Beiträge von Joachim Schneider

    Für mich stellt sich eigentlich die Frage, warum man jemanden zur klassischen Musik "bekehren" sollte, der sich bisher überhaupt nicht mit solcher befasst hat.
    Ich glaube wie Alfred, daß die Hinneigung zur klassischen Musik tatsächlich gewissermaßen genetisch präformiert ist und irgendwann - gleich welche musikalische Richtung das Individuum bis dato bevorzugt hat - zum Vorschein kommt.
    Die Musik, die einem solchen Damaskuserlebnis zugrunde liegt, ist dann die Initialzündung für weitergehende Erfahrungen, die dann schließlich innerhalb des riesigen Feldes der Klassik zu persönlichen Präferenzen führt.
    Ob es wirklich sinnvoll ist, jemanden in ein klassisches Konzert mitzunehmen und dann zu hoffen, alleine dadurch seine/ihre Begeisterung zu wecken, bzw. ähnliches mit privaten Musikvorführungen vor der heimischen Anlage zu erreichen, erscheint mir eher zweifelhaft.


    Der Vorschlag, ausgerechnet mit Mahler "Novizen" zu beschallen - auch wenn es die vermeintlich leichter verständliche Erste ist - kommt mir recht verwegen vor.
    Schließlich beginnt ja auch der klinische Teil des Medizinstudiums mit dem berühmten "Klopf- und Auskultationskurs" und nicht mit einem Praktikum in der Stereotaxie!


    Viele Grüße


    Joachim

    Ich möchte noch eine Anmerkung zu der oben erwähnten Mahlerbiographie von Jens Malte Fischer machen.
    Man sollte den Untertitel des Buches "der fremde Vertraute" als Leitmotiv verstehen.


    Mahler ist uns natürlich insofern zunächst einmal fremd, als seine Musik extrem komplex in Form und Aussage ist und eine -ohne Übertreibung- lebenslange Beschäftigung erfordert. Dies teilt er natürlich mit allen anderen musikalischen Genies.
    Ferner sind uns die Lebensumstände des Europa vor dem ersten Weltkrieg fremd, auch wenn sie schon mit vielen technischen Innovtionen gesegnet waren, die auch heute noch Gültigkeit haben (Automobil, Beginn der Fliegerei, explosionsartiger Fortschritt in Technik und Naturwissenschaften etc.). Eigentlich müsste uns also Mahlers Zeitalter sehr viel "vertrauter" sein, als z.B. die Zeit Mozarts, aber dies scheint nur auf den ersten Blick so. In Wirklichkeit trennen uns von der Politik und Gesellschaft des Mahlerschen Zeitalters große Abgründe (im wörtlichen Sinne), nicht im Gegensatzpaar "gute alte Zeit" (damals) gegen hypernervöses, stets durch Krieg, Terrorismus und Gefahr des Besitzverlustes herausgefordertes heutiges Zeitalter, sondern die Lebens- und Regierungsformen des durch den Konstitutionalismus gleichsam erstickten aufgeklärten Neo-Absolotismus der damaligen Ära sind zu den uns gewohnten diametral entgegengesetzt und in der Regel, betrachtet man es streng historisch, schlechter gewesen.


    Auf der anderen Seite ist Mahler aber auch vertraut, da er eine enorme Modernität (im positiven Sinne) ausstrahlt, nicht nur in seinem Schaffen, sondern auch in der Organisation seines Lebens und Wirkens (erster "Reisedirigent" seiner Zeit, intensive Pressekontakte, hocheffiziente Organisation der von ihm geleiteten Opernhäuser u.a.); betrachtet man Fotografien aus dieser Zeit, so erscheint Mahler immer irgendwie aus der Zeit gefallen im Vergleich zu den anderen abgebildeten Personen, als ob er gerade aus einer Zeitmaschine getsiegen wäre.


    Fischers Busch ist m.E. nicht nur interessant für Freunde des Mahlerschen Schaffens, sondern auch für historisch Interessierte.


    Viele Grüße


    Joachim

    Nun, lieber Uwe, Du hast vollkommen recht, aber Musik ist doch offenbar ein recht ernste Angelegenheit.
    Dazu eine Anekdote:
    Als Mahler Hofoperndirektor in Wien geworden war, häuften sich die Beschwerden wegen seiner strengen Amtsführung im Rahmen seines Kampfes gegen Schlendrian, liebgewordene Bequemlichkeiten des Personals etc., und auch das Publikum musste Erziehungsmaßnahmen erdulden. So kam es u.a. auch, daß einige jüngere Erzherzöge, die notorisch zu spät kamen und mit viel Getöse -wohl oft angeheitert- ihre Logen entern wollten, nicht eingelassen wurden.
    So erfuhr der Kaiser davon und meinte verwundert zum Fürsten Montenuovo: Ich wusste gar nicht, daß die Oper eine solch ernste Angelegenheit ist, ich denke, Musik soll Freude machen.
    Um dann hinzuzufügen: den Anweisungen des Direktors ist selbstverständlich Folge zu leisten.


    Viele Grüße


    Joachim

    Nicht ohne Grund wurde und wird (z.B. unter Schallplattensammlern) der Salzburger Ring als "Karajan-Ring" bezeichnet. Zu dieser Inszenierung gehören nun einmal nicht nur die damaligen Sänger sondern auch Maestro Karajan am Pult. Dies können m.E. weder die Sänger der angedachten neuen Riege noch selbst ein solch begaber Wagner-Interpret wie Thielemann leisten!


    Die Idee von Joseph, einmal eine alte Inszenierung aus der Cosima-Zeit auf die Bayreuther Bühne zu bringen, finde ich sehr interessant. Für mein Leben gerne würde ich einmal die berühmte Parsifal-Verwandlungs-Maschinerie aus der Erstinszenierung in Aktion sehen.
    Neben anderen Gründen scheitert die Angelegenheit vermutlich an den Kosten.


    Viele Grüße


    Joachim

    Wieso ist Kevlar ein "sehr wabbeliges" Material?
    Wenn ich mich richtig erinnere, zählt Kevlar zu den Aramiden. Das Gewebe wird aus den entsprechenden Fasern gewebt. Diese Fasern sind hochfest, zäh, zugbelastbarer als Stahl und werden daher für beschußhemmende Westen, die Innenausstattung gepanzerter Fahrzeuge, Kampfhelme u.ä. benutzt.
    Aus diesen spezifischen Eigenschaften resultiert auch die Möglichkeit, kevlargewebte Membranen im Lautsprecherbau zu verwenden (s. die früheren B&W-Konstruktionen).


    Viele Grüße


    Joachim

    Problematisch könnte u.U. sein, daß hier offenbar ein Class A/B-Verstärker mit einem Schaltnetzteil betrieben wird.
    Für potente CLASS-D-Verstärker wird in der Regel die Stromversorgung durch ein klassisches Netzteil besorgt, bzw. es wird diese Option angeboten (s. Project), obwohl das Schaltnetzteil eher zur Class-D-Technik passen würde. Bei einer HiFi-Messe hat mir der Project-Vertriebsleiter gesagt, das Linearnetzteil würde für die CLASS-D-Verstärker als Option angeboten, da bei größerer Lautstärke und starken Bassanteilen dem Schaltnetzteil "die Puste ausgehen" könnte.


    Viele Grüße


    Joachim

    Ich habe in den Siebzigern und frühen Achtzigern einige Paare von Canton-Boxen betrieben (Quinto 540, CT 1000, 2000, Ergo) und war seinerzeit sehr zufrieden.
    Nach meiner Erinnerung waren diese Boxen eher analytisch abgestimmt, im Gegensatz zur englischen Abstimmung, die mehr bassbetont war. Dies wurde seinerzeit in den HiFi-Postillen heiß diskutiert.
    Mit neueren Modellen habe ich leider keine Erfahrung mehr.


    Aktivboxen haben den Vorteil, daß sie Raumkorrekturen durch digitale Signalprozessoren erlauben. Dies hat mit dem Einsatz von Klangreglern am Verstärker bzw. Vorverstärker nichts zu tun, kann aber bei schwierigen Raumverhältnissen sehr sinnvoll sein.


    Viele Grüße


    Joachim

    Text zweiter TeiL:


    Mehr jemand zu sagen, der meine Werke nicht selbst kennt, dürfte nur die Dunkelheit vermehren, als welche ohnehin vielleicht diese meine Auffassung der modernen Musik erscheinen wird. Ich überlasse es Ihnen, für diesen Sinn den geeigneten Ausdruck zu finden. Wollen Sie sich aber hierfür meiner Worte bedienen, so sei es Ihnen unbenommen. Jedenfalls danke ich Ihnen herzlichst für Ihr gütiges Interesse und bin


    Ihr hochachtungsvoll ergebenster


    Gustav Mahler



    Quelle:
    Gustav Mahler Briefe,herausgegeben von Herta Blaukopf, Zsolnay-Verlag ISBN 3-552-04810-3




    Viele Grüße


    Joachim

    Der Text lautet:


    Hamburg, Hohe Luft, Bismarckstr. 86, 18.11.96


    Hochgeehrter Herr!


    Sehr gerne stelle ich Ihnen das gewünschte Material zur Verfügung!_um so mehr, als ich seit längerer Zeitschon den Wunsch hege, eine Verbindung mit Ihrer Zeitschrift, die ich bereits mit großem Interesse und Genugtuung auf ihrem kurzen Wege verfolge, herzustellen.


    Wenn Sie einen ausführlichen Bericht über mich wünschen, der von berufener und unterrichteter Seite kommen soll,so würde ich Ihnen die Feder des Herrn Max Marschalk in Berlin, Steinmetzstr. 20, I, empfehlen, der mit meinen Werken und Absichten von allen am meisten vertraut ist. Doch bin ich weit entfernt, Ihnen hierin vorzugreifen.


    Ich bin 1860 in Böhmen geboren, habe den größten Teil meiner reiferen Jugend in Wien verlebt. Seit meinem 20. Lebensjahr gehöre ich meiner äußeren Tätigkeit nach, dem Theater an. Ein Jahr hindurch (85-86) war ich auch als Kapellmeister in Prag tätig, wie Sie sich vielleicht noch erinnern werden. Als schaffender Künstler trat ich zum ersten Male mit der Ausarbeitung und Vollendung der "drei Pintos" von Weber vor die Öffentlichkeit; ein Werk, das seinerzeit auch in Prag unter meiner Leitung in Szene ging.
    Komponiert habe ich seit meiner frühesten Jugend alles, was man nur komponieren kann. - Als meine Hauptwerke bezeichne ich meine drei großen Symphonien, von denen die beiden ersten schon zu verschiedenen Malen, die letzte (III.) nur mit einem Bruchstück - eben dieses "in Schwung gekommen" (Blumenstück) - zu Gehör gekommen ist. - Letzteres wird nun von den Dirigenten der meisten Konzertinstitute verlangt, was ich wohl den guten "Kritiken" zu verdanken habe, mit denen ich bis allhier nicht allzu sehr verwöhnt war. Daß dieses kleine Stück (mehr ein Intermezzo des Ganzen) aus dem Zusammenhange des großen Werkes, meines bedeutend,sten und umfangreichsten, gerissen, Mißverständnisse erwecken muß, kann mich nicht daran verhindern, es einzeln frei zu geben. Es bleibt mir eben keine Wahl, wenn ich endlich einmal zu Worte kommen will, so darf ich nicht zimperlich sein und so wird man wohl in dieser Saison dieses kleine bescheidene Stück noch oft "am Fußgestelle des Pompeius bluten" und mich dem Publikum als "sinnigen", duftigen "Sänger der Natur" vorstellen.
    -Daß diese Natur alles in sich birgt, was an Schauerlichem, Großen und auch Lieblichem ist (eben das wollte ich in dem ganzen Werk in einer Art evolutionistischer Entwicklung zum Aussprechen bringen), davon erfährt natürlich niemand etwas. Mich berührt es ja immer seltsam, daß die meisten, wenn sie von "Natur" sprechen, nur immer an Blumen, Vöglein, Waldesduft etc. denken. Den Gott Dionysos, des großen Pan kennt niemand. So: das haben Sie schon eine Art Programm- d.h. eine Probe, wie ich Musik mache. Sie ist immer und überall nur Naturlaut! Dies scheint mir das zu sein, was Bülow zu mir einst mit dem sinnvollen Worte "Symphonisches Problem" bezeichnet hatte. Eine andere Art von Programm erkenn ich, wenigstens für meine Werke, nicht an. Habe ich denselben ab und zu Titel vorgesetzt, so wollte ich für die Empfindung eineige Wegweiser aufstecken, wo sich dieselbe in Vorstellung umsetzen soll. Ist das Wort hierzu nötig, so ist die menschliche artikulierte Stimme da, welche dann die kühnsten Absichten verwirklichen kann - eben durch die Verbindung mit dem aufhellenden Wort! Aber nun ist es die Welt, die Natur als Ganzes, welche sozusagen aus unergründlichen Schweigen zum Tönen und Klingen erweckt ist.

    Es ist ja zu diesem Thema schon etliches von Bedeutung festgestellt worden, ich möchte aber noch erläutern, warum ich jede Form von Voting und Ranking ablehne.
    Hierzu ein Beispiel aus einem ganz anderen Bereich:


    Nehmen wir an, unter operativ tätigen Ärzten würde ein Voting veranstaltet, dergestalt, daß jeder Teilnehmer die größten Chirurgen des deutschsprachigen Raums benennen sollte.
    Es wäre dies insofern einfacher als das Tamino-Dirigentenvoting, als hier nicht Tonkonserven unterschiedlicher Qualität herangezogen werden müssen und man sich auch nicht bei den ganz Alten (Mahler, Levi etc.) auf das Hörensagen verlassen müsste, sondern auf die allgemein bekannte und auch heute noch gültige wissenschaftliche Leistung und die wissenschaftlichen Schriften und die Innovationen heranziehen könnte, die auch jedem Fachmann bekannt sind.


    Wer ist also in diesem Ranking der "größere" Chirurg:
    Theodor Billroth, der Begründer der Magenchirurgie oder Ferdinand Sauerbruch, der große Innovationen in der Thoraxchirurgie eingeführt hat?
    Wer ist größer: die Allrounder August Bier oder Johannes von Mikulicz-Radecki oder der Herztransplanteur Christian Barnard?
    In der orthopädischen und Unfallchirurgie: Lorenz Böhler oder Adolf Lorenz?


    Alle Genannten haben große wissenschaftliche Leistungen erbracht und sind unter Chirurgen ebenso bekannt wie Karajan und Co. unter Musikfreunden.


    Was könnte also solch ein Ranking leisten:


    Ich meine überhaupt nichts, außer Zeitverschwendung (Pardon für diese etwas plakative und provokante Aussage).


    Viele Grüße


    Joachim

    Es ist sicher richtig, daß Schallplattensammler etwas nostalgisch angehaucht sind.
    Aber ein Vegleich mit beispielsweise Bruno Walter und einem heute aktiven Dirigenten -soweit er sich nur auf das Erlebnis der Schallplattenaufnahme und auf das gleiche Stück bezieht- ist sicher, um es vorsichtig auszudrücken, ein "weites Feld".


    Bei einem Ranking wäre es m.E. sinnvoll, wenn man getrennte Listen von Dirigenten aufstellt, die man nur von der Tonkonserve kennt und solchen, die man im Konzert gehört hat.
    Dadurch entfällt in der zweiten Liste der allergrößte Teil der alten Titanen, da es hier nur eine sehr begrenzte Schnittmenge geben kann.
    Innerhalb der "Tonkonservendirigenten" müsste es auch ein Kriterium geben, das die jeweilige Aufnahmequalität der Referenzaufnahme berücksichtigt (vielleicht in einer dritten Liste). Es ist doch z.B. interessant, ein Parsifaldirigat von Karl Muck (gibt es in Ausschnitten) mit einem Dirigat von Hans Knappertsbusch zu vergleichen!
    Ein Problem stellt aber die schlechte Tonqualität der ersteren Aufnahme dar; elektronische Maßnahmen der Klangverbesserung sind technisch enorm aufwendig, wenn man die Aufnahme hierbei nicht verfälschen will.

    Ich bitte, es mir nicht übel zu nehmen, wenn ich hier kritisch die Frage stelle, welchen Sinn ein solches Ranking eigentlich haben soll.
    Augeführt werden Dirigenten, welche die Teilnehmer noch selbst im Konzert erlebt haben neben solchen, die nur über die Schallplatte beurteilt werden können aber schon lange verstorben sind und jüngeren Dirigenten, die vorausichtlich noch viele Jahre vor sich haben und die man ggf. auch noch im Konzert sehen kann.
    Was ist mit hochberühmten Vertretern ihres Metiers, die schon lange tot sind und keine Tondokumente hinterlassen haben, wie Hans von Bülow, Hermann Levi, Felix Mottl, Arthur Nikisch (immerhin eine schwer verrauschte Aufnahme der 5. von Beethoven), Richard Strauss (rel. viele Aufnahmen), Gustav Mahler (keine Konzertaufnahme, aber Welte-Mignon-Rollen) ?
    Ich denke, ein Ranking, sofern man schon eines veranstalten will, sollte heute aktive Dirigenten erfassen.


    Viele Grüße


    Joachim

    Bei Gould trifft Sokolovs These allerdings nicht zu.
    Wenn man die Schallplattendokumente seiner Live-Auftritte hört, stellt man fest, daß er auf der Konzertbühne praktisch ebenso perfekt und fehlerfrei gespielt hat wie im Aufnahmestudio. Dennoch fand er - abgesehen von der ihm eigenen Menschenscheu - das Ergebnis seiner öffentlichen Auftritte nicht ausreichend, um anhand solcher Konzertdokumente sein musikalisches Erbe der Nachwelt zu hinterlassen.


    Viele Grüße


    Joachim

    Für mich stellt sich trotz der sehr interessanten Vorbeiträge immer noch die Frage:
    Kann ich die "Essenz" eines Musikstückes nicht besser in einer möglichst optimierten Studioaufnahme erkennen (oder genießen, meinethalben auch analysieren, sofern dies möglich ist) als in einem Konzert mit den dort zwangsläufig bestehenden Einschränkungen (auf letztere wurde ja bereits in einem anderen Thread eingegamgem).
    Generationen von -in Fachkreisen berühmten- Tonmeistern verfolgten doch das Ziel, ein Musikereignis unter Zuhilfenahme der zur Verfügung stehenden Technik "für alle Zeit" zu reproduzieren und nicht, um Konzertgängern eine abgestandene Konserve zur Verfügung zu stellen, die dazu verhilft, die Zeit zwischen zwei Konzerten mehr recht als schlecht zu überbrücken.
    Es ist doch eigentlich recht gut beobachtet, wenn Glenn Gould das Konzertpublikum mit recht drastischer Diktion des Voyeurismus beschuldigt hat ( und konsequenterweise vor dem psychischen Druck der Konzertaufführung ins Tonstudio geflüchtet ist).


    Viele Grüße


    Joachim

    Um die Gemüter etwas abzukühlen und zur Vermeidung unerfreulicher Streitereien hier das Beispiel einer objektiven und ausgewogenen Rezension, die zudem den hohen Bildunngsgrad heutiger Feuilletonredakteure beweist:


    "Tristan und Isolde im Staatstheater Posemuckel", Rezension des Posemuckeler Stadtanzeigers.


    Gestern abend fand in unserem Staatstheater die Premiere zur Saisoneröffnung statt: Tristan und Isolde des berühmten schlesischen Komponisten R. Wagner.
    Regie führte die Generalintendantin Frau Polit-Versager selbst.


    Aus Ersparnisgründen war die Bühne bis auf einige Küchenstühle völlig leer, die Beleuchtung bestand aus drei 25-Watt-Glühlampen: eine geniale Regieidee, die zudem dem verständlichen Ruhebedürfnis des Publikums entgegenkam.
    (die Leser werde sich erinnern: der Neubau des Staatstheaters hat statt 60 Mio. 1,3 Milliarden Euro gekostet. Auf einer Pressekonferenz meinte der Geschäftsführer der amerikanischen Baufirma Trump auf die Frage nach der nicht unerheblichen Kostensteigerung, man solle keinen Bullshit reden, wir Journalisten sollten nach USA kommen, sein Boss biete kostenlose Ferien in einem Urlaubsresort auf Kuba an für alle, die zu viel fragen würden).
    Da zur Inszenierung nichts weiter berichtet werden kann, auch eine Personenregie nicht stattfand, da die Sänger auf den Stühlen sitzend ins Publikum gröl.. eh sangen, nun zur musikalischen Seite der Premiere.


    Die Rollen der Brangäne, Hirt und Seemann sowie Melot hatte man aus Kostengründen gestrichen, Kurwenal war eine stumme Rolle, alle Sänger traten in Freizeitkleidung (bzw. solcher aus einem Textilcontainer) auf. Der Chor wurde von drei Graupapageien vertreten.


    Die Isolde wurde von einer jungen , rel. unbekannten Schwedin namens Birgit Nilsson gesungen. Das schmale Persönchen mit seinem lyrischen Sopran erreichte allerdings kaum die hinteren (allerdings noch nicht ganz fertiggestellten) Teile des Zuschauerraums.
    Dafür sang der hünenhafte Fritz Wunderlich den Tristan mit seinem lupenreinen Heldentenor umso lauter und gewaltiger.
    König Marke wurde gegeben von einem gewissen Boris Christoff. Hier handelt es sich eher um einen lyrischen Bariton mit nur geringer Tiefe.


    Unser Orchester bemühte sich redlich, wobei es sich als etwas erschwerend erwies, daß es zur Kostenersparnis auf 40 Mitglieder reduziert worden ist.


    Der neue Generalmusikdirektor, ein Tscheche namens Gustav Mahler, hatte Mühe, seinen riesigen 2-Meter- und drei Zentner-Körper überhaupt in der Orchestergraben zu zwängen. Er dirigierte extrem langsam, allerdings nicht das, was seine Musiker spielten. Der Tristan scheint ihm nicht sehr zu liegen, was nicht verwundert, da er bekanntlich am liebsten Operetten und Karnevalslieder komponiert.


    Nach dem herzlichen Applaus hatte das Publikum etwas Probleme, ins Freie zu gelangen, da nach einem Beschluß der Stadtverwaltung alle öffentliche innere und äußere Beleuchtung um 20.00 Uhr ausgeschaltet werden muß. Man sah daher auch die Künstler während eines Großteils der Aufführung nicht mehr, das Orchester hatte immerhin Taschenlampen.


    Insgesamt ein wunderbarer Abend!

    Ich finde es immer interessant, wenn man ein Konzert besucht hat, das dann einige Zeit später als Aufzeichnung im Radio oder Fernsehen gesendet wird.
    Abgesehen von den unvermeidlichen akustischen Unterschieden (Live-Lautstärke im Saal und spezifische Saal-Akustik gegen die Beschränkungen der Aufführung zu Hause) habe ich zumindest oft das Gefühl, zwei unterschiedlichen Konzertaufführungen beizuwohnen bzw. beigewohnt zu haben.
    Woran liegt dies?
    Ist die Live-Akustik doch gegenüber der "Konserve" grundsätzlich überlegen? Man könnte hier aber auch für das genaue Gegenteil argumentieren.
    Wird der Eindruck, den das musikalische Kunstwerk auf uns macht, bei der Konzertaufführung durch außermusikalische Erlebnisse überlagert / aufgewertet (scheinbar persönlicher Kontakt mit den Künstlern auf der Bühne, festliche Atmosphäre, spezifische subjektive Erwartungshaltung etc.)?
    Ist also das spezifische Liveerlebnis - aus rein musikalischer Sicht gesehen - eine Mystifikation?
    Das muß keineswegs schlecht sein; ich denke in diesem Zusammenhang gerne an einen Ausspruch von Friedrich dem Großen: "ohne Mystik ist auch die Krone nur ein Hut, in den es hineinregnet."


    Viele Grüße


    Joachim

    Als weitere Diskussionsgrundlage hier noch eine Literaturempfehlung:


    Eva Weissweiler
    "Komponistinnen v. Mittelalter bis zur Gegenwart" DTV, € 12,89.-


    Man sollte sich m.E. hier nicht nur mit der Musik des 19. und 20. Jahrhunderts beschäftigen; wie steht es z.B. mit Hildegard von Bingen?


    Viele Grüße


    Joachim

    Ich sah heute, daß sich in der Märzausgabe der Zeitschrift STEREO ein recht guter Artikel über die technischen Grundlagen der Class-D-Verstärker befindet. Interessant ist auch hier der unmittelabre technische Vergleich mit den anderen gängigen Verstärkerkonzepten.


    Viele Grüße


    Joachim

    Sagt nichts gegen Hirsche!
    Bei uns auf dem Venusberg gibt es ein Wildgehege, wo ich mich mit dem Hirschrudel angefreundet habe (4 Kühe, 2 Kälber, 3 kapitale Hirsche).
    Wenn sie mich schon von weitem sehen, kommen die Hirsche gelaufen und lassen sich über den Zaun von mir füttern.
    Die Hirsche haben von mir auch unserem Forum entsprechende Namen bekommen. Der Platzhirsch heißt Titurel, sein etwas jüngerer Bruder, der sein Begleithirsch ist, Gurnemanz und der Benjamin Amfortas, der aber stark zurückstecken muß, da der Platzhirsch ein strenges Regiment führt.


    Wenn in der Inszenierung Hirsche auftauchen, würde ich durchaus auch Frittenbuden u.ä. verzeihen.


    Viele Grüße


    Joachim

    Als klassisches Beispiel kann hier Wagners Werk gelten.
    Ich habe in einem anderen Thead auf die neueste Wagner-Biografie vin Drüner hingewiesen, wo der Autor in den Werken Wagners auch die zugrundeliegenden gesellschaftpolitischen Ideen aufzeigt.
    Natürlich kann man das komplexe Werk eines Genies wie Wagner nicht nur auf die politische Ebene herunterbrechen, aber schon den zeitgenössischen Kritikern waren die kapitalismuskritischen Elemente des Rings deutlch bewusst ("Walhall ist Wall Street"), ebenso die kunst- und kulturpolitischen Vorstellungen und Unterströmungen, die in den Meistersingern vorhanden sind.


    Letztendlich sind alle Opern ein Kind ihrer Zeit, und selbst eine Ikone der Romantik wie der Freischütz kann als politisches Statement gelesen und gedeutet werden, wenn man die Uraufführungszeit 1821 bedenkt (Biedermeier, Vormärz, heilige Allianz etc.), da kein Komponist die Einflüsse seiner Umgebung bei seinem Werk ausblenden kann.
    Man kann sich doch z.B. fragen (hier nur eine off-topic-Bemerkung), ob nicht gerade die apokalyptischen Elemente in Mahlers Werk für die Mahler-Renaissance gerade in unserer Zeit mitverantwortlich sind.


    Viele Grüße


    Joachim

    Hallo Yagura, hallo Karl,


    zunächst vielen Dank für den Hinweis auf den Artikel in Fairaudio. Die Class-D-Technik erscheint doch außerordentlich komplex. Es zeigt sich aber hier auch wiederum, daß die Bauteilequalität und das know-how der Herstellung ausschlaggebend für die letztendlich zu erreichende Klangqualität ist.
    Soweit mir bekannt ist, stammen die entscheidenden Bauteile in den Project-Verstärkern von Hypex in Groningen.


    Viele Grüße


    Joachim