Beiträge von Daniel Behrendt

    Liebe Forianer,


    Drei weitere Beispiele für musikalischen Humor: Beethovens Bagatellen strotzen Z.T. vor Verschrobenheiten, der 3. Sataz der Klaviersonate op.31/3 hat eine förmlich "explodierende", fast "jazzige" Stretta - auch nicht ohne Witz!
    Dann fällt mir noch Bachs "Quodlibet" ein - tolle Musik, völlig mischuggener Text - zeigt, dass Bach micht nur ein Heiliger war, sondern auch ein Kind.
    LG!
    Daniel


    PS: Einen habe ich noch: Morton Goulds "Boogie-Woogie-Etude". Mit dieser kleinen Delikatesse überraschte Shura Cherkassky nach einem ausgedehnten Klavierabend gerne sein Publikum - besonders lustig war's, wenn er sie im Anschluß an eine späte Schubert-Sonate spielte - passt wie die Faust aufs Auge...

    Hallo Cosima,
    ich habe nur eine Rubinstein-GA und zwar die, die in der Rubinstein-Chopin-Collection erschien (Aufnahme Anfang der 60er, also schon Stereo). Damals war's noch eine andere Cover-Aufmachung - ich weiß also nicht, welches deiner beiden Bildchen meine, aslo die neuere Aufnahme zeigt. (Die ältere ist jedenfalls definitiv mono)
    Ich will's nicht beschwören, aber mir war so, als ob Christian beide Aufnahmen hätte - er kann dir vielleicht weiterhelfen.
    Ich kann mir aber vorstellen das auch die Monoaufnahmen wirklich gut ist.


    Was hast du den gegen Chiu? Kennst du ihn? Er ist definitiv weniger bekannt, als er's verdienen würde - Sowohl sein Mendelssohn, als auch sein Prokofiev, als eben auch seine Mazurken haben mich jedenfalls sehr überzeugt...


    Liebe Grüße!
    Daniel

    Zitat von Johannes Roehl

    Weiterhin, aber da bin ich nicht ganz sicher, inwiefern das auf seine extreme Dominanz des männlichen Liedgesangs zurückgeht, scheint sich irgendwie die Baritonlage als die Stimmlage schlechthin für Lieder etabliert zu haben, was ich insofern bedenklich finde, als dass die berühmten Schubert-Zyklen und AFAIK auch die Dichterliebe alle für Tenor komponiert wurden (und etliche Lieder funktionieren auch viel besser in dieser Lage).


    Ja, das ist ein wichtiger Aspekt. War nicht dieser Tenor namens Vogel (hieß er so?) der Leib-und-Magen-Sänger von Schubert? Ich meine mich zu erinnern, irgendwo gelesen zu haben, dass seine Person oft genug die entscheidende Veranlassung zum Liederschreiben war.
    Es gibt sehr schöne Tenordastellungen von Schubert-Liederzyklen: ich denke an die überirdisch schöne "Müllerin" vom Dänen Aksel Schiotz (mit diagonalem Strich durchs "o") oder an die zeitgenössischen Aufnahmen des exzentrischen aber intensiven Ian Bostridge (der von vielen abgelehnt wird, ich weiß...) oder den ausgeglicheneren, aber stimmschönen Werner Güra. Wunderlich natürlich nicht zu vergessen - obwohl ich denke, dass ein paar Jahre später zumindest gestalterisch noch mehr möglich gewesen wäre. Die reihe der Liedtenöre ließe sich mühelos fortsetzen - aber auch auf dieses Feld wirft FiDi der Dominator leider seinen Schatten... Wenn Wunderlich länger gelebt hätte, hätte es vielleicht ein ähnlich öffentlichkeitswirksames Tenor-Pendant gegeben, wer weiß?


    Der unversöhnliche Gegensatz zwischen FiDi dem Sänger und FiDi dem Deklamator wird ja gerne und ständig postuliert - dieser störende Ausschlag in Richtung einer manirierten Textlastigkeit gibt es nach meinen Empfinden aber nicht durchweg. Als junger Mann konnte FiDi durchaus "auf Linie" singen. Wie gesagt, in den EMI-Liederzyklen der 50er Jahre stimmt die Balance.


    Schöne Grüße!
    Daniel


    PS: Ein Thread zu Lied-Bässen wäre auch recht nett...

    Zitat

    Zitat Cosima,
    Gibt es eigentlich außer von Rubinstein noch eine andere empfehlenswerte Gesamteinspielung aller 51 oder 58 (?) Mazurken?


    Liebe Cosima,
    Im Vergleich zu den Nocturnes sind Mazurken-GA's dünn gesät. Ein paar habe ich dennoch:


    Nicht zu empfehlen: Ronald Smith in der EMI Gemini-Reihe


    Brauchbar: Jean Marc Luisada/Lilya Zilberstein: Chopin Complete Edition, Deutsche Grammpohon


    Klassisch, schlicht und stilvoll: Alexander Uninsky, Philips Duo (ist vielleicht schon vo Markt genommen...)


    Sehr schöne Aufnahme jüngeren Datums: Fréderic Chiu bei Harmonia Mundi - ich habe noch viel Geld bezahlt, ist aber inzwischen für einen Zehner in der "1+1"-Reihe erhältlich (heißt Harmonia Mundis Budget-Doppel-CD-Reihe so?) - da lohnt sich eine Anschaffung auf jeden Fall!


    Ansonsten sind die Einzelaufnahmen nahmhafter Pianisten vorzuziehen. Mit ABM, Moravec und Sofronitsky hast du ja schon ein Mazurka-Sträußchen allererster Güte! Schön (genialisch und intuitiv) sind auch noch Horrowitz-Einspielungen, vor allem die älteren der Mono-Jahre. Schön auch die 3 Mazurken op.63 von Martha Argerich. Phänomenal auch der Moskauer Konservatoriums-Lehrer Alexander Goldenweiser.


    LG :hello:
    Daniel

    Hallo Siamak.


    Über ABM's Interpretation der Mazurka Op.68/4 (ich glaube sie war's) hat Joachin Kaiser mal geschrieben, es klinge "wie ein Nackttanz hinter Glas" - Ein schönes Bild, das quasi doppelte Zerbrechlichkeit zum Ausdruck bringt - auf ABM's unglaublich zarte Interpretation völlig zutreffend! (...und das obwohl ich Hernn Kaiser nicht mag!)


    Schöne Grüße!
    Daniel

    Lieber Siegfried, lieber Sagitt,


    ich finde solche "Vergleichstests" gar nicht so schlimm. Obwohl sie letztenendes nichtssagend sind, stellt sie doch jeder gerne heimlich im Hinterköpfchen an... Abgesehen davon: Vorlieben hat schließlich jeder.
    Ich finde es übriigens auch gar nicht so falsch, dass Alfred ausgerechnet Goerne und Quasthoff zum Vergleichstest antreten lässt: Beides sind "profunde" , eher dunkel getönte Baritöne (wobei Quasthoffs Organ in der Höhe deutlich expansionsfähiger ist) mit hoher Timbreeigenart. Weder Quasthoff noch Goerne haben in meinen Ohren ein klares, schlackenloses Timbre: Quasthoff hat einen leicht heiseren Beiklang, Goerne klingt ein wenig kehlig (inkorrekter Stimmsitz?).
    Beide haben deutliche Schwerpunkte im Bereich Lied und Konzert - es gibt genug Überschneidungen.
    Ich finde, dass Goernes Timbre mehr "Appeal" hat. Andererseits scheint mir, dass Quasthoff der technisch versiertere Sänger ist - dafür tue ich mich mit diesem heiseren Touch (den viele für sehr maskulin und kernig befinden) schwer. Aus dem Bauch heraus fiele meine Wahl wohl eher auf Goerne...
    LG!
    Daniel

    Zitat von Alfred

    Kaum jemand, der jüngeren Generation kann sich diese quasi-Monopolstellung heute mehr vorstellen: In einer Zeit wo die konkurrierenden Schallplattenkonzerne EMI und Polygram (Deutsche Grammophon) mit ihren Künstlern Exklusivverträge abschlossen, um so zu verhindern, daß einen "ihrer" Künstler für die Konkurrenz aufnahm, sang Fi-DI für beide.


    ... Lieber Alfred: Ich mit meinen 32 Lenzen, also als Vertreter "der jüngeren Generation", kann mir diese Monopolstellung sogar sehr lebhaft vorstellen. Allein die Omnipräsenz seiner Einspielungen am Markt + die unzähligen Wiederveröffentlichungen und Neuzusammenstellungen zu seinem Geburtstag belegen das ja in geradezu monumentaler Weise.
    Selbst ein Jungspunt wie ich hat viele Lieder und Liederzyklen erstmalig mit FiDi gehört - nicht ob meines ziel- und instinktsicheren Griffs nach dem "Godfather" des Liedgesangs, sondern weil seine Aufnahmen selbst im schlechtest sortierten CD-Laden jederzeit greifbar waren.
    Ein bisschen ungerecht ist diese Sonderstellung allerdings schon: FiDi schiebt sich wie ein Schatten des Vergessenmachens über viele seiner bedeutenden Kollegen, die dann fast automatisch (und unberechtigt) klein und mickrig gegen ihn wirken müssen - Es gab zu Zeiten, als Hermann Prey als FiDi-Konkurrent gehandelt wurde z.B. noch einen Franzosen, der als nicht minder bedeutender Liedinterpret gehandelt wurde: Gerard Souzay. Im französischen Fach hatte er zu seiner Zeit kaum seinesgleichen und auch als Schubert-, Schumann- oder Brahms-Interpret hatte er Gewichtiges zu sagen - wenn auch leider mit etwas zu unidiomatischer deutscher Diktion. Die Schönheit seines Timbres übertraf die FiDis m.E. um Längen. Namen wie Souzay kursieren heutzutage allenfalls in Liederfreak-Kreisen, während die Frage nach dem Namen FiDi bei Günther Jauch allenfalls 500 Euro wert wäre...
    Ich muss gestehen, dass ich alles, was ich von dem Menschen Fischer-Dieskau durch Fernsehporträts und Interviews mitbekommen habe, ziemlich unsympathisch finde - ein spitzfindiger, besserwisserischer alter Mann, der sich selbst offenbar mit deutlich gütigerem Maß misst, als den größten Teil seiner Sängerkollegen. Diese Scharfsicht der Umwelt gegenüber bei gleichzeitiger Blindheit sich selbst gegenüber hat zu den hier bereits erwähnten "Rollenfehlgriffen" im Opernfach geführt. Mir fällt neben den oft erwähnten Wagner-Irrtümern (Über die ich allerdings mehr gehört habe, als dass ich sie tatsächlich gehört hätte) noch der Papageno ein - Der ist bei FiDi ist von einer professoralen Überfeinerung, die einem Naturwesen rein gar nicht entspricht. Sorry, aber dieser Papageno gleitet fast ins Karikatureske ab...
    Auch nicht schlecht: Die (zu) späten Liedaufnahmen mit Hartmus Höll - Schumanns gewiss höllisch schwerer "Contrabandiste" klingt bei ihm einfach nur noch nach einem völlig holprigen Sprechgesang, nach unfreiwilligem "gerappe"...
    Unbestreitbar ist allerdings die Schönheit und Überzeugungskraft seiner Liedaufnahmen der 50er und frühen 60er Jahre - die großen Schubert-Zyklen dieser zeit gehören nicht nur zu FiDis bestem, sondern sind nach wie vor kaum erreichte Sternstunden der Liedkunst.


    Schöne Grüße!
    Daniel

    Hallo Cosima,


    die Liszt-Sonate hatte ich vergessen - die finde ich aber neben den Debussy-Préludes am aller gelungensten. Die entwaffnende Klarheit, mit der Zimerman das Fugato hinzimmert hat kaum ihresgleichen. Ich kann die h-moll-Sonate quasi nur noch von ihm hören!


    LG! :hello:
    Daniel

    Hallo Taminos, Hallo Christian,


    Zuerst: Schade, dass zu Zimerman bislang nur so wenige gepostet haben - das entspricht doch eigentlich nicht seiner Bedeutung...


    Ich finde alle Aufnahmen von Z. sehr gelungen, jene neueren Datums (der "Durchbruch" kam für mich mit den Debussy-Préludes) haben allesamt Referenzstatus.
    Seine Schubert-Impromptus, so wie die Chopin-Balladen bewegen sich auch auf höchstem pianistischem Niveau, waren für mich aber nicht die wirklichen "Bringer" (zu cool) - Sie setzen im Vergleich zu Debussy und den Ravel- und Rachmaninov-Konzerten doch ein wenig Staub im Regal an.


    Grundsätzlich finde ich die Geschliffenheit der Zimerman-Aufnahmen bemerkenswert. Auf die Schnelle fällt mir in dieser Hinsicht nur noch ABM ein, der ähnlich akribische Einspielungen gemacht hat (Selbst Pollini, der Skrupulöse, wirkt dagegen fast "schlampert"...) Technisch ist Zimerman eine Klasse für sich. "Technik" meint bei ihm mehr als pure Geläufigkeit (in der ihn ein Hamelin vermutlich sogar noch übertrifft) - eZ's gewaltige technische kontrolle kommt ihm bei der abstrichlosen Umsetzung seiner Klangvorstellung inatürlich entgegen. Die Gefahr, im rein Virtuosen stecken zu bleiben, besteht bei ihm aufgrund dieser phänomenal ausgeprägten Vorstellungskraft m.E. nicht. Seine besten Interpretation quellen nicht unbedingt über vor Spontanität oder äußerster Warmherzigkeit, besitzen aber durchaus das faszinierende "kalte Feuer" eines brillanten Geistes. (was für eine fürchterliche Formulierung...)


    Schöne Grüße!
    Daniel

    Hallo Pius,

    Zitat

    Zitat Pius:
    Martin Stadtfeld habe ich gestern im Radio dieses Werk spielen hören und konnte erstmal nicht nachvollziehen, warum über seine Bach-Interpretationen hier so sehr gestritten wurde. Den ersten Satz spielte er etwas "übermütig", aber ansonsten waren Satz 1 und 2 schön anzuhören. Beim Finale fing er aber dann an, furchtbar schnell zu rasen. Es ist zwar ein Presto, aber so ist es sicher nicht sinnvoll gespielt.


    ... ich habe Stadtfeld letztes Jahr in Wolfenbüttel "erleben dürfen", u.a. mit dem Ital. Konzert. Ich gestehe gerne, dass ich bezüglich Stadtfeld zeimlich parteiisch bin - ich finde sein Spiel effekthascherisch, "Gould-epigonal" und bisweilen fürchterlich maniriert oder einfach nur grob. Deine Einwände gegen die Lesart des Schlussprestos kann ich gut nachvollziehen - das war eine popelige Demo à la "Guck mal, wie schnell ich das kann!". Den Leuten hat's trotzdem gefallen...
    Nach der Pause gab's eine knochentrockene, ohne Klangsinnlichkeit gestaltete h-moll-Sonate von Liszt - die wirkte unter Stadtfelds Händen einfach nur laut und langweilig...


    Die in deinem Besitz befindliche Aufnahme von Angela Hewitt war m.E. ihr Debut-Album, dass durch den Gewinn irgendeines Bach-Wettbewerbs zustande kam. Es lohnt sich, die noch relativ frische Hyperion-Aufnahme "vergleichszuhören". Hewitts Bach-Auffassung ist doch beträchtlich differenzierter geworden - für mich ist sie inzwischen eine Fürstin des Bachspiels.


    Den erwähnten sehr gelungenen Einspielungen von Koroliov und Tharaud, die ganz unterschiedlich geartet sind, kann ich empfehlend noch die Einspielung von András Schiff und jene von Andreas Staier auf dem Cembalo anfügen. Perahia ist grundsätzlich nicht (mehr) mein Fall - ich fürchte also, seine Einspielung nicht wirklich obejektiv gehört zu haben...


    Schöne Grüße!
    daniel

    Hallo rappy,

    Zitat

    Zitat rappy,
    Au ja, gut dass Haydn erwähnt wird! Hätte er sich bei dem D-Dur Konzert etwas mehr Mühe gegeben ('ne Scheibe bei Beethoven abschneiden Augenzwinkern ) wäre das sicherlich eines seiner berühmtesten Werke geworden.


    ... was meinst du denn damit? Nix verstehn...


    Schöne Grüße
    Daniel

    ...huch, hab ich überlesen - obwohls fett gedruckt war...


    OK, ich nehme dann nur noch:


    Mozart: Nr.19 K459, Nr.22 K482
    Brahms: Nr.1
    Chopin: Nr.1
    Schumann
    Beethoven: Nr.4
    Bartók: Nr.3
    Bach: BWV 1052
    Prokofiev: Nr.3


    Komisch, je weniger Favoriten, desto größer die Schnittmenge der Forianer: Bach, Brahms, Beethoven und Mozart scheinen das Standardgepäck für fast jeden hier zu sein...


    Schöne Grüße!
    Daniel

    Hallo Tastenfreaks,


    es ist nicht leicht sich auf ein paar Liebligs-KK zu beschränken. Spontan entscheide ich mich für diese - die Reihenfolge sagt nichts über meine Präferenzen aus:


    Mozart: Nr.16 K451, Nr.19 K459, Nr.22 K482, Nr.27 K595
    Brahms: Nr.1
    Chopin: Nr.1
    Schumann
    Beethoven: Nr.4
    Prokofiev: Nr.2, Nr.3
    Ravel: G-dur
    Bach: BWV 1052, 1053, 1055
    Bartók: Nr.3
    Haydn: D-dur Hob.XVIII:II


    Diese KK's gehören auf jeden Fall zu denen, auf die ich (fast) immer Lust habe.


    Schöne Grüße!
    Daniel

    Liebe Chopinisten,


    Chopins Mazurken sind klein, grazil und zumeist sehr kurz. Wohl deswegen stehen sie ein wenig im Schatten der größeren (Balladen, Scherzi) oder populäreren (Nocturnes, Walzer, Préludes) Schöpfungen des polnisch-französischen Klavier-Poeten.
    Schade, denn diese mal beschwingten mal elegischen, harmonisch überaus subtilen Stücklein im 3/4- oder 3/8-Takt sind für mich das allerköstlichste aus der Chopin'schen Feder!
    In keiner anderen Gattung Chopins muss der Pianist ein ähnlich verfeinertes Rhythmusgefühl vorweisen können. Die Mazurka lebt und atmet durch ein feinfühlig dosiertes Rubato. Diese Kunst beherrschen nicht eben viele Pianisten...
    Zu Schulzeiten hatten wir ein Austauschprogramm mit einem Warschauer Gymnasium. Mein Austauschschüler brachte mir als Gastgeschenk stilecht eine Platte mit historischen Aufnahmen einstiger Mazurkapreisträger des Warschauer Chopin-Wettbewerbs mit. (Offenbar wird dort die Bedeutung der Mazurken für die Chopin'sche Kunst richtig eingeschätzt, sonst gäbe es diesen Sonderpreis für die beste Mazurka-Interpretation wohl nicht...) Diese wunderschöne Platte ist mir leider abhanden gekommen. Die Namen vieler Preisträger, vor allem früherer Wettbewerbe, sind leider längst in Vergessenheit geraten. Schade, denn es gibt von diesen ehemaligen "Stars" Mazurka-Interpretationen, von denen sich die meisten der heutigen Pianisten eine dicke Scheibe abschneiden könnten. Mir scheint, als sei die Fähigkeit, flexibel aber geschmackvoll mit Zeitmaß und Rhythmus umzugehen, im "golden Age" des Klavierspiels deutlich ausgeprägter gewesen. In alten Mazurka-Einspielungen hört man ein unglaublich feinfühliges Rubato - der musikalische Fluss scheint nur um einen winzigen Hauch aus dem Metrum gerückt - gerade um die Idee, die es braucht, um diese hauchzarte Andeutung eines "Stolperns" zu erzeugen...
    Mir fällt als Meister eines subtilen Rubatos ad hoc Ivan Moravec ein - dagegen erscheint mir selbst ein Artur Rubinstein grob in seinen "Verzögerungs- und Beschleunigungstaktiken". Ein geniales (aber auch extremes) Rubato beherrschte übrigens auch Shura Cherkassky, der Augenblickspianist schlechthin.
    Wem auch immer die Krone des Mazurka-Spiels gebührt: Mazurken leben erst, wenn sie nicht ein Metronom, sondern ein empfindender (und niemals maschinenhaft gleichförmiger) Herzschlag vorantreibt.


    Welche Mazuken liebt ihr?
    Welche Interpreten haben perfekte Mazurka-Interpretationen vorgelegt? Stehen die Mazurken größeren Chopin-Schöpfungen in ihrem Anspruch nach?
    Mich würde interessieren, ob die Chopin-Mazurken für euch ähnliche Delikatessen sind, wie für mich.


    Schöne Grüße :hello:
    Daniel

    Hallo Sagitt,

    Zitat

    Zitat sagitt:
    Katchen, kein spezieller Virtuose, hat diese Varationen ebenfalls mit größtmöglicher Virtuosität gespielt,insbesondere in seiner ersten Aufnahme, 1959 bei der Columbia.


    Das ist in der Tat eine mitreißende Einspielung. Aber sag mir doch mal, was ein "spezieller Virtuose" ist und warum Julius Katchen keiner war...


    Schöne Grüße!
    :hello: Daniel :hello:

    Lieber Tom,
    Na, da hast du ja einen richtigen Spezialisten-Thread gestartet... :D
    Die Fantasia contrappuntistica steht mit Schiff/Serkin noch ungehört bei mir rum. Werde mich umgehend reinhören, um mir eine Diskussionsgrundlage zu schaffen...
    Schöner Gruß!
    Daniel

    Hallo Tom,


    ja, dieses vorbehaltlose Lob spende ich auch (und insbesondere) Schiffs Franz. Suiten. Ich finde z.B. schön, was Schiff aus den Widerholungen macht - da bringt er hier und da zusätzliche Verzierungen an (aber nie übertrieben), akzentuiert anders, beleuchtet das Geschehen aus einer anderen Perspektive. Da bleibt Angela Hewitt (die ich SEHR liebe) wenigstens in den Franz. Suiten (die ziemlich am Anfang ihres Bach-Zyklus standen) deutlich einfallsloser. Auch mit Schiffs Tempi bin ich durchweg d'accord.
    Ich würde Schiffs Lesart als diskret, aber dennoch eigenständig und phantasievoll bezeichnen.
    Der Niederländer Ivo Janssen macht in bezug auf Tempowechsel und (blockartige) dyn. Kontraste um einiges mehr (fast mehr als in allen anderen Aufnahmen, die ich kenne) - mir ist das aber schon zu viel. Klingt irgendwie zerpflückt. Andere stehen drauf, that's Life!


    herzliche Grüße :hello:
    Daniel


    PS: Hallo nochmals Tom, ich bearbeite diesen Beitrag nochmals, da ich eben eigens die erste Partita und die fünfte Franz. Suite mit András hintereinander weg gehört habe, um mich meiner Meinung zu vergewissern. Nun denn, ich bleibe dabei:
    Partiten: natürlich schön, aber etwas zu prätentiös - Schiff baut zu viele Zusatzornamente ein und "buhlt" um jede Phrase, das ist gestalterisch fast ein wenig hypertrophiert, klingt tiftelig.
    Französische Suiten: immer noch viel Detailakribie, aber flüssigere Tempi, großzügigere Disposition, schönes Legato (Schiff "tupft" nicht ganz so arg) - wirkt einfach ausgereifter...


    LG!
    D.

    Lieber Engelbert,
    Ein schöner Thread, im schönen Tonfall von dir vorgestellt - Kompliment!


    In meinen ersten Tamino-Tagen habe ich natürlich versucht viel zu viel unter einen Hut zu bekommen. Inzwischen zieht's mich instinktiv als erstes in Klavierforum. Dort habe ich inzwischen einen recht plastischen Eindruck von den "Stammusern" gewonnen - von ihrem Schreibstil, ihren Interpretationsvorlieben, ihren Lieblingspianisten etc. Mitunter ahnt man schon im Voraus, wie sich der eine oder andere zum Pianisten xyz äußern wird... Im Klavierforum ist das Geschehen durchaus "hochfreqent", Die Stammuser reagieren schnell auf Threads, die sie interessieren und entwerfen laufend neue Threads. Die Diskussion läuft rund und engagiert.
    Im Vokalmusikforum würde ich mich gerne mehr zum Thema "Lied" umtun, stelle aber fest, dass der Diskussionsbedarf deutlich kleiner zu sein scheint - schade!
    Die "Allgemeinen Klassikthemen" sind eine schöne Gelegenheit zur "grenzüberschreitenden" Kommunikation, die auch dann funktioniert, wenn die übrigen Themenschwerpunkte weit auseinanderliegen - dieses Forum ist sozusagen der vielstimmige Bazar bei Tamino.
    Schön auch die "Unverzichtbaren Klassikaufnahmen" - da kann man hübsch muckeln und basteln, seine persönlichen "Charts" zusammenstellen und für sich ganz nebenbei die Spreu vom Weizen im eigenen Plattenschrank trennen - denn in diese Rubrik sollten es ja nur die Perlen der eigenen Kollektion schaffen.


    Schöne Grüße!
    Daniel

    Zitat

    Zitat Johannes Roehl:
    aber es gibt eine ganze Anzahl Komponisten, die in ähnlichem Alter Vergleichbares leisteten. Ohne groß nachzudenken Purcell, Schubert, Mendelssohn, evtl. Chopin.


    ... dem kann ich nur beipflichten. (by the way: erstaunlicherweise sind die von dir genannten "Frühvollendeten" alle ungefähr nur so alt geworden wie Mozart - ist an dem beknackten Satz von den früh heimgeholten Götterlieblingen also doch etwas dran?)
    Aber warum ist der Boom um Mozart ungleich viel größer, als um die anderen Genies? An seiner "lückenhaften", mysterienumwitterten Lebensgeschichte kann's ja nicht alleine liegen.
    Ich denke schon, dass Vater Leopold (und das muss ja nicht zwingend der Annahme widersprechen, dass er dennoch ein guter Vater und Pädagoge war) den Wunderkindkult um seinen Sohn von Anbeginn befeuert hat. Die Geschichtsschreibung muss Mozart also fast zwangsläufig mit dieser bewusst inszenierten "Aura" des Wunderkinds belegen, weill es n alternativen Mozart-Bildern fehlt.
    Vielleicht war Mozarts (vor allem verbale) Freude am Sexuellen, Anstössigen und Infantilen die "Kehrseite", das Ventil" der ehrgeizigen Erziehung, die ja nicht nur auf die Mühelosigkeit von Wolferls Hochbegabung baute, sondern dem Kleinkind gleichwohl eine nicht unbedingt altersangemessene Disziplin abverlangte.
    Ich glaube, dass selbst im Genie letztenendes ein Normalo schummert. Gerade in bezug auf Mozarts Triebleben (oder wenigstens seine Äußerungen darüber) öffnet sich wirklich ein Türchen zu einem ganz normalen, sehr "nachvollziehbaren" Menschen - der freilich etwas offener mit seinen Bedürfnissen umgegangen ist, als andere.


    Schöne Grüße!
    Daniel Behrendt

    Hallo tom,

    Zitat

    Zitat tom:
    Interpretation heißt für mich auch, daß sich beim Anhören der Einspielungen ein Wiedererkennungseffekt einstellt. Dies fällt mir bei Schiff, jedenfalls bei den Deccaeinspielungen der 80er und frühen 90er Jahre, sehr schwer.


    ... also, ich weiß ja nicht. Gerade Schiffs Klavierton und sein Zugang zu Bach'schen Tanzsätzen hatten von Anfang an etwas sehr Spezifisches. Wenn man sich z.B. die Gigue aus der Partita BWV 830 mit Schiff anhört, dann fällt doch auf, dass er wirklich vollkommen andere rhythmische Akzente setzt, als man es durch andere Interpretationen "abgespeichert" hat.
    Alfred Brendel sagte in einem Nebensatz über Schiff (und das muss in jener frühen Decca-Zeit gewesen sein), dass er Bach das Tänzerische zurückgegeben habe. Ich finde, das trifft die Sache sehr gut. Schiffs sprechende, bzw. "tänzerische" Artikulation ist von Anfang an sein Markenzeichen gewesen. Früher fast mehr als heutzutage, wo mir sein Spiel fast "diskreter" bzw. klassischer erscheint.


    Schöne Grüße :hello:
    Daniel

    Hallo Sagitt,
    habe mit Coin BWV 49, 115 & 180 auf einer CD. Es ist wirklich eine wunderschöne Aufnahme. Barbara Schlick war in früheren Jahren (80er) allerdings exzellent. Sie hat später ein eigentümlich inkonsistentes Flackern und eine beträchtliche Schärfe in der Stimme bekommen. Inzwischen klingt sie wie eine alternde Gemse - leider... Auf der Coin-Aufnahme sind diese Einbußen jedenfalls schon hörbar, obwohl ich's vermutlich nicht gar so schlimm finde wie du.


    Bezüglich der chorischen Perfektion sind übrigens die Kantaten-Einspielungen des Bach Collegium Japans unter Masaaki Suzuki hervorzuheben. Gardiner ist mir -entgegen der Meinung vieler Forianer- oftmals zu "rumsig", irgendwie zu vordergründig. Da werde ich mit dem Koopman-Zyklus, von dem ich aber nur einige Volumes habe, deutlich glücklicher. Herreweghe liegt in aller Regl sowieso auf meiner Linie.
    Komplett habe ich die Bach-Kantaten nur mit Rilling (diese fette Bach-Gesamtbox, die man eine Zeit lang für einen Hunderter hinterher geschmissen bekam) - das sind größtenteils fürchterlich biedere, breit getrampelte Aufnahmen. Die weltlichen Kantaten hat Rilling sehr viel später
    gemacht. Hier hat sich seine Auffassung deutlich hörbar verändert, "modernisiert"- das kann man sich durchaus mit Genuss anhören. Bezüglich seiner Gesangssolisten hat Rilling ohnehin zu jeder Zeit ein exzellentes Händchen bewiesen.
    Schöne Grüße :hello:
    Daniel

    (auch wenn die beiden Threads zusammengeführt werden sollten, antworte ich jetzt einfach an dieser Stelle...)


    Hallo Sagitt, Hallo Taminos,


    Von den über 200 noch existierenden Bach-Kantaten habe ich rund die Hälfte gehört, bin aber gerade mal mit vielleicht 30-40 wirklich gut vertraut. Daher ist es es gut möglich, dass ich meine wirklichen Favoritan noch gar nicht kenne. Beim derzeitigen Stand der Dinge fallen mir spontan aber folgende Beispiele für besonders kostbare Bach-Kantatenperlen ein:


    Zitat

    Zitat sagitt:
    Ich fange an mit dem Duett aus BWV 78:Wir eilen mit schwachen,doch emsigen Schritten... ein herrliches Stück Musik.


    ... dem schließe ich mich sofort an, allerdings in der solistisch besetzten Aufnahme von Joshua Rifkin.


    Zitat

    Zitat reklov29:
    gesanglich sowie wunderschön instrumentiert die Alt-Arie "Widerstehe doch der Sünde" BWV 54.


    ... nehme ich auch, allerdings mit Philippe Herreweghe und Andreas Scholl.


    Und drei weiter Schätzchen:


    - Der erst flehentliche, dann beschwingte Tonfall des Eingangschors aus der Kante BWV 131 "Aus der Tiefen rufe ich, Herr, zu dir"


    - Der Schwung und Glanz des Eingangschors aus der Kantate BWV 62 "Christen, ätzet diesen Tag"


    -- Die Duoarie "Die Armut, so Gott auf sich nimmt" aus der Kantate BWV 91 "Gelobet seist du, Jesu Christ"


    Man könnte natürlich noch viel, viel mehr aufzählen - aber das werden die anderen Taminos sicher tun.


    Schöne Grüße!
    :hello: Daniel :hello:

    Hallo Engelbert,
    Diese Frage stellen wir uns ja gerne in bezug auf jene Menschen, die die Welt in einem Alter revolutionieren, in dem man normalerweise Doktor- und Sandkastenspielchen macht. Ich glaube übrigens nicht, dass sich die Frage nach dem Genie leichter oder befriedigender beantworten lässt, als die Frage nach dem Ei und der Henne.
    Im Falle Mozarts spricht wenigstens einiges dafür, dass sein Talent durch gezielte väterliche Förderung (also Sozialisation) prächtig gedeihen konnte. Aber erklärt das alles? Ich meine, dieses schier übermenschliche schöpferische Genie? Ich glaube nicht. Es muss diesen "göttlichen Funken" geben. Oder von mir aus auch das von dir angesprochene "Restguthaben" aus einem vergangenen Leben.
    Ich glaube, es gab und gibt immer mehr potentielle "Genies" als man allgemeinhin annimt, Was beispielweise passiert mit einem Höchstbegabten, der vereinsamt, also ohne geistige Stimulanz wie Kaspar Hauser groß wird? Wird er ein Genie?
    Ich kann's mir kaum vorstellen, denn das, was wir so schön "Kultur" nennen, ist die unabdingbare Voraussetzung weiterer kultureller Hervorbringungen- Kein Genie schöpft aus dem Nichts, bzw. nur aus sich selbst. Ich denke, das Gegenteil ist der Fall: Eine große Begabung muss im besonderen Maße angeregt werden, um nicht ins Leere zu laufen.
    Bei Mozart werden angeborene und anerzogene Komponenten glücklich Hand in Hand gespielt haben - das "Genie" bzw, "Wunderkind" lässt sich mit meiner Schmalspurthese freilich nicht erschöpfend erklären. Aber vielleicht liegt in dieser Unerklärlichkeit ja das Wesen des Genies. Es gibt eine schönen Spruch in diese Richtung:
    Kunst kommt nicht von können. Wenn man's könnte, wär's keine Kunst mehr.
    Will sagen: Wenn man erklären könnte, warum eine Genie genial ist, wär's kein Genie mehr. ;)


    Schöne Grüße!
    Daniel

    Liebe Leute,
    ...darf ich's überhaupt sagen? Ich bin kein Rubinstein-Vereher! Ich habe einen ungeheuren Respekt vor ihm, bewundere die Natürlichkeit seines Spiels, weiß seinen leuchtenden Ton zu schätzen, staune über den unglaublichen Umfang seines Repertoires und die Fähigkeit, sich souverän in den gegensätzlichsten Kompositionen zu bewegen - Aber wirklich lieben kann ich sein Spiel nicht.
    Das liegt natürlich nicht an Rubinstein, sondern ausschließlich an mir.


    Daniel Barenboim, der Rubinsteins Lieblingsschüler war, sagte kürzlich in einem Zeitungsinterview etwas sehr Kluges, sinngemäß in etwas dies: Rubinsteins Spiel wäre von solcher Natürlichkeit gewesen, dass es einem geradezu kinderleicht vorkäme. Wer jedoch versuche, eine ähnliche Selbstverständlichkeit zu erreichen, würde überhaupt erst merken, wie schwer das vermeintlich Leichte ist.


    Vielleicht ist mir Rubinstein ja schon zu natürlich, zu "gesund", wer weiß? Ich glaube, fast jeder hat schon einmal die Erfahrung gemacht, etwas im höchsten Maße zu bewundern, ohne jedoch in der Tiefe berührt zu sein - so jedenfalls geht's mir mit Ruby.


    Schöne Grüße!
    Daniel

    Hallo Sebastian,
    ich finde, dass die Franz. Suiten die gelungesten Aufnahmen aus der Decca-Box sind. Sie sind m.E. fast am Ende der Gesamtaufnahme entstanden. Wenn man sie z.B. mit dem einige Jahre früher eingespielten WTK vergleicht, fällt doch auf, dass Schiffs Spiel in jenen Jahren nach und nach runder und geschmeidiger wurde. Jetzt, rund 15 Jahre später, spielt er noch vollkommener - Zeit also, nach der Neuauflage der Goldberg-Variationen nochmals den ganzen Bach anzupacken...
    LG :hello:
    Daniel