Beiträge von Peter Schünemann

    So, es ist geschafft. Ich habe das Buch Seite für Seite sehr sorgfältig gelesen, denn es ist es wert, nicht nur quergelesen zu werden.

    Wer eine Heldenverehrung eines Fans erwartet hat, muss sich eines Besseren belehren lassen. Zu meinem Erstaunen hat der Autor Bonisolli nie live erlebt und war ihm auch nie persönlich begegnet. Um so höher ist die Leistung der Recherche zu bewerten, die uns den Künstler und Menschen Bonisolli so objektiv wie nur möglich erfahren lässt. Dabei werden auch nicht seine negativen Seite unter den Tisch fallen gelassen, wie auch eingeschränkte Kritiken nicht unerwähnt bleiben. Kompliment! Dieses Buch verdient es, von vielen Opernfreunden gelesen zu werden. Es gibt so manche Einblicke in den Opernbetrieb über die Person Bonisollis hinaus.

    Ein Buch "weitab jeder Skandalbiografie, aber auch jeder Heldenverehrung". Dieser schwierige Spagat ist dem Autor vollkommen gelungen, soweit ich das nach der ersten stückweisen Lektüre sagen kann. Dieses brilliant geschriebene Buch verführt dazu, sich einzelne Kapitel herauszusuchen und dabei "hängen" zu bleiben. Da der Autor sich aber bei der Reihenfolge etwas gedacht hat, werde ich mich der Mühe unterziehen, es von Anfang an zu lesen.

    Gratulation, lieber Gregor.

    Peter

    Christof Pricks Vater Rudolf war einer der Konzertmeister des Philharmonischen Staatsorchester Hamburg. Sein Sohn Christof und ich sind ungefähr gleichaltrig, und so begegnete ich dem jungen Mann mit einer Partitur bewaffnet oft bei Proben des Orchesters. Ich hörte auch sein Debütkonzert in Hamburg in den 80er Jahren und (wenn ich mich nicht irre) auch sein Dirigat der "Frau ohne Schatten" an der Hamburgischen Staatsoper. Ein sehr versierter Dirigent der alten Kapellmeisterschule, was in Deutschland leider nicht immer als Kompliment verstanden wird.


    Beste Grüße


    Peter

    Zu Beginn meiner Opern- und Konzertleidenschaft Ende der 50er Jahre in Hamburg habe ich wenig Erinnerung an Heinz Tietjen (Lohengrin) und Konzerte mit Hans Rosbaud und Joseph Keilberth. Sogar sehr genau erinnere ich mich aber 1959 an Ferenc Fricsay, der das NDR-Sinfonieorchester mit Werken von Kodaly und Rossini dirigierte.


    Durch meine Mutter, die bei den Bayreuther Festspielen im Chor sang, hatte ich 1960 Zutritt zu Proben und Generalproben. Dirigenten wie Knappertsbusch (Parsifal, Meistersinger), Maazel (Lohengrin), Sawallisch (Holländer) und Kempe (Ring) zu hören bzw. bei der Arbeit beobachten zu dürfen, war schon etwas Besonderes.


    MfG


    Peter

    Ich kann Nemorinos Frustration wegen fehlender Resonanz nur zu gut nachempfinden. Deshalb wenigstens ein kurzer Beitrag von mir.

    Ich oute mich als großer Anhänger Jussi Björling. Da ich aber (nicht dem Leben) der Musik bzw. dem Hören von Musik etwas abhanden gekommen bin, habe ich lange nicht mehr seine Aufnahmen gehört. In meinen jungen Jahren jedoch versuchte ich alle seine Aufnahmen (damals auf LP) zu sammeln.

    Meine damaligen Lieblingstitel : natürlich La Boheme, Don Carlos aus der MET, die Operettenaufnahmen, seine schwedischen Lieder, die Gralserzählung und natürlich die Duette mit Robert Merrill usw. Wie bei einem anderen meiner Tenorlieblingssänger, dem ebenso unvergessenen Fritz Wunderlich, geht es mir auch bei Björling : Ich brauche seine Aufnahmen nicht zu hören, ich habe sie im Ohr.


    Peter

    Heinz Hoppe sang in Hamburg ein vielfältiges Repertoire. Ich hörte ihn von 1960 bis 1969 in den folgenden Opern.

    -Berg, Lulu, Prinz

    -Britten, Sommernachtstraum, Lysander

    -Hindemith, Mathis der Maler, Sylvester von Schaumburg

    -Krenek, Der goldene Bock, Ein Fürst im Exil

    -Monteverdi, Krönung der Poppea, Ottone

    -Mozart, Zauberflöte, Tamino

    -Mozart, Don Giovanni, Ottavio

    -Mussorgsky, Boris Godunov, Einfältiger

    -Puccini, Gianni Schicchi, Rinuccio

    -Rossini, Der Türke in Italien, Narciso

    -Schock, Vom Fischer un syner Fru, Ein Mann

    -Smetana, Die verkaufte Braut, Hans

    -Strauss, Salome, Narraboth

    -Tschaikowsky, Eugen Onegin, Lensky

    -Wagner, Meistersinger von Nürnberg, Kunz Vogelgesang.


    Ausserdem in Konzerten :

    -Britten, War Requiem

    -Haydn, Die Schöpfung

    -Mendelssohn-Bartholdy, Die erste Walpurgisnacht

    -Rossini, Stabat mater

    Lieber Carlo,


    ich habe bis 2002 in Hamburg gelebt, für die Zeit von 1960 bis ca. 1990 empfinde ich mich durchaus als eine Art Zeitzeuge für die Hamburger Oper und habe als Mitarbeiter des "Opernglases" über viele Aufführungen berichtet, Künstler fotografiert bzw. interviewt. Ab etwa 1995 ließ mein Interesse zunehmend nach, zum Teil, weil ich mich mehr und mehr nach Finnland oder Russland orientierte, zum Teil allerdings auch, weil ich mit dem Regiestil meine Probleme bekam. Insofern ist die Begründung des "Opernglases" für unsere Trennung nicht ohne Pikanterie, ich sei nicht mehr einsetzbar gewesen, weil ich dem "Regietheater" kritisch gegenüber stand.


    Peter

    Ich kenne Heinz Hoppe aus seiner Hamburger Zeit bis ca. Mitte der 60er Jahre und habe seine Stimme immer als lyrisch empfunden. Umso erstaunter war ich, als sein Kollege Tom Krause mir einmal sagte, mit etwas anderer Technik könnte Hoppe Heldentenor (!) sein.

    Lieber Carlo!

    Bitte, erlaube mir eine kleine Korrektur : Wenn mich mein Gedächtnis nicht sehr trügt, so sang Mimi Aarden die Brangäne in der "Tristan" - Premiere und nicht Kerstin Meyer. Pardon!

    Peter

    Hamburg hatte früher sehr gute Besetzungen für Jenufa. 1966 sangen in einer Inszenierung von Oscar Fritz Schuh Luisa Bosabalian, Nadezda Kniplova (später auch Irene Dalis), Richard Cassilly, Ragnar Ulfung, 1998 in der Tambosi-Inszenierung Karita Mattila, Eva Marton, Jan Blinkhof und Albert Bonnema - die Männer in beiden Fällen sehr typgerecht besetzt.

    Valery Gergiev berichtete oft davon, dass ihm nach dem Zusammenbruch der Sowjet-Union neben dem (damals so genannten) Kirov auch die Leitung des Bolshoi-Theaters angetragen worden war, was er allerdings zum damaligen Zeitpunkt abgelehnt hatte. Die Zukunft "seines" Theaters sei zu ungewiss gewesen.


    Heute stellt sich die Situation anders dar. Mit Mariinsky I bis V (Historische Bühne, Neue Bühne, Konzerthalle, Vladivostok und Vladikavkaz) verfügt man über 5 gut funktionierende und ausgelastete Bühnen, so dass es zumindest mir nicht so abwegig erscheint, ihm noch die Leitung einer weiteren Bühne anzutragen.


    Die ganze Geschichte erhält jedoch dadurch ein "Geschmäckle", dass man vermuten könnte, Urin sei wegen seiner Kritik am Ukraine-Kritik in Ungnade gefallen und zur "freiwilligen Demission" gedrängt worden.


    Da nun die Gastspiele des Mariinsky im Westen wegfallen, hat Gergiev im Prinzip durchaus Zeit, auch das Bolshoi zu leiten, was allerdings Delegation erfordert - bisher nicht gerade seine Stärke.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Das trifft es. Ich hatte die vin Fiesco verlinkte "Schöne Müllerin" in meinem Bestand, dann aber wieder ausgesondert, weil mich der Umgang mit Vokalen störte. Aus wandern wuirde "wondern" usw. Der 36jährige Rousi, hat schönhes stimmliches Materal zu bieten, sollte aber unbedingt an seiner Aussprache arbeiten. Kann sein - was mich sehr freuen würde - ist dies ja inzwischen schon geschehen.

    Dieser Umgang mit Vokalen hat mir ziemlich den Genuss verleidet, als ich Rousi vor einigen Jahren mit der "Schönen Müllerin" in Mikkeli hörte.

    Lieber Suelzenfuss,


    Deinen Bericht zum Wuppertaler Tristan las ich mit großem Interesse. Erlaube mir bitte einige Informationen zu Erik Rousi. In der Tat würde ich ihn als Bass-Bariton bezeichnen, hat er doch mit z. B. Scarpia, Amfortas, Wotan / Wanderer Rollen in seinem Repertoire, die über das reine Bassfach hinausgehen. Übrigens ist er weitläufig mit der finnischen Basslegende Martti Talvela verwandt, dessen Schwester Rousi Großmutter ist.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter

    Meine erste Begegnung mit Fiorenza Cossotto war 1959 oder 1960 eine Radioübertragung vom Edinburgh-Festival : Verdi-Requiem. Mit Sicherheit erinnere ich Sutherland und Cossotto, mag sein, dass die übrigen Solisten Ottolino und Vinco waren und Giulini dirigierte. Besonders die Stimme der mir damals unbekannten Cossotto fiel mir auf : ein herrliches Timbre mit sattem, aber nicht künstlich-brustig verbreitetem Klang.


    Mit besten Grüßen aus Finnland


    Peter Schünemann

    Geboren in Vladikavkaz, der Heimat der Gergiev-Familie, studiert u. a. bei Ilya Musin, bei dem auch Gergiev studiert hatte, war es keine Überraschung, dass Tugan Sokhiev schon in jungen Jahren am Mariinsky-Theater dirigierte. Ich hörte ihn dort oft, aber nie so richtig überzeugend, was vor allem daran gelegen haben mag, dass "sein" Orchester aus Anfängern oder Aufhörern bestand, weil das sog. A-Orchester dem Hausherrn vorbehalten war.


    Sokhiev war erst Mitte Zwanzig, als er zum Musikdirektor der Welsh National Opera berufen wurde, eine Position, die er aber nur eine Spielzeit inne hatte. In einem Interview nach den Gründen für seine Demission gefragt, meinte er, ihm sei "legally" verboten, darüber zu sprechen.


    Seine Tätigkeit in Toulouse erwies sich als Glücksfall für ihn. Wann immer ich ihn danach in St. Petersburg, meistens in Konzerten hörte, waren seine Dirigate von einer natürlichen Autorität geprägt, und das Orchester zollte ihm nun den Respekt, der ihm zustand.


    Ich freue mich, dass ihm seine "Nähe zur Macht" (Gergiev / Mariinsky, Musikdirektor am Bolshoi) nicht geschadet hat und er sich hoffentlich nicht vor jedem seiner Konzerte im Westen von Putin distanzieren muss. Vielleicht wird ihm ja noch einmal eine Chefposition an einem westlichen Orchester oder Opernhaus angeboten. Verdient hätte er es.


    Mit besten Grüßen aus Finnland


    Peter Schünemann

    Lieber Rheingold1876,


    im Gegensatz zu Dir kann ich die "Empörung" Klaus Joters nachvollziehen, nicht jedoch Dein Befremden über die "Arztberichte" des Steiner-Witwers, der sich Deinem Eindruck zufolge wichtig machen will. Für mich, der auch nach so vielen Jahren nicht versteht, wieso diese Künstlerin keine größere Karriere machte, sind diese YouTube - bzw. Wikipedia-Anmerkungen eine zum Nachdenken anregende Erklärung.


    Eine gute Freundin von mir, die mit der Steiner-Familie eng befreundet war, schrieb mir gerade : "Elisabeths Schönheit war Segen und Fluch zugleich", und in Zeiten von MeToo wäre vieles anders verlaufen. Dies könnte mit den Andeutungen Herrn Joters übereinstimmen.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter

    Sehr geehrter Herr "Klaus Joter"!

    Ihren Beitrag las ich mit großem Interesse. Keinesfalls kann Elisabeth Steiners Laufbahn als "erfolglos" bezeichnet werden (dies tat auch niemand). Trotzdem ergibt sich für mich auch nach so vielen Jahren immer noch die Frage, warum sie nicht eine noch größere Karriere gemacht hat, denn dafür besaß sie so gut wie alles (Einschränkung meinerseits : latente Höhenprobleme). Sie als Insider wissen mit Sicherheit mehr als ich.

    Ihre Gastspiele aufzuzählen, bringt nichts, denn New York war eben nicht ein Engagement an der Met, sondern ein Gastspiel mit der Hamburgischen Staatsoper, und Wien war eben "nur" die Volksoper und nicht die Staatsoper. Warum also nicht mehr? Eine gute Agentur (hatte sie eine?) hätte doch noch viel mehr aus dieser mit beneidenswerten Gaben gesegneten Künstlerin machen können.


    MfG


    Peter Schünemann

    Ich denke schon er sollte Klartext reden oder es machen wie Gergijew. Aber der hat ja wohl noch anderes auf dem Kerbholz und hat sich zu Putin bekannt..


    Kalli

    Lieber Kalli.


    nun einmal "Butter bei die Fische". Wenn Du schreibst, Gergiev habe "wohl noch anderes auf dem Kerbholz", scheinst Du über Insiderwissen zu verfügen, das ich nicht habe. Ich bitte daher um Aufklärung.


    Peter

    Danke, lieber Carlo, auch ein Peter Schünemann kann sich irren. Vielleicht hatte Clara Ebers in der Premiere gesungen, und ich hatte Edith Lang in einer der nächsten Vorstellungen gehört. Jedenfalls listet mein Datenblatt die übrigen, von Dir genannten Sänger auf, also auch Hermann Prey, der nach wenigen Aufführungen von Raymond Wolansky und Hans-Otto Kloose ersetzt worden war.


    Aus der Tatsache, dass ich diese Aufführung im Jahre 1960 gehört habe, kannst Du entnehmen, dass ich nicht mehr der Jüngste bin, und da kann man sich schon mal irren.


    Beste Grüße

    Peter

    Bekanntlicherweise komponierte Britten die Rolle des Oberon für Alfred Deller, einen Countertenor. In Hamburg entledigte Stolze sich dieser unbequem hohen Tessitura bis zum dreigestrichenen hohen d mit Fistelstimme durchaus eindrucksvoll. Ebenso sehr beeindruckend, aber ganz anders Gerhard Unger, der seinen Kollegen in der Zeit seiner Kinderlähmung ersetzte, indem er sich erlauben konnte, selbst diese Höhenlage mit voller Bruststimme zu singen.

    Beide Einschätzungen beschreiben Gerhard Stolze sehr gut, wobei man nicht vergessen darf, dass Kesting zu seiner Meinung wie üblich auf Grund von Aufnahmen kam, in diesem Fall offensichtlich von Stolzes Herodes in der Solti-Einspielung.


    Ich finde jedoch, man wird Stolzes Künstlertum eher gerecht, wenn man alt genug ist, ihn live "erlebt" zu haben, denn er war eben kein Nur-Sänger, sondern ein trotz oder gerade wegen seiner Exaltiertheit ein faszinierender Menschendarsteller.


    Gerne erinnere ich mich auch an Stolzes Auftritte in (damals) zeitgenössischen Opern, so als Oberon in Brittens "Sommernachtstraum" oder als Oberst in Klebes "Jacubowsky und der Oberst".


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Beim Boris gibt es eben mehrere Möglichkeiten. Er war auch eine der großen Rollen George Londons, der wahrlich kein Baß war...

    Als Valery Gergiev den "Boris" in zwei Versionen einspielte, besetzte er die Titelpartie zum einen mit dem Bariton Nikolay Putilin, zum anderen mit Vladimir Vaneev, den man damals wohl als hohen Bass bezeichnen konnte, der aber in der jüngsten Vergangenheit reine Baritonrollen wie Amonasro und Rigoletto verkörpert hat.

    Heutzutage wird der Boris am Mariinsky häufig mit Yevgeny Nikitin besetzt, der Partien wie Holländer, Wotan, Amfortas, aber auch Pogner zu seinem Repertoire zählt. Ihm wie auch vielen seiner Kollegen, die dort dieses Fach singen (ich denke da an Mikhail Petrenko), ist zu eigen, dass sie eine große Expansionskraft in der Höhe haben, also die höhere Tessitura eines Boris, Igor oder Ruslan problemlos bewältigen - ein Phänomen, das wir aber schon in der Vergangenheit bei Sängern wie Petrov oder Reizen beobachten konnten.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter