Beiträge von Melante

    "weniger Fugen", grins.


    Lieber Gombert, natürlich ist Telemanns Oevre unübersichtlich, deutlich aber wird, dass er im Laufe seines Lebens zunehmend weniger polyphon komponierte.
    Das unter Vorbehalt, denn die chronologische Einordung seiner Werke ist oft kaum möglich.
    Allgemein wird angenommen, seine Quartette und Quintette, die teilweise recht strenge Fugen und auch Fugati enthalten, stammten aus seinen Frankfurter Jahren, sind also Frühwerke.
    Das vierte Buch der "Pariser Quartette" ist nun fast ein Spätwerk- und zeigt das ganze Können des Herren Telemann. Die Beherrschung des Kontrapunkts neben doch sehr galanten Sätzen.
    Beides in derart ausgeprägter Form, dass seine Urheberschaft bezweifelt wird.
    Aber wer sonst hätte so polyglott schreiben können? Und das, ohne seine eigene Musiksprache anzupassen und somit zu vertreten?


    Bitte entschuldige, tiefer kann ich aus Zeitgründen auf Deine Frage nicht eingehen- vielleicht aber fürs Erste genügend?
    Herzliche Grüße,
    Mike

    Liebe Bachiania,


    ganz herzlichen Dank für Deine Zeilen und Deine Offenheit und vor allem für die, zugeben zu können, auf der Suche zu sein.


    Jetzt kann ich leider selbst nicht so ausführlich antworten, wie es angemessen wäre, mein Dienst ruft. Du erlaubst mir sicher eine Frage: Du schreibst, in der Barockmusik würden meist positive, freudige Empfingen ausgedrückt und somit sinnvolle.
    Um bei Händel zu bleiben, dessen Musik ich oben schon als Vehikel nahm, drückt dessen Musik allein positive Gefühle aus?
    Ganz sicher nicht, da hast Du sicher nicht ganz zutreffend formuliert?
    Frage aber vor allem: wieso sollen allein positive, freudige Empfindungen sinnvoll sein?
    Meiner Meinung nach lassen sich auch aus Angst, Trauer und sogar Neid Impulse entwickeln, die nicht nur für die eigene Gefühlswelt unabdingbar sind, sondern auch im Miteinander. In der Fähigkeit, die Emotionen anderer aufzunehmen und aus ihnen positive Antworten zu entwickeln.
    Was letztlich wieder zum Abstand von sich selbst führt - aber im Einschließen aller möglichen Gefühle, nicht im Ausschließen von vermeintlich negativen.


    Bitte verzeih mir, dass ich nicht wirklich ausführlich kann, sondern etwas knapp auszudrücken gezwungen bin: wichtig ist, sich allen Gefühlen zu stellen. Weniger sinnvoll ist, sich von ihnen vereinnahmen zu lassen.


    So las ich im Grunde auch Deinen Beitrag, zwischen den Zeilen, die selbst teilweise anders formuliert waren. Irre ich mich, so sag es bitte!


    Herzliche Grüße,
    Mike

    Lieber Joseph,


    ich sah mich schon genötigt, mich zu entschuldigen, Aufnahmen zu nennen, die eigentlich nicht zu haben sind.
    Den Scherchen-Zyklus aus Lugano kann man auf dem japanischen Markt wohl noch erwerben - wobei die Brieftasche ganz erheblich schrumpfen wird; und zwar in ähnlich rasantem Tempo wie die Lesart des Dirigenten. Und wohl auch des Komponisten.


    Faszinierend allenthalben, wie Scherchen seine Sicht erweitert hat innerhalb von zehn Jahren zwischen den Studioaufnahmen und den Aufführungen in Lugano.
    Die ja auch kein Zyklus sind, sondern jeweils gekoppelt waren mit zeitgenössischer Musik wie Xenakis oder Dallapiccola.
    Scherchen stellt "neue Musik" vor, die auch schonmal älter sein darf. Ein grandioses Konzept, das Hörfaulheiten wegwischen wollte.


    Nur allzuviele jüngere Aufnahmen bedienen diese Faulheiten und sind deshalb auf dem Plattenmarkt verfügbar.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    ...o weh, da ich selbst sehr endlich bin und lebe, fällt mir schwer, Musikern anderes zuzuschreiben.
    Mir würde genügen, die Musik selbst würde unvergessen bleiben und man in hundert Jahren noch über Händel, Telemann oder auch Mahler diskutieren, die Musik hören und sich wiederfinden.
    Bedauerlich wäre, wenn eine Lesart sich als Konsens durchsetzte.
    Wäre Verarmung.
    Unsere heutige Sicht wird historisch sein, egal ob historisierend oder romantisch verbrämt.
    Jede Generation wird das Rad neu erfinden- und das ist ihr Gutes Recht.


    Ich persönlich genieße es, vergänglich zu sein. Damit meine Meinung.
    Aber ich hoffe und bin mir sicher, dass auch in hunderten von Jahren Menschen weinen werden beim Hören von Beethovens Musik.


    Herzliche Grüße
    Mike

    ...jetzt lese ich hier zum vierten Mal herein- jedes Lesen bringt mich näher an den Suizid.
    Den zu umgehen ich versuche, meine drei Favoriten zu nennen.


    Zunächst Scherchen in Lugano '65.
    Schönklang gibt es dort nicht, keinen "Wohlfühl-Beethoven".
    Eher den Versuch, dem nahezukommen, was Beethoven notiert hat, was mit den damaligen Mitteln nur schwerlich möglich war.
    Aber das ist es ja gerade!
    Wild, ungehobelt ... aber auch erstaunlich zart ... was nicht kultiviert werden muss, weil sich alles ganz von selbst entwickelt.
    Auch ich bin nicht einverstanden mit all den Patzern und Intonationsschwierigkeiten - und doch: nirgends sonst höre ich diese Spannung, Anspannung und eben auch Erlösung wie hier.
    Vielleicht ist Beethovens Musik ja derart wild und lotet Extreme aus?


    Klemperer 1960 in Wien: nee, nicht mit den Wienern, sondern mit seinem Orchester.
    So "felsartig" wie im Studio ist er gar nicht, sondern erstaunlich geschmeidig. Natürlich nicht, seinen Charakter zu verleugnen; NICHT schöne Musik zu machen, sondern ehrliche.


    Und Frans Brüggen. Wieder nicht der Zyklus bei Philips, aber auch nicht der späte bei Glossa, sondern der von 1996 aus Paris. Da scheint Brüggen verbinden zu können zwischen Scherchen und Klemperer ... sogar Böhm.
    Schön darf es sein, aber nicht zum Selbstzweck. Agressiv darf es sein, aber nicht um seiner selbst willen.


    So. Nun habe ich die drei meiner liebsten Aufnahmen genannt - und keine davon kann man kaufen. Oder nur mit erheblichen finanziellem Aufwand. Wahrscheinlich ist Mord das höhere Risiko denn Suizid.... grins.


    Herzliche Grüße,
    Mke

    ..leider sind nur wenige Aufnahmen im Umlauf. Eine Handvoll Offenbach-Ouvertüren und sein Debussy schon lange nicht mehr.
    Aber gerade der hat es mir angetan.
    Erschienen bei Accord, das gesamte Orchesterwerk - und für mich rundum gelungen.
    Da stimmt alles; Farben, Klang, Ruhe wenn nötig, Struktur und Konzentration....


    Wer so Debussy dirigieren kann, von dem würde ich gern mehr hören.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    Liebe Bachiania,


    die "Einführung" der Polyphonie um 1600 lässt sich wohl wirklich recht konkret festmachen.
    Der Übergang zur Homophonie um 1750 ist sicher weniger konkret auszumachen.
    Für mich persönlich ist genau deshalb "Sturm und Drang/Empfindsamkeit" eine der spannendsten Zeiten Musikgeschichte und Musik.
    Mit ihren "Nachwehen" des Barock und den "Vorwehen" hin zur Romantik.


    Die gesamte Musiksprache beginnt sich zu verändern: weg vom universellen, quasi objektiven Ausdruck- hin zum persönlichen, subjektiven. Erst die atonale Musik wieder sucht Objektivität.


    Für mich spannend immer die Art von Musik, die mit den Formen spielt, eigene Wege sucht, Kompromisse oder Ausbrüche.
    Sicher bin ich da sehr formgebunden in meinen Vorlieben.


    Und womöglich mag es seltsam klingen, dass ein Händel für mich zu denen gehört, die nicht "barock" komponieren, sondern Subjektivität in objektiven Formen darzustellen sucht. Und das, lieber zweiterbass, hat ganz sicher mit Sozialisation zu tun.
    Mit dem Versuch, auch eigene Emotionen zu objektivieren. Aus dem Unbewussten ins Bewusstsein zu rücken, um auch intelektuell mit ihnen umzugehen. Mir genügt nicht, mich zu verlieren in der Gefühlswelt eines Gegenüber- weshalb ich wohl Schubert so wenig schätze.


    Erstaunlichweise kann ich loslassen viel eher bei einer Händel-Arie, die scheinbar völlig am Inhalt vorbeikomponiert, beinahe sinnlos heiter tiefste Verzweiflung ausdrückt, als bei einer "eins zu eins"-Übersetzung wie bei Schubert.


    Das hat ganz sicher zu tun mit meiner eigenen Vergangenheit und auch mit meinem Beruf: ich bin alltäglich gezwungen, Gefühle zu objektivieren, sie aufzunehmen um mit ihnen umzugehen und unter Umständen daraus sogar Ziele zu entwickeln.
    Wenn ein Patient unter Tränen zu mir sagt, wie sehr ich ihm an freien Tagen fehlen werde, aber besser ein paar freie Tage als ich wäre gar nicht da - dann ist es genau das, was Händel ausdrückt in seinen "schlimmsten" Arien oder Chören.
    Beiden eigen ist das Abstandnehmen von sich selbst- genau dazu "brauche" ich die Strukturen in Musik, mich selbst wieder geradezurücken.
    Einfach mein Boot auf den Fluss setzen und mich treiben lassen (wie bei Schubert) erlaube ich mir nicht - und meinem Gegenüber auch nicht. Aus meiner Erfahrung heraus fühlt sich auch niemand wirklich wohl dabei.


    Wie wichtig das auch in Musik sein kann, hat nun gerade Mahler ausgedrückt, dem es beinahe unmöglich schien, seine "heitere" Vierte zu Ende zu komponieren trotz der "abgestürzten" eigenen Gefühlswelt.
    Wer aber sonst als Mahler war dann auch Wegbereiter der Atonalität?!


    Bitte entschuldige, ich habe reduziert geantwortet und doch persönlich.
    Herzliche Grüße,
    Mike

    Liebe Bachiania,


    Du gerätst hier sehr schön formuliert in Gefilde, die normalerweise auszudrücken ich nicht in der Lage bin in schriftlicher Form.
    Dabei unterstütze ich Deine Sicht sehr wohl, würde sie nur weiter herunterbrechen wollen- so Du erlaubst.


    Seitens der Rezeption, dass Musik tiefer greift als Gefühle anzusprechen. Sie spricht Emotionen an.
    Damit kann sie exisistenzell werden als Ausdrucksform.
    Will sagen: mit Emotionen lässt sich nicht spielen, mit Gefühlen sehr wohl.
    Und das tun unsere Herren Telemann, Bach, Albinoni...sehr wohl.


    Die folgende Generation noch viel mehr!
    CPE Bach will nichts anderes. Das formuliert er in Worten, in Musik ohnehin.


    Um 1720 herum aber existieren noch Nationalstile: italienische Fugen sind horizontaler komponiert als die vertikalen deutschen.
    "Weltbürger" Telemann spielt auch damit.
    Und noch dazu mit dem verzwirbelten Stil der Franzosen.


    Irreführung und Täuschung sind in der Kunst ein grundlegendes Mittel- Telemann ist darin ein Meister. Ein unterschätzter.
    Händel geht ähnliche Wege: beide könnten strenge Fugen komponieren, tun es aber oft nicht.
    Warum nicht?


    Für mich aber tritt eine Frage zunehmend mehr in den Vordergrund: was ist mit der Musik, die "aus den Fugen" gerät?
    Schon Mozart hatte ein Problem; Beethoven meint, er könne nicht komponieren, weil er keine Fuge komponieren könne.
    Dass er doch konnte, wissen wir.


    Dass das selbe Problem des Handwerks auch für Mendelssohn, Schumann und Brahms immens wichtig war, wissen wir auch.
    Während es für Schubert oder auch Wagner kaum eine Rolle spielte.


    Tja, der Analyse Harnoncourts kann ich immer wieder nur folgen, dass sich das Hören von Musik aus der aktiven Beschäftigung mit Struktur- also auch Täuschung- gewandelt hat zur passiven Genusshaltung des heutigen Hörers. Im Allgemeinen.
    Schlüsselwerk für mich dabei die Sinfonia und Fuge d-moll von W.F.Bach, der im Adagio den passiven Hörer mitnimmt, in der Fuge aber den aktiven Hörer voraussetzt. Einen kundigen Hörer, der Trugschlüsse wahrnimmt und Fehlleitungen von Themen.
    Der im Grunde vom Hörer erwartet, vom wahrnehmenden zum beobachtenden Teilnehmer zu werden.


    Deine und Gomberts Analysen sind dabei unglaublich wichtig- aber werden nichts daran ändern, dass Musik als schön empfunden wird, geht sie runter wie Öl. Was ihr zwar imanent ist, aber doch viel zu kurz greift.
    Nicht von ungefähr hat therapeutische Wirkung immer nur Musik, die auch strukturell sinnvoll ist, also Bach, Vivaldi, Händel, Mozart, Haydn.
    Beethoven nur in Grenzen.
    Offensichtlich zählt das ausgewogene Verhältnis von Handwerk, also Beherrschung intellektueller Mittel wie Polyphonie, im Gleichgewicht zur Erregung der Empfindung beim Hörer.


    Und davon abgesehen, gelöst vom Zweck, spielt natürlich Genuss eine wesentliche Rolle.
    Das Teilen von Gefühlen....darum wird Schubert so gern goutiert....ähäm, sorry.
    Ich möchte hier darauf hinaus, dass auch die intektuelle, die strukturelle Seite von Musik, großen Wert besitzt und untrennbar verbunden ist mit dem Klang.


    Womit ich mich wiederfinde bei Berg und Webern. Dem in meinen Ohren kühlen Bartok oder der besonderen Ansatzweise von DSCH.


    Hätte mein Intellekt nicht auch Freude und Beschäftigung an Musik, allein mein Gefühl, wäre ich besser nicht hier.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    ..meine erste Antwort habe ich gelöscht.
    Meine zweite aber liest sich kaum anders.
    Hätte Schubert ein Tagebuch geführt, dann würde diese Sinfonie dort notiert sein.
    Wie auch folgende.
    Kein Böhm, kein Wand, kann daraus einen Bruckner machen, so sehr das (hier) auch gewünscht ist.
    Der frühe Schubert bleibt ein Kind.


    Nichts daran ist minderwertig oder gar schlecht, bitte versteht mich nicht so.
    Allumfassend in seiner Aussage wird es doch trotzdem nicht.


    Wer hier hat Kinder? Noch dazu in dem Alter, in dem die Eltern schwierig werden?
    Dann hört gut zu, was Schubert hier macht!
    Vorbilder nutzen um eine eigene Sprache zu finden.


    Und hoffend, dass Eure Kinder weniger infantil so jung sterben werden. Es ist nämlich wurscht, wie alt jemand wird wenn er 16 ist: er hat das Gefühl, das ganze Leben vor sich zu haben.
    Unser Rückblick macht daraus die Tragik, die nicht angelegt ist bei einem Knaben- und wenn doch, dann weil 16-Jährige gern kokettieren mit Tod und Sterben.


    Eigentlich ist diese Sinfonie rotzfrech, weiß alles besser, ist altklug und herrlich naiv.
    Mehr nicht - aber weniger auch nicht.


    Was also ist sie: ein Abhörmanöver bei Mozart, ein Abklatsch Haydns, eine Idee Beethovens.
    Viel mehr hat Schubert eigentlich nie komponiert.
    Das aber kann man aufnehmen und transportieren. Nur wird daraus kein Bruckner.


    Einem Dreikäsehoch zuhören, das ist wichtig. Aus ihm einen Genius zu machen, das bekommt ihm nicht.
    Und absoluter Blödsinn ist, einem Frühwerk eine Bedeutung zuzumessen, weil der Komponist mit nur 31 Jahren starb. Das wissen wir heute - er selbst wusste es nicht und die ganze Aufladung jeder Note mit Todessehnsucht, Angst und Schwere hat bei Schubert nichts zu suchen. Außer natürlich, wir wollten einem Jugendlichen alle Lebensfreude nehmen bevor er sie entdecken konnte.


    Schubert starb kurz nachdem er begriff, Unterricht nehmen zu müssen. Bis dahin allerdings hatte er schon mehr als 500 Lieder geschrieben; acht Sinfonien und sogar eine wirklich geniale dabei.
    Ansonsten hat er nichts weiter getan als Tagebuch zu schreiben - alle Quartette sind nichts weiter, die Klaviersonaten auch nicht.
    Nur suhlen wir uns in diesem Elend wie in dem der Anne Frank. Um uns wohlzufühlen.


    Na, wenn das keine Provokation ist! Nur ist sie als solche nicht gemeint.
    Ich mag Schubert nicht? Sicher, trifft zu - noch weniger aber mag ich, seine Werke zu stilisieren und ihnen zu oktruieren, was sie nicht sagen.
    Was wir meinen, was sie sagen....was übrig bleibt, ist meist allzu simpel. Albertibässe und eine schöne Melodie, die aufs Wandern passt.


    Und ich gebe mich jetzt ganz hin, beschimpft zu werden, weil ich an einem Thron gerüttelt habe.
    An einem Halbgott und mich nicht schäme.
    Womöglich tausche ich mit dem Schwammerl auf einem Spaziergang lieber die Hüte und trinke aus seinem Glase, sowie er aus meinem.
    Womöglich ist er ganz froh, nicht so furchtbar ernst genommen zu werden.
    Aber was weiß ich schon?!?


    Mike

    clck 3321

    Lieber WoKa,


    Du entschuldigst bitte, dass ich antworte und keinen Hehl aus meinem Zweifel mache.
    Eschenbach begleitet mich Zeit meines Lebens, zunächst noch als Partner von Justus Frantz bei Mozarts vierhändigen Werken.
    In meinem Werdegang als CD-Verkäufer hat mich seine Wandlung überrascht, dann doch ernsthaft mehr zu wollen als die zwei weiteren "linken Hände " des Justus zu sein.


    Und so geben die CD-Cover auch viel her, in Silber und mit geprägten Schriftzügen.
    Das Orchesterspiel unter seiner Leitung, meist Philadelphia oder Houston, ist auch auf dem gewohnten Niveau.
    Aber sagt er was?
    Bleibt nicht vieles nur beliebig und verliert sich in Schönklang, auch mit Renée Fleming, die das so gut kann?


    Alles klingt in sich stimmig, schön, füllig und warm.
    Wenn es das ist, was Du suchst, dann bist Du gut bedient mit seinen CDs.
    Ecken und Kanten wirst Du nicht finden.


    Mir ist das zuwenig - mir. Kann aber Dein Glück sein und davon rate ich Dir nicht ab.
    Keiner außer Dir selbst weiß, was Du hören möchtest.


    Man, was war ich wohl ein miserabler Verkäufer......
    Über mich lachend: Mike

    Lieber Joseph,


    sag ich doch!
    Allzu gern hätte ich Dir den link vom RTBF hier eingestellt, aber er ist inzwischen down.
    Immerhin: Du hast das Konzert ja hören können im ORF.
    Hast ihn wohl auch bannen können auf Deiner Festplatte....liest sich so. Wenn nicht: ich habe ihn, melde Dich.


    Und ja: mehr Beethoven mit Savall wäre toll! Derweil aber genügt Biber, der ja auch nicht übel ist.


    Hast Du die Mitschnitte gehört/gesehen aus Versaille vom Sommer? Jeweils eine Stunde Musik um Philidor, eine um Rameau und eine um DeLalande.
    Dessen "De Profundis" endlich mal stimmig musiziert und nicht in Floskeln erstickend, wie bei französicher Musik so oft.
    Bei Youtube auffindbar.....


    Herzliche Grüße,
    Mike

    Danke! Deine Antwort ist ein "Eichending".
    Könnte jetzt von mir die Frage kommen, woher Du seit 25 Jahren.....allzu Persönliches wäre hier aber wohl fehl am Platze und kaum geduldet. Antwort also mit Gundi: "Komm nicht zu früh, komm nicht zu spät. Und wenn es irgendwie geht: komm lieber nie."
    Gib's zu, Du kennst es.


    Herzliche Grüße,
    Mike


    allerdings natürlich wieder den Mitschnitt ohne Korrekturen und die Battalia "in echt" musiziert und nicht eingebaut aus der alten Aufnahme.
    Weiß gar nicht, was das eigentlich soll: das Umherwandern des ersten Geigers ist doch Konzept und wird aufgehoben durch den Einbau der vorhandenen Aufnahme.
    Bedauerlich, denn Savall gelingt mal wieder eine zu Herzen gehende Interpretation von Musik, die oft sperrig daherkommt und nicht gern empfunden wird - als natürlich über ihren klanglichen Reiz.


    Eigentlich seltsam, dass derart lärmende Musik so besonders innige Momente hören lässt. Bei Savall zumindest.
    Aber um Effekte geht es ihm ja nie.


    War eigentlich wer von Euch Wienern in dem Konzert?
    Las ich gar nichts drüber ...... naja, es gab ja keinen Mozart, sondern nur Biber .... und für Salzburg.


    Grinsend: Mike

    Lieber Joseph,
    danke für Deine Zeilen.
    Offenbar kennst Du sogar noch mehr Mitschnitte der Sibelius Zweiten als ich.


    Du sagst einen Satz, der mir ganz wichtig erscheint: "Dr. Szell bei der Arbeit..."
    Mein Eindruck ist, dass er nie davon ausging, ein Werk zu beherrschen, stattdessen sich stets aufs Neue damit auseinandersetzte um zum "Kern" zu finden.
    Was er dann auch von seinem Orchester erwartete- und vom Publikum.


    Keines seiner Dirigate der "Eroica" ist dem anderen deckungsgleich, stets sucht Szell nach dem "richtigen Ausdruck" und manchmal wird er dabei auch recht persönlich.
    (Ich kenne wohl mehr Beethoven als Sibelius unter seiner Leitung.)


    War das nicht in Wien, dass man ein paar Kreutzer bot, damit der Lärm aufhöre?
    So lässt sich der letzte Mitschnitt der "Eroica" an aus Cleveland vom Februar 1970: schroff, abweisend und dennoch schön.
    Nur eben nicht von der Schönheit des burgunderfarbenen Plüschsofas, die sonst oft so gern praktiziert wurde, sondern mit einer Schweigeminute für Robert Kennedy, während Szell zuvor seinen Dank ausspricht an ihn, an Musiker und Publikum.


    Mein Eindruck ist immer wieder, dass er 1968/69 sein Orchester zu dem Ensemble geformt hatte, das seinem Ideal entsprach.
    Nicht, dass das nicht schon früher "funktioniert" hätte, aber in diesen Jahren nimmt Szell Werke ins Repertoire auf, die er früher nicht im Programm hatte. Den erwähnten Tschaikowski, Verdis Requiem, so manchen Mahler....Schumanns Cellokonzert. Brahms mit allen Wiederholungen...und sehr viel damals "Neue Musik".
    Nicht von ungefähr auch "Alte Musik" und dirgiert Corelli und Bach. Vokalwerke wie Mozarts Requiem, Beethovens Missa Solemnis, Bruckners Te Deum.
    Nicht zuletzt auch große Kammermusik wie Mozarts Gran Partita und Strauss' Metamorphosen.


    Lieber Joseph, verzeih mir bitte die kleine Abwandlung Deines Schlußsatzes: Szell ist definitiv einer der ganz großen Dirigenten.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    ...ohne allzu großen Widerspruch gilt ja allgemein Szells Aufnahme von Mahlers Vierter als nicht nur eine seiner gelungendsten Aufnahmen, sondern auch als eine der besten des Werkes überhaupt.


    Ich höre gerade den dazugehörigen Mitschnitt und der ist nicht nur präzise wie die Platte, sondern perfekt.
    Nämlich nicht, weil man alles hat wiederholen können, sondern weil es vom Orchester einfach kommt.


    Perfekt aber vor allem, weil live noch deutlicher hörbar wird, wie Stimmenübergaben innerhalb des Orchesters "funktionieren" und nichts dem Cutter überlassen werden muss, sondern ohne Zufall bis zur Leichtigkeit schwer erarbeitet wurde.
    Dazu sind Klangschattierungen hörbar, im Detail, die im Studio im "großen Fluss" verloren gehen. Gerade deshalb aber fließt hier alles noch selbstverständlicher.


    Noch deutlicher aber ist die größere Vielfalt des Ausdrucksspektrums, das im Kleinen mehr Raum hat für Ruhe, für diese feine Ironie der Sinfonie und die eben verschwiegene Tragik dahinter.


    Alfred, unter Umständen stimme ich Dir zu, dass es Musiker gibt, die im Studio erst Perfektion leisten- Szell jedenfalls gehört nicht dazu.
    Die Summe aller Teile, die im Studio eben das runde Ding abgeben, ist im Konzert bei ihm mehr und mehrdimensionaler.
    Schlicht: von absoluter Schönheit.
    Etwas, das zu erreichen ihm im Studio selten gelang.
    Und eine kleine Lachfalte, ein Grübchen oder ein Leberfleck machen erst ein Gesicht schön, nicht das Ebenmaß ohne Charakter.


    Erinnert mich auch gerade an eine Unterhaltung mit einem sehr engen Freund, in der es darum ging, dass jeder von uns dann doch mindestens einen Wunsch hat, einen Traum, für den er alles tun würde.
    Für mich ist das, einmal ein Konzert Szells erleben zu dürfen.
    Tja, Träume müssen unerfüllbar sein, sonst sind sie keine Träume.


    Dabei respektiere ich natürlich Deinen Umgang mit Spontaneität, aber teile ihn nicht.
    Ich könnte nicht nur meinen Beruf nicht ausüben, ich hätte auch weitaus weniger Freu(n)de in Musik.
    Führen eben viele Wege nach Rom.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    Lieber Alfred,
    ein wenig irritiert mich Deine Antwort.


    Offen bleibt, ob Du den "billigeren" Klang auf CD nicht wünschst des Mitschnitts, oder generell lieber ein Kunstprodukt bevorzugst.


    Im speziellen Fall: Szell konnte live einiges dirigieren, was ihm auf Platte zu bannen verwehrt blieb.
    Mit Bernstein unter einem Dach beim selben Label war da hinderlich für den "Logiker".
    So manches von Szell dirigierte Werk von Profieff, Stravinsky oder Franck oder Tschaikowsky, Mahler...ist nur über Mitschnitte zugänglich.
    Und je mehr ich davon kenne, um so relativer werden Differenzen im Klanglichen, sondern um so deutlicher Gemeinsamkeiten, die LP und Konzert verbinden: nämlich "alles im Griff" zu haben.
    Wohlwollend provokant: magst Du ihn nicht, weil er "Kontrollfreak" war wie Du selbst?


    Denn Realität sind doch wohl die Konzerte, die Produktionen eher Pressfleisch. Berechtigung haben beide.
    Im Falle Szells ziehe ich Mitschnitte sogar vor, weil ihnen eigen ist, was ihnen im Studio oft abgeht, nämlich die echte Interaktion aller Beteiligten.
    Ganz abgesehen von der Vielfalt der Werkauswahl.


    Da Du es absolut formulierst, formuliere ich es ebenso: Mitschnitte sind im jedem Falle vorzuziehen, da sie die Flexibilität, Wachsamkeit und das perfekte Zusammenspiel besser abbilden als die Studioproduktionen, die noch dazu klangliche Defizite mitbringen, die aber nicht aufgewogen werden mittels Spannung und Farbigkeit.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    Lieber Joseph,


    keineswegs würde ich soweit gehen und den "Cleveland-Klang" als reines Studioprodukt klassifizieren.
    Du sprichst hier Aspekte an, das mangelnde Bassfundament, den schlanken Klang.


    Andere Aspekte aber, nach denen man beschreiben könnte, spielen eine ebenso wichtige Rolle: die Rhythmische Präzision, die Fähigkeit, kammermusikalisch zu musizieren- aufeinander zu hören.
    Und die, so höre ich das, finden sich in allen Studioproduktionen, noch viel mehr aber in den Mitschnitten wieder.


    Klangliche Balance ist wichtig, aber nicht alles.


    Sollte ich Dein posting zu "schwarz/weiß" gelesen haben, bitte ich um Nachsicht.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    Lieber operus,


    nun wiederum meinen Dank, dass Du mein Schweigen akzeptierst.
    Mich weiter auszulassen, gäbe mir das Gefühl, die Privatsphäre "meiner" Bewohner zu verletzen.
    Für sie zu reden statt ihnen selbst das Wort zu überlassen.


    Oberflächlich bertrachtet, ist das alles längst "off topic".
    Bei genauem Hinsehen jedoch ist es das nicht.
    Denn es zählt zunächst, was jemand in seiner Sprache ausdrückt und dort begegne ich ihm.
    Irgendwie ist es wurscht, ob das Mozart, Haydn oder Frau Müller oder Herr Schulze ist.


    Ich wiederhole mich, ich weiß. Es ist aber meine Pflicht, die Sprache zu lernen dessen, den ich verstehen möchte.
    Insofern ist HIP kein Trojanisches Pferd, sondern eher unser romantisch geprägtes Musikverständnis, das ein anderes Vokabular benutzt als das des Urhebers. Somit ist die Frage eigentlich völlig falsch gestellt, denn sie meint die Rezeption, nicht die Aussage.
    Will sagen: wir passen uns die Sprache eines Mozart an unsere Gegebenheiten an, nicht umgekehrt.
    Das Mozarts Musik das zulässt, ist Teil seiner universellen Genialität- Missverständnis bleibt es dennoch.
    Wir hinterfragen Mozarts Ausdrucksweise, nicht unsere- was wir tun sollten.


    Lieber operus, mir selbst versagen manchmal die Worte, so jetzt hier.
    Es tut mir leid.
    Erst heute, an einem freien Tag, überkommt mich die ganze Dankbarkeit und Trauer für die alte Dame, die vor ein paar Tagen endlich sterben durfte.
    Die weder aß noch trank zuletzt, aber immer von sich absah und ihren Dank aussprach: "Sie sind wieder da! Da geht es uns allen gut."
    In ihren letzten Stunden war verwischt, wer für wen da ist.


    Und dieses "blöde" Forum hier erreicht gerade, dass ich meinen Tränen freien Lauf lasse und zutiefst empfinde, mit welchem Reichtum ich beschenkt werde, mit welcher Armut aber auch.
    Bitte: keine Antworten darauf!


    Mike

    Lieber operus,


    ganz herzlichen Dank für Deine Worte.


    Zum Thema" Demenz und Musik" allerdings gibt es nicht viel zu sagen: wie üblich gibt es bei Wichtigem wenig zu reden, viel zu handeln.
    Demenzkranken versiegt oft die Sprache, oftmals vollständig.
    Stattdessen fallen ihnen ganze Strophen von Liedern ein beim Singen, die uns selbst nicht mehr geläufig sind.


    Demenzkranke leiden oft unter großen Ängsten, meist von außen völlig irrational in ihren Ursachen.
    Musik hilft hier oft sehr, Entspannung zu bringen, Ablenkung und tiefe Konzentration. Oder auch das Gegenteil.
    Mit scheint oft, als würde Musik im Stammhirn ansprechen, dort, wo eigentlich Urhandlungen gesteuert werden wie Essen, Schlafen und dergleichen. Oft wirkt es, als sei Musik die eigentliche Ausdrucksmöglichkeit des Menschen, noch vor der Sprache und wir kommunikativ eher mit einem Krokodil verwandt als mit dem Mitschreiber in einem Forum.


    Dennoch gibt es einen Sinn, der noch tiefer mit Erinnerungen verbunden ist: der Geruchssinn.
    Den wir meist als solchen überhaupt nicht wahrnehmen und dessen Bedeutung wir meist unterschätzen.


    Mittels Musik lässt sich vieles auslösen, hervorholen, Freude bereiten- oder eben auch Angst oder gar Panik.
    Allein: einer Knoblauchzehe, deren Geruch, gelingt das noch unmittelbarer und unabhängiger von Tagesform.
    Betrachte nur unseren Wortschatz, der sagt, man könne jemanden nicht riechen. Derlei Beispiele gibt es zuhauf.


    Sei bitte nicht stinkig, grins, dass ich Deine Anregung zwar aufnahm, aber nicht zu vertiefen gedenke.
    Herzliche Grüße,
    Mike

    Johannes, wir sprechen nicht die selbe Sprache.


    Ich beziehe mich auf Deine Worte- und auch hier sagst Du, Du könntest eine Interpretation beurteilen ohne sie (komplett) gehört zu haben.
    Nein, "Ich" sagst Du nicht, sondern "man" und sprichst damit für mehrere.


    Mag sein, dass das im Forum Konsens ist und ein Moderator derart stimmgewaltig ist: was ich gehört habe, wage ich zu kommentieren. Was jemand anders nur zum Teil gehört hat, hat zu erlauben, dass ihm zuteil wird, Kritik zu ernten.
    "Man" sei nicht so arrogant bitte!
    Ich stehe zu dem, was ich ganz gehört habe.

    Hallo lutgra,
    wie wichtig aber ist das?


    Bei allen Bemühungen, hier zu schreiben- welchen Stellenwert hat das Forum?
    Mag Dich von mir unterscheiden, ich kann auch ohne leben.
    Alfred setzt hier Lebenskraft ein-und Du fragst nach Dir.
    Mach Dein eigenes Forum, das lebt dann vielleicht solange Du willst.
    Bis dahin gibt er das Vehikel, die Basis, das Forum eben, Dich äußern zu können- genieße es dankend.
    Dankbarkeit ist ein Schlüsselwort- und eine immens tiefe Empfindung.

    Hallo Johannes,
    bis hierher bin ich Deiner Meinung.
    Auch wenn sie ablenkt von dem, was Caruso eigentlich erfragen wollte.


    Du weißt, dass ich Dir nie verzeihen werde, Harnoncourts "letzten" Mozart so "agefackelt" zu haben ohne ihn überhaupt gehört zu haben.
    DAS ist ein ein Problem hier: man, wir, Du, ich....wissen alles. Statt Fragen zu stellen.
    Weder mit Zahlen, noch mit Selbstbeweihräucherung kommen wir der Antwort nahe, die Caruso eigentlich erwartet.


    In meinem Verständnis stellt er die Sinnfrage. Und genau die sollte ihm beantwortet werden ohne auf Zahlen zurückzugreifen oder diplomatisch nichts zu sagen, dennoch zu schreiben.
    Was ich hier gerade selbst tue- aber einen Standpunkt im "Ur-Thread" bezog.
    Drumherumreden kann man mir wohl nicht vorwerfen, sollte ich hier "rausgekickt" werden.
    Moderator werde ich nie, dazu fehlt mir die Gabe, zu schreiben ohne Stellung zu beziehen.


    Lieber Caruso, bitte: formuliere nochmal neu, worum es Dir geht.
    Herzliche Grüße,
    Mike

    ...nochmals: ein Concerto Grosso mit vier gleichberechtigten Stimmen, wobei das Orchester eine ist.
    Differenziert zu agieren hat statt Begleitung zu spielen, während die drei "Nicht-Solisten" auf Augenhöhe zu agieren haben.
    Jede Art Wertung im Sinne von Bevorzugung geht fehl: alle sind stets gleichberechtigt, aber bereit, die Führung anderen zu überlassen.


    Im Violinkonzert geht Beethoven den Weg, den Solisten, den einen, einzuschmelzen in das gesamte Geschehen. Im Tripelkonzert geht er weiter und beruft sich auf tradierte Wege: das Plaudern aller auf gleichem Niveau.


    Dieses Konzert, wie eigentlich alle Beethoven-Konzerte, lebt vom Geben und Nehmen zwischen "Nicht-Solisten" und Orchester.
    Wer hier Solist sein will, verkackt das ganze Konzert.