Ich stimme Uwe und Sagitt voll zu, im übrigen: Ich habe bei Kleiber wirklich einige Male vorn auf der Sesselkante gesessen, wie Sagitt doppeldeutig formuliert hat. Und wohl nicht weil ich mich irgendwie habe einlullen lassen. Da muss man natürlich auch fragen weshalb. Wie konnte mir das passieren.
Für mich: weil er bei wichtigen Stücken, den Ausdruck, die Orchestersprache gefunden hat, die die Musik auf den Punkt bringt, manchmal erst richtig verständlich gemacht hat. Also ein kleines Geständnis gegen die doch hier irgendwie relativierende Meinungsbildung in diesem Thread. Also wo finden sich solche - aus meiner, natürlich in keiner Weise maßgebenden Sicht - ganz besonders gelungenen Interpretationen Kleibers. Natürlich die schon genannte 5. Beethovens. Jede Steigerung differenzierend und anders im 1. Satz, wo hört man das sonst. Die 4. von Brahms. Das Orchesterspiel in La Traviata, alles äußerst durchsichtig differenziert, jede Einzelheit artikuliert und zugleich eine klare Struktur und große Linie. Das sind glückliche Momente, die festgehalten wurden. Sie gelingen auch erstklassigen Dirigenten bei besten Absichten und größtem Können nur selten, nur unter besonders glücklichen Umständen, die sich nicht reproduzieren lassen. Vielleicht wollte Kleiber nur diese - gültigen - und besonderen Interpretationen festhalten. Eben nicht eine unter verschiedenen sehr guten Aufnahmen, sondern eine, die im Gedächtnis bleibt und einen gültigen Ausdruck formuliert. Das gilt für mich übrigens auch für die 2. von Brahms, Sagitt hat die Aufnahme angesprochen.
Wo sind noch solche ganz besonderen Aufnahmen, die sich aus den vielen guten und sehr guten herausheben. Z.B. auch die schon verschiedentlich angesprochene 9. Dvorak von Fricsay und für mich auch das Lied von der Erde in der Aufnahme mit Klemperer. Aufnahmen mit einem besonderen Status, davon hat uns Kleiber einige gegeben - wir kennen sie ja auch alle. Mit Mythos, Verklärung oder persönlichen Vorlieben ist das in diesen Fällen, glaube ich, nicht zu erklären.
Vielleicht einfach annehmen und wertschätzen. Auch wenn wir von den angesprochenen Stücken auch noch viele andere Aufnahmen hören.
Diese Seite wollte ich denn doch noch zum Ausdruck bringen.
Mit freundlichen Grüssen
Matthias