Für mich besteht das aktuelle Problem darin: Bayreuth will offensichtlich durch immer ausgefallenere Experimente und Provokationen Publicity um jeden Preis. Solche Aktionen bringen zwar hohe Aufmerksamkeit, sie können aber niemals das Bemühen ersetzen, in Bayreuth die maßstabsetzenden Aufführungen von Wagners Werken zu realisieren. Hier scheint Bayreuth die führende Position verloren zu haben und auch gar nicht mehr ersnthaft anzustreben. Gestützt werden die Festspiele von der nach wie vor starken Kartennachfrage, gespeist aus dem weltweiten Wunsch, einmal in Bayreuth gewesen zu sein. Eine sehr gefährliche Politik, die ganz schnell bröckeln kann, wenn nur noch Fassade ohne künstlerisch wertvollen Inhalt geboten wird.
Lieber Operus,
diese Einschätzung teile ich voll und ganz. Scheinbar hat man in dem Bemühen, sich radikal von der (teilweise nicht unbelasteten Vergangenheit) abzukehren, das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
Bisher sind die Festspiele ein Selbstläufer, so dass man eigentlich als Verantwortlicher "nichts falsch" machen kann, und es wird wohl auch dauerhaft genug Leute geben, die aus Prestigegründen dorthin fahren, neben den Musikfreunden, und allein das Schaulaufen der High-Society wird wohl die Kartenbestellungen nicht abebben lassen, nichtsdestoweniger ist es höchst bedauerlich, dass man Inszenierungen im Geiste des Originals wohl zunehmend nur noch im Ausland findet.
Eine schmerzliche Entwicklung, deren Ende für mich nicht abzusehen ist.
Wie Daniel Kehlmann zureffend formuliert hat:
„Eher ist es möglich, unwidersprochen den reinsten Wahnwitz zu behaupten, als leise und schüchtern auszusprechen, dass die historisch akkurate Inszenierung eines Theaterstücks einfach nur eine ästhetische Entscheidung ist.“