Beiträge von JLang

    So, ich habe im neuen Jahr folgende drei kleine Erwerbungen gemacht,
    einmal Chopin von einem meiner Lieblingspianisten und einem Dirigentenwechsel, der mich in Leipzig schon einmal überzeugt hat, dann Ranga Schirmer mit einer wieder einmal gut klingenden Idee (ich mag irgendwie, wie sie sich etwas bei ihren CD’s denkt, wie sie Klavier spielt mag ich ohnehin) und ein Angebot, einen Klassiker.



    Beste Grüße
    JLang

    Nach langer Abstinenz von Tamino (und leider auch von Musik) beginne ich heute den musikalischen Abend mit einem Weihnachtsgeschenk.



    E. Grieg
    Sinfonie Nr. 1 c-moll
    (1861)


    "Darf niemals aufgeführt werden" schrieb Grieg kurz nach Vollendung der Komposition auf das Deckblatt der Partitur. Hätte man sich daran gehalten, wäre es schade gewesen, finde ich. Ein im besten Sinne romantisches Werk, vielleicht nicht unglaublich innovativ, sondern eher konventionell. Gut anzuhören aber allemal.


    Beste Grüße
    JLang

    Liebe Miträtsler,


    kaum hat man eine Auszeit durchlebt, ist es vorbei mit den Rätselkünsten.
    Es gibt ein paar Bilder von Franz Marc, die in eine ähnliche Richtung gingen, aber ich hätte bei Juan gris bleiben sollen, habe mich davon verleiten lassen, eine Verbindung zum Komponisten herzustellen. Aber kein Mitleid mit einer falschen Antwort, nur weil ich länger nihct dabei war. Würdest Du, lieber moderato, ein Rätsel stellen? Dann hätte ich zugleich noch eine Chance etwas richtig zu raten?


    Seid alle herzlich gegrüßt, ich freue mich, nun wieder regelmäßig teilnehmen zu können, hab das Rätseln und die vielen Informationen vermisst (und es auch schon fast verlernt)
    JLang

    Marie Luise Kaschnitz, Ferngespräche



    ist das Werk, das ich momentan lese. Es handelt sich um eine Sammlung von 24 Kurzgeschichten.
    Von Kaschnitz liebte ich bisher vor allem ihre Lyrik, aber als Erzählerin ist sie ebenfalls ganz wunderbar.
    Sie präsentiert auf nur wenigen Seiten jeder Geschichte einzelne Bilder ganz unterschiedlicher Charaktere.
    Es sind leise Erzählungen, Erzählungen voller Schwermut, Trauer und Angst, aber dabei immer voll unendlicher Versöhnlichkeit und - wie M. Reich Ranicki einst anmerkte - voller "Erbarmen mit der Kreatur". Ich lese sie sehr gern.

    Herzliche Grüße
    JLang

    Da ich so lange nicht mitgerätselt habe, habe ich vielleicht einen freien Fehlversuch.
    Ich hatte zunächst aufgrund der Farbwahl und vor allem der weißen Formen dieses deutlich kubistischen Gemäldes an
    Juan Gris gedacht, aber es nicht gefunden. Wenn ich eine Verbindung zum Komponisten herstelle lande ich bei einem
    anderen Maler, mit dem ich es versuche möchte und der eher für andere Sujets bekannt ist: Franz Marc (?)


    Mit besten, nachträglichen Grüßen zum neuen Jahr
    JLang

    Zitat William B. A.

    Zitat

    Ist es Zufall, dass Peter Cossé, den ich als langjhährigen Chefredakteur des Fono Forum kenne, seinen Text im Booklet mit den Worten "Mit dem Feuer nobler Gelassenheit" überschreibt? Weiter schreibt Cossé: "Beethoven - hier die Appassionata, übermittelte Bolet wie ein Partitur-Treuhänder." -- Ist das so?


    Lieber Willi,
    nun ja, als Treuhänder würde ich Bolet nur wirklich nicht verstehen, das scheint mir einfach der falsche Begriff, den Cossé da gewählt hat, die "noble Gelassenheit" trifft es schon eher, charakterisiert sie doch Boltes Spiel insgesamt treffend. Bolet selbst hätte sich vermutlich auch nie als Treuhänder verstanden, dazu war viel zu sehr der Virtuosenschule des 19./ frühen 20. Jh. verhaftet.


    Ich finde es im übrigen vollkommen nachvollziehbar und auch berechtigt, dass Du ein Verständnis dieser Sonate hast, dem Bolet so gar nicht entsprochen hast und daher enttäuscht warst. Bolets Wahrheit ist nicht Deine Wahrheit. Wahrhaftig sind aber m. E. eben beide Verständnisse.


    Herzliche Grüße
    JLang

    Zitat Caruso41

    Zitat

    Das Lied der Rusalka, das ich eingestellt hatte, war nicht auf dem ARD-Wettbewerb sondern mit dem Gewandhausorchester auf einem Oper Air Festival aufgenommen.


    Lieber Caruso41,
    das war mir bewusst; ich bezog mich auf das Repertoire, habe mich aber vermutlich nicht eindeutig ausgedrückt.
    Ich hatte - wenn ich mich recht erinnere - vor längerer Zeit die Aufnahme des ARD Wettbewerb eingestellt und sie hatte Dich nicht ganz überzeugen können.


    Nun werde ich mir mit Ruhe Sabine Devieilhe anhören.
    Herzliche Grüße
    JLang

    Zitat Caruso

    Zitat

    Olena Tokar: Ich würde sie allerdings als Sopran bezeichnen und sie singt ja auch wohl nur Sopranpartien.


    Lieber Caruso41,
    aber natürlich hast Du vollkommen Recht. Sie ist natürlich ein "waschechter" Sopran (wie mir dieser faux pas passieren konnte, wissen allein die Götter). Das "Lied an den Mond" gefiel mir auch sehr gut (damit trat sie auch im ARD-Musikwettbewerb in München auf). Gegenüber dem Hörschnipsel hat sie sich m E. weiterentwickelt. Im letzten Jahr in Leipzig hatte sie mir besser gefallen als im "Schnipsel", das war ein regelrechtes Feuerwerk und mit Charme und Esprit gesungen.
    Sei herzlich gegrüßt
    JLang

    Lieber Willi, lieber Holger,
    habt vielen Dank für die ausführlichen Rezensionen, in denen ich eines von meinen Eindrücken wiederfand, anderes nicht. Und das ist auch gut so. Ich würde, lieber Willi, für mich allerdings nicht so weit gehen, zu sagen, das mich die Aufnahme der Appassionata enttäuscht hätte. Hier entsprach der Ansatz anscheinend einfach so gar nicht Deiner Erwartung, weshalb ich Deine Reaktion absolut verstehen kann.


    Zitat Holger Kaletha

    Zitat

    Vergegenwärtigt man sich diese Programm-Gestaltung, dann verliert Bolets „gemäßigte“ Darstellung der „Appassionata“ doch einiges von ihrer Rätselhaftigkeit.


    Zitat

    Man sollte diese „Appassionata“ nicht nur isoliert betrachten, sondern im Zusammenhang sehen, als Teil des ausgewählten Programms an diesem Abend.


    Lieber Holger,
    Dein Ansatz, die Interpretation aus dem Programm des Recital heraus verstehen zu müssen, leuchtet mir absolut ein. Bolet ordnet das Werk damit praktisch einem Grundgedanken des Recital unter. So ergibt doch einiges von dem, was ich gehört habe, mehr Sinn, als mir bisher klar war. Vielen Dank, das hatte ich so noch gar nicht bedacht :)


    Zitat

    Dies ist zweifellos nicht die „originale“ Beethoven-Appassionata, sondern eine ins imaginäre Konzertmuseum zwischen Klassisch-Romantischem und Romantisch-Spätromantischem gestellte Bolet-„Appassionata“. Aber wer will eigentlich im Zeitalter der Postmoderne, der Zeit des „Abschieds vom Prinzipiellen“, eine Interpretation wirklich noch auf die Goldwaage des Authentizitäts-Glaubens legen?


    Auch da, lieber Holger, ist etwas Wahres daran. Ich bin zwar immer noch der Meinung, dass der vorwärtsdrängende Ansatz bei dieser Sonate mehr trägt, aber es ist in sich alles sehr stimmig.


    Ich finde, dass diese Aufnahme sehr schön zeigt, wie fruchtbar dieser thread ist. Willi, der "seinen" Beethoven durch eine Vielzahl von Aufnahmen gefunden hat, findet auf der Aufnahme nicht das vor, was er erwartet und ist erwartungsgemäß und verständlicherweise enttäuscht. Ich bin, obwohl großer Bolet Fan, beim Hören dennoch nicht ganz überzeugt und Holger hatte die Aufnahme eigentlich in etwas anderer Erinnerung und bietet nun mit dem Hinweis auf das Programm einen wichtigen Baustein, um die Aufnahme in ihrer speziellen Art zu verstehen. Welche Rezension könnte einen so differenzierten Blick auf ein Werk bieten?


    Herzlichen Dank und beste Grüße
    Jörn

    Ich habe nun folgende Biographie angefangen, die mir sehr zusagt.
    Es geht um eine deutsche Archäologin, die als Jüdin in den Museen Vatican angestellt wurde.
    Sie war eine der ersten weiblichen Angestellten im Vatikan überhaupt: Hermine Speier (1898–1989). 1928 war sie nach Rom ans Deutsche Archäologische Institut gegangen, 1934, verlor sie dort ihre Anstellung, trat aber im selben Jahr in den Dienst des Vatikan, wo sie vor ihrer Verfolgung geschützt wurde. Verlobt ist sie mit einem italienischen Nationalhelden: General Umberto Nobile, wird ihn aber nicht heiraten. Nach dem Krieg blieb sie Hermine Speier den Päpsten bis zu ihrer Pensionierung treu. Es mag eine eher unspektakuläre, leise Geschichte sein, aber sie ist faszinierend und gut erzählt.




    Ich habe viel Freude an diesem Buch




    Mit bestem Gruß
    JLang

    Auch wenn ich sicher kein besonders guter Stimmenkenner bin, will ich dennoch versuchen, hier eine Stimme vorzustellen, die ich an anderer Stelle (in der Lieblings-Sänger-Kette) einmal erwähnt hatte:


    Olena Tokar (Mezzosopran)


    Singt momentan an der Oper in Leipzig und ich bin das erste mal auf sie aufmerksam geworden, als sie ihre ersten größeren Rolle in Leipzig sang: die Marguerite in Gounods Faust und die Susanna in Le nozze di Figaro.


    In der Ukraine geboren studierte sie dort und ab 2010 auch in Leipzig Gesang. Sie gewann den ARD Musikwettbewerb und 2013 schaffte sie es unter die fünf besten Sänger beim Cardiff Singer of the World Wettbewerb (Kategorien Opern und Lied). Seit der Spielzeit 2009/2010 ist sie festes Ensemblemitglied der Oper Leipzig. Ihre Rollen hier: Gretel in der Oper „Hänsel und Gretel“ (Humperdinck), Pamina und Papagena in „Die Zauberflöte“ (Mozart), Musetta in „La Boheme“ (Puccini), Pinocchio in „Pinocchio“ (Valtinoni), Zemina in „Die Feen“ (Wagner), Berta in „Il Barbiere di Seviglia“ (Rossini), die Antigona in „Admeto, König von Thessalien“ (Händel) und Mariana in „Liebesverbot“ (Wagner) sowie zuletzt Marguerite in Faust (Gounod), Susanna in Le nozze di Figaro, Zdenka (Strauss). Im November wird sie die Liù in Turandot singen.


    Ich selbst habe sie in der Zauberflöte, in den Feen, im Liebesverbot, im Faust und im Figaro gehört und sie gehört auf jeden Fall zu meinen liebsten Sängern im Leipziger Ensemble. Ganz unbekannt ist sie sicher nicht, wie der Weg weitergeht, wird man sehen, ob sie einer der "Stars von Morgen" wird, wie die gleichnamige Sendung ihr 2013 prophezeite? Ich gönne es ihr redlich, aber man weiß natürlich nie.


    Warum mir die Stimme gefällt? Mir gefällt das Timbre mit sicherer Höhe und eine gewisse Leichtigkeit, die ich herauszuhören meine. Bezüglich der Technik kann ich kaum mehr sagen, als dass sie mir sehr sauber zu singen scheint. Die Marguerite präsentierte sie in Leipzig mit jugendlichem Charme und wurde dafür imO zu recht gefeiert. Ihre stimmliche Beweglichkeit stellte sie auch bei der Susanna unter Beweis. Was nun das französische Fach angeht, das eigene Anforderungen hat, dazu kann vielleicht einer der Melomanen hier etwas schreiben.



    Einspielungen gibt es mW noch nicht mit ihr, also habe ich auf YouTube zurückgegriffen.
    Viel Freude beim Hören und kennenlernen
    JLang

    Liebe Taminos,
    über die freundlichen Reaktionen auf meinen kleinen Bericht habe ich mich sehr gefreut.


    Zitat operus

    Zitat

    Also ein Hoch auf die kleinen Bühnen, die unter schwierigen Bedingungen Grosses leisten und die vielen privaten Initiativen, die vor allem kleine, feine Festivals beflügeln.


    Lieber operus,
    in dieses Hoch stimme ich nur allzu gern ein. Es ist ja vor allem auch das große (oft genug ehrenamtliche) Engagement vieler Musikbegeisterter, dass es ermöglicht, in diesem Land diese schier unerschöpfliche Breite an klassischer Musik zu genießen.


    Zitat Holger Kaletha

    Zitat

    herzlichen Dank für Deinen sympathischen Bericht! Ich glaube auch, dass für das Überleben der Kunstgattung Oper genau diese "kleinen Ensembles und Häuser" entscheidend sind!


    Ja, lieber Holger, so ist es. Ich mag auch wie vor die großen Häuser, will aber versuchen, mehr von den kleinen Kennenzulernen. In der Tat würde ich auch sagen, dass das Überleben der Gattung wesentlich durch solche kleinen Häuser geprägt wird.


    Zitat Reinhard

    Zitat

    Er war für mich besonders interessant, da wir im September dort sein werden, um Figaros Hochzeit zu sehen.
    Wie kommen denn die Arbeiten am Theater voran? Bei unserem letzten Besuch in Bad Lauchstädt berichtete uns eine nette Dame von der Tourist-Information im Kurpark, daß sich der Sanierungsbedarf als viel höher herausstellte, als ursprünglich angenommen. Es mußten wohl auch einige Vorstellungen deswegen abgesagt werden und der reguläre Spielbetrieb stand auf der Kippe.


    Lieber Reinhard,
    da wünsche ich schon einmal viel Freude, ich musste mich terminlich zwischen Serail und Figaro entscheiden und ich kürzlich Figaro in Leipzig hatte, fiel die Wahl nicht schwer. Die Fassade ist leider momentan immer noch in einem bedauernswerten Zustand, da sie grundlegend restauriert werden muss. Dafür kann man sich momentan ansehen, wie das gemacht wird und wo z. B. noch alte Balken erhalten sind. Bad Lauchstädt ist ja von Leipzig aus wirklich sehr gut zu erreichen.


    Zitat Caruso41

    Zitat

    Er hat mir richtig Spaß gemacht, weil Du auch über die Sänger berichtest.
    Ich habe bisher Bad Lauchstädt nur durch eine Besichtigung kennen gelernt. Es muss ja ein Ereignis sein, da eine Aufführung zu erleben. Mal sehen, ob ich es für das nächste Jahr einrichten kann.


    Lieber Caruso41,
    es lohnt sich wirklich, man könnte es zum Beispiel mit Leipzig verbinden, es ist eine Fahrtzeit von unter 45 Minuten. Und Leipzig hat ja auch immer nette Programme. Zu den Sängern: ich versuche einfach mit meinen bescheidenen Mitteln meine Eindrücke zu schildern. Das ist sicher nichts für Melomanen aber über Oper zu schreiben ohne etwas zu meinen Eindrücken von Stimmen zu schildern, käme mir seltsam vor.


    Herzliche Grüße an Alle
    JLang

    Lieber Stimmenliebhaber, lieber Rheingold,
    habt vielen Dank für die Reaktion auf meinen kleinen Bericht.
    Du hast es, lieber Rheingold mit der Formulierung

    Zitat

    bezauberndes Haus

    wirklich schön getroffen.
    Das ging bis zu den Verkäufern der Programme in Livree. Es ist insgesamt einfach alles mit großer Liebe zum Detail gemacht, kleine Unzulänglichkeiten (zu spät aufgenommene Requisiten etc.) Requisiten und verzeiht man einfach gern, im Gegenteil, sie machen es erst wirklich authentisch. Man den besuch wunderbar mit einem Besuch des Kurparks verbinden und schauen, wo Wagner in der Stadt abgestiegen ist (die Häuser, die bekannte Gäste hatten, sind durch Schilder eigens gekennzeichnet). Ich bin sehr froh, dass ich seit einiger Zeit diese musikkulturell bedeutende Ecke näher kennenlernen darf.
    Beste Grüße
    JLang

    Es müssen nicht immer die großen Ensembles, herausragenden Stimmen oder effektvollen Inszenierungen sein. Das hat mir noch einmal ganz deutlich ein Opernbesuch der etwas ausgefalleneren Art im idyllischen Bad Lauchstädt vor Augen geführt den ich gestern erleben durfte. Vorab: ich bin ein großer Freund historischer Theater und hatte dabei wunderbare Opernerlebnisse u. a. in der Oper auf Schloss Drottningolm.
    Der 1802 eingeweihte, von Heinrich Gentz entworfene Theaterbau war im bis dahin vor allem durch Badekuren bekannten Ort Lauchstädt eine regelrechte Attraktion und wird nach drei Restaurierungen 1830, 1907 und 1966-68 heute noch bespielt. Aktuell läuft die vierte Restaurierung (Fassade). Die originale Bühnenmaschinerie hat sich erhalten, außerdem wurde die “Wellenmaschine” von Schloß Drottningholm für den Hintergrund der Bühne nachgebaut und an die Bühne in Bad Lauchstädt angepasst.
    Es gastierte das Orchester l’arte del mondo unter Werner Erhardt, die ich noch nie gehört hatte. Es ist ein Ensemble, das auf historischen Instrumenten musiziert und großes Interesse an interkultureller Zusammenarbeit hat. So auch gestern, wo sie zusammen mit dem türkischen Pera Ensemble gastierten. Die Zusammenarbeit äußerte sich v. a. darin, dass die Ouvertüre leicht verändert wurde und die Janitscharenmusik durch das Pera Ensemble in veränderter Form präsentiert wurde. Außerdem wurde einige der Sprechszenen zusätzlich mit traditioneller türkischer Musik unterlegt. Das geriet leider im dritten Akt ein wenig zu laut, so dass man Mühe hatte die Dialoge zu verstehen. Ansonsten boten Ensemble (und das Theater) ein sehr ausgewogenes Klangbild. Erhardt hat einen beschwingten, aber durchaus zupackenden Mozart dirigiert, kleine Wackler im Blech und den Holzbläsern verzieh man gern angesichts der erkennbaren Freude, mit der er und mit ihm das Ensemble sich präsentierten.
    Die Solisten waren mir bis auf Rúni Brattaberg, den ich als Fafner im Rheingold bereits als stimmgewaltigen Riesen erleben durfte, nicht bekannt. Nun, m. E. steht und fällt das Vergnügen der Oper sehr stark mit dem Osmin. End Brattaberg, der ihn in der kommenden Saison auch an der Leipziger Oper singen wird, hat ihn wunderbar gesungen. Ein wenig komödiantisch, aber auch durchaus zum Fürchten, voller Unverständnis gegenüber manchen Äußerungen von Blondchen spielte und sang er sich in sehr großer Wortdeutlichkeit nach der ersten Arie frei und bekam auch verdient den größten Applaus. Die hochanspruchsvolle Partie der Konstanze wurde von der Chilenin Stephanie Elliott gesungen, die ihr Handwerk u. a. an der Musikhochschule in Köln erlernt hat. Sie meisterte ihren Part inklusive dem Koloraturfeuerwerk “Martern aller Arten” wirklich bravourös und intonierte stets äußerst sauber. Im Ausdruck ist noch ein wenig Luft nach oben, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Die Blonde wurde von der Kölnerin Maria Klier verkörpert, die in manchen Höhen ein wenig angestrengt klang, aber eine bezaubernde, kecke Leichtigkeit bis hin zu einigen sympathischen Albernheiten darbot. Den Pedrillo sang der Kölner Matrin Koch, dessen Diktion ich in den Sprechrollen etwas zu überdeutlich fand, aber der gesanglich den spitzbübischen Ton des Pedrillo gut traf. Der Mexikanische Tenor Roberto Ortiz sang den Belmonte. Er hat imO eine eher kleine Stimme, für die das Haus so eben noch geeignet war. In den Höhen geriet er an seine Grenzen und sprach einige Konsonanten sehr weich aus, aber sein Timbre war wie geschaffen für den Belmonte: ein verführerischer Schmelz, in den Mittellagen geradezu betörend. Eine angenehme und wortdeutliche Sprachrolle füllte schließlich Olaf Haye als Bassa Selim aus.
    Auch wenn alle Stimmen sicher noch Potenzial nach oben haben, so hat mich vor allem die Esembleleistung begeistert, die Stimmen funktionierten in den Duetten und den Quartetten grandios. Sie passten von den Lagen und dem Timbre äußerst gut zusammen, so dass die gesanglich Leistung trotz der auf dem Papier vielleicht nicht so bekannten Stimmen insgesamt hervorragend war.
    Eine letzte Bemerkung zur Inszenierung (Igor Folwill): da sich die Kulisen-Bühne in Bad Lauchstädt nahezu vollständig erhalten hat, entschied sich der Regisseur für eine klassische Inszenierung und die war bis hin zu kleinsten Details gelungen. Auf die rekonstruierte Wellenmaschine mit dem sich nähernden Schiff hatte ich ja bereits hingewiesen. Betont wurden Bezüge zur Commedia dell’Arte, sowohl in den Kostümen als auch im verhalten einiger Charaktere. Nach eigener Angabe wollte der Regisseur nachspüren, wie Oper in der Goethezeit gewirkt haben könnte. Dass allein durch den Ort des Geschehens immer wieder Bezüge zur aktuellen Welt aufflackerten, lag nahe. Diese wurden beispielsweise durch schlichte Verschiebungen von Betonungen akzentuiert.
    Kurzum: Mich hat erstaunt und begeistert, auf welch hohem Niveau hier musiziert und gesungen wurde und ich kann jedem einen Besuch im Theater nur empfehlen. Denn man erhält zum einen ein Erlebnis eines historischen Theaters, zum anderen muss man musikalisch kaum Abstriche machen. Das Gesamterlebnis, auf das es schließlich ankommt, stimmte einfach.


    Herzliche Grüße
    JLang


    Abschließend noch einmal ein Eindruck des Hauses (zu einem anderen Zeitpunkt angefertigt).



    Und das Ensemble zur Übersicht:
    Konstanze: Stephanie Elliott
    Blonde: Maria Klier
    Pedrillo: Martin Koch
    Belmonte: Roberto Ortiz
    Osmin: Rúni Brattaberg
    Bassa Selim: Olaf Haye
    Pera Ensemble


    Leitung, Ud & Perkussion: Mehmet C. Yeşilçay
    Ney & Perkussion: Volkan Yilmaz
    Kanun & Perkussion: Serkan Mesut Halili
    Perkussion: Ozan Pars


    Chor & Orchester l’arte del mondo


    Musikalische Leitung: Werner Ehrhardt


    Regie: Igor Folwill
    Musikalisches Arrangement: Mehmet C. Yeşilçay

    Ab gestern steht mir wieder meine heimische Anlage zur Verfügung


    Nach einem besuch des Goethe Theater in Bad Lauchstaedt, wo ich eine bezaubernde Entführung aus dem Serail gehört habe (Bericht folgt morgen), wird nun als Alternative Folgendes aufgelegt



    Das ist eigenwillig gespielt und in den tempi manchmal nicht ganz stringent, aber bravourös eigenwillig (u. a. mit einer eigenen Kadenz). Manche der Rhapsodien habe ich in der Form noch nicht gehört. Vielleicht nicht unbedingt etwas, um die Rhapsodien kennenzulernen, um sie besser kennenzulernen aber grandios.


    Beste Grüße
    JLang

    Aus dem Urlaub zurück :) habe mir das interessehalber angesehen und bin dann auf einen Beitrag in einer bekannten Tageszeitung gestoßen, bei dem ich einen Ausdruck dann recht passend fand. Bei aller berechtigten Kritik an dem, was er im Kanal zum besten gibt, auch ich kann ihm irgendwie vieles verzeihen ... "Aber ach, es ist halt Barenboim." ein Ausbruch, der es ganz gut trifft.


    Herzliche Grüße
    JLang


    Wen der Beitrag interessiert:
    http://www.zeit.de/2016/35/daniel-barenboim-youtube-kanal

    Ich höre nun Liszt und Beethoven gespielt von Claudio Arrau.



    Es handelt sich um einen Mitschnitt von Claudio Arrays letztem Salzburger Festspielkonzert aus dem Jahr 1982.
    Der zu diesem Zeitpunkt 79jährige bewältigte kein geringeres Programm als:


    L.v. Beethoven, Klaviersonate op. 81a (leider nicht im Mitschnitt enthalten)
    F. List, Sonate in h-moll
    L.v. Beethoven, Sonate Nr. 26 op. 57
    F. Liszt, Après un lecture du Dante, Fantasia quasi Sonata


    Die h-moll Sonate nimmt sehr schnell richtig Fahrt auf, mir scheinen die Kontraste der wirkenden Kräfte betonter als bei Brendel.


    Beste Grüße
    JLang

    Zitat von William B. A.

    Bei allen Mitlesern, aber auch bei allen Mitschreibern, insbesondere bei Holger, Jörn und Christian möchte ich mich herzlich bedanken und hoffe, dass die Sonate Nr. 3 C-dur op. 2 Nr. 3, die als nächste in wenigen Wochen auf dem Plan steht, genauso viele Freunde findet.


    Lieber Willi,


    nun, der Dank gebührt ich eindeutig Dir :)
    Du bespielst diesen thread unter enormem Aufwand und mit immer neuen wunderbaren Besprechungen. Sonate Nr. 3 gehört zu meinen Lieblingen und ich hoffe, Zeit zu finden, mich wieder stärker einzubringen.


    Liebe Grüße
    Jörn

    Lieber hart,
    auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, danke ich Dir sehr dafür, dass Du diesen thread so unermüdlich und liebevoll mit vielfältigem Inhalt füllst. Über den Hinweis auf das Grab von Franz Liszt habe ich mich natürlich besonders gefreut.
    Herzliche Grüße
    JLang

    Ich habe eben eine meiner neuen Erwerbungen aufgelegt und bin ganz gespannt


    Liszt, Ungarische Rhapsodien 1–19, deren Qualität als Komposition nicht erst seit dem Urteil Bartòks außer Zweifel stehen dürfte.



    Künstler: Vincenzo Maltempo (Klavier)
    Label: Piano Classics, DDD, 2015


    Aufgenommen auf einem Steinway im September 2015 und Februar 2016 in der Westvest-Kirche in Schiedam.
    Maltempo hatte mir auf seiner anderen Liszt-Einspielung für Gramola bereits sehr gut gefallen, also war dies ein zwingend erforderlicher Kauf ;)
    Nun bin ich gespannt, wie seine pianistischen Fähigkeiten hier zur Geltung kommen (in Rhapsodie Nr. 2 spielt er eine eigene Kadenz).


    Beste Grüße
    JLang

    Zitat von Norbert

    Jetzt habe ich alle meine Aufnahmen durchgehört (besitze noch Zimerman/Ozawa, Brendel/Gielen und Freire/Plasson) und werde u.U., angeregt durch JLangs freundliche Aufzählung, noch die eine oder andere Alternative zulegen...

    Dann bin ich jetzt einmal vom "Leidtragenden" zum "Verursacher" geworden. Und das ganz ohne schlechtes Gewissen :D



    Zitat von teleton

    Ich meine damit, dass auch nach intensivem Hören gerade die Richter/Kondraschin-Aufnahmen alleine voll ausreichen, weil keine nennenswerten Vorteile bei den Anderen mehr erkennbar werden.

    Ach, auch darüber kann man trefflich streiten. Man beachte einfach den Piano-Part, der bei Cziffra und Berman imO einfach noch einmal eine deutliche Spur besser ist als bei Richter. Bitte nicht falsch verstehen: Richter/ Kondrashin ist herausragend musiziert, aber so weit vor anderen Aufnahmen höre ich sie einfach nicht.


    Aus diesem Anlass höre ich jetzt noch eine andere Aufnahme dieser Konzerte, die auch nicht zu verachten ist.



    Beste Grüße
    JLang

    Zitat von teleton

    Man braucht im Prinzip keine Andere als die mit Richter/Kondraschin !


    Na, ja, außer man mag Brendel/Haitink, Berman/Giulini, Arrau/Ormandy und mit leichten Abstrichen Zimerman/ Ozawa mindestens genauso gern. Dann braucht man sie schon. ;)


    Beste Grüße
    JLang

    Zitat William B. A.

    Zitat

    Falls du mich mit diesem Beitrag aus der Reserve locken wolltest, hast du das geschafft.


    Lieber Willi,
    aber nein. Mein Beitrag diente eher der (allerdings nur marginalen) Verkleinerungseines schlechten Gewissens, dass ich hatte. Ich profitiere so lange von den wundervollen Besprechungen und Diskussionen und habe so herzlich wenig beigesteuert, dass ich dachte "jetzt ist es doch einmal wieder an der Zeit". Und da ich heute am Nachmittag wirklich Zeit hatte, habe ich diese Gelegenheit ergriffen :)
    Angesichts Deines Mammutwerkes ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ich will wirklich versuchen, den ein oder anderen Beitrag einzustreuen und mich hier wieder öfter zu melden. Sieh den Beitrag also einstweilen als kleinen Dank für die Freunde, die ich an den Beethoven-Sonaten threads habe :)
    Sei ganz lieb gegrüßt
    Jörn

    Jorge Bolet, Hänssler (Aufnahmen des SWR, digital nachbearbeitet, ADD)
    Aufnahmedatum: 14. Mai 1988 (Schwetzinger Schloss, Rokokotheater)
    Spielzeiten: 10'35; 4'12; 9'57


    Nach einer äußerst langen Abstinenz, in der ein Fülle von Einspielungen besprochen wurde, ist es hier kaum noch möglich, etwas beizutragen. Ich will dennoch an dieser Stelle auf eine Einspielung der Sonate hinweisen, die Jorge Bolet im Mai 1988 vorlegte, als er das Werk bei seinem Recital bei den Schwetzinger Festspielen auf das Programm setzte. Das war für Bolet durchaus eine ungewöhnliche Wahl, trat er doch nie als besonderer Sachwalter der Beethoven-Sonaten in Erscheinung.


    Beginnen wir mit den rein technischen Angaben zu den Spielzeiten
    Allegro assai 10:36
    Andante con moto 7:17
    Allegro ma non troppo – Presto 9:26
    Gesamtspielzeit 27:20


    Obwohl absolute Spielzeiten für eine Interpretation nur eine vergleichsweise untergeordnete Aussagekraft besitzen, darf man konstatieren, dass Bolet bei der Sonate im Vergleich zu nahezu allen anderen Interpreten einen langsameren Ansatz gewählt hat. Angesicht seiner schier unerschöpflichen, virtuosen Kapazitäten, die er gerade im letzten Satz vollkommen hätte ausschöpfen können, scheint dies zunächst zu verwundern, lässt sich vor dem Hintergrund seines Interpretationsansatzes aber durchaus erklären.
    Das Allegro des ersten Satzes nimmt Bolet nicht unbedingt langsamer als andere seiner Kollegen (man denke etwa an Gilels, DGG 1973 oder Arrau Schwetzingen 1973). Das immer so (mir zu sehr) schicksalbehaftete Klopfmotiv nimmt er dynamisch imO vertretbar (eher p als pp) und treibt ihm jedes Geheimnis aus. Das man manchen enttäuschen, ich halte angesichts der Mythenbildung, die um diese Sonate eingesetzt hat, für wohltuend. Bolets Klopfmotive sind nicht fahl, er entfaltet im Frage- und Antwortspiel einen Dialog aus Eleganz und Würde. Erst durch den ff Einbruch in Takt 17 hat dies ein Ende, wird aber sofort in der dolce Passage (Takt 35) wiederaufgenommen. Hier kommt mein erster Einwand gegen diesen Ansatz: dolce ist notiert, das überdeckt Bolet mit seinem erhabenen Ton leider völlig. Das ist zwar stimmig, doch treten dadurch die Gegensätze leider nicht so hervor. Überhaupt ordnet Bolet Kontraste und Wendungen dieses Satzes seinem Grundthema “Würde” unter, wodurch mir trotz der insgesamt sorgsam befolgten Notation zur Dynamik ein wenig von dieser verlorengeht. Insgesamt ist das dennoch ein absolut gut hörbarer und interessanter erster Satz. Kaum Zerrissenheit und gedämpfte Spannung, Kontrolle von Kraft: da mag das an anderes gewöhnte Beethoven Ohr in seiner Erwartung enttäuscht werden. Dennoch sollte es ebendiesen Satz mehrfach hören und wird feststellen, dass zunächst Erhabenheit und Würde im Zentrum stehen, die erst im furios vorgetragenen Finale gegen gegen Kraft und Dynamik eingetauscht werden. Man hat fast den Eindruck, Bolet reduziert die Kontraste dieses Satzes auf “Coda” versus “Rest des Satzes”. Das ist nicht uninteressant und führt trotz meiner genannten Vorbehalte zu einem sehr hörbaren Ergebnis.
    Im zweiten Satz (Andante con moto) verpasst Bolet – wie im ersten Satz – imO, den dolce Ton. Das ist sehr feierlich gespielt (Edwin Fischer hätte daran sicher seine Freude gehabt), aber mit meinem Verständnis von dolce kaum zu vereinen. Hier schadet die vornehme Zurückhaltung dem Ausdruck doch erheblich. Versteht man diesen Satz nämlich zweischichtig (nur der Oberfläche still und schwärmerisch, darunter immer bedroht durch z. B. dynamische Störungen), geht dies durch den Ansatz Bolets leider verloren. Sein Spiel hat grandezza aber kaum dolcezza. Bolet bleibt seinem Drang, das Werk mit der größtmöglichen Würde vorzutragen, also vollständig verhaftet. Dadurch gewinnt dieser Satz etwas äußerst Statisches, außerdem “holpert” es hier und da etwas, weil er gerade die Melodieführung der linken Hand extrem verzögert.
    Den finalen Satz überschrieb Beethoven mit Allegro ma non troppo. Bei Bolet liegt die Betonung hier sicher auf non troppo. Der Satz entfaltet in der Regel eine enorme Schubkraft mit einem kaum zu bremsenden Vorwärtsdrang. Hier steht sich Bolet mit seinem pianistischen Understatement und dem vergleichsweise langsamen Tempo selbst im Weg. Man hat fast das Gefühl, er wolle zeigen ”ich könnte das natürlich auch in einem pianistisch grandiosen Feuerwerk gestalten, aber ich habe das nicht nötig”. Hier ist kaum Schmerz zu spüren, kaum nervöse Unruhe, kaum Angst, kaum furiose Leidenschaft, also nicht von dem, mit dem man Ausdruckselemente den letzten Satz treffend umschreiben könnte. Dabei befolgt Bolet dynamische Vorgaben durchaus, nur bändigt er den Ausdruck Beethovens in seinem unnachahmlichen Ton, fängt ihn ein, filtert ihn und lässt ihn nur ganz selten wieder im Sinne vehementer Gefühlsregungen aus ihm herausbrechen. In der Coda nimmt er sich im Ausdruck sogar noch einmal zurück, spielt sie fast schon perlend, bevor er dann doch in mächtigen Akkorden endet.
    Insgesamt muss man feststellen, dass der Ansatz, dem Werk mit der größtmöglichen Würde zu begegnen, zwar ein interessantes Hörerlebnis darstellt, aber imO allein nicht hinreichend trägt (am ehesten noch im ersten Satz), um diese Sonate in ein wirklich großes Hörerlebnis zu verwandeln. Schade ist, dass Bolet insgesamt so wenig Beethoven aufgenommen hat, denn ich könnte mir seinen Ansatz für andere Sonaten (vor allem die ganz späten) als durchaus als “ohrenöffnend” vorstellen.


    Mit herzlichem Gruß
    JLang


    In die hier genannte Reihe gehören imO die hervorragenden sinfonischen Dichtungen, die Kurt Masur eingespielt hat und die mir neben Haitink zu den liebsten Einspielungen geworden sind. Absolute Referenz ... nun ja, meine Meinung dazu habe ich oft genug geäußert, aber ich für mich messe andere Aufnahmen daran. Sie sind Teil der nebenstehenden Box.


    Beste Grüße
    JLang