Gut, daß wir im Tamino-Forum zwei » Experten » haben, die die Neue Musik verstehen !
Viele Grüße
Jacques
Beiträge von Jacques
-
-
Ihr bewegt die ganze Musikgeschichte, die Entwicklung der Rezeption und die Intentionen der Komponisten. Musik ist aber eine direkte Sprache, die unmittelbarste aller Künste, und Konsonanz und Dissonanz werden sofort ohne historischem Kontext aufgefaßt und lösen bestimmte Gefühle oder Emotionen aus. Deswegen behaupte ich weiter, daß es nicht möglich ist, Freude auszudrücken wenn man, als Komponist, keine Dreiklänge mehr benutzen darf. Es hat nichts mit dem Komponisten zu tun , sondern es hängt direkt und nur von der Musiksprache selbst ab. Ein Klima der Freude kann sich eben nicht entfalten, wo nur Spannungen (= Dissonanzen) sind.
Bisher konnte mich niemand mit einem Werk überzeugen. Entweder sind die Akkorde nicht dicht genug oder Ihr sprecht von Spannungsunterschieden. Da die Instrumentation eine wichtige Rolle spielt, könnt Ihr vielleicht die Suche auf das Genre des Streichquartetts begrenzen. Erstens weil es die Musik in ihrer reinsten Erscheinung verkörpert , ohne jedes andere Hilfsmittel. Zweitens weil es in der Klassik und Romantik eine Fülle von fröhlichen Sätzen gibt für diese Formation. Ich habe nie behauptet, daß die Neue Musik nicht expressiv sei, sondern lediglich, daß es ihr eine wichtige Art des Ausdrucks fehlt, nämlich die der Freude. Die tonale Musik konnte dagegen alles ausdrücken, sogar Angst und Schrecken.
Viele Grüße
Jacques -
Auch Debussys Musik
Debussy ist nicht atonal.
Ich habe einen japanischen (!) Kollegen, der mir bewegter Stimme erzählte, wie sehr ihn gerade die Musik von Pärt emotional mitnahm.
Kein Wunder, es ist Pseudo-Tonalität, eine Art Avant-Garde für die breite MasseHier spielt Maurizio Pollini Stockhausens Klavierstück IX, also Zwölftonmusik abstraktester Art, hochemotional - wie man es seinem Gesicht auch ansieht.
Hochemotional heißt nicht freudigAls Vorschlag für lustige Avantgardemusik würde ich einmal vorschlagen:
Gerard Pesson - Récréations Françaises
(siehe youtube)Das ist sozusagen aus der Lachenmann-Richtung.
Passt auch zu Vivaldis Frühling, da es am Beginn zwitschert und zirpt.Komisch oder lustig heißt nicht freudig! Und siehe da, welches Rhythmus hört man dauernd am Anfang? Das Amboß-Rhythmus von Wagner (19. Jahrhundert!). Und wenn wirkliche Dichte kommt (05:50) Angst und Schrecken!
Viele Grüße
Jacques -
Lieber Holger
Wer vor der Wüste der Atonalität Angst hat oder bei diesen Klängen Angst empfindet, der kann einfach das Wünschen nicht lassen, würde Schönberg hier antworten!
Zum Beispiel die Filmkomponisten die jede Angstszene mit Dissonanzen untermalen.Wie Du es weißt gibt es viele tonale Werke die einen Eindruck der Freude vermitteln : Vivaldis Frühling, Mendelssohns Italienische, Anfangschor vom Bachs Weihnachtsoratorium, usw...Könntest Du mir ein Werk der atonalen Musik nennen, das ähnliche Emotionen beim Hörer auslöst ?
Viele Grüße
Jacques -
Meine Hörerfahrung ist, daß etwa "Pli selon pli" von Pierre Boulez ein völlig "entspanntes Klima produzieren" kann. Die Dur-Moll-Tonalität begünstigt sicher den Ausdruck einer bestimmten Art von Subjektivität, die ein Streben und Wünschen ausdrückt. Der expressionistische Schrei erstrebt aber auch nichts, drückt sich dabei aber höchst expressiv aus.
Genau was ich sagte, lieber Holger, das entspannte Klima entfaltet sich nur wenn keine richtige Begleitung zu hören ist (der asiatische Charakter des Instrumentariums trägt auch dazu bei). In dichten Passagen wird das Klima unruhig,oder es herrscht eine Atmosphäre der Angst. Freude oder Optimismus habe ich immer noch nicht gespürt!
Viele Grüße
Jacques -
Als Nebenschauplatz in Regietheater - Konzepttheater - altbackene versus moderne Inszenierung aufgekommen und hierher ausgelagert.
KSMDas würde ja bedeuten, lieber Jacques, daß "atonale" Musik dann generell weniger ausdrucksfähig sein müßte als tonale. Eine etwas sehr kühne These, finde ich.
Absolut! Es ist keine These sondern zuerst eine banale Hörerfahrung. Die atonale Musik kann nicht z.B den Eindruck von Freude oder Optimismus vermitteln. Dann kommt eine logische Erklärung : da diese Musik nur aus Dissonanzen besteht, kann sie nur Spannungszustände schaffen. Höchstens kann vielleicht eine Tonfolge ohne Begleitung ein entspanntes Klima produzieren.
Zudem ist es ja so, daß mit die extremsten, "expressivsten" Klänge, die in tonaler Musik vorkommen, auf ein tonales Zentrum ja auch schon nicht mehr beziehbar sind.
Die Dissonanz der kleinen Sekunde die überall vorkommen kann - und das seit Jahrhunderten- finde ich extrem expressiv . Es braucht nicht immer das Megaakkord von Beethovens Neunte zu sein!
Viele Grüße
Jacques -
Das würde ja bedeuten, lieber Jacques, daß "atonale" Musik dann generell weniger ausdrucksfähig sein müßte als tonale. Eine etwas sehr kühne These, finde ich.
Absolut! Es ist keine These sondern zuerst eine banale Hörerfahrung. Die atonale Musik kann nicht z.B den Eindruck von Freude oder Optimismus vermitteln. Dann kommt eine logische Erklärung : da diese Musik nur aus Dissonanzen besteht, kann sie nur Spannungszustände schaffen. Höchstens kann vielleicht eine Tonfolge ohne Begleitung ein entspanntes Klima produzieren.
Zudem ist es ja so, daß mit die extremsten, "expressivsten" Klänge, die in tonaler Musik vorkommen, auf ein tonales Zentrum ja auch schon nicht mehr beziehbar sind.
Die Dissonanz der kleinen Sekunde die überall vorkommen kann - und das seit Jahrhunderten- finde ich extrem expressiv . Es braucht nicht immer das Megaakkord von Beethovens Neunte zu sein!
Viele Grüße
Jacques -
Dissonanz ist natürlich ein vieldeutiger Begriff. Wenn man Dissonanz nicht funktional definiert, sondern durch die Innenspannung eines einzelnen Akkords, dann kann er sowohl z.B. eine schwebende Stimmung ausdrücken oder aber auch expressiv sein. Das hängt dann von der besonderen Qualität des einzelnen Akkordes ab.
Ich dachte im Grunde an die zeitgenössische Musik und nicht an die ….....altbackene Musik (Schönberg, Berg). Diese Zeit der zweiten Wiener Schule ist noch ein Übergang von der Tonalität zur Atonalität. Dreiklänge spielen z.B. bei Berg noch eine große Rolle. Wenn Du aber eine Akkordfolge in einem seriellen Werk mit einem Dreiklang unterbrichst, wirst Du eine ähnliche Wirkung erzielen wie die eines Renaissance -Musikers, der nach einer langen konsonante Stelle plötzlich Dissonanzen verwendet. In der tonalen Musik ist die Ausdruckskraft wegen des Übergangs von einem Ruhezustand (Konsonanz) zu einem Spannungszustand (Dissonanz) groß. In der atonalen Musik gibt es dagegen nur Spannungsunterschiede zwischen den Dissonanzen.
Einige Philosophen haben ihre Theorien zu den Dingen zu Papier gebracht, und jeder sieht diese anders. Aber es bleibt alles blasse Theorie. Es ist vielleicht die theoretischste Wissenschaft überhaupt. Natürlich kann sich jetzt jeder heraus ziehen, was ihm passt, aber kann man das als allein gültige Wahrheit hinstellen? Und welchen Gewinn bringt das für das praktische Leben.
Lies Schopenhauers Aphorismen zur Lebensweiheit !
Viele Grüße
Jacques -
In der polemischen Auseinandersetzung mit Neuer Musik (Schönberg, Berg) ist ja auch immer wieder dieser Fehler gemacht worden, Dissonanzen generell als "Häßlichkeiten" aufzufassen, wo sie doch eigentlich nur "Ausdruck" bedeuten.
In der Neuen Musik könen die Dissonanzen kein Ausdrucksmittel mehr sein, wenn nur Dissonanzen zu hören sind. Dann wird umgekehrt ein Dreiklang expressiv.Wenn die Musik aber nur noch aus Dissonanzen besteht, ist zumindest für meine Ohren soviel "Ausdruck" nur noch hässlich.
Mann kann nicht einfach die Dissonanzen als häßlich betrachten. Die Neue Musik ist nur eine neue Sprache an die man sich gewöhnen muß. Einmal diese Sprache verstanden, begegnet man, wie in allen Epochen, guten Werken und schlechten Werken, edlen Werken und häßlichen bis vulgären Werken (ich spreche hier nicht von Opern, die Musik selbst ist vulgär).Für mich ist die Häßlichkeit in den ominösen Inszenierungen das kleinste Übel. Viel schlimmer sind der Primitivismus und die Vulgarität. Wir sind heutzutage von Häßlichkeit umgeben. Ich bedauere es zutiefst, kann aber es nicht ändern und muß damit leben. Primitivismus und Vulgarität werde ich dagegen immer mit Heftigkeit von mir weisen. Das habe ich mit dem Idomeneo von René Jacobs getan.
All diese philosophischen Exkurse, diese Zitate von Wagner bis Mann bringen nichts füt das Kernthema,
Ich bin nicht Philosoph, wundere mich aber trotzdem, warum in einem deutschsprachigen Forum und bei solchen Diskussionen immer die ewigen und quasi-obligatorischen Adorno und Hegel auftauchen und nie Schopenhauer, der soviel über Musik und Ästhetik geschrieben hat.Viele Grüße
Jacques -
Wäre die Lage nicht entspannter, wenn wir einen « gesünderen» Musikbetrieb hätten ? Wenn die Kluft zwischen den zeitgenössischen Komponisten und dem Publikum nicht so groß wäre, hätten die « progressiven » Regisseure die Gelegenheit, sich in den neuen Opern vor einem großen Publikum zu profilieren. Wenn sich dann unästhetische Inszenierungen, schlechter Geschmack in diesen neuen Repertoiren ausbreiten würden, wäre es kein Problem mehr, weil es der Realität der heutigen Gesellschaft entsprechen würde. Es sei denn , der Komponist wäre dagegen (für die Premiere zumindest, dann würden die Regisseure bestimmt immer neue Interpretationen von den Werken leisten). Die anderen Regisseure würden uns dann vielleicht einen Schuster in dem Meistersinger gönnen. Ist es ein Wunschtraum von mir ? Was meint Ihr ?
Viele Grüße
Jacques -
Thema 1 hat die Tendenz, sich von der Tonike (f) abzustoßen
Warum hätte ein einziges Moll-Arpeggio diese Tendenz? Mozart ist das Gegenbeispiel : das Thema des Finales seiner g-Moll Sinfonie KV 550 beginnt mit den gleichen Noten (nur in g-Moll) und Mozart bleibt 40 Takte lang in g-Moll.
während Thema 2 gerade zu seiner Tonika (As) hinstrebt
Es tut es sofort :T.1 Dominante T.2 Tonika.So entsteht das Paradox einer thematischen Kontinuität, ohne daß aber die Kontraste völlig eingeebnet werden. Beim Hören kann man sich vielleicht entweder mehr auf das Kontinuierliche oder die Kontraste konzentrieren, woraus vielleicht die verschiedenen Eindrücke resultieren..
Es ist ein intellektuelles Gebäude, das nicht zum Bewußtsein des Hörers gelangen kann.
Übrigens, der zweite Akkord in Mozarts Finale ist eine verminderte Septime, die man im 2. Thema der Beethovensche Sonate wiederfindet!Viele Grüße
Jacques -
Ich empfinde das Geschehen eher als verwischt, wie kurzstueckmeister. Auf einer Seite hat man einen großen Kontrast zwischen Haupt- und Seitenthema (entschlossener aufsteigender Anfang des Arpeggios gegen schüchternes absteigendes Tonleiterfragment), ein deutliches Signal von Beethoven, T. 14-18, mit der Motivwiederholung, besonders die letzte mit Oktavverdoppelung und dem forte (man merkt, daß etwas Neues kommen wird). Auf der anderen Seite gibt es keinen Kontrast in der Themendynamik (beide sind piano) und der Einschnitt wäre viel klarer gewesen, wenn das Seitenthema ein Takt später beginnen würde oder/und wenn die Begleitung der linken Hand ruhiger wäre. Im Grunde klärt sich das Ganze nur in der Entwicklung, wo das Seithenthema eine wichtige Rolle spielt. Dieser Eindruck der Verwischung ist wahrscheinlich durch die Kürze der Themen (die motivische Arbeit setzt auch sofort ein) betont.
Viele Grüße
Jacques -
Der erste Satz ist der Kopf, der zweite, das Adagio, ist das Herz und das Finale: Das sind die Beine
Ja, schön, aber was ist zwingend daran?
Die Bemerkung von Hába ist eine schöne Charakterisierung der Sätzen, finde ich.Klar, mit einem allzu langsamen Stück zu schließen wäre, als Unterhaltung eine wichtige Funktion der Musik war, etwas seltsam gewesen.
Es ist natürlich sehr selten, kommt aber vor (Presto-Minuetto bei Boccherini).Wenn bei Haydn ein Menuett den letzten Satz bildet, ist das oft auch ein vergleichsweise gewichtiger Satz, wie eben in der o.g. Sinfonie #26 oder zB auch in der cis-moll-Klaviersonate (Moderato-Scherzo-Menuett) . Aber es ist eben insgesamt ziemlich selten bei Haydn.
In der Regel enden die zwei- und dreisätzigen – der erhältlichen ! - Werke von Boccherini mit einem Menuett. Es war für ihn, wie ich schon schrieb, ein sehr wichtiger Satz, in dem er die Eleganz seiner Musik , Klangkombinationen und rhythmische Einfälle (manchmal spanische Rhythmen) entfalten konnte. Er hat offensichtlich nie das Menuett antiquiert empfunden. Im Gegenteil, die Menuette des Op. 29 weisen romantische Züge auf, die so Schubert antizipieren. Dafür löst er sich ziemlich schnell von der Fuge.
Viele Grüße
Jacques -
Danke, lieber Dr. Pingel, für die schöne Zitate!
Jeder kennt die Orchesterfassung vom Saint-Saëns Danse Macabre. Das weniger bekannte Originallied ist köstlich :
Viele Grüße
Jacques -
Ich muß leider wieder zitieren, was Diether de la Motte über die Sonatenform schreibt, scheint mir in unsere Diskussion zu passen.
« (…) Man erwartet nun das Allegro-Finale, ja man hat es nötig als Ausgleich. Das hat für meine Ohren noch niemand so treffend formuliert wie der tscheschiche Komponist ALOIS HÁBA, den ich auf einer Musiktagung kennenlernte. Er kritisierte in einer Diskussion gewisse Tendenzen der neuen Musik zur Denkakrobatik und pries demgegenüber die Weisheit der klassischen Sinfonie- und Sonaten-Hauptsätze : « Der erste Satz ist der Kopf, der zweite, das Adagio, ist das Herz und das Finale : Das sind die Beine. »Ich vergesse das nie mehr (…) und finde seitdem nicht nur die klassische Musik, sondern auch Herrn HÁBA sehr weise. Denken – Empfinden – Bewegen. Intelligenz – Emotion – Vitalität : Drei Bereiche des Menschseins. Eine Kunst muß verkümmern, wenn es ihr nicht gelingt, alle drei Bereiche, also den ganzen Menschen, zu umfassen. » (*)
So gesehen würde also eine dreisätzige Form genügen. Die viersätzige erfüllt auch dieselbe Aufgabe, die "Beine" werden nur progressiv schneller. Schnell-langsam-schnell paßt, schnell-langsam-Minuett im Grunde auch.
Vielleicht, weil man eine bessere Balance zu dem gewichtigen Kopfsatz haben wollte als ausgerechnet ein Menuett?
Es könnte für die Wiener Klassik stimmen, nicht aber für Boccherini , der gewichtige Menuette komponiert.(*)Musik aktuell, Diether de la Motte, Form in der Musik,Bärenreiter, 1979, S. 62)
Viele Grüße
Jacques -
Meines Wissens ist die Variante mit Menuett am Schluss die ältere (und somit kein "Experimentieren"): z.B. früher Sammartini. Vielleicht kommt das auch aus der Tradition der Ouvertüren mit nachfolgenden Tanzsätzen?
Es ist nicht leicht genau zu beurteilen, wann die Experimentierung beginnt. Man findet fast immer Vorlaüfer und bei der Fülle der Komponisten ist es nicht gerade überschaubar, ganz zu schweigen von den Lücken, die wir immer wieder in unserer Kenntnis der Musikgeschichte feststellen müssen. Selbst wenn man einen Vorläufer findet, muß die Musikwissenschaft Spurensuche betreiben, um zu wissen, ob der Komponist diesen Vorlaüfer gekannt haben könnte.
Der Name Sammartini taucht tatsächlich oft in solchen Fällen. In seinem Buch über Boccherinis Streichquartette (Boccherinis Streichquartette, Studien zur Kompositionsweise und zur gattungsgeschichtlichen Stellung, Wilhelm Fink Verlag München) nimmt der Musikwissenschaftler Christian Speck den dreisätzigen Zyklus von Boccherinis Quartetten Opus 2 unter die Lupe und schreibt :« Es ist nicht möglich, daraus auf ganz bestimmte Gattungswurzeln zu schließen, da um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine Reihe von instrumentalen Gattungen in Italien Dreisätzigkeit aufweist. Die Satzfolge schnell – langsam – Menuett gibt es in der Opernsinfonie ebenso wie im Concerto a quattro, den Sinfonien a tre oder a quattro Giovanni Battista Sammartinis aus den Dreißigen Jahren und in der Sonate (.....) .man kann um die Mitte des 18. Jahrhunderts bis zu einem gewissen Grad von einer « Vermischung der verschiedenen musikalischen Gattungen » sprechen. »
Die terminologische Unsicherheit ist auch im Falle dieser Quartetten deutlich : « im Titel der in Lucca aufbewahrten Stimmenabschriften heißen die Quartette jeweils « Sonata a quattro », ebenso in den dazugehörigen Partiturabschriften. Im Titel des Erstdrucks von Venier heißen sie « Sei Quartetti » oder, in anderen Exemplaren, « Sei Sinfonie o sia Quartetti ». In einer Wiener Stimmenabschrift tragen sie jeweils die Bezeichnung « Concertino »
Es ist zwar nicht ininteressant zu erfahren, daß Finscher vermutet, daß Mozart die Satzfolge seines Lodi-Quartetts KV 73f von den Streichtrios Boccherini übernimmt, aber für uns, Musikliebhaber, wird es wirklich spannend, wenn die Musikwissenschaftler beginnen, nach dieser Fülle von historischen Details, nach dem musikalischen Sinn zu suchen, wie es Johannes gemacht hat.Viele Grüße
Jacques -
Bei Komponisten wie Boccherini gibt es zwei- und dreisätzige Quartette, da kann ein Menuett auch mal als Finale dienen (wie bei Haydn öfters in Klaviersonaten und -trios).
Köder gut, Fisch zu langsam, aber man tut was man kann.
Boccherini war, wie Haydn, ein sehr innovativer Komponist und hat tatsächlich viel mit der Form experimentiert, sei es in den Sinfonien oder in der Kammermusik. Die Satzanordnung wechselt häufig, es gibt zyklische Formen und Menuette mit Variationen. Das Verblüffendste findet man aber bei Mozart der zwei Adagios aneinanderreiht (im Streichquintett g-Moll KV 516). Der zweite Satz ist ein Menuett, der dritte ein Adagio ma non troppo, der vierte ein Adagio-Allegro. Das zweite Adagio ist zwar als Einleitung des Allegros gedacht, hat aber eine nicht unbedeutende Länge von 38 Takten. Das Einzigartige hier ist aber die Tatsache daß das zweite Adagio langsamer ist als der erste!
Viele Grüße
JacquesIch habe hiermit mal einen neuen Thread aufgemacht,
JR -
Lieber Willi,
Um Gottes willen, nein, Du hast mich falsch verstanden. Der Grund ist hier:
Werdet ihr nicht langsam ein wenig off topic, lieber Felix und lieber Jacques?
Da hatte sich Boccherini (ganz von selbst :D) ausgebreitet und ich wollte einfach nicht daß dasselbe hier mit Karajan stattfindet. Ich wollte nicht den Fluß der Diskussion stören. Es genügt, wenn ich mit meinen harten Kritiken ins Forum platze. Das mache ich übrigens nur mit sehr fragwürdigen Interpreten. Du bist ein Pärvi-Anhänger, hast aber ganz gelassen reagiert und ich weiß dies zu schätzen. Ich habe inzwischen Thielemann gehört und finde es in Ordnung. Vor Jahren war ich auf den Beethoven-Zyklus von Gielen gespannt, weil ich ihn gut von der Neuen Musik Ecke kannte. Der hatte mich auch ziemlich enttäuscht.
Eines möchte ich noch klarstellen: wenn ich für die Fünfte von Partiturtreue spreche, hat es nur mit den Noten, den Phrasierungen und der Dynamik zu tun. Für mich sind Tempo, Reprisen und Instrumentation zweitrangig und müssen alle drei, meiner Meinung nach, der gegenwärtigen Zeit angepaßt werden. Konkret heißt das, daß ein guter Dirigent aus Intinkt ein richtiges Tempo wählen wird; die Komponisten selbst schwanken oft in ihren eigenen Werken. Ob Beethoven die Reprisen wollte oder nicht ist im CD-Zeitalter irrelevant. Und selbst lange vor dieser Zeit, Ende des 18. Jahrhunderts hat sich Grétry gegen das Prinzip der Reprisen geäußert, indem er schrieb, daß die Reprisen nur für die Aufführungen gelten. Von der Instrumentation habe ich schon gesprochen und wenn Karajan mehrere Hornisten spielen läßt, spricht es für seine hohe Musikalität und sein profundes Verständnis von Beethovens Intentionen.Viele Grüße
Jacques -
Selbst wenn ich sehr vom Purcells Tod der Dido angetan bin, bewegt mich auch Mahler am stärksten und zwar Der Abschied vom Lied der Erde, in der Version mit der Altstimme.
Was ich übrigens interessant finde ist die Tatsache daß nicht programmatische Werke manchmal wie eine echte Trauermusik klingen, wie z.B. der langsame Satz vom Beethovens 12. Streichquartett. Die Stellen sotto voce (T. 97-101) und pp (T.120-125) finde ich absolut trostlos, desolat.
Sehr beeindruckend finde ich auch das abrupte Stimmungswechsel von ungetrübter Freude zur schwersten Todesahnungen im Kartentrio von Bizets "Carmen".Viele Grüße
Jacques -
Es ist ganz klar, lieber Jlang, dass der Interpret der Vermittler zwischen Notentext und Hörer ist. Seine Interpretation wird auch zeitgemäss sein und es ist sehr wichtig. Ich meine nur, er darf sich nicht zu sehr in Szene setzen. Genau wie ein Schauspieler der sich nicht selbst spielen darf. Pärvi ändert völlig das Andante con moto , besonders am Anfang und es hat nicht mehr mit Beethoven zu tun. Es ist als ob er sich Beethoven überlegen fühlte und das Ergebnis ist leider völlig daneben.
Ein Beispiel dafür, daß ein zeitunabhängiger Geschmack nicht existieren kann.
Der Geschmack hängt zwar von der Epoche ab aber in jeder Epoche gibt es ein Konsens zwischen den Experten über den guten Geschmack. Ein Blick nach Christie's oder Sotheby's genügt. Bei diesem hohen Niveau wirst Du nie ein Bild mit Geschmacksfehlern finden.Was Du sagst, lieber Gombert, ist sehr nett, aber nach einem Beitrag von Glockenton bin ich immer sprachlos. Er ist ganz einfach ein "Bessersager". Damit will ich natürlich nicht sagen dass er nicht besser weiß, im Gegenteil Das Hindernis der Sprache ist auch nicht zu unterschätzen, weil gerade bei einem hohen Niveau der Diskussionen sind die Feinheiten der Sprache sehr wichtig. Deswegen sind auch meine Beiträge leider sehr kurz, lapidar, was natürlich schulmeisterhaft wirken kann.
Ich bin absolut Deiner Meinung, lieber Glockenton. Beethoven hat für die Zukunft komponiert, d.h. auch für die Instrumenten der Zukunft die besser klingen als die alten. Beethoven mit historischen Instrumenten zu spielen wie es die Barockbewegung verlangt hat, ist, meiner Meinung nach, ein gravierender Fehler.
Jetzt aber Schluss sonst kriege ich eine rote Karte von Willi.
Viele Grüße
Jacques -
Lieber JLang
Du kannst eigentlich nur meinen: einen Geschmack hat, der mit dem Deinigen nicht kompatibel ist
Ja, natürlich. Aber mit dem Geschmack sollte man sich die Sache nicht zu leicht machen. Am Ende gibt es ein Konsens, das sieht man gut in der Kunst. Alle große Werke, sei es in der Kunst oder in der Musik, die durch eine lange Tradition herauskristallisiert wurden weisen keinen Geschmacksfehler auf.Ganz anders bei den Kleinmeistern. Man kann das ruhig auf die Interpretation übertragen.
Daß Dir Karajan unübertroffen ist, ist ja in Ordnung, dennoch: eine Lesart als die richtige anzusehen, halte ich – obwohl Du benannt hast, was Dir nicht gefällt – meinerseits aber nicht nur für problematisch, sondern für eine Diskussion geradezu kontraproduktiv.
Ganz im Gegenteil. Ich habe von Karajan gesprochen nur wegen dieser Äußerung von Willi :weil ich glaube, einige Parallelen zwischen Karajan und Järvi entdeckt zu haben, was vor allem das musikalische Gebiet betrifft.
Es ist ganz einfach eine Fortsetzung der Diskussion.
Und eine Frage müsstest Du mir bitte ebenfalls beantworten: wo wirkt ein Dirigat eigentlich nicht persönlich?
Erstens, ein Interpret muß sich hinter dem Komponist zurückziehen, man soll ihn vergessen. Nur eins ist wichtig, der Komponist. Wir sind hier nicht im Gebiet des Belcantos.
Zweitens, wenn ein Interpret sich bemerkbar macht, sollte es absolut überzeugend sein. Das ist extrem selten aber es kommt vor (z.B. Glenn Gould).
Was ich in diesem Fall mit « persönlich » meine, sind diese großen Abweichungen von der Originalpartitur, die ich nicht nachvollziehen kann. Und es ist genau diese Stellen die ich geschmacklos finde.Lieber Tapio
Die Fünfte höre ich nicht mehr häufig
Ich höre ausschließlich diese Fünfte - habe keinen Bedarf, eine andere zu finden.
Diese Worte könnten von mir stammen Die Fünfte ist, für mich, DANK Karajan ein Gipfel der ganzen Musikgeschichte geworden.
Lieber Gombert
Nun, die Inkarnation der Partiturtreue ist Karajan jedenfalls auch nicht,
Im Grunde habe ich nur von der Untreue von Järvi gesprochen. Sie hat mich ziemlich geschockt weil ich noch nicht solche Freiheiten mit diesem Werk erlebt habe.
Könntest Du vielleicht die Superiorität Karajans in diesem Werk näher beschreiben, vielleicht im Vergleich zu ebenfalls gelungen Alternativaufnahmen?
Ich muß jetzt was klarstellen. Im Grunde habe ich nicht das typische Tamino-Profil. Ich besitze nicht viele CDs und bin nicht der Typ der 10 oder 20 Interpretationen eines bestimmten Werkes besitze. Ich muß also zugeben daß youtube mein Retter ist weil ich so an einigen Diskussionen teilnehmen kann, z.B. dieser. Wenn Du aber eine (für Dich ) gelungene Alternativaufnahme angeben möchtest, bin ich natürlich bereit zu diskutieren. Jetzt kann ich nur sagen daß bis jetzt kein Dirigent mich mehr überzeugt hätte als Karajan. Was spricht, meiner Meinung nach, für Karajan ist der wunderbare Klang des Orchesters, die Wucht, die ich bei Beethoven unerläßlich finde. Was mir auch gefällt ist die große Dynamik : richtige leise Stellen, gelungene crescendos, sehr schöne dynamische Schattierungen (genau das macht die Musik überirdisch!). Die Tempi finde ich auch absolut überzeugend. Und diese Aufnahme bewegt mich, das kann man nicht erklären. Viele der heutigen Interpreten bewegen mich überhaupt nicht. Technik ist nicht alles. Das ist natürlich nur meine Meinung
Viele Grüße
Jacques -
Jedenfalls gehört m. E. diese Aufnahme der Fünften Beethoven zu den m. E. herausragenden des bisherigen 21. Jahrhunderts.
Deine Meinung , lieber Willy, teile ich überhaupt nicht. Diese Version (http://www.youtube.com/watch?v=RBlQSyHV92Y) wirkt aüßerlich, wie viele andere. Fast alles ist mechanisch gespielt (der Dirigent scheint auch nie die Musik zu erleben), alles was laut ist wird schwer da wo Karajan eine überirdische Musik durch u.a eine raffinierte Dynamik schafft. Bei Karajan hat man nie den Eindruck daß Beethoven mehrere hundert Male das Anfangsmotiv wiederholt weil alles sehr flüßig, organisch gespielt und sehr klug in Szene gesetzt wird. Was sollen auch die zwei viel zu kurze Orgelpunkte am Anfang? Die Trageweite des Werkes ist im Keim erstickt ! Nur lange Orgelpunkte (Karajan) vermögen eine adäquate Dramatik zu entfalten, und obendrein ist es eine ganz erstaunliche Sache, daß Beethoven einen so schwungvollen Satz mit zwei Bremsen beginnt. Es kommt nicht von ungefähr, dieses Motiv soll sich im Gedächtnis des Hörers einprägen und nicht sozusagen en passant gespielt werden. Und diese dynamische Stoßwellen im zweitem Thema ? Beethoven hat nie sowas geschrieben.
Andante con moto : Am Anfang glaubt man einen Walzer zu hören. Was sollen diese Verzögerungen Takt 4,5,6, und später diese merkwürdige Phrasierungen ?
Die ganze Freiheiten die Järvi sich mit der Partitur erlaubt, alles was persönlich wirkt, beweisen obendrein daß er keinen guten Geschmack hat, was das Schlimmste für einen Musiker ist.
Fazit : für mich ist Karajan immer noch unübertroffen und bei Weitem!
Viele Grüße
Jacques -
YouTube - Was finden die Mitglieder des Forums besonders einer Erwähnung wert?
Das wird ja den Rahmen vom Tamino-Forum sprengen! Youtube ist ein Universum geworden. Ich hatte z.B. vor Jahren einen phenomenalen Geiger im Fernsehen entdeckt, Philip Hirschhorn (1946-1996), konnte nur eine CD von ihm kaufen. Jetzt sind viele Aufnahmen in YT zu hören und einige Videos. Hirschhorn hat ein tragisches Schicksal gehabt. Er wurde überschattet von Gidon Kremer (war Hirschhorn doch Erster im Concours Reine Elizabeth 1967, als Kremer Dritter war) und starb an einem Hirntumor.
Viele Grüße
Jacques -
Meine neueste Entdeckung: das Requiem auf Josquin von Jean Richafort (Kings´s Singers)
Gerade das Introitus gehört. Gefällt mir sehr! -
Lieber Dr. Pingel,
Es freut mich zu lesen daß die Gardiner-Aufnahme Dir auch gefallen hat.
Man denkt ja immer, die Orchester, die auf Originalinstrumenten spielen, sind weicher und verbindlicher im Ton.
Für mich haben die historischen Streicher immer schlecht geklungen. Der Klang ist hart, eckig und dünn, im Grunde das Gegenteil von dem, was jeder Musiker als einen schönen Klang empfand vor der Gehirnwäsche der Barokbewegung.Er achtet darauf, dass da nicht, wie meist, vier Solisten singen, sondern es kommt ein richtiges Quartett heraus. Hier merkt man seine große Erfahrung in Alter Musik.
Nun ja, ich würde sagen, er ist ein guter Musiker und versucht geschickt mit der Dynamik die Schäden in den Solistenstellen zu begrenzen. Vier Solisten mit solch unruhigen Partien bei diesem Tempo und mit gleicher Lautstärke, es kann einfach nicht gut klingen.
Angeregt von Deinen Beiträgen, habe ich eine kleine Reise in die Welt der a-capella Musik unternommen und habe wichtige Entdeckungen gemacht. In den Messen vom wunderbaren Josquin ist mir aufgefallen, daß volle 4stimmige Stellen selten und von kurzer Dauer sind. Dafür hört man sehr oft 2- oder 3stimmige Kanone. Die klangliche Struktur ist sowieso durch seine motivisch-imitatorische Schreibweise ständig gelockert. (Ich war sogar im nächsten Jahrhundert beim nächsten « Fürst der Musik », Roland de Lassus und habe einen richtigen Schock gekriegt mit seinen Lagrime di San Pietro ! Was für eine großartige Musik!!!).Aber mein Traum ist es nach wie vor, die Sätze 1-4 in einer reinen Orchesterfassung zu hören
Ich schlage Dir eine Alternative vor : die wunderschöne Chorfantasie als letzten Satz
Viele Grüße
Jacques -
Grave aus dem Streichquintett op. 31 Nr. 1 (1780) von Boccherini : eine richtige Trauermusik.
Es handelt sich hier um einer der traurigsten Sätzen die ich in der Kammermusik dieser Zeit kenne. Der ganze Satz enthält alle denkbaren Ausdrücke des Leids. Boccherini, dessen Melancholie noch größer ist als die von Mozart, hat dafür das düstere c-Moll gewählt und verwendet viele stilistische Mittel ( zahlreiche Modulationen, Dissonanzen, Chromatismus, übermäßige Sekunden, verminderte Intervalle, Dominant-septnonakkorde, große Intervallsprünge).
Es lohnt sich, diesen komplexer Satz zu analysieren. Da ich jedoch über keine Partitur verfügte, habe ich nicht zwischen Vl1/Vl2 und Vc1/Vc2 unterscheiden können und schreibe deshalb nur « Violine » oder « Cello ".
Schema :
a / b / a' / a '' / b / c / d / d' / e / f / a''' / g
a : (c- Moll) Der Anfang ist ungewöhnlich : über Haltenoten des Cellos erhebt sich eine kurze desolate Melodie (Violine) deren 5 Noten (c'-d'-es'-fis'-g') den Anfang einer Zigeunerskala (*) bilden. Dann bleibt dieser kurzer Teil in dieser desolaten Stimmung.
b : Wehmütige Melodie mit Wellenbewegungen (Violine).
a' : Verkürzte Wiederkehr des a Teils (Anfang der Zigeunerskala diesmal im Cello) .
a '' : Verkürzte Wiederholung vom Anfang diesmal in Es-Dur
b : (g-Moll ) Hilferufe der Violine (Beginn mit einer absteigenden Skala, erinnert an das Adagio von Albinoni).
c : CODA 1 auf einer Pedal des Cellos, schönes Schlußmotiv mit Echo (g-Moll). Grosse Intervallsprünge, Arpeggien am Ende.
d : 3 pathetische Akzente mit punktierten Rhythmen. (Es-Dur- B-Dur- und c-Moll Akkorde), wiederholte Motive (Violine), Teil endet in b-Moll .
d' : 3 andere pathetische Akzente (b-Moll- f-Moll- und Ges-Dur Akkorde), wiederholte Motive (Violine), Teil endet in f-Moll.
e : Absteigende Phrase des Cellos unter einer Haltenote, dann eine Melodie, das Ganze wird dreimal in verschiedenen Instrumentationen und Tonarten wiederholt . Ende dieses Teils in d-Moll. Desolater Charakter.
f : Übergangsteil mit Trillern, dann unruhige Stimmung mit Schmerzcharakter (Dialog der Violinen, Rückkehr der melodischen Wellenbewegungen des b-Teils). Ruhe kehrt ein, absteigende Phrase (Cello) führt zur
a''' : Widerkehr des ersten Teils der eine andere Richtung einschlägt als am Anfang.
g : CODA 2 von den 2 Violinen im Terzabstand eingeführt. Chromatismus. Letztes Aufbäumen. Dramatische Verlagerung in die Tiefen (Cello).
Der Satz endet pp in einer resignativen Stimmung mit Schlußmotiv und Echo (wie im CODA 1 jedoch ohne die Arpeggien) (c-Moll).
Ein wunderschöner und ergreifender Satz!Diskographie :
Soviel ich weiß, gibt es nur diese CD :
1-3 Quintet in C, Op.25 No3, G.297
4-6 Quintet in D, Op.40 No2 'Del Fandango', G.341
7-8 Quintet in D, Op.11 No6 'L'Uccelliera', G.276
Quintet in E flat, Op.31 No1, G.325
9 III Grave
Quintet in E, Op.11 No5, G.275
10 III Menuetto - Trio
11-14 Quintet in G, Op.60 No5, G.395Für mich eine großartige, emotionsgeladene Interpretation des Quintetto Boccherini.
Zitat (CD-Booklet) :
« Es dürfte auf dem Gebiet der grossen Musik wohl kaum einen Katalog an Werken geben, der so sträflich vernachlässigt wurde wie die 125 Streichquintette von Luigi Boccherini (1743-1805). Und das will etwas heissen, denn auch das Gesamtschaffen dieses feinsinnigen Komponisten hat man nicht eben mit Vorzug behandelt – mit Ausnahme eines Menuetts, das durch unzählige grobe Arrangements trivialisiert wurde, und einem Cellokonzert, das ein Herausgeber des 19. Jahrhunderts über alle Massen verstümmelt hat. Wenn sich seit dem Beginn des CD-Zeitalters überhaupt etwas zugunsten Boccherinis getan hat, so muss man dafür vor allem die Seitenlinie seiner Gitarrenquintette und das Interesse der Tonträgerfirmen verantwortlich machen. » (Tully Potter 2002 Übersetzung : Eckhardt van den Hoogen).
(*) Somit wäre Boccherini und nicht Liszt der erste Komponist, der eine Zigeunerskala verwendet. (« Auch die schon seit Liszt in die Kunstmusik eingegangenen Zigeunertonarten gehören hierher. » (Hermann Grabner, Allgemeine Musiklehre, Bärenreiter, 1966, S. 92)). Man kann aber auch diese Tonfolge einfach als den Anfang einer c-Moll Tonleiter mit Anhebung der 4. Stufe (F wird zu Fis), die eine übermäßige Sekunde zur Folge hat, auffassen. Boccherinis Absicht scheint es zu sein, dieses sehr ausdrucksvolle Intervall zu betonen, zumal die Phrase lang auf diesen Noten (es',fis') verweilt. Auf jeden Fall bleibt dieser Anfang enigmatisch und wirkt wie eine gestellte Frage.
Viele Grüße
Jacques -
Die Praxis in den Künsten - also auch in der Oper - scheint ein Spiegel unserer Gesellschaft zu sein und weit tiefergehende Gründe zu haben als wir sie hier im Forum oft diskutieren.
Vielen Dank, lieber Operus, für diesen wertvollen Beitrag. Ich beobachte zwar seit Jahren eine systematische Dekonstruktion in allen Bereichen der Gesellschaft, das dies auch der Fall ist bei der Oper hätte ich nie gedacht ! Vielleicht werden wir dasselbe eines Tages mit der historischen Aufführungspraxis erfahren ?
Ich sah gestern das ominöse Idomeneo Video mit René Jacobs und dachte sofort an das Pingelianer Trigger. Beginn der Oper Kind in Unterwäsche (und das während der Ouverture!), eine Zumutung, Trigger, Bild weg. Bleibt nur der Ton, wunderschöne Musik, edle Mozart Welt, dann Frauenstimme, schlechtes Vibrato, häßliches Timbre, Trigger, Idomeneo ade.
Wenn sich ein sogenannter Komponist sich heutzutage mit einer primitiven Klanginstallation blamiert ist es nur seine Schuld. Wenn ein Dirigent dagegen solche Inszenierungen duldet, ist es eine Schande, weil es im Grunde ein Verrat an Mozart ist, der ja schon tot ist und sich nicht wehren kann.
Es gibt sicherlich Schlimmeres als diese Idomeneo Version. Ich habe schon Mozart mit Maschinenpistolen erlebt und ich höre regelmäßig viel furchtbarere Frauenstimmen und nicht unbekannte !
Wie viele Fernsehaufnahmen habe ich schon wegen der Inszenierung oder der Stimmen gestoppt !
Aber, wie immer, darf man nicht alles pauschalisieren, es gibt auch noch heute schöne Stimmen und manchmal interessante Inszenierungen.
Es ist offensichtlich, daß hier viel über RT diskutiert wird, mit Recht. Ich weiß nicht, ob Tamino-Mitglieder die heutigen Stimmen bemängeln. Mein Ohr wurde einigermaßen durch die Callas und anderen Stimmen aus dieser Epoche geschult, und was ich seit vielen Jahren höre ist nur Geschrei, Gesang mit höchsten hörbaren Anstrengungen und unschöne Timbres. Ich habe den Eindruck, daß sich das Ideal der Opernstimme grundlegend geändert hat.Herzliche Grüße
Jacques -
Jugendliche an die Klassik heranzubringen ist leicht. Das kann man gut in der Schule machen. Ob diese junge Leuten dann ein Konzerthaus betreten ist eine andere Sache. Das hängt viel von dem Elternhaus ab. Es ist sowieso schwer - finde ich - das Verhalten der heutigen Jugend nachzuvollziehen. Als ich jung war und Geige lernte, kaufte ich regelmäßig Schallplatten mit Violinkonzerten, es war für mich selbstverständlich. Das scheint heutzutage übererhaupt nicht der Fall zu sein bei den jungen Leuten. Vielleicht ist die Klassik für sie nur ein nettes Ding neben Pop, Techno und Rap. Diese populäre Musik ist übrigens viel anspruchsvoller als früher, das sollte man im Auge behalten. Es gibt in dieser Sparte sehr, sehr gute Komponisten und die Grenzen haben sich in letzter Zeit verwischt. Das beste Beispiel ist der österreichische Ars Electronica Prix (Kompositionspreis für elektronische Musik). Früher wurden nur "klassische" elektronische Werken akzeptiert, heute gibt es diese Abgrenzung nicht mehr, Techno-Musiker dürfen auch teilnehmen.
Ein Konzert muß auch ziemlich traurig auf die Jugend wirken, wenn sie die Mega Techno Events kennt. Wenn man unbedingt eine Anbiederung sucht, ginge das vielleicht, wenn dann, während das Orchester die Fünfte spielt z.B. , ein Riesenmonitor hinter dem Orchester mit Aktionsszenen zu sehen ist. Das wäre natürlich schrecklich (für die Elite ) !
Viele Grüße
Jacques -
Direkt nach Beethovens Tod schrieb er das a-Moll Streichquartett, welches eine eindeutige Hommage an Beethoven ist.
Das sehe ich auch so, lieber Felix. Beethovens Schatten breitet sich auf das ganze Quartett aus. Was das Adagio non lento betrifft, bin ich erstaunt nur eine Parallele zum Beethovens Allegretto non troppo vom Op. 95 in einer frz. Analyse zu finden. Ich höre doch regelrecht Beethovens Cavatine ! Da die späten Streichquartette von Beethoven mindestens 50 Jahren vor seine Zeit vorausweisen, ist es schwer für mich zu verstehen, daß ein Komponist ein solch modernes Streichquartett 1827 komponieren konnte. Und das dachte ich bevor ich realisierte, daß Mendelssohn erst 18 Jahren alt war ! Unglaublich ! Es ist eine sehr originelle Sprache, die nichts zu tun hat mit Beethovens Brüchen. Das ganze Werk scheint seine Einheit durch eine Art romantischen Lack zu bekommen. Alles in allem ist es ein faszinierendes, geniales, fieberhaftes Werk. Ich schätze auch besonders die Eleganz dieser Musik. Für mich erreicht Mendelssohn dieses so hohe Niveau merkwürdigerweise nur im Op. 80 wieder. Das scheint Deine Aussage:
Für mich erreicht Mendelssohns punktuell Spitzenniveau
zu bestätigen !
Mendelssohn war ein extravertierter Mensch
Genau diesen Eindruck habe ich, wenn ich Op. 13 höre, die Musik scheint theatralisch, man spürt keine richtige Intimität.
Herzliche Grüße
Jacques -
Es ist sehr traurig. Heute höre ich die Vier Jahreszeiten dirigiert von diesem großem Musiker, einer so sympathischen Erscheinung.
Viele Grüße
Jacques