Beiträge von Don_Gaiferos

    Für mich besteht das aktuelle Problem darin: Bayreuth will offensichtlich durch immer ausgefallenere Experimente und Provokationen Publicity um jeden Preis. Solche Aktionen bringen zwar hohe Aufmerksamkeit, sie können aber niemals das Bemühen ersetzen, in Bayreuth die maßstabsetzenden Aufführungen von Wagners Werken zu realisieren. Hier scheint Bayreuth die führende Position verloren zu haben und auch gar nicht mehr ersnthaft anzustreben. Gestützt werden die Festspiele von der nach wie vor starken Kartennachfrage, gespeist aus dem weltweiten Wunsch, einmal in Bayreuth gewesen zu sein. Eine sehr gefährliche Politik, die ganz schnell bröckeln kann, wenn nur noch Fassade ohne künstlerisch wertvollen Inhalt geboten wird.

    Lieber Operus,


    diese Einschätzung teile ich voll und ganz. Scheinbar hat man in dem Bemühen, sich radikal von der (teilweise nicht unbelasteten Vergangenheit) abzukehren, das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
    Bisher sind die Festspiele ein Selbstläufer, so dass man eigentlich als Verantwortlicher "nichts falsch" machen kann, und es wird wohl auch dauerhaft genug Leute geben, die aus Prestigegründen dorthin fahren, neben den Musikfreunden, und allein das Schaulaufen der High-Society wird wohl die Kartenbestellungen nicht abebben lassen, nichtsdestoweniger ist es höchst bedauerlich, dass man Inszenierungen im Geiste des Originals wohl zunehmend nur noch im Ausland findet.
    Eine schmerzliche Entwicklung, deren Ende für mich nicht abzusehen ist.
    Wie Daniel Kehlmann zureffend formuliert hat:
    „Eher ist es möglich, unwidersprochen den reinsten Wahnwitz zu behaupten, als leise und schüchtern auszusprechen, dass die historisch akkurate Inszenierung eines Theaterstücks einfach nur eine ästhetische Entscheidung ist.“

    So viel Lesenswertes und Interessantes ist bereits geschrieben worden an dieser Stelle, jedoch komme ich nicht umhin, mich ebenfalls zu diesem Sänger zu äußern, zu tief sitzt in mir die Verehrung für diesen Ausnahmesänger. Es gibt manchmal Stimmen, die nach ihrem Verstummen eine derartige Lücke hinterlassen, dass sie durch nichts und niemanden zu ersetzen sind, trotz der Meriten aller Nachfolger, und dazu gehört für mich ganz zweifellos Gottlob Frick.
    Ihn als Kaspar im Freischütz zu erleben, als Komtur in Don Giovanni, in seinen großen Wagner-Partien oder der deutschen Oper generell, sind Sternstunden des Gesanges für mich.
    Er hatte eine Stimme, die aus der Tiefe der Erde zu quellen schien, machtvoll, prägnant, unverwechselbar.
    Vor diesem Hintergrund bin ich dankbar über jede neue Aufnahme mit ihm und nehme auch mit höchstem Interesse sein Schaffen im Bereich des Liedes zur Kenntnis.
    Gibt es eigentlich noch viele unbekannte Aufnahmen, die in Rundfunk - Archiven schlummern? Bei Fritz Wunderlich z.B. ist dies ja, nach all den Jahren, scheinbar immer noch der Fall, dass es da die ein- oder andere Entdeckung zu machen gäbe.

    Ich hege auch eine tiefe Verehrung für Boris Christoff, neben Schaljapin und Ghiaurov für mich DER Boris Godunov. Seinen Boris kann man Dank brilliant classics mittlerweile auch sehr preisgünstig kennenlernen:



    Neben seinem Opernschaffen möchte ich auch noch auf diese CD hinweisen, die ihn im russisch-orthodoxen, geistlichen Repertoire dokumentiert:




    Nicht nur zu Weihnachten eine ganz fulminante, bewegende CD, die Gänsehaut verursacht. Diese Version der CD ist wohl nur noch antiquarisch zu bekommen, allerdings ist sie, glaube ich, auch auf mehreren Samplern enthalten.
    Jedoch treten hier die bereits genannten Qualitäten, das typisch slawische, wuchtige, urwüchsige Timbre, gepaart mit der belcantistischen Erfahrung und der stupenden Sensibilität, deutlich zu Tage.

    Auch ich wünsche Frau Mutter alles Gute. Ich habe ihre Aufnahmen immer sehr gerne gehört und schätze auch ihr Engagement für neue Musik. Zudem erscheint es mir eine herausragende Leistung, trotz all des "Wunderkind-Zirkus" so eine lange und bruchlose Karriere aufgebaut zu haben. Chapeau! Ich freue mich auf hoffentlich noch viele Aufnahmen und Konzerte mit ihr. So wie z. B. diese:

    Lieber enkidu2,


    da hast Du einen wahren Schatz geborgen, Ataúlfo Argenta ist für spanische Musik die Referenz schlechthin, besonders für de Falla, aber auch z.B. im Falle seiner zarzuela - Aufnahmen hat er großartige Einspielungen geschaffen, farbenreich, temperamentvoll, mit überbordendem 'duende'. Ich wünsche Dir viel Spaß beim Hören!

    Ja, meine Neffen fragten auch mal, was denn diese "schwarzen CDs" wären - bis mein Bruder erst mal darauf kam, dass Schallplatten gemeint waren.
    Ich nutze mit Freude und vorbehaltlos alle Medien, aber gerade Schallplatten, das hat schon etwas Besonderes, diesem Produkt haftet so sehr seine Entstehungszeit an - meine Kindheit und Jugend - das kann mir kein anderes Medium bieten.
    Aber ich gebe Dir auch Recht: je "immaterieller" ein Medium, desto mehr erfüllt es mich mit Unbehagen, und ein Datenstrom auf einer Festplatte - ich sehe nichts, ich kann nichts angreifen - ist für mich emotional sehr abstrakt - auch wenn ich den Klang genießen kann.

    Ich gehöre absolut zu den Schallplattenfreunden!
    Natürlich habe ich auch irgendwann die Vorteile der neuen CD - Technik und schätze sie bis heute.
    Ich möchte auch nicht behaupten, die LP klänge besser als die CD - jedoch: seit ich mir wieder einen Schallplattenspieler gekauft habe (anfangs mit dem Ziel, Schallplatten zu digitalisieren, was ich allerdings kaum noch tue - ich genieße es einfach, die Schallplatten als solche zu hören), und diesen an den Verstärker mit vernünftigen Boxen angeschlossen habe, feiert die LP bei mir fröhliche Urständ. Dabei bin ich aufs Höchste erstaunt, welche tolle Klangqualität man damit erzielt - und ich habe stößeweise LPs vom Flohmarkt gekauft, die 50 Jahre und älter sind - und weder Knacken noch Knistern aufweisen!
    Und selbst wenn eine knackende und knisternde Aufnahme mal dabei ist - solange sich das im Rahmen hält, kann ich damit leben.
    Allerdings macht es mir eine unglaubliche Freude, eine schöne, große, schwarze, glänzende Schallplatte aufzulegen (und nicht nur in eine Schublade zu schieben, von der sie verschluckt wird), sie sorgfältig zu reinigen, sacht den Tonarm aufzusetzen, und zu sehen, wie sie wirklich abgespielt wird und diesen wundervollen, nostalgischen Klang zu hören, das Cover in Händen zu halten und zu betrachten.
    Früher legte mein Vater immer eine LP zum Bügeln auf (das tut er heute noch, nur bin ich dann meistens nicht da, wenn er bügelt), und ich kam dann dazu und setzte mich schweigend aufs Sofa, er bügelte, ich saß nur da, und wir hörten Schallplatten.
    Aus diesem Grund bin ich ganz vernarrt in Vinylschallplatten (vorzugsweise mit Rudolf Schock) und Hoffmanns Bügelspray.
    Nicht, dass ich CD, DVD, blu ray etc. missen will, und ich bewundere die technische Entwicklung und ergötze mich sehr daran - nichtsdestotrotz möchte ich auf keinen Fall diese wunderbaren, altmodischen, eigenwilligen Schallplatten vermissen - sind sie mir doch Heimat und Geborgenheit.

    Dem Video zufolge muss man für Bayreuth das Schlimmste befürchten. Diese lausige, armselige Performance, die das Video zeigt, stellt den Tiefpunkt eines erbärmlichen Spektakels dar. Dass solche degoutanten, grenzdebilen Darbietungen dann wieder zur Kunst erhoben werden, indem man sie wortreich erklärt, und allerlei Dinge da hineingeheimnist, ist nur mit Kopfschütteln zu quittieren.
    Da kann man sich, einmal mehr, nur mit Grausen abwenden, allenfalls die Radioübertragung anhören, ob es denn zumindest musikalisch lohnend ist, und auf ältere DVD zurückgreifen.
    Jonathan Meese ist zumindest in dieser Form, in der er sich präsentiert, für mich nicht ernstzunehmen.
    Man kann nur hoffen, dass der Aufstand derer, die sich empören, und die Abstimmung mit den Füßen, weitergeht.

    Lieber Operus,


    Deine Frage ist nur allzu berechtigt. Ich glaube schon, dass es nach wie vor junge, fähige Komponisten gibt, die auch heute noch mitunter brillante Opern schreiben, allerdings ist es heutzutage sicherlich auch schwerer, sich mit diesen Werken durchsetzen zu können:


    -die meisten Opernhäuser gehen auf "Nummer sicher", und setzen lieber die bekannten Größen wie Wagner, Verdi, Puccini aufs Programm, weil dadurch ein mehr oder minder volles Haus garantiert ist.
    -selbiges trifft auch auf das TV zu, da möchte man, mit Blick auf die Quote, lieber die arrivierten Stars in bekannten Werken präsentieren als Neuland betreten.
    -generell hat die Oper heute nicht mehr den Stellenwert wie im 19. Jh, denke ich (man korrigiere mich, wenn ich falsch liege), da es damals noch keine Speichermedien für Musik gab, keine Konkurrenz durch andere, populärere Musikrichtungen, Multimedia - Angebote etc.


    ich denke, diese Aspekte spielen zumindest teilweise eine Rolle.

    Ich fürchte leider auch, dass Bayreuth seinen Nimbus allmählich verliert, und dass man anderenorts einen besseren, überzeugenderen Wagner in musikalischer und inszenatorischer Hinsicht erleben kann. Jedenfalls finde ich es bezeichnend, dass ich bei meiner Suche nach einer halbwegs befriedigenden, weil noch nicht totmodernisierten Ring - DVD - Aufnahme bis Amerika gehen musste - die von Otto Schenk inszenierte Aufzeichnung aus der Metropolitan - Opera (erschienen 2002) war die einzige, die sich nicht irgendwelchen grotesken Verzerrungen pseudomoderner Art ausgesetzt sah.


    Quo vadis, Bayreuth? Gibt es nur noch im Ausland Aufführungen, die Komponist und Librettist respektieren?

    Nachdem ich mit größtem Interesse die unverzichtbaren Aufnahmen der anderen Taminos studiert habe, möchte ich auch gerne die ein- oder andere Aufnahme erwähnen, die mir persönlich unverzichtbar erscheint.
    Beginnen möchte ich mit Manuel de Falla, wie könnte es auch anders sein. In den entsprechenden Threads habe ich ja auch schon verschiedentlich Aufnahmen empfohlen.
    Eine wichtige Bereicherung der Diskographie ist diese Einspielung:


    Victoria de los Angeles singt betörend, ihre schärfste Konkurrentin ist dabei sie selber (es gibt noch eine ältere Mono - Aufnahme mit ihr) und vielleicht noch Teresa Berganza.
    Vokal wird sie unter anderem von Carlos Cossuta und Inès Rivadeneyra äußerst kompetent unterstützt. Es dirigiert einer der besten Sachwalter der spanischen Musik unter den spanischsprachigen Dirigenten, Rafael Frühbeck de Burgos (nur noch übertroffen durch Ataúlfo Argenta).
    Eine Aufnahme voller "duende", voller Verve und Temperament, klangschön, spannungsreich und atmosphärisch bezaubernd. Ein Meilenstein, unentbehrlich für jeden Freund spanischer Musik.

    Heinz Rehfuss hat auch in dieser ebenso seltenen wie wichtigen Aufnahme von de Fallas "Atlantida" mitgewirkt. Auch wenn die Klangqualität zu wünschen übrig lässt, ist die Aufnahme künstlerisch überaus bedeutsam, wirken neben dem Sänger auch Montserrat Caballé und Ernest Ansermet sowie das Orchestre de la Suisse Romande mit.


    man kann sich immer wieder nur fragen, wie es möglich ist, dass man durch billigste, primitivste Provokationen so weit kommen kann, eine solche Position zu erreichen. Mit Kompetenz und Können kann das doch unmöglich zu tun haben.
    Was ist also der ausschlaggebende Faktor? Eine immer boulevardeske Gesellschaft, die den effektheischenden, marktschreierischen Provokateuren den roten Teppich ausrollt? "Vitamin B", also die richtigen Beziehungen, die richtigen Leute kennen, die einen in eine solche Position hieven? Das richtige Parteibuch? Wie erklären sich die Karrieren solcher Leute?

    Das ist sicher eine pfiffige Idee von amazon, nur stelle ich bei fast allen CDs, die mich interessieren, fest, dass es sie für einen Bruchteil des Preises neu oder gebraucht auf dem marketplace gibt. Gut für mich, aber damit macht sich amazon quasi selbst Konkurrenz (auch wenn amazon daran verdient, dass die Anbieter ihre Produkte auf dem marketplace anbieten können.)

    Leider konnte ich Hans Hopf nicht live erleben, jedoch schätze ich ihn auch ganz außerordentlich, Kraft und Schönheit seiner Stimme sind enorm, ich halte ihn für einen superben Sänger, v.a. in den bereits zitierten Wagner-Rollen.
    Aber auch im italienischen Fach leistete er Großes, finde ich, und es gab und gibt immer wieder mal wuchtig timbrierte Tenöre, die im italienischen Fach reüssiert haben, ich denke an Giuseppe Giacomini oder James McCracken (der z. B. trotz seiner dafür geeigneten scheinenden Stimme kaum Wagner sang) u.v.m.
    So findet sich auf youtube eine wunderschöne Szenenfolge aus Tosca:



    Ich empfehle alles von Chesterton, der so viel mehr als "nur" die Father Brown - Geschichten" geschrieben hat. Kaum ein Denker war so profund und witzig zugleich. Ein Meister des Paradox und des Wortspiels.
    Ich empfehle diesen Prachtband der Anderen Bibliothek, ein Fest der Buchkunst, sowohl was die Austattung als auch den Inhalt angeht:



    Aus der Verlagswerbung:



    "Cape und zerdrückter Hut, Stockdegen und Zigarre. Er war ein Mann mit Stil. Und natürlich exzentrisch. Anderes ist von seinen Geschichten nicht zu erwarten – darunter seine erst posthum veröffentlichten Kriminalnovellen, dem deutschen Leser bisher unbekannt. In den letzten Monaten seines Lebens veröffentlichte Gilbert Keith Chesterton monatlich eine Kriminalnovelle im »Storyteller« – ihr Held ist ein seltsamer Regierungsbeamter namens Mr. Pond. Die Sammlung dieser acht scharfsinnigen und von Geistesblitzen erhellten Geschichten – Die Paradoxe des Mr. Pond erschien erst ein Jahr nach Chestertons Tod. Es ist Chestertons letzter literarischer Coup und wir wissen: nur in schlechten Detektivgeschichten ist die Lösung materieller Natur. Ein Jahrzehnt zuvor erschien eine andere Sammlung von Kurzgeschichten, die Geschichten vom überspannten Bogen. Die Helden dieser Erzählungen geraten in bizarre Abenteuer, denn jede der Geschichten, geschrieben mit diebischer Freude am Paradoxen, Märchenhaften und Surrealen, handelt vom Umsetzen eines englischen Sprichworts in die Wirklichkeit – und Unmögliches wird möglich. Nun also sind diese »unmöglichen« Geschichten endlich nach bald 90 Jahren ins Deutsche übertragen worden dank Boris Greff und Matthias Marx: Studienrat für Englisch der eine (Jahrgang 1973) und katholischer Priester (Jahrgang 1954) der andere, sind beide seit Jahren mit der Chesterton-Übersetzung befasst, zuletzt erschien von ihnen Die Unschuld des Kriminellen (2010). Für unseren neuen Band haben beide auch ein essayistisches Nachwort beigegeben."

    Lieber Operus, Lieber Gerhard,


    sehr gerne geschehen. Ich denke v.a., dass solche Texte wie die von Lorin Maazel wahrhaft der Übersetzung wert sind und größtmögliche Verbreitung finden sollten, von daher mache ich mir die Mühe sehr gerne.
    Gerade diese Diskussion, wie sie in diesem Forum immer wieder geführt wird, und sie durch die Aussagen bedeutender Künstler wie Maestro Maazel und anderen auch immer wieder befeuert wird, scheint mir ein wichtiger und bedeutsamer Mosaikstein zu sein, um wichtige Meinungen zu artikulieren und damit vielleicht wirklich langfristig eine Änderung zu erreichen.
    Auch wenn dies nur ein kleiner Schritt auf einem langen Weg ist - zumindest wäre es aus meiner Sicht langfristig erstrebenswert, dass der von Maestro Maazel und anderen postulierte Respekt vor Komponisten UND Librettisten wieder stärkeres Gewicht erhält und Opern langfristig wieder von dem Diktat befreit werden, zwanghaft "modernisiert" werden zu müssen.
    Im gleichen Atemzug mache ich mich auch gerne dafür stark, dass junge, moderne, heutige Komponisten viel stärker gefördert werden und gerne all ihre Opern im Hier, Jetzt und Heute ansiedeln -und es werden auch heute noch hervorragende Opern geschrieben- aber lasst kostbare, wertvolle, alte, zeitlos schöne Dinge bitte auch kostbar, wertvoll, alt und zeitlos schön sein...



    mit besten Grüßen


    :hello:

    Lieber Musikwanderer, lieber Harald,


    danke für die wunderschöne Widmung bzw. Erinnerung an dieses Meisterwerk, dem auch mein Tamino - Name geschuldet ist.


    Es gibt auch eine sehr gelungene TV - Adaptation, die leider meines Wissens nicht als DVD erhältlich ist, aber zumindest auf youtube anzusehen ist:



    Die Rolle des Trujamán war übrigens der 1. öffentliche Auftritt des blutjungen José Carreras...der auch später de Fallas Werk verbunden blieb und la Vida breve ebenso aufnahm wie die 7 canciones (mit Orchesterbgleitung).


    Jedenfalls ist diese wunderschöne Geschichte, die auf archaische, mittelalterliche Gegebenheiten Bezug nimmt, erstaunlich modern, was die Gratwanderung zwischen Realität und Einbildung, Phantasie und Wahn, Fiktion und Wirklichkeit sowie unsere Wahrnehmung der Welt ganz allgemein angeht.
    Ein wunderschönes Werk, das immer wieder neu in den Bann schlägt.

    Um wieder auf Lorin Maazel und seine Äußerung zurück zukommen - der Maestro war wohl ziemlich überrascht über das Medienecho.
    Hier seine Stellungnahme im Wortlaut:



    LG



    Ich erlaube mir, zu übersetzen:


    “Die Konsequenzen – Operninszenierungs-Wahnsinn


    Man berichtet mir, dass eine halbe Million Menschen meine Kommentare mit dem Titel “Operinszenierungs-Wahnsinn” gelesen haben.


    Viele Menschen sind dankbar dafür, dass ihrer Frustration und Unzufriedenheit eine Stimme verliehen worden ist. Am bezeichnendsten sind die bei mir eingegangenen Kommentare der Sänger, die die Hauptlast der Regisseur-Exzesse zu tragen haben.


    Sänger widmen ihr ganzes Leben einer Kunstform, deren nacktes Überleben zu einem Großteil von dieser Hingabe abhängt. Viel zu oft werden sie von Regisseuren “geführt”, die unempfänglich für ein wichtiges Element dieses Gesamtkunstwerks namens “Oper” sind, nämlich für die Musik, die unwissend sind, was die historischen Rahmenbedingungen der Handlung angeht, und die das Genie sowohl des Komponisten als auch des Librettisten nicht respektieren. Wenn man im Nachhinein da Ponte oder Verdi anzweifeln möchte, führt dies unweigerlich zu einem nutzlosen Herumwursteln.


    Generalintendanten müssen danach streben, die Kunstform, die sie zu bewahren haben, zu stärken, indem sie jene Leute engagieren, die an sie glauben. Jede Kunstform muss, um überleben zu können, durch innovative, wirklich erfindungsreiche Ansätze aufgefrischt werden. Dafür ist es jedoch nicht notwendig, sie in den Schmutz zu ziehen.


    Allzu viele Leser fühlen sich durch unfähige und unangemessene Inszenierungen ihrer Rechte beraubt. Sie nehmen mit Freude zur Kenntnis, dass das Publikum in der Tat das letzte Wort hat. Die gebeutelten Mitwirkenden würden es überaus begrüßen, wenn sie als Sänger mit ihrer wahren Meinung Gehör fänden.


    Aus diesem Grund...seien Sie nicht zögerlich.


    Wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihnen nicht hilft, Desdemonas subtile geistige Prozesse besser zu verstehen, indem Sie ihr beim Urinieren zusehen, äußern Sie sich auf youtube dazu, verlassen Sie (leise) die Vorstellung, erzählen Sie es Ihren Freunden.
    Wenn Sie zu dem Schluss kommen, dass es Ihnen keinen tieferen Einblick in Don Josés Gedankenwelt verschafft, wenn Sie ihm dabei zusehen, wie er ein Videospiel spielt, während er Carmen mit dem Schweißbrenner bearbeitet, äußern Sie sich auf youtube dazu, verlassen Sie (leise) die Vorstellung, erzählen Sie es Ihren Freunden.


    Viel Glück.


    Die Oper braucht Ihre Hilfe...und zwar bald!


    -Lorin Maazel”

    wiewohl, lieber m.joho, perfekte Technik auch nicht alles ist, bin ich doch ein großer Fan von Sängern wie z. B. Rudolf Schock oder Peter Hofmann, um nur zwei zu nennen, deren stimmliche Mängel und vokale Technik durchaus anfechtbar waren und sind, jedoch wiegt dies die Persönlichkeit, der Ausdruck, das Charisma, die Expressivität wieder auf. Von der unvergleichlichen Callas will ich gar nicht erst reden...
    Allerdings bin ich z. B. auch kein allzu großer Villazon - Fan, da sehe ich ebenfalls vokale Mängel, ohne dass dies für mich durch oben genannte Qualitäten genügend kompensiert wird. Und gerade in einem solch aufreibenden Betrieb wie der Oper ist eine sichere Technik heutzutage unabdingbar. Rolando Villazón ist nur einer von vielen, die Stimmkrisen bewältigen müssen, Operationen in Kauf nehmen müssen etc. Ich wünsche ihm daher auch ehrlichen Herzens, dass er bald wieder vollkommen im Besitz seiner Möglichkeiten ist, genauso wie ich Jonas Kaufmann sehr wünsche, dass er sich mit dem Wagner nicht auf Dauer überstrapaziert, da ich ihn nicht von Hause aus für einen dramatischen Tenor halte, aber ich denke, er ist intelligent genug, um seine Reserven bedachtsam einzuschätzen.
    Aber gerade die Beurteilung von Stimmen ist extrem subjektiv, und von daher kann ich auch jeden Kaufmann und Villazón - Fan verstehen, obwohl ich persönlich beide nicht unbedingt ganz oben an meinem Sänger - Olymp ansiedeln würde...

    Jedenfalls darf man sehr gespannt sein. Ich finde den Sänger auch hochsympathisch, habe ihn auch schon live und oft auf Tonträger gehört und mag seine Stimme im Prinzip schon, muss jedoch auch zugeben, dass ich einige Kritikpunkte, die hier genannt worden sind, teile, v.a. das bereits erwähnte sogenannte "gaumige" Singen. Es wurde bereits mehrfach die Frage aufgeworfen, wie sich diese Technik von der Stimmphysiologie und Technik erklären lässt.
    Dabei kommen verschiedenen Elemente zum Tragen. Beim Gesangsunterricht stellt man sich, je nach Schule und Singtechnik, unterschiedliche Dinge vor. Ein Bild, mit dem bisweilen gearbeitet wird, ist, wo man den Tonstrom, also die Luft, die von den Stimmbändern kommt, hinlenkt, um Resonanz zu erzeugen. Man kann also z. B. solche Redensarten finden wie "in die Maske singen", d.h., man versucht den vorderen Bereich des Kiefers, der Nasen- und Stirnhöhlen besonders zur Klangverstärkung und Resonanz zu nutzen (ohne jedoch zu nasal zu werden). Die Zähne zum Beispiel verstärken dabei das "Metall" der Stimme.
    Waltraud Meier hat einmal in einem Interview beschrieben, dass sie sich immer vorstellt, den Klang an einen Punkt zu lenken, der etwa zwischen ihren Augen liegt, und dass er sich von dort aus in den Raum fortpflanzt und mühelos den Saal füllt.
    Umgekehrt sollte man aber idealerweise nicht nur "vorne" singen, da man größtmögliche Resonanz erzeugen will, deshalb singt man mit einer sogenannten "Gähnstellung", bei der v.a. der hintere Rachenraum stark geweitet wird. Je größer der Hohlraum, desto größer die Resonanz (bis hinab in den Brustraum - und noch tiefer: bisweilen wird sogar mit der Vorstellung gearbeitet, selbst die Beckenbodenmuskeln zu kontrahieren, oder mit der Idee, dass der Ton bis durch die Fußsohlen in den Boden dringen soll). Wenn man dabei allerdings nicht aufpasst, und der Ton zu weit "hinten" sitzt, entsteht dieser dunkle Klang mit starker Resonanz am Gaumensegel/ hinteren Rachenraum.
    Auch das sogenannte "Decken", bei der man die Zunge eher nach hinten im Rachenraum positioniert, dient dazu, den Klang abzudunkeln; will man mehr "vorne" singen, lässt man sie hinter den unteren Schneidezähnen liegen.
    Die Kunst besteht also darin, den Klang "in die Mitte" zu lenken, so dass er nach "vorne" und "hinten" ausstrahlen kann und eine Balance entsteht.
    Mann kann sich das Vorstellen wie bei einer Trompete: vorne am Mundstück wird die Luft stark fokussiert, hinten, am Trichter wird der Klang weit in alle Richtungen gestreut.
    Wie gesagt, das alles ist sehr schwer zu beschreiben, ich hoffe, meine Ausführungen sind einigermaßen verständlich. Man muss es sehen, man muss es ausprobieren und spüren. Und es ist schwer umzusetzten, es dauert Jahre.
    Jede Gesangsschule arbeitet mit anderen Bildern und Vorstellungen, und was dem einen richtig erscheint, ist für den anderen grundfalsch.
    Ich hoffe jedoch, dass ich zumindest ganz grob eine Vorstellung davon geben konnte, welche technischen Faktoren bei diesem "gaumigen" Singen mitunter zum Tragen kommen können.

    Angeregt durch Alfreds Thread höre ich wieder mal Mozart Klavierkonzerte, wenn auch nicht in einer sehr neuen Einspielung, sondern mit Derek Han und dem Philharmonia Orchestra unter Paul Freeman, enthalten in dieser Box:



    Allerdings hat mich auch die empfohlenen Einspielung mit Markus Schirmer und A far Cry neugierig gemacht - dem werde ich nachgehen...

    Liebe Taminos,


    wenn man sich obige Empfehlungen anschaut, könnte man den Eindruck bekommen, alle nennenswerten Referenzen zum Thema Manuel de Falla seien schon vor einem halben Jahrhundert oder länger entstanden, kaum noch erhältlich oder nur in verrauschter Klangqualität zu hören.
    Sollte das etwa bedeuten, dass heutzutage keine bedeutenden Einspielungen mehr von diesem herausragenden Komponisten gemacht werden?
    Glücklicherweise lautet die Antwort nein!
    Eine ganz phantastische Aufnahme, die sowohl im Hinblick auf die Interpretation als auch bezüglich der Ton- und Bildqualität keine Wünsche offen lässt, ist diese DVD bzw. bluray:



    Es werden zwei Unterschiedliche Filmaufnahmen präsentiert, die beide exzellent sind:
    1. Eine Aufnahme der Noches en los jardines de España aus Berlin mit den Philharmonikern unter Simon Rattle, Klavier Joaquín Achúcarro vom 7. September 2010


    2. Ein Live - Mitschnitt aus Madrid, derselbe Pianist spielt Klavierwerke von Falla, Albeniz, Debussy und anderen Zeitgenossen, einen Monat später aufgenommen:


    Konzert aus dem Teatro Real, Madrid, 7. Oktober 2010


    „Falla and Friends“


    Isaac Albeniz: Navarra
    Claude Debussy: La Puerta del Vino, La soirée dans Grenade
    Enrique Granados: Quejas ó La maja y el ruisenor
    Maurice Ravel: Gespard de la nuit, Valses nobles et sentimentales
    Manuel De Falla: Hommage „Pour le tombeau de Claude Debussy“, Fantasia baetica
    Alexander Scriabin: Nocturne



    Die Noches werden mit ungeheurer Finesse und Raffinesse gespielt, die feinsinnigen, sensiblen Nuancen, die elegante Phrasierung, die trotz allen Impressionismus notwendigen, schroffen und wuchtigen Akzente, alles das realisieren der Grandseigneur Joaquín Achúcarro und Simon Rattle mit seinem Klangkörper ganz vorzüglich. Das detailreiche, plastische, superbe Klangbild (ich beschreibe die Bluray) unterstreicht den Hörgenuss.
    Auf derselben Höhe befindet sich das Konzert aus Madrid. Achúcarro spielt mit derselben Souveränität, äußerst feinfühlig, aber auch zupackend, ein wundervoller Abend wird hier in bester Bild- und Tonqualität geboten, ein Glücksfall.


    Diese DVD / BD kann man getrost jedem Freund klassischer Musik ans Herz legen, v.a. auch dann, wenn eine Erstbegegnung mit besagten Werken vorgenommen werden soll: hier hat man die Chance, auf der Höhe der technischen Möglichkeiten erstklassige Interpretationen zu hören und zu sehen.


    Derzeit lausche ich dem betörenden, sinnlichen, klangsatten Spiel von Janine Jansen, die auf einer edlen Stradivari "Barrere" aus dem Jahre 1727 spielt. Eine beglückende, schwungvolle Aufnahme, sehr gutes Klangbild.
    Auch die Tatsache, dass hier ein sehr abwechslungsreiches Programm vorliegt, gefällt mir sehr.