will das keinesfalls entschuldigen oder rechtfertigen, aber - wie gesagt - es ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit.


    Einige der bisherigen Beiträge legen ein bißchen die unausgesprochene Vermutung nahe, derartige Vorfälle gingen auf das Konto rücksichtsloser Kulturbanausen, die aus Erreichbarkeitszwängen jegliche Rücksicht fehlen lassen. Ich würde aber eher das Gegenteil annehmen: Die arme S*u, deren Handy während des Konzertes bimmelt. Ein Moment der Scham, sicher will man im Erdboden versinken. Der Hass und die Verachtung eines ganzen Saals sind einem gewiss. Drakonische Maßnahmen wie Beschimpfungen oder Platzverweise halte ich in solchen Fällen für überzogen. Das Pausieren der Ausführenden verstärkt das unangenehme Moment für den Störenden zusätzlich, macht Schlagzeilen und ruft die Problematik als solche ins Gedächtnis. Alle Anwesenden werden vermutlich zukünftig mehr Sorgfalt auf Stummschaltung und dergleichen legen.


    Ob nun aber pausiert oder ignoriert wird, muss letztlich der Ausführende für sich entscheiden. Will man aber derartiges verhindern, dann ist es wie man allen Dingen: Man sollte sich nicht auf andere verlassen, sondern selbst etwas unternehmen. Konkret heißt das für die veranstaltenden Häuser: Handystörsender in die Konzertsäle.

    Eigentlich wollte ich ja mal in den Raum hinein vorschlagen, eine der vielen Operninszenierungen, die hier am meisten Kopfschütteln hervorgerufen hat, einfach mal parallel klassisch "konservativ" auf der selben Bühne mit den selben Darstellern/Sängern anzubieten. [...]
    Stellt man nun die Kartenverkäufe nebeneinander, hätte man die Inszenierung mit dem größten Publikumszuspruch ermittelt.
    Klar, der Gedanke ist naiv.

    Eigentlich würde ich gerne antworten, dass der Gedanke an eine doppelte Inszenierung tatsächlich naiv ist, aber ich lasse es lieber, glaube ich doch, vor einigen Monden selbst etwas derartiges vorgeschlagen zu haben. :P Dennoch, was würde durch ein solches Experiment bewiesen bzw. wie hülfe es in dem festgefahrenen Stellungskrieg zwischen Staubis und Modernis weiter?
    Das Ergebnis lieferte nur eine Auskunft darüber, ob diese oder jene Inszenierung zugkräftiger war. Daraus nun aber Rückschlüsse ziehen zu wollen, indem man die jeweilige Inszenierung als pars pro toto für das konventionelle oder Regietheater betrachtet, wäre tatsächlich einfältig.



    Und spätestens, wenn die Zahlen vorlägen, zu Gunsten der klassischen Version, würde man zu hören bekommen, dass es schließlich nicht um Befriedigung der Publikumserwartungen ginge, sondern die Freiheit der Kunst o.ä. Und schon gar nicht um die Bezahlbarkeit dessen oder gar den verächtlichen Massengeschmack.

    Und spätestens, wenn die Zahlen vorlägen, zu Gunsten der Version des Regietheaters, würde man zu hören bekommen, dass schließlich nichts anderes zu erwarten gewesen sei und es sich um einen weiteren und schlagkräftigen Beweis für den diabolischen und tiefgreifenden Einfluss der Regietheatermafia handelt, die ihr unermüdliches Zersetzungswerk vorantreibt.

    Gestern zuende gelesen:

    Fjodor M. Dostojewski
    Die Brüder Karamasoff (in der Übersetzung von E. K. Rahsin)


    Nachdem ich vor einigen Jahren Schuld und Sühne gelesen habe und - ehrlich gesagt - dem Buch nichts abgewinnen konnte, habe ich nun die als Höhepunkt Dostojewskis apostrophierten Brüder Karamasoff gelesen. Der Russe bleibt auch nach der Lektüre des Werkes einer der Autoren, dessen Weltruhm ich nicht so recht nachvollziehen kann. Insbesondere im sechsten Buch des Romans verstand es Dostojewski mit m.E. reliogiös-naivem Palaver a la Fußgängerzonenprediger zu langweilen, dass ich kurz vor Abbruch der Lektüre stand. Glücklicherweise nimmt das Werk aber dann Fahrt auf und gewinnt an Intensität. Da ich vollkommen uninformiert an den Roman herantratt, wurde die Frage um den Vatermord bzw. ob Dmitrij der Täter ist zunehmend zum Nervenkrimi. Und auch als längst Klarheit bezüglich dieser Frage bestand, machte die Schilderung des Prozesses und die unterschiedlichen Auslegungen der Indizien die letzten Seiten zum wahren Pageturner.


    Ich muss schon gestehen, wie Dostojewski hier die Puzzleteile streut und unterschiedlich zusammenzusetzen versteht, ist wirklich beeindruckend. Somit wurde Die Brüder Karamasoff doch noch zu einer lohnenden Lektüre, gleichwohl die Schwächen des Werkes unübersehbar sind. Wenn einige Zeit verstrichen ist, werde ich ein weiteres seiner Bücher lesen. Empfehlungen sind willkommen.

    Was die Persönlichkeit und Zeit Verdis angeht, möchte ich kurz auf die Webseite von MDR Figaro hinweisen (http://www.mdr.de/mdr-figaro/musik/verdi-figaro100.html). Hier gibt es anlässlich des Geburtstages allerlei Interessantes zu lesen. Besonders erwähnt seien die Verdi-Hörbilder. Ich bin kein Kenner des Komponisten, aber so manches, das ich bisher als Fakten kannte, wurde hier als Mythos entlarvt. Leider gibt es immer nur die sieben letzten Folgen zu hören.

    Können wir uns einigen wir uns auf: das Steckenpferd ist eine lächerliche unnötige Provokation.


    Warum denn? Nur um des lieben Friedens willen? Deine Denkanstöße, lieber tastenwolf, in den vorangegangenen Postings dieses Threads haben mir sehr gut gefallen.


    Ich kenne die Inszenierung nicht, aber selbst wenn ich mir das Steckenpferd, ein Kinderspielzeug, auf dem gezeigten Bild wegdächte, haftet der Szenerie noch immer etwas Spielerisches und Kindliches an. Die "Motivtapete" im Hintergrund erinnert mich an diejenige, die ein Kinderfreund in seinem Zimmer hatte; Siegfried wirkt naiv und scheint auf einem Kindertisch zu hocken. Und tatsächlich ist ja die Figur des Siegfrieds in vielerlei Hinsicht im Geiste noch ein Kind. Vor diesem Hintergrund eröffnet sich ein Interpretationshorizont, der das simple Abtun des Steckenpferdes als Provokation fragwürdig werden lässt.


    Wie gesagt, dies nur als ein paar flüchtige Gedanken anhand des geposteten Bildes.

    Tom Clancys Romane habe ich früher mit großer Begeisterung gelesen. Der amerikanische Patriotismus konnte einem dabei schon gelegentlich sauer aufstoßen, z.B. wenn in Jagd auf Roter Oktober alle hinter dem U-Boot her sind, doch als es in ihren Besitz gerät, die Amis nur rummäkeln. Meiserhaft war Clancys Fähigkeit, Handlungsstränge über hunderte Seiten parallel laufen zu lassen, um sie dann zu vereinen. Ich weiß nicht mehr, in welchem Roman es war, (ich glaube Das Echo aller Furcht) - jedenfalls wird darin dem Leser immer wieder der Weg eines Baumstamms vorgelegt, vom Fällen bishin zu den einzelnen Transportwegen, schließlich bekommt dieser Stamm dann eine wesentliche Funktion in der Handlung. Und erwähnenswert ist auch das Ende des Romans Befehl von oben, in dem ein Terrorist ein Flugzeug ins Kapitol lenkt - vor dem 11. September 2001.
    Letzteres Datum scheint aus meiner Sicht eine Zäsur in Clancys Schaffen zu markieren. Seitdem sind die erschienenen Romane von derart schlechter Qualität, dass zurecht infrage gestellt wird, ob Clancy wirklich deren Verfasser ist oder nur seinen Namen zur Verfügung stellte.
    Mit seinem Tod ist die Hoffnung auf eine Rückkehr zur alter Höchstform dahin.


    Möge er in Frieden ruhen.

    Hansons Sinfonien-GA auf Delos habe ich vor einiger Zeit bei jpc für rund 10 Euro erworben; scheint der Abverkauf gewesen zu sein, da sie mittlerweile nicht mehr gelistet ist.
    Da ich mir dieser Tage vorgenommen hatte, den Haufen einstmals gekaufter aber nie konzentriert gehörter Aufnahmen mal abzuhören, landete die 5. Sinfonie sowie das Klavierkonzert - wie von teleton zitiert - im Player. Schon häufiger habe ich Hansons bekanntere 2. Sinfonie gehört, muss aber gestehen, dass ich ihr auf Dauer nichts abgewinnen kann, beim letzten Hören war ich richtiggehend genervt: Zu unauffällig und wehleidig das Ganze.



    Die Beste Hanson-CD ist noch die Sinfonie Nr.6 mit demWestchester Symphony Orchestra/Sigfried Landau von 1968 (VOX-Doppel-CD American Orchestral Music").

    Man hörte hansons Sinfonie Nr.6 mit Abravanel - einfach toll gegenüber Schwarz.

    Die genannten Einspielungen scheinen nicht mehr greifbar zu sein. Unbekannterweise habe ich die 6. Sinfonie gleich mal aufgelegt. Nicht schlecht, von allem was mir von Hanson in die Ohren gekommen ist, hat dieses Stück bis dato den tiefsten Eindruck hinterlassen. Da ist - auch unter Schwarz - Spielfreude und Originalität zu hören. (Wenn auch nicht so stark wie bei den bereits erwähnten Stücken, gilt aber auch hier, dass der letzte Pfiff fehlt. Es ist tatsächlich so, als habe das Orchester entweder mit Rücksicht auf die Nachbarn musizieren müssen oder aber während der Aufnahmen wurde versehentlich entkoffeinierter Kaffee serviert :pfeif: .)


    Howard Hansons 5. Sinfonie mit dem Beinamen 'Sinfonia Sacra', ein einsätziges Werk, und danach Hansons Klavierkonzert. Beide Werke sind es wert, erneut gehört zu werden. Vor allem das Klavierkonzert nimmt manchmal einen ordentlichen "Drive" auf, wird dann aber auch wieder lyrisch. Für beide Aufnahmen gilt jedoch, dass mir manchmal seitens der Interpreten eine gewisse Nachdrücklichkeit zu fehlen scheint.

    Liebe Taminos,


    beim Neuerwerb mir unbekannter Opern habe ich bisher gerne auf die Originals-Serie zurückgegriffen, weil dem interessierten Hörer neben meist gelungenen Einspielungen auch das gedruckte Libretto samt deutscher Übersetzung mit an die Hand gegeben wird. Und auf ein solches lege ich nuneinmal großen Wert, da ich keine Lust habe, während des Hörens zeitgleich mit Laptop bzw. Smartphone hantieren zu müssen.


    Etwas verwirrt schaute ich deswegen gestern drein, als der Postbote folgende CDs brachte:

    Denn als ich es mir auf der Couch bequem gemacht hatte, stellte sich beim Blick ins Booklet heraus, dass zwar das Libretto in der Originalsprache enthalten und auch eine englische Übersetzung vorhanden war, aber keine deutsche.
    Meine Frage an Taminos, die obige Einspielungen schon länger besitzen: Fehlt die deutsche Übersetzung schon immer oder handelt es sich möglicherweise um eine Sparmaßnahme, die erst neuere Pressungen betrifft?


    In Deutschland wahrscheinlich leider nicht … :(


    Aber, aber... so schnell solltet ihr die Hoffnung nicht aufgeben.
    Stanford habe ich vor ca. 2-3 Jahren mit seiner dritten Sinfonie kennengelernt, weil das regionale Orchester (Thüringen Philharmonie Gotha) das Werk ins Programm genommen hatte. Zur Bekanntmachung mit dem Stück habe ich folgende Einspielung erworben und - angeregt durch diesen Thread - eben wieder gehört.



    In der Ankündigung war, meine ich mich zu erinnern, von Standford als "irischer Brahms" die Rede. Nun, die dritte ist mir persönlich lieber als die sinfonischen Werke Brahms' :pfeif: .

    Marcel Reich-Ranicki ist heute 93-jährig in Frankfurt verstorben. Das ist m.E. ein stolzes Alter und ein wahrer Verlust für das Kulturleben. Das "Literarische Quartett" ist eine Sendung, die Maßstäbe gesetzt hat und ihresgleich sucht. Ich blättere immer wieder gerne in der Druckfassung und höre beim Lesen Ranickis Idiolekt im Geiste.


    Möge er in Frieden ruhen.

    An dieser Devise ist m.E. viel Wahres, vor allem, da es in letzter Zeit Usus geworden zu sein scheint, jede noch so kleine Selbstverständlichkeit zu würdigen. Meist im Dienste der sozialen Kompetenz.
    Hingegen lese ich tatsächlich lieber negative Kritiken. Diese bedürfen nämlich der Präzission, um zu überzeugen, während Preisungen und Lobhudeleien häufig unverfänglich und wenig konkret bleiben. Deswegen informiere ich mich gerne anhand der negativen Rezensionen bei Amazon über mir unbekannte Bücher und CDs. Meist reicht dann ein kurzer Blick und schon findet man einen kaufverhindernden Hinweis. Möglicherweise liegt das auch daran, dass man den Frust über einen Fehlkauf eher und nachdrücklicher zum Ausdrauck bringen möchte, als Freude und Zufriedenheit. Daher kommt es durchaus vor, dass negative Kundenrezensionen für mich kaufverhindernd sind.

    Meine heutige unverzichtbare Aufnahme gilt dem Fliegenden Holländer von R. Wagner.
    Nach meinem ersten Versuch mit Solti, der schief ging, habe ich in der Aufnahme aus Bayreuth von 1959, dirigiert von W. von Sawallisch eine live-Aufnahme gefunden, die für mich aufgrund der Solisten in Verbindung mit dem guten Dirigat unverzichtbar geworden ist.




    Lieber JLang,
    mich würde interessieren, weswegen der Versuch mit Soltis Holländer schief ging? Ich selbst habe die Oper nämlich in diesem Jahr in Soltis Einspielung kennengelernt, finde aber kein wirkliches Gefallen daran.

    Dass es mit meiner Ausgangsidee nicht weit her ist, beginnt mir allmählich auch zu dämmern. Das kann passieren, wenn man allzusehr ins Grübeln über musikalische Aussagen gerät. Meine Dramaturgie, wie Johannes es nennt, nahm ihren Ausgangspunkt vom Text des "Urlichts", bei dem ich mir die Frage stellte, wie jemand, der sich ins Jenseits wünscht, plötzlich auf einen Weg gelangt, dort aber abgewiesen wird. Aus dieser Keimzelle hab ich dann wohl die programmatischen Aussagen solange gedreht, bis sie ins Bild passten und dabei nur das gesehen, was ich selbst hinein legte. Aber schon die Hinweise auf die Gnosis zwingen zu einer Relativierung der Idee.


    Aber ein "Programm" im eigentlichen Sinne hat es wohl (im Gegensatz zur ersten Sinfonie) nie gegeben.

    Meines Wissens ist Mahler zu einem Programm überredet worden, meine aber, dass sich diese Überredung nur auf die wörtliche Ausformulierung bezieht. Holger weist ja auch auf die diesbezüglichen Überlieferungen Bauer-Lechners hin. Also ein Programm hatte die Sinfonie wohl von Anfang an.


    [Ein gewaltiges Werk.] Aber für meine Begriffe im letzten Satz ausufernd.

    In einem anderen Thread schrieb ich zum Finalsatz: "Dennoch empfinde ich den Schlusssatz der Zweiten weniger als inspiriert, sondern vielmehr, als wolle Mahler letztlich - konfrontiert mit dem Rätsel Tod - bei sich selbst Trauer- und Überzeugungsarbeit leisten, indem er die inneren Zweifel und Zerissenheiten durch wuchtige Affirmation des Auferstehungsgedankens übertönt."
    In einem Text des mit Mahler bekannten Musikkritikers Ferdinand Pfohl fand ich eine Passage, die ich in diesem Zusammenhang bemerkenswert finde (Hervorhebung von mir):

    Zitat

    Ob Mahler wirklich geglaubt hat im tieferen religiösen Sinn? Ich möchte es bejahen. Der Himmel, das Gottesreich war ihm mehr als ein schöner Traum, war ihm Bedürfnis und Notwendigkeit, wie seine gesamte Kunst ein Schrei ist nach dem Glauben. Er übertäubt mit ihr die Skepsis, die an ihm nagt, ihn peinigt und unruhig macht. Die Musik, seine eigene Musik vor allem, wird ihm Narkotikum, Verzückung und Askese zugleich; er zerfleischt sich mit ihr, wie die Heiligen sich gegeißelt haben. Und sie wird ihm Balsam für seine Wunden.

    zitiert nach: Norman Lebrecht: Gustav Mahler im Spiegel seiner Zeit, S.105.

    Mahler hat viel das Thema "Tod" thematisiert, aber sicher keinen Suizid im Sinne gehabt.

    Lieber Holger,
    das wollte ich auch nicht unterstellen. Meine Überlegung war, ob der Held der Sinfonie den Schritt zum Suizid vollzieht. Nach wie vor halte ich das für eine statthafte Les-/Hörart. Bei meiner Recherche, ob es bereits diesbezügliche Aussagen gibt, fand ich einzig folgende Bemerkung:

    Zitat

    Seine Zweite entwickelt sich [...] aus einer ursprünglich wilden, quasi-symphonischen Dichtung, "Todtenfeier" genannt und mit literarischen Vorlagen als erstem Satz über die "Wunderhorn"-Welten des Antonius zu Padua, der vergeblich den Fischen predigt (ein ziemlich transzendenter Fatalismus), sowie der Orchesterversion des Liedes "Urlicht" (eigentlich ein auskomponierter Selbstmord) in ein Monsterfinale mit Riesenchor und zwei Solostimmen hinein.

    Quelle: 'http://oe1.orf.at/programm/275137
    Hervorhebung von mir


    Lieber Dr. Pingel,
    deine Bemerkungen sind sehr erhellend und decken sich mit dem, was im Anmerkungsapparat meiner Wunderhornausgabe steht. Da heißt es, dass der Titel "Urlicht" den Aspekt der neuplatonisch-gnostischen Emanationslehre akzentuiere, der in den letzten drei Versen angesprochen werde. Zudem wird darauf hingewiesen, dass Brenano den Text des "Urlichts" in einer Handschrift Wilhelm Grimms erhielt, dort aber mit der Überschrift Todesgebät . Des Weiteren findet sich, bezugnehmend auf den Vers "Da kam ich auf einen breiten Weg", ein Hinweis auf Matthäus 7,13:

    Zitat

    Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis abführt; und ihrer sind viele, die darauf wandeln.

    Liebe Taminos,
    Gustav Mahlers 2. Sinfonie ist ein gewaltiges Werk und im Laufe der Beschäftigung mit ihr kamen mir einige Gedanken und Überlegungen in den Sinn. Überlegungen, die mir ziemlich plausibel scheinen, denen ich aber umso zaghafter begegne, da ich sie noch nirgends ausformuliert fand, so dass ich fürchte, mich auf einem gedanklichen Holzweg zu befinden.
    Vielleicht ist es möglich, meine These hier zu formulieren und zu diskutieren. Sei es, um sie als längst bekannt zu bestätigen oder als unsinnig zu verwerfen.


    These: Mahlers 2. Sinfonie erzählt die Geschichte eines Selbstmordes.


    1. Satz:
    Im Januar 1888 dirigierte Mahler die Premiere der von ihm vollendeten Weber-Oper „Die drei Pintos“. In der folgenden Nacht wurde er von einer Todesvision heimgesucht, in der er sich selbst auf seiner von Blumen umgebenen Todenbahre sah. Wenig später vollendete er seine 1. Sinfonie und trug deren Helden kurz darauf in dem sinfonischen Fragment Todtenfeier (dem späteren Kopfsatz der 2. Sinfonie) zu Grabe.


    Mahler äußerte sich selbst zum Inhalt: "Wir stehen am Sarge eines geliebten Menschen. Sein Leben, Kämpfen, Leiden und Wollen zieht noch einmal, zum letzten Mal an unserem geistigen Auge vorüber."* "[...]es ist der Held meiner D-Dur-Symphonie, den ich da zu Grabe trage, und dessen Leben ich in einem reinen Spiegel auffange. Zugleich ist es die große Frage: Warum hast du gelebt?"**


    Als Hörer darf man neben dieser von Mahler explizit aufgeworfenen Frage auch die nach der Todesursache des Helden stellen. Zur Beantwortung bedarf es einiger Schritte zurück, die Mahler kompositorisch durch die folgenden Sätze tut.


    2. Satz
    Für den 2. Satz skizzierte Mahler zunächst einen Ländler in As-Dur, „eine wehmütige Erinnerung an seine Jugend und verlorne Unschuld“*, „ein Sonnenblick aus dem Leben dieses Helden.“** Wenn die Vergangenheit einen Sonneblick darstellt, darf gemutmaßt werden, dass die späteren Zeiten als dunkel und düster empfunden wurden. Warum? Erhält man eine Antwort im dritten Satz?


    3. Satz
    Für den dritten Satz greift Mahler auf seine Vertonung des Wunderhorn-Liedes „Des Antonius von Padua Fischpredigt“ zurück. In dem Lied wird die Geschichte des Heiligen Antonius erzählt, der, nachdem er die Kirche leer findet, den Fischen eine Predigt hält. Diese hören zwar aufmerksam zu, machen anschließend aber weiter wie immer. Antonius’ Wirken war also, mit einem Wort, sinnlos. Was bedeudet dies für den Helden der Sinfonie?
    „Die Verneinung hat sich seiner bemächtigt, er blickt in das Gewühl der Erscheinungen und verliert mit dem reinen Kindersinn den festen Halt, den allein die Liebe gibt; er verzweifelt an sich und an Gott.“* Das Leben als „grauenhafter Spuk, aus dem Sie vielleicht mit einem Schrei des Ekels auffahren.“**


    Am Ende des dritten Satzes finden wir den Helden also mit Verzweiflung und Ekel über die Sinnlosigkeit des Lebens vor, musikalisch ausgedrückt durch rauhe Ausbrüche und den dissonanten Höhepunkt gegen Schluss des Satzes.


    4. Satz
    Im vierten Satz findet wir den Helden angesichts des Vorangegangen in niedergeschlagener, ja depressiver Gemütsverfassung wieder. Der Text des „Urlichts“ verdeutlicht die Todessehnsucht angesichts der Unbill des Lebens.


    Der Mensch liegt in grösster Not,
    Der Mensch liegt in grösster Pein,
    Je lieber möcht' ich im Himmel sein.


    Der Wunsch nach dem Himmel bzw. dem Jenseits wird offen ausgesprochen. Der unmittelbare Weg ins Jenseits führt über den Suizid. Doch nichts davon wird explizit. Stattdessen erfolgt eine inhaltliche Zäsur nach der Äußerung des Todeswunsches und das lyrische Ich befindet sich plötzlich auf einem Weg, auf dem ihm ein Engel begegnet.


    Da kam ich auf einen breiten Weg,
    Da kam ein Engelein und wollt' mich abweisen.


    Die Vorstellung, dass sich das lyrische Ich im Jenseits befindet, ist angesichts der Begegnung mit einem Engel alles andere als abwegig. Stellt sich aber die Frage, aus welchem Grunde dieser Engel das lyrische Ich abweisen sollte. Unter Berücksichtigung der damals m.W.n. geläufigen Vorstellung, dass Suizid eine große Sünde sei und zum Ausschluss aus dem Himmel führe, wäre dies als Ursache für die Abweisung naheliegend. Das lyrische Ich protestiert:

    Ich bin von Gott und will wieder zu Gott,
    Der liebe Gott wird mir ein Lichtchen geben,
    Wird leuchten mir bis an das ewig selig' Leben!


    5. Satz
    Die abschließende Entscheidung fällt schließlich beim Jüngsten Gericht, dem monumentalen Schlusssatz der 2. Sinfonie:


    Aufersteh’n, ja aufersteh’n wirst du,
    mein Herz, in einem Nu.



    Dass Mahler sich mit solch existenziellen Fragen beschäftigte, halte ich für sehr wahrscheinlich; und erwähnenswert erscheint mir in diesem Zusammenhang auch die Tatsache des Suizids seines Bruders Otto, der sich 1895 im Alter von 21 Jahren erschoss. Laut Alma Mahler habe er in seinem Abschiedsbrief angegeben, dass ihn das Leben nicht mehr erfreue. Möglich also, dass Gustav Mahler selbst in seinen zwanzigern mit trübsinnigen Gedanken rang.


    Was haltet Ihr von dieser Interpretation?



    Quellen:
    Die kursiv gedruckten Zitate stammen aus Mahlers eigener Hand und wurden aus den Booklets folgender Veröffentlichungen entnommen.


    * Richard Osborne: Rattle dirigiert Mahler
    ** Robin Golding: Klemperer dirigiert Mahler

    Vielleicht hilft die Konsultation der Versionsgeschichte weiter.
    'http://de.wikipedia.org/wiki/Hilfe:Versionen


    Zitat

    Die Versionsgeschichte, die du über einen Klick auf den Link „Versionsgeschichte“ auf jeder Seite erreichst, enthält alle Versionen der betreffenden Seite. Hierdurch kannst du zurückverfolgen, wie eine Seite entstanden ist und wer in letzter Zeit etwas an der betreffenden Seite geändert hat.


    Bei einem aufgerufenen Artikel gelangt man zur Versionsgeschichte über den verlinkten Reiter oben auf der Seite, links neben dem Suchfeld.

    Lieber Kurzstückmeister,


    meine metaphorische Wortwahl (lebende Kunst) war unzureichend und wird der Sache nicht gerecht. Ich muss wiederholen, dass sich mein Wissen bezüglich der Kun-Oper im Wesentlichen auf die Inhalte meines vorangehenden Beitrags beschränkt. Davon ausgehend erachte ich eine Vergleichbarkeit aus genannten Gründen für nicht gegeben. Weitere Fragestellungen gesellen sich hinzu: Ist die Popularität der Kun-Oper mit der "unserer" Oper im Allgemeinen vergleichbar? Oder mit derjenigen der Barock-Oper? Oder handelt es sich nur um eine kulturelle Nische mit einem kleinen Liebhaberkreis? Gibt es in jeder größeren Stadt Opernhäuser, gibt es CD- und DVD-Aufnahmen im vergleichbaren Umfang etc.?


    Ganz davon abgesehen stellt sich mir die Frage, inwieweit die Analogie uns in der eigentlichen Diskussion weiter führt und/oder ob ihr Zweck nicht nur darin besteht, mich auf unsicherem Terrain zum Stolpern zu bringen. Letzteres will ich dir keinesfalls unterstellen; nur der Gedanke kam mir eben und ich äußere ihn nur, weil ich mir sicher bin, dass du damit umzugehen weißt.


    Insofern schlage ich den Bogen einfach mal zurück und frage, ob es lediglich der Begriff „Armutszeugnis“ ist, der dir an meiner Ausführung im Beitrag 2184 missfällt und der nun als Einfallpforte dient, um auch den Rest fragwürdig scheinen zu lassen?

    Danke, die Frage ist dann jedoch, warum ich, wenn ich bei einer Klassik-CD auf das 3 für 2 logo klicke, nicht dorthin geleitet werde...


    Das ist in der Tat verwirrend. Vielleicht steckt Absicht dahinter.
    Mal am Beispiel von Berlioz' Te Deum:



    Der Werbebutton 2 CDs kaufen - 1 gratis dazu hat nichts mit der CD zu tun, sondern ist reine Werbung. Der Hinweis auf die 3 für 20 Aktion findet sich kurz darunter: Dieser Titel nimmt an der folgenden Aktion teil: Klassische Musik - 3 CDs für 20 EUR - Versandkostenfrei.

    Also ist es für Dich ein Armutszeugnis für die chinesische Kultur, dass sie die Kun-Oper nur in der traditionellen Form pflegen?

    Ich kenne mich nicht mit der Kun-Oper aus, aber die Frage scheint etwa so ähnlich, als frage man: Ist es ein Armutszeugnis für die deutsche Kultur, dass mittelalterliche Minnelieder nur traditionell gesungen werden? Mit anderen Worten: Lebt eine Kunstform noch oder geht es nur darum, sie als Erbe zu erhalten? Da die Kun-Oper als Weltkulturerbe zählt, liegt letzteres näher.


    Zudem ist aufgrund der historischen und kulturellen Unterschiede die Vergleichbarkeit nicht unproblematisch. Nicht zuletzt, da hier ja von der Oper ganz allgemein die Rede ist, während die Kun-Oper an sich schon eine eigenen Regeln gehorchende Sonderform darstellt, in der es wiederrum eigene Schulen gibt. Auch der reglementierte Rollenverteilung sowie die Farbsymbolik verdeutlichen den Sonderstatus.


    Ein lesenswerter Artikel zum Thema findet sich hier: "http://german.china.org.cn/german/119163.htm
    Darin heißt es u.a. auch:


    Zitat

    Im Juni 2001 wurde z.B. das Stück "Der Päonien-Pavillon" der Kunqu-Oper in Deutschland aufgeführt. Die Aufführung dieses aus 55 Akten bestehenden Stücks dauerte insgesamt 19 Stunden. "Grenzerfahrung der Dramatik", so kommentierten die lokalen Zeitungen. Deshalb werden meistens nur ein bis drei Akte dieses Stücks aufgeführt.

    Da muss man ja schon fast froh sein, dass die Regie bei uns nicht derart kürzt. :P

    Wieso denn das?


    Lieber Kurzstückmeister,


    deine ebenso einfache wie berechtigte Frage, hat mich doch im ersten Moment sprachlos gemacht und mich dazu gezwungen, die meiner Aussage zugrunde liegenden Überlegungen in Worte zu fassen.


    Eine Möglichkeit zur Inszenierung einer Oper besteht darin (verkürzt ausgedrückt), Libretto und Partitur zu nehmen, und das Ganze auf die Bühne zu bringen. Das ist vollkommen legitim und sollte m.M.n. fester Bestandteil der Aufführungspraxis sein. Die Frage bleibt, ob es damit erledigt ist?
    Offensichtlich nicht, denn das Interesse der Musik-, Opern- und Kulturfreunde bleibt häufig nicht auf das Werk beschränkt, sondern geht über dessen Grenzen hinaus. Aus diesem Grunde beschäftigt man sich dann mit der Biografie von Komponisten, der Wirkung eines Werkes auf die Hörer im Laufe der Zeit oder der Rezeption und Interpretation eines Stückes. Einzelaspekten wird nachgegangen, sie werden diskutiert und wissenschaftlich untersucht, z.B. die Quellen Wagners für seinen Ring. All dies sind Aspekte und Bedeutungsschichten, die durch das Werk aktiviert werden und die ihm in gewisser Weise zugehören und unsere Sicht darauf zu einer anderen machen als bspw. zum Zeitpunkt der Uraufführung. Diesen Wissensreichtum nicht gelegentlich heranzuziehen und für Inszenierungen fruchtbar zu machen, auch wenn dies Librettoabweichungen nach sich zieht, wäre das beschworene Armutszeugnis.


    Wichtig ist: Man kann all diese Dinge für eine Inszenierung berücksichtigen oder eben auch nicht. Das ist ja im Übrigen eine wiederholt vorgebrachte und berechtigte Forderung: Der Regisseur soll sich mit dem Stück befassen. Ein begabter Regisseur kann dann durch ein gutes Konzept eine Inszenierung auf die Beine stellen, die mehr wird als zur librettogetreuen Wiedergabe, sondern zum intelektuellen Vexierspiel. Ein Gedanke, (vielleicht wurde Derartiges ja bereits versucht): Bekannterweise gibt es vom zweiten zum dritten Aufzug des Siegfried einen Bruch, konzeptuell und kompositorisch. Die mit der Entstehung des Werks vertrauten, wissen warum. Wäre es nicht reizvoll, diesen Bruch auch inszenatorisch zu reflektieren? Ich habe im Moment keine Idee, wie dies geschehen könnte, bin aber überzeugt, dass es Möglichkeiten gibt, dies zu bewerkstelligen, ohne dabei Opernfreunde vor den Kopf zu stoßen; ein Aha-Erlebnis zu verursachen, dass sagen lässt: Toller (Regie-)Einfall.


    Problematisch dabei ist die Heterogenität des Publikums. Das Kunststück bestände nämlich darin, demjenigen, der eine Oper erstmals sieht und hört, ebenso anzusprechen, wie den Wagnerforscher. Vorraussetzung dafür ist natürlich die Auseinandersetzung mit dem Werk und das Vorhandensein eines überzeugenden und schlüssigen Regiekonzeptes.



    [...] könntest du mir mal konkret erklären, welche modernen Bezüge ich z.B. bei den Meistersingern in Salzburg finden soll, wenn das Werk mit teilweise affigem Herumhampeln, mit allerhand Figuren, die nicht hineingehören und mit undeutbaren Grimassen angefüllt wird? Oder beim Falstaff [...]

    Lieber Gerhard, leider kann ich das nicht, da ich einerseits mit den Werken zu wenig vertraut bin (meines Alters wegen, ich arbeite daran, mir die Opernliteratur zu erschließen :P ) und andererseits die Inszenierungen nicht kenne. Deine Schilderungen veranlassen mich anzunehmen, dass es sich bei den Inszenierungen tatsächlich um misslungene Deutungen handeln könnte, also jene, die einen Großteil an dem ausmachen, was Regietheater genannt wird und zu (durchaus nicht immer unberechtigt) Unmut führen. Deswegen deutete ich an, dass das Regietheater einer Kultivierung bedarf, da derzeit die Verhältnismäßigkeit nicht stimmt.



    Jemand der angeblich so nach Sachlichkeit strebt, Schwarz-Weiß-Denken verdammt und sich über allzu emotional geführte RT-Diskussionen beklagt, sollte dann auch mit gutem Beispiel vorangehen und seinen Beitrag nicht mit Beleidigungen spicken, sonst wird die hehre Mission ganz schnell unglaubwürdig.

    Liebe Strano, wenn du in meinen Beiträgen hehre Missionierungsversuche ausmachst, missverstehst du mich. :no:

    Lieber Rheingold, lieber Michael,


    ich möchte euch zunächst herzlich für euren Zuspruch danken. Dieser freut mich umso mehr, als ich eure Beiträge im Forum sehr schätze.
    Mein die Diskussion auslösender Beitrag war sicherlich nicht gänzlich frei von jeglicher Schärfe, aber doch m.E. keinesfalls so formuliert, dass mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden muss. Dies ist aber symptomatisch für die von mir geschilderte Wahrnehmung. Die Regietheaterdiskussionen werden emotional geführt, nicht sachlich.


    Mit einem dämlichen Etikett wie Regietheater-Gegner bzw. Befürworter, lasse ich mich sicher nicht markieren. Nach wie vor wünsche ich mir selbst eine Zunahme librettogetreuer Inszenierungen, in denen Bühnengeschehen und Text kongruent sind. Und ebenfalls stößt mich die Vielzahl clownesker, bedeutungsüberladener Provokationen ab. Aber - und hier wiederhole ich mich bzw. die Argumente anderer - es gibt nicht nur schwarz und weiß, und Librettotreue muss nicht per se gut sein und Regietheater per se schlecht. Diese Pauschalisierungen sind es, die ich abstoßend finde. Wenn über nicht gesehene, ja noch nicht einmal gelaufene Inszenierungen gleich Spott und Häme geschüttet wird, dann ist das unvernünftig und ein Urteil im Vorraus gefällt.


    Aus meiner Sicht gibt es die Oper, wie die RT-Gegner sie beschwören, nicht, ebensowenig wie es die Klassik gibt. Librettotreue Inszenierungen sollten ein Teil dessen sein, was unter den Begriff fällt, m.E. gehören aber sogenannte Regietheaterinszenierungen ebenfalls dazu. Hundert und mehr Jahre alte Stücke einzig und allein nur so aufzuführen, wie es den Intentionen der Schöpfer entsprach, unter Ausblendung sämtlicher gesellschaftlicher Veränderungen, historischer Ereignisse und vor allem Dingen der stückspezifischen Forschungsergebnisse und Rezeption, wäre ein kulturelles Armutszeugnis.


    Persönlich gehe ich nicht vom Verschwinden des RT aus. Es wuchert zurzeit einfach ziemlich unkontrolliert. Nach meiner Ansicht wird es in Zukunft nicht "absterben", sondern kultiviert werden. Begabte Regisseure werden auf Inhalte setzen statt auf plumpe Provokation und beide Formen der Inszenierung, einschließlich all der Zwischenstufen, werden dann idealerweise gleichberechtigt in einer vielgestaltigen Kulturlandschaft nebeneinanderstehen.

    Lieber chrissy,


    du bellst ja nicht nur, sondern schnappst gleich zu. ;)


    Trotz meiner zarten 30 Lenze maße ich mir an, über die Stichhaltigkeit bzw. den Wert von Argumenten zu urteilen. Ich hoffe, dies willst du mir nicht absprechen. Zunächst aber, lies doch bitte einmal genau, was ich schrieb. Genauer: Erklärte ich an irgendeiner Stelle, ich sei Befürworter des Regietheaters, mir gefalle der "Rattengrin" oder ich hege die Absicht, euch (?) eure aus Erfahrung erwachsene Meinung abspenstig zu machen? Oder anders gefragt: Fühlst du dich selbst als einer jener, (ich zitiere mich selbst) die alles andere (als Librettotreue) in Bausch und Bogen unreflektiert dämonisieren und verdammen?