Beiträge von Don_Gaiferos

    Ich gehöre ja zu den Neumitgliedern und referiere von daher über mein 1. Taminojahr überhaupt. Bisher habe ich sehr viele positive Eindrücke sammeln können, neben der rein lesenden Tätigkeit, der ich mich ja schon seit längerem hingegeben hatte, erfüllt es mich auch mit Freude, selbst mein Scherflein zum ein oder anderen Thema beitragen zu können, Meinungen auszutauschen, Eindrücke zu vergleichen, humorvolle und ernste Fachsimpeleien einzubringen.
    Dabei finde ich auch die Threads sehr schön, die mit Kunst, Literatur und ähnlichen Themen zu tun haben und das Spektrum durchaus erweitern.
    Was ich nicht mochte, war bei aller Polemik, der ein- oder andere doch etwas sehr hitzige oder persönlich beleidigende Kommentar (nicht gegen meine Person). Ich bin zwar auch weiß Gott kein Freund des sogenannten Regietheaters, bemühe mich aber dennoch, auch da meinen Horizont zu weiten bzw. meine eigenen Positionen zu hinterfragen. Da fand und finde ich z. B. Holger Kalethas Beiträge sehr bedenkens- und lesenswert, auch wenn sie mich natürlich zum Widerspruch herausfordern, aber gerade das hat mir sehr viel gebracht. Die Notwendigkeit, meinen Standpunkt dezidiert in Worte zu fassen, zu artikulieren, immer wieder neu zu formulieren und zu überdenken, habe ich als sehr anregend empfunden, zumal die ganze Debatte, zumindest was mich betrifft, immer sehr fair und freundlich geführt wurde und frei von persönlichen Angriffen war. Diese Art der Wertschätzung scheint mir generell für das Klima im Forum sehr wichtig zu sein.
    Was ich auch bisweilen schade finde, was aber wohl in der Natur der Sache liegt, ist, dass viele Threads ohne Antwort bleiben. Das geht mir bei Manuel de Falla so, aber auch Helmut Hofmann, Alfred, Harald Kral können ein Lied davon singen. Wiewohl ich jedoch denke, dass auch diese entlegenen Threads für die Vielfalt des Forums sehr bedeutungsvoll sind. So gedenke ich auch in Zukunft immer wieder über de Falla zu schreiben, in der Hoffnung, dass es zumindest der ein- oder andere liest. Zumindest weiß ich, dass diese Arbeit ggf. wichtiger ist, als die "Schlachtrösser" zu rezensieren, zu denen es eh schon Dutzende Threads gibt (obwohl mir das natürlich auch sehr viel Spaß macht).
    Es ist jedenfalls ein sehr schöner Auftakt gewesen, ich freue mich auf viele weitere Anregungen und grüße ganz herzlich alle Forenmitglieder.

    Neben vielen Werken, die bereits genannt worden sind, und die ich deswegen nicht noch einmal wiederholen möchte, fehlt mir noch das Werk eines meiner Lieblingskomponisten, Jules Massenet. Aber auch die beiden anderen Werke sind sehr hörenswert und recht selten. Wie es scheint, ist die folgende Aufnahme nur antiquarisch erhältlich, ob es weitere Einspielungen oder Kompilationen gibt, weiß ich nicht:


    Pavarotti beschwerte sich einmal im Spaß bei Domingo, er müsse immer Schleichwerbung für ihn machen, da "placido" im Italienischen ein Allerweltswort ist und häufig in Libretti auftaucht. Woraufhin Domingo wettete, auch den Namen seines Freundes in einer Oper singen zu können. Und so kam es, dass Domingo während einer Tosca - Aufführung allen Ernstes "Eh luciano le stelle" sang - was ein Großteil des Publikums gar nicht bemerkte... :D

    Ich stimme mit Alfreds Einschätzung überein, dass sich dieser Dirigent bei einem anderen Label noch ganz anders hätte präsentieren können. Vor allem bei Bruckner gilt er als eine echte Kapazität. Er schildert, sehr lesenswert, wie er zu Bruckner kam:


    "»KLASSIK HEUTE«: Wie sind Sie eigentlich zu Bruckner gekommen?


    Stanislaw Skrowaczewski: Das ist eine außerordentliche Geschichte. Meine Mutter spielte Klavier, und ich war immer unter dem Klavier, weil es da wie eine Orgel oder ein Orchester klang. Ich hatte das gerne; ich weiß nicht, warum. Als ich vier Jahre alt war, habe ich begonnen, zu komponieren. Als ich acht war, spielte das Orchester in Lwow bereits eine Ouvertüre von mir. Auch das ernsthafte Studieren des Klavierspiels ging sehr schnell und sehr gut; schon nach einem Jahr spielte ich Beethoven-Sonaten, Mozart und Haydn. Die Romantiker, die meine Mutter spielte, fand ich aber als Kind schlecht. Eines Sommers, als ich etwa sieben Jahre alt war, war ich mit einem Freund spazieren, ein bißchen außerhalb von Lwow. Plötzlich kam aus einem geöffneten Parterre-Fenster eine große Musik. Noch niemals hatte ich etwas so Außerordentliches gehört: Nicht romantisch, eher wie Beethoven, aber eine orchestrale Musik mit unerhörten Harmonien! Wir blieben bis zum Ende unter dem Fenster stehen. Ich wußte nicht, was das war. Als ich nach Hause kam, war ich ganz krank, wie in Trance, und hatte hohes Fieber. Der Arzt konnte nichts feststellen. Nach Tagen fand ich heraus: Das war eine Rundfunkübertragung vom ,Adagio’ aus Bruckners siebter Sinfonie. Ich hatte schon Partituren von Mozart, Beethoven und Schubert, die mich als Komponisten für Orchester interessierten. Nach diesem Schock habe ich dann alle Partituren von Bruckner-Sinfonien gekauft, die ich finden konnte. Das war für mich eine Musik, die einfach in mir war. So wollte ich komponieren. Das war meine Musik! Das war der Anfang von meiner Bruckner-Verzauberung. Ich habe für mich alles am Klavier probiert, und in der Kirche, wo ich Gottesdienste spielte, habe ich Bruckners langsame Sätze auf der Orgel gespielt, während der Messe. Das fand man nicht gut. Man warf mir vor, ich spielte zu lang und zu viel..."


    Das ganze Interview findet sich auf http://www.klassik-heute.com/kh/5feuilleton/text_696.shtml

    Ich darf auf Manuel de Fallas letztes Werk "Atlántida" verweisen, wo man gleich zu Beginn meint, das Rollen und Donnern des Meeres zu vernehmen. Ein kleiner Auszug aus dem Libretto zeigt, wie allgegenwärtig das Meer in dieser Komposition ist:


    „Und eine Barke sieht er auf den Wellen
    Durch Klippen gleiten gleich dem weißen Schaum.
    Und Herkules verspricht, bei seiner Rückkehr
    Die Stadt zu gründen mit der Barke Namen,
    Sie groß zu machen wie die hohe Ceder.
    Wer sie erblickt, soll mit Erstaunen rufen:
    Das ist die Riesentochter des Alciden!
    Um ihretwillen fordert er den Dreizack
    Vom Meeresgott, von Jupiter den Blitz.
    Des Helden Bitte ward erhört vom Himmel:
    O schönes Barcelona, dein Gesetz
    Bezwang den Ozean in seiner Macht;
    Aus deinen Felsen zuckte Blitz auf Blitz
    Zu stolzem Siege auf den Kampfplatz nieder.


    Ansonsten gibt es ausführlichere Betrachtungen hier:
    Manuel de Falla Atlantida

    Das tut mir sehr leid. Möge sie in Frieden ruhen. Eine Grande Dame der Operette, die bis ins hohe Alter noch gesungen hat. Der folgende Ausschnitt zeigt sie im Alter von beinahe 90 Jahren, und sie legt einen sehr charismatischen, respektablen und vor allem würdevollen Auftritt hin:



    Sie singt immer noch sehr berührend und geschmackvoll, ohne in irgendeinem Moment auf einen "Mitleidsbonus" setzen zu müssen oder nur nach als Schatten ihrer selbst, als groteske Erscheinung und Zirkusattraktion zu dienen: hier singt eine souverän gestaltende Künstlerin, ohne Playback, aufrecht, mit großer Geste, und zurecht jubelt das Publikum, und die Herzen fliegen ihr zu, so auch meins.


    Ich werde Ihr Andenken in liebevoller, ehrender Wertschätzung bewahren, liebe Martha Eggerth.

    Lieber Schneewittchen,


    bei mir ist da die russische Musik ganz besonders bedeutungsvoll, so der "Gesang der Cherubim" von Tschaikowsky beispielsweise, wie er auf dieser CD zu finden ist:


    Lieber Erich,


    ich glaube gerne, dass dies sehr eindrucksvolle Erlebnisse waren. Gerade als Othello war er offensichtlich recht gefragt. Von daher möchte ich gerne dazu einladen, diesem Ausschnitt aus der Met lauschen, in dem James McCracken zusammen mit Zinka Milanov einen Ausschnitt aus dieser Oper zu Gehör bringt. Trotz der eingeschränkten Tonqualität ist diese live - Aufnahme m. E. ein interessantes Zeugnis.


    Mich hat immer besonders in Boris Godunov die Sterbeszene beeindruckt, diese mächtigen, tiefen Streicher, als der getriebene Zar mit den Worten:


    "O haltet ein! Der Zar bin ich!
    greift sich ans Herz und sinkt in den Lehnsessel zurück
    Ich bin es noch! ...
    Allmächtiger Gott!
    sprechend
    sei gnädig mir!
    zu den Bojaren, auf seinen Sohn weisend
    Hier steht euer ... Zar ... Vergebt mir ...
    flüsternd
    ich sterbe ... "


    sein Leben aushaucht.


    Hier auf youtube mit Nicolai Ghiaurov:



    Ich habe mir diese CD ebenfalls gekauft, derzeit ist sie für knapp unter acht Euro recht günstig erhältlich. Ich kann hier m-mueller nur beipflichten, Valentina Lisitsa legt hier eine ganz fabelhafte Einspielung vor. Sowohl die Rasanz und atemberaubende Virtuosität, die hier nie zum seelenlosen Handwerk gerät, als auch die weiche Sanglichkeit und tiefe, poetische Zartheit begeistern mich sehr.
    Die teilweise disparate Titelzusammenstellung, auf die Holger hinweist, stört mich weniger, schließlich kann ich ja dank des heimischen CD - Players selber Einfluss darauf nehmen, in welcher Reihenfolge ich wann welchen Titel hören möchte. Jedenfalls ist es eine große Freude, diese ganz unterschiedlichen Klanggemälde und Stimmungsbilder, die diese CD aufweist, mitzuerleben.[/align]

    Lieber Wolfgang,


    danke für Deine Antwort. Ich habe in einem Interview folgende Aussage gefunden:


    "(...)At a certain point, a lot of Wagner was being offered to me. I had to say no if I wanted to keep my high notes, and keep singing what I was singing. I have a theory that there's just not enough high notes in Wagner for a real tenor to stay a real tenor. So that's one of the reasons I haven't done much Wagner. I did Tannhäuser, but that was the only one. And it was early. I suppose had it been offered to me somewhat later and under the right auspices, I might've done it. But I was having too much fun doing the Trovatores and the Aïdas and so forth."


    Das ganze Interview findet sich hier:


    link


    Ich übersetze: "Zu einem gewissen Zeitpunkt wurden mir viele Wagnerrollen angeboten. Ich musste ablehnen, wenn ich meine Spitzentöne behalten wollte, und musste weiterhin die Rollen singen, die ich bisher gesungen hatte. Ich habe die Theorie, dass es in Wagnerrollen nicht genug hohe Noten gibt, damit man als echter Tenor auch ein echter Tenor bleibt. Das ist einer der Gründe, warum ich nicht viel Wagner gesungen habe. Ich habe den Tannhäuser gesungen, aber das war die einzige Rolle. Und das war sehr früh. Ich nehme an, hätte man mir die Rolle später angeboten und mit den richtigen Rahmenbedingungen, hätte ich es vielleicht getan. Aber ich hatte eh gerade so viel Spaß mit all den Trovatores und Aidas und so weiter."


    Eine eigenwillige Theorie, die er da vorträgt, aber nun ja. Ansonsten beneide ich Dich, dass Du ihn live erlebt hast, ich kenne ihn leider nur von Tonträgern.

    Eine Frage, die sich mir im Zusammenhang mit audiophil stellt: können auch live-Aufnahmen audiophil sein? Oder würde man aufgrund der damit verbundenen Nebengeräusche etc. nicht davon sprechen, sondern nur bei Aufnahmen, die unter idealen Studiobedingungen hergestellt worden sind?

    James McCracken -
    Das erste Mal, als ich ihn hörte, war mehr durch Zufall - ich hatte eine Audio-Kassette mit italienischen Opernchören geschenkt bekommen, und beim Glockenchor aus I Pagliacci hörte ich diesen einzigen Tenoreinwurf, den es in diesem Stück gab "Ma poi, ricordatevi, a veintitre ore!", und diese einzige Phrase elektrisierte mich, so dass ich die Kassette immer. und immer wieder zurückspulte...
    Was ich hörte, war eine Stimme, die mächtig und überwältigend war, satt in der Tiefe, von strahlendem squillo in der Höhe, mit einem Volumen und einer Durchschlagskraft, einem prachtvollen, farbenreichen Timbre, dass es eine Wonne war.


    Diese Stimme gehörte James McCracken, der von manchen Kritikern als der größte amerikanische Tenor bezeichnet wird - und das, obwohl er nur sehr wenig Wagner gesungen hat, aus Angst, dadurch seine Höhe einzubüßen. Dafür war er umso erfolgreicher in anderen Rollen, v.a. als Othello.


    1926 geboren, gelangte er nach Anfangsjahren am Broadway an die MET, entschloss sich, ab 1957 seine Gesangstechnik in Europa zu verbessern, weitere Stationen waren Bonn und Zürich, in Konstanz studierte er lt. engl. wikipedia bei Elsa Seyfert. Den Rest seiner Karriere trat er v.a. als feste Größe immer wieder in der MET auf, auch wenn es mindestens zweimal zu größeren Streitigkeiten kam (einmal ging es darum, dass er fast nur Nebenrollen singen durfte, ein anderes Mal um eine TV-Produktion, die man ihm zugesagt hatte und bei der er dann doch außen vor blieb), weswegen er dem New Yorker Opernhaus zeitweilig den Rücken kehrte. Auch in Salzburg und Wien sang er öfter.


    An seiner Stimme scheiden sich die Geister. Manche kritisieren seine unorthodoxe Gesangstechnik oder den Klang seiner Stimme, viele waren und sind von ihm beeindruckt, zumal er auch eine beeindruckende Erscheinung auf der Bühne gewesen sein muss.


    Er starb 1988 mit nur 61 Jahren nach mehreren Schlaganfällen.




    Aufgrund vertraglicher Querelen ist die Zahl seiner Plattenaufnahmen leider recht überschaubar.


    Beethoven: Fidelio / Lorin Maazel, Birgit Nilsson, Mccracken, Tom Krause




    Bizet: Carmen / Leonard Bernstein, Marilyn Horne, Adriana Maliponte, Tom Krause



    Meyerbeer: Le Prophete / Henry Lewis, Marilyn Horne, Renata Scotto, Mccracken



    Schoenberg: Gurrelieder / Seiji Ozawa, Jessye Norman, Tatiana Troyanos, Werner Klemperer



    sowie mit dem LSO unter Stokowski



    Verdi: Otello / John Barbirolli, Mccracken, Gwyneth Jones, Dietrich Fischer-Dieskau



    Es gibt ein Album mit irischen und schottischen Liedern, das aber wohl leider nicht mehr erhältlich ist, daher hier leider nur das Coverbild ohne Link:


    , hier ein Beispiel auf youtube:


    James McCracken - Kathleen Mavourneen



    Ein Porträt Album mit verschiedenen Arien



    Wer ihn einmal gehört hat, wird diese eigenwillige, ungemein kraftvolle, üppige, verschwenderisch leuchtende Stimme nicht mehr vergessen. Leider ist James McCracken bereits mit Anfang 60 gestorben. In seinen

    Aufnahmen lebt er weiter. Bravo, Jimmy!

    Im Rahmen meiner Recherche nach kommenden Neuerscheinungen habe ich die links oben abgebildet CD gefunden. Sie erscheint bei jpc voraussichtlich am 14. Jänner 2014 und enthält drei Zyklen von Robert Schumann: Fantasiestücke op 12 - Waldszenen op 82 und Kinderszenen op 15, quasi als Draufgabe noch Arabeske op 18.
    Die Hörschnippsel klingen jedenfalls vielversprechend......
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    Lieber Alfred,


    vielen Dank für diesen Hinweis, bei dem gewohnt niedrigen Preis ist diese CD sicher eine gute Investition. Übrigens, wer sich bei http://www.piano-classics.com/ kostenlos registriert, erhält als Willkommensgeschenk eine sehr schöne CD (als download), auf der Klara Würtz die Schubert - Impromptus spielt. Man kann sie auch kostenpflichtig ganz normal im Fachhandel als CD erwerben.



    Diese Aufnahme ist hier im Original von Erato gezeigt, sie wurde später in verschiedenen Serien wieder neu aufgelegt. Das Klangbild ist hier ungemein transparent, kristallin, konturscharf, hat jedoch auch Tiefe. Jean-Francois Heisser bietet hier einen teilweise rhythmisch recht eigenwilligen, jedoch in jedem Fall hörenswerten Zugriff auf das Werk de Fallas.



    Auch Valentina Lisitsas höchst virtuoser, fulminanter Zugriff ist auf dieser sorgfältigen Naxos-Produktion superb eingefangen worden; der Klang ist detailreich, voluminös, vollmundig. Die Aufnahme wurde 2008 im Beethovensaal in Hannover gemacht. In dieser wie auch der vorherigen Aufnahme ertönt ein Steinway - Flügel.

    hohe Transparenz der Aufnahme, keinerlei Rauschen, voller, präsenter Klang, gute Ortbarkeit: das ist alles doch mehr oder minder mit neuester Aufnahmetechnik verbunden.


    Lieber m-mueller,


    einerseits ja, andererseits nein ;) Ich sehe sicherlich, dass die Klang- und Aufnahmetechnik unstrittig große Fortschritte gemacht hat, da hast du sicherlich Recht - und doch stelle ich immer wieder fest -ich weiß nicht, ob Euch das auch so geht- dass manche Aufnahme aus den 50, 60er, 70er Jahren, trotz minimalen Rauschens, gerade im Bezug auf die anderen genannten Kriterien sehr viel präsenter, detailreicher und griffiger ist als manche moderne Aufnahme, die bisweilen für mein Ohr seltsam körperlos und fahl klingt.

    Lieber Johannes,


    in der Tat war bzw. ist mir nicht so ganz klar, was im Einzelnen mit audiophil gemeint ist oder was nicht, deshalb habe ich mich einfach mal an Alfreds Vorgabe orientiert

    Zitat

    Nein - hier soll es um Aufnahmen mit spektakulärem Klangbild gehen - in welcher Richtung auch immer.

    Da schien mir das Klangbild dieser Aufnahmen durchaus nicht ungeeignet.


    viele Grüße

    Das ist natürlich ein Prinzipienstreit, wie man Theater versteht - als Illusion oder Widerspiegelung einer Realität. Ich finde beides legitim - wozu man sich da entscheidet, ist letztlich eine Frage des Geschmacks und des Standpunkts.

    Lieber Holger,


    Du weist da auf einen sehr interessanten Punkt hin - wobei ich denke, dass sich beides nicht zwangsläufig ausschließen muss. Ich kann innerhalb derselben Inszenierung den Zuschauer in das schönste Arkadien entführen, ihn völlig bezaubern und hypnotisieren, um ihn im nächsten Moment wieder abrupt mit schärfster Ironie auf irgendeinen gesellschaftlichen Misstand zu stoßen - ich denke da an die Werke von Jacques Offenbach, der diesen Spagat immer wieder brillant gemeistert hat, was in den besten Aufführungen seiner Werke (etwa durch Pelly) auch deutlich wird.



    Ich für meinen Teil halte Comics keineswegs für Trivialkunst, dennoch halte ich daran fest, daß sie keine allgemeingültige bzw. -verständliche Bildsprache besitzen: dazu ist sowohl ihre zeichnerische wie inhaltliche Entwicklung M. E. zu zeitgebunden.

    Lieber JLang,


    ich bin da nicht ganz Deiner Meinung, ich denke schon, dass Künstler wie Roy Lichtenstein da schon überzeitliche Ausdrucksmöglichkeiten gefunden haben, die der Bildsprache der Comics entlehnt ist. Ich könnte mir auch eine Comic-Oper vorstellen - allerdings müsste die für mein Empfinden moderneren Urprungs sein, in barocken Opern würde mich dies möglicherweise irritieren.


    Denn wie bereits erwähnt, wenn ich bei alten Opern auch sehr konservativ eingestellt bin, was die Inszenierung angeht, würde ich auch jederzeit moderne Opern anschauen (was ich ja auch tue, nur gibt es da leider viel zu selten die Gelegenheit), die dann auch gerne modern und avantgardistisch in Szene gesetzt werden dürfen.

    Heiligabend auf Tele 5: "Königskinder" mit Isabel Rey und Jonas Kaufmann
    Am 24. Dezember, zwei Tage nach seinem Rollendebüt als Alvaro in Verdis "La Forza del Destino" an der Bayerischen Staatsoper, ist Jonas Kaufmann wieder auf TELE 5 zu sehen: als Königssohn in Humperdincks Märchenoper "Königskinder" mit Isabel Rey als Gänsemagd (Regie: Jens-Daniel Herzog, Musikalische Leitung: Ingo Metzmacher). Die Aufführung der Oper Zürich, aufgezeichnet in HD-Qualität, wird von 23.20 bis 2:40 Uhr ohne Werbeunterbrechungen gezeigt, Jonas Kaufmann führt in das Werk ein.

    Wenn ich mich nicht irre, war auch dieses Gemälde des großen spanischen Malers Goya noch nicht im Thread vertreten:



    Der Wind und die Kälte sind nahezu physisch spürbar. Von diesem Bild wurde auch ein Teppich gewebt, der für Carlos III. gedacht war, der aufgrund dessen Tod jedoch nicht zur Hängung kam. Manche Linien sind wohl mit Kohle verstärkt worden, um den Karton zum Teppichweben herstellen zu können. Interessant auch die unterschiedliche Kleidung, ärmlich in der Mitte, der Mann mit dem Dreispitz (da muss ich natürlich an de Falla denken...) etwas eleganter, er könnte ein Hausverwalter o.ä. sein.

    Ich werde damit aber niemals zum Barockmenschen. Erlebnisse aus der Vergangenheit sind nicht identisch reproduzierbar. Und das historische Verstehen (zu dem auch Einfühlung selbstverständlich gehört) ist von Zusatzbedingungen abhängig wie dem Wirkungs- und Traditionszusammenhang, also einer Kontinuität von Vergangenheit und Gegenwart.

    Lieber Holger,


    absolut d'accord, aber gerade aus denselben Erwägungen heraus, die Du hier zurecht anführst, gelange ich zu etwas anderen Schlussfolgerungen. Dadurch, dass ich mir eben der Tatsache bewusst bin, dass ich nichts zu hundert Prozent wiederholen und reproduzieren kann, empfinde ich den besonderen Reiz, mich in die Vergangenheit zu versetzen, und nicht umgekehrt das Stück in die Gegenwart zu transferieren.
    Ein Beispiel: Ich habe als Kind mit Begeisterung Ritter gespielt - mit Plastikhelm und Plastikschwert, und auch wenn ich kleiner Knirps natürlich schon wusste, dass eine richtige Rüstung aus Eisen oder Metall war - mit meinem Plastikschwert WAR ich Sir Lanzelot, die Illusion, das Empfinden war perfekt, und ein Cowboyhut oder ein Raumfahrerhelm hätten mich empfindlich gestört.
    Auch in der Oper weiß ich, dass ich da einem Ideal oder einer gewissen ästhetisierenden Welt anhänge - und da kommt für mich der Begriff der Atmosphäre ins Spiel (und ein Spiel ist die Oper ja - ein Schauspiel, mit Musik - die auch wieder, richtig, gespielt wird...).
    Damit meine ich, dass auch, wenn die allerletzte historische Wahrheit nicht erreicht werden kann, so sollte man doch versuchen, eine Wahrhaftigkeit herzustellen, einen Geist, eine Atmosphäre eben, die sich an dem festmacht, was die Partitur und das Libretto vorgibt.


    Ich bin mir nicht sicher - aber ist die Quintessenz nicht so, dass wir beide in dieselbe Zeitmaschine steigen - nur drückst Du den Hebel nach vorne, und transportierst die historische Oper in die Gegenwart, ich drücke den Hebel nach hinten, und reise zurück in die Vergangenheit - ? Beides sind wahrscheinlich nur unterschiedliche Wege zum selben Ziel. Du entkleidest die Oper der Vergangenheit zugunsten der Aktualisierung, um sie aus dem Nebel der Historie auftauchen zu lassen, ich schlüpfe in die Kostüme der Vergangenheit, um auf diese Weise in die Oper einzutauchen - wobei ich immer weiß, dass mein Kostüm nur ein Kostüm ist und ich immer Kind meiner Zeit bleibe, genau wie Du weißt, dass auch die modernste Inszenierung ihre Wurzeln in der Tradition hat, und sei es nur, um sich von ihr abzukehren.


    herzliche Grüße


    Sie sollten es nur öfters tun und sich nicht in nutzlosen Grundsatudiskussionen argumentativ verschleißen.

    Lieber Hans,


    da bin ich nicht ganz Deiner Meinung, zwar ist es zweifelsohne richtig, am konkreten Beispiel zu untersuchen, was gefällt oder auch nicht. Allerdings denke ich, dass nicht jede Grundsatzdiskussion in oberflächliches Geplänkel oder gar wutschnaubenden Disput ausarten muss. Ich halte Holgers Ausführungen für sehr interessant und bedenkenswert, obwohl oder gerade weil sie von den meinigen abweichen. Er vertritt fraglos sehr geduldig und kenntnisreich seinen Standpunkt, was mich zum Nachdenken anregt, und mich zwingt, meine eigenen Kriterien, die ich an eine Opernaufführung anlege, zu hinterfragen und adäquat in Worte zu fassen - dies stellt für mich einen großen Gewinn und ein produktives Ergebnis dar.
    Zudem muss ich ja, bevor ich ans praktische Beispiel gehe, mir schon im Klaren sein, welche Maßstäbe ich bei der Beurteilung zugrunde lege, und da erscheint mir auch eine allgemeinere Diskussion, die sich nicht in den speziellen Einzelheiten des konkreten Fallbeispiels erschöpft, durchaus sinnvoll zu sein, um den Blick über den besonderen Einzelfall hinaus zu weiten und die Eindrücke und Wertmaßstäbe zu systematisieren und zu ordnen.

    Klara Würtz - Pianistin aus Ungarn: nur Masse oder auch Klasse?


    Wer kennt nicht die umfangreichen, preisgünstigen Sammelboxen des Labels brilliant classics, die in großer Zahl verkauft werden - neben lizensierten Neuauflagen anderer Plattenfirmen werden die Einspielungen, die fehlen, oft von hauseigenen Kräften aufgenommen.


    Zugpferd im pianistischen Bereich ist dabei die Gattin des brilliant classics Firmengründers, nämlich Klara Würtz.
    Sie wurde in Budapest 1965 geboren und begann im Alter von 5 Jahren mit dem Klavierspiel. Im Alter von 17 Jahren studierte sie bei Zoltán Kocsis, Ferenc Rados und György Kurtág. Ferner erhielt sie ein Stipendium zur Teilnahme an der Master Class von András Schiff in England.


    In den 80er Jahren errang sie mehrere Preise bei internationalen Wettbewerben. Es folgten ausgedehnte Konzertreisen durch Europa und Amerika. Gleichzeitig spielte sie eine Vielzahl von Aufnahmen ein, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Bartok sind nur ein paar Namen der Komponisten, die sie aufgenommen hat. Sie lebt in Amsterdam und hat eine Professur am Konservatorium von Utrecht inne.


    Ich bin sehr angetan von ihrem Klavierspiel, das für mich hochklassig ist, auch wenn sie überwiegend von einem Niedrigpreis-Label vermarktet wird (neben brilliant classics ist hier auch die Neugründung Pieter van Winkels, das Label piano classics zu nennen). So möchte ich zum Beispiel ihre Gesamtaufnahmen der Mozart-Sonaten erwähnen, die mir sehr gefallen. Sie entwickelt einen lebendigen, beredten, organisch fließenden Klang, der auch den verträumten Momenten sensibel nachspürt.



    Diese Aufnahmen sind auch in anderen Zusammenstellungen enthalten, z. B. in der großen brilliant classics Box mit allen Mozartwerken.


    Welche Meinung habt Ihr zu dieser Künstlerin? Welche Aufnahmen kennt Ihr, und wie gefallen sie Euch?


    APUT

    Lieber Helmut,


    gestatte mir einen kurzen Zwischenruf, anknüpfend an den von Dir geäußerten Verdruss angesichts der Zugriffszahlen: Deine Arbeit hier ist sehr profund, kenntnisreich und erhellend. Ich gehöre auch zur Schar derer, die mit Gewinn mitlesen, aber (noch) nicht in der Lage sind, selber einen Beitrag zu leisten - ich hoffe, dies in absehbarer Zeit ändern zu können.
    Ansonsten monologisiere ich auch öfters über Manuel de Falla - allerdings denke ich, dass die Zeilen, die ich geschrieben habe, nicht umsonst sind, sondern zumindest vereinzelt, im Laufe der Zeit, ihre Leserschaft finden.
    Jedenfalls freue ich mich schon auf die nächsten Folgen Deiner Betrachtungen, und ich weiß auch von einigen anderen, denen es ebenso geht - also lass Dich nicht entmutigen und beschreite weiter Deinen Weg!

    das würde ja bedeuten, daß nicht die Oper mir nahegebracht wird, sondern ich mich in die Zeit der Opernentstehung bewege, also gewissermaßen zu einem Barockmenschen werde. So etwas hat die romantische Hermeneutik (Schleiermacher) tatsächlich geglaubt, daß so etwas durch "Einfühlung" möglich sei. Nur stellt sich das dann leider als eine Projektion unserer Erfahrungen in die Vergangenheit heraus.

    Lieber Holger,


    das scheint mir in der Tat zutreffend zu sein. In der Tat gefällt mir auch Deine Formulierung, dass mir nicht etwas nahegebracht wird, sondern ich mich selbst aktiv bewegen muss, um mir etwas anzueignen, ganz außerordentlich gut. Natürlich ist diese Annäherung immer eine subjektive, fehlerbehaftete, keineswegs wissenschaftlich objektive und lückenlose - aber trotz aller "blind spots" steht mir persönlich diese Art der Annäherung immer noch näher als die radikale Abkehr.



    Ja, auch eine "erzkonservative" Inszenierung dient dazu, das Interesse an einem Werk wachzuhalten - und das hat sein Gutes. Die "Wissenschaft" weist nur darauf hin, daß auch diese Inszenierung eine zeitbedingte historische Umdeutung ist und nicht dem historischen "Original" irgendwie näher wäre als eine betont zeitgemäße und moderne. Der Zeitgeschmack von 1870 oder von 1900 ist auch nicht mehr der von 1780.

    Jedwede Inszenierung ist sicherlich nie ganz frei von den Bedingungen der eigenen Umwelt und der Persönlichkeit, und soll es auch nicht sein - der persönliche Stempel, die persönliche Handschrift darf und soll schon spürbar sein. Problematisch wird es für mich erst dort, wo ich Unvereinbarkeiten mit objektiven Gegebenheiten sehe, die dem Kunstwerk immanent sind.
    Wenn ich ein Sonnett schreiben möchte, muss ich mich gewissen formalen Kriterien unterwerfen - sonst ist es vielleicht ein wunderschönes Gedicht, aber kein Sonnett mehr. Ich kann die Form natürlich in gewissem Rahmen schon modifizieren, allerdings muss sie immer noch als Sonnett erkennbar sein.
    Zu entscheiden, wie weit ich dabei gehe, ist natürlich eine Gratwanderung, und eröffnet genau dieses Spannungsfeld, das immer wieder neue Interpretationen ermöglicht. Erfolgt jedoch eine zu große Abkehr von den Gegebenheiten der Oper, wie sie in ihrer musikalischen und textlichen Gestalt konkret vorliegt, entsteht ein m. E. ein neues Kunstwerk - was ja auch seine Berechtigung hat, aber nicht mehr wirklich mit dem Original gleichzusetzen ist.
    Die Mona Lisa von Marcel Duchamp mit dem Schnurrbart ist ein eigenständiges Kunstwerk, mit eigener Aussageabsicht und ästehtischen Bedeutung, und keine Variation oder Interpretation von DaVincis Bild, denke ich, auch wenn es natürlich am Original anknüpft.
    Gleichermaßen frage ich mich dann auch oft, inwiefern die Inszenierung einer Oper, die man vollständig aus dem historischen Kontext (zumindest das, was man davon kennt) herauslöst, noch eine Interpretation des Originals ist, oder schon die Grenze zu einem ganz anderen, eigenständigen Opus überschreitet, das nur noch bedingt mit der eigentlichen Oper, um die es geht, zu tun hat.



    Die Librettisten waren ja nicht zimperlich, was das Ummodeln von Stoffen anging, die sie benutzt haben. Vergessen sollte man auch nicht: Oft war die Stoffwahl, sowie die Wahl von Ort und Zeit der Handlung der Not geschuldet, der Zensur zu entgehen. Man verlegt eine Handlung in eine ferne Vergangenheit oder ein anderes Land, um keine Scherereien mit der örtlichen Polizei zu bekommen. Das sind nicht nur künstlerische Kriterien, sondern ganz pragmatische, die da eine Rolle spielen. Warum also darf ein Regisseur von heute damit nicht ebenso pragmatisch umgehen?

    Gerade die Tatsache, die Du ja richtig ausgeführt hast, dass die Modifikationen oft der Zensur geschuldet waren, macht ja deutlich, dass diese Änderungen eigentlich der ursprünglichen Intention zuwiderliefen, von daher stellt sich die Frage, sollte man nicht versuchen, die Urgestalt des Librettos wieder herzustellen - soweit bekannt, diese Prämisse muss natürlich erfüllt sein, und da ist natürlich auch die Forschung nicht immer in der Lage, alles zu beantworten. Jedoch denke ich, dass es problematisch ist, zwangsweise Änderungen, die vorgenommen wurden, um das Stück überhaupt spielen zu können, als Freibrief dafür genommen werden, die Anweisungen im Text zu ändern oder ganz zu ignorieren.



    herzliche Grüße


    Bis vor 200 Jahren fror die Themse regelmäßig zu; erst durch moderne Brückenbauten und Veränderung des Flusslaufes vergrößerte sich die Fließgeschwindigkeit des Wassers, so dass die Themse nicht mehr zufror und diese Jahrmärkte und Volksfeste auf dem Eis nicht mehr durchgeführt werden konnten. Jedoch bleiben die wunderschönen, lebendigen und fröhlichen Gemälde des winterlichen London, wie dieses von Rita Greer aus dem Jahre 2009, das den besonders strengen Winter 1683/ 1684 zeigt; das Bild darf weitergegeben und gezeigt werden, es ist lizenzfrei.



    siehe hier

    Ich spiele mit dem Gdanken, ihn beispielsweise in "Konzerte des Barock - Verborgene Schätze ans Licht geholt" umzubenennen.


    Lieber Alfred,


    das wäre meine Meinung nach eine gute Idee, der von Dir angedachte Titel scheint mir wesentlich klarer und prägnanter zu sein. Ich möchte hier auch auf einen Komponisten verweisen, der mir bis vor kurzen wenig bekannt war - seine tatsächliche musikhistorische Bedeutung und Einschätzung mögen kundigere Experten der Barockmusik vornehmen. Es geht um Johann Christian Schieferdecker, Schüler, Assistent und Nachfolger von Dietrich Buxtehude in Lübeck.
    Jedenfalls erscheinen mir diese Werke äußerst lebendig, vielgestaltig und hörenswert zu sein: