Um die Gemüter etwas abzukühlen und zur Vermeidung unerfreulicher Streitereien hier das Beispiel einer objektiven und ausgewogenen Rezension, die zudem den hohen Bildunngsgrad heutiger Feuilletonredakteure beweist:
"Tristan und Isolde im Staatstheater Posemuckel", Rezension des Posemuckeler Stadtanzeigers.
Gestern abend fand in unserem Staatstheater die Premiere zur Saisoneröffnung statt: Tristan und Isolde des berühmten schlesischen Komponisten R. Wagner.
Regie führte die Generalintendantin Frau Polit-Versager selbst.
Aus Ersparnisgründen war die Bühne bis auf einige Küchenstühle völlig leer, die Beleuchtung bestand aus drei 25-Watt-Glühlampen: eine geniale Regieidee, die zudem dem verständlichen Ruhebedürfnis des Publikums entgegenkam.
(die Leser werde sich erinnern: der Neubau des Staatstheaters hat statt 60 Mio. 1,3 Milliarden Euro gekostet. Auf einer Pressekonferenz meinte der Geschäftsführer der amerikanischen Baufirma Trump auf die Frage nach der nicht unerheblichen Kostensteigerung, man solle keinen Bullshit reden, wir Journalisten sollten nach USA kommen, sein Boss biete kostenlose Ferien in einem Urlaubsresort auf Kuba an für alle, die zu viel fragen würden).
Da zur Inszenierung nichts weiter berichtet werden kann, auch eine Personenregie nicht stattfand, da die Sänger auf den Stühlen sitzend ins Publikum gröl.. eh sangen, nun zur musikalischen Seite der Premiere.
Die Rollen der Brangäne, Hirt und Seemann sowie Melot hatte man aus Kostengründen gestrichen, Kurwenal war eine stumme Rolle, alle Sänger traten in Freizeitkleidung (bzw. solcher aus einem Textilcontainer) auf. Der Chor wurde von drei Graupapageien vertreten.
Die Isolde wurde von einer jungen , rel. unbekannten Schwedin namens Birgit Nilsson gesungen. Das schmale Persönchen mit seinem lyrischen Sopran erreichte allerdings kaum die hinteren (allerdings noch nicht ganz fertiggestellten) Teile des Zuschauerraums.
Dafür sang der hünenhafte Fritz Wunderlich den Tristan mit seinem lupenreinen Heldentenor umso lauter und gewaltiger.
König Marke wurde gegeben von einem gewissen Boris Christoff. Hier handelt es sich eher um einen lyrischen Bariton mit nur geringer Tiefe.
Unser Orchester bemühte sich redlich, wobei es sich als etwas erschwerend erwies, daß es zur Kostenersparnis auf 40 Mitglieder reduziert worden ist.
Der neue Generalmusikdirektor, ein Tscheche namens Gustav Mahler, hatte Mühe, seinen riesigen 2-Meter- und drei Zentner-Körper überhaupt in der Orchestergraben zu zwängen. Er dirigierte extrem langsam, allerdings nicht das, was seine Musiker spielten. Der Tristan scheint ihm nicht sehr zu liegen, was nicht verwundert, da er bekanntlich am liebsten Operetten und Karnevalslieder komponiert.
Nach dem herzlichen Applaus hatte das Publikum etwas Probleme, ins Freie zu gelangen, da nach einem Beschluß der Stadtverwaltung alle öffentliche innere und äußere Beleuchtung um 20.00 Uhr ausgeschaltet werden muß. Man sah daher auch die Künstler während eines Großteils der Aufführung nicht mehr, das Orchester hatte immerhin Taschenlampen.
Insgesamt ein wunderbarer Abend!