Das Romantische Klavierkonzert - 11a
SCHARWENKA Franz Xaver: Klavierkonzert Nr. 4 in f-moll op 82
Nach längerer Zeit darf ich mich noch einmal ausgiebiger einer Einspielung aus der großen Serie widmen, die hier im Forum erfreulicherweise viele Anhänger hat. Ganz zu Recht, möchte ich sagen. Unter den zahlreichen Zeugnissen romantischer Klavierkonzerte sind immer wieder solche wie das vorliegende, das einem Hörer knappe 40 Minuten eine wunderbare Bandbreite spätromantischer Klaviermusik darzubieten weiß. Franz Xaver Scharwenka (1850-1924) komponierte es im frühesten 20. Jahrhundert (1908 wurde es komponiert und uraufgeführt) als er bereits eine sehr erfolgreiche Karriere als Solist, aber auch Lehrer absolviert hatte.
Der erste Satz Allegro Pathetico nimmt mit seinen über 18 Minuten nahezu eine Hälfte des gesamten Konzerts ein. Nach einer kurzen, wuchtigen Vorstellung des Themas (Bläser und Pauken dominieren), setzt das nicht minder wuchtige Klavier ein. Das ist wahrlich keine leichte Kost, aber immer wenn man den Eindruck hat, nun könne es einen akustisch erdrücken, wird Wucht herausgenommen, kehrt immer wieder Leichtigkeit ein, wenn das Klavier einzig durch Pizzicati begleitet wird und im Anschluss Klavierstimmen und Streicher ineinanderfließen. Ich schwelge einfach gern in diesem durch und durch spätromantischen Klangbild.
Der knapp siebenminütige, zweite Satz Intermezzo. Allegro molto tranquillo variiert thematische Anklänge an den ersten Satz. Wie im ersten Satz reagiert der Pianist auf den Vortrag des Orchesters, greift die Themen auf, variiert sie und spielt sie zurück ans Orchester. Die zunächst vorgebrachte bisweilen tänzerische Leichtigkeit im Klavierpart (Solo und über einem Streicherteppich) bietet ein erstes Gegengewicht zum ersten Satz, doch gewinnt auch dieser Satz bald an Dramatik und akustischer Schwere, bevor gegen Ende wieder die tänzerischen Elemente überwiegen.
Ein mysteriös angehauchter Bläserklang (Fagott und Hörner) eröffnet den mit Lento mesto überschriebenen dritten Satz, der knapp 7.30 Minuten dauert. Hier übernimmt das Klavier zunächst die Funktion als Begleitung, trägt erst im Anschluss ein eigenes Thema vor und geht schließlich in ein ruhig-ausgewogenes, musikalisch breit auserzähltes, schwermütiges Gespräch mit dem Orchester über, an das ohne Pause der vierte Satz angehängt ist.
Und der letzte, kürzeste Satz Allegro con fuoco hat es in sich! Hier ist gleich von Beginn an pianistische Virtuosität gefragt, die gegen Ende in Doppeloktavketten und Läufen gipfelt. Man hat fast den Eindruck, dass er nicht länger hätte andauern können, weil das nicht durchzuhalten gewesen wäre. Und ja, das ist alles etwas vordergründig auf den anschließenden Beifall ausgelegt, na und? Ich kann damit sehr gut leben und finde das Konzert fabelhaft.
Musikalisch bin ich überzeugt: das Orchester, das City of Birmingham Symphony Orchestra unter Lawrence Foster und Stephen Hough sind bestens disponiert, der Aufnahmeklang imO sehr gut und bei einem dunklen Orchesterklang sehr transparent. Meine Vorliebe für diese Reihe führt vielleicht dazu, unkritisch zu werden, aber was wäre an einer sehr gut eingespielten Aufnahme eines seltener präsentierten, hörenswerten Repertoires auch auszusetzen. Für mich nichts, ich würde mich freuen, das Werk einmal im Konzertsaal zu hören und könnte mir vorstellen, dass es einem Publikum auch gut zu vermitteln wäre. Mit besten Grüßen JLang