Beiträge von lutgra

    Dvorak findet bei mir kaum auf der CD statt, sondern fast ausschließlich auf der Schallplatte.

    Bei mir auch. Und obwohl ich mich beim Umzug von Stuttgart nach Hamburg von erheblichen Teilen meiner Schallplattensammlung trennen musste, konnte ich keine der vier Dvorak GA zurücklassen und auch hier: Rowicki, Kertesz und Kubelik plus Neumann (1. Zyklus). Mit Neumann höre ich gerade die 6. :)

    Von den Tschechischen Philharmonikern habe ich seinerzeit praktisch jede Supraphon LP gekauft, die mir in die Hände fiel.

    Ernst Gernot Klussmann (1901-1975) spielte im Musikleben von Hamburg nach dem Krieg eine wichtige Rolle als Mitbegründer und langjähriger Präsident der Hochschule für Musik und Theater. Zu seinem 50. Todestag und dem 75. Geburtstag der Hochschule erscheint eine CD mit zwei frühen Kammermusiken, die in den 1930ern entstanden. Es spielt das Kuss Quartett + Peter Nagy (im Klavierquintett op. 1). Laut Booklettext stehen sie zwischen Spätromantik und Expressionismus. Klussmann war ab 1933 in der braunen Partei und wurde nach dem Krieg als Mitläufer eingestuft. Seine Musik wurde in der rechten Presse als entartet diffamiert, eine UA seiner 1. Symphonie durch Bruno Walter kam 1933 nicht mehr zustande.


    Hubert Parry hat drei Streichquartette komponiert, die aber alle vor seinem 30. Lebensjahr entstanden sind, die ersten beiden sogar als er um die 20 war. Es gibt nur eine GA, vom 3. Quartett gibt es noch Einzelaufnahmen.

    Das 1. Streichquartett habe ich heute gehört, es ist ein Werk aus dem Geiste Mendelssohns, melodisch eingängig, aber ohne jeglichen Personalstil. Wen das nicht stört, kann das durchaus mit Gewinn hören. Das Archaeus Quartett spielt engagiert


    Owen Underhill
    String Quartet Nr. 3 - the Alynne

    Quatuor Bozzini


    Owen Underhill (Jg. 1954) ist ein kanadischer Komponist und Dirigent. Da mir gerade eine Ankündigung einer neuen CD mit Streichquartetten von ihm untergekommen ist, musste ich erst einmal hören, was das für eine Art von Musik er schreibt. Die gehörte Aufnahme stammt von 2012. Gibt es auf CD und im Strom. Nicht schlecht.

    Hier gibt es gerade was in Mono:


    Roger Sessions

    String Quartet Nr. 2
    New Music String Quartet


    Die Aufnahme entstand am 15.05.1955. Die Besetzung ist illuster: Broadus Erle, Matthew Raimondi, Walter Trampler und David Soyer. Das Quartett gibt es sonst nur noch vom Kohon Quartet.


    Tatsächlich fällt - über die Anlage gehört - kaum auf, dass es eine Monoaufnahme ist.


    9211564


    Stanley Bate (1911-1959) gehört unter den vielen wenig bekannten britischen Komponisten zu den am wenigsten bekannten. Das liegt vielleicht daran, dass er nur 47 Jahre wurde und auch für eine Dekade in den USA den 2. Weltkrieg ausgesessen hatte. Von seinen vier Symphonien gibt es nur von Nr. 3 und 4 Aufnahmen. Nr. 1 hat er wohl vernichtet, Nr. 2 schlummert im RCM Archiv.

    Die Musik ist der von Richard Arnell und des Lehrers RVW nicht unähnlich, tonale Symphonik gewürzt mit Dissonanzen, die partiell auch an Filmmusik erinnert. Das gilt auch für die 4., die Mitte der 1950er Jahre entstand. Starkes Werk IMO.


    Das György Ligeti einen komponierenden Sohn Lukas hat, wusste ich bis heute nicht. Das Aris Quartett hat kürzlich das für das Ensemble geschriebene Streichquartett Nr. 4 Neostasis von Lukas Ligeti uraufgeführt. Dazu gibt es einen 10-minütigen Trailer mit Ausschnitten von der UA sowie Erläuterungen des Komponisten. Die Musik verwendet unkonventionelle Tonsysteme und klingt IMO sehr interessant. Leider ist das komplette Werk noch nicht verfügbar.


    Bei Neos erscheint eine CD mit Werken für Streichquartett des polnischen Komponisten Michal Dobrzyński (Jg 1980). Auf der website des Komponisten kann man sich das 2. Streichquartett Orestes anhören, meditativ gestimmte Musik zwischen Avantgarde und Tonalität, zwischen Klängen und Geräusch.


    Der amerikanische Komponist George Frederick McKay (1899-1970) sagte mir bisher nichts, obwohl es bei Naxos einige CDs mit Orchesterwerken von ihm gibt. Er hat vor allem im Nordwesten der USA gewirkt und über 100 Kompositionen für alle nur erdenklichen Formationen geschrieben. Darunter auch mindestens 4 (laut der website seines Estates 5) Streichquartette, von den die Werke 1 - 4 jetzt vom famosen Formosa Quartett eingespielt wurden. Die Werke entstanden laut einem Eintrag bei UC in den 1930ern und 1950ern.

    Das 1. Quartett trägt den Titel American Sketches, besteht aus 3 Sätzen und dauert knapp 20 min. Es ist tonal und verwendet wohl diverse amerikanische Volksweisen. Ziemlich eingängige Musik ist das dementsprechend. McKay schätze das Streichquartett-Genre über alles und dementsprechend sind das hier wohl keine Gelegenheitswerke. Das Formosa Quartett hat vor einem Jahrzehnt den Wigmore Hall Wettbewerb gewonnen und spielt diese Musik mit großem Engagement.


    Die Entwicklung der Symphonik in Grossbritannien von den Anfangen bis 1945 ist Gegenstand einer 2-bändigen über 1000 Seiten umfassenden Abhandlung durch den deutschen Musikwissenschaftler Jürgen Schaarwächter, die seit ihrem Erscheinen in 2015 als das Standardwerk gelobt wird. Die beiden Bände sind für knapp unter € 100 bei den einschlägigen Quellen verfügbar.


    Überraschenderweise kann man den Inhalt aber inzwischen auch von der website des Autors kostenfrei als pdf herunterladen. :thumbup::thumbup::thumbup:


    https://schaarwaechter.info/JUS-British-Symphonism.html

    Unser Werbepartner hat eine weitere hörenswerte romantische Symphonie aus der Taufe gehoben:


    Julius Otto Grimm (1827-1903)

    Symphonie d-moll op. 19 (1852)

    Sinfonieorchester Münster
    Golo Berg


    Grimm wurde im heutigen Estland geboren, studierte in Leipzig und verbrachte einen Großteil seines Lebens in Münster, wo er das Musikleben nachhaltig prägte. Er war über Jahrzehnte mit Johannes Brahms befreundet. Seine einzige Symphonie läßt davon aber nichts erahnen, sie ist ja auch deutlich vor den Orchesterwerken des Freundes entstanden. Das viersätzige, gut 40 min dauernde Werk ist im Stile der Werke von Schumann und Mendelssohn gehalten, auch an Schubert und Raff denkt man gelegentlich. Ein dramatischer Kopfsatz mit einer langen langsamen Einleitung wird gefolgt von einem Trauermarsch. Ein nicht-mendelssohnisches Scherzo und ein munterer Finalsatz folgen. Die melodischen Einfälle sind attraktiv, das Spiel der Münsteraner, die mit dieser Einspielung auf den bevorstehenden 200. Geburtstag hinweisen wollen, gefällt. Im englischsprachigen Unsung composers Forum wird das Werk bereits als eine der bedeutendsten deutschen Symphonien zwischen Schumann 4 (1841) und Brahms 1 (1876) gehandelt (siehe auch #66).


    Die drei Streichquartette des böhmischen Komponisten Viteslav Novak gab es bisher nur verstreut auf verschiedenen CDs und von verschiedenen Ensembles gespielt. Zum 40. Jubiläum legt jetzt das renommierte Stamitz Quartett eine erste GA bei Supraphon vor.


    Außerdem beendet das Quartetto Nous seine bisher eindrucksvolle Gesamtschau der Werke von Dmitri Schostakowitsch.


    Und diverse Stücke für und mit Streichquartett des brasilianischen Komponisten Felipe Lara kommen auf uns zu. Es spielen u.a. das Mivos, JACK und Parker Quartett.

    98 Jahre nach ihrer UA im Leipziger Gewandhaus durch keinen Geringeren als Wilhelm Furtwängler ist die 1. Symphonie von Günter Raphael nun auch endlich eingespielt worden. Das Werk des 23-Jährigen ist alleine von der Dimension her ambitioniert, es dauert ca. 66 min. Die Dimensionen sind nicht nur Mahler-mäßig, auch die Tonsprache ist von dessen Symphonik geprägt allerdings ohne diese zu kopieren. Auch an die Symphonien des UA Dirigenten kann man denken. Diese entstanden allerdings später. Hoffentlich werden weitere Einspielungen folgen, vor allem die 4. Symphonie von Raphael bedarf dieser dringend, da die einzig vorliegende Nachkriegsaufnahme der Berliner Philharmoniker unter Celibidache dem wunderbaren Werk klanglich nicht gerecht wird.

    Die CD ist beim Werbepartner zwar erst für den 9.5. angekündigt, war aber heute bereits im Briefkasten. :)


    Die Konzertsaison 2024/25 neigt sich langsam dem Ende zu, aber vorgestern und gestern gab es innerhalb von weniger als 24 Stunden noch einmal zwei absolute Highlights.

    Vorgestern abend gastierte das Cuarteto Casals (mit neubesetzter Bratsche) mit spanischer und spanisch geprägter Musik im Kammermusiksaal der Laeiszhalle.

    Von Boccherini gab es zur Eröffnung sein Streichquartett op. 32,5 gefolgt von Arriagas 3. Streichquartett. Nach der Pause ging es weiter mit Turinas La oración del torero. Abschliessend dann erweiterte sich das Ensemble mit Gitarristin Ana Vidovic für das Quintett für Gitarre, zwei Violinen, Viola und Violoncello Nr. 4 D-Dur »Fandango« von Meister Boccherini.

    Diese eher sommerlich leichte Kost servierten die Musiker überaus gut gelaunt und mit viel Spielfreude und fanden beim Publikum entsprechend auch viel Anklang.

    Gestern nachmittag um 16:00 wurde dann an selbigem Ort zu den Teatime Classics geladen, eine kürzere Veranstaltung ohne Pause. Auf der Bühne stand das junge dänische NOVO Quartett, das schon letztes Jahr beim Heidelberger Streichquartettfest so begeistern konnte und inzwischen mehrere renommierte Wettbewerbe gewonnen hat. Sie spielten zuerst Grazyna Bacewicz' hörenswertes 3. Streichquartett. Danach gaben sie Beethovens op. 59,3, das ich ja schon vor wenigen Wochen in Perfektion vom Belcea Quartett gehört hatte. Die NOVO Musiker legten im Vergleich noch eine Schippe zu und lieferten die faszinierendste Darbietung des Stückes, die ich bisher gehört habe, der letzte Satz war der reine Wahnsinn. Perfekter Abschluss der Saison.

    https://cuartetocasals.com/de/about

    https://www.novoquartet.com

    Wer hört sowas freiwillig ?

    Berios Sincronie habe ich rein zufällig vor zwei, drei Wochen schon gehört, da mir der Primarius des Fabrik Quartetts netterweise ihre Debut-CD geschickt hat, die mit diesem Stück beginnt. Ich hatte die Musiker im Januar beim Heidelberger Streichquartettfest getroffen. Dort haben sie Bartok 4 und Xenakis Tetras gespielt, auch ein Klassiker der Avantgarde. Außerdem haben sie mit Lukas Fels vom Arditti Quartett vorgeführt, wie man die Notation von Helmut Lachenmann in Klänge umsetzt. Selbiger stand ja im Fokus des Streichquartettfestes, wo alle drei seiner Streichquartettwerke auch aufgeführt wurden (vom Diotima und vom Kuss Quartett). Auch ziemlich herausfordernde Werke.

    Ich höre aber so etwas inzwischen gerne und auch regelmäßig, manchmal einen ganzen Abend lang. Üblicherweise nur, wenn es Musik für Streichquartett ist. Die stellt inzwischen sowieso mindestens 50% meines Musikkonsums dar. Ich gehe auch gerne in entsprechende Konzerte und habe z.B. schon zwei sehr intensive mit den Ardittis (eines über 3 Tage) erlebt. Ich bin - im Gegensatz zu vielen - auch ein großer Fan von "Sandwichkonzerten" (Haydn - Aktuelles Werk - Beethoven). Holger hat auf den Sinn solcher Gegenüberstellungen oben schon hingewiesen.

    Da ich keine Noten lesen kann, rezipiere ich diese Musik rein hörend. Und ich höre sie als Abfolge von reinen Klangereignissen, die ich interessant oder halt weniger interessant finde. Sincronie finde ich recht interessant.

    Der amerikanische Komponist Michael Daugherty (b. 1954) hat es mit amerikanischen Ikonen. Nach Hemingway, Grant Wood und Randolph Hearst, ist jetzt Amelia Earhar(1897-1937) dran, die erste Frau, die im Alleinflug den Atlantik überquert hat und die bei dem Versuch, die Welt zu umrunden, 1937 über dem Pazifik verschollen ist. Ihr ist das neue Violinkonzert "Blue Electra" gewidmet, Electra hiess ihr Flugzeug. Die vier Sätze lauten: 1. Courage 2. Paris 3. From an Airplane 4. Last Flight. Daugherty weiss, wie man effektvolle, hörerfreundliche Musik schreibt und hier schöpfen er und Solistin Anne Akiko Meyers aus dem Vollen. Tolles Werk. Dies ist bereits die 9. CD mit Musik des Komponisten bei Naxos.



    Das Royal String Quartet ist so ein Art polnische Ausgabe des Arditti Quartetts.

    Hier spielen sie zwei Streichquintette (mit Kontrabassist Tomasz Januchta) und zwei Streichquartette des jungen polnischen Komponisten Andrzej Kwiecinski (Jg. 1984), kurze (ca. 10 -13 min), kurzweilige und klanglich recht unterschiedliche avantgardistische Kompositionen. Der Komponist benennt Gerard Grisey, Helmut Lachenmann und Salvatore Sciarrino sowie die Malerei Jackson Pollocks als Einflüsse. Das kann man hörend nachvollziehen. Das Werk Luci nella notte V benötigt sogar vier Quartette und wir üblicherweise mit einen Livequartett und drei vorweg aufgenommenen Quartetten präsentiert (Different trains lässt grüßen). Die CD ist spiel- und aufnahmetechnisch gesehen 1. Sahne.


    https://onpolishmusic.com/cd-notes/othermixed-cds/•-andrzej-kwiecinski-umbrae-bolt-2016/

    Peteris Vasks

    Streichquartett Nr. 6

    Arethusa Quartet


    Das - nach eigener Aussage - letzte Streichquartett des Komponisten - geschrieben für das Artemis Quartett. Hier gespielt vom Arethusa Quartett, die es auch für Challenge Classic einspielen werden. Im letzten Satz zitiert Vasks LvBs Heiligen Dankgesang.


    Der in Bonn lebende deutsche Komponist und Cellist Michael Denhoff wird in wenigen Wochen 70 Jahre alt. Als Cellist eines Streichquartetts (Ludwig-Quartett Bonn) stand ihm das Genre offenkundig nahe, denn er hat es mit insgesamt acht Beiträgen bereichert. Aufnahmen von sieben dieser Werke (# 2 fehlt) hat er mit Kommentaren und Noten versehen bei youtube eingestellt. Ich wollte hier darauf hinweisen, es ist derzeit die einzige Möglichkeit dieses Oeuvre umfassend kennenzulernen.

    Die beteiligten Formationen:

    Kreuzberger (1), Mannheimer (3 + 7), Auryn (4), Verdi (5), Ludwig mit Komponist am Cello (6), Artemis (8). Die Aufnahmen vom 3. und 4. Quartett gibt es auch auf CD, wenn man diese denn findet.


    Robert Simpson hat ja 15 nummerierte Streichquartette hinterlassen, die auch alle eingespielt wurden. IMO einer der profundesten britischen Beiträge zum Genre. Simpson hat sich auch dahingehend geäußert, dass er - dürfte er nur für eine Musikgattung komponieren - das Streichquartett wählen würde.

    Ein 16. Streichquartett blieb unvollendet (und bisher uneingespielt). Dafür ist jetzt ein frühes Quartett in D-dur aufgetaucht, dass der Komponist 1945 als "Exercise" fürs Examen geschrieben hat. Der Prüfer war wohl beeindruckt und meinte dann: Why not call it string quartet?

    Das knapp 20-minütige Werk hat die vier klassischen Sätze und zeigt ein Komponisten, der bereits durchaus Eigenes zu sagen hat, wenn auch möglicherweise noch nicht ganz ausgereift (aber wer bin ich, das zu beurteilen...:versteck1:).

    Erfreulicherweise hat sich das Tippett Quartet des Werkes angenommen, von denen man sich durchaus eine zweite GA der Simpson Quartette vorstellen könnte. Ist aber natürlich leider völlig unrealistisch. :(


    Das britische Doric Quartet hat sich zu 50% neu formiert, Primarius und Gründungsmitglied Alex Redington und Violistin Helene Clement haben das Quartett verlassen. Neu an Bord: Maia Cabeza und Emma Wernig. Damit ist Cellist John Myerscough das letzte verbleibende Originalmitglied. Die Absage Ihres Konzertes in der Elphi im Oktober war dann wohl auch eher nicht "krankheitsbedingt".;)


    https://doricstringquartet.com

    Ich fand beim Livekonzert zudem das wunderbare Piano-Spiel des Ensembles bemerkenswert. Wie sauber, gefühlvoll und ausgewogen hier gespielt wurde ist ein Erlebnis gewesen.

    Hallo Tristan

    warst Du gestern auch im Konzert? Ich habe Dich gar nicht gesehen. Mir hat es auch sehr gefallen, zumal mit dem Programm


    Mozart KV 590

    Hindemith op. 10
    und
    Mendelssohn op 44.2


    Ich kenne das Quartett jetzt schon seit 3 Jahren und war immer begeistert von Ihnen.