Fast schon schien er in Historisierung zu versinken – der 1928 im Saarland geborene und 2006 in München verstorbene Bassist Karl Kohn, der sich nach furiosem Blitz-Start auf die großen Bühnen des deutschen Sprachraums und seinem Münchner Debüt 1958 auf der Bühne des wiedereröffneten Münchner Cuvilliés-Theaters Karl Christian Kohn nannte, als eine Art Wiedergeburt von Schützendorf und Hann profilierte, ein paar Jahre als Spezialist „zwischen den Bassfächern“, also als Basso buffo, Schwerer Spiel- und Charakterbass, dazu als Weltstarbesetzung für Mozarts und der deutschen romantischen Oper Bonvivant- und Schufte-Gestalten etablierte. Nach einem konsequenten Wechsel ins Fach des Basso serioso + profondo (also de facto Basso supremo der Bayerischen Staatsoper) war er nahezu 30 Jahre einer der führender Bassisten in Europa, dazu universaler Konzertsänger, vor allem bei Karl Richters und Rafael Kubeliks Oratorien- und Barockoper-Produktionen, von Bach und Händel bis Pfitzner und Janácek. Nach über 2.500 Aufführungen in allen Genres nahm er 1991 seinen Bühnenabschied und wirkte noch fast ein Jahrzehnt als Professor für Stimmbildung am Mozarteum in Salzburg. Ihn wiederzuentdecken, ist eine Erfahrung voller Überraschungen und Erkenntnisse. Vor allem die – großenteils verschollen oder überhaupt noch nie öffentlich gewesenen – Einspielungen und Mitschnitte zwischen 1958 und ca. 1965 machen mit Zeugnissen alleinständiger sängerischer Professionalität und z.T. überwältigender Klangkunst bekannt. Ein Jammer, dass er in einer Zeitphase zum Aufstieg kam, als auf den größeren deutschsprachigen Bühnen weder die deutsche Spieloper noch die Buffa italiana & francese im Repertoire waren, wie überhaupt noch nichts von der bald darauf manifesten Belcanto-Renaissance zu spüren war. Als Kohn später im Fach des Basso profondo arbeitete, war eine neue Generation von stilsicheren Eleven der „Alten Schule“ am Werk. Dennoch bleibt eine Fülle von Funden aus der ersten Karrierephase Kohns, die uns meisterliches Singen, fabelhafte Gestaltung und ein faszinierend zwischen buffonesk und dämonisch variierendes Stimmtimbre zur Kenntnis bringen. – Für eine Edition dieser Tondokumente habe ich einen größeren Beitrag geschrieben. Wer ihn lesen möchte, möge mir eine Mail schicken: KUS@ku-spiegel.de