29. Februar 2021
1920 – 101. Quasi-Geburtstag von Iwan Petrow (Sänger)
Es gibt eine schöne Anekdote, die viel über die Wertschätzung aussagt, die dieser große russische Bassist unter seinen Landsleuten genossen hat. Als das Moskauer Bolshoi-Theater 1964 an der Mailänder Scala gastierte, klopfte es an der Garderobentür Ivan Petrovs, und herein kam die Tochter Fjodor Schaljapins. Sie machte Petrov Komplimente, dass seine Interpretation Boris Godunows sie sehr an die ihres Vaters erinnerte, und schenkte ihm zum Abschluss des Gesprächs einen Talismann, der ihn immer an seinen legendären Vorgänger erinnern sollte : den Ring, den Schaljapin als Boris getragen hatte.
Ivan Petrov wurde am 29. Februar 1920 in Irkutsk als Sohn eines Bahn-Beamten deutscher Abstammung geboren und hieß eigentlich Johann Krause, doch als seine Familie 1936 nach Moskau umzog, war es nicht opportun, einen deutschen Namen zu tragen, und so wurde aus Johann Krause Ivan Petrov. Nach seinem Gesangsstudium begann er als Mitglied der Moskauer Philharmonischen Gesellschaft und sang in über 300 Konzerten für die sowjetischen Truppen an der Front oder in Lazaretten. 1943 debütierte er am Bolshoi-Theater als Capulet in Gounods „Roméo et Juliette“ und trat in den ersten Jahren vornehmlich in kleineren Partien auf. Das änderte sich, als er 1947 mit einer Gruppe von jungen Sängern des Bolshoi-Theaters zum 1. Weltjugendfestival nach Prag reiste und dort die Goldmedaille im Gesangswettbewerb gewann, ein Erfolg, den er zwei Jahre später in Budapest wiederholte. An seiner Heimatbühne avancierte er in kurzer Zeit zu einem immer wieder in den Hauptpartien des russischen und italienischen Repertoires eingesetzten Bassisten. Zu seinen Glanzpartien gehörten nicht nur Boris, Dosifej, Kochubej, Filippo, Basilio, sondern vor allem – seine Lieblingsrolle – Gounods Mephistopheles. Er unternahm große Konzertreisen, auch durch westeuropäische Länder. So erinnere ich ein Gastspiel als Boris in Stuttgart.
Im für einen Bassisten besten Alter von 50 Jahren musste Petrov seine Gesangskarriere aufgeben. Eine immer schneller fortschreitende Diabeteserkrankung hatte seine Stimmbänder angegriffen, was ihn jedoch nicht daran hinderte, weiterhin am Bolshoi-Theater als Lehrer tätig zu sein.
Unter http://www.fasolt.com/ findet sich die Diskographie dieses typisch russischen Bassisten, typisch nicht in dem Sinne, dass die Klangfarbe seiner Stimme der eines „schwarzen Basses“ entsprochen hätte (das sind die wenigsten russischen Bässe), sondern Petrov war eher ein hoher Bass oder gar ein Bassbariton, fähig also, die unbequem hohe Tessitura eines Ruslan, Boris oder Kochubej problemlos zu bewältigen.
Beste Grüße aus Finnland
Peter Schünemann